Dark Passion - Love never dies - Mia Wallace - E-Book

Dark Passion - Love never dies E-Book

Mia Wallace

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Beschreibung

Der attraktive Millionär Alex Black ist dominant und geheimnisvoll, und der perfekte Gentleman. Kein Wunder, dass er der hübschen New Yorker Studentin Violet Young nicht mehr aus dem Kopf geht, nachdem er sie so plötzlich verlassen hat. Erst als Violet den Fotografen und Modelscout Josh kennenlernt, gelingt es ihr für kurze Zeit Alex zu vergessen. Hals über Kopf lässt sie sich auf eine Affäre  mit dem sexy Modeltyp ein – bis Alex Black wieder in ihr Leben tritt. Erneut verfällt sie dem Charme des gefährlichen Adonis und lässt sich von ihm dominieren. Als Violet erfährt, wer Alex wirklich ist, beginnt eine ungewisse Reise zwischen Traum und Alptraum. Am Ende stellt er sie vor eine folgenschwere Entscheidung, die ihr Leben für immer verändert. Die Dark Passion-Reihe richtet sich an alle Leser, die Erotik gepaart mit Spannung und Mystery suchen. Love never dies: Teil 2 der Dark Passion-Reihe

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Seitenzahl: 395

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Mia Wallace

Dark Passion - Love never dies

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Erster Teil

 

 

Alex lehnte mit gekreuzten Armen neben seinem Queue am Billardtisch. Die Schleife seiner schwarzen Fliege war offen, und hing rechts und links an seinem Hemdkragen herab. Mit nachdenklicher Miene betrachtete er Violet, die halb über den Tisch gebeugt war und sich mit ihrem Queue auf den nächsten Stoß vorbereitete. Er legte den Kopf schief und ließ seinen Daumen verführerisch über seine Oberlippe gleiten.

„Lass die Show“, protestierte Violet. Sie versuchte gerade verzweifelt sich auf das Spiel zu konzentrieren, doch Alex brachte sie schon die ganze Zeit aus dem Konzept.

„Was meinst du?“ Arglos schob er seine dunklen Brauen zusammen, unter denen seine schönen Augen azurblau leuchteten. Es war dieser atemberaubende sexy Alex-Blick, der Violet jedes Mal total schwach machte. Das war so unfair.

Sie richtete sich auf. „Hör auf mich so anzuschauen. Das macht mich total nervös.“

Er verengte die Augen und fixierte sie mit einem sinnlichen Blick. „Du musst die Kugeln angucken, Baby.“

Verdammt, welche Frau konnte bei diesem Anblick an ein paar blöde bunte Kugeln denken?

Violet atmete tief durch. Dann beugte sie sich noch einmal über den Billardtisch.

Alex kam langsam um den Tisch herum und trat von hinten dicht an sie heran. Sie spürte seine festen Oberschenkel an ihrem Po. Ihre Knie wurden weich.

„Das machst du sehr gut“, bemerkte er mit seiner tiefen Stimme. „Allerdings musst du den Queue gerade halten.“

Er beugte sich von hinten über sie und breitete seine Arme eng um ihren Oberkörper. Dann legte er ruhig seine kräftigen Hände auf ihre, um ihr zu zeigen wie sie den Stock halten sollte.

„Alex!“ protestierte Violet. Doch es klang wenig überzeugend. Es war so wundervoll in seinen starken Armen zu versinken. Sein unverwechselbarer, maskuliner Geruch drang ihr in die Nase und sie spürte seinen warmen Atem in ihrem Nacken. Ein leiser Seufzer kam über ihre Lippen.

„So ist es besser“, lobte er sie, ohne sich von ihr zu lösen. Genießerisch vergrub er seine Nase in ihrer langen blonden Mähne und atmete ihren Duft tief ein.

„Du riechst so verdammt gut, Baby.“ Ein Hauch von Erregung schwang in seiner Stimme mit.

Behutsam schob er ihre Haare zur Seite und begann ihren Nacken zu küssen. Ihr wurde heiß.

Nein, sie durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Noch einen Stoß und sie hatte die Partie gewonnen – und dann durfte sie mit Alex machen, was sie wollte. So hatten sie gewettet.

Unsicher stieß sie mit ihrem Queue zu, verfehlte die rote Kugel knapp und versenkte die Schwarze in einer der Seitentaschen. Verdammt.

„Das müssen wir wohl nochmal üben“, bemerkte Alex mit einem souveränen Unterton.

Ohne sich aufzurichten, nahm er ihren Queue und legte ihn auf den Tisch. „Jetzt gehörst du mir!“

Violets Herz begann wild zu klopfen. Es gab durchaus Schlimmeres, als von sexy Alex auf dem Billardtisch vernascht zu werden.

Verlangend schob er den Saum ihres engen, schwarzen Kleides hoch. Seine Hände fuhren kräftig über ihre nackten Oberschenkel. Violets ganzer Körper begann zu prickeln. Sie schloss die Augen und ließ ihren Kopf auf den grünen Filz des Billardtischs sinken. Zärtlich küsste Alex ihre Wange. Seine Finger glitten über ihre Oberarme, die ausgestreckt vor ihr auf dem weichen Tisch lagen. Seine Berührungen waren himmlisch.

„Gefällt dir das?“ fragte er weich.

„Oh ja, Alex, hör bitte nicht auf“, hauchte sie leise. Ihre Wangen glühten.

Er war immer noch über sie gebeugt und hielt sie in seinen Armen. Sie war vollkommen in seiner Gewalt. Es war ein großartiges Gefühl, diesem unglaublichen Mann, den sie über alles liebte, so ausgeliefert zu sein.

Langsam öffnete er von hinten den Reißverschluss ihres Kleides und schob es herunter, bis es zu ihren Füßen auf den Boden fiel.

Alex spreizte ihre Beine mit seinen Oberschenkeln, dann ließ er seine Hände kraftvoll über ihren nackten Rücken fahren.

„Ich liebe deinen wunderschönen Körper, Violet“, raunte er dicht an ihrem Ohr. „Ich liebe deinen zarten Rücken, deine schlanke Taille, deinen süßen Po…“ Er ließ seine Finger zärtlich über ihre Taille und ihre Hüften hinabgleiten und widmete sich schließlich ihrem wohlgeformten Hinterteil.

Violet hatte das Gefühl, unter seinen Berührungen zerfließen zu müssen. Obwohl er nicht viel tat, versank sie bereits jetzt in einem Strom der Erregung.

Alex beugte sich über sie, so dass sie sein Gewicht und das Beben seiner kräftigen Brustmuskulatur auf ihrem Rücken spüren konnte. Sie keuchte leise. Er verschränkte die Finger seiner linken Hand mit ihren und streichelte sanft mit dem Daumen über ihren Handrücken.

„Entspann dich, Baby“, sagte er lächelnd, als er ihre verkrampften Finger bemerkte. „Du vertraust mir doch, oder?“

Hastig atmend nickte sie. Ihr ganzer Körper zitterte und verlangte nach ihm. Und Alex wusste genau, dass er diese Wirkung auf sie hatte.

Langsam wanderte seine rechte Hand über ihren Oberschenkel, und tastete sich zwischen ihren Beinen ganz nach oben: „…und ich liebe diese Stelle hier“, knurrte er. „Besonders wenn du keine Unterwäsche trägst.“

Mit einem unkontrollierten Keuchen erwiderte Violet seine Bemerkung.

Alex‘ Finger glitten ein Stück höher. Sie stöhnte laut auf, als er auf Anhieb die richtige Stelle fand und sie behutsam zu massieren begann.

Atemlos krallte Violet ihre Fingernägel in den grünen Filz des Billardtischs.

„Soll ich weitermachen?“ Er hielt inne. Seine Lippen berührten ihren Hals und sie spürte, dass er lächelte.

„Alex, bitte“, keuchte sie flehend…

 

„Violet!“ Davids Stimme schallte durch das ganze Haus und holte Violet aus dem Tiefschlaf. Schlaftrunken richtete sie sich in ihrem romantischen Himmelbett auf. Sie rieb sich die Augen und fuhr mit der Hand durch ihre unordentlichen blonden Haare. Oh Mann. Es war nur ein Traum gewesen. Nur ein sehnsuchtsvoller Traum. Sie seufzte schwer.

Letzte Nacht war sie auf einer der wilden Verbindungspartys der New York University gewesen. Und wie es aussah, hatte sie wohl ein paar Cocktails zuviel erwischt, denn ihr Kopf fühlte sich an wie ein Medizinball.

„Hast du den Termin vergessen, Vio?“ David stand plötzlich in ihrem Zimmer.

„David!“ fuhr sie ihn vorwurfsvoll an. Hastig zog sie ihre weiße Bettdecke über ihren Oberkörper. Erst jetzt stellte sie fest, dass sie nackt war. Kein Wunder, dass sie da feuchte Träume bekam.

„Wie spät ist es denn?“ wollte sie wissen und musterte ihn. Er trug tatsächlich so etwas wie einen Anzug. Sie musste fast Lachen. Er sah aus, als hätte er sich das kaffeebraune Ding von seinem kleinen Bruder geliehen.

„Gleich halb Elf. Du hast also noch eine halbe Stunde, um dich fertigzumachen.“ David ging zur Tür. Kurz bevor er Violets Zimmer verließ, drehte er sich noch einmal um: „Du weißt, wie wichtig die Besichtigung heute ist. Wir brauchen dringend zwei neue Mitbewohner. Alleine können wir die Miete für das Haus, auf Dauer unmöglich tragen.“

Obwohl Violet wusste, dass David Recht hatte, hätte sie sich am liebsten wieder unter ihre Decke verkrochen.

Neue Mitbewohner! Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Alleine der Gedanke, dass künftig fremde Menschen in Lous und Colins Zimmern leben würden, erzeugte eine Gänsehaut bei ihr.

Frustriert wickelte sie sich in ihre Bettdecke und ging die Treppe runter ins Badezimmer.

Sie stellte sich vor das Waschbecken und betrachtete sich im Spiegel. Ihr Gesicht war schmal geworden und ihre blauen Augen wirkten riesig darin. Kein Wunder, sie aß kaum noch etwas. Sie hatte einfach keinen Appetit mehr, seit ihrer Trennung von Alex.

Schwer atmend ließ sie ihre Decke hinter sich auf den Boden fallen, und ging in die kleine Duschkabine. Sie drehte den Hahn auf und genoss das warme Wasser, das auf ihren Körper prasselte. Während sie ihre langen Haare zurückstrich, schloss sie die Augen und ließ das Wasser über ihr Gesicht laufen.

Dieser verdammte Traum hatte sie total durcheinander gebracht. Sie wollte Alex doch einfach nur vergessen. Und jetzt sah sie ihn auf einmal wieder vor sich, als sei es erst gestern gewesen, dass er sie verlassen hatte. Seine wunderschönen blauen Augen, die sie unter den dunklen Brauen immer so verführerisch angesehen hatten. Seine sinnlichen Lippen. Sein imposanter, durchtrainierter Körper: groß und breitschultrig, zum dahinschmelzen.

Seufzend drückte sie etwas Duschgel aus der Plastikflasche und schäumte sich ein. Sie vermisste Alex mit jeder Faser ihres Körpers. Das zwischen ihnen, war wirklich etwas ganz besonderes gewesen. Alleine, dass sie sich unter mehr als sieben Milliarden Menschen auf der Welt gefunden hatten, war schon ein Wunder gewesen. Das Schicksal hatte sie füreinander bestimmt, davon war Violet überzeugt.

Und das war jetzt einfach vorbei? Sie atmete schwer, während sie sich unter dem laufenden Wasserstrahl die Zähne putzte.

Sie konnte immer noch nicht begreifen, was überhaupt geschehen war.

Warum meldete Alex sich nicht mehr? Ja, sie hatte ihm hinterherspioniert, und ihn mit seiner Sekretärin in flagranti erwischt. Aber was war in jener Nacht in seinem Büro noch geschehen, nachdem sie sich auf der Dachterrasse gestritten hatten?

Violet erinnerte sich nur noch schemenhaft.

Wahrscheinlich hatte sie wieder von dem starken Wein halluziniert, den sie vorher bei ihm getrunken hatte. Wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen. Auf jeden Fall hatte sie einen ziemlichen Filmriss. Und als sie am nächsten Morgen in ihrem Bett aufgewacht war, war Alex weg. Seitdem hatte sie nichts mehr von ihm gehört.

Nachdenklich nahm sie etwas Shampoo und wusch sich die Haare. Die ganze Sache mit Alex war so rätselhaft. Wahrscheinlich war es wirklich das Beste, ihn einfach zu vergessen. Sie seufzte schwer.

Während sie sich den Schaum aus den Haaren wusch, hämmerte David an die Tür.

„Verdammt Violet, beeil dich!“

Sie hasste den ganzen Trubel.

Genervt drehte sie das Wasser ab und stieg aus der Dusche. Sie nahm ihr Handtuch und begann sich abzutrocknen. Mist. Sie hatte vergessen etwas zum Anziehen mitzunehmen. Eilig wickelte sie sich wieder in ihre Decke. Ihre Haare tropften noch, als sie die Treppe zu ihrem Zimmer hochlief.

„Violet?“

Sie drehte sich abrupt um, und ließ vor Schreck ihre Decke fallen.

„Alex?“ Sie stand nackt auf dem obersten Treppenabsatz und starrte ihn fassungslos an.

„Josh“, korrigierte der Fremde sie belustigt.

Ein paar Wassertropfen aus ihren Haaren, liefen ihr über das Gesicht. Hastig wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen, und sah plötzlich wieder klarer. Verdammt. Für einen Moment hatte sie tatsächlich gedacht, es sei Alex. Wie peinlich. Aber der Typ sah ihm wirklich verdammt ähnlich: Groß, durchtrainiert und ein Blick wie Nick Bateman.

Mit einem verstohlenen Grinsen kam Josh die Treppe zu ihr herauf. Er versuchte anstandsvoll wegzusehen, doch das gelang ihm nicht wirklich gut. Während er die weiße Decke aufhob, um sie Violet zu geben, schielte er sie die ganze Zeit aus den Augenwinkeln an.

„Und? Hast du jetzt genug gesehen?“ fuhr Violet ihn an. Im nächsten Augenblick bereute sie ihre heftige Reaktion. Dieser Josh konnte ja nichts dafür, dass sie so ungeschickt war.

„Ich nehme an, du interessierst dich für eines der freien Zimmer“, bemerkte sie etwas freundlicher und musterte ihn kritisch. Er war vielleicht Mitte Zwanzig oder so. Er trug Jeans und Sneakers, und eines von diesen albernen Motto-Shirts mit der Aufschrift: Too cool for you. Oh Mann. Allerdings stand ihm das Teil sehr gut, weil es sich eng um seinen kräftigen Bizeps und seine Brustmuskulatur spannte.

„Ich bin mir noch nicht sicher, ob eine WG wirklich das richtige für mich ist“, erwiderte Josh nachdenklich.

Violet sah ihn verständnislos an. „Dann war es keine unheimlich clevere Idee herzukommen“, bemerkte sie schnippisch und wickelte sich enger in ihre Decke.

Der Typ war ein Idiot. Besonders, weil er ihr so einen Schrecken eingejagt hatte. Warum musste er auch so aussehen wie Alex? Obwohl er ihm natürlich überhaupt nicht das Wasser reichen konnte. Er war zwar attraktiv, aber ein Freak.

„Auf jeden Fall war es sehr amüsant“, konterte Josh mit einem schelmischen Grinsen.

Sie starrte ihn finster an. „Dann freut es mich, dein langweiliges Leben ein bisschen aufregender gemacht zu haben“, gab sie schroff zurück.

Energisch drehte sie sich um und wollte in ihr Zimmer gehen. Den hatte sie sicher vergrault, dachte sie mit einem grimmigen Lächeln. Schließlich hatte sie kein Interesse daran, mit einem Typen zusammenzuwohnen, der sie jeden Tag an Alex erinnern würde.

„Hast du vielleicht Lust, auf einen Drink heute Abend?“ rief Josh ihr hinterher.

Violet fuhr herum und starrte ihn an. Der Typ hatte echt Mut.

„Jetzt, wo ich weiß, wie du nackt aussiehst, würde ich dich gerne daten“, fügte er dann grinsend hinzu.

Ihr klappte die Kinnlade herunter. Hätte sie nicht beide Hände gebraucht, um ihre Decke festzuhalten, hätte sie ihm jetzt sicher eine runtergehauen. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein?

„Das war nur ein Joke.“ Josh lächelte entschuldigend.

Violet verzog keine Miene. Stattdessen überlegte sie, ob es irgendjemandem auffallen würde, wenn sie seine zerstückelte Leiche unter dem Haus vergrübe.

In diesem Moment kam David mit einem Mädchen im Schlepptau die Treppe hoch. Sie hatte lange dunkelbraune Haare im Ombré-Look und trug ein ultrakurzes, schwarzes Kleid mit schwarzen Lack-Heels. Was wollte er denn mit dem billigen Babe?

„Du bist ja immer noch nicht angezogen, Vio“, fuhr David sie vorwurfsvoll an. „Aber, wie ich sehe, hast du dich schon mit Josh angefreundet. Er und Jessica ziehen in zwei Wochen hier ein.“

Violet schnappte nach Luft. Josh hatte sich also bereits entschieden. So ein Idiot.

Erst jetzt bemerkte sie, dass Jessica sie herablassend musterte. Sie konnten sich nicht riechen, soviel stand fest. Und diese beiden Freaks sollten ihre neuen Mitbewohner werden? Niemals!

„Ich glaube, darüber müssen wir nochmal reden“, sagte Violet und machte David ein Zeichen, ihr in ihr Zimmer zu folgen.

„Was fällt dir eigentlich ein, über meinen Kopf hinweg zu entscheiden?“ fuhr sie ihn an, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Es tut mir Leid, aber ich kann nicht jeden wegschicken, nur weil du gerade auf deinem Ego-Trip bist.“ Davids Stimme klang hart. „Jessica und Josh sind nett und verdienen genug, um sich an der Miete zu beteiligen. Wir brauchen das Geld, schließlich schulden wir Mr. Taylor noch zwei Monatsmieten.“ Violet trat ans Fenster und blickte hinaus in den Garten. Es war noch kalt draußen und in den hintersten Winkeln sah man noch Reste von Schnee. Trotzdem konnte man bereits ein paar Knospen an den kahlen Zweigen des großen Kirschbaums erkennen. Wie schnell die Zeit vergangen war.

„Was ist jetzt?“ fragte David ungeduldig.

„Meinetwegen sollen sie hier einziehen“, erwiderte Violet gleichgültig. Ihr war sowieso alles egal.

 

„Du bist Stripperin?“ Violet sah Jessica ungläubig an.

Sie saßen gemeinsam mit Josh und David im Nightflight, einer Rooftop-Bar in den Brooklyn Heights. Der coole Laden befand sich auf dem Dach einer alten Ziegelei. Und während man gemütlich unter Palmen seinen Cocktail schlürfte, konnte man den einmaligen Blick auf die Lichterkette der Brooklyn-Bridge und die gigantische Skyline von Manhattan genießen.

„Ich strippe nicht, ich tanze“, erklärte Jessica spitzfindig und fuhr sich affektiert durch die offenen, braunen Haare. Sie trug eine ziemlich ausgeschnittene Bluse und einen superkurzen Rock.

Klar, dass David sich für sie entschieden hatte, dachte Violet und fühlte sich irgendwie komplett verarscht.

„Aber du tanzt nackt!“ bemerkte sie scharf.

„Ist das ein Problem für dich?“ Jessica lächelte sie herausfordernd an.

Violet warf David einen strengen Blick zu. Warum hatte er ihr diese Information verschwiegen? Sie konnte es sich fast denken, so wie er Jessica anschmachtete. Er vögelte sie ja fast mit seinen Blicken.

Ohne Jessica aus den Augen zu lassen, lächelte David entschuldigend.

Violet nahm ihre Flasche Corona und trank sie in einem Zug aus.

„Ich hoffe nur, dass du keinen von deinen Typen aus dem Club mit nach Hause bringst. Wir sind nämlich kein Bordell“, sagte sie dann ärgerlich.

„Ich finde, jetzt gehst du wirklich zu weit, Vio!“ fuhr David sie an. Jessica lächelte zufrieden. So eine Schlange!

Eigentlich hatte alles so lustig begonnen. Josh und Jessica waren gerade eingezogen und im Nightflight wollten sie auf ihre neue WG anstoßen. Doch jetzt war der Abend im Arsch!

Josh saß die ganze Zeit schweigend neben David und starrte Violet an. Er sah wirklich gut aus in seinem engen, schwarzen Longsleeve, das seinen durchtrainierten Oberkörper richtig gut zur Geltung brachte. Und wenn er sich mit der Hand durch seine dunkle Haartolle fuhr, sah er aus wie ein sexy Männermodel während eines Shootings für hautenge Shirts.

Allerdings schienen auch die anderen Frauen im Nightflight bemerkt zu haben, was für ein Hottie Josh war, stellte Violet fest, als sie die schmachtenden Blicke bemerkte, die man ihm zuwarf. Er war anscheinend ein echter Mädels-Magnet.

Eigentlich sollte sie ja stolz darauf sein, dass dieser heiße Typ ausgerechnet sie anhimmelte. Doch seit Josh bei ihnen eingezogen war, ging Violet ihm aus dem Weg. Seine Statur, sein Blick, ja selbst manche Gesten erinnerten sie so sehr an Alex, dass es ihr jedes Mal einen Stich ins Herz versetzte, wenn sie ihm im Haus über den Weg lief oder sich ihre Blicke zufällig trafen.

„Ich gehe jetzt nach Hause“, sagte Violet schließlich genervt, stand auf und nahm ihren Parker.

„Ich komme mit.“ Josh erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl. Aufmerksam half er ihr in ihre dicke Jacke.

Violet überlegte. Ihr erster Eindruck von ihm war anscheinend vollkommen falsch gewesen. Sie hatte ihn für einen dreisten Aufreißer gehalten, doch wie es aussah, war er eher der ruhige, zurückhaltende Typ.

Auf dem ganzen Weg nach Hause sprachen sie kein Wort und gingen nur schweigend nebeneinander her. Josh wusste nicht, was er sagen sollte, und Violet war viel zu sehr in ihre Gedanken vertieft, um ein Gespräch anzufangen. Eine komische Situation.

„Möchtest du noch ein Bier?“ fragte sie endlich, als sie die Treppen zu dem malerischen Brownstone-Haus hinaufgingen. Sie schloss die Türe auf.

„Vergiss nicht, dass ich jetzt auch hier wohne“, bemerkte Josh, während er hinter ihr in den Flur ging. „Oder ist das, das versprochene Date?“ Er zwinkerte ihr zu.

Violet sah ihn kopfschüttelnd an und zog ihre Jacke aus. Josh war schon süß, dachte sie. Obwohl ihr seine blöden Sprüche manchmal ziemlich auf die Nerven gingen.

„Erzählst du mir etwas über dich?“ fragte Josh, als sie in die Küche kamen.

Während Violet zwei Flaschen Budweiser aus dem Kühlschrank holte, setzte er sich an den kleinen Küchentisch und beobachtete jede ihrer Bewegungen.

Obwohl sie nur eine dunkle enge Jeans, Uggs und einen dicken Wollpullover trug, sah sie ziemlich sexy aus, fand er. Sie war nur dezent geschminkt. Ihre langen blonden Haare fielen lockig über ihren Rücken und bildeten einen schönen Kontrast zu dem dunklen Pullover.

„Du willst sicher wissen, ob ich einen Freund habe“, erwiderte sie, während sie zu ihm an den Tisch kam.

Josh nickte mit einem entschuldigenden Lächeln. „Aber du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst. David hat mir schon erzählt, dass …“ Er hielt inne, als er Violets ärgerlichen Gesichtsausdruck bemerkte.

„Was hat David dir erzählt?“ Sie blieb vor dem Tisch stehen.

„Nur, dass du schlechte Erfahrungen gemacht hast“, versetzte Josh diplomatisch.

„Mehr nicht?“

Er schüttelte den Kopf.

Violet stellte die Flaschen auf den kleinen runden Tisch und setzte sich.

„Ich möchte nicht über meinen Ex-Freund reden, okay? Er hat mich wahnsinnig verletzt und ich möchte ihn einfach nur vergessen.“ Sie hielt inne. Warum erzählte sie Josh das?

„Tut mir Leid.“ Er sah sie tröstend an und streichelte ihr über den Arm. „Ich kann verstehen, wenn du jetzt einen Hass auf Männer schiebst. Aber vielleicht sind wir nicht alle Arschlöcher.“

Violet sah ihn finster an. Natürlich seid ihr das, hätte sie am liebsten gesagt, aber sie schwieg.

„Und dein Studium?“ versuchte Josh das Thema zu wechseln. „Du bist an der New York University eingeschrieben, richtig?“

Violet nickte. „Ich studiere Literatur. Eigentlich wollte ich dieses Jahr meinen Abschluss machen, aber nach allem, was passiert ist, habe ich mir das Frühlingssemester frei genommen.“ Sie stockte. „Was machst du überhaupt?“ lenkte sie schließlich ab.

„Ich arbeite in der Modebranche“, erklärte Josh vorsichtig.

Violet sah ihn mit großen Augen an. Dann war er sicher schwul? Oh Mann.

„Ich bin Modelscout und Fotograf. Und Nein ich bin nicht schwul, auch wenn das gleich jeder in New York denkt, nur weil man so einen Job macht.“

Auf gewisse Weise war Violet erleichtert das zu hören. Nicht, dass sie ein Problem mit homosexuellen Männern hätte. Doch Josh war einfach zu sexy, um am anderen Ufer zu fischen.

Sie beobachtete ihn dabei, wie er sein Budweiser aus der Flasche trank. Wow, er war echt heiß. „Wenn du willst, kann ich auch mal Fotos von dir machen. Du hast wirklich ein hübsches Gesicht.“ Seine graublauen Augen fingen bei dieser Vorstellung an zu leuchten.

Violet sah ihn zweifelnd an. „Ich bin ungefähr so fotogen wie eine Kaulquappe.“ – „Aber ich mag deine schönen blauen Augen, und deine süße Stupsnase. Außerdem hast du mindestens so verführerische Lippen wie Angelina Jolie.“

Sie wurde rot. „Übertreib es nicht“, sagte sie verlegen. „Ich bin wirklich kein Model. Aber vielleicht fragst du mal Jessica.“

Josh zog die Augenbrauen hoch. „Du hältst nicht viel von ihr. Habe ich Recht?“

Violet nahm einen Schluck Bier. „Sie ist eine falsche Schlange“, bemerkte sie dann grimmig.

„Meiner Meinung nach, ist sie einfach nur total unsicher.“ – „Sie ist Stripperin!“ – „Die meisten Mädchen, die so einen Job machen, haben Probleme mit ihrem Selbstbewusstsein“, erwiderte Josh einfühlsam.

Violet ärgerte diese Bemerkung. Er hörte sich an, wie die Mutter Teresa der Stripperinnen.

Warum nahm er Jessica so in Schutz? Sie spürte einen leichten Anflug von Eifersucht in sich aufsteigen. Was, wenn Josh auch einen Blick auf sie geworfen hatte? Ihr war nicht entgangen, wie die beiden Jungs Jessica am Abend angegafft hatten, als sie in ihren hochhackigen Stiefeln und einem Rock, der gerade so als Gürtel durchging, die Treppe heruntergekommen war.

„Ich glaube, ich gehe jetzt ins Bett“, sagte Violet schließlich kurz. Das Bier zeigte bereits seine Wirkung und sie war müde. Sie stellte die Flasche auf den Tisch und stand auf.

„Ich hoffe, ich habe nichts Falsches gesagt“, sagte Josh mit einem schlechten Gewissen und erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl. Er war so unglaublich mitfühlend und sensibel mit allem. Fast schon ein bisschen too much, fand Violet.

Sie schüttelte den Kopf und lächelte verkrampft. „Es liegt nicht an dir. Ich bin einfach nur todmüde.“ In Wirklichkeit war sie niedergeschlagen und frustriert. Und ein bisschen betrunken.

 

„Kommt ihr heute Abend ins Candy?“ Jessica trug einen schwarzen Trenchcoat und Plateau-Heels, als sie zu den anderen ins Wohnzimmer kam.

Es war Samstag. Josh und David saßen auf dem Sofa, guckten Football und tranken Bier. Violet hatte es sich mit einer Tasse Tee im Sessel gemütlich gemacht und las einen ihrer Lieblingsromane: Jane Eyre von Charlotte Brontë.

„Ich habe heute meinen großen Auftritt“, erklärte Jessica, während sie den Gürtel ihres Mantels löste und ihn freizügig öffnete.

David spuckte sein Bier aus und Josh starrte sie mit offenem Mund an.

Jessica trug nur einen knappen weißen Tanga und einen breiten Strapsgürtel aus Spitze um die Taille. Ihre Beine steckten in weißen Netzstrümpfen mit großen Löchern, und ihre prallen Brüste bedeckten nur zwei herzförmige Aufkleber.

Fasziniert betrachtete Violet den tätowierten Stacheldraht um ihren Oberschenkel, oben über dem Rand ihrer Netzstrümpfe. Wofür brauchte man sowas?

Josh und David hatte Jessicas Stripper-Outfit die Sprache verschlagen. Sie sahen aus wie sabbernde Idioten.

Männer! dachte Violet ärgerlich.

„Und?“ fragte Jessica mit einem unschuldigen Lächeln.

„Du siehst wirklich ultraheiß aus“, bemerkte David mit einem breiten Grinsen. „Wir sind heute Abend auf jeden Fall dabei.“ Begeistert sah er Josh und Violet an.

Wir? „Ich wüsste nicht, was ich in einem billigen Striplokal verloren hätte“, bemerkte Violet kurz und wandte sich wieder ihrem Buch zu.

„Bitte“, flehte Jessica sie an. „Ich würde mich wirklich freuen, wenn ihr kommen würdet.“

Josh sah Violet an. „Na los, Süße. Es wird sicher lustig.“ Sein Lächeln war entwaffnend. Wie sollte sie da Nein sagen?

„Okay, wenn es euch glücklich macht, komme ich mit.“ Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf ihr Buch. Jane Eyre wäre ihr heute Abend entschieden lieber gewesen, als ein Ausflug ins Rotlichtmilieu, dachte sie sarkastisch.

„Dann seid ihr dabei?“ Jessica klatschte fröhlich in die Hände. „Großartig. Ihr werdet es sicher nicht bereuen.“

 

Der Candy Club war alles andere, als ein billiger Strip-Schuppen. Er lag direkt am Broadway, und war einer der angesagtesten Läden der Szene. Ein Umstand, der sich bereits draußen auf dem Gehweg bemerkbar machte, wo eine lange Menschenschlange hinter einer roten Kordel auf den Einlass wartete.

Jessica schob sich an den Wartenden vorbei. David, Josh und Violet folgten ihr.

Normalerweise kamen die Tänzerinnen durch den Hintereingang, aber damit ihre Freunde auch ganz bestimmt reingelassen wurden, begleitete Jessica sie.

Die drei kräftigen Türsteher winkten sie vorbei.

Das Publikum in dem glamourösen Laden war ziemlich stylish, und die Musik extrem laut.

„Ihr könnt euch dort drüben an den Tisch setzen“, brüllte Jessica. „Und keine Sorge, die Getränke gehen auf mich.“ Sie zwinkerte ihnen noch zu, bevor sie durch eine unauffällige Seitentür am anderen Ende des Raums verschwand.

Während sie an dem runden Tisch Platz nahmen, sah Violet sich interessiert um. Der Laden war so ganz anders, als sie sich ein Striplokal vorgestellt hatte, irgendwie edel. Die Bühne verlief wie ein großes T und sah aus wie ein Catwalk, nur mit einer Polestange vorne. Vor der richtigen Bühne etwas weiter hinten, schwebte ein roter Vorhang.

„Ich hoffe die Show fängt bald an“, rief David ungeduldig, ohne seinen Blick von den aufreizenden Kellnerinnen zu wenden, die überall herumliefen und die Gäste mit Drinks versorgten. Sie trugen alle ultrakurze und tiefdekolletierte rosa Kleidchen mit einem gebauschten Rock. Total kitschig, dachte Violet. In ihrem kleinen Schwarzen fühlte sie sich dagegen wie eine Gouvernante.

Eine der Kellnerinnen kam an ihren Tisch und fragte, was sie trinken wollten.

„Sex on the Beach“, grölte David. Violet wäre am liebsten im Erdboden versunken.

Als die Kellnerin mit ihren Cocktails wiederkam, steckte Josh ihr einen fünf-Dollar-Schein ins Dekolleté.

„Gefällt sie dir?“ erkundigte sich Violet grinsend.

„Nicht so gut, wie du.“ Er zwinkerte ihr zu. Dann deutete er amüsiert auf David, der einer anderen Kellnerin tatsächlich gerade seine Handynummer in den Ausschnitt schob.

Violet schüttelte den Kopf. „Er ist echt unverbesserlich.“

„Und wie gefällt dir der da?“ fragte Josh und deutete zur Theke, wo ein attraktiver und gutgebauter Barkeeper die Drinks mixte. Die hintere Wand der Bar war verspiegelt, so dass man eine gute Aussicht auf die nackte Rückfront des heißen Typen hatte.

Violet betrachtete den Barkeeper mit hochgezogenen Brauen.

„Ist das Hemd mit der Fliege etwa aufgemalt?“

Josh nickte. „Bodypainting. Sollten wir auch mal machen.“ – „Das hättest du wohl gern“, gab Violet zurück und streckte ihm die Zunge heraus.

„Bei deinem Body fiele mir da schon eine Menge ein“, bemerkte er herausfordernd.

Violet wollte ihn strafend ansehen, doch dabei versank ihr Blick für einen Moment in seinen blaugrauen Augen. Hastig sah sie wieder weg und probierte den Cocktail.

„Schmeckt echt toll“, lenkte sie ab.

Doch Josh hatte ihre Reaktion sehr wohl bemerkt.

Zum Glück ging in diesem Moment der Vorhang hoch.

Von der blonden Kellnerin hatte David erfahren, dass das Motto des Abends ‚Cinderella‘ war. Lautstark rief er es ihnen über den Tisch zu.

Violet runzelte die Stirn. Cinderella in einer Strip-Version, wie romantisch, dachte sie spöttisch. Ihr Blick fiel auf die Bühne. Wow. Es gab tatsächlich ein richtiges Bühnenbild, mit einem aufgemalten Schloss und einem plastischen Wald. Nicht schlecht.

Auf einmal wurde es still und leise Musik kam aus den Lautsprechern.

Vier heiße Blondinen in weiten Mänteln stolzierten auf die Bühne. Während sie sich sexy über den Catwalk bewegten, lösten sie die Schleifen ihrer Umhänge und standen plötzlich nur noch in kurzen, transparenten Kleidchen auf der Bühne. Die Musik wurde lauter und schneller. In diesem Moment kamen vier superheiße Typen dazu, die aussahen wie die Chippendales. Sie trugen zerrissene Jeans und enge weiße Muscle-Shirts. Echt heiß. Die Jungs tanzten die Mädchen sexy an und rissen sich dann, im wahrsten Sinne des Wortes, die Shirts von ihren braungebrannten, muskelbepackten Oberkörpern.

Violet war echt beeindruckt, wie die Typen mit nur einer Handbewegung ihre Shirts in der Mitte zerrissen. Mit einer weiteren lässigen Handbewegung fielen ihre Jeans, so dass sie nur noch in knappen Stringtangas äußerst sexy ihre Hüften kreisen ließen.

Begeistert sprang Violet auf und begann laut zu klatschen und zu pfeifen. Der Sex on the Beach hatte sie wohl ein bisschen hemmungslos gemacht.

Erst als sie bemerkte, dass David und Josh sie erstaunt anstarrten, setzte sie sich wieder hin und lächelte verlegen.

In der Zwischenzeit hatten die Chippendale-Typen auf der Bühne damit begonnen, die Mädchen weiter auszuziehen, so dass diese am Ende oben ohne, nur noch in Strapsen und weißen Spitzenstrings hinter die Kulissen tänzelten.

Der Vorhang fiel.

Das Publikum war außer Rand und Band. Und die sexy Kellnerinnen rotierten, um sie mit Nachschub zu versorgen. Dabei ließen sie sich fröhlich die Dollar-Scheinchen zwischen die üppigen Brüste stecken.

„Die Show ist echt cool“, bemerkte Josh.

„Ja, ein romantisches Märchen“, erwiderte Violet spöttisch.

David war ein bisschen enttäuscht. „Wo war denn Jessica?“ fragte er.

Josh und Violet zuckten mit den Schultern.

„Vielleicht musste sie mal für kleine Stripperinnen und hat ihren Auftritt verpasst“, feixte Violet.

Josh hätte vor Lachen fast seinen Drink über den Tisch gespuckt.

David fand ihren Joke gar nicht komisch. Er hatte die Ellbogen auf den Tisch gestützt und nuckelte an dem Strohhalm seines Cocktails. Die Aufregung und der Alkohol hatten ihn, wie es aussah, ziemlich müde gemacht.

Nach einer knappen Viertelstunde, wurde es plötzlich wieder leiser. Der Vorhang wurde langsam wieder hochgezogen.

Zur Musik von Prince kam ein dunkelhaariges Mädchen mit einem funkelnden Diadem im Haar auf die Bühne. Sie hatte eine weiße Spitzenmaske vor dem Gesicht, hinter der nur ihre dunklen, grünen Augen zu sehen waren. Das lange weiße Kleid, das sie trug, war atemberaubend. Es war wie ein romantisches Ballkleid geschnitten. Allerdings in der sexy-Version, mit glitzernden Steinchen auf der prall gefüllten, geschnürten Corsage.

Sie bewegte sich anmutig wie eine Katze, als sie auf die Polestange am anderen Ende der Bühne zutänzelte. Violet hätte sich wahrscheinlich schon nach zwei Schritten auf diesen mörderischen Schuhen das Genick gebrochen, da war sie sich sicher.

„Das ist Jessica!“ rief David begeistert. Der Anblick seiner sexy Mitbewohnerin hatte ihn anscheinend aus seinem Delirium geholt.

Mit heißen Bewegungen tanzte Jessica um die Stange herum, wobei sie ihr langes weißes Kleid nach und nach gekonnt über ihre Hüften abstreifte. Darunter trug sie nur die beiden herzförmigen Aufkleber auf ihren Brüsten und die Strapse mit den Netzstrümpfen, die sie ihnen bereits zu Hause präsentiert hatte.

David und Josh konnten sich kaum auf ihren Stühlen halten. Sie klatschten und feuerten Jessica an. Und auch der Rest des Publikums war außer Rand und Band.

Es war tatsächlich atemberaubend, was sie an der Polestange vollführte. Und es sah alles so federleicht und schwerelos aus, dass Violet nur Staunen konnte über Jessicas akrobatische Bewegungen. Am Ende ihrer Pole-Darbietung hielt Jessica plötzlich inne, als ein Typ in einem schwarzen Umhang auf die Bühne kam. Hastig löste sie sich von der Stange, lief auf der anderen Seite über die Bühne und verschwand hinter den Kulissen. Natürlich hatte sie bei ihrer Flucht einen ihrer gläsernen Heels verloren. Ganz wie im Märchen.

Das Publikum tobte, während der Stripper in die Mitte der Bühne kam und mit einer Handbewegung seinen schwarzen Umhang über seine Schultern abstreifte.

Nur mit einem Netzshirt und engen Boxershorts bekleidet, stellte er sich vorne an den Rand des Catwalks. Er suchte im Publikum nach einem geeigneten Mädchen für seine Show.

Sofort senkte Violet den Kopf und blickte unbeteiligt auf ihre french-lackierten Fingernägel, doch der Stripper hatte sie bereits bemerkt. Mit einer Geste gab er ihr zu verstehen, dass sie zu ihm auf die Bühne kommen sollte. Verdammt, warum musste ihr immer sowas passieren?

„Niemals!“ sagte sie und verschränkte entschlossen die Arme vor dem Körper, während David und Josh sie drängten aufzustehen und nach vorne zu gehen. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Violet wurde knallrot.

„Na los, Vio. Er wird dich schon nicht auffressen“, sagte Josh lachend. Das war so gemein.

Am Ende gab sie nach, ging nach vorne und ließ sich von dem Stripper auf die Bühne ziehen.

Der heiße Typ tanzte lasziv um sie herum, legte ihre Hände auf seinen stahlharten Body und ließ sich von ihr das Shirt und die Boxerhorts ausziehen. Am Ende entließ er sie, mit einem Klaps auf den Po von der Bühne.

Mit hochrotem Kopf schwankte Violet wieder zu ihrem Tisch, wo David und Josh sie grölend erwarteten. Sie brauchte unbedingt noch einen Drink!

Während sie ihren dritten Sex on the Beach herunterkippte, ließ sie die spöttischen Bemerkungen der Jungs willenlos über sich ergehen. Diese Sache war so ziemlich das Peinlichste, was ihr je passiert war.

Angetrunken verfolgte sie den Rest des Spektakels.

Die anderen Stripperinnen kamen wieder auf die Bühne. Violets ‚Prinz‘ hob den gläsernen Schuh auf, den Jessica verloren hatte. Nacheinander setzte sich jedes der Mädchen mit sexy Bewegungen auf einen Stuhl. Der Stripper kniete sich davor, nahm eines ihrer langen Beine, küsste und streichelte es, und probierte ihnen dann den gläsernen Cinderella-Schuh an. Natürlich passte das Ding keiner von ihnen.

Da kam Jessica wieder auf die Bühne. Diesmal in einem knappen weißen Faltenrock, mit ein paar Lagen Tüll darunter, und einem durchsichtigen, blusenartigen Oberteil, das ihre beachtliche Oberweite beeindruckend zur Geltung brachte.

Nach einer kurzen Showeinlage, bei der Jessica leidenschaftlich mit ihrem Prinzen herummachte,

bemerkte er endlich, dass ihr der Schuh passte. Überglücklich stöckelte sie auf ihren gläsernen Heels an die Polestange. Akrobatisch vollführte sie ihren letzten Tanz. Ihr halbnackter Prinz beobachtete sie dabei mit lüsternem Blick. Am Ende kam er zu ihr und gab ihr einen langen Show-Kuss. Dann hob er sie auf seine starken Arme und trug sie von der Bühne.

 

Als Violet mit Josh, und Jessica mit David nach Hause kamen, waren sie alle sturzbetrunken. Es war wirklich ein cooler Abend gewesen. Und zum ersten Mal seit langer Zeit, hatte Violet nicht an Alex denken müssen.

Josh hatte seinen Arm um sie gelegt und stützte sie, als sie in den Flur kamen.

David und Jessica waren schon in den Nahkampf übergegangen. Sie hatten bereits auf der Fahrt im Taxi ordentlich losgelegt. Knutschend zogen sie ihre Mäntel und Schuhe aus und schwankten danach die Treppe rauf in Davids Zimmer.

„Soll ich uns noch einen Kaffee machen?“ fragte Violet.

Josh schüttelte den Kopf. Er sah sie mit einem verlangenden Blick an. „Zu mir oder zu dir?“ – „Josh!“ – „Nicht das, was du denkst, Vio. Ich dachte wir reden einfach nur, mehr nicht.“

Okay, reden war wirklich kein Problem, dachte Violet gutgläubig. Sie waren schließlich erwachsene Menschen. Und auch wenn Josh wirklich verdammt gut aussah, und sie ziemlich betrunken war, musste das nicht gleich heißen, dass sie übereinander herfallen würden. Musste es doch nicht, oder?

„Gut, dann lass uns zu mir gehen“, hörte sie sich schließlich sagen.

Violet saß auf ihrer zart geblümten Couch und spielte nervös mit einem ihrer silbernen Fingerringe. Warum war sie bloß so aufgeregt, jetzt, wo sie mit Josh alleine war?

Vielleicht weil er so verdammt sexy aussah, in seiner zerschlissenen Jeans und dem karierten Hemd, das so eng war, dass es seine Brustmuskeln betonte?

„Wow, du hast echt eine beeindruckende Bibliothek“, bemerkte er anerkennend, während er die Bücher in ihrem Regal musterte.

Er nahm eines heraus. „Ist das antiquarisch?“ Interessiert öffnete er das alte Buch.

Violet sprang mit einem Satz auf. „Ich will nicht, dass du das anfasst, okay“, fuhr sie ihn an und nahm ihm das Buch aus der Hand. „Es bedeutet mir sehr viel.“ – „Okay…“ Josh sah sie erstaunt an und hob entwaffnet seine Arme in die Luft.

„Es ist sehr wertvoll“, erklärte Violet. Sie wollte Josh nicht so anfahren, doch es hingen einfach zuviele Erinnerungen an diesem Buch.

Nachdenklich betrachtete sie den dunkelbraunen Ledereinband mit der Prägung. Es war John Miltons Paradise Lost. Alex hatte ihr die Erstausgabe damals geschenkt. Und seit er weg war, hatte sie es nicht mehr in der Hand gehabt.

Violet spürte einen schmerzhaften Stich in ihrer Brust. Sie musste ihm tatsächlich etwas bedeutet haben, sonst hätte er ihr wohl kaum dieses seltene, unbezahlbare Exemplar geschenkt.

Josh stand vor ihr und strich ihr vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. „Willst du, dass ich gehe?“

Violet hob ihren Blick. Ein blaugraues Augenpaar sah sie verlockend an. „Nein, es ist nur…“

Sanft legte er ihr einen Finger auf den Mund. „Du musst es mir nicht erklären, wenn du nicht willst.“

Sie lächelte verkrampft. Warum war Josh nur immer so unglaublich lieb und verständnisvoll? Sie schämte sich für ihre Zickigkeit.

Sorgsam stellte sie das Buch wieder zwischen die anderen ins Regal.

Josh setzte sich aufs Sofa. Er hatte sein kariertes Hemd ausgezogen und trug jetzt nur noch ein T-Shirt mit einem tiefen V-Ausschnitt, das den Ansatz seiner trainierten Brust leicht entblößte. Lässig fuhr er sich mit der Hand durch seine dunkle Haartolle. Jetzt sah er wirklich aus wie ein sexy Model aus einer Werbekampagne.

Violets Blick fiel auf den Ansatz eines Tattoos, das unter dem enganliegenden Ärmel und aus dem Ausschnitt des weißen Shirts hervorblitzte. Es war ihr schon öfter aufgefallen.

„Was ist das für ein Tattoo?“ erkundigte sie sich neugierig, während sie mit einem Finger seinen Ärmel ein Stück hochschob.

„Es ist ein Tribal. Willst du es ganz sehen?“ Violet nickte begierig.

Josh nahm den Bund seines T-Shirts und zog es sich über den Kopf. Lässig warf er es auf den Boden.

Wow. Sprachlos starrte Violet seinen nackten, braungebrannten Oberkörper an. Verdammt, war der heiß! Super durchtrainiert mit einem 1A Sixpack.

Das Tattoo zog sich in verschiedenen Motiven von seinem rechten Oberarm über seine gesamte rechte Brust, und war wirklich ultracool.

„Es setzt sich aus vielen Einzelmotiven zusammen, die alle eine persönliche Bedeutung für mich haben“, erklärte Josh, während er seine Brustmuskeln spielen ließ, um es besser zur Geltung zu bringen.

Vorsichtig berührte Violet eines der Motive über seiner Brustwarze und streichelte sanft darüber. Es war eine Art stilisierter Engel mit einem Schriftzug darunter: Sarah.

„Was bedeutet das?“ wollte sie wissen.

Joshs Miene verfinsterte sich und nahm einen traurigen Ausdruck an. Mist. Hatte sie was Falsches gesagt?

„Sarah ist meine Ex-Freundin“, sagte er bedrückt, ohne Violet anzusehen. „Das Motiv ist ein Guardian Angel und er ist für sie. Ich habe ihn mir stechen lassen, nachdem sie mich verlassen hat.“

Okay …?

Warum ließ man sich ein Tattoo für ein Mädchen stechen, das einen verlassen hat? fragte Violet sich verwundert. Doch sie schwieg. Sie merkte, dass Josh diese Erinnerung ziemlich nahe ging.

Für einen kurzen Moment, spürte sie so etwas wie Eifersucht in sich aufsteigen. Sarah. Wer war diese mysteriöse Ex, über die er nicht reden wollte?

Ohne genau zu wissen, was sie tat, streichelte Violet über seine nackte Brust. Er fühlte sich wirklich verdammt gut an.

Josh sah sie an und legte einen Arm um sie. Dann zog er sie näher an sich heran. Ihr Kopf berührte fast seine Brust, und der verführerische Duft seines After Shaves drang ihr in die Nase.

Er senkte den Kopf zu ihr. Sie bekam weiche Knie.

Langsam näherten sich seine Lippen ihrem Mund.

„Darf ich?“ hauchte er leise.

Dumme Frage, mach schon! hätte Violet am liebsten erwidert. Warum war er bloß immer so anständig? Sie öffnete verlangend ihre Lippen.

Josh legte eine Hand in ihren Nacken, zog sie an sich und presste seinen Mund auf ihren. Dann schob er seine Zunge tief in ihren Mund.

Violet überlegte. Es fühlte sich nicht schlecht an, zwar nicht so leidenschaftlich wie Alex, aber gut. Verdammt, warum musste sie ausgerechnet jetzt an Alex denken?

Josh gab sich wirklich Mühe. Er beugte sich über sie und Violet sank mit dem Rücken auf die Sofakissen. Dabei tat seine Zunge ihr Bestes in ihrem Mund.

Während er ihr ein paar Haarsträhnen aus der Stirn strich, fuhr er mit der anderen Hand über ihre Brüste. Als nächstes streifte er den Saum ihres engen schwarzen Kleids hoch und tastete sich an ihrem Oberschenkel nach oben.

„Können wir das Licht ausmachen?“ fragte Josh plötzlich.

Es war, als hätte er sie mit einem Eimer kalten Wasser übergossen.

„Von mir aus“, erwiderte Violet leicht genervt. „Du weißt ja, wo der Lichtschalter ist.“

Josh stand auf und ging zur Tür, um das Licht zu löschen.

„Vielleicht können wir wenigstens ein paar Kerzen anzünden“, schlug Violet vor.

Der Gedanke so im Dunkeln mit ihm rumzumachen, gefiel ihr irgendwie nicht. Wenn der Typ schon so einen geilen Body hatte, wollte sie ihn wenigstens auch sehen können. Und irgendwie fürchtete sie, dass sein durchtrainierter Körper, unter Umständen seine einzige Stärke war.

„Auf dem Schreibtisch findest du welche. Streichhölzer sind in der Schublade“, erklärte sie kurz.

Josh ging zum Schreibtisch und zündete die großen Kerzen an.

Ja, das war schon viel besser, dachte Violet, die auf einen Arm gestützt auf dem Sofa lag und dabei seinen Wahnsinns-Oberkörper mit dem genialen Tattoo bewunderte.

Er kam wieder zu ihr und rutschte aufs Sofa. Dann kniete er sich zwischen ihre Beine. Mit beiden Händen fuhr er über ihre Oberschenkel und den Spitzenrand ihrer halterlosen Strümpfe, bis zu ihrem Po, den er fest umfasste.

Josh sah sie verlangend an. „Darf ich dich ein bisschen verwöhnen?“

Wow, jetzt ging er aber ran, dachte Violet. Aber, warum eigentlich nicht? Wenn es ihm Spaß macht. „Okay…“ sagte sie lächelnd und lehnte sich entspannt zurück.

Ohne Vorwarnung presste Josh seine Lippen auf ihren hauchdünnen Seidenslip. Seine Hände waren unter ihrem Po und drückten sie fest an seinen Mund. Erschrocken packte Violet seine kräftigen Schultern. Ja, Josh ging auf einmal ziemlich ran.

Mit den Zähnen zog er ihren Slip zur Seite, dann schob er seine Zunge tief in sie hinein und begann sie geschickt zu massieren. Keuchend klammerte Violet sich an seinen Oberarmen fest.

Okay, er machte seine Sache nicht schlecht, das musste sie zugeben. Allerdings war er ein reiner Techniker.

Ohne auch nur einmal zu ihr aufzusehen, zog Josh seine Zunge wieder heraus und ließ sie dann über ihre Klitoris fahren.

Violet fuhr heftig zusammen. Er reizte sie so hart und unsensibel, dass sich ihr Unterleib augenblicklich verkrampfte und sie unter seinen „Zärtlichkeiten“ zurückwich. Verdammt, ihre empfindlichste Stelle war doch keine Briefmarke, die man einfach ablecken konnte.

Langsam schien auch Josh zu begreifen, dass Violet sich etwas unwohl fühlte. Er hielt inne und sah sie an.

„Wir müssen das nicht tun, wenn du noch nicht soweit bist“, bemerkte er mit seiner gefühlvollen Art. Oh Mann, der Typ hatte wirklich keine Ahnung von Frauen.

„Ich…“ Was sollte sie dazu sagen? „Ich glaube, ich brauche ein bisschen frische Luft.“

Sie stand auf, strich ihr Kleid glatt und ging zum Fenster. Vielleicht war sie wirklich noch nicht soweit.

Nachdenklich öffnete sie das Fenster und atmete einmal tief durch. Klar, Josh war frustriert, aber das konnte sie jetzt auch nicht ändern.

Violet blickte hinaus in den dunklen Garten.

„Verdammt, was ist das?“ rief sie auf einmal erschrocken und wich vom Fenster zurück.

Josh kam zu ihr und sah ebenfalls nach draußen in die Dunkelheit.

„Also, ich sehe nichts“, bemerkte er, und schloss sie dabei von hinten in seine Arme.

„Doch! Da war jemand. Ich habe seine Augen leuchten sehen.“ Violet zitterte.

„Wuthering Heights“, sagte sie dann leise. „Es war wie in dem Roman, wo Cathys Geist nachts am Fenster erscheint.“

Josh drehte sie zu sich herum. „Wir haben heute Abend alle ein bisschen viel getrunken“, sagte er lächelnd und streichelte ihr dabei über den Kopf, als sei sie übergeschnappt.

„Du glaubst mir nicht?“ funkelte Violet ihn zornig an.

„Wenn es dir so wichtig ist, gehe ich nach unten und sehe im Garten nach. Es war sicher nur ein Tier.“

In diesem Moment überkam Violet ein sonderbarer Gedanke. Hastig befreite sie sich aus Joshs Armen.

Während sie unruhig im Raum auf und ab ging, versuchte sie sich die Szene noch einmal in Erinnerung zu rufen. Das Gesicht der männlichen Gestalt hatte sie nicht erkannt, nur das leuchtende Blau eines Augenpaars. Es war dasselbe strahlende Blau wie in Alex‘ Augen gewesen. Sie blieb wie angewurzelt in der Mitte des Raums stehen.

Plötzlich lief sie zur Tür, rannte die Treppen runter und nach draußen.

Es war eine kühle Nacht und der zunehmende Mond kam nur ab und zu hinter dunklen Wolken hervor. Hastig stieß Violet das Seitentor auf, das in den Garten führte.

„Alex!“ rief sie. „Alex!“

Sie stand auf der Wiese in der Mitte des Gartens unter dem riesigen Kirschbaum, dessen kahle Zweige düster in die Dunkelheit ragten.

Josh kam jetzt ebenfalls durch das Tor gelaufen. Etwas langsamer ging er auf sie zu.

„Alex“, presste Violet verzweifelt heraus, und sah Josh mit Tränen in den Augen an.

Er nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich.

„Was ist hier los?“ David kam durch das Tor in den Garten. Seine Miene war finster, denn er war von dem Lärm aufgewacht. Er trug nur Boxershorts. Es war kalt, doch Violet glühte vor Erregung.

Josh sah David an und zuckte mit den Achseln. Er wusste schließlich selbst nicht, was sie hatte.

„Lass uns wieder reingehen, bevor wir uns hier draußen den Tod holen.“ Es lag etwas Beruhigendes in Joshs Stimme. Vorsichtig legte er seinen Arm um Violets Schulter und sie ließ es sich willenlos gefallen.

Während sie den Garten verließen, blickte sie sich immer wieder unruhig um. Erwartete sie tatsächlich, dass Alex plötzlich aus einem der Gebüsche auftauchen würde? Sie war total verwirrt und unendlich müde.

„Möchtest du wirklich nicht, dass ich dich noch ins Bett bringe?“ fragte Josh, als sie im Flur am Treppenabsatz standen.

„Ich bin okay, Josh, ehrlich.“ Violet stellte sich auf die erste Stufe, gab ihm einen Kuss auf die Wange und lief dann nach oben in ihr Zimmer. Sie war froh, endlich allein zu sein.

Nachdem sie ihr Kleid ausgezogen und sich ins Bett gelegt hatte, lag Violet noch lange da und starrte an die Decke.

Warum spukte Alex ihr immer noch im Kopf herum?

Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber sie hatte in letzter Zeit öfter das Gefühl gehabt, er wäre wieder da. Wie man einen Menschen, der hinter einem steht, spüren kann ohne ihn zu sehen, so fühlte sie manchmal Alex‘ Nähe. Und jetzt dieser komische Vorfall im Garten.

Unsinn, dachte sie und rollte sich auf die Seite. Alex war weg, und das war auch gut so.

Sie nahm ihren Teddybär und presste ihn fest an sich. Warum fehlte er ihr dann so?

 

Obwohl es bereits halb Vier war, saßen Josh und David noch zusammen in der Küche und tranken Bier.

„Wer ist eigentlich dieser Alex?“ wollte Josh wissen.

„Alex ist Vios Ex-Freund, und ein richtig mieser Typ“, erklärte David, der gerade am Kühlschrank stand und zwei Flaschen Budweiser herausnahm. „Ich weiß selbst nicht genau, was da gelaufen ist, aber es hat Violet ziemlich fertig gemacht.“

Er kam zum Tisch und stellte Josh seine Flasche hin, bevor er sich ihm gegenüber auf den Stuhl setzte.

„Die ganze Sache war von Anfang an total strange. Der Typ hat Violet mit so einer Telefon-Sex Nummer angemacht und sie ist total drauf abgegangen. Am Ende hat sie sich sogar mit ihm gedatet, ohne irgendetwas über ihn zu wissen.“ Er machte eine Pause. „Wenn du mich fragst, war der Typ ein Verbrecher. Er hat Millionen verdient, und nicht mal Violet wusste, womit. Und dass damals drei unserer Freunde auf ungeklärte Weise ums Leben kamen, war sicher kein Zufall.“

Er holte tief Luft und trank einen großen Schluck Bier. „Ich hoffe wirklich, dass dieser Penner hier nie wieder auftaucht.“

Als David seine Flasche auf den Tisch stellte, hörten sie plötzlich laute Schreie aus Violets Zimmer. Gleichzeitig sprangen er und Josh auf und liefen nach oben.

Violet war schweißgebadet und saß kerzengerade in ihrem Bett, als die Jungs in ihr Zimmer kamen und das Licht anknipsten.

„Was ist passiert?“ fragte Josh und kam zu ihr ans Bett.

„Nichts. Ich habe nur schlecht geträumt“, erwiderte sie kreidebleich.