Broken H - J.L. Langley - E-Book

Broken H E-Book

J.L. Langley

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Beschreibung

Sheriff Grayson Hunter hält sich seit etwa einem Jahrzehnt von seiner elterlichen Ranch, der Broken H, fern. Obwohl ihm seine Familie und sein Zuhause am Herzen liegen, würde seine langjährige und – vermeintlich – unerwiderte Liebe zum 13 Jahre älteren Vorarbeiter Shane Cortez jeden Besuch zu einer schmerzhaften Angelegenheit machen. Als die beiden Männer durch einen Unfall wieder aufeinandertreffen, werden Gefühle geweckt, die eine kleine Ewigkeit im Tiefschlaf lagen, und Gray stellt überrascht fest, dass Shane seinen Annäherungsversuchen nicht abgeneigt zu sein scheint. Was hat sich seit damals verändert? Oder hat Shane Gray vielleicht gar nicht so deutlich abgewiesen, wie er es in Erinnerung hat? Und werden ihr Altersunterschied und die Abneigung, die ihnen als schwules Paar entgegenschlägt, nicht doch noch dazwischenfunken? Band 2 der "Texas Ranches"-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 265

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Deutsche Erstausgabe (ePub) August 2021

Für die Originalausgabe:

© 2007 by J.L. Langley

Titel der Originalausgabe:

»The Broken H«

Published by Arrangement with J.L. Langley

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2021 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock; AdobeStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: CPI Deutschland

Lektorat: Katherina Ushachov

ISBN-13: 978-3-95823-899-2

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Anne Sommerfeld

Liebe Lesende,

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

Klappentext:

Sheriff Grayson Hunter hält sich seit etwa einem Jahrzehnt von seiner elterlichen Ranch, der Broken H, fern. Obwohl ihm seine Familie und sein Zuhause am Herzen liegen, würde seine langjährige und – vermeintlich – unerwiderte Liebe zum 13 Jahre älteren Vorarbeiter Shane Cortez jeden Besuch zu einer schmerzhaften Angelegenheit machen. Als die beiden Männer durch einen Unfall wieder aufeinandertreffen, werden Gefühle geweckt, die eine kleine Ewigkeit im Tiefschlaf lagen, und Gray stellt überrascht fest, dass Shane seinen Annäherungsversuchen nicht abgeneigt zu sein scheint. Was hat sich seit damals verändert? Oder hat Shane Gray vielleicht gar nicht so deutlich abgewiesen, wie er es in Erinnerung hat? Und werden ihr Altersunterschied und die Abneigung, die ihnen als schwules Paar entgegenschlägt, nicht doch noch dazwischenfunken?

Widmung

Für Olivia Wong – Was für ein Team! Muhaha!

Ein großer Dank gilt auch meiner wundervollen Besprechungsgruppe: Danke an Jet Mykles für ihre tollen Beiträge, April Martinez für das Cover und wie immer – für meine Liebe, meinen Seelenverwandten, Andre.

Kapitel 1

Verfluchtes kaputtes Gummiband. Shane Cortez schob sich die lose schwarze Strähne aus dem Gesicht und dachte erneut darüber nach, die Fenster zu schließen und die Klimaanlage des alten, ramponierten Pick-ups der Ranch einzuschalten, aber das Wetter war zu schön. Er würde sich definitiv ein paar dieser elastischen Haargummis für Frauen und Mädchen besorgen müssen. Seine Haare waren einfach zu dick. Das war schon das dritte gesprengte Gummiband in einer Woche.

Erneut strich er sich die langen und schweren Strähnen hinter den Bügel seiner Sonnenbrille, ehe er das Fenster halb hochkurbelte und hoffte, dass ihm dadurch die Haare nicht mehr in die Augen geweht wurden, es im Wagen aber trotzdem kühl blieb. Er war fast zu Hause, sicher konnte er beides lang genug ertragen. Dort würde er sich die Haare wieder flechten können, bevor er die Vorräte auslud. Das hieß, solange er ein verdammtes Gummiband fand.

Shane ratterte über die Zufahrt zur Broken H an der Hinterseite des Hauses, wo er zwischen seinem privaten Pick-up und dem Zaun des großen weißen Ranchhauses im Kolonialstil parkte. Er hatte kaum den Motor abgestellt, als er schon Kaitlyn Hunter auf sich zurennen sah. Ihre mit grauen Strähnen durchzogenen roten Haare flatterten hinter ihr.

Sein Magen verkrampfte sich vor Sorge. Obwohl die Dame für ihr Alter noch ziemlich aufgeweckt war – ihr Ehemann Ted zog sie gern damit auf, dass es an ihrem irischen Blut lag – hatte Shane in den 26 Jahren, die er auf der Broken H arbeitete, nur einmal gesehen, dass sie ihre rote Mähne nicht zusammengebunden hatte: an dem Morgen als Gray, der Sohn der Hunters, während einer Drogenrazzia zusammen mit dem Rest des SWAT-Teams von San Antonio im Einsatz angeschossen worden war.

Oh Gott! Grayson. Shane atmete zischend ein und versuchte, seine Übelkeit so gut es ging zurückzuhalten, während er hastig die Tür öffnete und aus dem Pick-up sprang. »Was ist los, Kaitlyn?«

Sie blieb nur wenige Meter vor ihm stehen und ihr zierlicher Körper bebte. »Shane, beeil dich! Es geht um Ted! Ich glaube, er hat einen Herzinfarkt!«

Scheiße, Scheiße, Scheiße! Shane rannte mit wild pochendem Herzen zum Ranchhaus. Ted durfte nicht sterben. Er durfte nicht! Himmel, dieser Mann war erst Anfang 60 und hatte sich immer guter Gesundheit erfreut. »Kaitlyn, hast du Grayson angerufen?«

»Oh nein! Daran hab ich nicht gedacht. Ich wollte zu meinem Auto, als du gekommen bist, Shane.« Kaitlyn konnte kaum sprechen und ihre Stimme zitterte.

Shane erreichte die Küche und blieb wie angewurzelt stehen.

Ted saß am Küchentisch und hatte den Kopf auf die Arme gelegt. Seine grauen Haare fielen ihm ins Gesicht, als er den Kopf hob. Obwohl er blass war und das Gesicht ein wenig verzogen hatte, lag er nicht sterbend und um sich schlagend am Boden, wie Shane es sich in seinen schrecklichsten Gedanken vorgestellt hatte.

»Ted?« Shane runzelte die Stirn, eilte zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

»Shane. Hast du alles im Futtermittelladen bekommen?« Teds Stimme war nur ein wenig angespannt.

Er nickte. »Geht's dir gut? Kaitlyn sagte, dass du dich nicht so gut fühlst.«

»Nun, Junge, Katy hat recht. Ich muss sagen, dass es mir schon besser ging. Könntest du mich ins Krankenhaus fahren?«

»Natürlich.« Shane packte Teds Arm und half ihm beim Aufstehen. Die Tatsache, dass er bereitwillig ins Krankenhaus ging, ohne dass er ihn tobend und schreiend dorthin schleifen musste, sagte mehr als genug über Teds Zustand aus.

Er trug ihn fast schon zu Shanes neuerem Chevy, der gleich neben dem zerbeulten alten Pick-up der Ranch stand. Während er Ted und Kaitlyn auf den Rücksitz des silbernen Wagens scheuchte und sich hinters Steuer setzte, rechnete er nach, wie weit das nächste Krankenhaus entfernt war. Er war nicht bereit, den Mann zu verlieren, der… Na ja, Ted war wie ein Vater für ihn. Der ältere Mann und Kaitlyn hatten Shane aufgenommen, als er 16 gewesen war; sie waren seine Familie. Wenn man vom Teufel sprach…

Während er die Zufahrtsstraße hinunterfuhr, wühlte Shane in den Fächern der Mittelkonsole und hoffte, dass er sein Handy dort hatte liegen lassen. Er gab es Kaitlyn und sagte ihr, dass sie ihren Sohn anrufen sollte, ehe er schnell einen Blick auf Ted warf. Erstaunlicherweise war Ted der Ruhigste von ihnen.

Kaitlyns kleine Hand war heiß und zitterte etwas, als sie Shane das Handy abnahm. Ein paar Sekunden später gab sie einen verzweifelten Laut von sich. »Verflucht, Shane, ich kann dieses Ding nicht bedienen! Gibt es da einen Trick?«

Shane streckte erneut die Hand aus. »Lass mich mal sehen. Ich wähle Grays Nummer und du redest mit ihm.« Das Handy berührte seine Handfläche, wurde ihm jedoch wieder entrissen, bevor er die Finger darum schließen konnte.

»Unsinn, Katy. Liebling, der Junge fährt, er kann nicht gleichzeitig am Handy spielen. Ich mach das.«

Shane grinste und fühlte sich mit der Situation sehr viel besser. Wenn Ted noch ruhig bleiben und die Führung übernehmen konnte, stand es nicht so schlecht um ihn, wie sie befürchtet hatten.

Die Fahrt zum Krankenhaus war lang und anstrengend, aber schließlich schafften sie es. Der behandelnde Arzt in der Notaufnahme wies Ted ein und begann sofort mit den Tests. Jetzt konnten sie nur noch warten. Er hasste warten.

Kaitlyn war mit ihrem Mann ins Behandlungszimmer gegangen und hatte es Shane überlassen, gewisse Anrufe zu tätigen und die Aufnahmeformulare auszufüllen.

Ted hatte einem von Grays Deputys eine Nachricht hinterlassen, aber von ihm selbst hatte Shane keine Spur gesehen. Einmal war Kaitlyn während der endlosen Wartezeit zu ihm gekommen und hatte gesagt, dass Ted tatsächlich einen Herzinfarkt gehabt hatte, sie aber sonst kaum etwas wusste. Die Ärzte untersuchten ihn immer noch.

Shane hatte bereits auf der Broken H angerufen, um den Ranchhelfern zu sagen, was los war und dass sie den Pick-up ausladen sollten. Er hatte ein paarmal aus dem Fenster gesehen und eine Zeitschrift durchgeblättert. Er tat alles, was ihm einfiel, um sich die Zeit zu vertreiben, ohne sich Sorgen zu machen, aber nichts half wirklich. Gerade wollte er aufstehen und sich auf die Suche nach einer Tasse Kaffee machen, als ihm jemand die Hand auf die Schulter legte.

»Shane?«

Er hob den Kopf und sah direkt in die Augen in der Farbe von frisch gemähtem Gras und schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter. Warum hatte dieser Mann nach all den Jahren immer noch diese Wirkung auf ihn? Shane stand auf, streckte die Hand aus und hoffte sehr, dass er das Zittern in seinen Fingern auf die Nervosität schieben konnte, weil Ted im Krankenhaus war.

»Hallo, Grayson.«

***

Es war dämlich, um nicht zu sagen lächerlich, wenn man bedachte, dass sein Vater im Krankenhaus war und möglicherweise starb, aber das Erste, was Gray auffiel, war, dass Shane seine langen schwarzen Haare offen trug. Er wünschte, er könnte mit den Fingern durch diese Mähne fahren und den gequälten Ausdruck aus Shanes anmutigem Gesicht vertreiben. Der Kerl sah aus wie die Bilder der amerikanischen Ureinwohner in den Geschichtsbüchern, nachdem sie in die Reservate gezwungen worden waren: besiegt und verletzt, aber immer noch stolz.

Shane zog an seiner Hand. Verdammt! Ihm war nicht einmal aufgefallen, dass er ihn noch festhielt. Was hatte Shane an sich, das dafür sorgte, dass Gray sich jedes Mal zum Affen machte?

Gray räusperte sich, setzte sich auf den Stuhl neben Shanes und versuchte, sich wieder zu sammeln. Shane so nah zu sein war immer verwirrend, aber die Nachricht zu erhalten, dass sein Vater im Krankenhaus war und vermutlich einen Herzinfarkt gehabt hatte, half seiner Nervosität auch nicht gerade. »Hast du was über Dads Zustand gehört? Wird er wieder?«

Shane zuckte mit den Schultern und setzte sich neben ihn. »Deine Mutter hat mir gesagt, dass er laut dem Arzt einen Herzinfarkt hatte, aber sie auch nicht mehr weiß. Sie untersuchen ihn noch.«

Gray nickte und wusste nicht, was er sagen sollte. Er war wahrlich nicht der beste Sohn gewesen, aber er liebte seinen Dad. »Ich muss öfter zur Broken H rauskommen.«

»Schade, dass erst so was passieren muss, damit dir das klar wird.«

Gray war nicht sicher, ob Shane ihn bewusst hatte kritisieren wollen, aber es war ihm trotzdem anzuhören. »Was zur Hölle soll das heißen?«

Shane hob herausfordernd eine Braue.

Selbstgefälliger Mistkerl!

»Willst du dich jetzt wirklich streiten, Grayson?«

»Du hast damit angefangen, Cortez!« Nicht zu fassen. Es war ja nicht so, als würde er sich nicht ohnehin schuldig fühlen, weil er seine Eltern nicht so oft besuchte, wie er sollte, aber nun machte ihn der Grund, warum er sich fernhielt, auch noch deswegen an.

Shane seufzte und rieb sich mit den Händen über sein gebräuntes Gesicht. »Hör zu, du hast recht. Tut mir leid. Ich mach mir Sorgen um deinen Dad.«

Was? Und Gray nicht? Er wollte Shane verprügeln, tat es aber nicht. Er war mit diesem Kerl aufgewachsen und wusste, dass Shane seine Eltern wirklich am Herzen lagen. Außerdem war Gray vielleicht verärgert, aber er würde es Shane nicht zeigen. Natürlich ging er ihm immer unter die Haut, also war es eigentlich irrelevant.

Seufzend legte Gray das Gesicht in die Hände und versuchte, sich zu entspannen. »Ich mach mir auch Sorgen. Ich komme vielleicht nicht oft zur Ranch, aber er ist immer noch mein Dad.«

»Shane? Oh! Gray!«

Gray hob den Blick und sah, dass seine Mom lächelnd zu ihnen kam. Er stand auf und breitete die Arme aus. »Hi, Mom. Wie geht's ihm?«

Sie drückte ihn fest, ehe sie eine Hand in seinen Nacken legte und ihn nach unten zog, damit sie ihm einen Kuss auf die Wange drücken konnte. »Zuerst werden sie ein Angiogramm machen, um herauszufinden, wie groß der Schaden an den Blutgefäßen in seinem Herzen ist. Dann wissen sie, ob er einen Bypass braucht. Wenn es nicht so schlimm ist, können sie es mit einer Angioplastie anstatt einem Bypass beheben. Sie haben diese kleinen Stents eingesetzt, um die Blutgefäße zu öffnen.«

Oh Gott! Er wusste, dass es beängstigender klang, als es wahrscheinlich war, aber er konnte seinen Schock nicht unterdrücken.

Shane sah wie immer unerschütterlich aus und das nervte ihn über alle Maßen. Dieser Kerl war ein verdammter Fels. Moment! Sind seine Augen ein wenig feucht? Shane sah ihn mit undurchdringlicher Miene an und blinzelte.

»Heutzutage ist das keine große Sache mehr, Grayson. Er kommt wieder in Ordnung.«

»Ja, ich weiß.« Er sah wieder zu seiner Mutter. »Wann werden sie den Eingriff vornehmen?«

»Der Arzt holt ihn in zwei Stunden wieder ab. Wollt ihr Jungs ihn sehen, bevor sie ihn vorbereiten? Die Krankenpflegerin meinte, dass es in Ordnung ist, aber nur ein paar Minuten.«

Gray nahm ihre Hand, tätschelte sie und zog dann daran, damit sie sich in Bewegung setzte. »Natürlich wollen wir das, Mom.«

Als sie das Zimmer betraten, lächelte sein Dad. Gott, er sah beschissen aus. Gray versuchte angestrengt, das Lächeln zu erwidern und trat ans Bett heran. Er nahm die Hand seines Vaters und drückte sie kurz. »Hey, Pop.«

»Hey, Kleiner.« Ted warf einen Blick neben Gray und nickte zur Begrüßung, als er Shane entdeckte. »Shane.«

»Ted.« Shane neigte leicht den Kopf und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich.

»Da ich euch Jungs beide hier habe…« Er nahm erst Grays und dann Shanes Hand. »Ich will, dass ihr die Broken H am Laufen haltet. Ich will, dass ihr beide… meine beiden Jungs…«

»Dad, du stirbst nicht, also lass das.«

Shane sah ihn stirnrunzelnd an. »Lass den Mann reden, Grayson.«

Oh, um Himmels willen! Störte es Shane nicht, dass der alte Mann redete, als würde er sterben? Ihn jedenfalls belastete es. Gray seufzte schwer und schloss den Mund, bevor er noch etwas sagen konnte, was er bereuen würde.

Ted nahm erneut ihre Hände. »Jetzt hört zu. Ich denke nicht, dass ich sterben werde, Junge. Aber ich will sichergehen, dass sich um die Dinge gekümmert wird, für den Fall, dass es passiert. Gray…?«

»Dad?«

»Ich möchte, dass du Shane in den nächsten Wochen hilfst. Ich weiß, dass du als Sheriff andere Verpflichtungen hast, aber es wäre schön, wenn du dir Zeit nehmen könntest, sollte Shane dich brauchen.«

Gray nickte. Er hatte seinen Dienstplan bereits freigeräumt, hoffte aber sehr, dass Shane ihn nicht brauchte. Mit Shane zu arbeiten, ihn jeden Tag ständig zu sehen würde ihn wahrscheinlich umbringen, selbst wenn es nur für ein oder zwei Wochen war. Trotzdem würde er da sein und helfen, wenn es sein musste. Himmel, vermutlich sorgte er sich vollkommen umsonst, da Shane die Broken H ohnehin allein leitete. Der Kerl hatte im Grunde vor Jahren die Führung übernommen, zahlte die Rechnungen und traf Entscheidungen, während sein Vater nur hier und da ein wenig eingriff.

»Das werde ich, Dad. Ich hab mir schon ein paar Tage freigenommen. Meine Deputys können sich eine Weile selbst um alles kümmern.«

Ted lächelte. »Gut, gut.« Erneut drückte er ihre Hände. »Und ihr beide kümmert euch um Katy?«

Gray atmete tief ein. Er hasste Untergangsszenarien und Was-wäre-wenns, vor allem in einer Situation, die jemanden betrafen, den er liebte.

Shane sah ihn an. Er hatte eine seiner stolzen Brauen leicht nach oben gezogen. Dann sah er wieder zu seinem Dad. »Natürlich werden wir das, Ted. Aber du bist in Nullkommanichts wieder hier raus und wirst es selbst tun können.«

»Das hoffe ich doch, Shane.«

»Shane hat recht, Dad. Ich wette, dass du schon in einer Woche wieder zu Hause bist.«

Die Krankenpflegerin trat in den Türrahmen. »Alles klar, meine Herren. Ich muss Sie jetzt leider bitten zu gehen. Wir müssen Mr. Hunter vorbereiten.« Sie scheuchte sie zur Tür. »Mrs. Hunter, Sie können noch ein paar Minuten bleiben.«

»Bis bald, Dad. Hab dich lieb.« Gray beugte sich hinunter und drückte seinem Vater einen Kuss auf die Wange.

Der alte Mann klopfte ihm auf die Schulter. »Hab dich auch lieb, Gray.«

Shane sah an Gray vorbei. »Ich hol mir was zu essen, Kaitlyn. Möchtest du etwas?«

»Nein, Liebling, danke. Nimm Gray mit. Und sorg dafür, dass er was isst, Shane. So weiß ich, dass er heute wenigstens eine anständige Mahlzeit hat.«

Shane sah mit undurchdringlicher Miene zurück zu Ted. Zumindest hätten die meisten Menschen seinen Gesichtsausdruck nicht deuten können, aber Gray kannte ihn. Er wusste, dass das leichte Nicken alles ausdrückte, was Shane nicht laut aussprechen würde, dass er Grays Dad ebenfalls lieb hatte. »Ted.«

Offensichtlich erkannte sein Dad es ebenfalls. Er lachte leise und streckte die Hand nach Shane aus. Als Shane sie nahm, zog Ted ihn an sich und klopfte ihm auf die Schulter, wie er es bei Gray getan hatte. »Hab dich auch lieb, Junge! Verschwindet jetzt. Esst was für mich mit, ich hab nämlich das Gefühl, dass sie mir sagen werden, dass ich nach dieser Sache auf meine Ernährung achten muss.«

Gray hörte die Krankenpflegerin leise lachen, als sie gingen.

»Darauf können Sie wetten, Mr. Hunter.«

Shane und er gingen zurück ins Wartezimmer, wo Shane die Bombe platzen ließ. »Ich werde nächste Woche wahrscheinlich deine Hilfe brauchen. Ich musste einen der Rancharbeiter gehen lassen und ein anderer hat Urlaub.«

Gray schloss eine Sekunde die Augen, ehe er sie wieder öffnete und nickte. Tja, verflucht noch mal! Das war ja klar gewesen.

Kapitel 2

Shane war ziemlich sicher, dass Gray nicht mit ihm essen wollte, aber er hatte trotzdem zugestimmt. Jetzt saß er im Pick-up schweigend neben ihm, starrte aus dem Seitenfenster und hatte sich den hellbraunen Cowboyhut tief ins Gesicht gezogen. Was war mit der ungezwungenen Kameradschaft passiert, die einmal zwischen ihnen geherrscht hatte?

Vor langer Zeit hatte es niemanden gegeben, bei dem sich Shane wohler gefühlt hatte, nicht einmal Ted und Kaitlyn. Er war Shanes Schatten gewesen, bis Gray fast 18 gewesen war. Kurz danach war Gray gegangen, um beim Rodeo zu reiten. Oh Mann, das hatte Shane eine Heidenangst gemacht. Kaitlyn und Ted natürlich auch. Aber Shane war auch stolz gewesen.

Gray hatte sich beim Bullenreiten wirklich einen Namen gemacht – er hätte in die Profiliga aufsteigen können, wenn er gewollt hätte –, stattdessen hatte er sich mit seinen Gewinnen das College finanziert und war dann zur Polizei von San Antonio gegangen. Nach einer kurzen Karriere bei der SWAT-Einheit war Gray nach Hause zurückgekommen und hatte sich für den Sheriff-Posten beworben. In der Geschichte ihres Countys war er der jüngste Mann, der jemals zum Sheriff gewählt worden war.

Shane fuhr auf den Parkplatz des Diners, fand eine freie Lücke und hielt inne, ehe er den Motor abstellte. »Ist das in Ordnung? Oder willst du was anderes?«

Gray stieg aus. »Nein, das ist in Ordnung.« Er schloss die Tür und ging zum Eingang.

Shane seufzte, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und folgte ihm. Grays Art war beschissen und das schon, seit er vor elf Jahren von zu Hause weggegangen war. Aber verdammt, sein Hintern sah in seiner Uniformhose wirklich gut aus, als er über den Parkplatz marschierte. Shane stöhnte und schüttelte den Kopf, während er diesem hübschen Hintern in den Diner folgte.

Sobald sie saßen, nahm eine Kellnerin ihre Bestellungen auf und brachte den Eistee. Während der ganzen Zeit sagte Gray kaum ein Wort. Er sah Shane nicht einmal an.

Shane hatte genug. Er wusste nicht, warum Gray ihm gegenüber so feindselig war, aber es nagte an ihm und sie würden darüber reden. Gray war ihm zu wichtig. Das war er immer gewesen.

Was Shane wirklich wollte… na ja, es war egal, was er wollte. Gray war vielleicht kein Kind mehr, aber er war immer noch zu jung für Shane. Und Gray verdiente etwas Besseres als ihn, aber, verflucht, sie würden nicht so weitermachen! Er vermisste den alten Gray; was auch immer ihn belastete, hielt ihn auch von der Broken H fern – von seinen Eltern und von Shane.

Er hatte gerade den Mund aufgemacht, um Gray zu fragen, als Sherry Ann, die Teenager-Tochter der Nachbarn der Hunters, neben ihn rutschte. Ihr blonder Pferdeschwanz schlug ihm beinahe ins Gesicht, als sie näher rutschte. Verdammt! Nicht schon wieder! Das Mädchen stürzte sich praktisch jedes Mal auf ihn, wenn sie ihn sah.

»Hallöchen, Shane! Was führt dich denn in die Stadt?« Sie spitzte ein wenig die Lippen und drückte die Arme an die Seiten, sodass es aussah, als würden ihre Brüste jede Minute aus dem tiefen Ausschnitt ihrer blauen Bluse hüpfen.

»Familiennotfall, Sherry Ann.« Er rutschte näher zur Wand und warf ihr einen Blick zu, der hoffentlich zeigte, dass sie gehen sollte.

Sie ignorierte ihn und rutschte näher an ihn heran. »Hoffentlich nichts Schlimmes.« Unverschämt wickelte sie sich eine seiner Haarsträhnen um den Finger und spielte damit. »Ich hab deine Haare noch nie offen gesehen. Du solltest sie öfter so tragen. Das ist wirklich sexy.« Das Biest klimperte tatsächlich mit den Wimpern. »Wenn du am Samstag noch nichts vorhast, würde ich mich gern dafür revanchieren, dass du mich letztens gerettet hast.«

Gütiger Gott, das Mädchen hatte Nerven! Shane unterdrückte ein Stöhnen. Seit Sherry Ann in die Pubertät gekommen war, machte sie ihn an und versuchte, ihn zu verführen, aber in den letzten Monaten schien sie ihre Bemühungen verdoppelt zu haben. Jedes Mal, wenn sie ihn sah, warf sie sich unverfroren an ihn heran, egal, wie oft er sie abwies.

Shane warf sich die Haare über die Schulter, womit er auch seine Strähne von Sherry Anns Finger löste und wünschte sich erneut, sich die Haare mit etwas zusammenbinden zu können, während er sich an die Wand drückte. »Sherry Ann, ich hab es dir schon hundertmal gesagt, ich bin viel zu alt für dich.«

Gray räusperte sich. Sah er das Mädchen finster an? Nein, wahrscheinlich erinnerte er sie eher an ihre Manieren.

Verwirrt sah sie zu ihm auf. »Oh, hallo, Sheriff Hunter.«

Gray nickte ihr zu. »Sherry Ann.« Scheinbar erinnerte ihn das an seine eigenen Manieren. Ihm schien aufzufallen, dass er noch immer seinen Cowboyhut trug, also nahm er ihn ab und legte ihn neben sich, ehe er sich mit einer Hand durch die dunkelbraunen Haare fuhr. »Shane hat dich gerettet?«

Sie richtete den Blick wieder auf Shane und fasste erneut seine Haare an. »Jap. Ich bin in einen Graben gefahren, aber Shane hat mich befreit. Er hat mich gefahren, damit ich nicht den ganzen Weg nach Hause laufen musste.«

Shane konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, die Augen zu verdrehen. Sie war nur knapp anderthalb Kilometer von zu Hause entfernt gewesen. Der Weg hätte sie nicht umgebracht. Was musste er tun, damit das Mädchen verstand, dass er sie nicht wollte? Er hatte ihr geradeheraus gesagt, dass er nicht interessiert war… mehrmals.

Gray verengte seine strahlend grünen Augen und sah Shane an, ehe er seinen Blick auf Sherry Ann richtete. Funkelte Gray sie wieder an? Shane riss seine Haare aus ihrer Hand und es war ihm egal, wie das wirkte. Das reichte!

Gray riss die Augen auf und sah ihn an; ein Lächeln umspielte seinen Mundwinkel, ehe er sich zu dem Mädchen vorbeugte. »Süße, ich will nicht unhöflich sein und dich vertreiben, aber ich muss etwas Geschäftliches mit Shane besprechen.«

Sie stützte die Arme auf den Tisch und schenkte Gray ihre ungeteilte Aufmerksamkeit – wobei sie ihren Ausschnitt noch offensichtlicher präsentierte. »Oh? Polizeigeschäfte? Was hat Shane angestellt?«

Shane stöhnte laut. »Shane hat nichts angestellt!« Er zuckte zusammen. Gütiger Gott! Das hatte nicht nur ziemlich bissig geklungen, er hatte auch noch in der dritten Person von sich selbst gesprochen.

Gray lachte, sodass sich ein Grübchen in seiner linken Wange bildete. »Er hat wirklich nichts angestellt, aber ich muss unter vier Augen mit ihm sprechen, wenn es dir nichts ausmacht.«

Sie seufzte dramatisch. »Na ja, okay. Denk über Samstag nach, ja, Shane?« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und stand auf.

Bevor sich Shane über ihre Dreistigkeit beschweren und ihr sagen konnte, dass er sie dieses Wochenende nicht treffen würde – oder an irgendeinem anderen Wochenende –, war sie bereits verschwunden.

»Was zur Hölle war das denn?«

Gray grinste ihn an. Gott, wie lange war es her, seit er ihn so lächeln gesehen hatte? Der gut aussehende Jugendliche war zu einem noch besser aussehenden Mann herangewachsen. Shane erwiderte sein Strahlen, ehe er wieder ernst wurde. »Dieses Mädchen ist ein Plagegeist. Sie macht mich ständig an. Egal, wie oft und auf welche Arten ich sie abweise, sie lässt einfach kein Nein gelten. Ich schwöre, ich laufe ihr scheinbar überall über den Weg. Sie ruft mich auf der Ranch an und letztens sogar auf dem Handy.«

Grays Lächeln verblasste. »Sie stalkt dich?«

Was? Stalken? Shane blinzelte. »Sei nicht albern, sie ist nur ein Kind. Sie ist vielleicht eine Nervensäge, aber harmlos. Ihr muss einfach mal kräftig der Hintern versohlt werden.« Nicht, dass Shane sich dafür freiwillig melden würde. Das Luder würde es zweifellos genießen. »Eigentlich tut sie mir leid. Es ist schlimm, dass ihre Mom so früh gestorben ist. Ich glaube nicht, dass ihr Daddy ihr irgendwelche Aufmerksamkeit schenkt. Er erkauft sich ihre Zuneigung mit schicken Klamotten und Geschenken und hat ihr kürzlich sogar ein Auto geschenkt. Das Mädchen sehnt sich offensichtlich nach Aufmerksamkeit.«

Gray zog die Brauen zusammen. »Ich weiß nicht, Shane. Sie muss jetzt etwa 17 sein, also kein Kind mehr. Wenn du Nein sagst und sie dich immer noch belästigt… das ist nicht richtig. Bist du sicher, dass du es ihr klar gemacht hast?«

»Ist Sherry Ann, ich bin zu alt für dich. Du musst aufhören, mit mir zu flirten, weil ich nicht mit dir ausgehen werde klar?«

»Ja, das ist ziemlich offensichtlich.« Diese wunderschönen Lippen verzogen sich erneut unglücklich. »Und sie belästigt dich weiter.« Es war nicht wirklich eine Frage, aber Shane nickte trotzdem.

Gray schüttelte den Kopf. »Shane, das klingt nach einem zwanghaften Verhalten. Das muss aufhören.«

»Ich mache mir eher Sorgen, dass die Kleine diesen Mist bei einem anderen Mann abzieht und sich in eine Situation bringt, mit der sie nicht umgehen kann. Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht, deine Mutter zu fragen, ob sie mit ihr reden kann. Der einzige Grund, warum ich es nicht selbst getan habe, ist, dass sie es vielleicht als Ermutigung versteht, wenn es von mir kommt.«

Gray trank einen Schluck von seinem Eistee und wirkte noch immer grimmig. Er stellte das Glas ab. »Vielleicht solltest du mit ihrem Vater reden.«

Shane schnaubte. »Scheiße, der Kerl würde wahrscheinlich versuchen, mich mit ihr zu verheiraten, nur um sie loszuwerden. Es ist ihm ziemlich egal, was sie tut, solange sie ihn nicht nervt.«

Gray sah ihm in die Augen. »Ernsthaft, Chief, du solltest etwas dagegen unternehmen. Das ist Stalking.«

Shane blinzelte sprachlos. Jegliche Gedanken an Sherry Ann verschwanden aus seinem Kopf. Gray hatte ihn seit Jahren nicht mehr Chief genannt. Gott, er hatte es vermisst! Wie immer wäre er verdammt sauer gewesen, wenn es von jemand anderem gekommen wäre, aber bei Gray war es keine Beleidigung; das war es nie gewesen. Für den vierjährigen Gray war es eine Respektsbekundung gewesen und später zu einem Kosenamen geworden. Der Junge war direkt auf Shane zumarschiert, hatte ihn ehrfurchtsvoll mit seinen grünen Augen angesehen und gefragt: »Bist du ein Kriegschief oder ein Friedenschief? Kann ich mutig sein? Zeigst du mir, wie es geht?«

»Was ist los?« Gray legte den Kopf ein wenig schief.

Shane riss sich von seiner Träumerei los. »Nichts.«

Die Situation wurde kurz unangenehm, als sie sich einfach nur anstarrten, doch dann funkelten Grays Augen. »Weißt du, da wir gerade von der Ehe sprechen: Warum hast du noch kein nettes Mädchen gefunden und bist sesshaft geworden?«

Shane lachte leise, erleichtert, dass nicht nur das Schweigen gebrochen war, sondern Gray ihn auch aufzog. »Warum hast du noch nicht? Himmel, schlag zwei Fliegen mit einer Klappe. Du könntest mein Problem lösen und dir selbst ein Mädchen zulegen, wenn du Sherry Ann um ein Date bittest. Sie ist eher in deinem als in meinem Alter.«

Gray beugte sich vor und wirkte plötzlich ernst. »Ja, aber ich glaube, wir beide wissen, dass sie nicht mein Typ ist… aufgrund der Tatsache, dass sie keinen Schwanz hat. Oder hast du das vergessen?«

Kapitel 3

Es war kurz nach Mitternacht, als Gray zum Haus seiner Eltern kam. Nachdem er herausgefunden hatte, dass sein Vater am Morgen einen zweifachen Bypass bekommen würde, hatte Gray auf dem Revier angerufen, um zu sagen, wo sie ihn erreichen konnten.

Anschließend war er in sein gemietetes Häuschen außerhalb der Stadt gefahren, hatte seine Uniform gegen Jeans und ein schwarzes T-Shirt getauscht, ein paar Sachen eingepackt und war zur Ranch gefahren. Seine Mutter hatte beschlossen, im Krankenhaus zu bleiben. Hier war er also, fuhr durch das Haupttor und unter dem schmiedeeisernen Bogen mit der Aufschrift The Broken H hindurch.

Die lange Schotterzufahrt bog zum hinteren Teil des Haupthauses ab, vorbei an den strahlend weißen Säulen an der Vorderseite, die hell erleuchtet waren. Allerdings war das Verandalicht aus. Gray fuhr zur Rückseite und bemerkte, dass auch das Terrassenlicht nicht eingeschaltet war. Verdammt, als Kind hatte er diesen Ort geliebt. Schade, dass er sich nicht mehr nach zu Hause anfühlte. Seit dem Tag an der Viehtränke vor zwölf Jahren hatte er sich hier nicht mehr wohlgefühlt. Seit dem Tag, an dem sich seine Welt verändert hatte.

Schnaubend parkte Gray seinen Pick-up. Es war lange her. Mittlerweile dachte er kaum noch darüber nach. Okay, das war gelogen; er dachte an diesen Tag, wann immer er Shane sah, jedes Mal, wenn er angeln ging – was er nicht mehr tat –, oder wann immer die Broken H erwähnt wurde.

Es war wirklich an der Zeit, dass er darüber hinwegkam. Immerhin hatte Shane nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als er ihn daran erinnert hatte, dass er schwul war. Das hielt er für vielversprechend. Vielleicht könnten er und Shane etwas Ähnliches wie die Freundschaft von damals erneut haben. Vielleicht hatte Shane Grays sexuelle Orientierung mittlerweile akzeptiert. Er hoffte es.

Gray nahm seine Reisetasche vom Beifahrersitz und schloss die Tür. Obwohl es im Haupthaus dunkel war, leuchtete das Licht auf der Veranda von Shanes Drei-Zimmer-Cottage, wo traditionell der Vorarbeiter untergebracht war.

Sollte er hingehen und Shane sagen, dass er da war? Verdammt, er wollte es… und das machte ihn rasend. Warum war ihm Shane immer noch so wichtig? Warum war es so eine große Sache herauszufinden, ob sie zumindest wieder Freunde sein konnten? Shane hatte seine Gefühle vor langer Zeit deutlich gemacht, aber was war jetzt? Heute hatten sie sich ziemlich gut verstanden.

»Ach, Scheiße!« Gray warf sich die Tasche über die Schulter und ging zum Cottage des Vorarbeiters. Vielleicht konnte er mit seinen Tagträumereien aufhören, wenn er es hinter sich brachte und Shane ihm sagte, dass er sich verpissen sollte. Oder vielleicht war er einfach nur ein Idiot!

Er trat auf die Veranda und klopfte an die Tür. Was für ein Unterschied zu seiner Kindheit. Damals war er einfach hereinmarschiert.

»Es ist offen!«, rief Shane gedämpft.

Gray öffnete die Tür und betrat das Wohnzimmer. Es sah noch genauso aus, wie er es in Erinnerung hatte: derselbe Hartholzfußboden, dieselbe Holzvertäfelung an den Wänden, dieselben alten braunen Ledermöbel. Auf dem Kaminsims standen ein paar neue Fotos, aber abgesehen davon schien sich nicht viel verändert zu haben. Gray hatte dieses Zimmer mit dem vielen Holz immer gemocht. Es hatte sich immer heimelig, bewohnt, rustikal und männlich angefühlt. Es war ein gemütlicher Raum.

Ihm fiel auf, dass Shane die Bücherregale beim Kamin beinahe gefüllt hatte. Der Kerl hatte schon immer gern gelesen, es damals aber selten getan, als Gray auf der Broken H gelebt hatte. Es hatte immer so viel zu tun gegeben. Mehr als einmal hatte Shane sein Buch zur Seite gelegt, um mit ihm auszureiten, oder angeln zu gehen oder was auch immer Gray tun wollte.

»Grayson? Bist du das?«

»Ja. Wo bist du?«

»In der Küche.«

Gray legte seine Reisetasche neben die Couch und ging durch das offene Esszimmer in die angrenzende Küche. Er sah sich um und stellte fest, dass die Küchengeräte und Schränke erneuert worden waren – Edelstahl und dunkle Eiche. Dann landete sein Blick auf Shane, oder eher seinem Hintern.