Das Haus Zamis 83 - Christian Montillon - E-Book

Das Haus Zamis 83 E-Book

Christian Montillon

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Beschreibung

Als wir in die Hafenstadt Ostende einrollten, war immer noch alles neblig. Ich legte die Fingerspitzen beider Hände zusammen. »Was willst du hier, Mutter? Wartet in der Stadt ein weiterer Verbündeter aus deiner Vergangenheit?«
Ihr Blick wandte sich kurz mir zu, ohne dass sie den Kopf drehte. »Ostende ist eine Zwischenstation, nicht mehr. Wir gehen auf die Fähre nach Ramsgate in England. Und ja ... in gewissem Sinn hat es mit meiner Vergangenheit zu tun.«

Nachdem die Zamis die Fähre betreten und abgelegt haben, stoppen die Maschinen wie durch Geisterhand. Nichts bewegt sich mehr. Kein Laut ist zu hören.
Dämonen haben sich des Schiffes bemächtigt und blasen zum Angriff. Vor allen auf einen haben sie es abgesehen: Michael Zamis!


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Seitenzahl: 122

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DIE FÄHRE DES GRAUENS

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Nach und nach gewinnt sie diese jedoch zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Mit Hilfe der Vita gelingt es Coco, Gorgons Bann zu brechen und Wien zu retten. In der Folge baut Michael Zamis seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen aus, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese. Es kommt zum Bruch mit den Oppositionsdämonen, die Coco ungefragt ein »Permit« verpassen – ein magisches Tattoo in Form eines zweiköpfigen Adlers. Letztlich einigen sich Asmodi und Nocturno und teilen in der Charta Daemonica die Herrschaftsbereiche unter sich auf. Michael Zamis jedoch wird in eine krötenartige Kreatur verwandelt. Coco bittet um Gnade für ihren Vater und willigt ein, Nocturno zu begleiten – ohne seine wahren Gründe zu kennen. Nocturno glaubt, mit Coco eine »Geheimwaffe« zu besitzen, die ihm zur Rückkehr ins centro terrae verhelfen könnte – was ihm schließlich auch gelingt. Coco sowie Rebecca und Georg, die sich an Cocos Fersen geheftet haben, finden sich in Wien wieder – doch der Banshee Peter hat Georgs Körper in Besitz genommen. Außerdem hält sich Asmodi nicht an das Versprechen, Michael von seinem Freakdasein zu erlösen. Es sei denn, Thekla erkläre sich bereit, mit ihm eine »zweite Coco« zu zeugen. Thekla geht zum Schein darauf ein. Während eines Schwarzen Sabbats wird Asmodi jedoch vorgeführt. Aus Angst vor seiner Rache flüchten die Zamis zunächst nach Antwerpen. Aber auch dort sind ihnen die Verfolger dicht auf den Fersen. In letzter Sekunde können sie entkommen ...

DIE FÄHRE DES GRAUENS

von Christian Montillon

Ein Rascheln in der Dunkelheit.

»Sind Sie bereit?«

»Selbstverständlich.«

Das Geräusch weicht einem kurzen, scharfen Ratschen, dann zuckt eine Feuerlohe in der Schwärze auf. Eine Fackel beginnt zu brennen, die Flammen wehen blau und grün in der Luft. Gespenstische Schatten tanzen über steinerne Wände. Ein glänzender Käfer krabbelt auf winzigen Beinen davon.

»Wer wird gehen?«

»Zwei meiner Kinder.«

»Und Ihre ... Sprösslinge sind ebenfalls bereit?«

»Selbstverständlich.«

Ein spielerisches Pusten und eine durch die Luft wischende Handbewegung: Die Fackel erlischt. Der Besucher mag keine unnötige Zurschaustellung diverser magischer Fähigkeiten. »Sie werden also sterben?«

1. Kapitel

»Sie – und die gesamte Familie Zamis, genau wie von Ihnen gewünscht.«

»Gut.«

Er geht.

Es ist nicht nötig, weitere Worte zu verschwenden.

»Der irrsinn sey verfluchet«, las Adalmar Zamis. Seine Stimme klang matt, müde und trotzdem voller Abscheu.

So kannte ich meinen Bruder gar nicht. Er schien fast ... verletzlich. Und doch war er im Vergleich zu meiner Schwester Lydia das blühende Leben. Immer wieder würgte sie, aber sie trug längst nichts mehr in sich, das sie hätte ausbrechen können.

»Zum Teufel, Lydia, kotz bloß kein zweites Mal in den Wagen!«, zischte Georg sie an und kicherte.

Zum Teufel, ja, wie passend, dachte ich. Das passte aber auch als Einziges. Georgs spöttisches und unangemessen albernes Verhalten war alles andere als typisch für ihn. Als ob uns sonst keine Sorgen quälen würden.

Lydia siechte immer wieder in Anfällen einer Art Krankheit vor sich hin ... wir alle flohen eingepfercht in einen Leichenwagen quer durch Europa ... mein Vater, das ach so stolze Sippenoberhaupt Michael Zamis, war von Asmodi in ein hässliches, krötenartiges Freakwesen verwandelt worden ... Asmodi hetzte Dämonenheerscharen hinter uns her, die uns töten sollten ... und Verbündete, die uns unterstützen könnten, gab es keine mehr, abgesehen vielleicht von Rodolphe, diesem jämmerlichen Menschenfresser mit seinem Feinschmeckerrestaurant in Antwerpen, das nach unserem Besuch wahrscheinlich Dämonen überrannt und zerstört hatten.

Rosige Zeiten, aber nur wenn man die sygillinische Todesrose zum Vergleich heranzog, deren Blütenblätter sich durch Haut, Fleisch und Knochen aller Dämonenstämmigen fraßen. Eine Pflanze, die zum Glück ausgerottet worden war; es hieß, Skarabäus Toth hätte das letzte Exemplar in seiner Jugend – die wohl schon ziemlich lange zurücklag – eigenhändig zerstört.

»Sei still, Georg!«, befahl meine Mutter Thekla vom Fahrersitz aus. Ihre Hände krampften sich fester um das Lenkrad.

Ich saß zurzeit neben ihr und roch den Schweißgestank ihrer Achseln. Sie fuhr seit inzwischen vierzehn Stunden pausenlos, von einem kurzen Halt abgesehen, als Adalmar am Stadtrand von Antwerpen in ein dubioses, in Kreisen der Schwarzen Familie wohlbekanntes Antiquariat gehetzt war, über dessen Tür ein schlichtes Holzschild verkündete: GARIONDA – MYSTIK – MAGIE – SPIRITISMUS. Er hatte nicht sonderlich zufrieden ausgesehen, als er wieder in den Leichenwagen gekommen war. Seitdem studierte er die Pergamente, die er sich dort besorgt hatte.

Antwerpen lag inzwischen weit hinter uns – und ein elender, nicht enden wollender Stau, der uns eine schiere Ewigkeit lang im Schneckentempo hatte vorwärtsrollen lassen. Vor uns zeigte eine Blechlawine auf der Straße schon die nächste Verzögerung an. Und zu allem Überfluss verschwand deren Ende in dichtem Nebel, aus dem geisterhaft matt einige Rücklichter leuchteten.

Mutter machte sich gut in ihrer Rolle als Familienoberhaupt in Vertretung meines Vaters, das musste ich neidlos anerkennen. In der Hinsicht waren wir uns alle einig. Lydia, die momentan ohnehin keine Kraft fand zu rebellieren, sah es genauso; auch Georg, den ich manchmal gar nicht wiedererkannte. Die Situation setzte ihm offenbar sehr zu, sodass er versuchte, sich in Sarkasmus zu flüchten. War früher Michael Zamis' Wort Gesetz gewesen, so galt das nun für die Entscheidungen, die meine Mutter traf.

Mit einem Mal erkannte ich, was wirklich in Thekla Zamis steckte, und die wenigen Einblicke, die sie uns bisher in ihre Jugenderlebnisse gegeben hatte, verstärkte den Eindruck noch. Ich empfand eine dumpfe Faszination, war begierig darauf mehr zu erfahren aus der Vergangenheit meiner Mutter, die damals noch den Namen Christine Fodrek getragen hatte. Zum ersten Mal fühlte ich mich ihr verbunden, ja fast nahe – und ich glaubte sogar, gewisse Parallelen zu meinem eigenen Leben zu erkennen. Ob Mutter mich wohl die ganzen Jahre über weit besser verstanden hatte, als sie jemals zugab? Sie hatte stets geschwiegen, hatte meinen Vater reden, bestimmen und mich maßregeln lassen. Aber was mochte in ihr vorgegangen sein? Oder bildete ich mir das nur ein? Suchte ich in ihr nach etwas, das mir ähnelte, um mich und mein Tun vor mir selbst zu rechtfertigen?

Eine Weile herrschte Stille im Wagen, in der offenbar nicht nur ich meinen Gedanken nachhing. Wir erreichten die ersten langsam im Stau vorwärtskriechenden Autos. Der Nebel kroch ebenso – allerdings auf uns zu. Dunkle Wolken hingen darüber am Himmel. Beides verschluckte die Welt.

»Lies weiter, Adalmar«, forderte Thekla schließlich.

Mein älterer Bruder räusperte sich; im Rückspiegel sah ich, wie er Georg einen geringschätzigen Blick zuwarf. »Der irrsinn sey verfluchet«, wiederholte er. Das Pergament, von dem er ablas, raschelte in seiner Hand. »Er treibet der menschen geiste in dunkle gefilde.« Er gab einen verächtlichen Laut von sich. »Nur Unfug! Oberflächliches Geschwätz, das Lydia nicht weiterhelfen wird. Gariondas Ware ist auch nicht mehr das, was sie mal war.«

»Was willst du von einem Freak schon erwarten?«, fragte Mutter. »Er trauert seinen glorreichen Zeiten in Diensten des dämonischen Archivars Zakum nach. Ich sagte dir doch, dass du dir den Weg in sein Antiquariat sparen kannst. Wir müssen einen anderen Weg finden, wenn wir Lydia helfen wollen. Es gibt keine alten magischen Überlieferungen, die Lydias Fall beschreiben. Etwas derart ... Perverses ist noch niemals geschehen.«

Der Kellner Maxime in Rodolphes Spezialrestaurant hatte Lydia gezwungen, das Fleisch eines verrückten Menschen zu essen. Schon die Ausstrahlung eines Irren war für Dämonen kaum erträglich, und nun trug sie en Wahnsinn quasi in sich. In Schüben litt sie seitdem an extremen Schmerzen, und wir konnten ihr nicht helfen. Keiner wusste, wie sich ihr Fall entwickeln würde.

»Nichts geschieht zum ersten Mal«, widersprach Adalmar. »Aber du hast recht, Mutter, es wäre ein absonderlicher Zufall gewesen, wenn ich so schnell und leicht fündig geworden wäre. Es geht hier um die Auswirkung des Wahnsinns auf Menschen, geschrieben von einem alten Alchimisten.«

Mir fiel plötzlich etwas ein, das ich während meiner Ausbildung auf Schloss Behemoth gelernt hatte. »Darf ich das Pergament mal haben?« Ich wandte mich um und streckte auffordernd die Hand in den Laderaum des Leichenwagens, wo es sich meine Geschwister mehr oder weniger bequem machten. Lydia wand sich abseits auf dem Boden, einige Meter von Georg und Adalmar entfernt, in einem Bereich, der nur durch Magie zugänglich war; das Innere des Wagens war weitaus größer als das Äußere. Auch eine Methode, sich aus dem Weg zu gehen, dachte ich.

Adalmar reichte mir das Schriftstück. Ich musterte es. »Es gibt einen Zauber, der dämonische Inhalte hinter menschlicher Fassade verbirgt«, murmelte ich. Ohne zu zögern, schnitt ich mit dem Nagel des rechten Zeigefingers in die linke Handfläche. Ein Tropfen Blut quoll aus der kleinen Wunde.

Zu wenig.

Ich drückte den Nagel tiefer in das Fleisch, und mehr Blut trat aus. Das sollte genügen. Ich ließ es auf das Pergament fallen, das die Gabe durstig aufsog. Die dunkle Flüssigkeit verschwand darin, und die Buchstaben veränderten sich.

»Der menschen irrsinn ist tödlich für die, die schwarzen blutes sind«, las ich nun. »Es bleibet den kreaturen der nacht nur, zu fliehen. Wer nicht zu fliehen vermag, mag sterben. Keine magie zum schutze ist bekannt.«

Ich fluchte, und impulsiv zerknüllte ich das Pergament. Da hatte ich die verborgene Botschaft ans Licht gebracht, und das für eine Floskel. Der Schreiber musste ein Narr gewesen sein, eine derart stumpfsinnige angebliche Weisheit mit einem komplizierten Zauber extra zu verbergen.

Hinten im Laderaum schrie Lydia auf. Ich drehte mich um und sah gerade noch, wie sie sich zusammenkrümmte und mit bebendem Körper hustete. Blutströpfchen spritzten aus ihrem Mund. Dann ...

... lag sie völlig still.

Der Nebel wallte inzwischen über und um uns. Wir standen im Stau, irgendwo vor uns blitzte das Signallicht eines Notarzt- oder Polizeiwagens.

Momentan allerdings hatten wir andere Sorgen. Lydia lag reglos, und wir fragten uns, ob sie sterben würde. Alle beugten wir uns über sie, völlig rat- und hilflos. Was sollten wir tun?

»Sie ist krank, weil sie ... schlechtes Fleisch gegessen hat«, sagte Georg. »Es mag ja verrückt klingen, aber wieso versuchen wir sie nicht zu heilen, indem wir ihr gute Nahrung geben?«

»Und was soll das sein?«, ätzte Thekla.

»Etwas, das unsere Schwester seit jeher ausmacht.« Er grinste. »Sie liebt Sex, nicht wahr?«

»Du Arschloch!« Adalmar fuhr fast aus seiner Haut. So hatte ich ihn noch nie erlebt. »Sie krepiert hier, und du hast nur dumme Sprüche? Wie soll sie ...«

»Sobald es ihr besser geht, sollten wir ihr die Gelegenheit verschaffen«, unterbrach Mutter. »Vielleicht hat Georg sogar recht. Trotzdem ... in dem Zustand kann sie wohl kaum ...« Sie brach ab. »Wenn sie sich überhaupt noch einmal erholt.«

Lydia gab ein Ächzen von sich. »Das werde ich«, drang es leise über ihre Lippen. »Verlasst euch drauf. Ich lass mich ... nicht unterkriegen.« Sie rollte sich auf die Seite, setzte sich auf, stützte sich dabei auf beide Hände. Ihre Arme zitterten. Langsam wischte sie sich über den Mund. »Es geht wieder. Fahren wir weiter.«

»Wir stecken fest«, erklärte ich. »Wer weiß, wann wir weiterkommen in diesem Stau.«

»Wo wollen wir überhaupt hin?«

Ich konnte nur die Schulter zucken und Mutter fragend ansehen.

Sie wand sich. »Ostende«, sagte sie schließlich. »Eine Hafenstadt hier in Belgien.«

»Hafen?« Georg deutete aus dem Frontfenster. »Deshalb auch der Nebel, was? Kommt vom Meer?«

Thekla zögerte mit ihrer Antwort. »Ich hoffe es. Ehrlich gesagt erscheint es mir reichlich seltsam. Aber ich kann keine dämonische Aktivität spüren. Trotzdem müssen wir damit rechnen, angegriffen zu werden. Wer weiß, ob Rodolphe in seinem Spezialitätenrestaurant unsere Verfolger tatsächlich hat aufhalten können.«

»Töten, Mutter«, stellte Adalmar nüchtern fest. Er klang spöttisch. »Er wollte sie alle töten. Dank der entweihten Knochen aus dem Schrein der Heiligen Drei Könige, die wir ihm überreicht haben, fühlte er sich immerhin so stark wie nie zuvor.«

»Ein guter Verbündeter«, erwiderte Thekla. »Eines Tages wird er uns unterstützen, ihr werdet sehen.« Sie winkte ab. »Aber das soll uns jetzt nicht kümmern.« Sie kletterte aus dem magisch erweiterten Lagerraum zurück auf den Fahrersitz. »Kein Vorwärtskommen«, teilte sie schließlich mit.

»Das ist gut«, sagte Lydia. Sie reckte sich. Ihre Hände zitterten. »Ich fühle mich besser. Und nun wende ich Georgs Therapie an.« Mit einer leicht zitternden Hand schlug sie unserem Bruder auf die Schulter. »Etwas Sex und auf dem Höhepunkt ein brechendes Genick, das klingt gut. Macht müde Dämonengeister munter.«

Ich starrte sie an und fragte mich ernsthaft, warum ich um sie besorgt gewesen war. Hatte ich etwa vergessen, was für ein widerwärtiges Luder sie war und welche Gemeinheiten sie mir schon angetan hatte, seit wir Kinder gewesen waren?

»Lydia ...«, begann Mutter.

»Ich beeile mich«, versicherte meine Schwester. »Wenn wir wieder weiterfahren können, bin ich zurück.« Damit packte sie den Griff der Schiebetür und verließ den Leichenwagen.

Nebelschwaden quollen in den Innenraum, so dicht, dass sie sich als feuchter Film auf die Haut legten. Lydias Gestalt war im wattigen Weiß noch kurz als Silhouette zu sehen, dann verschwand sie.

Ich ahnte, was geschehen würde, als Thekla einen leisen Fluch von sich gab. »Wir müssen vorsichtig sein! Wenn der Nebel doch nicht natürlichen Ursprungs ist, könnte es jederzeit einen Angriff geben. Jemand muss bei ihr bleiben, um sie zu beschützen.«