Das Geheimnis der Reliktikerpyramide (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 9): LitRPG-Serie - Michael Atamanov - E-Book

Das Geheimnis der Reliktikerpyramide (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 9): LitRPG-Serie E-Book

Michael Atamanov

0,0
7,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nat der Verschlinger steigt langsam zu einer wahren Größe der Weltraumpolitik auf. Zwar ist er noch nicht völlig unabhängig, hat aber genug Spielraum, um die Interessen der Erde von denen seiner Geckho-Oberherren trennen zu können und ausschließlich zum Wohle seiner eigenen Rasse zu handeln. Er muss die Verpflichtungen gegenüber den allmächtigen Oberherren mit seinem Wunsch, die Position der Menschheit im Weltraum stärken, in Einklang bringen. Und er muss die Suche seines Heimatplaneten nach immer mehr Verbündeten vorantreiben. Die Herrscher der Erde sind von Nats unabhängigem Stil alles andere als begeistert. Doch der große Krieg hat das historische Kräftegleichgewicht völlig durcheinander gebracht. Die Geckho sind längst nicht mehr so mächtig wie früher und auf der Erde hat man kaum eine andere Wahl, als Kung Nats Eskapaden zu dulden. Wird die Erde diese große Chance zu nutzen wissen und sich vollständig von der Kontrolle der Außerirdischen befreien? Und ist das überhaupt eine gute Idee? Klar ist, dass einer der menschlichen Anführer zurücktreten muss. Wen wird es treffen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

 

Das Geheimnis

der Reliktikerpyramide

 

 

 

Ein Roman von Michael Atamanov

 

 

 

 

 

 

Unterwerfung der Wirklichkeit

Buch #9

 

Magic Dome Books

 

Das Geheimnis der Reliktikerpyramide

Unterwerfung der Wirklichkeit, Buch #9

Originaltitel: The Mysteries of the Relict Pyramid: Reality Benders, Book #9

Copyright © M. Atamanov, 2022

Covergestaltung © V. Manyukhin, 2022

Deutsche Übersetzung © Katharina Baxter de Aizpurua, 2023

Lektor: Youndercover Autorenservice

Erschienen 2023 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

 

 

Dieses Buch ist nur für deine persönliche Unterhaltung lizensiert. Das Buch sollte nicht weiterverkauft oder an Dritte verschenkt werden. Wenn du dieses Buch mit anderen Personen teilen möchtest, erwirb bitte für jede Person ein zusätzliches Exemplar. Wenn du dieses Buch liest, ohne es gekauft zu haben, besuche bitte deinen Shop und kaufe dir dein eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass du die harte Arbeit des Autors respektierst.

 

Die Personen und Handlung dieses Buches sind frei erfunden. Jede Übereinstimmung mit realen Personen oder Vorkommnissen wäre zufällig.

 

 

Laden Sie unseren KOSTENLOSEN Verlagskatalogherunter:

 

Geschichten voller Wunder und Abenteuer: Das Beste aus LitRPG, Fantasy und Science-Fiction (Verlagskatalog)

 

Neue Bestellungen!

 

Aufgetaut (Unfrozen) LitRPG-Serie

von Anton Tekshin

 

Die Triumphale Elektrizität Steampunk Roman

von Pavel Kornev

 

Phantom-Server LitRPG-Serie

von Andrei Livadny

 

Der Neuro LitRPG-Serie

von Andrei Livadny

 

Einzelgänger LitRPG-Serie

von Alex Kosh

 

Die Nullform RealRPG-Serie

von Dem Mikhailov

 

 

 

Deutsche LitRPG Books News auf FB liken: facebook.com/groups/DeutscheLitRPG

 

 

Prolog. Verteidigung der Hauptstadt

 

 

 

 

 

 

 

Planet Urmi II, Heimatwelt der Miyelonier

Sternenstadt, Hauptstadt der Union der Miyelonischen Rudel

Westschrein des Großen Ersten Weibchens

 

 

JENE 19 ANFÜHRER der größten Miyelonierrudel, die pünktlich zur Dringlichkeitssitzung des Rates der Miyelonier erschienen waren, saßen da und lauschten der Predigt der Hohepriesterin Leng Amiru U-Mayaoo, die gerade ihren Ärger über die Verspätung der restlichen Ratsmitglieder kundtat.

 

„Was für eine Farce! Das Thema, das heute hier auf der Tagesordnung steht, könnte nicht wichtiger sein: die Verteidigung des Urmi-Hauptsystems. Und trotzdem machen sich gleich drei Ratsmitglieder nicht die Mühe, pünktlich zu erscheinen. Der Kommandant der Ersten Sternenflotte, Kung Poosh-Sheer, ist nirgends zu sehen, obwohl seinen Schiffen in der bevorstehenden Schlacht eine ganz besondere Rolle zukommt. Der stets pünktliche Leiter des Miyelonischen Archivdienstes, Leng Teerr-Miauss, glänzt ebenfalls durch Abwesenheit. Und auch die Kommandantin der Vierten Sternenflotte, Kung Keetsie Myau, hat sich noch nicht blicken lassen!“

 

„Ist Keetsie noch nicht ihres Flottenkommandopostens und ihres Sitzes im Rat der Herrscher enthoben worden?“, fragte die schöne, reinweiße und anmutige Leng Ayvi U-Mawoo, die jüngste der Inkarnationen des Großen Ersten Weibchens und blinzelte leicht zerknirscht. „Ich hatte angenommen, dass Keetsie Myau nach der schrecklichen Niederlage im Y-567-System, wo sie ihre Flotte in einer eigentlich unbedeutenden Schlacht gegen die Kompositen verlor und unsere Hauptstadt in einem so verwundbaren Zustand zurückließ, in der höflichen Gesellschaft nicht willkommen sein würde.“

 

„Streng genommen ist sie immer noch eine Flottenkommandantin“, antwortete der Kommandant der Zweiten Sternenflotte, Raoo-Miayawoo, der unter den Militärs großen Respekt genoss. „Dennoch bin auch ich der Meinung, dass die Kommandantin der Vierten Sternenflotte nach dieser Demonstration abgrundtiefer Inkompetenz keinen Platz im Rat der Regierenden haben sollte!“

 

„Ich beantrage eine sofortige Abstimmung, um dem selbstverliebten Emporkömmling Keetsie Myau alle Titel zu entziehen“, meldete sich Leng Ayvi wieder zu Wort. „Was soll es bringen, die Sache in die Länge zu ziehen und unsere Untertanen zu verärgern?“

 

Die Hohepriesterin schloss die Augen und schüttelte langsam den Kopf. Es war genau so gekommen, wie ihre erfahrenen Wahrsager und Wahrheitssucher es vorausgesagt hatten. Das änderte allerdings nichts daran, dass sich diese Uneinigkeit in der Führung der Union der Miyelonischen Rudel zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt auftat. Vielmehr wäre es nun wichtig, alte Streitigkeiten hinter sich zu lassen, persönliche Ambitionen zu zügeln und die Kräfte aller Rudel zur Verteidigung des Urmi-Hauptsystems zu vereinen. Stattdessen äußerten hier zwei Anführer ihren Unmut über das Oberhaupt der Scharfkrallen – immerhin das größte Miyelonier-Rudel mit über 30 Milliarden Bürgern. Doch was gesagt war, war gesagt. Als Vorsitzende konnte die Hohepriesterin den Antrag nicht einfach ignorieren.

 

„Wer unterstützt den Antrag auf Absetzung des Oberhauptes des Scharfkrallenrudels?“ Die Hohepriesterin richtete ihren aufmerksamen Blick auf die Herrscher der Union der Miyelonischen Rudel. Einen nach dem anderen sah sie an.

 

Nur zwei Pfoten hatten sich erhoben. Ayvi U-Mawoo und Raoo-Miayawoo. Der Kommandant der Dritten Sternenflotte, Leng Wa-U Miaoo, wollte den Antrag ebenfalls unterstützen, entschied sich aber, seine Pfote zu senken, bevor seine Stimme gezählt werden konnte. Eine weise Entscheidung. Die Große, wie Kung Keetsie Myau trotz der jüngsten vernichtenden Niederlage ihrer Flotte und der massiven Propaganda gegen sie von den gemeinen Bürgern genannt wurde, war nicht gerade dafür bekannt, mit politischen Gegnern Gnade walten zu lassen.

 

„Antrag abgelehnt“, verkündete Leng Amiru.

 

Danach erinnerte sie den Rat daran, dass Kung Keetsie Myau vom Scharfkrallenrudel und seinen verbündeten Rudeln unterstützt wurde, die 50 der bewohnten Planeten und jeden fünften Miyelonier in der Raumflotte ausmachten. Auch wenn einige Ratsmitglieder meinten, dass der Ruhm und die Autorität der Kommandantin der Vierten Sternenflotte in letzter Zeit etwas zu schnell gestiegen waren, und Kung Keetsie die anderen Anführer der Union der Miyelonischen Rudel in den Schatten zu stellen drohte und sogar begonnen hatte, im Namen aller Miyelonier und nicht nur für ihr Rudel zu sprechen, waren dies lediglich Symptome einer neuen Realität, mit der sich die anderen Anführer arrangieren mussten.

 

Die Hohepriesterin erwähnte auch, dass die Union der Miyelonischen Rudel Nachrichten von 45 Diplomaten diverser Nachbarstaaten erhalten hatte. Einige waren recht höflich formuliert, andere aber brachten in unmissverständlichen Worten die Unzufriedenheit der Nachbarn mit der Überwachung der illustren miyelonischen Kommandantin zum Ausdruck. König Hugo I. vom Volk der Trillianer, Krong Daveyesh-Pir von den Geckho und sogar Krong Laa Ush-Vayzzz von der Meleyephatianischen Horde forderten ein sofortiges Ende der Schikanen gegen Kung Keetsie Myau, die sie als vertrauenswürdige Verbündete und militärische Anführerin ansahen. Immerhin hatte sie einige der besten Ergebnisse im Krieg gegen die unaufhaltsamen intergalaktischen Invasoren eingefahren.

 

Sogar einige der weniger mächtigen Völker hatten sich diesem politischen Stunt angeschlossen. Die Kleopier, die Crystalliden, die Jargs, die Erdmenschen, die Menschen von Tailax und die Menschen des Gilvar-Syndikats hatten allesamt diplomatische Protestbriefe geschickt. Über meleyephatianische Mittelsmänner war auch eine diplomatische Meldung von Imperator Georg I. eingetroffen. Sogar eine bisher unbekannte Rasse, die Elviner, hatte ihren Unmut zum Ausdruck gebracht, obwohl die Hohepriesterin noch nie von ihnen gehört hatte.

 

An dieser Stelle ergriff Kung Wauu-Miaoo, der sonst so schweigsame Chef des Miyelonischen Geheimdienstes, das Wort. „Die Elviner sind eine hoch entwickelte, mächtige interstellare Rasse, deren Territorium sich über Hunderttausende von Lichtjahren erstreckt und eine Vielzahl von Sternensystemen umfasst. Sie grenzen an das Menschenreich und führten sogar einen langwierigen Krieg gegen sie, unterzeichneten aber vor acht Jahren einen Friedensvertrag und ein Militärbündnis mit Georg I. und den Menschen. Laut unseren Informationen ist die elvinische Militärflotte sehr stark und umfasst 20.000 Raumschiffe.“

 

Die Anwesenden verarbeiteten stumm diese wichtigen Neuigkeiten. Eine weitere große raumfahrende Rasse mit einer offiziellen Position, die es nun auf dem Radar zu behalten galt.

 

Aber der Kommandant der Zweiten Sternenflotte, Leng Raoo-Miayawoo, schnaubte nur. „Was macht es für einen Unterschied, wie viele Schiffe sie haben? Sie sind weit weg, sogar weiter als Georg I. mit seinem Reich. Unsere Raumschiffe würden mehr als ein Jahrzehnt benötigen, um sie zu erreichen. Woher wissen sie, wer Kung Keetsie ist? Und warum interessieren sich die Elviner überhaupt für unsere inneren Angelegenheiten? Wir könnten uns mit ihrer Warnung genauso gut den Hintern abwischen. Es ist nur eine leere Drohung. Untermauert von heißer Luft!“

 

„Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher, Kommandant“, wandte der Geheimdienstchef ein und verbeugte sich höflich. „Eine kleine Flotte des Imperiums ist derzeit über die Warp-Baken der Meleyephatianischen Horde auf dem Weg in unsere Galaxie und hat bereits ein Drittel der Strecke zurückgelegt. Ich vermute, dass es sich um eine Aufklärungsflotte handelt, die die Route auskundschaftet, bevor das Imperium eine größere Streitmacht entsendet. Vielleicht ist es in der Informationsflut der letzten Tage untergegangen und nicht bemerkt worden, aber das menschliche Imperium erhebt Anspruch auf das unbewohnte GF-111K-System an der Grenze zwischen der Meleyephatianischen Horde und den Geckho-Gebieten. Keine andere Raumfahrtrasse hat gegen ihren Anspruch innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeitspanne Einspruch erhoben, sodass das GF-111K-System nun rein technisch gesehen zum Menschenreich gehört. Das bedeutet, dass Georg I. und seine Militärberater sicher sein müssen, dass sie das System erreichen können, das im Übrigen nur acht Flugtage von unserem Territorium entfernt ist.“

 

Die Ratsmitglieder begannen unruhig zu tuscheln. Das halb mythische Reich Georgs I. und die Elviner waren also durchaus in der Lage, Kampfschiffe gegen die Miyelonier zu entsenden. Dies hatte das Potenzial, die politische Landkarte zu verändern.

 

„Ich kann euch erklären, wie Georg I. und seine Verbündeten auf die Miyelonier und Kung Keetsie Myau aufmerksam geworden sind“, schaltete sich die Hohepriesterin wieder in die Diskussion ein. „Kürzlich reiste der Freie Kapitän Kung Nat, ein Mensch mit einer Reihe von Miyeloniern in seiner Mannschaft, in Georgs Reich und führte Verhandlungen. Seine Übersetzerin ist eine Miyelonierin namens Ayni Uri-Miayuu, die Kung Keetsie Myau gut kennt, ja, mit der sie sogar befreundet ist. Sie war auch bei einem anschließenden informellen Treffen zwischen den beiden menschlichen Anführern anwesend, sodass sie reichlich Gelegenheit hatte, ihm von ihrer fernen Heimatwelt zu erzählen.“

 

In diesem Moment leuchtete eine weitere Hologrammplattform auf. Leng Teerr-Miauss, der Leiter des Archivdienstes, hatte es endlich zur Ratssitzung geschafft. Der weise Gelehrte verbeugte sich tief vor dem Rat und entschuldigte sich für seine Verspätung, die er damit begründete, dass er persönlich die Verladung unschätzbarer Artefakte, die aus dem Kriegsgebiet in der Sternenstadt evakuiert werden sollten, auf Transportschiffe hatte überwachen müssen.

 

„Habe ich etwas verpasst? Wurde die Evakuierung der Hauptstadt schon angekündigt?“ Leng Yava Uri-Maoo spitzte die Ohren. Die wunderschöne Miyelonierin galt als eine weitere der drei derzeit lebenden Inkarnationen des Großen Ersten Weibchens. „Sollten wir dann nicht auch die wertvollen Kunstwerke aus unseren Museen evakuieren?“

 

Leng Yava Uri-Maoo war Leiterin der Abteilung für Feine Kunst, die vom Rat der Herrscher mit der Vertretung der miyelonischen Maler, Bildhauer, Tänzer und Musiker betraut war. Ihr Interesse war also beruflicher Natur.

 

„Nein, eine offizielle Evakuierungsankündigung hat es noch nicht gegeben“, räumte der Leiter der Kommunikationsabteilung ein. „Ich gehe davon aus, dass eine solche Ankündigung nie erfolgt, weil sie sofort das Vertrauen der Bevölkerung in die Stärke unseres Militärs untergraben und unnötige Panik auslösen würde.“

 

„Zweifellos!“, pflichtete Leng Amiru dem Vorredner bei. „Unsere Feinde sind mächtig und sehr gefährlich. Jüngsten Informationen zufolge besteht die Flotte der Kompositen, die uns angreift, aus 76.000 bis 80.000 Raumschiffen. Ihr wisst alle, dass unsere Streitkräfte fünfmal kleiner sind. Die Situation ist kritisch. Aber ich habe diese Sitzung nicht einberufen, um einen feigen Rückzug zu diskutieren. Wir brauchen einen Plan für die Verteidigung unserer Hauptstadt. Also denkt nach! Sucht nach Möglichkeiten, unsere Positionen zu stärken. Ich will Taktiken! Ich will Lösungen, die uns helfen, den Sieg davonzutragen.“

 

Da die anderen Anführerinnen und Anführer es nicht eilig hatten, Vorschläge zu machen, begann die Hohepriesterin Leng Amiru selbst damit und zählte dabei an den Krallen ab:

 

„Erstens: Keine Evakuierung! Alle unsere öffentlichen Erklärungen müssen vermitteln, dass wir zuversichtlich sind, die Sternenstadt halten zu können. Zweitens muss es einen Kampf um das Urmi-System geben, auch wenn das Kräfteverhältnis völlig aussichtslos ist. Andernfalls werden die Bürgerinnen und Bürger der Union der Miyelonischen Rudel das nicht verstehen und einen Aufstand anzetteln. Drittens: Wenn auch nur die geringste Chance auf einen Sieg besteht, müssen wir sie ergreifen und unseren Feind zerschlagen! Um jeden Preis! Verstärkt die bestehenden Orbitalgeschütze auf Urmi-II und baut neue Verteidigungsanlagen. Wir müssen alle Mittel und Ressourcen einsetzen. Ich will, dass so viele Zivilisten wie möglich eingezogen werden. Viertens will ich, dass alle verfügbaren Freien Kapitäne und Söldner von Piratenstämmen kontaktiert werden. Versprecht ihnen Berge von Gold, wenn sie uns zu Hilfe kommen. Fünftens bitten wir um Unterstützung von außen, von unseren Nachbarn. Wenn Kung Keetsie Myau jetzt bei uns wäre, könnten wir die Große mit dieser Aufgabe betrauen. Die anderen Machthaber kennen und respektieren sie. Sie vertrauen ihr. Aber Keetsie ist verschwunden, und die Zeit drängt. Wer wäre bereit, die Verhandlungen mit den großen Raumfahrtrassen zu führen?“

 

Keiner reagierte. Die Rudelführer warfen mit nervös zuckenden Schwänzen Blicke in die Runde. In genau dieser Sekunde leuchteten die beiden letzten fehlenden Herrscherhologramme auf. Die Kommandanten der Ersten und Vierten Sternenflotte hatten es mit großer Verspätung doch noch zur Versammlung geschafft.

 

„Wie kannst du es wagen, dir das Fell zu bleichen?“, fauchte Leng Ayvi U-Mawoo Kung Keetsie sofort an. „Sakrileg! Nur die drei wahren Inkarnationen des Großen Ersten Weibchens – ich, Amiru und Yava Uri-Maoo – haben das Recht, sich ein solches Aussehen zu verleihen!“

 

Die Kommandantin der Vierten Sternenflotte, die ein schwarzes Kopftuch über ihrem verletzten Auge und eine Metallprothese anstelle ihres rechten Arms trug, stand nun tatsächlich ohne die üblichen schwarzen Flecken auf ihrer Schnauze vor dem Rat der Regierenden. Aber die Große kommentierte ihr neues Aussehen nicht, geschweige denn entschuldigte sie sich dafür. Sie entschuldigte sich auch nicht für ihr Zuspätkommen. Sie verkündete den versammelten Rudelführern lediglich, dass die Verhandlungen mit den großen Raumfahrtrassen bereits erfolgreich verlaufen waren und die Nachbarn der Miyelonier ihnen bei der Verteidigung der Sternenstadt zu Hilfe kommen würden.

 

Mit einem Wink drehte die Hohepriesterin der unaufhörlich jammernden Leng Ayvi das Mikrofon ab, und bat Kung Keetsie Myau, ihr alle Details zu erzählen. Diese ließ sich nicht lange bitten.

 

„König Hugo I. hat sich bereiterklärt, uns die Hälfte der Königlichen Trillianischen Flotte zu schicken. 12.000 Kampfraumschiffe, darunter 15 Schlachtschiffe und ihr Kibo-Poro-Toysh-Vernichter. Auch Krong Laa von der Meleyephatianische Horde ist bereit, uns zu helfen: seine gesamte Fünfte Flotte sowie alle aus dem Geckho-Raum abgezogenen Einheiten. Das sind insgesamt 7.000 Kampfraumschiffe, darunter drei Schlachtschiffe. Die Geckho werden nur mit Transportschiffen und Reparaturbasen helfen, denn sie haben es selbst schon schwer genug. Sie sind praktisch ständig in blutige Kämpfe verwickelt, da die Kompositen gerade mächtig Druck machen. Aber die Vasallen der Geckho werden uns helfen. Die Kleopier, Zyanier und Erdmenschen werden Schiffe schicken. Nicht viele, nur 150 Fregatten und Abfangjäger, aber besser als nichts. Möglicherweise haben sie auch einen Reliktiker-Angriffskreuzer, der gerade in den Raumdocks von Tailax repariert wird – Kung Nat hat versprochen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um ihn mir zu Hilfe zu holen.“

 

„Nur dir, nicht die der gesamten Union der Miyelonischen Rudel?“ Der Kommandant der Zweiten Sternenflotte störte sich an diesem kleinen Wort, aber Kung Keetsie ignorierte seine Frage und antwortete Leng Amiru, die wissen wollte, was sie diese Hilfe kosten würde.

 

„Nun, es kommt darauf an, wie man es sieht. Keiner unserer Verbündeten verlangte territoriale Zugeständnisse oder eine andere Art der Rückzahlung. Die einzige Bedingung für die Hilfe war, dass die Miyelonier die dummen und unangemessenen Streitereien zwischen den Kommandanten ihrer derzeit geteilten Flotten sofort einstellen und das Kommando über die vereinigte Flotte einem einzigen Anführer übertragen. Einem erfahrenen Kommandanten, der schon einmal gegen die Kompositen gekämpft hat und dem unsere Nachbarn vertrauen können.“

 

In der Stille, die danach eintrat, hallte die Aussage des Kommandanten der Ersten Sternenflotte, Kung Poosh-Sheer, besonders scharf nach.

 

„Keetsie und ich haben beschlossen, unsere Flotten zu vereinen. Die Erste und die Vierte Sternenflotte werden sich zu einer neuen Kampfeinheit zusammenschließen, der Vereinigten Sternenflotte der Union der Miyelonischen Rudel. Und ich übergebe freiwillig die Führung der Vereinigten Flotte an Kung Keetsie Myau, der fähigsten Strategin unter uns und erfolgreichen Flottenkommandantin!“

 

Der Erste, der auf die neuen Entwicklungen reagierte, war der Kommandant der Dritten Angriffsflotte. Leng Wa-U Miaoo ging respektvoll vor Kung Keetsie auf die Knie, verneigte sich und sagte: „Große! Dafür, dass du unsere Rasse vor der totalen Vernichtung bewahrt hast, vertraue ich deinen treuen Pfoten alle Raumschiffe meiner Dritten Flotte und auch mein eigenes Leben an!“

 

Leng Amiru konnte sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Nun gut. Der Admiral war schnell zur Vernunft gekommen und machte jetzt den jüngsten Fehltritt wett, als er beinahe für die Absetzung der jungen Kommandantin gestimmt hätte. Die Miyelonier waren für ihre schnelle Entscheidungsfindung bekannt, und von ihren Politikern wurde erwartet, dass sie jedwede Umstände schnell erfassen und ihre Politik entsprechend anpassen konnten, unabhängig von ihrer Position. Er würde es weit bringen! Oder zumindest seinen Sitz im Rat der Regierenden behalten. Im Gegensatz zu seinem Kollegen von der Zweiten Sternenflotte, der die Situation falsch eingeschätzt hatte und immer noch schnaubend und mit verschränkten Armen dastand und Verachtung für seine politische Gegnerin äußerte, die ihren früheren Ruhm wiedererlangt hatte und sogar noch höher aufgestiegen war als je zuvor. Ein Fehler.

 

Kung Keetsie Myau setzte ein gutmütiges Lächeln auf und winkte majestätisch mit einer Pfote, um den ehemaligen Kommandanten der Dritten Sternenflotte, der nun ihr Untergebener war, zum Aufstehen aufzufordern, doch dann wandte sie sich an Leng Raoo-Miayawoo. Und der Ausdruck auf dem Gesicht der Großen verwandelte sich mit beängstigender Geschwindigkeit in den eines blutrünstigen Raubtiers.

 

„Ich habe meine eigenen Ermittlungen zu den jüngsten Attentaten an den Virt Pods auf Urmi-II durchgeführt, bei denen viele mir treu ergebene Kommandanten, mein Verlobter Gerd Lekku, und fast auch ich selbst ums Leben kamen. Leng Raoo-Miayawoo, ich klage dich offiziell wegen Anstiftung zu Unruhen und mehrfachen Auftragsmordes an. Außerdem lasse ich über einen Antrag abstimmen, der darauf abzielt, dir alle Ämter zu entziehen und dich hinzurichten.“

 

22 Pfoten schossen in die Höhe, sogar die der reinweißen Schönheit Ayvi U-Mawoo, die Kung Keetsie eben noch des Sakrilegs beschuldigt hatte und nun versuchte, ihre Taten wiedergutzumachen und sich die Vergebung des Großen zu verdienen. Als er das Ergebnis der Abstimmung sah, hob auch der Kommandant der Zweiten Sternenflotte seine Pfote. Einstimmig! Danach zückte Leng Raoo-Miayawoo, der bereits kein Mitglied des Rates der Herrscher und kein Flottenkommandant mehr war, seine rasiermesserscharfe gebogene Klinge und trennte sich mit einer einzigen fließenden Bewegung den Kopf ab. Sein Hologramm wurde sofort ausgeblendet.

 

„Raoo-Miayawoo ist ein stolzer Krieger und wird sich jetzt bestimmt in der wirklichen Welt umbringen, nachdem er seinen Virt Pod verlassen hat, um der Schmach einer Hinrichtung zu entgehen“, sagte Leng Azari Ur-Maya von der Abteilung für Wissenschaft und Fortschritt. „Und seine Flotte wird mit deiner fusionieren, Große. Aber ich möchte ein anderes Thema ansprechen. Was weißt du über den Reliktiker-Kreuzer? Und warum hat sich der Freie Kapitän Kung Nat dafür entschieden, ihn in den Raumdocks der Meleyephatianischen Horde reparieren zu lassen und nicht in unseren oder den Raumdocks seiner Geckho-Oberherren?“

 

„Ich bin selbst nicht gut über den alten Kreuzer informiert“, gestand Kung Keetsie, die sich nicht schämte, ihre Unwissenheit zuzugeben. „Mein Informant in der Besatzung des Kungs der Erde wurde schwer verletzt und ist nicht mehr in der Lage, auf die übliche Weise mit mir zu sprechen. Ich vermute, dass das plötzliche Auftauchen des Kreuzers mit der kürzlichen Meldung über das Ende des Krieges zwischen den alten Rassen und dem Auftauchen von Charakteren mit den Klassen Verschlinger, Schlichter und Untersucher im Spiel, das die Wirklichkeit unterwirft, zusammenhängt. Warum hat sich mein Freund Nat entschieden, die Reparaturen nicht von uns oder dem Geckho durchführen zu lassen? Er hat offensichtlich nicht ohne Grund Angst, dass sich die großen Rassen für das alte Raumschiff interessieren und sogar versuchen könnten, es mit Gewalt an sich zu reißen. Die Meleyephatianer sind derzeit verpflichtet, Kung Nat mit größtem Respekt zu behandeln. Außerdem hat er über 100 Untertanen von Imperator Georg I. bei sich. Riesige stachelige Insekten, die meiner Meinung nach zur Rasse der Iseyeks gehören.“

 

„Aber warum Tailax?“, fragte Leng Azari Ur-Maya kopfschüttelnd. „Ich meine mich zu erinnern, dass die Wayedda des Kapitäns nur mit Mühe der Überwachung durch die Prälaten von Tailax entkommen konnte und ein miyelonischer Heiler ihr half, alle Überwachungsgeräte zu beseitigen. Warum sollte der Freie Kapitän seinen Kopf wieder in diese Schlinge stecken?“

 

„Da muss ich dir recht geben“, sagte Kung Keetsie Myau. „Kung Nat scheint unlogisch vorzugehen. Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass er dem Anführer der Horde Krong Laa Ush-Vayzzz vertraut. Aber ich kenne den Freien Kapitän Kung Nat gut, deshalb vermute ich, dass das nicht der Grund ist. Auf Tailax ist etwas Seltsames im Gange, ein neues politisches Spiel. Kung Wauu-Miaoo, gib unserem Geheimdienst Anweisungen, Daten über die Situation zu sammeln. Außerdem interessiere ich mich für den alten Kreuzer genauso wie für das Reliktiker-Labor, dessen Baupläne ich unseren Wissenschaftlern gegeben habe.“

 

Kung Keetsie warf einen flüchtigen Blick auf die versammelten Herrscher, die sich beeilten, der Großen, die nun ungeahnte Macht erlangt hatte, ihre Treue und Loyalität zu beweisen. Zum Schluss betrachtete sie eingehend Leng Ayvi U-Mawoo, die jüngste der lebenden Inkarnationen des Großen Ersten Weibchens, die immer noch um Vergebung bettelnd auf dem Boden kniete. Dann erklärte sie die Ratssitzung für beendet.

 

Die leuchtenden Hologramme erloschen, eines nach dem anderen. Damit blieben nur noch zwei Miyelonier in der Halle: Kung Keetsie Myau, die gerade die Kontrolle über alle Schiffe der Miyelonier übernommen hatte, und die Hohepriesterin Leng Amiru U-Mayaoo.

 

„Du warst fantastisch, Keetsie!“, lobte die ältere Miyelonierin ihre jüngere Freundin. „Eine mächtige und weise Herrscherin. Eine Hoffnungsträgerin in einer dunklen Stunde, während alle anderen sich in die Verzweiflung stürzten.“

 

„Ich habe mich nur an dein Skript gehalten, meine Lehrmeisterin!“ Keetsie verbeugte sich respektvoll vor der Hohepriesterin. „Aber Hoffnung allein wird nicht reichen. Das Kräfteverhältnis ist noch immer nicht zu unseren Gunsten. Wir werden hart um das Urmi-Hauptsystem kämpfen müssen.“

 

„Ja, das wird eine grausame Schlacht, aber wir haben eine Chance. Die wahrscheinlichen Zukunftslinien sagen genau das vorher. Wenn du siegreich daraus hervorgehst, wird niemand mehr an deinem Recht zweifeln, dich Krong zu nennen, die alleinige Herrscherin der Miyelonier.“

 

„Und der kleine Gefallen, meine Lehrmeisterin?“

 

„Wenn du dich durchsetzt, Keetsie, werde ich dich vor Milliarden von Gläubigen zur Inkarnation des Großen Ersten Weibchens ernennen und deine Autorität wird absolut und unbestreitbar sein. Was die Tatsache angeht, dass es immer nur drei lebende Inkarnationen geben soll, werde ich mich darum kümmern. Ich muss zugeben, dass mich die junge Närrin Ayvi mit ihrer Inkompetenz und ihrem unschicklichen Verhalten gerade sehr enttäuscht hat. Auch Yava Uri-Maoo ist nicht gerade das hellste Lämpchen im Luster, aber wenigstens hält sie sich aus Themen heraus, die sie nicht versteht. Ayvi also. Ich fürchte, die jüngste Inkarnation des Großen Ersten Weibchens ist nicht dazu bestimmt, das unvermeidliche Chaos der blutigen Schlacht um das Hauptsystem zu überleben...“

 

 

 

Kapitel 1. Schiff ohne Mannschaft

 

 

 

 

 

 

 

„Eine Sekunde, Paa Um-Um Paa, das verstehe ich nicht. Willst du damit sagen, dass dieser riesige Kreuzer nur von vier Reliktikern bemannt war?“

 

Die künstliche Intelligenz des Kreuzers, die als durchsichtiges, leuchtendes Hologramm eines Reliktikers projiziert wurde, hatte mich auf eine Tour durch das alte Raumschiff mitgenommen. Wir gingen gerade durch eine der vier Kommandozentralen des Kreuzers. Genau wie in den drei anderen, die wir bereits besichtigt hatten, gab es nur einen Bedienersitz. Vor einer Konsole mit inaktiven Instrumenten befand sich eine Metallhalbkugel mit zehn Andockstellen für eine kybernetische Einheit, die sich mit den Systemen des Schiffes verbinden konnte. An der Rückseite des „Sitzes“ befand sich eine große Öffnung, durch die das Besatzungsmitglied seinen Arbeitsplatz betreten konnte, sodass genug Platz für den massiven Unterleib des Reliktikers blieb.

 

„Fünf Reliktiker, Verschlinger Kung Nat“, korrigierte mich Paa Um-Um Paa, während er mehrere kleine Wachdrohnen verscheuchte, die sich brennend für meine beiden Wachdrohnen zu interessieren schienen und mit ihnen in dem relativ kleinen Raum Fangen spielten. „Um einen schweren Vatu-Mocho-Kreuzer zu steuern, braucht man aber tatsächlich nur vier Besatzungsmitglieder.“

 

„Nur vier? Lass mich nachdenken. Einen Piloten natürlich. Wahrscheinlich auch einen Gunner. Dann einen Navigator...“ Ich blinzelte nachdenklich auf meine zum Zählen ausgestreckten Finger, aber die KI unterbrach mein unbeholfenes Rätselraten.

 

„Nein, nein, junger Verschlinger. Um ein so komplexes Raumschiff zu steuern, braucht es erfahrene Spieler mit funktionalen und fortgeschrittenen Spielklassen, mindestens Rang zwei auf der Pyramide.“

 

Mein Interesse war geweckt. Ich verlangte nach weiteren Details. Das Programm erklärte es mir bereitwillig.

 

„Ein Gleiter erfüllte die Funktionen eines Raumschiffpiloten und eines Navigators. Er steuerte das Schiff und gab den Kurs über alle Raumebenen hinweg vor. Der Zuhörer hatte die Aufgabe, Daten zu sammeln und zu übermitteln, die Verbindung zur Pyramide aufrechtzuerhalten und die schweren Kampfdrohnen zu steuern. Der Verwüster oder Schlichter hatte die Kontrolle über alle Waffensysteme: Kreuzerkanonen, Wurmlochgeneratoren und Kampfdrohnen. Der Supervisor war für die Energieeinheiten, Kraftfelder und temporalen Schilde zuständig. Vier Besatzungsmitglieder waren also genug für einen normalen Vatu-Mocho-Kreuzer. Außerdem konnte das Kommandoprogramm des Kreuzers vorübergehend für jedes der vier Besatzungsmitglieder einspringen. Aber dieses Schiff war kein gewöhnlicher Kreuzer. Das Flaggschiff der Weiß-Purpur-Flotte wurde im Kampf mit besonderen Aufgaben betraut. Kung Pin-Ish-Ish-Pin der Verschlinger war für die Koordination und das Kommando über die gesamte Flotte sowie für die Überwachung der Unterstützungseinheit der verbündeten Schiffe zuständig, ein sehr komplexes, energieintensives System, das fast ein Drittel des Innenraums dieses Raumschiffs einnimmt.“

 

Mein virtueller Tourguide hatte schon mehrmals die Unterschiede zwischen unserer Di-Pal-Yu 781 und einem normalen Vatu-Mocho-Kreuzer erwähnt. Dieses Schiff hatte nur vier statt der üblichen sieben Hauptkanonen, und von den vielen zusätzlichen Waffensystemen, die ein Standardkreuzer normalerweise besaß, hatte dieses Schiff nur einen Wurmlochgenerator. Allerdings verfügte es über zwei zusätzliche Kraftfeldgeräte, die die Kapazität der Energieschilde erhöhten und einen speziellen Apparat auf dem Kommandoschiff speisten. Dafür hatte man die Angriffskraft des Sternenkreuzers geopfert.

 

Das Schiff verlieh verbündeten Raumschiffen Boni auf Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit und verstärkte die Kapazität ihrer Energieschilde und deren Regenerationsgeschwindigkeit. Zudem konnte es sofortige Nullsprung-Rückzüge durchführen und dabei eine Gruppe verbündeter Schiffe mitnehmen – selbst solche, die ihren eigenen Antrieb verloren hatten oder von feindlichen Disruptoren aufgehalten wurden. Mit seinen hochmodernen Schilden konnte es sogar Schaden von Verbündeten absorbieren. Ich hatte keinen blassen Schimmer von der Technik hinter diesem Wunderwerk und erst recht keinen davon, welche Fähigkeiten ein Kapitän eines Kommandoschiffs für diese schwierige Aufgabe brauchte. Hoffentlich würde ich das alles noch genau herausfinden.

 

„Und wo hatte der Verschlinger seinen Arbeitsplatz?“, fragte ich und öffnete vorsorglich ein dreidimensionales Diagramm des Kreuzers, weil wir noch nicht auf die fünfte Kommandozentrale gestoßen waren.

 

„Verschlinger haben keinen Bedarf an solch primitiven Systemen“, sagte das Reliktiker-Hologramm und zeigte mit einer seiner leuchtenden Gliedmaßen auf die Konsole und den halbkugelförmigen Sitz. „Die Fähigkeiten eines Pyramidenhierarchen übertreffen bei Weitem die von Spielern mit niedrigerem Rang. Verschlinger sind immer geistig mit ihrem Schiff verbunden und können alle Systeme kontrollieren, ohne dass ein Zwischenglied oder zusätzliche technische Mittel nötig sind.“

 

Wow. Davon konnte ich im Moment nur träumen. Aber ich verstand die Theorie dahinter. Auch ich war bereits in der Lage, einige Systeme mental zu steuern und benötigte keine Konsole als Schnittstelle. Aber bisher hatte es mich und meine Fähigkeiten jedes Mal vor eine große Herausforderung gestellt und die Erfolgschancen waren auch nicht gerade berauschend.

 

Wenn sich meine Fähigkeiten in Psionik, mentaler Stärke und Maschinensteuerung verbesserten, würde ich das Schiff eines Tages leichter und selbstbewusster steuern können. Ich sammelte bereits ständig Erfahrungen, aber trotzdem fiel es mir schwer, zu begreifen, dass man ein ganzes Schiff nur mit dem Verstand steuern konnte. Ohne Monitore, Ortungsdaten oder externe Kameras ständig das ganze Bild im Kopf zu behalten? Hörte sich unvorstellbar schwierig an. Hundertmal schwieriger, als blind Schach zu spielen. Ein Schachbrett war wenigstens nur zweidimensional. Die Figuren folgten festen Bewegungsmustern. Und versuchten für gewöhnlich nicht, einen zu töten.

 

Ohne meinen liebgewonnenen Platz mit einem Dutzend Bildschirmen, auf denen taktische Karten und Daten von Scannern und anderen Instrumenten angezeigt wurden, schien es mir unmöglich, meine Arbeit zu erledigen. Und schon gar nicht ohne zuverlässige, erfahrene Assistenten. Ich überlegte. Der Kreuzer hatte jetzt sieben ungeöffnete Zeitkammern. Was, wenn die erfahrene Crew, von der Paa Um-Um Paa mir erzählt hatte, dort auf ihre Wiederauferstehung wartete? Solch einen Gleiter, Schlichter und Supervisor könnte ich jetzt gut gebrauchen. Ich fragte das Kontrollprogramm, was es über die „eingefrorenen“ Spieler wusste.

 

„Verschlinger, ich habe die Informationen gefunden, um die du gebeten hast. In sechs Zeitkammern befinden sich Kapitäne und Besatzungsmitglieder verschiedener Raumschiffe, die während der letzten Schlacht der Weiß-Purpur-Flotte aus Rettungskapseln geborgen wurden. Es gibt keine Informationen zu Namen oder Tätigkeiten. In der siebten Kammer befindet sich Nichts.“

 

„Nichts? Sie ist also leer?“

 

„Nein, Kung Nat. Das Wort ‚Nichts‘ ist wie ein Name geschrieben. Extrem wenige Daten. Ich habe nur bruchstückhafte Informationen gefunden. Es gibt einen kurzen Eintrag, der zwei Tage vor der letzten Schlacht der Weiß-Purpur-Flotte gemacht wurde und in dem es heißt, dass ‚der gefangene Kapitän nach dem Verhör an Nichts verfüttert wurde‘. Das Logbuch enthält auch einen älteren Bericht über einen tragischen Vorfall, der sich auf dem Kreuzer zu Friedenszeiten ereignet hat. Nur zwei Sätze: ‚Verwüster des Kreuzers hat versehentlich Kontakt mit Nichts aufgenommen. Kapitän hat einen neuen Verwüster angeheuert, um Stelle nachzubesetzen.‘ Meine Vermutung ist, dass ‚Nichts‘ eine Art Lebewesen ist. Vielleicht das Haustier des vorherigen Kapitäns. Ich hoffe, dass die Pyramide über genauere Informationen über diese Kreatur verfügt und du als Verschlinger Zugang zu ihr bekommst.“

 

Das war nicht unwahrscheinlich. Mein Status als Pyramidenhierarch verschaffte mir vollen Zugang zu allen Informationen, die die Reliktiker im Laufe der Jahrtausende gesammelt hatten. Das musste ich ausnutzen. Aber wie man die Pyramide um Informationen bat, hatte ich noch nicht herausgefunden, denn als Zuhörer hatte ich ihr bisher Daten geschickt. Erfahren hatte ich nichts. Wenn ich etwas Zeit hatte, würde ich mich damit befassen und versuchen, mehr Informationen über dieses Nichts zu finden.

 

Der ehemalige Kapitän musste ein gefährliches Haustier besessen haben, wenn sie Gefangene an das Ding verfütterten und die Bestie sogar Verbündete tötete. Und zu allem Überfluss fanden sich keinerlei Informationen darüber, dass der verspeiste Gefangene oder der Verwüster an ihre Respawn-Orte zurückgekehrt waren. Bezogen sich die Aufzeichnungen im Spiel auf Ereignisse in der wirklichen Welt? Oder konnte diese Kreatur im Spiel richtig töten, genau wie ein Verschlinger mit der Fähigkeit Lebensunterdrückung? Mit einer so gefährlichen Kreatur an Bord war Vorsicht geboten. Man konnte nicht davon ausgehen, dass ein Level-999-Verschlinger ein friedliches Haustier besaß. Ein Käfig voller Wachteln oder bunte Guppys in einem Aquarium waren wohl eher nicht Kung Pin-Ish-Ish-Pins Ding gewesen. Auf jeden Fall würde die Zeitkapsel, in der Nichts sich befand, schön verschlossen bleiben. Nicht nur das. Alle sieben Zeitkapseln mussten mit einer Kraftbarriere versperrt werden, damit niemand aus meiner Besatzung sie versehentlich oder aus Neugier öffnete.

 

Eine fröhliche Stimme in meinen Kopfhörern lenkte mich ab. Es war Orun Va-Mart, mein Ingenieur, der mir sagte, dass der Reparaturtrupp das verbogene Stahlwrack, das den Zugang zum Bug des Schiffes um das riesige Loch im Rumpf versperrt hatte, herausgeschnitten und entfernt hatte. Während der Rest des Reparaturteams damit fortfuhr, die Trümmer zu beseitigen und mit einem speziellen Metallfilm, der im Vakuum schnell aushärtete, den Druck in den kaputten Abschnitten wiederherzustellen, war der Ingenieur selbst in den bisher unzugänglichen Korridor vorgedrungen und hatte ein ganzes Lager mit Ersatzteilen für Wachdrohnen beider Größenordnungen entdeckt.

 

„Ich kann unser Glück gar nicht fassen, Captain! Jetzt kann ich zusammen mit den Kirsans unsere Große Wachdrohne reparieren!“

 

„Und das sind noch nicht alle guten Nachrichten, Captain Nat!“, schaltete sich unser miyelonischer Ladungsoffizier Avan Toi ein, der ebenfalls den neu geöffneten Bereich betreten hatte. „Ich habe ein ganzes Arsenal neben dem Lagerraum gefunden! Reihenweise Regale mit Reliktiker-Kleinwaffen, alle in einem hervorragenden Zustand. Vernichtungswaffen, Impulspistolen, und da ist noch eine andere Art Waffe, die ich nicht kenne. Äh, na ja, besser gesagt, meine Intelligenz reicht nicht aus, um ihre Informationen zu lesen. Könnte ein Granatenwerfer sein...“

 

Dann wurde Avan Tois Symbol grau. Er war tot. Er würde in 15 Minuten auf der Erde respawnen und zusammen mit Gerd Uline Tar, Kisly, Taik Rekh und Gerd T'yu-Pan auf die Rückkehr unseres Schiffes warten müssen. Ich rollte die Augen. Das war genau die Art von leichtsinniger Neugier, die es nötig machten, die Zeitkapseln zu verbarrikadieren. Ich hatte während der Erkundung des alten Kreuzers bereits fünf Besatzungsmitglieder verloren. Schwer vorzustellen, welche gefährlichen Überraschungen das alte Raumschiff noch barg. Immerhin trieb es seit 40.000 Jahren durch den Weltraum. Weitere unnötige Verluste konnten wir uns einfach nicht leisten.

 

Ich wandte mich an das Kommandoprogramm und ließ es alle verbleibenden Türen des Kreuzers blockieren, mit Ausnahme der sicheren Wohnkojen im zentralen Bereich. Dorthin wollte ich einen Teil der Fregattenbesatzung so bald wie möglich verlegen. Dann konnten wir in aller Ruhe und ohne Eile die restlichen Teile des Kreuzers untersuchen.

 

Und eine Liste der wertvollen Gegenstände an Bord zusammenstellen, dachte ich. Eben hatte ich einen Scan durchgeführt und meinen Geheimnismeister Gerd Tini in der Gefahrenzone rund um das Arsenal entdeckt. Er durchwühlte dort ungeniert die Sachen des toten Ladungsoffiziers und stopfte Beute und Gegenstände aus den Regalen in sein Inventar.

 

„Tini! Würdest du dich bitte beherrschen!“, bellte ich gedanklich und mein Schützling, der nicht damit gerechnet hatte, beobachtet zu werden, fuhr wie von der Tarantel gestochen hoch. Er entfernte eilig die gestohlenen Gegenstände aus seinem Inventar und machte sich aus dem Staub.

 

Dann fiel mir das erwähnte Ersatzteillager für die Wachdrohnen wieder ein, und ich bat das Kontrollprogramm, mir mehr über die Drohnen auf dem Kreuzer zu erzählen.

 

„Verschlinger, Standard-Vatu-Mocho-Kampfkreuzer sind mit 27 Großen Wachdrohnen ausgestattet, die in drei Neunerreihen in den Hangars im Bug untergebracht sind. Aber jetzt sind sie leer. Ich nehme an, dass die Kampfschiffe und automatischen Prekursoren-Jäger die Drohnen der Weiß-Purpur-Flotte abschießen konnten, obwohl eine große Drohne im Kampf zwei solchen Jägern gewachsen sein sollte. Die fünf kleinen Drohnen, die noch immer auf Befehl des alten Kapitäns im Inneren des Kreuzers patrouillieren, gehörten dem Zuhörer der Besatzung. Leider konnte ich keine Informationen darüber finden, was aus ihm geworden ist. Und ich kann sein Eigentum nicht übertragen.“

 

„Das macht nichts. Ich habe genügend Befugnisse, um die Drohnen an andere Besitzer zu übertragen. Ich selbst kann die Kontrolle über bis zu fünf Drohnen übernehmen. Oder besser gesagt, ich werde es können, sobald die Reparatur-Bots die Energie-Rüstung des Verschlingers für mich angepasst haben. Die anderen beiden kleinen Drohnen soll Gerd Ayni die Zuhörerin übernehmen. Ich kann sie ihr als Pyramidenhierarch zuweisen. Und unsere verkrüppelte große Wachdrohne können wir in den dafür vorgesehenen Hangar stellen. Nach der Reparatur wird die Drohne zusammen mit den beiden automatischen Prekursoren-Jägern in die neue Kampfgruppe unseres Kreuzers aufgenommen. Moment mal...“

 

Mir war gerade eine verrückte Idee gekommen. Und wenn ich den Satelliten, die mich und mein Schiff immer noch begleiten, einen Platz in den Hangars des Kreuzers anbot? Wahrscheinlich würden sie nichts davon wissen wollen, aber einen Versuch war es wert. Der Status der beiden Symbionten war mir immer noch ein Rätsel. Die Prekursoren hatten zugestimmt, die beiden Satelliten als Entschädigung für die Sprengung des mobilen Labors mit mir zu teilen, aber sie gehörten mir nicht und ich konnte sie nicht wirklich kontrollieren. Seit ich mein neues Schiff bekommen und den alten Krieg beendet hatte, waren die beiden Satelliten dem Reliktiker-Kreuzer und meiner alten Fregatte überallhin gefolgt. Verbündete? Spione der Prekursoren? Eine zusätzliche Sicherheitsvorkehrung? Oder Prekursoren, die dem Pyramidenhierarchen unterstellt waren, um als Vermittler für mögliche zukünftige Gespräche zu dienen?

 

Ich schloss die Augen, konzentrierte mich und rief mittels Gedankenübertragung die beiden autonomen Prekursoren-Jäger herbei, die mein neues Schiff aus gut einem halben Kilometer Entfernung begleiteten.

 

„Ich, Pyramidenhierarch Nat der Verschlinger, gewähre euch hiermit das Recht, euch im Kreuzer Di-Pal-Yu 781 aufzuladen, wie ihr es zuvor bei meiner Fregatte Tamara der Paladin getan habt. Außerdem erteile ich euch die Erlaubnis, die Energieschilde meines Schiffes zu durchdringen und anzudocken. Ich stelle euch zwei Hangars zur Verfügung, in denen ihr andocken und Reparaturarbeiten durchführen lassen könnt.“ Ich öffnete das Diagramm des Kreuzers und markierte zwei benachbarte Slots, die für die Platzierung von großen Wachdrohnen vorgesehen waren.

 

Diplomatie-Skill auf Level 43 erhöht!

 

Die Antwort kam praktisch sofort. Wie erwartet, lehnten die Symbionten ab. Doch dann fügten sie zu meiner großen Überraschung hinzu, dass sie mein Angebot in Betracht gezogen hatten und bei Bedarf andocken würden, um sich reparieren zu lassen oder vor einer Bedrohung von außen Schutz zu suchen.

 

Gerd Imran der Schlichter und seine junge Partnerin, unsere Ingenieurin San-Sano, kamen auf mich zu. Sie informierten mich, dass der zentrale Korridor, der sich über die gesamte Länge des 300 Meter langen Cruisers erstreckte, geräumt worden war. Und dass der Riss im Rumpf des Raumschiffs mit der Spezialfolie abgedichtet worden war und von unserem Hauptingenieur Orun Va-Mart nach dem Aushärten erneut auf Lecks überprüft werden würde, bevor wieder mit dem Druckaufbau in den beschädigten Sektoren begonnen wurde.

 

„Aber diese Folie ist nur eine vorübergehende Maßnahme, um das Schiff stabil zu halten. Verschlinger, das Schiff muss in einem Raumdock vollständig repariert werden“, warnte die künstliche Intelligenz des Kreuzers in ziemlich holprigem, aber verständlichem Geckho.

 

Nicht schlecht, dachte ich, sie lernt schnell und passt sich den neuen Bedingungen an.

 

„Das Schiff muss nicht nur repariert, sondern komplett überholt werden, Paa Um-Um Paa. In unserer Besatzung fehlen mehrere der Klassen, die laut deinen Informationen für den Kreuzer erforderlich sind. Gleiter, Verwüster, Supervisor. Unsere Zuhörerin Gerd Ayni verfügt noch nicht über alle erforderlichen Fähigkeiten, um ihren längst verstorbenen Vorgänger vollständig zu ersetzen. Außerdem wurden alle Kommandozentralen und Instrumente für Reliktiker gebaut. Menschen verarbeiten Informationen anders. Unsere Augen sind an andere Bildfrequenzen gewöhnt. Und die Einzigen, die die Reliktikerspache verstehen, sind ich, du und Ayni. Reparaturen und Überholungen werden notwendig sein. Aber egal, welches Sternensystem wir für die Reparatur aufsuchen, es könnte uns sehr ernste Probleme bereiten.“

 

„Warum, Mitregent Nat?“, fragte San-Sano verständnislos.

 

„Wenn ich ein Miyelonier, Geckho oder ein Mitglied einer anderen fortschrittlichen Raumfahrtrasse wäre, würde ich sofort versuchen, dieses wertvolle, bis an die Decke mit Artefakten beladene Raumschiff zu kapern, wenn es schon dumm genug ist, zur Reparatur anzudocken! Obendrein passen in dieses Raumschiff kaum 30 Verteidiger hinein. Das ist doch geradezu eine Einladung, es zu attackieren. Ich muss mir also etwas einfallen lassen, damit wir die Reparaturen erledigen lassen können, ohne unseren neuen Trumpf zu riskieren.“

 

Das Schlachtschiff Chaosbraut, das mir jetzt zusammen mit 50 kleineren Schiffen gehörte, hatte es gerade über die Warp-Bake ins Hoheitsgebiet der Meleyephatianischen Horde geschafft. Zwar wusste ich nicht, wo sich die Flottille genau befand, aber ich konnte bestimmt Schiffe von ihr abziehen, um meinen Kreuzer zu verteidigen. Dann musste ich weitere Besatzungsmitglieder rekrutieren und schnellstens alle Hoffnungen der Besitzer diverser Reparaturdocks zunichtemachen, meinen alten Kreuzer mit Gewalt einzunehmen. Ich wandte mich an meinen persönlichen Leibwächter.

 

„Imran, deine neue Spielklasse hat die faszinierende Fähigkeit, Charaktere im virtuellen Spiel zu verfolgen, egal, wo sie sind. Hast du sie schon ausprobiert?“

 

Der dagestanische Athlet verneinte dies.

 

„Dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt für einen Testlauf. Erinnerst du dich an die blonde Roboterfrau auf der Chaosbraut namens Luana? Die exakte Kopie der Androidenkönigin Leng Bionica? Finde sie! Und sag mir genau, wie weit sie jetzt weg ist.“

 

Der Schlichter verharrte ein paar Sekunden lang und starrte mit glasigen Augen ins Nichts. Dann antwortete er, dass eine Markierung aufgetaucht sei, zeigte, wenn auch wenig zuversichtlich, auf eine Metallwand und sagte, sie befinde sich in dieser Richtung, wobei er eine völlig irrsinnige Entfernung in Kilometern angab. Eine lange Zahl mit 16, nein, 17 Ziffern.

 

„Warte, ich verbinde dich mit dem Navigator. Lies das Avan Toi vor, damit er herausfinden kann, welches System der Horde das ist. Und du“, sagte ich zu Paa Um-Um Paa, „machst den Kreuzer für den sofortigen Transport in die Erdumlaufbahn bereit, damit wir unsere wieder respawnten Freunde abholen können. Dann geht es auf zu den Koordinaten, die mein Navigator dir nennen wird!“

 

 

 

Kapitel 2. Debüt

 

 

 

 

 

 

 

ES WÜRDE MIR schwerfallen, ohne meine gute alte Zuhörer-Energie-Rüstung zurechtzukommen. Ich war praktisch in ihr groß geworden. Sie war wie meine zweite Haut und meine gewohnte Art, mit der Außenwelt zu interagieren. Aber ich hatte meine alte Rüstung an Gerd Ayni übergeben, die sie nur geringfügig an ihren kleinen, menschenähnlichen Miyelonierkörper anpassen musste. Der weiße mechanoide Kirsan-Reparatur-Bot hatte das in weniger als einer Stunde erledigt. Die Verschlinger-Kampfrüstung, die wir in den persönlichen Gemächern des einstigen Kapitäns des Kreuzers gefunden hatten, erwies sich jedoch als ein viel schwieriger zu handhabendes und beinahe einschüchterndes Exemplar der Reliktiker-Technologie.

 

Die imposante schwarze Rüstung absorbierte aktiv das Licht und verbog die Zeit. Jedes Zeitmessgerät verlangsamte sich, wenn es in die Nähe der Verschlinger-Kampfrüstung kam. Platzierte man eine Uhr auf das uralte Artefakt, so blieb sie stehen. Die Rüstung bestand aus einem seltsamen, mehrschichtigen Material, einer besonders zähen Substanz, deren Beschaffenheit irgendwo zwischen Kunststoff und Cermet lag. Sie bestand aus hitze- und stoßabsorbierenden Gelschichten, in die enge Gitter aus mikroskopisch kleinen supraleitenden Fäden eingebettet waren. Im Inneren befand sich außerdem ein komplexes integriertes elektronisches System, das ständig Informationen von allen Gelenken und Rüstungsplatten sammelte, um so den Zustand des gesamten Anzugs zu überwachen. Das Entfernen der „überflüssigen“ Gliedmaßen oder des Teils für den riesigen Unterleib des Reliktikers würde bedeuten, dass das komplexe integrierte System zerstört und das einzigartige antike Artefakt beschädigt werden würde. Meine zwei Ingenieure und drei mechanischen Tausendfüßler diskutierten ewig, bevor sie schließlich zugaben, dass sie noch keine wirkliche Idee hatten, wie sie mit der extrem schwierigen Aufgabe überhaupt beginnen sollten.

 

„Ohne die Hilfe eines Top-Mechanikers oder Rüstungsherstellers kommt man hier wohl nicht weiter“, meinte meine Freundin Gerd Uline Tar, als ich ihr von meinen Sorgen erzählte. „Ich werde mich bei den geschicktesten Geckho-Handwerkern umhören. Vielleicht ist ja einer meiner Leute dieser Herausforderung gewachsen. Aber ich will mir gar nicht vorstellen, wie viel das kosten würde...“

 

Ich hörte einen Hauch von Unsicherheit in der Stimme meiner pelzigen Freundin. Dabei schien es nicht darum zu gehen, dass sie an den Fähigkeiten der großen Handwerker ihres Volkes zweifelte, oder daran, dass wir die finanziellen Mittel für diese Art von Arbeit auftreiben konnten. Das Problem lag anderswo. Vorsichtig las ich die Gedanken der Händlerin. Das war es also...

 

Gerd Uline Tar plagten Selbstzweifel. Die Händlerin war sich sehr deutlich bewusst, dass sie das Besatzungsmitglied mit dem niedrigsten Level war. Selbst Gerd Iwan Swjatodukh der Priester und die kleopische Historikerin Gerd Eda-No Edeyya, die viel später zu unserer Crew gestoßen waren, übertrafen Uline um respektive 15 und 20 Level. Außerdem sah sie als meine Erste Offizierin, dass das Team Nat alle Aufgaben ohne ihre Hilfe bewältigte und auch nicht auf ein Einkommen aus ihren ohnehin selten gewordenen Handelsgeschäften angewiesen war. Uline war ernsthaft besorgt, dass der frischgebackene Verschlinger ihre Dienste eines Tages nicht mehr benötigen und sie als Handelsvertreterin der Reliktiker-Fraktion auf der Erde oder als Vizekönigin auf der Basis von Poko-Poko zurücklassen würde. Das käme einer Art ehrenvollem Exil gleich. Und der Glücksstern, in den Uline einst all ihr Träumen und Hoffen investiert hatte, würde ohne sie zu neuen Triumphen und Erfolgen weiterfliegen und die Geckho-Dame in die Bedeutungslosigkeit versinken lassen.

 

„Dein Glücksstern geht nirgendwo ohne dich hin“, versicherte ich meiner mich um mehrere Köpfe überragenden Freundin, die daraufhin verlegen zu Boden sah. „Du bist meine Freundin, und ich lasse meine Freunde nicht im Stich. Es ist leicht, Arbeit für einen erfahrenen Händler zu finden. Besonders jetzt, da unsere Fraktion ihre Existenz öffentlich bekannt gegeben hat und ihrem Image als dominierende Kraft auf der Erde gerecht werden muss. Außerdem haben wir die Aufgabe, das Image der Erde als neuen Spieler in der interstellaren Politik zu verkörpern, vor dem sich alle anderen in Acht nehmen müssen. Meine Heimatwelt steht vor einem Krieg mit dem Gilvar-Syndikat, und ich brauche eine große Anzahl von Kampfschiffen.“

 

Gerd Uline Tar stutzte und spitzte die pelzigen Ohren. Diese Informationen waren ihr neu. Der hitzige Konflikt mit dem Vertreter der Meleyephatianische Horde stellte mich vor immer neue Herausforderungen. Ich erklärte Uline die Mission, für die ich ihr Wissen und ihre Fähigkeiten gebrauchen würde.

 

„Ich sehe eine Möglichkeit, Kampfschiffe aus dem Menschenreich zu bekommen, aber ich benötige eine unglaubliche Menge an ‚magischem Schmuck‘ für den Handel. Unsere NPC-Dryade Nofretete arbeitet Tag und Nacht in ihrer Schmuckwerkstatt und stellt Ringe und Armbänder her, die bestimmte Fähigkeiten verbessern. Die Nachfrage nach diesen Schmuckstücken ist im Reich von Georg I. unglaublich groß. Versorge unsere fleißige Arbeiterin mit allen Materialien, die sie braucht: Gold- und Platindraht, Edelsteine. Alles, was Nofretete verlangt, soll sie haben. Es wird allerdings nicht ausreichen. Ein einziger Juwelier kann gar nicht in der Lage sein, einen so großen Auftrag zu erfüllen. Also fang an, ‚magischen‘ Schmuck einzukaufen, wo immer du ihn finden kannst. Egal, wie schlecht die Qualität ist. Ich schlage vor, dass du dich mit dem Trillianer Gerd Ussh Veesh in Verbindung setzt. Er ist auf diese Branche spezialisiert und als Freund von mir wird er dir gute Rabatte geben. Und natürlich werde ich alle Kosten übernehmen...“

 

„Nein, nein, Kapitän Nat. Ich brauche kein Geld“, unterbrach die Händlerin mich mit frischem Mut. Sie sah aus wie ein Jagdhund, der gerade eine Fährte aufgenommen hatte. „Das Finanzielle erledigen wir, wenn alle weiteren Geschäfte abgeschlossen sind.“

 

Das war gut, denn rein theoretisch war ich gerade ein armer Schlucker. Ich hatte immer noch Geld vom Verkauf des Platins übrig. 18 Millionen Geckho-Kristalle, um genau zu sein, was wahrscheinlich ausreichen würde, um die Verschlinger-Rüstung auf Vordermann zu bringen und die wichtigsten Reparaturen am Kreuzer durchzuführen. Und obwohl sich der Kauf von Waren für den Handel mit dem Imperium gut auszahlen würde, würde er auch Kosten verursachen. Kurzum, ich war froh, dass meine Geschäftspartnerin nicht auf meine finanziellen Mittel angewiesen war.

 

„Und noch etwas, Uline. Eine Menge Flüchtlinge sind mittlerweile unterwegs. Millionen von Bewohnern der Galaxie wollen sich vor dem Krieg mit den Kompositen in Sicherheit bringen, und nicht alle sind arme Schlucker. Einige sind hochkarätige Spieler und haben Ersparnisse in der Größenordnung eines Clans oder Rudels. Manche haben sogar ihre eigenen Raumschiffe, auch Kampfschiffe. Mit Ausrüstung aus Fabriken. Dazu erfahrene Handwerker und Spieler aus allen möglichen Berufsgruppen, die unserer Fraktion gute Dienste leisten könnten. Hör dich ein wenig um. Wenn du etwas Gutes findest, Leute, die bereit sind, sich den Reliktikern anzuschließen und für uns zu arbeiten, biete ihnen sicheres Asyl auf der Erde oder auf Poko-Poko. Wir kontrollieren eine große Anzahl von Spielknoten auf der virtuellen Erde, die technisch gesehen meiner Fraktion gehören, aber im Wesentlichen leer sind und besiedelt und aktiv entwickelt werden müssen. Ansonsten kommt noch einer unserer Nachbarn auf die Idee, etwas von dem im Grunde unbesetzten Gebiet für sich zu beanspruchen.“

 

„Wären die irdischen Fraktionen wirklich so dumm, sich dem Kung der Erde zu widersetzen? Das ist doch Selbstmord!“ Meine Freundin blinzelte mich ungläubig an.

 

Ich schüttelte den Kopf. „Auf meinem Heimatplaneten wurden schon viele Kriege um winzige Flecken Land geführt, und ich möchte nicht, dass diese negativen Erfahrungen in das Spiel einfließen.“

 

Uline Tar, die nun merklich besser gelaunt war, lief los, um meine Befehle auszuführen. Dann begann ich mit den Vorbereitungen für einen offiziellen Besuch der Raumstation der Meleyephatianische Horde, in deren Nähe gerade eine kleine Flottille der Horde stationiert war. In respektvollem Abstand zu ihnen standen meine neuen Raumschiffe: das riesige Schlachtschiff Chaosbraut mit einer Gruppe von Begleitschiffen.

 

* * *

 

Ich hatte mir das Hirn darüber zermartert, wie ich als Kung der Erde und frisch gebackener Reliktiker-Pyramidenhierarch in den Augen meiner Untertanen und der Meleyephatianischen Horde nicht idiotisch bis völlig lächerlich aussehen würde. Und obwohl ich nicht gerade ein großer Fan der offiziellen La-Fin-Dynastie-Outfits aus der magokratischen Welt war, passte wohl kein Kleidungsstück besser für diesen Anlass. Die bodenlange, blutrote Erzmagier-Robe, die mit den Wappen der La-Fin-Familie und ihrer Vasallenhäuser bestickt war und mich eindeutig als Mitregenten auswies, machte in jedem Fall etwas her. Majestätischen Schrittes durchquerte ich einen kurzen Korridor, bevor ich die kleine Meleyephatianer-Basis namens Buga-Tau-Ro betrat. Der schwere geschnitzte Stab, mit dem ich bei jedem meiner Schritte auf den Boden pochte, sodass es von allen Seiten widerhallte, ließ mich wie einen großen Magier aussehen, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen.

 

Zu meiner Gruppe gehörten einige meiner engsten Mitstreiter. Gerd Imran der Schlichter, der seine berühmte Rüstung trug, ein Geschenk des Geckho-Herrschers. Gerd Ayni Uri-Miayuu die Zuhörerin in der schwarzen Reliktiker-Energie-Rüstung, an der auch ihre Säbel nicht fehlen durften, die aus den Reißzähnen des Trillianer-Herrschers Hugo I. gefertigt worden waren. Leng Soia-Tan La-Varrez die Untersucherin, die in ihrer düsteren Zauberinnen-Robe selbst bei ihren eigenen Crewkollegen Angst und Schrecken verbreitet. Und Gerd Tini der Geheimnismeister, der allerdings niemandem auffiel, da er sich unsichtbar gemacht hatte. Außerdem begleiteten mich die sieben kleinen Reliktiker-Wachdrohnen, die wie ein Karussell mit Raketenantrieb über mir kreisten, bereit, sich auf jeden zu stürzen, auf den ich mit dem Finger zeigte. Es war sozusagen das Debüt für mich als Verschlinger und mein Gefolge mit ihren neuen exotischen Klassen, und ich wollte bei den Besitzern der Basis gleich den richtigen ersten Eindruck hinterlassen.

 

Autorität auf 154 erhöht!

 

Vielleicht hatte ich es ein klein wenig übertrieben. Die beiden großen prominenten Meleyephatianer in Kampfrüstung, die uns in der Halle begrüßten, waren der Basis-Chef von Buga-Tau-Ro und der Kommandant der Reserveflottille 42 der Horde. Sie drückten ihre gelenkigen Gliedmaßen fest an ihre Panzer und fielen bäuchlings auf den Boden. Ihre Wachen, die nicht weit entfernt standen, taten dasselbe. Seltsam. Dieses Verhalten hatte ich bei Meleyephatianern noch nie gesehen.

 

„Ein Zeichen des Respekts, das nur Herrschern mit dem allerhöchsten Rang zuteilwird“, erklärte Ayni auf Russisch, damit die Meleyephatianer sie nicht verstanden.

 

Aha. Mit einem Wink bedeutete ich den Meleyephatianern, aufzustehen. Den Brustkorb des Kommandanten der 42. Reserveflottille zierte eine leuchtende Medaille in Form eines siebenzackigen Sterns, die mit kleinen Edelsteinen besetzt war. Eine Medaille? Ich runzelte nachdenklich die Stirn. Soweit ich wusste, ehrten die Meleyephatianer ihre Kämpfer nicht mit Medaillen. Aber die Horde umfasste Dutzende, wenn nicht Hunderte von Vasallenvölkern, und es war gut möglich, dass einige von ihnen Kampfmedaillen verliehen. Der Kerl, der da vor mir stand, musste sich auf die eine oder andere Weise verdient gemacht haben.

 

Jedenfalls hatte ich das Interesse an der Medaille und ihrem achtbeinigen Träger schnell wieder verloren, weil ein immer lauter werdendes Getrappel im langen Korridor ertönte. Eine große Anzahl von Füßen auf Cermetböden. Und kurz darauf sah ich die Geschöpfe, deretwegen ich mich in diesem Sternensystem am Arsch der Galaxie befand: 100 besonders große und schnelle Alpha Iseyeks, die Georg I. mir geschenkt hatte und die von den Genetikern des Schwarms eigens ausgewählt worden waren. Sie waren zäh, furchtlos, tödlich und absolut loyal.

 

Meine neuen Soldaten hatten ein sehr auffälliges Aussehen. Sie waren groß und stachelig, wie übergroße Gottesanbeterinnen in gepanzerten Raumanzügen, die hell schimmerten. Sie trugen Plasmaschneider und Schusswaffen in den Händen, einige davon sogar aus der schweren Klasse. Die Alpha Iseyeks brauchten keine Nahkampfwaffen, denn sie waren von Natur aus mit rasiermesserscharfen, tödlichen Armen ausgestattet, die jede Panzerung und jede Rüstung spielerisch durchdringen konnten. Außerdem bewegten sich die Iseyeks mit einer solchen Geschwindigkeit, dass die Meleyephatianer der Basis zur Seite hechten mussten, um nicht von den anderthalbmal so großen und mindestens viermal so schweren Kreaturen niedergemäht zu werden.

 

Als die kleine Leng Soia-Tan La-Varrez diese Todesmaschinen auf uns zustürzen sah, erstarrte sie und streckte dann die Hände nach vorne, um einen Feuerball heraufzubeschwören. Das war komisch, denn genau wie Ayni und Imran hatte sie Alpha Iseyeks schon einmal gesehen und eigentlich keinen Grund, so nervös zu sein. Ich beruhigte die kleine Magierin und erklärte ihr, dass diese rabiaten Gottesanbeterinnen unsere neuen Verbündeten seien. Sie gehörten theoretisch bereits zu unserer Crew und würden sich dem Boarding-Team des Kreuzers anschließen. Der Feuerball, der bereits die Größe einer Wassermelone erreicht hatte, löste sich in Luft auf.

 

Ich blieb derweil ganz ruhig und wich der schwirrenden Welle von Kreaturen nicht aus. Mit gewisser Neugier beobachtete ich, wie die riesigen Insekten in meine Richtung dröhnten. Sie schienen ein seltsames Ritual zur Begrüßung ihres neuen Meisters durchzuführen. Wollten sie meine Selbstbeherrschung auf die Probe stellen? Sicherstellen, dass ihr neuer Meister würdig war? Mein Gefahrensinn jedenfalls meldete sich nicht, also gab es wohl auch keine Bedrohung.

 

Tatsächlich. Die nächstgelegenen Iseyeks kamen nur einen Meter von mir entfernt zum Stehen, neigten die Köpfe mit den Facettenaugen und erstarrten. Danach stoben die riesigen, albtraumhaften Soldaten in diverse Richtungen auseinander, um einer jungen blonden Menschenfrau Platz zu machen, die einen sehr dünnen schwarzen, körperbetonten Trainingsanzug trug. War sie zusammen mit dem Bataillon der Iseyeks von der Basis der Chaosbraut all die Kilometer durch die langen Korridore der Raumstation gelaufen? Wenn ja, so sah man es ihr nicht an. Die Androidenfrau schien weder müde noch außer Atem. Sie kam auf mich zu und verbeugte sich.

 

„Mein Kung, ich habe deinen Auftrag ausgeführt und die von dir angeforderten Schwarmtruppen von der Chaosbraut gebracht. 20 Raumschiffe haben sich von der Flottille abgespalten und stehen bereit, um deinen Kreuzer zu begleiten. Die Gruppe besteht aus fünf Fliegenfänger-Zerstörern, sechs schweren Kriegsfalke-Fregatten und neun Pyro-Fregatten. Wie lauten deine weiteren Befehle?“

 

Das alles sagte sie in akzentfreiem Geckho. Bevor ich antworten konnte, tauchte vor meinen Augen in der Beschreibung der schönen Androidin das Wort Gerd auf. Nicht schlecht, dachte ich. Die bescheidene Übersetzerin, eine von unzähligen Kopien der Androidenkönigin Leng Bionica, hatte wohl das Interesse des Militärs der Horde und der Vertreter aller möglichen meleyephatianischen Geheimdienste geweckt, die diese Begegnung zweifellos sehr genau beobachteten. Das hatte ihr so viel Ruhm eingebracht, dass sie zum Gerd aufgestiegen war, was in der Sprache der Reliktiker so viel wie „über der Masse“ bedeutete.

 

„Herzlichen Glückwunsch zu deiner Beförderung, Gerd Luana!“ Ich lächelte, wurde dann aber schnell wieder ernst. „Ich war der Meinung, dass die Chaosbraut und die Schiffe, die das Schlachtschiff begleiten, so schnell wie möglich zur Erde kommen würden.“

 

„Selbstverständlich, mein Kung!“, versicherte die Androidin mir.

 

„Dann erklär mir doch bitte, warum die Flottille schon seit einer verdammten Ummi in diesem Sternensystem Zeit verliert, anstatt weiter die Warp-Bake-Kette hinunterzufliegen, Gerd Luana!“

 

Meine Assistentin senkte niedergeschlagen den Kopf. „Kung Nat, daran ist die Chaosbraut schuld. Das große Schlachtschiff braucht Zeit zum Aufladen, bevor es einen weiteren Langstreckensprung absolvieren kann. Alle Warp-Baken im Raum des Imperiums sind mit Ladestationen ausgestattet, die die Energie der angedockten Schiffe schnell wieder auffüllen können. Aber hier im Hoheitsgebiet der Horde gibt es so etwas nicht. Wir haben hier keine Möglichkeit einer beschleunigten Aufladung, was uns beim Durchlaufen der Warp-Baken-Kette stark einschränkt.“

 

So war das also. Ich bat Ayni, ins Meleyephatianische zu übersetzen, schaute dann nach oben und sprach zur Decke, wo der Scanner Videokameras, Mikrofone und eine Menge anderer versteckter Technik entdeckt hatte, darunter sogar automatische High-Speed-Geschütztürme, die hinter den Deckenplatten versteckt waren.

 

„Diese Flottille hat von Krong Laa die Erlaubnis erhalten, zur Erde zu reisen, und kommt damit unter anderem den Interessen der Meleyephatianischen Horde entgegen. Deshalb hoffe ich sehr, dass den Schiffen des Imperiums an allen weiteren Stationen der Route Energie für eine schnellere Reise zur Verfügung gestellt werden kann. Eine so große und technologisch fortschrittliche Rasse könnte problemlos ein Energiekabel vom Reaktor der Basis ins All installieren.“

 

Ruhm auf 151 erhöht.

 

Autorität auf 155 erhöht!

 

Es folgte keine Antwort. Es war auch keine nötig. Ich wusste, dass meine Nachricht gehört worden war. Und ich hoffte, dass die Horde schleunigst in die Gänge kommen würde, damit meine Raumschiffe nicht weiterhin an jedem Punkt der Warp-Bake-Kette einen unnötigen Zwischenstopp einlegen mussten. Damit betrachtete ich meine Mission als erfüllt. Ich wies Gerd Ayni an, den hundert wie versteinert verharrenden Iseyeks zu sagen, dass sie mir folgen sollten, und drehte mich abrupt um, um die Basis zu verlassen.

 

Wahrnehmungsüberprüfung erfolgreich!

 

Was war das? Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die Medaille, die ich vorhin bemerkt hatte, von der Brust des Kommandanten der 42. Reserveflottille der Horde verschwand. Hatte der Meleyephatianer die Medaille in seinem Inventar verstaut? Oder war das am Ende...?

 

„Tini“, rief ich gedanklich ins Nichts, „hör auf zu klauen und gib die Medaille ihrem rechtmäßigen Besitzer zurück. Es gibt unendlich viele Kameras hier, die alle auf uns gerichtet sind. Was du gerade getan hast, wurde definitiv bemerkt. Du kannst jetzt sagen, dass dir das Ding aufgefallen ist und du sicherstellen musstest, dass die Ausstülpung auf dem Panzer des Meleyephatianers keine Gefahr für deinen Herrn darstellt.“

 

Ich hatte mich nicht geirrt. Der geschwänzte Geheimnismeister erschien einen Schritt von dem großen Meleyephatianer entfernt und gab ihm die siebenzackige Medaille zurück, wobei er Wort für Wort wiederholte, was ich ihm eben mittels Gedankenübertragung gesagt hatte. Danach verschwand er wieder. Der Vorfall war erledigt, und ich ging weiter zu meinem angedockten Kreuzer.

 

„Mein Kung“, meldete sich die langbeinige KI-Blondine zu Wort, die ganz allein zu mir aufgeschlossen hatte, „darf ich dir ebenfalls folgen?“

 

Ich blieb überrascht stehen und wandte mich Luana zu. „Wir haben uns auf folgende Bedingungen geeinigt: Du bringst die Schiffe des Imperiums zur Erde, dann nehme ich dich in meine Crew auf. Habt ihr Androiden wirklich ein solch schlechtes Gedächtnis?“

 

„Ganz und gar nicht, Kung Nat. Androiden vergessen niemals etwas. Und mein Modell ist zu viel mehr fähig, als der Flottille als einer von einem Dutzend Übersetzern zu dienen, von denen jeder bereits Meleyephatianisch gelernt hat und den Piloten bei Verhandlungen mit den Besitzern der Zwischenstationen helfen kann.“

 

Sieh an, sieh an... Eine solche Hartnäckigkeit hatte ich von einem humanoiden Roboter nicht erwartet. Sie war also mit ihren bescheidenen Aufgaben nicht zufrieden und versuchte, sich besonders hervorzutun. Das belustigte mich. Anscheinend war sie mehr als nur ein gefügiger Metallhaufen. Sie war eine Frau mit Charakter. Ich bat Luana, mir mehr von ihren Fähigkeiten zu erzählen und von der Rolle, die sie in meinem inneren Kreis spielen wollte.

 

„Ich wurde als perfekte Kopie von Leng Bionica erschaffen und habe die gleichen Funktionen wie die Königin der Androiden. Sie diente dem zukünftigen Imperator viele Jahre lang als Stellvertreterin und persönliche Sekretärin, war erfolgreich als Wirtschaftsministerin für den großen Unatari-Staat tätig, half im Kampf, die Flotte zu kommandieren, und sorgte für die Kommunikation mit Tausenden von verbündeten Raumschiffen. Nichts gegen Lebewesen aus Fleisch und Blut, Kung Nat, aber es gibt viele Bereiche, in denen Roboter schon immer effektiver waren als ihr und es auch in Zukunft sein werden. In deinem Gefolge mangelt es an Robotern. Ich könnte diese Lücke füllen...“

 

Etwas, was die Androidin eben gesagt hatte, machte mich stutzig. Mir fiel der Arbeitsplatz auf dem Reliktiker-Kreuzer wieder ein, dessen Bediener direkt mit den Computersystemen des Schiffs verbunden war. Niemand aus dem Team Nat war dieser Aufgabe gewachsen. Luana aber könnte eine solche Rolle leicht übernehmen. Die Androidin würde sich bestimmt mit dem Kommandoprogramm des Kreuzers verständigen können und schnell alles Notwendige lernen. Dazu kam die Kommunikation mit der Pyramide, insbesondere das Durchsuchen der Datenbank, die die Reliktiker über Zehntausende Jahre aufgebaut hatten. Ich hatte bereits einen Versuch unternommen und erkannt, dass es für einen Menschen wie die Suche nach der buchstäblichen Nadel in einer Galaxie voller Heuhaufen gleichkäme. Ich brummte zufrieden. Das war genau die Art von Aufgabe, mit der ich eine KI-Assistentin betrauen konnte.

 

Während ich darüber nachdachte, redete Luana einfach weiter. Sie erzählte mir von ihrer schnellen Lernfähigkeit und den fest programmierten Einschränkungen, die es Androiden verboten, Lebewesen zu töten oder zu verletzen. Luana hatte die Fähigkeit, Tausende von eingehenden Nachrichten zu verarbeiten und jene Dinge herauszufiltern, die für ihren Meister von Interesse waren. Sie hatte viel Erfahrung im Umgang mit den Iseyeks und verstand ihr Verhalten und ihre anatomischen und physiologischen Eigenheiten.

 

Ich hob eine Hand, um Gerd Luanas Redeschwall zu stoppen. Ich warf einen weiteren Blick auf die durchtrainierte Blondine, deren eng anliegende Kleidung ihre verführerischen weiblichen Kurven nicht verbarg, sondern noch betonte.

 

„Ich glaube, ich weiß schon eine Nische für dich.“

 

Die KI-Blondine verstand mein – rein ästhetisches – Interesse an ihrem makellosen Körper falsch und errötete. Sie musste wirklich das modernste Modell auf dem Markt sein, wenn sie so komplexe Gefühle ausdrücken konnte. Ihre Roboterhoffnung musste ich aber leider zunichtemachen.

 

„Denk nicht mal im Traum daran. Diese Nische ist mehr als voll. Aber ich brauche jemanden für die Kommunikation mit der Pyramide, und diese Rolle scheint perfekt für dich.“