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Eine Nachricht aus der Vergangenheit, ein verlorenes Leben – und die Chance auf einen Neubeginn.
Nach einer schmerzhaften Trennung lässt Ella das geschäftige London hinter sich. Auf dem ländlichen Gestüt Bagot Manor möchte sie einen Neuanfang wagen – doch statt eines ruhigen Lebens erwartet sie eine Welt voller Geheimnisse, Trauer und dunkler Intrigen.
Kurz bevor der Chauffeur Austin stirbt, flüstert er Ella eine kryptische Botschaft zu: „Der Junge lebt.“ Sie folgt einer Spur aus Tagebüchern, Briefen und Lügen, die tief in die Vergangenheit des Gestüts und seiner Bewohner führt. Stück für Stück enthüllt sie eine tragische Geschichte von verbotener Liebe und Verrat.
Doch je näher sie der Wahrheit kommt, desto mehr fragt sie sich, ob es inmitten so vieler Schatten einen Weg zu Vergebung und Liebe geben kann …
“Das Geheimnis von Bagot Manor” von Nadine Feger ist ein romantisches und packendes Familiendrama über eine Frau auf der Suche nach Wahrheit und Liebe auf einem englischen Landgut. Für alle, die gefühlvolle Romane mit mysteriösen Geheimnissen lieben.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Verlag:
Zeilenfluss
Werinherstr. 3
81541 München
Deutschland
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Texte: Nadine Feger
Cover: MT-Design
Satz: Zeilenfluss Verlag
Korrektorat: Dr. Andreas Fischer,
TE Language Services – Tanja Eggerth
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Alle Rechte vorbehalten.
Jede Verwertung oder Vervielfältigung dieses Buches – auch auszugsweise – sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet. Handlungen und Personen im Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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ISBN: 978-3-96714-528-1
Hinweis:
Das Personenverzeichnis enthält Spoiler
für den Inhalt der Geschichte.
* * *
Ella Graham (*1996)
Assistentin von Gabriel Asbury seit März 2024
Gabriel Asbury (*1965)
Hausherr von Bagot Manor
Charlotte Asbury (*1970, 2023)
Gabriels 1. Ehefrau
Jacob Asbury (*1993)
Gabriels und Charlottes Sohn
Agnes Asbury (*1967 2015)
Gabriels 2. Ehefrau
Grace Asbury (*1939)
Gabriels Mutter
Edward Asbury (*1938, 2010)
Gabriels Vater
Harold Asbury (*1943)
Edwards Bruder, Gabriels Onkel
Cherise Asbury (*1942)
Harolds Ehefrau
Adele Miller (*1946)
Charlottes Mutter, Haushälterin der Asburys bis 1996
Carla López (*1964)
Haushälterin der Asburys seit 1996
Austin Meyers (*1953, 2024)
Fahrer der Asburys seit 1989
Hetty Biswood (*1948)
Austins Schwester
Miles Biswood (*1947)
Hettys Ehemann
Shawn Biswood (*1967)
Hettys Sohn
Charlie Bennet (*1961)
Stallmeister seit 2005
Thomas Bennet (*1994)
Pferdewirt
Sienna Bennet (*1997)
Pferdewirtin
Neil Cockwell (*1959)
Hotelbesitzer, Jacobs Ziehvater
Mit einem wehmütigen Gefühl im Bauch beobachte ich durch das Zugfenster, wie sich die Szenerie um mich herum verändert. London liegt nun hinter mir, stattdessen umgeben mich weite Felder, die immer wieder von Kleinstädten durchbrochen werden. Eine feine Schneeschicht hat sich über Nacht auf die Landschaft gelegt, fast so, als hätte sie das nur für mich getan, um alles Vergangene zuzudecken. Es ist Zeit zum Vergessen. Zeit für einen Neuanfang.
Bald bin ich da – in meinem neuen Leben. Und ich kann nicht behaupten, dass sich das gut anfühlt. Aber es ist der einzig richtige Schritt, um Jeff und alles, was mit ihm zu tun hat, endlich hinter mir zu lassen.
Der Augenblick, als ich ihm meine Kündigung überreicht habe, ist noch sehr präsent in meinem Kopf. Sein entgeisterter Gesichtsausdruck erfüllt mich mit Stolz und Zerrissenheit zugleich. Was hat er denn erwartet? Dass ich mir den Rest meines Lebens mit ansehe, wie er vor meinen Augen sein Glück mit Anabell genießt? Mit dieser Frau, die ihn mir entrissen hat, während ich danebenstand?
Ich schnaube verächtlich, doch im Grunde sollte ich ihr dankbar sein. Wäre sie es nicht gewesen, dann womöglich eine andere. Inzwischen zweifle ich daran, dass er mich je wirklich geliebt hat. Und diesem Mann wollte ich das Jawort geben. Wie konnte ich nur so blind sein?
Das alles spielt nun keine Rolle mehr. In Zukunft bin ich weder seinen fadenscheinigen Ausreden noch den mitleidigen Blicken ausgesetzt. Ich bin wieder frei. Jetzt muss ich nur noch anfangen, diese Freiheit zu genießen.
Quietschend kommt der Zug auf den Gleisen zum Stehen. Mit wackligen Knien erhebe ich mich von meinem Platz und hieve meinen Koffer auf den nahezu leeren Bahnsteig. So etwas bin ich von London absolut nicht gewohnt, und in diesem Moment kommen mir Zweifel, ob es eine gute Idee war, das geliebte Großstadtgetümmel gegen das verschlafene Maidenhead einzutauschen.
Doch ich habe es nicht anders gewollt und werde der Sache eine Chance geben. Wann bekommt man schon mal eine Anstellung als persönliche Assistentin inklusive Kost und Logis geboten, und das alles bei einem unschlagbaren Gehalt? Das Angebot kam wie gerufen, und ich wäre dumm gewesen, es in meiner Situation auszuschlagen. Die Stelle ist wie für mich gemacht. Hoffe ich zumindest.
Fröstelnd durchquere ich das kleine Bahnhofsgebäude und trete ins Freie. Der Wind ist eisig. Ein paar vereinzelte Schneeflocken fallen vom Himmel herab und legen sich auf mein langes dunkles Haar. Ich hole meine rote Wollmütze aus der Manteltasche und ziehe sie mir über die Ohren. Als ich einen Taxistand entdecke, atme ich erleichtert auf.
»Na, immerhin«, murmle ich mir selbst zu und steuere zielstrebig eines der freien Taxis an.
Sofort steigt der Fahrer aus und nimmt mir den Koffer ab.
»Wohin soll es denn gehen?«, fragt der untersetzte Mann mit dem sympathischen Lächeln.
»Nach Bagot Manor, River Road, bitte«, erwidere ich und fühle dabei ein aufgeregtes Kribbeln im Bauch. So ganz genau weiß ich nämlich nicht, was mich erwartet. Das Vorstellungsgespräch fand lediglich per Videocall statt, und ich habe meine neue Wirkungsstätte noch nicht persönlich begutachten können. Es ist quasi so etwas wie ein Blind Date mit meinem neuen Zuhause.
»Was verschlägt Sie denn dorthin?«, fragt der Fahrer überrascht, während er einsteigt.
Ich nehme hinten Platz und schaue ihn durch den Rückspiegel an. »Ein neuer Job.«
»Oha. Nicht übel. Es gibt sicher schlechtere Orte zum Arbeiten.« Er zwinkert mir zu und lenkt dann den Wagen vom Parkplatz.
Während der kurzen Fahrt durch die Stadt steigt meine Nervosität mit jedem Meter, den wir zurücklegen. Ich versuche, mich abzulenken, indem ich mir die Umgebung genauestens anschaue. Von der Stadt bekomme ich nur wenig zu sehen. Trotzdem wird mir schnell bewusst, dass hier alles kleiner ist als in London, gemütlicher. Ob ich mich daran gewöhnen kann?
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt mir nicht, denn als wir die Themse überqueren, weiß ich, dass wir fast da sind. Wir biegen in die River Road ab und lassen eine Reihe Wohnhäuser hinter uns, fahren durch eine schmale Unterführung, passieren weitere immer imposantere Häuser – und schließlich gibt sich der Blick auf Bagot Manor frei.
Einen kurzen Moment halte ich den Atem an. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet habe, aber sicher kein Gebäude dieses Ausmaßes. Das beeindruckende Herrenhaus im Tudor-Baustil liegt friedlich vor mir, umringt von akkurat geschnittenen Bäumen und Sträuchern, die in ein weißes Kleid gehüllt sind. Dahinter erstrecken sich weite eingefriedete Wiesen, auf denen edle Pferde einträchtig nebeneinander mit ihren Mäulern unter dem Schnee nach Gras suchen. Dieser Ort scheint wie aus einem Bilderbuch entsprungen.
Nachdem ich meinen Koffer entgegengenommen und den Fahrer bezahlt habe, trete ich in das Eingangsportal, atme tief durch und lege meine Hand um das kalte Metall des Türklopfers. Doch bevor ich anklopfen kann, wird die Tür von innen geöffnet, und eine kleine Frau mit kurzem schwarzem Haar, schätzungsweise um die sechzig, lächelt mich freundlich an.
»Sie müssen Ella sein. Herzlich willkommen auf Bagot Manor! Ich bin Carla López«, sagt sie mit einem leichten spanischen Akzent, den ich total sympathisch finde. Mit einer Geste bittet sie mich einzutreten. »Mr Asbury wird gleich bei Ihnen sein. Ich werde ihn über Ihr Ankommen unterrichten.« Schon verschwindet sie und lässt mich allein in der zugigen Eingangshalle zurück.
Neugierig schaue ich mich um. Zwei gewaltige steinerne Säulen dominieren den Raum. In einer Ecke befindet sich eine kleine Sitzgruppe mit zwei alten Chesterfieldsofas aus dunkelbraunem Leder. Magisch angezogen werde ich von den beeindruckenden Buntglasfenstern am Treppenaufgang, die Abbildungen der Tempelritter zeigen. Fasziniert bleibt mein Blick daran hängen, und ich komme mir vor, als sei ich um hunderte Jahre in der Zeit zurückgesprungen.
»Es ist noch nie jemand in mein Haus gekommen, der diese Fenster nicht bestaunt hat«, ertönt plötzlich eine raue Stimme hinter mir.
Sofort wirble ich auf dem Absatz herum und schaue in die dunklen Augen des bereits leicht ergrauten Mannes, der ab heute mein Vorgesetzter – oder, in Anbetracht der Gegebenheiten, mein Dienstherr – sein wird.
»Mr Asbury, ich freue mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen.« Selbstsicher reiche ich ihm die Hand, wenngleich seine düstere Erscheinung mich ein wenig abschreckt.
Er erwidert meine Geste, doch unter seinem gepflegten Bart ist nicht einmal der Anflug eines Lächelns zu erkennen. »Carla wird Ihnen Ihr Zimmer und alles Weitere zeigen. Die Angestellten wohnen im Ostflügel des Hauses. Richten Sie sich ein, morgen werden wir mit der Arbeit beginnen.« Bevor ich etwas erwidern kann, wendet er sich ab, dreht sich dann aber noch einmal kurz zu mir um. »Ach, und herzlich willkommen.«
Besonders herzlich ist der Empfang aber nicht, denke ich im Stillen und beiße mir auf die Zunge, bevor ich etwas Falsches sage. »Danke, Sir.«
Nun bin ich mit Carla und einem seltsamen Gefühl in der Magengegend allein.
»Ist er immer so?«, frage ich leise.
»Ja, eigentlich schon«, antwortet die kleine Frau schulterzuckend.
»Und wie halten Sie das aus?«
»Man muss ihn nur zu nehmen wissen. Ach, und bitte nenn mich einfach Carla, in Ordnung? Komm erst einmal mit, ich bringe dich zu deinem Zimmer.«
»Gern«, erwidere ich lächelnd.
Ich folge Carla durch einen langen Gang, dann eine Treppe hinauf in den ersten Stock und schließlich nach rechts in einen kurzen Flur.
»Da wären wir.« Carla öffnet die Tür des Zimmers und übergibt mir den Schlüssel. »Das ist ab heute dein Reich.«
Neugierig betrete ich den Raum, der ein bisschen was von einem alten angestaubten Hotelzimmer hat. Dunkle, schwere Möbel, ein ausladendes Bett, eine düstere Holzvertäfelung an einer der Wände. Der Raum ist großzügig geschnitten, und mit ein bisschen Arbeit lässt er sich mit Sicherheit in ein gemütliches Zuhause verwandeln.
»Um die Ecke befindet sich übrigens das Bad«, erklärt Carla. »Die Möbel sind vielleicht nicht mehr ganz up to date, wie die jungen Leute das heute sagen, aber du darfst dich jederzeit neu einrichten. Mr Asbury übernimmt dafür gern die Kosten. Er möchte, dass du dich hier wohlfühlst.«
»Ist das so?«, rutscht es mir heraus. »Ich meine, ich hatte nicht den Eindruck, als würde er sich sonderlich über meine Ankunft freuen.« In dem Moment frage ich mich, was ich mir eigentlich dabei gedacht habe, mich auf einen Job wie diesen einzulassen.
»Mach dir nicht zu viele Gedanken. Mr Asbury ist gar nicht so ruppig, wie er auf den ersten Blick erscheint. Er ist … verbittert, hat schon zwei Frauen verloren. Und seit seiner Diagnose ist es nicht unbedingt einfacher geworden. Ich denke, er muss erst einmal lernen, damit umzugehen.«
»Welche Diagnose?«, frage ich betroffen.
»COPD, eine Lungenkrankheit, die chronisch voranschreitet. Als sein Husten immer schlimmer wurde, habe ich ihn dazu gedrängt, es von einem Arzt kontrollieren zu lassen. Und das Ergebnis war niederschmetternd für ihn. Er muss nun deutlich kürzertreten – das ist auch der Grund, warum du jetzt bei uns bist. Er schafft die Arbeit nicht mehr allein.«
»Okay. Verstehe.«
»Deshalb gib ihm etwas Zeit, ihr werdet schon miteinander warm werden. Das ist sicher nur sein verletzter Stolz, weil er nicht mehr so kann, wie er will.« Gutmütig schaut sie mir in die Augen. »Nun komm erst einmal an, pack deine Sachen aus, und dann zeige ich dir den Rest der Anlage.«
»In Ordnung.« Nachdenklich bleibe ich in dem fremden Zimmer zurück und schaue mich um. Neue Möbel müssen auf jeden Fall her. Wenn alles bleibt, wie es ist, werde ich mich hier niemals heimisch fühlen. Aber vorerst werde ich mich damit begnügen. Denn wenn Mr Asbury und ich nicht miteinander auskommen, muss ich mir etwas anderes suchen. Doch zuvor gebe ich der Sache eine Chance. Schließlich wollte ich unbedingt aus London weg – und von Jeff. Nur so kann ich mich endlich damit abfinden.
* * *
»Mal sehen, wie oft ich mich hier verlaufe«, sage ich zu Carla, nachdem sie mir den Großteil des Hauses gezeigt hat. Nun treten wir hinaus in die Gartenanlage, deren zahlreiche Sträucher und Bäume in ihrem Schneekleid verwunschen anmuten. Das Wasser im Brunnen ist gefroren und ebenfalls mit einer weißen Schicht bedeckt. Schnell ziehe ich den Mantel enger um meinen Körper und bin froh, als die Stallanlagen in mein Sichtfeld rücken.
Doch wärmer ist es dort auch nicht. Im Gegenteil. Die großen Tore sind an beiden Seiten weit geöffnet, und ein eisiger Wind peitscht durch den Gang.
»Sienna? Thomas? Ist jemand da?«, ruft Carla in die Stille hinein, und mehrere neugierige Pferdeköpfe erscheinen über den halboffenen Boxentüren.
Auf der anderen Seite des Gebäudes kommt ein junger blonder Mann herein, der eine Schubkarre, beladen mit Stroh, vor sich herschiebt. »Hallo Carla! Hast du mich gerufen?«
»Ja, ich wollte dir Ella vorstellen, Mr Asburys neue Assistentin. Vielleicht magst du ihr den Stall zeigen?«
»Na klar, wird gemacht.« Thomas schenkt mir ein gewinnendes Lächeln, das ich zaghaft erwidere.
Kurz legt Carla ihre Hand an meinen Arm. »Ich werde mich dann ums Mittagessen kümmern. Wir sehen uns später drinnen, in Ordnung?«
»Okay, bis dann.« Unschlüssig bleibe ich mitten auf dem Gang stehen.
Thomas stellt die Schubkarre ab und mustert mich unverhohlen. Bevor er mir die Hand reicht, wischt er sie sich an der staubigen Hose ab. »Freut mich, dich kennenzulernen, Ella. Ich hoffe, dass es dir auf Bagot Manor gefällt.«
»Das hoffe ich auch.« Unsicher knete ich meine Hände und vergrabe sie in meinen Manteltaschen.
»Du hast den Chef schon kennengelernt?«
Ich nicke bloß, doch anscheinend spricht mein Blick Bände.
»Okay, offenbar war er nicht so gut drauf, hm? Aktuell ist jeder Tag anders. Ein bisschen wie Roulette.« Thomas zwinkert mir zu. Sogleich ist er mir sympathisch.
»Das kann ja heiter werden.«
»Ach, das wird schon. Erzähl mir lieber mal, ob du jemals in deinem Leben schon geritten bist.«
Ich lache laut auf. »Die einzigen Berührungspunkte mit Pferden hatte ich bei den königlichen Paraden in London.«
»Also gar nicht.« Thomas grinst. »Dann wird es aber Zeit. Du arbeitest jetzt auf einem Gestüt, da geht es nicht, dass du nicht reiten kannst.«
»Ich soll doch nur Papierkram machen, mehr nicht«, entgegne ich skeptisch. »Ich kann mir absolut nicht vorstellen, mich jemals da obendrauf zu setzen.« Dabei deute ich auf eines der Pferde, das mich aus großen neugierigen Augen beobachtet.
Thomas geht auf das edle Tier zu und streichelt über dessen Kopf. »Das ist Iron, einer unserer Zuchthengste. Ich glaube, er möchte dich begrüßen. Komm her und sag ihm Hallo.«
»Ich weiß nicht.« Mit verschränkten Armen und gebührendem Abstand mustere ich das große Tier mit dem dunkelbraunen Fell. Doch sein gutmütiger Blick bringt mich dazu, vorsichtig auf Iron zuzugehen. Sofort streckt er mir seine Nase entgegen. »Und er beißt mich ganz sicher nicht?«, frage ich Thomas, ohne den Hengst aus den Augen zu lassen.
»Niemals. Streck einfach deine Hand aus und lass ihn dich beschnuppern.«
Zögernd komme ich seiner Aufforderung nach und spüre Irons warmen Atem an der Innenfläche meiner Hand.
»Nun kannst du ihn streicheln«, ermuntert mich Thomas. »Die Nüstern sind übrigens besonders weich. Na los, versuch es einfach.«
Ich tue, was er sagt, und bereue die Entscheidung nicht. »Du hast recht.«
Irons Nüstern fühlen sich weich und samtig unter meiner Hand an, während er ganz still stehenbleibt und mir weiße Atemwölkchen entgegenpustet. Plötzlich verfliegt meine Scheu ein wenig, und ich beginne seine Nähe zu genießen.
Das Klingeln meines Handys zwingt mich zum Innehalten, doch bevor es mir gelingt, das Gespräch anzunehmen, stupst Iron mich fordernd an.
»Tut mir leid, da muss ich rangehen. Es ist der Chef.«
Thomas nickt verstehend, und ich verlasse den Stall durch das große Tor.
»Ms Graham, könnten Sie bitte mal kommen?«, brummt Mr Asbury durch die Leitung.
Sofort spüre ich einen Stein im Magen. »Ich bin in zwei Minuten bei Ihnen, Sir.« Hastig drehe ich mich zu Thomas um. »Die Stallführung müssen wir wohl verschieben. Die Pflicht ruft.«
Dabei sollte ich doch heute noch freihaben, schießt mir durch den Sinn. Na ja, erst einmal abwarten, was er überhaupt will. Mit schnellen Schritten eile ich durch den Schnee und hoffe, nicht auszurutschen. Doch ich erreiche unbeschadet das Haus, wo Mr Asbury mich auf dem Sofa in der Eingangshalle erwartet.
»Da sind Sie ja.« Hektisch erhebt er sich und kommt auf mich zu.
»Thomas wollte mir gerade das Gestüt zeigen«, entgegne ich entschuldigend.
Ungeduldig fuchtelt er mit der Hand. »Das kann warten. Sie müssen bitte dringend in die Apotheke fahren. Meine Medikamente sind eingetroffen. Die brauche ich unbedingt.«
»Kein Problem. Dann bräuchte ich nur einen Wagen.«
»Einen Wagen? Haben Sie etwa keinen eigenen? Das war eine der Bedingungen.« Mr Asburys Stirn legt sich bedrohlich in Falten.
»Ich muss Sie leider korrigieren. Es war nur von einem Führerschein die Rede, nicht aber von einem Wagen.« Ein Anflug von Wut kocht in mir hoch, doch ich versuche, ruhig zu bleiben.
»Das gibt’s doch nicht«, donnert er los und greift zu seinem Handy. Es dauert nicht lange, bis jemand abnimmt, denn schon redet er drauflos. »Austin, ich weiß, du hast heute deinen freien Tag, aber fahr die junge Frau bitte zur Apotheke. Stell dir das vor, sie hat nicht einmal ein eigenes Auto.« Er legt auf und mustert mich aus zusammengekniffenen Augen. »Dafür muss eine Lösung her.«
»Ja, Sir«, antworte ich, obwohl ich keine Ahnung habe, wo ich auf die Schnelle ein Auto herzaubern soll.
Wortlos reicht mir Mr Asbury das Rezept für seine Medikamente. »Warten Sie hier. Austin holt Sie gleich ab.« Damit macht er auf dem Absatz kehrt und stampft hustend davon.
Genervt trete ich wieder ins Freie und warte dort auf diesen Austin. Die frische Luft kann ich jetzt dringend gebrauchen.
Es vergeht nicht einmal eine Minute, bis ein schwarzer Rolls-Royce vorfährt. Na klar, das passt ja, denke ich mir. Ein Herr im schwarzen Anzug und mit einer für Chauffeure typischen Kappe steigt aus und öffnet mir die Tür.
»Guten Tag, Ms Graham. Schön, Sie kennenzulernen. Bitte, steigen Sie ein.« Der grauhaarige Mann jenseits der siebzig lächelt mich freundlich an.
»Verzeihen Sie, Austin, dass Sie mich an Ihrem freien Tag durch die Gegend kutschieren müssen. Ich würde ja sagen, dass Sie mir den Wagen einfach ausborgen könnten, aber ich bin noch nie mit einem solch riesigen Ding gefahren.« Ich schenke ihm einen entschuldigenden Blick und folge seiner Aufforderung.
»Ach, machen Sie sich mal keine Gedanken. Ich habe ohnehin nichts Besseres zu tun. Was glauben Sie, warum ich in meinem Alter immer noch arbeite?«
Weil mir nichts einfällt, was ich darauf entgegnen könnte, schmunzle ich ihm lediglich zu.
Er schließt meine Tür und steigt dann selbst ein.
»Ich hoffe, dass Mr Asbury sich Ihnen gegenüber nur von der besten Seite zeigt und Sie sich bei uns gut einleben«, plaudert Austin, während er den wuchtigen Wagen vom Grundstück lenkt.
»Sagen wir mal so … bis jetzt ist es ihm nicht sonderlich gut gelungen«, gebe ich offen zu. Anscheinend weiß jeder um Mr Asburys Art, und ich wünschte, jemand hätte mich vorgewarnt.
Austin lockert den Knoten seiner Krawatte und wirkt blass um die Nase, soweit ich das durch den Rückspiegel beurteilen kann.
»Ach, ich habe es geahnt«, entgegnet er matt. »Wissen Sie, Gabriel hat viel durchgemacht in seinem Leben. Nehmen Sie es ihm nicht übel.« Die persönliche Anrede lässt vermuten, dass Mr Asbury in Austin so etwas wie einen Freund gewonnen hat – auch wenn ich mir aktuell beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass jemand wie er überhaupt Freundschaften zu anderen aufbauen kann.
»Ich gebe mir Mühe«, erwidere ich wenig hoffnungsvoll.
Den Rest der kurzen Fahrt über schweigen wir. Vor der Bridge Road Pharmacy kommt der Wagen schließlich zum Stehen.
Ehe Austin aussteigt, um mir die Tür zu öffnen, springe ich schnell aus dem Wagen.
»Ich beeile mich«, rufe ich ihm noch zu.
Als ich wenige Minuten später wieder zu ihm ins Auto steige, höre ich Austin keuchen.
»Ist alles in Ordnung?«, frage ich alarmiert und beuge mich zu ihm nach vorn.
Schweiß rinnt ihm an der Stirn herunter. Austin hält sich die Brust und atmet schwer.
Sein Herz! Es muss das Herz sein. Sofort springe ich wieder von meinem Sitz, reiße die Fahrertür auf und öffne mit einer Hand die oberen Knöpfe seines Hemdes, mit der anderen wähle ich hektisch den Notruf.
»999. Wie lautet Ihr Notruf?«
»Ella Graham hier. Bitte schicken Sie einen Rettungswagen zur Bridge Road Pharmacy in Maidenhead. Verdacht auf Herzinfarkt.«
Die Dame am Telefon stellt mir noch ein paar kurze Fragen und sagt schließlich: »Bleiben Sie ruhig. Der Notarzt ist bereits unterwegs. Lassen Sie den Patienten nicht allein.«
Nachdem ich aufgelegt habe, rede ich beruhigend auf Austin ein, doch als er plötzlich bewusstlos wird, überkommt mich die blanke Panik. Ich stürze zur Apothekentür hinein und rufe bloß: »Ich brauche draußen dringend Hilfe, Verdacht auf Herzinfarkt.«
Sofort laufe ich wieder zu Austin, und nur Sekunden später sind zwei Mitarbeiter der Apotheke bei mir.
»Er hat gerade sein Bewusstsein verloren.« Ich erschrecke mich über den Klang meiner Stimme. Noch nie war ich so in Panik wie in diesem Moment.
»Wir müssen ihn aus dem Auto schaffen und eine Herzdruckmassage machen«, ruft einer der Männer und breitet eine Rettungsdecke auf dem Boden aus. Der zweite kommt rasch hinzu, und sie heben ihn nach draußen. Mitten auf dem Gehweg beginnen die beiden, Austin erste Hilfe zu leisten, und ich stehe nutzlos daneben.
»Haben Sie den Rettungsdienst gerufen?«, fragt einer der beiden.
»Ja. Ja, der ist unterwegs«, murmle ich wie paralysiert.
In diesem Moment öffnet Austin die Augen und schaut sich suchend um. Erleichtert knie ich mich neben ihn auf den Boden. Er versucht, etwas zu sagen, doch mehr als ein Keuchen kommt ihm nicht über die Lippen.
Ich greife nach seiner Hand. »Bleib ruhig, Austin. Der Krankenwagen ist sicher jeden Moment da.«
»Der Junge«, flüstert er kraftlos.
Irritiert schaue ich ihn an. »Welcher Junge?«
»Der Junge lebt. Fünfundsiebzig Meilen den Fluss runter. Sag ihm, dass er lebt.« Schwach drückt Austin meine Hand, dann schließt er die Augen wieder.
»Nein, nein, Austin, bleib wach. Bitte!«
Endlich trifft der Rettungsdienst ein, und dann geht alles ganz schnell. Das Notfallteam kümmert sich um Austin, und eine Sanitäterin befragt mich, was passiert ist. Als sie ihn auf der Bahre ins Innere des Fahrzeugs schieben, ist er bei Bewusstsein, und ich bete, dass er sich wieder erholt. Und dann werde ich ihn fragen, was er mir vorhin sagen wollte.
Doch jetzt muss ich erst einmal zurück nach Bagot Manor fahren und Mr Asbury berichten, was geschehen ist. Mit zittrigen Knien setze ich mich hinter das Steuer dieses Ungetüms von Auto und fühle mich überhaupt nicht in der Lage, mich jetzt auf den Verkehr zu konzentrieren. Ein paarmal atme ich langsam ein und aus, und dann fahre ich los.
* * *
Nach dem Schock habe ich mich auf mein Zimmer zurückgezogen und versucht, zur Ruhe zu kommen. Doch andauernd muss ich an Austin denken und frage mich, wie es ihm geht. Auch Mr Asbury hat meine Nachricht sichtlich mitgenommen, die Härte aus seinen Augen war schlagartig verschwunden und tiefer Sorge gewichen.
So habe ich mir meinen ersten Tag auf Bagot Manor ganz sicher nicht vorgestellt.
Es dauert lange, bis ich innerlich so weit zur Ruhe komme, dass ich in den Schlaf falle. Doch noch vor dem Morgengrauen lässt mich ein Klopfen an meiner Zimmertür erschrocken hochfahren. Zunächst öffne ich die Tür nur einen Spaltbreit. Als ich im schwachen Licht der Flurbeleuchtung jedoch erkenne, dass es Carla ist, schiebe ich sie ganz auf. »Ist irgendwas passiert?«
Sie nickt betroffen. »Es ist Austin. Er hat es nicht geschafft.«
Haltsuchend stütze ich mich am Türrahmen ab, weil ich das Gefühl habe, meine Beine würden unter mir nachgeben. »Das … das ist ja furchtbar.«
»Das ist es in der Tat«, erwidert sie leise. »Er war so ein herzensguter Mensch. Mr Asbury nimmt das sehr mit.«
Nachdenklich ziehe ich die Stirn kraus. »Das glaube ich. Wie … wie soll ich mich denn heute verhalten? Er wollte mich einarbeiten. Aber …«
Carla nickt verstehend. »Ich werde mit ihm reden und gebe dir nachher Bescheid. Mach dich in Ruhe fertig, und dann kommst du runter in die Küche zum Frühstück.«
Ich nicke, auch wenn der Gedanke an Essen Übelkeit in mir hervorruft. Und wie befürchtet, bekomme ich keinen Bissen herunter, als Carla und ich uns am Tisch gegenübersitzen. Ihr geht es ebenso. Sie ist kreidebleich, und tiefe Sorgenfalten zeichnen sich auf ihrer Stirn ab. Der starke Kaffee tut mir jedoch gut.
»Er will also wirklich weitermachen wie geplant?«, frage ich über den Rand meiner Tasse hinweg.
»Ich denke, die Arbeit wird Mr Asbury von den Geschehnissen ablenken«, bestätigt Carla. »Er erwartet dich um acht Uhr in seinem Büro.«
»Na dann.« Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, ihm nachher gegenüberzutreten. Erst der kühle Empfang gestern und dann auch noch Austins Tod – das ist mir alles zu viel. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht auch noch mein eigenes Päckchen zu tragen. Aber gut, vielleicht komme ich auf diese Art ebenfalls von meinen trüben Gedanken los. Mich in die Arbeit zu stürzen, hat mir bisher fast immer geholfen.
Als ich pünktlich um acht an die Tür zu Mr Asburys Büro klopfe, finde ich einen niedergeschlagenen Mann vor, der über Nacht um Jahre gealtert zu sein scheint. »Guten Morgen, Sir.« Langsam nähere ich mich dem wuchtigen Schreibtisch, an dem er sitzt, und halte etwa einen Meter davor inne. »Mein Beileid für Ihren Verlust.«
Mr Asbury nickt bloß. »Holen Sie sich einen Stuhl und setzen Sie sich zu mir.«
Umgehend komme ich seiner Aufforderung nach und nehme neben ihm Platz. Mehrere Ordner befinden sich auf dem sonst sehr aufgeräumten Schreibtisch. Gleich neben dem Bildschirm entdecke ich zwei gerahmte Bilder. Eines zeigt eine dunkelhaarige junge Frau mit einem kleinen Jungen auf dem Schoß, das andere eine blonde Dame in edler Kleidung. Auf dem Computer ist eine mir vertraute Rechnungswesen-Software geöffnet, was mich innerlich aufatmen lässt. Mich nicht in ein komplett neues Programm einarbeiten zu müssen, ist eine große Erleichterung.
»Also, Ms Graham, überwiegend wird Ihr Aufgabenbereich in der Buchführung des Gestüts liegen. Ich werde Sie heute darin einweisen. Anschließend zeige ich Ihnen, was Sie im Vertragswesen zu beachten haben. Sind Sie bereit?«
»Ja, Sir. Also … nein«, stammle ich unentschlossen. Mein Blick bleibt an dem Foto mit dem Jungen hängen, und Austins Worte, die unaufhörlich durch meine Gedanken geistern, drängen sich an die Oberfläche.
»Was soll das denn nun?«, knurrt Mr Asbury, und das Herz schlägt mir bis zum Hals.
»Bevor wir anfangen, habe ich noch eine Frage, Sir. Es geht um etwas, das Austin mir gestern mitgeteilt hat, kurz bevor er …« Ich verstumme.
»Wovon sprechen Sie?«, fragt er ungehalten.
»Austin … er sagte etwas von einem Jungen.« Plötzlich ist mein Hals ganz trocken. »›Der Junge lebt. Sag ihm, dass er lebt‹, bat Austin mich. Wissen Sie, wovon er gesprochen haben könnte?« Mit rasendem Puls erwarte ich eine Antwort, denn in Zusammenhang mit dem Foto auf dem Schreibtisch kommt mir ein leiser Verdacht.
Mr Asbury wird schlagartig kreidebleich und starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an.
»Das … das ist nicht möglich. Sie sind beide tot.« Sein Blick gleitet zu dem Foto, dann wieder zu mir. »Wie können Sie so etwas behaupten?«, brüllt er nun. Seine Faust donnert auf den Tisch, und ich zucke erschrocken zurück.
»Ich … ich habe nur wiedergegeben, was Austin mir gesagt hat. Ehrlich, Sir. Wie sollte ich sonst darauf kommen?«
Ruckartig beugt er sich näher zu mir. »Und das war alles, was er behauptet hat?«
»›Fünfundsiebzig Meilen den Fluss runter‹, hat er noch gesagt. Mehr nicht. Was hat es damit auf sich, Sir?«
Ein heftiger Hustenanfall überkommt Mr Asbury. Er steht auf und entfernt sich vom Schreibtisch.
Suchend schaue ich umher und finde auf einem kleinen Beistelltisch eine Karaffe mit Wasser. Schnell schenke ich ihm ein Glas ein und gehe zu ihm hinüber ans Fenster. »Hier, Sir. Trinken Sie.«
Er nimmt das Glas entgegen und setzt es an seine Lippen. Es braucht noch einen Moment, bis der Husten sich legt, dann sieht Mr Asbury mich direkt an. Auf seinen Augen liegt ein Tränenschleier, und mir wird mulmig zumute.
Trotzdem bohrt die Ungewissheit in mir. »Wollen Sie mir erzählen, was passiert ist, Sir?«
Nach einem erfolgreichen ersten Tag bei der Royal Windsor Horse Show lasse ich mich erschöpft auf mein weiches Bett fallen. Es ist still im Haus. Charlotte und Jacob sind heute Nachmittag abgereist, um ihre Cousine in Shrewsbury zu besuchen. Die beiden fehlen mir schon jetzt, doch solange die Show läuft, werde ich ohnehin keine Zeit für sie haben. Ich muss mich voll und ganz auf unsere Geschäfte konzentrieren.
Mein Vater und ich haben heute auf dem Pferdemarkt acht Jungpferde sowie fünf Zuchtstuten und zwei Hengste verkauft. Mit den Preisen, die wir erzielt haben, bin ich mehr als zufrieden. So darf es gern bis zum Ende der Veranstaltung weiterlaufen. Aufgrund der starken Regenfälle der letzten Tage hatten wir Zweifel, überhaupt etwas zu verkaufen. Doch das Wetter hält die Käufer glücklicherweise nicht von ihrer Kaufbereitschaft ab.
›Das Verkaufstalent liegt dir im Blut, Junge‹, hat mein Vater vorhin auf der Heimfahrt gesagt. Den Stolz in seiner Stimme konnte man dabei kaum überhören – und ihn stolz zu machen, ist eines meiner höchsten Ziele. Er soll sich sicher sein, dass das Gestüt bei mir in guten Händen ist und ich unsere Geschäfte in seinem Sinne weiterführen werde, wenn er sich zur Ruhe setzt. Bagot Manor liegt mir sehr am Herzen, denn es ist die Zukunft meines Sohnes. Ich werde alles daransetzen, es zu noch mehr Erfolg zu führen.
* * *
Ich war bereits eingeschlafen, als mein Vater vollkommen aufgelöst zu mir ins Zimmer stürzt und mich wachrüttelt. »Gabriel, wach auf! Es ist etwas Schreckliches passiert.«
Sofort bin ich hellwach. »Ist etwas mit Charlotte?«
Sein fahles Gesicht spricht Bände. »Es gab einen schrecklichen Unfall. Der … der Wagen ist von der Straße abgekommen und in den Fluss gestürzt.« Mehr sagt er nicht.
»Was ist mit ihnen?«, brülle ich verzweifelt.
»Am besten kommst du mit nach unten. Die Polizei ist da.« Die Miene meines Vaters ist wie versteinert, und ich spüre, wie Angst jede Faser meines Körpers erfasst.
Wie in Trance folge ich ihm nach unten in die Wohnhalle, wo mich meine Mutter gemeinsam mit zwei Polizeibeamten erwartet. Ich sehe sie wie durch einen Schleier. Verschwommen. Surreal.
»Mr Asbury, es ist ein tragischer Unfall passiert«, lauten die Worte des Polizeibeamten mit dem ungepflegten Bart und den kalten Augen. »Der Wagen Ihres Fahrers ist mitsamt Ihrer Familie in einer Kurve von der Straße abgekommen und in den Severn gerutscht. Wir sind noch auf der Suche nach Mrs Asbury und Ihrem Sohn, aber wir haben wenig Hoffnung.«
»Was soll das heißen, Sie sind noch auf der Suche?« Ich erschrecke über den Klang meiner eigenen Stimme. Sie wirkt fremd und angstverzerrt.
»Ihr Fahrer, Austin Meyers, konnte sich aus dem Wagen befreien und ans Ufer retten. Er hat beobachtet, dass auch Ihre Frau und Ihr Sohn sich befreien konnten, doch die Strömung hat die beiden mit sich gerissen. Wie schon gesagt, die Suchaktion ist in vollem Gange. Aber wir haben nicht viel Hoffnung. Nach dem Regen der letzten Tage –«
»Ich werde selbst nach ihnen suchen.«
»Sir, seien Sie vernünftig. Sie können nichts tun. Es ist bereits dunkel und –«
»Wollen Sie mir sagen, dass ich hier tatenlos herumsitzen soll? Das können Sie vergessen«, schleudere ich ihm entgegen. »Also erzählen Sie mir lieber, wo genau sich der Unfall ereignet hat.«
* * *
Gemeinsam mit dem Rettungstrupp, unzähligen Freiwilligen sowie meinem Vater und meinem Onkel Harold an meiner Seite suche ich das Gewässer und die Umgebung flussabwärts ab. Tagelang, nächtelang.
Doch mit jeder Stunde, die vergeht, schwindet die Hoffnung. Sie werden nicht gefunden. Sie sind fort, als hätte es sie nie gegeben. So wurde der zehnte Mai 1996 zum schwärzesten Tag meines Daseins.
Fassungslos starre ich Mr Asbury an. Auf einmal wirkt er nicht mehr wie der einschüchternde Gutsherr, sondern wie ein gebrochener Mann, von dem ein Teil mitsamt seiner Familie gestorben ist.
»Es tut mir so leid«, sage ich leise. »Und … und sie wurden tatsächlich nie gefunden?«
Matt schüttelt er den Kopf. »Ich konnte sie niemals begraben.«
In mir arbeitet es. Wenn es stimmt, was Austin gesagt hat, lebt Mr Asburys Familie womöglich noch. »Sir, könnte Austin Ihren Sohn gemeint haben? Ist es möglich, dass Jacob noch lebt?«
Sofort werden seine Gesichtszüge wieder hart. »Ach, hören Sie doch auf damit! Das war nichts weiter als das schlechte Gewissen, das aus Austin gesprochen hat. Er ist niemals damit klargekommen, dass er diesen Unfall nicht verhindern konnte.«
Er wendet mir den Rücken zu und starrt aus dem Fenster.
»Ich will Ihnen keinesfalls zu nahe treten und schon gar keine falschen Hoffnungen wecken. Aber wir sollten seinem Hinweis wenigstens nachgehen, meinen Sie nicht?«
»Sind Sie jetzt auch noch Detektivin?« Mr Asbury schnaubt verächtlich. »Lassen Sie mich mit Ihren Hirngespinsten bloß in Ruhe! Sie sind zum Arbeiten hier und für nichts anderes. Also setzen Sie sich und hören mir zu.«
Zieht er es tatsächlich nicht in Erwägung, dass Austin die Wahrheit gesagt haben könnte? Oder will er sich nur nicht damit auseinandersetzen? Beides könnte ich verstehen. Denn hätte Austin recht, wäre das ein unfassbarer Verrat an Mr Asbury. Andersherum würde es Hoffnungen wecken, die niemals erfüllt werden könnten.
Insgeheim fasse ich einen Entschluss: Ich werde der Sache nachgehen, doch solange ich keine Gewissheit habe, werde ich im Beisein von Mr Asbury kein Wort darüber verlieren.
* * *
Bis zum Mittag sitzen wir beieinander und sind in die Arbeit vertieft. Die neuen Aufgaben gehen mir leicht von der Hand, und das scheint Mr Asbury wieder zu entspannen.
Die Zornesfalten auf seinem Gesicht haben sich gelegt, und gegen Mittag nickt er mir anerkennend zu. »Sie haben ja doch etwas auf dem Kasten.«
Gewinnend strahle ich ihn an. »Deshalb haben Sie mich schließlich eingestellt, Sir. Sie können sich sicher sein, dass ich meinen Job gewissenhaft erledigen werde.«
Er nickt und erhebt sich von seinem Stuhl. »Dann gehen wir jetzt zu Tisch. Und danach können Sie allein weitermachen. Bei Fragen wenden Sie sich jederzeit an mich.«
Täusche ich mich, oder sehe ich da so etwas wie ein Lächeln unter seinem Bart? Meine Mundwinkel gehen automatisch in die Höhe. »Vielen Dank, Sir.«
Als ich den Raum verlasse und den Weg zur Küche einschlage, atme ich dennoch erleichtert durch und bin froh, später allein arbeiten zu können.
Carla ist gerade im Begriff, Mr Asbury sein Mittagessen in den Speisesaal zu bringen.
»Ich bin gleich wieder bei dir«, ruft sie mir im Vorbeigehen zu.
Ob ich mit ihr darüber sprechen soll, was vorhin vorgefallen ist? Mit Sicherheit weiß sie um die Geschehnisse von damals und kann mir mehr über den Unfall und die Zeit danach erzählen.
Noch zweimal läuft sie rein und wieder raus, bis sie sich schließlich zu mir setzt. »Du hockst hier wie ein Häufchen Elend. War es so schlimm?«
»Ja. Nein. Ach, ich weiß auch nicht.« Unschlüssig zucke ich mit den Schultern.
»Möchtest du mir erzählen, was los ist?«
Anstatt zu antworten, stelle ich eine Gegenfrage. »Wie lange arbeitest du schon hier, Carla?«
»In zwei Jahren mache ich die dreißig voll.«
»Seit wann genau?« Neugierig beuge ich mich vor und fixiere sie mit meinem Blick.
Carla zieht die Stirn kraus. »Im Juli 1996 bin ich hergekommen. Vorher habe ich als Au-pair gearbeitet. Warum möchtest du das so genau wissen?«
»Dann warst du also noch nicht hier, als dieser Unfall passiert ist?«
Erstaunt reißt Carla die Augen auf. »Du weißt davon?«
»Mr Asbury hat es mir erzählt«, erwidere ich ernst.
»Er spricht mit niemandem darüber. Warum ausgerechnet mit dir?« Misstrauisch beäugt sie mich.
»Weil Austin mir kurz vor seinem Tod etwas gesagt hat. Nämlich, dass der Junge lebt.«
»Du meine Güte. Was?« Sichtlich erschrocken hält sie sich die Hände vor den Mund. »Das ist unmöglich«, murmelt sie.
»Und wenn nicht?«
»Ella, das ist absurd. Bestimmt war Austin nicht mehr Herr seiner Gedanken. Es kann nicht anders sein!« Nachdrücklich schüttelt Carla den Kopf.
»Was macht dich da so sicher?«
»Weil er mir jedes Detail des Unfalls haarklein geschildert hat, immer und immer wieder. Es hat ihn innerlich aufgefressen, was damals geschehen ist, und er hat das nie ganz verkraftet. Dazu kam noch sein schlechtes Gewissen Mr Asbury gegenüber. Es war … schlimm. Das Leid dieses Mannes war kaum zu ertragen.« Tränen schimmern in Carlas Augen.
»Habt ihr euch sehr nahegestanden?«
»Austin und ich … wir waren ein Paar.«
»War er nicht deutlich älter als du?« Ich beiße mir auf die Zunge und ärgere mich über mich selbst. Wie kann ich in einer solchen Situation bloß so dumme Fragen stellen?
»Es waren lediglich elf Jahre. Außerdem kennt Liebe kein Alter, Ella.« Carlas Blick wird tieftraurig, doch sie bemüht sich augenscheinlich, Haltung zu bewahren.
»Entschuldige, dass ich so taktlos war. Aber warum hast du denn nichts gesagt? Du … du hast gerade den Mann verloren, den du liebst. Und du machst hier einfach deine Arbeit, als wäre nichts geschehen.« Ich stehe auf, umrunde den Tisch und nehme Carla in den Arm. »Es tut mir so leid.«
»Es muss schließlich weitergehen«, murmelt sie erstickt und löst sich von mir. »Mach dir um mich keine Gedanken, Ella.«
»Das tue ich aber.«
Sie vollführt eine wegwerfende Geste. »Erzähl mir lieber, was er sonst noch gesagt hat.«
In kurzen Sätzen beschreibe ich die Geschehnisse nach Austins Herzinfarkt und versuche dabei so einfühlsam wie nur irgend möglich zu sein.
Hinter Carlas Stirn scheint es zu arbeiten. Sie kneift die Augen zusammen und schüttelt den Kopf. »Warum hätte Austin mich anlügen sollen? Das ergibt keinen Sinn.«
»Wenn ich das wüsste … Aber ich kann das nicht so stehen lassen. Ich muss herausfinden, ob Austin vielleicht doch die Wahrheit gesagt hat.« Unruhig laufe ich in der Küche auf und ab und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. »Carla, ich kann mir vorstellen, dass es schwer für dich ist, aber es wäre mir eine große Hilfe, wenn du mir alles sagst, was du über diesen Unfall weißt. Was wäre, wenn Jacob tatsächlich noch leben würde?« Diese Vorstellung lässt das Blut in meinen Ohren rauschen. Wenn er lebt und Mr Asbury seit so vielen Jahren glaubt, seine Familie wäre bei dem Unfall umgekommen … Übelkeit steigt in mir auf.
»In Ordnung. Komm heute Abend in mein Zimmer. Dann erzähle ich dir alles. Aber jetzt sollten wir etwas essen.« Sie erhebt sich und richtet unsere Teller mit Heilbutt, geröstetem Gemüse und Süßkartoffelpüree an.
Das Essen sieht sehr appetitlich aus, doch auch heute verspüre ich keinen Hunger. Stattdessen denke ich an Carlas stille Trauer und frage mich, was ich für sie tun kann.
Sie hingegen verwickelt mich in belanglose Gespräche über meinen ersten Arbeitstag, und ich lasse mich darauf ein, weil ich mir nicht anders zu helfen weiß. Doch ich werde mir etwas einfallen lassen.
* * *
Leise klopfe ich an Carlas Tür. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich sie um ihre Hilfe gebeten habe – ausgerechnet jetzt, da sie mit Austins Verlust zu kämpfen hat. Doch Austins Worte und die Möglichkeit, dass Mr Asburys Sohn lebt, lassen mir einfach keine Ruhe. Und ihr anscheinend auch nicht.
»Ella, komm herein.« Energisch schiebt sie mich in ihr Zimmer und bedeutet mir, mich auf einen der beiden Sessel zu setzen. »Ich habe mir den ganzen Nachmittag den Kopf darüber zerbrochen, was Austin gemeint haben könnte. Ich bin unsere Gespräche noch einmal durchgegangen, soweit ich mich an sie erinnern kann, und habe aufgeschrieben, was ich noch weiß. Möchtest du einen Tee?« Carla wirkt überdreht, nahezu manisch, sodass ich mich augenblicklich noch mehr um sie sorge.
»Jetzt setz dich doch erst mal hin.« Ich warte, bis sie meiner Aufforderung nachkommt, und beuge mich dann zu ihr vor. Behutsam umfasse ich ihre Hände. »Wie fühlst du dich, Carla?«
»Ich … also … Solange ich beschäftigt bin, geht es. Aber wenn ich allein bin, dann übermannt mich die Traurigkeit.« Sie schließt die Augen und atmet tief durch.
»Verstehe. Und möchtest du lieber allein sein und deiner Trauer freien Lauf lassen?«
Vehement schüttelt sie den Kopf. »Nein, auf keinen Fall!«
Ich schenke ihr ein warmes Lächeln. »Dann bleibe ich.« Einen Moment lehne ich mich zurück und mustere sie ernst. »Die Sache mit Jacob brennt mir unter den Nägeln, aber es fühlt sich so falsch an, dich danach zu fragen. Wir müssen nicht darüber reden, wenn dir nicht danach ist.«
»Das ist völlig in Ordnung. Es lenkt mich ab, weißt du? Außerdem will ich auch die Wahrheit erfahren. Darf ich dir jetzt einen Tee kochen?« Eilig springt sie auf und macht sich am Wasserkocher zu schaffen, der auf einer kleinen Anrichte steht.
Kopfschüttelnd betrachte ich sie. »Gern.«
»Earl Grey oder Waldfrucht?«
»Waldfrucht bitte.«
Wenig später kehrt sie mit zwei dampfenden Tassen zurück und stellt diese auf dem kleinen runden Tisch zwischen den beiden Sesseln ab.
»Danke sehr.« Nachdenklich schaue ich sie an. »Wie seid ihr euch eigentlich nähergekommen, Austin und du?«
»Als ich anfing, hier zu arbeiten, war Austin ein seelisches Wrack. Er brauchte jemanden, dem er sich anvertrauen konnte, und ich war eben da.« Entrückt starrt sie ins Leere. »Es gelang ihm kaum, Gabriel und dessen Eltern in die Augen zu schauen, und er wollte seine Anstellung sogar aufgeben. Doch die Asburys haben das nicht zugelassen und versucht, ihm klarzumachen, dass ihn keine Schuld trifft. Es war nun mal ein Unfall.«
»Das muss schwer für ihn gewesen sein«, murmle ich grübelnd und frage mich gleichzeitig, ob es diesen Unfall überhaupt gegeben haben mag.
»In der Tat. Er war übrigens nicht der Einzige, der Bagot Manor nach diesem Vorfall verlassen wollte. Charlottes Mutter Adele hat diesen Schritt im Gegensatz zu ihm jedoch durchgesetzt.«
»Charlottes Mutter hat hier gearbeitet?«
Carla nickt. »Sie war vor mir für den Haushalt der Herrschaften zuständig. Und auch Charlotte selbst hat hier gearbeitet, als sie alt genug war.«
Neugierig beuge ich mich vor. »Moment, also hat Mr Asbury die Tochter der Haushälterin geheiratet?«
»So war es.«
Überrascht schaue ich sie an. »Und für Mr Asburys Eltern war das kein Problem?«
»Nicht, dass ich wüsste. Nach dem Unfall wurde allerdings so gut wie gar nicht mehr über Charlotte und Jacob gesprochen. Der Schmerz war einfach zu groß. Mr Asbury geisterte monatelang nur wie ein Schatten durchs Haus. Lediglich mit Austin hat er über sie geredet. Diese Tragödie hat die beiden auf eine besondere Art und Weise zusammengeschweißt.«
Das erklärt das persönliche Verhältnis zwischen Mr Asbury und Austin, schießt es mir durch den Sinn. »Die beiden waren Freunde.«
»Das waren sie in der Tat.« Ein nostalgisches Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht.
»Wusste Mr Asbury, dass Austin und du ein Paar gewesen seid?«
»Sagen wir mal so, wir haben es ihm nie auf die Nase gebunden, aber er ist schließlich nicht auf den Kopf gefallen.« Traurig zwinkert sie mir zu und greift nach ihrer Tasse, um den Teebeutel zu entfernen.
Ich tue es ihr gleich. Unterdessen arbeitet mein Kopf auf Hochtouren. »Was denkst du, hat es den Unfall je gegeben?«
»Mit ziemlich großer Sicherheit. Hier, lies nach. Das ist der Unfallhergang, soweit ich ihn noch aus Austins Erzählungen in Erinnerung habe.« Carla reicht mir ihr Notizbuch, das zuvor auf dem kleinen Tisch gelegen hat.
Ich überfliege den Text, weil ich überzeugt bin, dass er mir keine neuen Erkenntnisse einbringen wird. Dort steht, dass der Wagen auf der regennassen Straße ins Schleudern geriet und in die Leitplanke krachte. Da diese dem Aufprall nicht standhielt, stürzte das Auto in den Severn und wurde von der Strömung mitgerissen, bis es schließlich gesunken ist. Austin gelang es, das Fenster herunterzukurbeln und so zu entkommen. Seine Versuche, die Tür auf Charlottes Seite zu öffnen, blieben erfolglos.
»Als ihn seine Kraft verließ, rettete er sich ans Ufer und konnte noch sehen, wie sich Charlotte mit dem kleinen Jacob im Arm aus dem Auto befreite. Der Junge schrie fürchterlich«, lese ich leise murmelnd. »Aber sie kamen nicht gegen die Strömung an und wurden fortgetrieben.« Das kann man sich doch nicht alles ausgedacht haben! Betroffen schaue ich von den Notizen auf und mustere Carla fragend. »Was ist danach passiert?«
»Soweit ich weiß, hat Austin sich zum nächstgelegenen Haus geschleppt und von dort aus die Polizei informiert.«
»War er verletzt?«
»Er hatte eine Platzwunde am Kopf sowie einige Hautabschürfungen. Das Schlimmste sei der Schock gewesen, hat er immer wieder betont. Hilflos dabei zusehen zu müssen, wie die beiden davongetrieben wurden …«
Die bloße Vorstellung jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Dennoch bohrt eine Frage in mir, deren Antwort ich unbedingt herausfinden muss. »Wie kann Jacob den Unfall überlebt haben, ohne dass jemand davon weiß?«
»Er kann das nicht überlebt haben. Der Junge war gerade mal drei Jahre alt. So wie jeder andere auch bin ich überzeugt, dass die beiden ertrunken sind. Es kann gar nicht anders sein.«
»Und trotzdem beschäftigt dich die Frage, nicht wahr? Ich meine, warum sollte Austin das dann erwähnt haben?«
»Das würde ich zu gern wissen«, wispert sie abwesend.
»Carla, sollen wir lieber abbrechen?«
Ihr Blick klärt sich wieder. »Was? Nein. Schon gut.«
»Sicher?«
Sie nickt stumm.