Das Haus Zamis 77 - Catalina Corvo - E-Book

Das Haus Zamis 77 E-Book

Catalina Corvo

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Beschreibung

Lydia Zamis presste sich an die klammen Ziegel. Es war dunkel im Keller, und nur ein Hexenlicht warf seinen kalten Schein auf sie und das Ding, das neben dem Regal mit den Salben und Tinkturen hockte und sie aus seinen aufgequollenen Augen anglotzte.
Lydia war, was Männer betraf, erfahren genug, um deutlich das Begehren im Blick des Wesens zu erkennen. Als habe es ihre Gedanken gelesen, setzte sich das hässliche Ding in Bewegung und schob seinen aufgeblähten Leib auf sie zu. Die Gier in seinem Blick wuchs.
Lydia verzog das Gesicht. »Wag es nicht«, drohte sie leise. Aber da war der Freak schon an ihrer Seite, kniete vor ihr, sah mit seinen Glupschaugen zu ihr hoch.
»Schöne Frau«, flüsterte er. »Junges Blut. So fein, so edel ...«


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

NÄCHTE DES WAHNSINNS

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Nach und nach gewinnt sie diese jedoch zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Mit Hilfe der Vita gelingt es Coco, Gorgons Bann zu brechen und Wien zu retten.

In der Folge baut Michael Zamis seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen aus, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese. Es kommt zum Bruch mit den Oppositionsdämonen, die Coco ungefragt ein »Permit« verpassen – ein magisches Tattoo in Form eines zweiköpfigen Adlers. Unterdessen verfällt Thekla dem Anführer der Oppositionsdämonen, Graf Nocturno. Aber der schickt sie zurück nach Wien. Letztlich einigen sich Asmodi und Nocturno und teilen in der Charta Daemonica die Herrschaftsbereiche unter sich auf. Michael Zamis jedoch wird in eine krötenartige Kreatur verwandelt. Coco bittet um Gnade für ihren Vater und willigt ein, Nocturno zu begleiten.

Ihr wird immer klarer, dass Nocturno sie benötigt, um an wichtige magische Artefakte zu gelangen. Es gelingt ihm, einen magischen Kompass in die Hände zu bekommen. Nocturno folgt der Richtung, die der Kompass anzeigt, und erreicht mit Coco eine schneebedeckte Gebirgslandschaft und schließlich das Dorf der Stille. Deren Bewohner können sich untereinander nur durch Gebärdensprache verständigen. Inzwischen ist Georg Zamis Nocturno dicht auf den Fersen, um seiner Schwester beizustehen. In seiner Begleitung befindet sich der – fast – allmächtige Geist Peter.

NÄCHTE DES WAHNSINNS

von Catalina Corvo

Lydia, Wien (Zukunft)

Die junge Frau presste sich an die klammen Ziegel. Es war dunkel im Keller. Nur ein Hexenlicht warf seinen kalten Schein auf sie und das Ding, das neben dem Regal mit den Salben und Tinkturen hockte und sie aus seinen aufgequollenen Augen anglotzte. Lydia war, was Männer betraf, erfahren genug, um deutlich das Begehren im Blick des Wesens zu erkennen.

Sie lauschte nach oben. Von dort war kein Laut zu vernehmen. Aber das hieß gar nichts. Natürlich waren sie oben leise. Da herrschte bestimmt keine Partystimmung. Das bedeutete aber, dass auch sie sich still verhalten musste. Genau wie der kleine, unförmige Kerl mit den viel zu kurzen Armen und Beinen und der feucht glänzenden Haut.

Als habe es ihre Gedanken gelesen, setzte sich das hässliche Ding in Bewegung und schob seinen aufgeblähten Leib auf sie zu. Die Gier in seinem Blick wuchs.

Lydia Zamis verzog das Gesicht. »Wag es nicht«, drohte sie leise.

1. Kapitel

Aber da war der Freak schon an ihrer Seite, kniete vor ihr, sah mit seinen Glupschaugen zu ihr hoch.

»Schöne Frau«, flüsterte er. »Junges Blut. So fein, so edel.«

»Wag es ja nicht, mich anzufassen!« Sie stieß seine grapschenden Hände weg. »Geh wieder zurück in deine Ecke!«

Aber der Freak dachte nicht daran. Lydia unterdrückte einen angeekelten Schrei, als sie die glitschige Berührung seiner Finger an ihrem Knie spürte. Ein Tritt mit dem Absatz ihres Schuhs brachte die Hände zur Räson. Der Freak kroch wieder von ihr fort.

»Du bist nicht mehr Vater«, murmelte sie dem scheußlichen Etwas wütend hinterher. Verstört verkroch sich der Freak in sein Nest aus alten Ritualroben.

»Mama, ich hasse dich dafür. Das ist das Ekligste, das ich je machen musste«, flüsterte Lydia Zamis zwischen zusammengepressten Lippen.

Oben im Erdgeschoss klirrte Porzellan. Lydia vernahm die Stimme ihrer Mutter. Wütend und schneidend. Herrisch, wie Lydia sie nie zuvor gehört hatte. Dann krachte etwas und Glas splitterte.

Der Freak zwischen den Kleidungsstücken blubberte klagend vor sich hin. Lydia fuhr sich durchs Haar. Langsam ging sie die Treppe hinauf. Ein paarmal blickte sie über die Schulter, um sicherzugehen, dass ihr »Vater« sich ruhig verhielt, dann öffnete sie leise die Kellertür. Teufel noch eins, und wenn Mutter ihr hundert Drachen auf den Hals hetzte, Lydia Zamis ließ sich nicht einsperren. Schon gar nicht mit diesem Vieh, das angeblich ihr Erzeuger war.

Vorsichtig schob sie die Kellertür auf und spähte in den Flur. Blutige Spiegelscherben übersäten den Boden.

»Mutter?«

Georg, Tibet (Gegenwart)

Voll und schwer wie ein Matrose beim Landgang hing die rote Sonne über den Berggipfeln. Unwillkürlich stellte ich mir vor, dass sie all ihre Trunkenheit ausspuckte und einen feurigen Lavastrom über die funkelnden Gipfel ergoss, deren schneegekrönte Spitzen das letzte düstere Aufglühen des Tages spiegelten.

Ich zog meine gefütterte Kapuze enger. Es wurde kalt. Der Wind heulte um den schroffen, braunen Fels der kahlen Hänge. Dunkelheit warf ihre langen Schatten über das Bergtal, da erblickte ich endlich in der Ferne zwischen zwei Felsnadeln das Flattern der bunten Wimpel, das ich herbeisehnte. Hoffentlich war dort wirklich der gesuchte Tempel und nicht nur eine Stupa.

Ich ging schneller. Obwohl mich bestimmt noch eine halbe Stunde Fußmarsch durch die Dunkelheit erwartete, schritt ich ohne Zögern voran. Meine Taschenlampe bewahrte mich vor Fehltritten, außerdem gab sich der Boden glücklicherweise eben, und das Geröll hielt sich in Grenzen.

Neben dem jaulenden Windgesang begleitete mich noch ein weiterer Störenfried. Peter, mein persönlicher Sportkommentator des Wettlaufs mit Cocos Entführer, den ich leider nicht per Knopfdruck abstellen konnte.

»Es ist so unfair«, lamentierte er. Seine hohle Stimme klang über den Wind hinweg. »Nocturno hatte es viel einfacher in Schweden. Die paar Zwerge und ein bisschen Brimborium, und schon war er durch. Und du arme Sau musst dich hier durch die Berge schlagen. Deine Schwester hätte dir wenigstens die Tür aufhalten können. Frauen eben. Mit mir bist du besser dran. Ich würde dir immer die Tür aufhalten, wenn du willst. Nicht dass hier eine wäre. Es ist nur ...«

»Sie hatte keine Wahl!« Ich holte aus und verpasste dem Gespenst eine Kopfnuss. Dass ich dabei wie immer durch ihn hindurchfasste, besserte meine Laune nicht gerade. »Das hast du selbst gesagt. Wenn der Zugang einmal benutzt wurde, ist er versiegelt für immer.«

Peter hob die Schultern und blies Luft durch die Lippen. Ich strafte ihn mit Schweigen und marschierte umso schneller den flatternden Wimpeln entgegen.

Grobes Werkzeug hatte die Dämonenfratzen in Stein verewigt. Nichtsdestotrotz stierten sie mit fast lebendigem Blick von den Pfeilern herab, die das sanft geschwungene Tempeldach stützten. Rote und blaue Farbe auf dem Graustein der mannshohen Umfriedungsmauer bannte ekstatische Tänzer in Stein, ebenso wie geometrische Lotosblüten und chinesisch anmutende Drachen mit heraushängender Zunge und verdrehtem Leib.

Das große zweiflüglige Holztor war geschlossen. Ich klopfte. Nichts. Kein Geräusch zeugte von Leben innerhalb der Mauern. Lediglich die mit schwarzen und roten Schriftzeichen bemalten Wimpel knatterten im Wind. Irgendetwas an ihrer Bewegung irritierte mich. Ich konnte nicht sagen was. Aber es schien mir kein gewöhnlicher Stoff zu sein. Die Wimpel waren nicht von der gleichen Art wie die, die ich auf meiner Wanderung durchs Gebirge schon an zahlreichen Stupas gesehen und zum Teil gesammelt hatte. Leider war das Tageslicht mittlerweile zu schwach, die Farben der Welt verblassten zu grauen Schemen, und ich konnte die Details nicht mehr ausmachen. Da ich nicht vorhatte, wie ein gestrandeter Pizzaboy den Rest der Nacht hier draußen zu verbringen, drückte ich gegen das Tor. Und siehe da, ich hatte Glück. Der rechte Torflügel war nicht verschlossen. Ich schob ihn gerade so weit auf, dass ich mich hindurchzwängen konnte, dann betrat ich den Innenhof.

Kaum hatte ich die Schwelle überschritten, erklang hinter mir in den Bergen ein lang gezogenes Jaulen wie von einem Wolf oder einem Schakal. Ganz so, als schickte mir die Welt einen Warnruf. Oder einen Abschiedsgruß. Ich zuckte die Achseln. Was einen gewöhnlichen Menschen gruseln mochte, war für einen schwarzen Hexer wie mich eine Einladung.

Auch der kleine Innenhof war leer. Staub bedeckte die wenigen Meter festgetretener Erde bis zum niedrigen Eingang ins Tempelinnere.

»Scheint keiner zu Hause zu sein.« Peter spazierte fröhlich neben mir her. Dabei imitierte er die Grimmasse der dreiäugigen, mit Totenschädeln gekrönten Fratze, welche die Tempeltür bewachte. Sie grinste von einem Ohr bis zum anderen. Der Mund war so unnatürlich breit, dass er das Gesicht fast in zwei Hälften teilte. Doch nur das Stirnauge warf einen zornigen Blick auf mich. Bei den anderen beiden hatte der Verfall Einzug gehalten. Sie mochten einmal einen besonderen Schmuck beinhaltet haben. Edelsteine vielleicht. Sie fehlten jedoch, und so starrten mich nur zwei dunkle Vertiefungen an.

Ich studierte die Fratze neugierig und verkniff mir ein nutzloses »Lass das«, denn Peter hörte ja sowieso nicht auf mich. Stattdessen bedeutete ich ihm vorzugehen und für mich zu spionieren, bevor ich den dunklen Raum hinter der Tür betrat. Stickige Luft schlug mir bereits auf der Schwelle entgegen.

Peter verbeugte sich affektiert, dann entschwebte er in den Tempelraum. Natürlich nicht unkommentiert. »O holde Maid, wie gern bin ich dein strahlender Ritter, auch wenn man ja für gewöhnlich sagt, ›Ladies first‹ und – oh ...«

Keine zwei Meter hatte er es hineingeschafft, da glitt er schon wieder heraus, seine Füße berührten den Boden kaum. »Da sind welche drin. Aber ich habe ihre Aura nicht gespürt.«

Verwundert hob ich die Augenbrauen. Auch ich hatte kein Leben innerhalb der Umfriedung wahrgenommen. Blockierte der Tempel meine magischen Sinne? Schwer zu sagen. »Was tun sie?«

Peter kratzte sich am Kinn. »Die sitzen rum. Meditieren oder so. Und einer sitzt auf einer Art Thron. Der sieht irgendwie tot aus. Aber ehrlich gesagt, glaube ich, er hat mich gesehen.«

»Dich?«

»Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein, aber es war für einen Moment, als würde er mich anstarren. Womöglich wäre es besser, du gehst da rein und stellst uns vor. Ich bin nicht so der soziale Typ.«

Das war das erste Mal, dass ich an dem Banshee Zeichen von Verlegenheit sah. Verunsicherte es ihn so sehr, dass jemand außer mir seine Präsenz wahrnehmen konnte?

»Freu dich doch, wenn er dich sieht«, knurrte ich. »Dann hast du noch jemanden, den du belabern kannst.«

»Du bist gemein und undankbar.« Diesmal verpasste Peter mir eine Kopfnuss. Aber sie war genauso wenig wirkungsvoll wie meine zuvor und alles, was ich spürte, war ein kalter Luftzug.

»Nun gut. Einer muss ja, oder wir stehen morgen noch hier.«

»Tapfer, tapfer«, lobte Peter und grinste zufrieden. »Ich decke dir den Rücken.«

»Na, wenn das nichts ist.« Ich schnaubte. Feigling!

Dann betrat ich den Tempel.

Drei einzelne Flämmchen tauchten einen vielleicht zehn mal zehn Meter großen Raum in düsteres, flackendes Licht. Schwarze lange Schatten in den Ecken machten es schwer, die wahre Dimension des Zimmers abzuschätzen.

Seitwärts saßen tatsächlich kahlköpfige, dürre Männer in roten Roben im Lotossitz. Im Rücken eines jeden hing ein Wandteppich mit seltsamen geometrischen Formen. Je sechs Mann an den Längsseiten des Raums flankierten den Weg zu einem flachen Podest. Darauf erhob sich ein breiter Thron aus schwarzem, glänzendem Holz.

Darauf hockte, an ein stufenförmig zugespitztes Rückenstück gelehnt, ein fetter, bleicher Kerl wie eine aufgedunsene Kröte. Seine Haut war aufgequollen, blähte sich um den Körper. Aus dem feisten Gesicht glotzten mir zwei große, vorstehende Augen entgegen. Der Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen, das drei schwarze Zähne und jede Menge riesiger Lücken entblößte. Er trug eine schwarze Mönchsrobe.

Wie die Männer an der Seite verharrte der menschliche Frosch bis auf die Lippenbewegung vollkommen reglos in seiner Haltung.

So wie er aussah, hatte er sich womöglich seit Wochen nicht mehr bewegt. Vielleicht auch seit Jahren. Ein Mensch war er nicht und auch keiner der Mönche. Dennoch spürte ich keine schwarzmagische Aura von einem der Anwesenden. Nur die dunkle Macht des Tempels an sich, aber die strahlte mir von den Mauern entgegen.

Ich trat ein paar Schritte näher auf den Thron zu. »Wer seid ihr?«

Sie antworteten nicht. Ich fragte mich, ob es daran lag, dass sie meine Sprache nicht verstanden, oder ob sie nicht antworten wollten. Oder konnten.

»Einen schönen Tempel habt ihr da«, versuchte ich es weiter.

Ich erreichte den Thron. Nun konnte ich dem dicken Frosch mühelos in die Augen sehen. Sie waren grau. Ein schleimiger Glanz lag über den Augäpfeln, ließ den Blick flirren wie Luft in der Sommerhitze.

Ich hob die Achseln. Was nun? Meine Worte entfalteten scheinbar keine Wirkung. Doch unverrichteter Dinge abzuziehen – das war keine Option. Schließlich brauchte ich diesen Tempel. Wenn ich alle Zeichen der alten Pergamente richtig gedeutet und tatsächlich den verwunschenen Geistertempel von Aanku Pa gefunden hatte. Eigentlich hatte ich ihn auf der Spitze des Berges Kailash vermutet, denn dort war laut der alten Legenden das Tor, das ich suchte. Aber egal, wo oder wie, ich war hier. Und wollte nicht ohne Antworten gehen.

»Ich bin Georg Zamis. Ich habe diesen Tempel gesucht. Ich muss mit euch sprechen.«

Keine Reaktion.

»Ich brauche eure Hilfe, um das Tor auf der Spitze des Kailash zu öffnen.«

Keine Regung.

»Wollt ihr verfluchten Mönche euch wohl rühren?« Ich fuhr herum, strafte jeden der Anwesenden mit einem wütenden Blick. Am Schluss starrte ich wieder den feisten Frosch an. »Ich bin kein dummer Junge! Ihr werdet mir helfen. Zur Not zwinge ich euch.«

Doch meine Drohung erreichte gar nichts. Nicht einmal ein verächtliches Lachen. Die Mönche verharrten wie Abbilder. Ob Gewaltanwendung half? War das wirklich ratsam oder lief ich in eine Falle, sobald ich Streit vom Zaun brach? Doch es juckte mich in den Fingern, den Frosch mit einem Fluch zu belegen. Mein Zamis-Temperament kochte hoch. Dennoch zwang ich mich zur Ruhe und bemühte mich, nachzudenken. Dabei kam mir die ganze Reise der letzten Tage noch einmal zu Bewusstsein.

Wie ich den Gipfel erreicht und dort einen vorsintflutlichen Steinkreis gefunden hatte. Die aufrechten Stelen aus schwarzem Basalt waren von Schriftzeichen übersät gewesen. Zeichen, die weder Peter noch ich zu deuten verstanden hatten.

Mein stümperhafter Versuch, die Zwillingsmünzen zu nutzen. Aber ohne Erfolg. Alles, was ich erreicht hatte, war, einen magischen Nebel zu rufen, der nicht nur den Aufenthalt deutlich ungemütlicher gemacht hatte, sondern auch sonst keine Hilfe gewesen war. Manchmal hatte ich geglaubt, im Nebel flüsternde Stimmen zu hören, doch sobald ich mich umdrehte und in die Richtung spähte und lauschte, verstummten sie. Erst als eine Nacht vergangen war, die ich frierend zwischen den Stelen verbracht hatte, und die Morgensonne den Nebel vertrieb, lag wenige Armlängen entfernt eine Gebetsrolle. Und das, obwohl ich mit meinen magischen Sinnen kein Lebewesen gespürt hatte.