Damals,   jetzt und überhaupt - Jamaica Kincaid - E-Book

Damals, jetzt und überhaupt E-Book

Jamaica Kincaid

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Beschreibung

Die Sweets – Mutter, Vater, zwei Kinder – leben in einem Städtchen in Neuengland, wo auf den ersten Blick alles beschaulich erscheint. Mrs Sweet kam einst von einer Karibikinsel "auf einem Bananendampfer ins Land". Mr Sweet, ein wenig erfolgreicher Komponist, wuchs in New York in einem großbürgerlichen Haushalt auf. Diese Unterschiede entwickeln Sprengkraft, und die Zeit macht die Gefühle brüchig. Im Strom der Erinnerungen schießt Unausgesprochenes empor. Mr Sweet hasst das Landleben – und in seinen Fantasien sieht er den abgetrennten Kopf seiner Frau auf der Arbeitsplatte liegen. Mrs Sweet ahnt schon, dass er sie verlassen wird. In die Liebe zu ihren Kindern mischt sich der Vorwurf, dass sie ihr das Leben geraubt haben. Jamaica Kincaid erzählt vom schwierigen Miteinander und allmählichen Auseinanderbrechen einer Familie. Sie scheut sich nicht, in die Abgründe der Seele zu leuchten, und sie kreist ein, was die Zeit mit den Menschen anstellt.

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Seitenzahl: 281

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Über dieses Buch

Die Sweets – Mutter, Vater, zwei Kinder – leben in einem Städtchen in Neuengland, wo auf den ersten Blick alles beschaulich erscheint. Jamaica Kincaid erzählt vom schwierigen Miteinander und allmählichen Auseinanderbrechen einer Familie. Sie scheut sich nicht, in die Abgründe der Seele zu leuchten, und sie kreist ein, was die Zeit mit den Menschen anstellt.

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Jamaica Kincaid (*1949) wanderte mit 16 Jahren von Antigua in die USA aus, wo sie zunächst als Au-pair-Mädchen arbeitete. Ihre Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Sie unterrichtet Literatur am kalifornischen Claremont McKenna College und an der Harvard University.

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Brigitte Heinrich (*1957) lebt nach Verlagstätigkeit in etlichen Städten und Häusern als Übersetzerin, Herausgeberin und Lektorin in Frankfurt am Main.

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Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Hardcover, E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Jamaica Kincaid

Damals, jetzt und überhaupt

Roman

Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich

E-Book-Ausgabe

Unionsverlag

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Impressum

Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel See Now Then im Verlag Farrar, Straus & Giroux, New York.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde mit Mitteln der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia unterstützt durch litprom – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V.

Originaltitel: See Now Then

© Jamaica Kincaid 2013

© by Unionsverlag, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: time.

Umschlaggestaltung: Martina Heuer

ISBN 978-3-293-30835-0

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

Produziert mit der Software transpect (le-tex, Leipzig)

Version vom 23.11.2022, 23:30h

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Über dieses Buch

Titelseite

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Inhaltsverzeichnis

DAMALS, JETZT UND ÜBERHAUPT

1 – Sieh jetzt, damals, die liebe Mrs Sweet …2 – Damals Mr Sweet zu sehen, einen sehr schmächtigen …3 – Eines Tages in der Dämmerung wurde der junge …4 – Heil dem jungen Heracles, sagte Mrs Sweet zu …5 – Mrs Sweet hielt in all diesen Gedanken inne …6 – Es war tief in jener Nacht, tief …7 – An jenem Nachmittag, pünktlich um Viertel vor vier …8 – Als ich ein Kind war, sagte Mrs Sweet …

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Über Jamaica Kincaid

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1

Sieh jetzt, damals, die liebe Mrs Sweet, die mit ihrem Mann, Mr Sweet, und ihren zwei Kindern, der schönen Persephone und dem jungen Heracles, in einem kleinen neuenglischen Dorf im Shirley-Jackson-Haus wohnte. Dieses Haus, das Shirley-Jackson-Haus, stand auf einer Kuppe, und vom Fenster aus konnte Mrs Sweet auf die tosenden Wasser des Paran River hinuntersehen, die wild und rasch dahineilend aus dem See stürzten, einem von Menschenhand geschaffenen See, der ebenfalls Paran hieß; und wenn sie nach oben schaute, konnte sie um sich herum die Berge sehen, die Bald und Hale und Anthony hießen und alle Teil der Green Mountain Range waren; und sie konnte das Feuerwehrhaus sehen, wo sie gelegentlich an Bürgerversammlungen teilnehmen und ihrem Regierungsvertreter dabei zuhören konnte, wenn er etwas sagte, das für ihr Wohlbefinden und das ihrer Familie womöglich ernsthafte Folgen haben würde, oder den Feuerwehrleuten dabei zusehen, wie sie die Feuerwehrfahrzeuge aus der Garage fuhren, sie teilweise zerlegten und wieder zusammensetzten und dann sämtliche Wagen polierten und dann unter großem Aufhebens damit durchs Dorf fuhren, ehe sie sie wieder im Feuerwehrhaus abstellten, und sie erinnerten Mrs Sweet an den jungen Heracles, der mit seinen Spielzeugfeuerwehrwagen oft ähnliche Dinge anstellte; doch als Mrs Sweet gerade jetzt aus dem Fenster des Shirley-Jackson-Hauses blickte, machte ihr Sohn das nicht mehr. Aus ebendiesem Fenster konnte sie auch das Haus sehen, wo der Mann gelebt hatte, der die Zeitrafferfotografie erfunden hatte, doch er war jetzt tot; und sie konnte das Haus sehen, Yellow House, das Homer so sorgfältig und liebevoll renoviert hatte, die Fußböden geschliffen, die Wände gestrichen, die Wasserleitungen ersetzt, und das alles in dem Sommer vor dem schrecklichen Sturz, als er auf der Jagd mit Pfeil und Bogen den größten Rehbock erlegt hatte, den er je geschossen hatte, und bei dem Versuch tot umgefallen war, ihn hinten auf seinen Pick-up zu laden. Und Mrs Sweet sah ihn im Beerdigungsinstitut Mahar in seinem Sarg liegen und dachte damals, warum Beerdigungsinstitute von außen immer so willkommen heißend, so einladend wirkten, die Stühle im Innern so bequem, und angenehm golden schimmernder Lampenschein jeden Gegenstand im Raum in ein weiches Licht tauchte, vor allem die Toten, warum war das so, fragte sich Mrs Sweet, als sie Homer ganz allein und behaglich in seinem Sarg liegen sah, wohlausstaffiert mit nagelneuer Jagdkleidung, einer rot-schwarz karierten Jacke aus Wolle und einer roten Strickmütze, alles von Woolrich oder Johnson Bros. oder irgendeinem dieser Outdoor-Ausstatter; und Mrs Sweet hätte gern mit ihm gesprochen, da er so sehr wie er selbst aussah, und ihn gefragt, ob er nicht vorbeikommen und ihr Haus anstreichen wolle, das Shirley-Jackson-Haus, oder ob er kommen könne und etwas tun, irgendetwas, die Wasserleitungen reparieren, die Dachrinnen säubern, nachsehen, ob Wasser in den Keller gelaufen war, da er so sehr wie er selbst aussah, doch seine Frau erzählte ihr, Homer habe den größten Rehbock seines Lebens geschossen und sei bei dem Versuch gestorben, ihn hinten auf seinen Pick-up zu laden; und Mrs Sweet hatte Verständnis für die weltliche Seite der Toten, es gelang ihr, sich das Heer von Würmern und Parasiten vorzustellen, das ohne bösen Vorsatz schon begonnen hatte, von Homer zu zehren, und das ihn demnächst auf die Sphäre der Verwunderung und Ernüchterung reduzieren würde, so traurig, so traurig war das alles, dass Mrs Sweet es damals sehen konnte, als sie am Fenster des Hauses stand, in dem einmal Shirley Jackson gewohnt hatte, gegenüber dem Haus, in dem die alte Mrs McGovern gestorben war und in dem sie viele Jahre gelebt hatte, bevor sie alt geworden war; sie hatte in ihrem Haus gewohnt, das in einem neoklassizistischen Irgendwas-Stil errichtet war, der einer anderen, längst vergangenen Epoche angehörte, lange bevor Mrs McGovern geboren und eine erwachsene Frau geworden war, die heiratete und mit ihrem Mann in Yellow House wohnte und einen Garten nur mit Pfingstrosen anlegte, großen weißen mit einem dunklen weinroten Streifen auf den Blütenblättern nahe den Staubgefäßen, wie eine imaginäre Nacht, die sich mit einem imaginären Tag kreuzt, so waren diese Pfingstrosen in Mrs McGoverns Garten gewesen; sie hatte auch noch andere Dinge gepflanzt, doch niemand konnte sich erinnern, was, nur ihre Pfingstrosen hatten sich dem Gedächtnis eingeprägt, und als Mrs McGovern gestorben und so von der Erdoberfläche verschwunden war, hatte Mrs Sweet die Pfingstrosen aus diesem Garten ausgegraben, Festiva Maxima hießen sie, und hatte sie in ihren eigenen Garten gepflanzt, einen Ort, den Mr Sweet, die schöne Persephone und sogar der junge Heracles hassten. Die Pembrokes, Vater und Sohn, mähten den Rasen, obwohl der Vater manchmal nach Montpelier fuhr, in die Provinzhauptstadt, um für oder gegen etwas zu stimmen, je nachdem, wie er meinte, es wäre zum Besten der Menschen, die in diesem Dorf in Neuengland lebten, das sogar jetzt noch am Ufer des Flusses Paran liegt; und die übrigen Menschen in diesem Dorf, die Wolmingtons, wohnten immerfort in ihrem Haus, und die Atlas ebenfalls, und ebenso die Elwells, die Elkins, die Powers; die Bibliothek war voller Bücher, doch niemand ging hin, außer Eltern mit ihren Kindern, Eltern, die wollten, dass ihre Kinder Bücher lasen, als wäre Bücherlesen in Wirklichkeit eine mysteriöse Form von Liebe, ein Geheimnis, das auch eins bleiben sollte. In dem kleinen Dorf in Neuengland gab es all dies und viel mehr und all dies und viel mehr, damals und jetzt, Zeit und Raum verschwammen ineinander, wurden eins, und das alles in den Gedanken von Mrs Sweet.

*

All das war sichtbar für Mrs Sweet, als sie im Fenster, am Fenster stand, doch so vieles war für sie damals nicht sichtbar, es lag vor ihr, ganz still und klar, wie auf Leinwand gebannt, eingefasst von einem Rechteck verdorrter Betula-nigra-Zweige, und sie konnte es nicht sehen und konnte es nicht verstehen, obwohl sie es sehen konnte: ihr Mann, der liebe Mr Sweet, hasste sie sehr. Er wünschte sich so oft, sie wäre tot: einmal, damals, eines Abends, als er nach einem Klavierkonzert von Schostakowitsch nach Hause gekommen war, das er vor Menschen gegeben hatte, die in den umliegenden Dörfern wohnten und deshalb das Gefühl hatten, dass sie hin und wieder aus dem Haus müssten, gleichzeitig jedoch auf der Stelle wieder umkehren wollten, sobald sie ihr Zuhause verlassen hatten, denn nichts war nah und nichts war so schön wie ihr eigenes Heim, und Mr Sweet Klavierspielen zu hören, ließ sie schläfrig werden, manchmal sackte ihnen plötzlich der Kopf nach vorn, und sie kämpften dagegen an, dass ihnen das Kinn auf die Brust sank, doch es geschah ohnehin, und es entstand ein Schlingern und Ruckeln und Schlucken und Hüsteln; und obwohl Mr Sweet seinem ländlichen Publikum den Rücken zuwandte, konnte er das alles spüren, er empfand jedes Zucken und jeden Schauder, die jeden Einzelnen überkamen. Er liebte Schostakowitsch, und wenn er die Musik spielte, die dieser Mann geschrieben hatte – »Der Schwur des Volkskommissars«, »Das Lied von den Wäldern«, »Acht Präludien für Klavier« –, übermannten Mr Sweet die schweren Sorgen und Ungerechtigkeiten, von denen er heimgesucht wurde, und er war sehr bewegt von diesem Mann und der Musik, die dieser Mann geschrieben hatte, und er weinte beim Spielen und legte seine ganze Verzweiflung in diese Musik und stellte sich vor, dass sein Leben, sein kostbares Leben, mit dieser schrecklichen Frau zugebracht wurde, seiner Frau, der lieben Mrs Sweet, die es liebte, ihren kleinen Kindern ein dreigängiges französisches Essen zu kochen, die es liebte, in ihrer Gesellschaft zu sein, die Gärten liebte und ihn liebte, und er war ihrer Liebe am allerwenigsten wert, denn er war ein so kleiner Mann, dass die Menschen ihn manchmal versehentlich für ein Nagetier hielten, er huschte so herum. Doch er war alles andere als ein Nagetier, er war ein Mann, der Wittgenstein verstehen konnte und Einstein und jeden anderen Namen, der auf -stein endete, Gertrude eingeschlossen, die Komplexität des Universums an sich, die Komplexität der menschlichen Existenz an sich, die Einsicht, dass Jetzt Damals ist und wie aus Damals Jetzt wird; wie gut er das alles wusste, doch er konnte es nicht ausdrücken, er konnte der Welt, zumindest jener Welt, wie sie sich in Gestalt der Bewohner mancher kleiner neuenglischer Dörfer darbot, nicht zeigen, was für ein bemerkenswerter Mensch er war und damals gewesen war und in Zukunft sein würde, diesen Menschen, die tagelang dieselben Socken trugen und sich die Haare nicht färbten, wenn sie ihre natürliche Farbe und ihren jugendlichen Glanz verloren, und die gerne Speisen aßen, die unvollkommen waren, Speisen, die beispielsweise durch natürliche Krankheitserreger oder Insekten ihre Kraft verloren hatten, Menschen, die sich darüber Sorgen machten, dass die Zündflamme des Boilers erlöschen und die Wasserleitungen einfrieren könnten, da das Haus kalt war, und dann der Klempner gerufen werden musste, und dieser Klempner sich über die Arbeit des Klempners beschweren würde, der vor ihm da gewesen war, da Klempner stets an der Arbeit eines anderen herummäkeln; sein Publikum machte sich Sorgen über allerlei Dinge, von denen Mr Sweet noch nie etwas gehört hatte, da er in einer Stadt aufgewachsen war und in einem großen Gebäude mit vielen Wohnungen gewohnt hatte, und wenn etwas nicht klappte, wurde jemand gerufen, den man den Super nannte, um es zu reparieren: Der Super konnte eine Glühbirne auswechseln, den Aufzug wieder in Gang setzen, wenn er nicht mehr funktionierte, den Müll verschwinden lassen, den Fußboden in der Eingangshalle schrubben, die Strom- oder Wasserversorgungsgesellschaft anrufen, wenn die Strom- oder Wasserversorgungsgesellschaft angerufen werden musste, der Super konnte viele Dinge, und in Mr Sweets Leben, als er noch ein Kind gewesen war, erledigte der Super sie, und Mr Sweet hatte noch nie von ihnen gehört, bis er anfing, mit dieser schrecklichen Frau zusammenzuleben, die er geheiratet hatte und die jetzt die Mutter seiner Kinder war, insbesondere die Mutter seiner schönen Tochter. Das Klavierkonzert ging zu Ende, und Mr Sweet streifte die tiefe Sympathie ab, die er für den Komponisten dieser Musik empfand, und die Zuhörer streiften sich ihre mit Eiderdaunen gefüllten Mäntel über, die den Geruch nach Holzrauch von den Feuern in sich bargen, die in den Kaminen und Holzöfen brannten, es war ein Wintergeruch, es war ein Geruch, den Mr Sweet hasste, der Super hätte sich dieses Geruchs angenommen, es war kein Geruch aus Mr Sweets Kindheit; ein Speisesaal im Plaza Hotel, seine Mutter, die französisches Parfüm auftrug, das waren die Gerüche aus Mr Sweets Kindheit, und das damals: das Parfüm der Mutter, das Plaza Hotel. Und er sagte Gute Nacht zu den Leuten, die rochen, als lebten sie in Räumen, in denen ständig Holz im Ofen brannte, und hörte prompt auf, an sie zu denken, als sie in ihren Subarus und gebrauchten Saabs nach Hause fuhren, und er zog seinen Mantel an, einen Mantel, der aus Kamelhaar gefertigt war, ein sehr schöner Mantel, zweireihig, den seine widerwärtige Frau, Mrs Sweet, bei Paul Stuart für ihn gekauft hatte, einem feinen Herrenausstatter in der Stadt, in der Mr Sweet geboren war, und er hasste diesen Mantel, weil seine unbedarfte Frau ihn ihm geschenkt hatte, woher sollte sie wissen, um was für ein feines Kleidungsstück es sich dabei handelte, sie, die vor noch nicht allzu langer Zeit von einem Bananendampfer oder irgendeinem anderen unbedarften Transportmittel an Land gegangen war, alles an ihr war so unbedarft, selbst das Schiff, auf dem sie gekommen war, und er liebte diesen Mantel, denn er stand ihm gut, er war ein Prinz, und ein Prinz sollte so einen Mantel, einen eleganten Mantel, tragen; und er war so froh, dieses Publikum los zu sein, er schlüpfte hinter das Steuer seines eigenen gebrauchten Saabs, der besser war als die meisten anderen, und fuhr auf die schmale Straße und bog dann nach links in eine andere schmale Straße, und nach vierhundert Metern konnte er sein Zuhause sehen, das Shirley-Jackson-Haus, der Bau, in dem sein Verhängnis wohnte, dieses Gefängnis, und darin die Wärterin, höchstwahrscheinlich schon im Bett, von Blumen- und Samenkatalogen umgeben, oder sie lag einfach da und las die Ilias oder Apollodoros’ Götter und Helden der Griechen, seine Frau, dieses furchtbare Miststück, die auf einem Bananendampfer gekommen war, die Rede war von Mrs Sweet. Doch was, wenn ihn gleich hinter der Tür eine Überraschung erwartete, denn selbst ein armer, unglücklicher Mann wie er, denn dafür hielt sich Mr Sweet, unglücklich, weil er mit diesem Miststück von Frau, diesem Kind einer Bestie, verheiratet war; die Überraschung wäre, dass der Kopf seiner Frau einfach so auf der Arbeitsplatte läge und ihr Körper nie gefunden würde, doch ihr Kopf wäre davon abgetrennt, der Beweis, dass sie sein Fortkommen in der Welt nicht länger behindern könnte, denn ihre Gegenwart in seinem Leben war es, die ihn davon abhielt, der zu sein, der er wirklich war, der er wirklich war, der er wirklich war, und wer mochte das wirklich sein, denn er war ein kleiner Mann von Gestalt, und tatsächlich nahm er seine kleine Gestalt sehr deutlich wahr, insbesondere wenn er neben dem jungen Heracles stand, dessen Taten bekannt waren und groß und er für sie berühmt, sogar schon vor seiner Geburt.

*

Ah, nein, nein! Mrs Sweet, die hinausblickte auf die Berge namens Green und Anthony und im Tal auf den Fluss Paran – dessen stetiges Dahinfließen durch den von Menschenhand geschaffenen See unterbrochen wurde –, auf alles, was von einer großen geologischen Umwälzung zurückgeblieben war, ein Damals, das sie Jetzt sah, ihre gegenwärtige Existenz wird tief darin begraben sein, so tief, dass sie nie, niemals von jemandem erkannt werden wird und auch nicht erkannt werden würde, der ihr von der Erscheinungsform oder Natur her ähnlich war: sei es nach Rasse, Geschlecht, aus dem Tier-, Gemüse- oder einem anderen Reich, denn nichts, das bereits bekannt ist, kann oder wird von ihrem Leiden profitieren, und ihr ganzes Wesen litt: Liebe, Liebe und Liebe in all ihren Erscheinungsformen und Ausprägungen, Hass eine davon, und, ja, Mr Sweet liebte sie, sein Hass war eine Erscheinungsform der Liebe, die er für sie empfand: Schau, wie er die Art und Weise bewunderte, in der ihr langer Hals aus ihrer gekrümmten Wirbelsäule und den gebeugten Schultern emporwuchs; ihre Beine waren zu lang, ihr Oberkörper zu kurz, ihre Nasenflügel blähten sich wie ein schlaffes Zelt und lagen auf ihren breiten, dicken Wangen; ihre Ohren saßen genau dort, wo Ohren sitzen sollten, verschwanden dann aber unerwartet, und wenn man zum Beweis über sie Rechenschaft ablegen müsste, dann müsste man die Erinnerung an Ohren heranziehen, die man kannte; ihre Lippen glichen einer Kinderzeichnung der Erde, bevor sie erschaffen wurde, ein Symbol des Chaos, ein Ding, das seine genaue Form noch nicht kannte: und das war lediglich ihre physische Existenz, als stellte man sie sich als etwas vor, das in einer Vase arrangiert wurde, um einen Tisch zu schmücken, der zum Mittag- oder Abendessen gedeckt war für Leute, die Zeitschriftenartikel schrieben oder Bücher über das Schicksal ebendieser Erde selbst, oder die darüber schrieben, wie wir jetzt leben, wer immer wir auch sein mögen, nur unser winziges Ich, nicht mehr und nicht weniger. Wie auch immer, Hass ist eine Variante der Liebe, denn Liebe ist der Standard, und alle anderen Gefühle sind nur Erscheinungsformen, die sich auf die Liebe beziehen; Hass ist das direkte Gegenteil und somit die ähnlichste Form: Mr Sweet hasste seine Frau, Mrs Sweet, und während sie auf diese natürliche Landschaft hinausblickte: – Berg, Tal, See und Fluss, diese Überreste der brachialen Gewalt, die bei der natürlichen Entwicklung der Erde gewirkt hatte –, wusste sie es nicht. »Sweetie, möchtest du, dass ich …«, war der Anfang vieler Sätze, worin die Liebe für die liebe Mrs Sweet ihren Ausdruck fand, denn sie war ihm lieb und teuer, und Mr Sweet füllte ihr Glas mit frischem Ginger Ale auf und legte viele Orangenschnitze auf eine Untertasse, während sie in der mit heißem Wasser gefüllten Badewanne lag und versuchte, sich gegen dieses schreckliche Etwas zu wappnen, das sich Winter nannte, eine Jahreszeit eigentlich, doch nichts, von dem Mrs Sweet in ihrem Leben vor dem Bananendampfer jemals etwas gehört hatte, ah, der Bananendampfer, der Ort ihrer Erniedrigung, ah!, und so präsentierte ihr Mr Sweet die Frucht, die Orange, die im Hitzegürtel der Erde beheimatet ist, während sie im Shirley-Jackson-Haus in einer Badewanne mit heißem Wasser lag. Ahhhhhh, ein süßer Seufzer, das war ein Laut, wie er den dicken, chaotischen Lippen Mrs Sweets entschlüpfte, obwohl ein Laut selbst niemals entschlüpft, da er keinen Ort hat, wo er hinkönnte, nur das dünne Nichts jenseits der menschlichen Existenz, etwas, das Mrs Sweet jetzt und damals nicht sehen kann. Doch Mr Sweet liebte sie, und sie liebte ihn, ihre Liebe für ihn musste nicht ausgesprochen werden, nicht jetzt und nicht damals, sie verstand sich von selbst, sie wurde für selbstverständlich gehalten, wie die Berge Green und Anthony, wie der von Menschenhand geschaffene Paran-See und der Fluss gleichen Namens.

Was ist das Wesen der Liebe? Doch das war eine Frage für Mr Sweet, denn er war in einer Atmosphäre von Fragen über Leben und Tod aufgewachsen: der Ermordung von Millionen, Kontinente voneinander entfernt lebenden Menschen innerhalb kurzer Zeit; über Mrs Sweet hingegen schwebte eine Ungeheuerlichkeit, eine Entstellung menschlicher Beziehungen: der atlantische Sklavenhandel, auch wenn man ihr das nahegebracht hatte, als handle es sich um den Stil eines Rocks oder um Stil oder Schnitt einer Bluse, um einen Kragen, einen Ärmel. Was ist der Atlantik? Was ist der Sklavenhandel? So fragte Mr Sweet, und er beobachtete Mrs Sweet, denn sie stand an dem Fenster, das auf die Berge hinausging, die nach Green und Anthony benannt waren, und auf den Fluss namens Paran, und er kam gerade aus einem Konzertsaal zurück, der Sitzplätze für dreihundert Menschen bot, doch nur zehn oder zwanzig Menschen hatten auf diesen Sitzen Platz genommen, während er am Klavier saß und die Musik spielte, die ein Mann geschrieben hatte, der russischer Bürger war und diese Musik schrieb, die so sehr die innerste Seele des gequälten Mr Sweet gefangen nahm, was immer das auch sein mochte, der den Tod selbst in seinem ganzen Unbekanntsein kannte und doch nicht kannte. Was ist das Wesen der Liebe?

Doch Mrs Sweet schaute hinaus auf ihr Leben: Gegenüber dem Shirley-Jackson-Haus lagen die Berge Green und Anthony und weiter unten die Flüsse: Paran und Battenkill und Branch, Gewässer voller Forellen, die nach einer nachmittäglichen Wirbellosen-Brut hungerten, und all diese Flüsse flossen in den Hudson, ein Gewässer, einer von vielen Zuflüssen zu diesem größeren Gewässer, dem Atlantischen Ozean; sie alle flossen dorthin, mit Ausnahme des Mettowee, der in den Lake Champlain mündet; und sie dachte an ihr Jetzt und wusste, dass daraus so gut wie sicher ein Damals werden würde, selbst während es ein Jetzt war, denn die Gegenwart wird dann jetzt sein, und die Vergangenheit ist jetzt damals und die Zukunft wird dann jetzt sein, und sie dachte, dass die Vergangenheit und die Gegenwart und die Zukunft kein dauerhaftes Präsens besitzen, keine Gewissheit in Bezug auf gerade jetzt, und sie sammelte ihre Kinder ein, den jungen Heracles, der immer so sein würde, egal, was ihm widerführe, und die schöne Persephone, die immer so sein würde, schön und vollkommen und gerecht.

*

Doch ihr Kopf lag nicht in der Küche auf der gelben Arbeitsplatte, war nicht von ihrem Körper getrennt und alles Übrige an ihr in alle Zeit verstreut: ihr Körper im Schlamm nahe dem Durchbruchstal des Delaware River konserviert, die Beine in einem Granit-Ausbiss im Hoggar-Gebirge, die Hände im Treibsand der Algodones-Dünen; all diese Formationen waren exquisite Sehenswürdigkeiten und konnten in diesem Ding namens Natur entdeckt werden, doch Mr Sweet würde sie niemals sehen, denn es machte ihm Angst, seine vertraute Umgebung, das Shirley-Jackson-Haus mit all den hübschen Möbeln darin, zu verlassen: das Sofa und die Stühle, die mit einem Stoff bezogen waren, den Mrs Sweet im Outlet von Waverley in Adams, Massachusetts, gekauft hatte, und die Polsterung selbst, die ein Mann angefertigt hatte, der in White Creek, New York, wohnte. Für sich selbst hatte er ein Nest gebaut in einem Raum über der Garage, ein Studio, in dem er sehr viel schrieb, wo es aussah wie im Empfangsraum eines Beerdigungsinstituts, das dachte Mrs Sweet, und dieser Gedanke brachte sie beinahe um; doch er liebte diesen Raum, denn er war dunkel und voll mit allerlei Dingen, die er liebte, seinen Erinnerungen an Paris, Frankreich, gefüllten Eiern, seiner umfangreichen Sammlung von Claudine-Büchern, dem Bild des kleinen Mädchens, das er bat, sich auszuziehen, als sie beide sechs Jahre alt waren, dem Bild einer seiner Studentinnen, in die er sich verliebt hatte, als sie siebzehn war und er siebenundzwanzig, den Marionetten, die er als Kind gebastelt hatte, den köstlichen Desserts, die er als kleines Kind gegessen hatte, den abgerissenen Eintrittskarten aus dem City Ballett, den abgerissenen Eintrittskarten aus dem Theater, alles kleine Erinnerungsstücke aus einer Zeit, die ihm so kostbar war: seiner Kindheit; doch sie war so ein Biest, so ein Ekel und so ein Biest, und sie durfte unter keinen Umständen in die Nähe dieses Raums kommen, er hielt ihn verschlossen, und sie durfte ihn nie betreten, und er trug den Schlüssel immer bei sich, nur wenn er mit ihr ins Bett ging, legte er ihn an einen geheimen Ort, einen so geheimen Ort, dass er nie daran dachte, aus Angst, sie könnte seine Gedanken lesen. Wer wusste, wozu sie fähig war? Menschen, die auf Bananendampfern kommen, sind keine Menschen, die man wirklich kennen kann, und sie war auf einem Bananendampfer gekommen. Dennoch lag ihr Kopf nicht in der Küche auf der Arbeitsplatte, die Arbeitsplatte in der Küche war mit gelbem Resopal bedeckt, eine Idee, die Mr Sweet abscheulich fand, denn eine Küchenarbeitsplatte sollte weiß sein oder aus Marmor oder eben aus schlichtem Holz, doch Mrs Sweet gab sich allergrößte Mühe, eine derartige Scheußlichkeit ausfindig zu machen, gelbes Resopal, mit dem die Arbeitsplatte bedeckt wurde, und dann strich sie die Wände in der Küche auch noch in diesen karibischen Farben: Mango, Ananas, nicht Pfirsich und Nektarine: »Mein Haus sieht aus wie das Haus von irgendjemandem, meine liebe Mutter, die mich gewarnt hat, diese furchtbare Person zu heiraten, meine liebe Mutter, die sofort erkannt hat, dass wir nicht zusammenpassten, meine liebe, liebe Mutter, die mich davor gewarnt hat, mich mit dieser Frau einzulassen, die nicht ordentlich erzogen war, aber ich liebte ihre Beine, sie waren so lang, sie konnte sie zweimal um mich herumschlingen, und sie berührten immer noch nicht den Boden, diese Beine, die jetzt in einem Ausbiss an einem Ort begraben sind, den ich nie besuchen kann; und ich liebte die Art und Weise, wie sie etwas übertreiben konnte: Wenn sie eine Vase mit zehn Tulpen sah, erzählte sie, sie sehe auf einen Blick zehntausend Narzissen, die in einem munteren Tanz mit den Köpfen nickten; manchmal malte sie einen Regenbogen an den Himmel, einfach weil ein schöner Tag war und sie fand, er sollte noch schöner sein, und ein Regenbogen sei genau das Richtige, es war so amüsant und so anders, sie ging überall hin und kam dann zurück und erzählte mir von überall, und ich wusste, sie schmückte die Dinge aus, sie log nicht wirklich, es war einfach so, dass nichts jemals so war, wie sie sagte: die Wälder in Connecticut waren überhaupt nicht schön, sie waren voller blutsaugender Insekten, die riesige Beulen hinterließen, wo sie einen gestochen hatten; und ich wollte nicht in diesem gottverlassenen Nest wohnen, wo mindestens drei Frauen ihre Ehemänner für eine andere Frau verlassen haben, und ich bin mir sicher, eines Tages wird sie eine von ihnen sein, obwohl ich sie niemandem wünsche; ich wollte nicht in einem Dorf leben, wo ein Mann seine Frau verließ, um eine Frau zu werden, um dann eine andere zu heiraten, die ganz anders war als seine Frau; ich wollte nicht an einem Ort leben, wo alle so dick sind und jeder mit jedem verwandt ist, und die Frauen sind überhaupt nicht schön, und ich bin so dankbar für meine hübschen jungen Studentinnen, in die ich mich verliebe, ich schäme mich nicht, das zuzugeben, obwohl ich es niemals laut sagen würde, ich spreche nie sehr laut, und noch etwas, das man an ihr hassen kann, sie ist sehr laut, laut, laut! Ich möchte nicht immer zu Aretha Franklin nach Hause kommen, ich wollte nicht an einem Ort leben, wo der Tag im Januar um fünf Uhr nachmittags endet und im Juli um acht Uhr abends, und an einem College unterrichten, wo der Gesangslehrer nicht singen kann und die anderen Lehrer dumm sind; ich hasse diesen Ort, dieses Dorf, ich wollte nie hier leben, ich habe immer in einer Stadt gelebt, an einem Ort, wo die Menschen zivilisiert sind und wo man es missbilligt, wenn jemand mit seiner Schwester oder seinem Bruder ein Kind hat, einem Ort, wo die Menschen ins Theater gehen, sie gehen in Filme von François Truffaut, bei Sie küssten und sie schlugen ihn lachen sie leise, das lenkt sie ab von der Tatsache, dass auf der oberen 5th Avenue kein Taxi zu finden ist, wenn man eins braucht; sie hat mich hierher verschleppt, das blöde Biest, das auf einem Bananendampfer gekommen ist, und meine Mutter hat mich davor gewarnt, sie zu heiraten, wir hatten damals nichts gemeinsam, und wir haben auch jetzt nichts gemeinsam. Sie hat mich hierher verschleppt, sie sagte, für die Kinder sei es besser hier: die Luft ist frisch, die Luft ist frisch, aber ich hasse frische Luft und all diese Bäume, all diese Bäume, die ihr Laub abwerfen und ihr Laub genau in dem Moment wieder austreiben, wenn ich sie für tot halte, denn ich liebe tote Bäume, ich liebe hohe Gebäude, die so gebaut sind, dass sie aussehen, als wären sie aus Granit oder irgendeinem anderen unzerstörbaren Material, etwas Ewigem, etwas, das immer da sein wird, eine Stadt schläft nie, es gibt immer jemanden, der etwas tut und nicht schlafen kann, der da ist und meine Vorstellung wachhält, lebendig zu sein bedeute, immer mit etwas in Verbindung zu stehen, das niemals aufhört, es selbst zu sein, das niemals eine Pause macht, dass das Geschäft des Lebens weitergeht, während ich schlafe; nicht so sie, sie liebt den Zyklus des Lebens, zumindest sagt sie das, obwohl es eine so hässliche Art und Weise ist, einen schönen Gedanken auszudrücken: der Zyklus des Lebens, doch sie ist eine hässliche Person, ein Biest und eine hässliche Person, ihre Existenz macht mich krank, ihr Name lautet nicht Lulu, er lautet Mrs Sweet, und süß ist sie nicht; und die Kinder würden die frische Luft lieben, und diese Kinder, ich hatte keine Ahnung von ihnen, ich konnte sie wollen oder auch nicht wollen, eines Tages sagte sie, die Kinder würden die frische Luft lieben. Ich hasse frische Luft, die Vorstellung davon, in frischer Luft gibt es keinen Duke Ellington, und ich liebe Duke Ellington, und wenn ich als Kind allein in meinem Zimmer saß, stellte ich mir häufig vor, ich wäre Duke Ellington und würde herrisch mein Orchester beherrschen, dessen Blas- und Schlaginstrumente mit glänzenden Musikern besetzt wären, und ich würde dann großartige Musikstücke komponieren, die nie gewürdigt und als die genialen Werke erkannt würden, die sie, damals und jetzt, waren, auf einer Stufe mit Alban Berg und Arnold Schönberg und Anton Webern, und das bringt mich zur Verzweiflung, denn ich sehe mich als Duke Ellington, und ich sehe mich als Alban, Anton, Arnold. Und in diesem Shirley-Jackson-Haus, im Schoß dieses neuenglischen Dorf-Gefängnisses, lebe ich heute mit diesem Passagier, diesem fragwürdigen Passagier eines Bananendampfers, denn ist sie ein Passagier oder ist sie eine Banane? Falls sie eine Banane ist, wurde sie kontrolliert? Falls sie ein Passagier ist, wie ist sie hierhergekommen? Meine Mutter hatte recht: Jemand, der auf einem Bananendampfer kommt, ist verdächtig; im Januar Bananen zu essen ist seltsam und ein Luxus. Jedenfalls aß ich als Junge im Winter Rice Krispies mit Bananenscheiben zum Frühstück und saß dabei am Fußende des Betts meiner Eltern, und ich kann mich nicht erinnern, dass die Bananen nach etwas geschmeckt hätten, es waren eben Bananen, immer gleich und unvermeidlich wie der Aufzug, der kam, wenn ich auf den Knopf drückte, um ihn zu holen, oder wie das Mädchen, das von meiner Mutter herablassend behandelt wurde; jedenfalls besteht das Leben aus einer Reihe von Unvermeidlichkeiten; jedenfalls starb eines Tages meine Mutter, und davor starb mein Vater, und ich war ganz allein.«

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