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Der Präsident der Europäischen Union wird während einer Privatparty von unbekannten entführt und wacht in einer Wüste auf. Er verbringt dort zwei leidvolle Wochen mit den Einheimischen. Er lernt nagenden Hunger und Durst kennen, Todesangst, Erschöpfung, harte Arbeit aber auch Freundschaft.
Zurück in Wien tritt er nach kurzer Genesungszeit seine Amtsgeschäfte wieder an. Doch die Erinnerungen an das karge Land sowie den quälenden Hunger holen ihn immer wieder ein. Er könnte politisch eine Wende für hungernde Menschen herbeiführen. Er könnte….
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Karin Szivatz
Das Hungerexperiment
Roman
EgoLiberaVerlag
Copyright@10/2013
Einbandgestaltung: Walter Janacek
Foto: ..... / www.pixelio.de
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ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Verlags zulässig.
Alle Rechte vorbehalten.
Printed in Germany 2013
www.egolibera.gnx.at
Afrika könnte weite Teile Asiens miternähren, würden die fast unendlichen Ressourcen des Kontinents in gemeinverträglicher Weise in Wert gesetzt - und wäre nicht der Mensch dem Menschen ein Wolf.
Von Daniel Deckers
Aufgrund einer verheerenden Dürre sind in Äthiopien derzeit 4,5 Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfslieferungen angewiesen. Doch der indische Farmpächter will in spätestens drei Jahren Millionen verdienen, indem er im Hungerland Äthiopien mithilfe von Kinderarbeit produzierte Lebensmittel exportiert. Im zwölftärmsten Land der Welt hat das 'Landgrabbing', der Wettlauf um riesige landwirtschaftliche Flächen, gerade erst begonnen.
„Die Lebensmittelpreise sind seit Ende 2010 dramatisch gestiegen, worunter besonders die an sich schon armen Familien litten und in die Not getrieben würden“, sagte Byrs. „In einigen Gegenden Kenias liege der Getreidepreis um 30 bis 80 Prozent höher als im Fünfjahresdurchschnitt.“
Kolonien – wo bleiben die ehemaligen Kolonialherren der dritten Länder, die einst das Land ausgebeutet hatten? Wäre es nicht an der Zeit, diese Regierungen heranzuziehen, damit sie ihre Verantwortung dem ehemals besetzen Land gegenüber wahr nehmen?
Brüssel, Frühjahr 2010
Eine dramatische Finanzkrise zieht den Mittelmeerstaat Griechenland in den Schuldensumpf. Mit mehr als 300 Milliarden Euro stehen die Hellenen weltweit in der Kreide und sind keinesfalls mehr imstande, sich aus diesem Sumpf aus eigener Kraft zu befreien. Die Spitzen der EU-Länder treten in Kürze zusammen um über den Rettungsplan des hoch verschuldeten Mitgliedes zu beraten.
Rom, Herbst 2010
Wie die FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations, die Welternährungsorganisation) meldet, bahnt sich Mitte des kommenden Jahres die schlimmste Hungerkatastrophe am Horn von Afrika an. Rund 10 Millionen Menschen werden in Ostafrika akut vom Hunger bedroht sein; rund ein Drittel davon werden Kinder sein. Die FAO fordert die Industriestaaten auf, vorzeitige Maßnahmen zu ergreifen, um diese Katastrophe abzuwenden.
In Äthiopien ist der Verbraucherpreisindex für Lebensmittel seit Mai im Vergleich zum Vorjahr um fast 41 Prozent gestiegen. Viele Familien gaben bereits vor der Preiserhöhung rund 80% für Lebensmitteln aus. Nach der Steigerung sind Lebensmittel in ausreichendem Maße nicht mehr finanzierbar.
Brüssel, Herbst 2010
Die Finanzminister der EU-Länder haben sich darauf geeinigt, dem sich dramatisch in der Finanzkrise befindlichen Griechenland eine Soforthilfe von 110 Milliarden Euro zuzusichern.
80 Milliarden Euro sollen von der Euro-Zone aufgebracht werden, 30 Milliarden vom IWF.
Rom, Frühjahr 2011
Die FAO sieht den trockenen Sommermonaten im Osten Afrikas mit Schrecken entgegen. Schon jetzt verlassen wegen der extrem gestiegenen Lebensmittelpreise viele Menschen in den Regionen Somalias und Djibutis ihre Heimat um in den Camps in Kenia Nahrung zu finden. Die UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees, das Uno-Flüchtlingshilfswerk) bereitet sich in Kenia inzwischen auf einen Flüchtlingsstrom aus den benachbarten Ländern vor. Die beiden Organisationen bitten die Welt dringend um finanzielle Hilfe, um das Überleben von Millionen von Menschen zu sichern.
Brüssel, Frühjahr 2011
Die Finanzminister der EU-Länder werden dem finanziell maroden Griechenland ein zusätzliches öffentliches Finanzierungsvolumen von 109 Milliarden Euro bis 2014 zubilligen. Voraussetzung dafür ist, dass die Finanzwirtschaft ihr vorgelegtes Angebot einhält und insgesamt Anleihen in Höhe von 135 Milliarden Euro, die bis 2020 fällig werden, verlängert. Der endgültige Finanzbedarf Griechenlands wird durch eine Kommission und dem IWF im Laufe des Sommers festgestellt werden. Dieses neue Programm kommt zum bereits laufenden Programm für Griechenland hinzu.
Michigan, USA, Sommer 2011
Ein neues, Millionen Dollar schweres NASA Projekt, das von der University of Michigan in Ann Arbor geleitet wird, beschäftigt sich seit drei Jahren mit der Frage, ob mikrobielles Leben im Salzwasser auf dem Mars möglich ist. "Falls wir Mikroben finden, die in Salzwasserlaken unter Mars-Bedingungen überleben und sich vermehren, hätten wir demonstriert, dass auch heute Mikroben auf dem Mars existieren könnten", sagte Renno, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Mars-Projektes.
Rom, Sommer 2011
Mehr als 12 Millionen Menschen aus den Ländern Somalia, Djibuti, Kenia, Uganda und Äthiopien sind durch die schlimmste Dürre seit 60 Jahren akut vom Hungertod bedroht. Rund 4 Millionen Kinder sind mangel- bzw. unterernährt; viele von ihnen werden die nächsten Wochen nicht überleben. Unzählige Familien machen sich in der Hoffnung auf ein wenig Nahrung auf den Weg in das Kenianische Flüchtlingslager Dadaab und sind oft mehrere hundert Kilometer bei 50 Grad Celsius zu Fuß durch die Wüste unterwegs. Die Wegstrecken sind bereits jetzt mit Toten gepflastert. Viele Nomadenstämme verlieren ihre Tiere und somit auch die Grundlage ihres Lebens. Die FAO benötigt rund 2 Milliarden Euro um eine Grundversorgung zu gewährleisten und dem Sterben ein Ende zu setzen.
Die Weltbank will 350 Millionen Euro bereitstellen. Zwölf Millionen davon sollen zur Soforthilfe eingesetzt werden, der Rest in langfristige Maßnahmen fließen. Die USA sagen 50 Millionen zu. Die EU stellt für humanitäre Hilfe insgesamt 340 Millionen Euro zur Verfügung.
Wien, Sommer 2011
Grünenchefin Eva Glawischnig fordert die österreichische Bundesregierung auf, die zugesagten 1,5 Millionen Euro auf 8 Millionen Euro Soforthilfe für Ostafrika zu erhöhen. Finanziert werden soll diese Summe durch die Einsparung zweier kleiner politischer Werbekampagnen.
Europäische Union, Jahresbeginn 2012
Griechenland, Italien, Portugal, Irland, Spanien und Zypern stecken in einer tiefen Finanzkrise. Hunderte Milliarden Euro fließen von Brüssel in die Staatskassen und maroden Banken.
Die Euro-Finanzminister beschließen, das Volumen des ESM auf 800 Milliarden Euro auszuweiten. Ausleihen kann der Fonds davon aber nur 500 Milliarden Euro – 200 Milliarden mehr als ursprünglich geplant.... http://www.focus.de/finanzen/
Wien, Sommer 2012
Große Dürreperioden lassen große Teile der Weizen- und Maisfelder in den USA, Afrika und Teilen Asiens vertrocknen. Die Getreidepreise steigen um rund 40%. Viele Menschen in der Dritten Welt gaben vor der Dürreperiode bereits 82% für Lebensmittel ihres Einkommens aus; durch die gesteigerten Getreidepreise drohen weiteren zwölf Millionen Menschen der Hungertod.
Caritas-Präsident Franz Küberl fordert die Regierungen auf, sich für strikte Beschränkungen für Terminhandel mit Nahrungsmittel einzusetzen. Es wurden sogar Stimmen laut, Grundnahrungsmittel von den Börsen zu nehmen, damit sich am Hungertod von Millionen von Menschen niemand mehr bereichern kann.
40 Prozent der US-Maisproduktion geht Niebels Ministerium zufolge in die Tanks von Kraftwagen. Die dortige Dürre hat die Maispreise nun massiv steigen lassen. "Gerade bei steigenden Lebensmittelpreisen kann Biosprit zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen", warnte Niebel (Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, FDP, Deutschland) im Sender n-tv.’
Wien, Herbst 2012
Die österreichische Regierung entschließt sich nach zahlreichen Protesten (‚Mir wurscht-Kampagne'), die Entwicklungshilfe nicht zu kürzen und erneut 77 Millionen Euro für das Jahr 2013 aufzubringen.
Das Stammkapital des ESM beträgt 700 Milliarden Euro und wird von den 17 Mitgliedsstaaten der Eurozone gestellt. http://wirtschaftsblatt.at/home/dossiers/esm/1288573/Der-EuroRettungsfonds-ESM. Damit große Länder wie Spanien oder Italien unter den Rettungsschirm schlüpfen können, soll dieser auf 2 Billiarden Euro erweitert werden.
Wien, Mai 2013
Das Parlament spricht sich Ende Mai für die weitere Kürzung von Geldern für die Entwicklungshilfe aus. „….obwohl Österreich bei der humanitären Hilfe schon heute deutlich hinter vergleichbaren Industrieländern zurückliegt, sollen die Mittel für die direkte Entwicklungshilfe weiter beschnitten werden.“ Franz Küberl, Präsident Caritas Österreich
Konkret soll das operative Budget der „Austrian Development Agency <http://www.entwicklung.at/>“ (Entwicklungsagentur des Bundes) im nächsten Jahr auf 53 Mio. Euro gekürzt werden; 2010 waren es noch 85 Millionen.
Quelle: http://www.labournetaustria.at/entwicklungshilfe-proteststurm-gegen-geplante-kurzungen/
Wien, September 2013
Die Vereinten Nationen haben in Teilen Somalias eine offizielle Hungersnot erklärt. Das ist die höchste von fünf Alarmstufen in einem Frühwarnsystem der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO). Eine Hungersnot ("Catastrophe") wird ausgerufen, wenn mehr als 30 Prozent der Kinder unterernährt sind und täglich zwei von 10.000 Menschen durch Lebensmittelknappheit ums Leben kommen. Die höchste Alarmstufe soll die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wecken. Politische Vollmachten sind damit nicht verbunden.
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/afrika/index.do
1
China, Peking, Privaträume des Präsidenten
„Liebling! Kommst du ins Bett?“
„Sofort! Ich bin in einer Minute bei dir. Mach noch nicht das Licht aus, ich möchte mich noch kurz mit dir über etwas sehr Wichtiges unterhalten; sei so lieb!“
Rasch warf sie noch einen letzten Blick auf den Brief, den sie seit unbestimmter Zeit in Händen hielt. Sie hatte ihn gelesen, die Bilder angesehen und war dann gedanklich in eine andere Welt katapultiert worden. Sie könnte zwei Minute reglos verbracht haben, aber auch Stunden; sie wusste es nicht. Im Moment wäre in ihrem Kopf auch nicht der Platz für andere Dinge als diese Zeilen und diese Bilder gewesen.
Sie löschte das Licht im Wohnzimmer und eilte ins Schlafzimmer. Ihr Präsidentengatte las noch in ein paar Dokumenten und schien sie nicht wahr zu nehmen. Sie legte ihren Bademantel ab und schlüpfte nackt unter die Decke.
„Liebling, ich habe heute einen Brief bekommen.“
„Mmhhhhmm.“
„Ich muss mit dir über die Hungersnot ein Ostafrika reden.“
„Mmhhhmm.“
„Leg bitte deine Akten weg und hör mir zu.“
„Mmhhhmm.“
Jun sah ihren Mann fassungslos an. Mit einer schnellen Bewegung entriss sie ihm die Akten und schleuderte sie auf den Boden. Mit lauter Stimme fuhr sie den erschrockenen Mann an: “Ich sagte, ich müsse mit DIR reden und nicht mit der Wand. Du wirst mir jetzt ganz genau zuhören und mitdenken, hast du mich verstanden?“
Der kleine Mann hob beschwichtigend die Hände.
„Ja, natürlich, ist ja schon gut. Entschuldige bitte. Die Arbeit – du weißt.“
Er nahm die Lesebrille von der Spitze seiner Nase, drehte sich ein wenig zu ihr und legte den Kopf schief. In diesem Moment liebte Jun ihren kleinen Mann und großen Präsidenten.
„Ich mache es kurz: in Ostafrika sind zwölf Millionen Menschen vom Hungertod bedroht; ein Drittel davon sind Kinder. Die internationale Hilfe geht nur schleppend voran, obwohl nur etwas mehr zwei Milliarden Dollar benötigt werden. Sollten wir als Großmacht nicht mit gutem Beispiel voran gehen und eine Sofortfhilfeaktion starten? Wenn wir großzügig sind, können die anderen Großmächte nur mitziehen. Wie viel wird China zur Rettung unzähliger Menschen beitragen?“
„Ich weiß davon und diese Menschen tun mir auch sehr leid. Dennoch kann sich unser Volk einen solchen Luxus nicht leisten. Wir haben unter unseren eigenen Leuten viele Arme, die eine Spende ans Ausland nicht verstehen würden. Noch dazu hat erst gestern der Rüstungsminister eine nachvollziehbare Forderung von etlichen Millionen eingebracht. Diese Forderung hat Priorität, denn wir müssen vor fremden Mächten und Bomben auf der Hut sein – auch in Zeiten des Friedens, meine Liebe.“
Jun beugte sich mit straffem Oberkörper leicht nach vor und ließ den Kopf auf ihren Mann zuschnellen. „Habe ich richtig gehört? Die Rüstungsindustrie willst du füttern während Kinder verhungern?“
„So will es die Politik, meine Liebe. Das ist nicht meine Entscheidung, so will es das Volk.“
„Und auch wenn das Volk nicht möchte, dass ich dich ‚Arschloch’ nenne und jetzt ins Gästezimmer schlafen gehe, so werde ich es dennoch tun!“
Wutentbrannt sprang sie aus dem Bett, erwischte den Zipfel der Decke, nahm den Polster unter den Arm und war auch schon bei der Tür draußen. „Du hast nichts an, Liebling! Die Wachen....“ rief er ihr noch nach, doch sie kehrte nicht zurück. Die Gedanken an diesen hässlichen Streit sowie das Thema von sich schiebend stand er auf, hob die Akten auf und studierte sie im Licht der kleinen Leselampe weiter. Nach kurzer Zeit drehte er sich zur Seite und schlief bist zum nächsten Morgen, an dem ihn seine Amtsgeschäfte wieder erwarteten.
Russland, Moskau, Privaträume des Präsidenten
„Alexandr! Die Kinder möchten sich noch von dir verabschieden. Komm und gib ihnen einen Gutenachtkuss.“
Der Präsident sah widerwillig von seinen Dokumenten auf, seufzte und erhob sich schwer aus seinem Amtssessel. Nachdem er die beiden Buben geküsst und ihnen eine Geschichte vorgelesene hatte begab er sich wieder in seine Ausgangsposition zurück und las weiter. Seine Frau kam wenige Minuten nach ihm ins Büro und bat um eine kurze Unterredung.
Sie erzählte ihm von dem Brief Daniel Neumanns, einem Aktivisten, über die Hungernden in Afrika und dass jede Präsidentengattin angeschrieben wurde. Sie würde ihn bitten, wenigstens ein paar Kinder in Afrika zu retten; er bräuchte nur ein paar lächerliche Millionen spenden.
Alexandr sah sie kurz an und fragte bellend: „Wenn ich hungrige Mäuler in Afrika stopfe, wer stopft dann mein Loch im Staatsbudget? Im kommenden Winter sind Wahlen und die Schwarzen wählen mich nicht. Ich muss mein Volk, das mich wählt, zufrieden stellen und nicht irgend jemanden, der tausende von Kilometern weit weg und NICHT wahlberechtigt ist. Und jetzt lass mich arbeiten.“
„Aber Alexan…“
„Raus jetzt. Du verschwendest deine und meine Zeit. Ich habe nein gesagt und dabei bleibt es auch. Das wäre ja noch schöner, Nichtwähler zu füttern.“
Zornestränen rannen der Präsidentengattin über das runde Gesicht und hinterließen schwarze Spuren der Wimperndusche. Frustriert zog sie sich in ihr Zimmer zurück und las den Brief noch ein paar mal durch.
USA, Washington, Privaträume des Präsidenten
„Endlich hast du mal einen Abend frei! Darauf freue ich mich schon seit Wochen. Und was ist mit euch, Kinder? Freut ihr euch auch, einen ganzen Abend mit Daddy zu verbringen?“ „Jaaaaaaaaaa!“ tönte es wie aus einem Mund und die drei Mädchen hüpften um ihren Vater.
Lächelnd kniete er sich in die Schar und umarmte und küsste sie. „Wie lieb’ ich euch doch habe!“, gestand er aufrichtig. Ehefrau Sandra lächelte schwach. Ihr Mann erhob sich, legte seine Arme um ihre Taille, legte den Kopf schief und sah sie liebevoll an. „Was ist mit dir, Honey? Bedrückt dich irgend etwas?“ Sandra befreite sich aus der Umarmung und sah zu Boden. „Ich habe heute Bilder gesehen. In einem persönlichen Brief an mich. Hungernde Menschen. Verhungernde Kinder. Zwölf Millionen allein in Ostafrika. Ich sah in die Gesichter der sterbenden Kinder und sah darin die unseren. Bitte, lass uns ihnen hel...“
„So“, sagte er streng, „und jetzt ist Schluss mit den Amtsgeschäften. Ich habe heute einen einzigen Abend nach vielen Wochen wieder einmal frei und den will ich mir nicht mit schrecklichen Bildern und Visionen verderben lassen. Ganz sicher nicht. Ich möchte ihn mit meinen Liebsten verbringen, ist das klar?“
Ein gehauchtes „Ja, natürlich“ entwich ihren Lippen und sie setzte ihr professionelles First Lady Lächeln auf. „Worauf haben wir heute Abend Lust?“
‚Auf Kinderretten – für meinen Teil jedenfalls...’ dachte sie; doch dieser Gedanke blieb ein unausgesprochener Gedanke.
Österreich, Wien, Privaträume des EU-Präsidenten
Peter stand vor seinem Kleiderkasten und griff wahl- und lustlos nach dem nächstbesten Anzug. Er hatte die vielen öffentlichen Auftritte langsam satt, den täglichen Anzug, den täglichen Leistungskampf und auch das täglich gleich freundliche Gesicht, das er vor sich hertragen musste. Er sehnte sich nach Ruhe, Entspannung und Zeit, wieder einmal ein Buch zu lesen oder unerkannt ins Kino gehen zu können. Der Preis für seine steile Politkarriere war hoch – viel zu hoch und er spekulierte bereits damit, der Politik nach Ablauf seiner Amtsperiode zu entsagen. Geld war reichlich vorhanden und somit brauchte er sich auch keine Sorgen wegen eines Jobs machen. Helena, seine Sandkastenliebe und treue Ehefrau begrüßte sein Vorhaben. Doch an jenem Abend schien sie in Gedanken vertieft zu sein, die ihr nicht zuträglich waren. Sie sah besorgt aus und Peter fragte sich, ob er sie darauf ansprechen sollte. Im gleichen Augenblick jedoch eröffnete sie das Gespräch und hoffte inständig, dass sie ihm kein Problem unterbreiten würde.
„Wann wird die EU eigentlich effektive Maßnahmen gegen den Hungertod am Horn von Afrika unternehmen? Die paar Kröten, die ihr flüssig gemacht habt, können doch nicht alles sein! Das wäre ja wirklich lächerlich. Hier sterben Millionen von Menschen! Kinder, die der Dürre wehr- und hilflos ausgesetzt sind. Wir haben die moralische sowie religiöse Pflicht, sie vor diesem grausamen Tod zu bewahren.“