Das Böse im Dreierpack - Juergen von Rehberg - E-Book

Das Böse im Dreierpack E-Book

Juergen von Rehberg

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Beschreibung

Diese Trilogie umfasst drei der bisher erschienenen Kriminalromane in einem Band. Was die drei Geschichten unterscheidet, ist die Art der begangenen Morde. Was sie verbindet, ist die humorvolle Erzählart des Autors.

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Inhaltsverzeichnis:

Detective Buffalo

Mord im Kloster Rehberg

Mörderische Toskana

"Was haben wir?"

"Männliche Leiche, farbiger Herkunft, ca. 28 Jahre alt!" antwortete Hermine Bauer, ihres Zeichens Polizeikommissaranwärterin - kurz „KKAnw”.

"Was heißt „farbiger Herkunft”, verehrte Kollegin", sagte Kriminalhauptkommissar Wilhelm Büffel, "welche Farben haben wir denn? Rot, grün, blau, lila oder vielleicht schwarz-gelb gestreift?"

Hermine zuckte zusammen ob der rüden Art, wie sie ihr Chef gefragt hatte. Selbiger beugte sich kurz über die Leiche, und als er die diversen Einschusslöcher auf dem weißen T-Shirt des Opfers sah, fasste er kurz zusammen:

"Durchlöcherter schwarzer Neger ohne bemerkenswerte Lebenszeichen!"

Dann schaute er seine junge Kollegin an und sagte:

"Siehst du, Hermes, das ist eine klare und leicht verständliche Beschreibung der Leiche!"

Als Hermine vor geraumer Zeit zu ihm gekommen war, hatte er sie mit den Worten begrüßt: "Dich hat der Himmel geschickt!" Und ergänzend: "Was habe ich nur verbrochen, dass ich jetzt schon kleine Mädchen ausbilden soll?"

Und als er ihren Vornamen hörte, machte er sofort aus Hermine „Hermes” - von wegen „...Himmel geschickt”.

"Jetzt mach einmal halblang, Buffalo!" sagte Franz Kleiber, der Gerichtsmediziner.

Wilhelm und Franz waren zwei Dinosaurier ihrer Zunft. Sie bewegten sich schnurstracks in Richtung Pension und arbeiteten schon mehrere Jahrzehnte zusammen.

"Das sagt man heutzutage nicht mehr so!" fuhr der Doktor fort, "das ist politisch inkorrekt!"

"Was meinst du damit, Franz?" fauchte Wilhelm „Buffalo” Büffel seinen Kollegen an.

Franz und er waren über diesen Status nie hinausgekommen. Für eine Freundschaft hat es nie gereicht. Gelegentlich einmal ein Feierabendbier; das war es dann auch schon.

Kann sein, dass die verschiedene Herkunft der beiden es nicht zuließ. Franz stammte aus einer akademischen Familie, und Wilhelm kam aus dem Arbeitermilieu.

"Du weißt genau, was ich meine", antwortete Franz mit einem breiten Grinsen, "das mit dem „Neger!"

"Das ist doch Quatsch!" polterte KHK Büffel, "essen wir jetzt auch keine „Amerikaner” mehr und liegen keine „Engländer” und „Franzosen” mehr in unserer Werkzeugkiste?

Heißt das jetzt „Gebäck in Untertassenform mit Zuckerguss” und „Schraubenschlüssel bzw. Verstellschlüssel ausländischer Herkunft” oder wie?"

"Rede doch nicht so einen Mist, Buffalo. Du weißt genau, wie ich das meine!"

Die beiden Männer sahen sich einen Moment lang an, um dann in ein schallendes Gelächter auszubrechen.

"Lassen wir das!" sagte KHK Büffel und wandte sich Hermine zu.

"Also Hermes, was machen wir jetzt?"

Hermine war noch immer verwundert über die Anrede ihres Chefs durch den Gerichtsmediziner und hätte liebend gern gewusst, wieso dieser KHK Büffel „Buffalo” nannte.

Natürlich war ihr bewusst, dass das englische Wort „Buffalo” für Büffel steht; aber das erklärte noch nicht den Ursprung des Spitznamens.

"Was ist, Hermes?" fragte KHK Büffel ungeduldig, "hat es dir die Sprache verschlagen oder hast du keine Antwort gefunden?"

Es ärgerte Hermine, dass er sie einfach duzte, obwohl sie ihm das nie angeboten hatte, und dass er sie „Hermes” nannte, missfiel ihr mindestens genauso.

Sie hatte aber nie den Mut aufgebracht ihren Chef darauf anzusprechen. In der Dienststelle war er eine lebende Legende. Seine Aufklärungsquote lag weit über dem Durchschnitt, und seine Kollegen verehrten ihn.

KHK Büffel ging immer mit dem Kopf durch die Wand; sogar öfter unter Missachtung jeglicher Vorschriften. Und daher stammte auch sein Spitzname „Buffalo” - genauer gesagt „Detective Buffalo”.

Das Umgehen von Vorschriften und die lässige Art, mit der KHK Büffel zu Werke ging, verärgerte Oberkriminalrat Becker über die Maße. Aber in Betracht der immer näher rückenden Pensionierung sah er zähneknirschend darüber hinweg.

"Anwohner befragen, um eventuelle Zeugen zu finden!" antwortete jetzt Hermine und sah ihren Chef mit festem Blick dabei an.

"Na also; geht doch!" brummte Buffalo und bewegte sich in Richtung Dienstfahrzeug.

"Chef, Chef!" rief Hermine hinter ihm her, "wie komme ich ins Kommissariat zurück?"

"Mit dem Schiff, mit dem Flugzeug oder zu Fuß!" kam die flapsige Antwort des KKH’s. "Was weiß ich."

"Ärgern Sie sich nicht!" sagte Dr. Kleiber zu Hermine, "Sie dürfen das nicht persönlich nehmen; er benimmt sich zu allen so!"

"Aber nicht zu Ihnen!" stieß Hermine heraus und erschrak dabei, dass sie sich wohl etwas im Ton vergriffen hatte.

"Entschuldigung, Herr Doktor!" sagte sie kleinlaut, "das wollte ich nicht!"

"Ist schon gut, Mädchen!" antwortete der Medizinmann. "Und den „Herrn Doktor” den lassen wir lieber. Ich heiße Franz!" Als er das sagte, streckte er Hermine die Hand entgegen.

"Aber das geht doch nicht!" sagte Hermine verunsichert.

"Und warum nicht?" fragte Franz lächelnd, "bin ich dir nicht sympathisch genug?"

"Doch, doch!" beeilte sich Hermine zu sagen, "sehr sogar!"

"Ja dann?"

Hermine ergriff die Hand des Mannes und sagte:

"Vielen Dank, Herr Doktor! Ich meine Franz! Ich heiße übrigens Hermine; Hermine Bauer!"

"Ich weiß; Hermine Bauer!"

Die KKAnw Hermine ging von Haus zu Haus, um eventuelle Zeugen zu finden; jedoch ohne Erfolg.

"Warum weinst du, Hermine?" fragte Franz.

"Ich weine doch gar nicht!" antwortete Hermine.

"Ja, man merkt jetzt schon, dass das Auto schon einige Jahre auf dem Buckel hat", sagte Franz nach einer kurzen Pause.

"Wieso?" fragte Hermine. Sie saß mit Franz in dessen Auto und war auf dem Weg ins Präsidium.

"Na, weil das Dach undicht ist und es hereinregnet. Anders lässt sich dein nasses Gesicht ja nicht erklären. Oder?"

Hermine lachte befreit. Die einfühlsame Art des älteren Mannes tat ihr gut. Und so öffnete sie sich ihm und sagte:

"Ist der Buffalo immer so?"

"An und für sich schon", antwortete Franz, "aber er war nicht immer so!"

Und dann erzählte er seiner Mitfahrerin von einem Mann, der früher ein liebenswerter und freundlicher Kollege war.

Das änderte sich an dem Tag, als Margot Büffel an Krebs gestorben ist. Buffalo, der damals noch Wilhelm Büffel war, veränderte sich von Stund an.

Er wurde zum totalen Einzelgänger und auch Einzelkämpfer. Daran vermochten weder KOR Becker noch Frau Staatsanwältin Miranda Hirlinger etwas zu ändern.

"Was hat die Frau Staatsanwältin damit zu tun?" fragte Hermine.

Franz zögerte, bevor er antwortete. Dann sagte er:

"Was ich dir jetzt sage, muss unbedingt unter uns bleiben. Wenn Buffalo herausbekommen würde, dass ich dir das gesagt habe, würde er mich umbringen!"

"Ich werde niemandem davon erzählen! Ehrenwort!"

Hermine hob zur Bekräftigung ihres Versprechens ihre Hand wie zu einem Schwur.

Franz lächelte. Er empfand vom ersten Augenblick Sympathie für diese junge Frau. Das war vor einigen Wochen, als sie ihm vorgestellt wurde.

"Buffalo und Miranda hatten damals ein Verhältnis miteinander!"

"Was?" entfuhr es Hermine heftig. Und dann:

"Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht! Wenn er doch mit der Staatsanwältin ein Verhältnis hatte, dann war doch seine Ehe sowieso schon am Ende."

"Ganz so einfach verhält sich das nicht", sagte Franz. "Da war schließlich noch die gemeinsame Tochter Petra!"

"Und wie ging das dann weiter?" wollte Hermine wissen.

"Nun, Franz beendete ab sofort das Verhältnis mit Miranda und kümmerte sich aufopfernd um Petra."

"Das alles verstehe ich gut, und kann ich auch nachvollziehen", sagte Hermine, "aber das erklärt mir nicht, warum Buffalo so ein Ekel geworden ist!"

"Auf diese Frage gibt es keine Antwort!" sagte Franz, "zumindest keine, die ich kenne!"

"Ward ihr damals schon Freunde?" bohrte Hermine weiter.

"Nein!" antwortete Franz, "damals nicht und auch nicht heute. Auch wenn das so scheinen mag!"

Hermine hätte nur zu gern noch weiter gefragt, unterließ es aber. Der Rest der Fahrt verlief schweigend.

Als Miranda die Diensträume betrat, empfing sie KHK Büffel mit den Worten:

"Schön dass du auch schon kommst. Hast du wenigstens etwas in Erfahrung bringen können?"

"Nein, nichts Verwertbares!"

"Hätte ich mir denken können", sagte Buffalo halblaut; aber so, dass es die anderen Anwesenden hören konnten.

Die anderen, das waren Kriminalkommissar Herbert Dörr und Kriminalhauptmeister Alfred Brenner. Frau Martha "Eiche" Eichmüller war die Sekretärin und Vorzimmerdame.

"Also, was wissen wir, Herbi?"

Die Frage von Buffalo war an den Kollegen Dörr gerichtet. Er war der einzige, der schon länger mit ihm zusammenarbeitete und wohl auch der einzige, den Buffalo ein wenig an sich heran ließ.

"Der Tote heißt Abasi Okonjo. Mutter ist deutsche, der Vater kommt aus Ghana!"

"Haben wir eine Adresse?" fragte Buffalo.

"Ja, haben wir!" antwortete KK Herbert Dörr.

"Gut!" sagte Buffalo, "dann nimm Hermes mit und schau dich einmal dort um!"

"Wieso kann ich nicht Brenner...?"

Herbi vollendete den Satz nicht. Der zürnende Blick seines Chefs empfahl ihm unmissverständlich es besser zu unterlassen.

"Und du gehst zu Dr. Frankenstein und fragst, ob er schon mehr über unseren toten Bimbo sagen kann!"

Hermine zuckte unwillkürlich zusammen, als sie das hörte. Sie würde diesen Mann nie mögen. Noch nicht einmal unter Berücksichtigung seiner - der von Franz in Erfahrung gebrachten - Vorgeschichte.

"War das heute deine erste Leiche?" fragte Herbert, als er mit Hermine im Auto unterwegs war.

"Ja!" antwortete Hermine.

"Und war es schlimm?"

"Ein wenig schon!" antwortete Hermine und ergänzte:

"Es sah schrecklich aus! Das viele Blut!"

"Daran gewöhnst du dich mit der Zeit!" antwortete Herbert lapidar.

"Ich weiß nicht", sagte Hermine, "kann man das wirklich?"

"Das musst du sogar!" antwortete Herbert, "wenn nicht, dann kannst du gleich wieder zu den Uniformierten zurückgehen!"

Hermine schwieg. Sie war sich nicht sicher, was sie von ihrem Kollegen halten sollte. Überhaupt hatte sie bisher noch nicht wirklich Fuß fassen können. Das einzige weibliche Wesen war Frau Eichmüller, die Sekretärin. Sie war etwa im Alter von Buffalo und ihr gegenüber eher wortkarg.

"Da sind wir!" drängte sich Herbert in Hermines Gedanken. "Schauen wir einmal, was wir finden können!"

Abasi Okonjo bewohnte eine Zweizimmerwohnung in einem Mietshaus. Die beiden Kriminalbeamten sperrten mit dem Schlüssel, den sie bei dem Toten gefunden hatten, die Tür auf und begannen die Wohnung zu durchsuchen.

"Such du im Schlafzimmer und ich nehme mir die Küche vor!" sagte KK Dörr. Dann schickte er Hermine ins Bad und ging selbst ins Wohnzimmer.

Kurz darauf rief Hermine:

"Komm schnell her! Ich glaube, ich habe etwas gefunden!"

Als Herbert das Badezimmer betrat, hielt Hermine triumphierend ein mit durchsichtigem Plastik umhülltes Päckchen in der Hand.

"Ist das.…?" fragte Hermine ihren erfahrenen Kollegen.

"Ja, das ist Koks!" sagte KK Dörr. "Das ist mindestens ein halbes Kilo!"

Hermine war beeindruckt. Sie begann Gefallen an ihrer Arbeit zu finden.

"Gratuliere!" sagte Herbert anerkennend. "Wo hast du das gefunden?"

"Im Spülkasten!" sagte Hermine stolz.

"Bravo!" sagte Herbert. "Ich glaube, aus dir wird noch eine richtige Kriminalistin!"

Hermine fühlte, wie ihr eine leichte Röte ins Gesicht stieg. Dabei hatte sie doch nur so gehandelt, wie man ihr das beigebracht hatte. Es war nicht mehr als das kleine Einmaleins der Kriminalistik. Aber es freute sie dennoch.

"Ich habe auch etwas gefunden!" sagte Herbert und streckte Hermine ein Foto entgegen, das eine elegante Frau zeigte, in einem verglasten, silbernen Rahmen.

"Vielleicht können die anderen ja etwas damit anfangen!"

"Zeig einmal her!" forderte Hermine ihren Kollegen auf.

"Habe ich doch richtig gesehen!"

"Was meinst du?" fragte Herbert.

"Weißt du nicht, wer das ist?"

"Nein!" antwortete Herbert, "Weißt du es denn?"

"Aber hallo!" sagte Hermine triumphierend, "die kennt doch jeder!"

"Ich bin aber nicht jeder!" entgegnete Herbert leicht trotzig, "also sag schon, wer soll das sein!"

"Das ist die Frau von Staatssekretär Weinmann aus dem Bundeskanzleramt!"

"Mach Witze!" sagte Herbert aufgeregt. "Wie kommt denn unser Toter zu diesem Bild?"

"Das ist die 1-Million-Frage!" antwortete Hermine, "und die Antwort ist reines Dynamit!"

Als sie wenig später ihre Funde KHK Buffalo präsentierten, strahlte dieser über das ganze Gesicht.

"Das nenne ich „gute Arbeit”, Herbert!" sagte er und klopfte diesem anerkennend auf die Schulter.

"Das war Teamarbeit, Chef!" antwortete Herbert, und sein Blick zeigte Richtung weisend auf Hermine.

Buffalo nickte kurz zu Hermine und sagte dann:

"Ab ins Labor! Die sollen nach Fingerabdrücken suchen!"

Hermine wartete erst gar nicht, bis sie dazu aufgefordert wurde. Sie hatte sich schon daran gewöhnt, dass Botengänge ebenso zu ihrem Aufgabenbereich gehörten, wie die Kaffeemaschine zu bedienen.

Als sie das Zimmer verließ, rief ihr Buffalo noch nach:

"Und frage bei Dr. Frankenstein nach, ob er schon etwas für uns hat!"

"Hallo, Hermine!" begrüßte sie Dr. Kleiber, "schön, dass du vorbeischaust!"

Der Gerichtsmediziner war Junggeselle aus tiefster Überzeugung. Er war viel zu sehr mit seiner Arbeit verheiratet, als dass er sich um eine Familie hätte kümmern können.

Seit er Hermine kennen gelernt hatte, bedauerte er fast ein wenig, dass er den Zeitpunkt verpasst hatte eine Familie zu gründen. Er hätte sich eine Tochter wie Hermine gut vorstellen können.

Aber als er daran dachte, dass es dazu einer passenden Frau bedurft hätte, verwarf er den Gedanken sofort wieder.

"Buffalo schickt mich! Ich soll fragen, ob du schon etwas hast!" sagte Hermine, die sich ebenso über das Wiedersehen freute wie Franz. Und das, obwohl nur wenige Zeit vergangen waren, seit sie gemeinsam im Auto fuhren.

"Ja, habe ich!" antwortete der Mediziner.

"Fünf Schüsse aus nächster Nähe, einer davon direkt ins Herz! Es handelt sich um eine kleinkalibrige Waffe. Die Projektile sind schon beim Ballistiker. Der wird euch dann Näheres sagen können!"

"Hast du Einstichstellen von einer Injektionsnadel gefunden?"

"Nein!" antwortete Franz, "aber warum fragst du?"

"Weil wir ein Paket Koks in seiner Wohnung gefunden haben!"

"Ich muss zwar noch ein Drogenscreening machen", sagte Franz, "aber gespritzt hat er ganz sicher nicht. Das kann ich ausschließen!"

"Alles klar!" sagte Hermine, "ich gehe dann mal wieder. Und vielen Dank!"

"Habe ich gern gemacht!" antwortete Franz. "Und schau einmal wieder vorbei, wenn du Lust hast!"

"Das mache ich ganz bestimmt! Also bis demnächst!"

Franz nickte, und er schaute Hermine nach, bis sie die Tür hinter sich zugezogen hatte.

"Meister Brenner wird uns jetzt einen ersten Überblick geben", sagte Buffalo, als Hermine wieder zurückgekehrt war.

Kriminalhauptmeister Brenner hatte erstes Bildmaterial an die Pinnwand geheftet und begann nun mit seinen Ausführungen:

"Der Tote heißt Abasi Okonjo, ist 26 Jahre alt und war Student an der hiesigen Universität!"

"Weiter!" forderte Buffalo den jungen Kollegen ungeduldig auf, "was wissen wir noch?"

Hermine reichte Alfred Brenner den vorläufigen Bericht des Gerichtsmediziners und dieser quittierte es mit einem dankbaren Blick.

"Der Tote weist fünf Schüsse in die Brust auf, alle abgefeuert aus nächster Nähe, und einer davon direkt ins Herz! Es handelt sich um eine kleinkalibrige Waffe. Die Projektile sind schon beim Ballistiker!"

"Habt ihr einen Laptop in der Wohnung gefunden?" richtete Buffalo die Frage an KK Dörr.

"Nein! Lediglich das Anschlusskabel!"

"Und was ist mit Handy oder sonstigem Zeug?"

"Alles nichts!" antwortete der Gefragte. "Aber eine Sache wäre noch interessant!"

Herbert machte eine bedeutsame Pause und sah sich in der Runde nach interessierten Blicken seitens seiner Kollegen um.

"Sind wir in einer Quizshow?" polterte Buffalo, "und wir müssen raten oder sagst du uns die Antwort so?"

"Natürlich, Chef!" beeilte sich Herbert die Antwort zu geben, "im Kleiderschrank des Opfers hingen lauter Designerklamotten!"

"Und das hast du sofort mit deinem Kennerblick erkannt!" spöttelte Buffalo.

"Nein!" antwortete Herbert kleinlaut, "das war Hermine!"

Buffalos Blick wanderte zu der Kriminalkommissaranwärterin Hermine Bauer und fixierte sie lange. Hermine wankte, hielt aber seinem stechenden Blick stand. Ihr war, als huschte ein kleines Lächeln über Buffalos Gesicht.

"Ja dann!" sagte Buffalo, "dann wird es wohl so sein!"

Und wieder zu KHM Brenner gewandt:

"Dann sagt an, verehrter Meister, was gibt es über die Frau auf dem Bild zu berichten?"

"Das ist Veronika Weinmann, die Ehefrau von Staatssekretär Horst Weinmann!"

Buffalo ließ einen lauten Pfiff erklingen.

"Jetzt kommt Pfeffer in die Soße!" sagte Buffalo. "Da schau her; ein schwarzer Neger und eine ältere Dame aus der gehobenen Gesellschaft!"

"Ich will alles wissen!" sagte er weiter. "An die Arbeit! Ich gehe zur Hexe Miranda und stelle einen Antrag auf Telefonverbindungsnachweise!"

Als Buffalo in das Zimmer der Staatsanwältin hinein gestürzt war, empfing ihn diese mit der Bemerkung:

"Ein Büffel bleibt eben sein Leben lang ein Büffel! Kannst du nicht anklopfen wie ein normaler Mensch auch?"

"Könnte ich, mein Schatz; könnte ich! Will ich aber nicht! Was ich will, ist eine Genehmigung zur Einholung der Telefonverbindungsnachweise von Frau Veronika Weinmann!"

"Der Frau des Staatssekretärs?" fragte Miranda Hirlinger voller Entsetzen.

"Eben von dieser!" antwortete Buffalo.

"Du hast nicht alle Kerzen am Christbaum!" sagte Miranda, "das kannst du knicken!"

"Sie ist aber vielleicht in einen Mordfall verwickelt!" insistierte Buffalo.

"In welchen Mordfall?" fragte die Staatsanwältin.

"Toter, junger, schwarzer Neger mit vielen Löchern in der Brust!"

"Der neue Fall?" fragte Miranda.

"Ja!" antwortete Buffalo.

"Und was hat Frau Weinmann damit zu tun?"

"Sie war vermutlich seine Geliebte!"

Jetzt brach Miranda in ein schallendes Gelächter aus.

"Jetzt bist du total durchgedreht!" sagte sie, "ein mittelloser Student, dazu noch ein Farbiger und die feine Dame der Gesellschaft, die persönlich zu kennen ich das Vergnügen habe, das ist völlig unmöglich!"

"Heißt das.…?"

"Ja, das heißt es! Antrag abgelehnt!"

"Da kann man wohl nichts machen!" resignierte Buffalo, "die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen!"

"Du kannst wieder nachlassen!" sagte Miranda, "und jetzt verschwinde aus meinem Büro und schau, dass du den richtigen Täter findest!"

"Hasta la vista, Baby!" sagte Buffalo und zog die Tür hinter sich zu.

****

Das "Henri" war ein kleines Lokal - Ecke Schmittgasse/Schillerstraße - mit nicht allzu vielen Sitzplätzen. Vor dem Tresen ein paar hölzerne Barhocker, wie man sie aus Amerika kennt und hinter dem Tresen die Besitzerin Henriette.

Henriette Sprüngli, wie sie mit vollem Namen heißt, kam ursprünglich aus der Schweiz und hat das Lokal von ihrem verstorbenen Ehemann übernommen. Ursprünglich hieß das Lokal "Zum blauen Esel"; aber nach dem Tod von Henriettes Ehemann benannte sie es um.

Der alte Name hatte ihr nie wirklich gefallen, und die Redewendung "gehen wir zu Henri" hatte sich bei ihren Gästen so eingebürgert, dass die Namensänderung nur noch eine Formsache war.

Die Gäste im „Henri” waren hauptsächlich Mitarbeiter des nahe gelegenen Polizeipräsidiums. Das hatte seinen Ursprung darin, dass vor sehr langer Zeit das Essen in der Kantine des Präsidiums nur mäßig gut war und im „Henri” kleine, aber feine Speisen zu einem niederen Preis angeboten wurden.

Selbst als sich die Qualität in der Kantine wesentlich verbessert hatte, blieben doch die meisten dem „Henri” erhalten.

Hermine hatte sich bisher stets erfolgreich dagegen gewehrt, nach Feierabend mit den Kollegen auf ein Bier zu gehen.

Heute jedoch, nachdem sie einen so tollen Einsatz gebracht hatte, ließ sie sich überreden mitzugehen.

"Ist der Büffel auch dort?" fragte sie vorsichtig.

"Ich glaube nicht", antwortete Herbert, "in der letzten Zeit war er nicht mehr dabei. Aber warum fragst du?"

"Einfach nur so; hat mich halt interessiert!"

Herbert schaute Hermine an, sagte aber nichts.

"Das nenne ich eine Überraschung!" rief Dr. Kleiber, als er Hermine das Lokal betreten sah. "Hast du dich verlaufen?"

Hermine antwortete lachend mit "NEIN!" und setzte sich an den Tisch. Außer dem Doktor waren noch KHM Brenner und die Sekretärin "Eiche" Martha anwesend.

Es überraschte Hermine, dass ihr ganzes Kollegium anwesend war, ausgenommen KHK Buffalo. Aber noch viel mehr, dass die Sekretärin mit von der Partie war, überraschte sie die Anwesenheit des Gerichtsmediziners.

"Du musst deinen Einstand bezahlten!" trompetete KHM Brenner, "das ist so Usus!"

"Das kenne ich!" antwortete Hermine und als Henri an den Tisch trat, wollte sie eine Runde ordern, kam aber nicht dazu, weil Henri vorher zu ihr sagte:

"Du bist also die Neue!"

Hermine nickte nur. Sie war beeindruckt, als sie in das Gesicht der Frau schaute, in welchem das Leben schon etliche Spuren hinterlassen hatte. Und mit ihrer tiefen Stimme fuhr Henri fort:

"Sage mir, Mädchen, du bist doch bei der Kripo!"

Wieder nickte Hermine.

"Dann sage mir, was ist wichtiger beim Menschen, das Herz oder das Hirn?"

Und wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort:

"Ganz klar das Herz!"

"Gute Antwort!" antwortete Henri, "du gefällst mir! Die nächste Runde geht auf mich!" Sagte es und rauschte davon.

Dr. Kleiber, der älteste in der Runde, erhob sein Glas, um die Neue willkommen zu heißen.

"Liebe Hermine, wir heißen dich herzlich willkommen in unserer Runde, und wir hoffen sehr, dass du dich wohlfühlst!"

"Vielen Dank!" antwortete Hermine, "ich freue mich, dass ihr mich aufgenommen habt!"

"Aber die nächste Runde geht dann auf dich!" erinnerte KHM Brenner beflissen Hermine, die sich über den Eifer des Kollegen amüsierte.

"Klar doch, Alfred!" antwortete Hermine, "keine Angst, ich habe es noch nicht vergessen!"

"Ich freue mich sehr, Frau Eichmüller", sagte Hermine, "dass ich nicht die einzige Frau in der Runde bin!"

Martha Eichmüller nahm ihr Glas in die Hand, streckte es Hermine entgegen und sagte:

"Hör zu, Schätzchen, nachdem mich alle „Eiche” nennen, kannst du das auch. Und das „Sie” lässt du einfach weg!"

Hermine hätte sich normalerweise über die Bezeichnung "Schätzchen” geärgert. Komischerweise war das aber gerade nicht der Fall. Vielleicht lag es ja daran, dass die Kollegin doch um etliche Jahre älter war als sie.

"Kann ich auch „Martha” zu Ihnen sagen?" fragte Hermine leicht verunsichert.

"Wenn du das „Sie” dabei weg lässt - dann schon!" antwortete „Eiche” Martha Eichmüller.

Ein erleichtertes Lachen rundete die ganze Angelegenheit ab, und in den nächsten Stunden wurde dem Alkohol kräftig gefrönt.

****

"Ich möchte, dass du und Hermes die Frau Weinmann besucht und ihr ein paar Fragen stellt!"

KK Dörr schaute seinen Chef überrascht an und fragte:

"Wollen wir nicht erst einmal abwarten, was die Auswertung der angeforderten Telefonverbindungsnachweise ergibt?"

"Es gibt keine Nachweise!" antwortete Buffalo.

"Aber wieso nicht?" fragte KK Dörr.

"Miranda hat „NEIN” gesagt!"

"So ein Mist!" sagte KK Dörr enttäuscht. "Dann also auf zur Frau Staatssekretär!"

"Nicht so schnell!" sagte Buffalo, "das Ergebnis der Ballistik liegt vor!"

"Und was sagt uns das?" fragte KK Dörr aufgeregt.

"Bei der Mordwaffe handelt es sich um eine Brünner Tezet, 6,35mm Browning!"

"Ein Kinderspielzeug!" sagte KK Dörr spöttelnd. "Und damit kann man jemand umbringen?"

"Wenn du nahe genug herangehst und oft genug schießt, dann schon!" antwortete Buffalo.

"Ist das nicht eher eine kleine Waffe für eine Damenhandtasche?" warf Hermine ein.

"So ist es!" antwortete Buffalo, "und deshalb fahrt ihr jetzt zur gnädigen Frau und fragt sie, ob sie eine solche Waffe besitzt!"

"Guten Tag! Wir sind KK Dörr und KKAnw Bauer vom Polizeipräsidium, und wir möchten gern Frau Weinmann sprechen!"

Die Bedienstete, welche die Tür geöffnet hatte, schaute grimmig auf die Dienstausweise der beiden und sagte dann:

"Bitte, warten Sie! Ich muss erst nachfragen, ob die gnädige Frau empfängt!"

Dann schloss sie die Eingangstür und ließ die verdutzten Kriminalbeamten draußen stehen.

"Was war das denn?" fragte KK Dörr.

"Willkommen in der Welt der gehobenen Gesellschaft!" kam die spaßige Antwort von Hermine, "und vergiss nicht, was der Büffel gesagt hat: Mit Glaceehandschuhen anfassen und immer freundlich bleiben!"

"Ist ja gut!" antwortete Herbert gereizt.

"Die gnädige Frau lässt bitten!"

Der Zerberus an der Haustür hatte diese wieder geöffnet und bat die beiden Beamten herein. Sie führte sie in die Bibliothek und hießt sie dort zu warten.

"Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?"

Eine wunderschöne und charmante Dame hatte den Raum betreten und bat Hermine und Herbert Platz zu nehmen. Hermine fiel auf, dass das Original die Fotografie in der Wohnung des Toten bei weitem übertraf.

"Darf ich Ihnen vielleicht etwas anbieten?" fragte Frau Weinmann weiter, "Kaffee oder Tee?"

"Nein, danke, Frau Weinmann!" antwortete Hermine, die mit der Situation augenscheinlich besser umgehen konnte als ihr Kollege Herbert.

"Gut! Dann teilen Sie mir doch freundlicherweise den Grund Ihres Besuches mit!"

Hermine fühlte sich immer mehr von dieser Frau eingenommen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass von ihr etwas Böses ausgehen könnte. Und schon gar kein Mord.

"Kennen Sie einen gewissen Abasi Okonjo?"

Während Herbert dieses fragte, hielt er der Dame des Hauses eine Fotografie des Opfers entgegen.

"Nein!" antwortete Frau Weinmann, "wer soll das bitte sein?"

Herbert warf einen bedeutsamen Blick zu Hermine, und dann zog er das Foto aus seiner Tasche, welches sie in der Wohnung des Toten gefunden hatten.

"Und wie kommt dann dieses Foto in die Wohnung von Herrn Okonjo?"

Die Befragte schaute sich das Bild kurz an und sagte dann:

"Das kann ich Ihnen nicht beantworten! Ich kenne den Toten nicht, und ich habe ihm auch niemals eine Fotografie von mir geschenkt!"

Herbert, in dem Gefühl, er würde gerade auf der Siegerstraße marschieren, holte zum alles vernichtenden Schlag aus:

"Sind Sie im Besitz einer Waffe?"

Ohne zu zögern, antwortete Veronika Weinmann:

"Ja, ich habe eine kleine Damenpistole!"

"Handelt es sich hierbei vielleicht um eine Brünner Tezet, 6,35mm Browning?"

Jetzt verlor die Befragte für einen kurzen Augenblick ihre Fassung.

"Woher wissen Sie das?"

Herbert platzte beinahe vor Stolz, hatte er doch die Katze jetzt so gut wie im Sack.

"Könnten Sie uns Ihre Waffe bitte zeigen?"

Die Süffisanz und die Lautstärke, mit welcher Herbert fragte, nahmen unerträglich zu. Selbst Hermines mahnender Blick vermochte ihn nicht zu bremsen.

"Einen Augenblick, bitte, ich werde die Waffe holen!" sagte Frau Weinmann und wollte zur Tür, als diese aufging und ein Mann das Zimmer betrat.

"Was ist denn hier los?" fragte der Mann. Es war der Herr Staatssekretär persönlich.

"Die Herrschaften sind von der Kriminalpolizei!" sagte Frau Weinmann.

"Und was wollen Sie von meiner Gattin?" fragte der Herr Staatssekretär weiter. Sein Tonfall hatte an Schärfe leicht zugenommen. Und bevor Herbert oder Hermine antworten konnte, sagte Veronika Weinmann:

"Sie wollen meine Pistole sehen!"

"Was?" entfuhr es dem Herrn Staatsekretär laut. "Wieso möchten Sie die Waffe meiner Gattin sehen?"

Da passierte das Unvermeidliche. Herbert, immer noch vom Scheitel bis zur Sohle randvoll mit Adrenalin, sprach die deutlichen Worte:

"Ihre Gattin steht unter Mordverdacht!"

Mit dieser Äußerung lehnte sich KK Dörr nicht nur weit aus dem Fenster, sondern er war gerade im Begriff im freien Fall seine Karriere zu beenden.

"Sind Sie verrückt!" schrie Herr Weinmann, "nennen Sie mir sofort den Namen Ihres Vorgesetzten!"

"Das ist Herr Kriminaloberrat Becker!" antwortete Hermine, da KK Dörr auf Minimalgröße geschrumpft war. Er hatte seinen Fehler zwar sofort bemerkt; aber leider viel zu spät.

"Sie verlassen jetzt sofort mein Haus!"

"Nein; bitte warten Sie!" sagte Die Frau des Staatssekretärs, "das kann sich doch nur um ein Missverständnis handeln. Ich werde die Pistole holen!"

Bevor der Gatte etwas einwenden konnte, legte Frau Weinmann ihre Hand auf den Arm ihres Mannes und sagte:

"Bitte, lass mich! Ich möchte das so!"

Hermine war überrascht, wie Frau Weinmann mit der Situation umging und auf welche sanfte, aber sehr wirkungsvolle Art und Weise.

Als sie kurz darauf zurückkam, war jedoch davon nichts mehr zu erkennen. Mit leerem Gesichtsausdruck erklärte sie:

"Die Waffe ist nicht mehr da!"

Der Stern von KK Dörr, der gerade noch am Verglühen war, bekam plötzlich einen frischen Glanz und mit neuem Mut versehen, sagte er:

"Ich denke, es ist besser, wenn sie uns jetzt auf das Präsidium begleiten, gnädige Frau!"

Und der Herr Staatssekretär fügte hinzu:

"Ich rufe sofort Dr. Heidler an, er wird sogleich zum Präsidium fahren!"

Dass es sich hierbei wohl um den Anwalt der Familie handelte, war den beiden Kriminalbeamten klar.

Als Hermine und Herbert ins Präsidium kamen, hieß sie „Eiche” Martha eiligst KOR Becker aufzusuchen.

"Geht schnell zu ihm!" sagte Martha, "der Alte hat schon mehrmals nach euch gefragt. Er ist ziemlich sauer!"

"Das riecht nach Ärger!" sagte Herbert. "Da hat wohl schon einer telefoniert!"

Wenig später bekamen sie die Bestätigung durch KOR Becker:

"Was haben Sie sich dabei gedacht?" fauchte dieser Hermine und Herbert an, "Sie können doch nicht die Frau des Staatssekretärs eines Mordes bezichtigen!"

"Aber es gibt Hinweise dazu", versuchte Herbert sein Glück, was jedoch scheiterte, denn KOR Becker schaute ihn grimmig an und sagte mit sehr lauter Stimme:

"Hinweise? Was für Hinweise? Haben Sie auch schlüssige Beweise oder stochern Sie nur wild im Nebel der Vermutungen herum?"

Herbert schwieg, den Blick zu Boden gesenkt, waren ihm doch die Argumente ausgegangen. Stattdessen ergriff Hermine das Wort:

"Wir haben in der Wohnung eine Fotografie von Frau Weinmann gefunden, und der Tote wurde mit der gleichen Waffe erschossen, wie Frau Weinmann eine besitzt!"

"Und haben Sie die Waffe?"

"Nein, Herr Kriminaloberrat! Frau Weinmann hat ihre aber nicht gefunden, als wir sie danach gefragt haben!"

"Gibt es Zeugen?" fragte KOR Becker weiter.

"Nein, leider nicht!" antwortete Hermine. Kollege Dörr war nach wie vor in tiefes Schweigen gehüllt.

"Na gut!" sagte der wieder etwas ruhiger gewordene Kriminaloberrat. "Dann führen Sie diese Befragung durch. Ich möchte jedoch, dass Sie das machen, Frau Bauer!"

"Ich?" fragte Hermine ganz erstaunt.

"Ja, Sie!" antwortete KOR Becker. "Oder trauen Sie sich das nicht zu?"

"Ja, schon!" antwortete Hermine, "wenn Sie das so wünschen?"

"Genauso ist es!" sagte der Kriminaloberrat, "Ihr Kollege wird wohl nichts dagegen haben. Oder?"

Sein Blick war zu KK Dörr gewandert, der sich beeilte zu sagen:

"Aber nein, Herr Kriminaloberrat, wie könnte ich?"

"Dann ist es ja gut! Und jetzt hinaus mit Ihnen und liefern Sie mir bald den Täter oder die Täterin!"

Als Hermine Buffalo mitteilte, dass der KOR Becker wünschte, sie möge die Befragung durchführen, war sie über die Reaktion ihres Chefs überrascht.

"Eine gute Idee! Du kommst als Frau vielleicht besser an sie heran! Also streng dich an und knacke die Nuss!"

Hermine hatte weiche Knie, als sie den Verhörraum betrat.

Neben Frau Weinmann hatte Herr Dr. Heidler, der Anwalt der Familie, bereits Platz genommen. Hermine dokumentierte die Anwesenheit der versammelten Personen und begann mit der Befragung.

"Sie haben vorhin, als wir Sie zuhause aufgesucht haben, gesagt, dass Ihre Pistole nicht auffindbar sei. Ist das richtig?"

"Ja, das stimmt!" antwortete Frau Weinmann. "Und ich glaube, ich kann das jetzt erklären!"

"Wie das?" fragte Hermine.

"Wir hatten vor einigen Tagen einen Einbruch bei uns zuhause, und ich vermute, dass da meine Pistole abhandengekommen ist!"

"Haben Sie diesen Einbruch gemeldet?"

"Nein! Das haben wir nicht!" antwortete Frau Weinmann.

"Und warum nicht, wenn ich fragen darf?"

"Weil der Herr Staatssekretär das nicht wollte. Und schließlich sei ja auch nichts weggekommen!"

Der Herr Anwalt hatte diese Antwort gegeben.

"Das ist die fadenscheinigste Antwort, die man sich denken kann!" sagte Buffalo, der das Verhör hinter der Scheibe mit verfolgt hatte. "Ganz klar, die war es!"

Als hätte Hermine das gehört, fuhr sie mit der Befragung fort:

"Und das fällt Ihnen erst jetzt ein?"

"Ich weiß, das muss jetzt etwas seltsam für Sie klingen, Frau Kommissar, aber es ist die Wahrheit!"

"Anwärterin!" murmelte Hermine vor sich hin und sie war sich nicht sicher, ob sie das glauben sollte.

"Wo waren Sie in der Nacht vom 23. auf den 24. April, in der Zeit zwischen 23:30 und 00.30 Uhr?"

"Das war der vergangene Dienstag? Da war ich zuhause in meinem Bett!" antwortete Frau Weinmann.

"Kann das jemand bezeugen? Ihr Mann vielleicht?"