Das Innere Kind in Dir - Eva-Maria Thal - E-Book

Das Innere Kind in Dir E-Book

Eva-Maria Thal

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Beschreibung

Jeder Mensch trägt sein inneres Kind in sich. Es ist mit allen seinen Kindheitserlebnissen, seinen Erfahrungen, Nöten und Schmerzen, aber auch seinen bunten Träumen, Sehnsüchten sowie Hoffnungen und vor allem seiner unverfälschten Liebe ein wichtiger Teil unseres Selbst. Gerade die Enttäuschungen, Entbehrungen und die mangelnde Zuwendung im Kindesalter sind häufig verdrängt und gut weggepackt, ohne wirklich verarbeitet zu sein. Sie beeinflussen daher unbewusst in vielschichtiger Art und Weise unser Leben. Aber, fragen Sie sich mit Recht, was kann ich konkret machen, um an mein inneres Kind heran zu kommen? Wie spreche ich es an? Wie er-fahre ich, wie meine Gefühle in meiner Kindheit wirklich waren? Und, wie gehe ich dann heute, in der Gegenwart, mit diesen alten Gefühlen um? Was mache ich, wenn ich mich auf dem Weg zu mir verirre und nicht weiter weiß? Wie kann ich heutige Frustrationen, meine Ängste, Depressionen oder meine Wut los werden? Wie schaffe ich es, dauerhaft glücklich und zufrieden zu leben? Die Antworten finden Sie in diesem Buch. Eva-Maria Thal beschreibt in ihrem Buch "Das Innere Kind in Dir" detailliert und praxisnah den zum Teil unter die Haut gehenden Prozess, der sie zu ihrem inneren Kind geführt hat. Mit ihrem ehrlichen und sehr offene Erzählstil verseht sie es, dem Leser schwierige Vorgänge nicht nur sehr verständlich sondern auch mit Humor sehr lebensnah zu schildern. Die einzelnen Schritte in der Therapie aber auch im Alltagsleben zeigen, dass Jeder diesen Weg gehen kann, um Kontakt mit seinem inneren Kind aufzunehmen und schließlich durch die Liebe zu seinem Kind zu einem selbstbewussteren und selbstsicheren Leben und damit - auf Dauer - zu einem glücklicheren Sein zu gelangen. Dieses Buch macht Lust, sich auf seinen eigenen Weg zu machen.

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Das Innere Kind in Dir

Titel SeiteImpressumWidmungEin erster Gedanke:In eigener SacheVorwortEinleitungAuf meinem WegWill ich oder will ich nicht?Die AnfängeOpferDas erste GesprächGroß und KleinDas erste Wochenende mit dem KindDer TeufelskreisMag ich mich?Was ist Liebe?Drinnen und draußenTraum und WirklichkeitKrankSelbstliebeWer bin ich?Gegenwart und VergangenheitVerlieren und FindenHeilende WundenAbschiedDie letzte StundeAlltagDer Ur-SchmerzErkenntnisseDer Kreis schließt sichRückblick und AusblickBibliographieAutorenportraitEva-Maria Thal

Das Innere Kind in Dir

Ein Reiseführer zu sich selbst

Eva-Maria Thal

Überarbeitete Neuauflage, 2017

Impressum

Alle Rechte für >Das Innere Kind in Dir< bei der Autorin.

Nachdruck – auch auszugsweise – nicht gestattet.

Layout/Texte © Copyright 2017 Jutta Slüiter

Coverbild© Gerrit Moll (Sophia & Luna) Coverdesign© Jutta Slüiter

Verlag:Jutta Slüiter

Apartado de correos No 145

38870 Valle Gran Rey, La Gomera

[email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH

Widmung

Dieses Buch widmen wir Dr. Klaus Jung ( † Februar 2003)

Ohne ihn, der uns auf unserem neuen Weg

liebevoll begleitet und unterstützt hat,

wäre dieses Buch niemals entstanden.

Mit tief empfundener Dankbarkeit

und einem liebevollen Lächeln für ihn

Die kleine und die große Eva

Dezember 2003

Ein erster Gedanke:

Wir haben lange genug gewartet!

Jetzt werf´ ich die Zeit

aus dem Fenster,

jetzt mach ich mich auf

und lass mich zu

jetzt trau ich mich

so verrückt zu werden

wie ich bin!

(Hans Kruppa, Weil es Dich gibt, 2002)

In eigener Sache

(Vorwort zur überarbeiteten Neuauflage)

Dieses Buch ist 2004 erstmals erschienen und wurde viel gelesen... Seitdem ist einiges passiert, auch in meinem Leben...

Nach wie vor lebe ich auf meiner kleinen spanischen Insel im Atlantik, La Gomera. Sie ist mir Heimat geworden und ich bin sehr glücklich hier.

Im September 2016 habe ich geheiratet und seit dem 03. Oktober 2016 sind wir zu Dritt. Luna, unser Fellkind, wurde an jenem Montag im Alter von 3 Wochen von ihrer Mutter getrennt und an einem Strand in den Felsen ausgesetzt, ohne Wasser und ohne Futter, getrennt von ihren zwei Brüdern, die an anderen Stellen hier im Tal ebenfalls ausgesetzt wurden. Eine Freundin fand Luna nach geschätzten 15 Stunden winselnd und total verängstigt in den Felsen. Ich sah sie in dem kleinen Beutel sitzen, den meine Freundin mir hinhielt, und wusste sofort, dieses kleine Wesen will nach Hause – zu uns.

Das kleine Hundebaby, 3 Wochen alt, 700 g leicht und ohne Zähne, war ab diesem Zeitpunkt mein Ein und Alles. Ich beschützte es wie mein eigenes Baby und hatte Symptome einer Schwangerschaft, wobei die morgendliche Übelkeit und die Lust auf saure Gurken noch das kleinste Problem waren. Ich hatte das Gefühl, mich aufzulösen und neu zusammenzusetzen… Ein vollkommen ungewohntes und neues Gefühl.

Erst einige Wochen später wurde mir klar, was die Aufnahme dieses Hundebabys in mein Leben mit mir gemacht hat. Es war wie eine abschließende Heilung tiefster Ängste und Schmerzen. Dieses verlassene ausgesetzte Baby aufzunehmen, zu schützen und zu beschützen, war, als würde ich mein eigenes inneres Kind endgültig heilen.

Und, genau das tat ich wohl auch.

Dieser kleine Welpe und ich, wir hatten dieselbe Geschichte. Indem ich mich um dieses verlassene und verlorene Wesen kümmern durfte und konnte, habe ich auch mein inneres Kind noch einmal aktiv aus seiner Not, aus seinem Ur-Schmerz, befreien können.

Es war eine Neugeburt.

Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, dass ich zwar seinerzeit meinen Ur-Schmerz erkannt habe, aber noch Bruchstücke in mir nicht wirklich heilen konnten. Das Urvertrauen, dieses innere Gefühl von absoluter Sicherheit, dieses >Mir-kann-nichts-passieren-Vertrauen<, das habe ich erst mit Luna lernen dürfen. Durch dieses kleine Wesen, das sich blind und mit vollkommenem Vertrauen – ohne Angst – mir anvertraut hat, habe ich erkannt, wie einfach es sein kann. Man muss es nur tun: sein Herz vollkommen öffnen und bedingungslos bereit sein, seinen Weg in Liebe zu sich selbst zu gehen.

Mein inneres Kind und ich, wir sind dadurch noch mehr zu einer Einheit verschmolzen. Folgerichtig war es damit Zeit, mein Pseudonym zu lüften. Ende 2016 habe ich mich mit meinem Namen zu diesem Buch bekannt. Seitdem veranstalte ich, zusammen mit meinem Mann, der mich mit seinen eigenen Texten und seiner Musik begleitet, regelmäßig Lesungen und Themenabende zum >Inneren Kind<. Es ist mir eine große Freude, dieses so wichtige Thema jetzt auch persönlich in die Welt zu bringen.

Genauso glücklich bin ich, dass Sie sich dazu entschieden haben, die überarbeitete Fassung zu lesen. Ich kann Ihnen nach wie vor versichern, dass es nichts Schöneres gibt, als sich auf seinen Weg zu sich selbst zu machen und bei sich anzukommen.

Hilfreich könnte hierbei die von mir ergänzend neu erstellte Praxisanleitung >Der Reiseführer zu Deinem Inneren Kind< sein. Aufgrund vieler Anfragen und Anregungen von Lesern habe ich mich dazu entschlossen, dieses Buch als praktische Übungsanleitung zu schreiben. Durch seine sehr einfache und übersichtliche Gliederung stellt es zum einen die Essenz aus dem Buch >Das Innere Kind in Dir< dar, hebt gleichzeitig aber auch wichtige einzelne Aufgaben und Arbeitsschritte deutlich hervor. Durch die ergänzenden Erläuterungen ist der Weg sehr gut gegliedert und übersichtlich dargestellt. Zudem habe ich viel Platz für eigene Erfahrungen und Gedanken gelassen, so dass es für Sie im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht ;-) ist und Ihnen viel Spaß machen wird, den Weg zu Ihrem eigenen inneren Kind zu gehen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Freude dabei.

Es grüsst Sie die kleine und die große Jutta

Valle Gran Rey, 01. Juli 2017

Vorwort

Vor Jahren kam eine Patientin zu mir, mit sich selbst uneins, verzweifelt, getrieben durch Handlungen wider dem eigenen Willen, Zwängen unterworfen, die sie weder verstehen noch steuern konnte.

Niemand, der sie erlebte, mochte glauben, dass dieses fröhliche, kapriziöse Energiebündel in einer Not lebte, die es wiederholt an die Grenze der Selbstzerstörung trieb. Andererseits war sie unter gewissen Bedingungen so >obenauf<, dass sie selbst diese Lebensbedrohung in sich nicht wahrhaben wollte. Dazu fand sie noch einen Partner, der ihr über Jahre hinweg mit einer außerordentlichen Stärke immer wieder in liebender Zuwendung über die tiefen Krisen hinweg half.

Durch dieses Buch verstehen wir auch, dass es Verstrickungen gibt, die ein Suchen nach therapeutischer Hilfe trotz großer Bedrängnis verhindern. Ist es für die meisten Menschen an sich schon schwer, einen Psychotherapeuten aufzusuchen, so liegt in dem mit einem solchen Zustand verbundenen ständigen Wollen und zugleich Nichtwollen, eine weitere Behinderung, nach echten Lösungen zu suchen.

In dem vorliegenden authentischen Bericht der Autorin wird ihre Not, in der eine Hilfe von außen unumgänglich wird, greifbar. Auch wird klar, dass es keineswegs Intelligenz- oder Willensmangel ist, der einen Menschen so lange zögern lässt, den helfenden Weg einzuschlagen.

Wenn im Laufe der Therapie Konturen dieser aus der Tiefe heraus zerreißenden Kräfte immer deutlicher werden, bedarf es nicht nur der Erfahrung eines Therapeuten. Mut und Gewissheit sind gefordert, die er auf den in großen Ängsten schwebenden Patienten übertragen muss. Die Patientin lässt durch ihr Buch jeden miterleben, in welche Verzweifelung sie durch die DeKiD-Arbeit gerät. Gleichzeitig zeigt sie aber sehr lebensnah auf, wie es ebenfalls möglich ist, sich hieraus zu befreien.

In den letzten Jahrzehnten sind Methoden entwickelt worden, die, in DeKiD gebündelt, Wege aufzeigen, die der Patient dann auch unabhängig vom Therapeuten alleine gehen kann, um weitere Reifungsschritte zu machen, d.h. selbstsicherer, ausgeglichener und angstfrei zu werden.

Manchmal stellt sich einige Zeit nach der Therapie heraus, dass noch nicht alle Störkräfte ausgeräumt werden konnten. Dazu müssen nicht, wie bei der Autorin, mehrere Jahre vergehen. Meistens sind dann auch nur wenige Stunden erneuter Arbeit zusammen mit dem Therapeuten erforderlich, um eine weitere Reifungsstufe zu erreichen.

In dem hier im Buch dargestellten Fall ist in harter Arbeit eine Befreiung von herunterziehenden Kräften gelungen, die einen hohen Wert hat. Die Autorin fühlt sich anhaltend so wohl, dass trotz erkennbarer weiterer Möglichkeiten der DEKID-Arbeit, die von der Autorin jetzt erreichte Stufe der Befreiung voll gelebt werden kann.

Bleibt mir noch zu sagen, dass die Autorin in ihrer kecken, lebendigen Art einen Weg der Darstellung schwieriger und sehr persönlicher Vorgänge gefunden hat, der nicht nur spannend zu lesen ist, sondern auch Ernst, Tiefe und Sachkenntnis aufweist. Ein Buch, das anderen helfen könnte, die für sie notwendigen Entschlüsse zu fassen. Dieses Buch ist eine Arbeit geworden, für die ich der Autorin nicht nur meine Anerkennung, sondern auch meinen Dank sagen möchte.

Dr. Klaus Jung

Ohlstadt, Juli 1997

Einleitung

Seit einer Woche bin ich auf La Gomera, einer kleinen spanischen Insel im Atlantik. Es geht mir gut. Endlich! Ich bin glücklich. Ich hatte vergessen, was das bedeutet und wie sich das anfühlt.

In meinem bisherigen 37-jährigen Leben gab es immer mal wieder Momente des Glücks, Augen-Blicke. Sie vergingen aber mindestens genau so schnell wie sie gekommen waren. Meistens machte ich sie abhängig von anderen Menschen. Es gab für mich kein Glück mit mir. Stets legte ich die Verantwortung für meine Zufriedenheit in die Hände Dritter. Das Verrückte daran war: Selbst, wenn alle meine Erwartungen und Ansprüche erfüllt wurden, war ich nie wirklich glücklich. Immer fehlte irgendetwas.

Und heute?

Ich schlage morgens meine Augen auf und freue mich auf den Tag mit mir. Was ist passiert?

Vor sieben Jahren starb plötzlich mein Vater. Ich fühlte mich, als säße ich in einem rabenschwarzen Loch. Als ich vor seinem Grab stand, war ich nur wütend. Wieso ließ er mich - wie so oft in meinem Leben - wieder mal mit all` meinen Problemen alleine? Ich hatte noch tausend Fragen und wusste auf einmal, von ihm würde ich keine Antworten mehr bekommen. Er war gegangen, so, wie er immer gegangen war - mit einer Ausnahme: dieses Mal für immer. Er überließ mich mir selbst! Damals war mir nicht klar, dass mein Vater nur das eine - offensichtliche - Problem für mich darstellte.

In demselben Jahr feierte ich meinen 30. Geburtstag. Der zweite Schock! Jetzt war es also so weit. Ich musste mein Leben endlich in den Griff kriegen. Verdammt! Ich war jetzt 30 Jahre alt! Damit hatte ich schließlich eine entscheidende Schwelle in meinem Leben überschritten: Ich war jetzt erwachsen.

Nur, was bedeutete das? Heiraten? Kinder kriegen? Haus bauen? Baum pflanzen?

Ich sah mich in meinem Leben um: Da war mein Freund, der nach einer achtjährigen Beziehung nur darauf zu warten schien, mich endlich zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen. Da waren Freunde und Bekannte, die sich in ihrem Leben auf Dauer eingerichtet hatten. Plötzlich wusste ich, dass das alles nicht mein Ding war. Ich war noch nicht so weit, mein Leben in diese festen Bahnen zu lenken.

Aber, was wollte ich? Ich hatte keine Ahnung. Um irgendetwas zu tun, zog ich aus dem Haus, in dem ich mit meinem Freund lebte, aus und suchte mir eine Wohnung. Mein eigenes kleines Reich.

Okay! Und nun? Besser ging es mir damit auch nicht. Im Gegenteil!

Damals war mir nicht klar, dass ich mich selber überall mit hinnehme und mit mir auch all` meine unbewältigten Kindheitstraumen, Ängste und Nöte. Weil ich mir das nicht eingestehen wollte, begann ich, vor mir selber wegzulaufen. Solange, bis ich eines Tages feststellte, dass ich nicht nur mich dabei verloren hatte, sondern auch gar nicht mehr wusste, wohin ich eigentlich lief. Ich fühlte nur, dass es mir schlechter ging als jemals zuvor.

Ein Gedicht von Norbert Esser zierte damals die Wand über meinem Bett:

Fühle meine Tränen

Spüre meine Schmerzen

Weiß von meinen Ängsten

Kenne mein Alleinsein

Ahne mein Chaos

Will weg von mir

Mein Hausarzt, den ich in meiner Verzweifelung aufsuchte, verschrieb mir eine Vier-Wochen-Kur in Ohlstadt, einem kleinen Dorf in der Nähe von München - weit weg von Berlin, meinem Zuhause. Gleichzeitig riet er mir zu einer Therapie bei Dr. Jung.

Ich? Eine Therapie? Wozu das denn? So schlecht ging`s mir doch nun auch wieder nicht.

Heute weiß ich, dass es mir noch viel schlechter ging, als ich es damals ahnte. Dr. Jung mit seiner selbst entwickelten Therapieform DeKiD - Dein Kind in Dir -, die Elemente der Gesprächstherapie, der Psycho- und Transaktionsanalyse sowie der Gestalttherapie einschließlich des Psychodramas enthielt, hat mir geholfen, mein Kind in mir, mich, wiederzufinden. Es war ein mühsamer, manchmal schmerzvoller Weg, auf dem ich nach und nach bereit und in der Lage war, diese kleine, so sehr verletzte Eva anzusehen, mit ihr zu reden und ihr zuzuhören. In kleinen Schritten und mit viel Geduld schaffte ich es - unterstützt von Dr. Jung - dieses Kind, und damit mich selbst, von all den Zwängen und Schmerzen zu befreien, unter denen ich schon so lange litt. Mehr noch! Ich lernte, mit diesem Kind zu lachen, Spaß zu haben und es zu lieben, so wie es ist.

Heute sitze ich mit der kleinen Eva in mir auf der Dachterrasse meines Appartements auf La Gomera und freue mich darauf, alles, was ich mit ihr erlebt habe, aufzuschreiben. Dabei werden mir die Ton-Kassetten, auf denen die Therapiestunden bei Dr. Jung aufgezeichnet sind, sowie meine Tagebücher helfen. Ich werde meinen Weg beschreiben, der die große und die kleinen Eva zusammengebracht hat und echte Freundinnen werden ließ.

Und, warum dieses Buch?

Es gibt für mich mehrere Gründe, dies alles aufzuschreiben: Ich möchte mit meiner Vergangenheit Frieden schließen, um ausschließlich in der Gegenwart leben zu können. Gleichzeitig beschreibe ich in diesem Buch die Therapieform DeKiD in der Praxis. Sie ist eine Selbst-Therapie. Um sich auf die Suche nach seinem eigenen inneren Kind zu machen, kann eine dritte Person, ein Therapeut, durch dieses Buch entbehrlich werden. Es wird deutlich, dass der Therapeut das Kind in Dir ist und Du mit Hilfe Deines inneren Kindes alles, was Dich belastet, loswerden kannst.

Ich hoffe sehr, dass es mir gelingt, meinen Weg so hautnah zu beschreiben, dass jede/r, die/der sich ebenfalls auf diesen Weg zu sich selbst einlassen will, loslaufen wird und sich darauf freut, sich wiederzufinden.

Denn: Es gibt nichts Schöneres, als sich zu suchen, zu finden und mit sich selbst glücklich zu sein.

Großes Indianer-Ehrenwort!

Eva-Maria Thal

La Gomera, 03.06.1997

Auf meinem Weg

An einem Donnerstagmorgen Ende August startete ich mit meinem Auto Richtung München. Zwanzig Kilometer vor Ohlstadt hielt ich auf einem Rastplatz an.

Ich wollte nicht ankommen. Wohin würde mich dieser Weg führen? Wenn ich es so recht bedachte, ging es mir doch eigentlich ganz gut. Also? Was machte ich hier? Wäre es nicht leichter, einfach umzukehren?

Doch dann fiel mir wieder ein Gedicht aus jenem Gedichtband von Norbert Esser ein, das ich so sehr liebte:

Unterwegs

Dein Körper schreit nach Zärtlichkeit

Du weißt - nur gelebte und erlebte Zärtlichkeit

lässt Dich das Morgen ertragen

Du triffst auf nackte Körper die vorgeben

zu wärmen - und Du frierst

die 37 Grad Körpertemperatur

- die Alltagswärme -

die kennst Du schon

die reicht nicht mehr!

Unterwegs

mit dem Schmerz im Mundwinkel

um das Wissen der Austauschbarkeit

das Streicheln ohne Hände

und

das Suchen nach Worten

die Du mehr fühlst als hörst

wo Vergangenes und Zukünftiges sich auflöst

doch

unter jedem Kopf quält sich ein anderer Körper!

Mach` Dich frei von sinnlosen Umarmungen!

Sonst treibst Du im «Naja« des Lebens

und erkennst nichts und niemanden

Unterwegs

in Sachen warmer Haut

Ja, das war`s doch! Genau das war doch der Grund, weshalb ich mich auf meinen Weg gemacht hatte. Ich wollte erkennen. Ich wollte mich finden!

Nachdem ich einige Zigaretten geraucht hatte, fuhr ich weiter. Ich bezog mein Zimmer auf dem Kurgelände, in dem ich mich sofort wohlfühlte. Von meinem Balkon hatte ich einen Blick auf einen wunderschönen Garten mit altem Baumbestand, dahinter stiegen sanft die Almen an, auf denen Kühe ruhig grasten. Ihre Glocken hörte ich bis zu mir. Dahinter dann die bayrischen Berge. Alles sah so anders aus als bei mir Zuhause …. Ein Idyll.

Abends fanden sich die 120 Kurgäste, die zeitgleich angereist waren, um die nächsten vier Wochen zusammen zu kuren, zum Abendessen ein. Ich versuchte sofort, Gleichaltrige ausfindig zu machen. Wie immer hatte ich Glück! Die sich hier versammelnden Menschen waren nicht, wie in dem Kurprospekt dargestellt, mindestens 60 Jahre oder älter, sondern tatsächlich - zumindest einige - erheblich jünger. Na, das sah doch schon mal vielversprechend aus. Aufatmen! Jetzt nur noch mit netten jungen, lockeren Leuten in eine Gruppe kommen, dann sind die 4 Wochen gerettet....

Tja, dieses Mal hatte ich Pech!

Als Privatpatientin gab es für mich nur die Möglichkeit, in die Chefarzt-Gruppe zu kommen. Wir trafen uns nach dem Abendessen und sofort stellte ich fest, dass nach mir ein 40-jähriger Polizist und zwei 46-jährige Kurler die Jüngsten waren. Natürlich war auch der Kurälteste, ein 68-Jähriger mit von der Partie. Na, super! Das konnte ja lustig werde. Und, schon wieder war der Gedanke da: >Bloß weg hier!<

Aber, bereits am nächsten Tag - ein langes Wochenende stand schließlich vor der Tür - hatte ich eine Clique von fünf Personen um mich versammelt, alle zwischen 21 und 28 Jahre alt. Mit ihnen hatte ich dann auch gleich am ersten Wochenende viel Spaß, besonders mit einem 24-Jährigen. Und je mehr ich mich auf diesen jungen Mann einließ, desto weiter entfernte ich mich von Dr. Jung.

Weshalb war ich eigentlich hier? Ging es mir mal schlecht? Wie und wann war das noch?

In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte ich einen merkwürdigen Traum:

Mein Freund Rainer, von dem ich mich getrennt hatte, ritt auf einem Pferd durch einen Fluss. Das Pferd war gesattelt und hatte Zaumzeug. Ich lief auf der Straße, die parallel zu dem Fluss verlief. Ich sagte zu Rainer: >Warum reitest Du denn in dem Fluss? Komm` doch auf die Straße. Das ist nicht so gefährlich!<. In diesem Moment stolperte das Pferd und riss auch Rainer mit in den Strom. Nach einer Weile tauchte mein Freund wieder an die Wasseroberfläche, stand in dem Fluss, das Zaumzeug und den Sattel in seinen Händen. Das Pferd galoppierte davon. >Lass` das Pferd nicht weglaufen!<, schrie ich >Lauf hinterher, hol` es zurück!< Völlig verzweifelt lief ich zu meiner Mutter. Ich musste irgendetwas tun. >Das Pferd ist weg!!! Hilfe!!< Meine Mutter reagierte völlig gelassen. >Ach, das kommt schon wieder! Lass` es laufen!<

NEIN!!!! Ich war voller Panik, weil ich wusste, dass das Pferd nicht zurückkommen wird. Ich rannte zur Garage, um mein Fahrrad zu holen. Ich musste etwas tun, das Pferd einholen! Irgendwie! Auf dem Weg zur Garage musste ich an dem Auto meines Vaters vorbei. Die Kofferraumhaube stand offen, beide Vordertüren waren geöffnet. Mein Vater lag quer auf den Vordersitzen. Als ich ihn sah, rief ich meiner Mutter zu >Was ist denn mit Papa los? Warum liegt der denn so merkwürdig in seinem Auto?< Meine Mutter sagte: >Es geht ihm ganz schlecht. Er hatte wieder Herzattacken und schafft es jetzt nicht mehr, ins Bett zu kommen. Deshalb liegt er da<. >Aber, wir können ihn doch nicht hier liegen lassen. Wir müssen doch was tun? Wollen wir nicht zusammen versuchen, ihn ins Bett zu bringen?<

Ich war völlig verzweifelt. >Papa!!! Papa!!!! Los, komm! Ich helfe Dir. Du musst versuchen, ins Bett zu kommen. Du kannst hier doch nicht liegen bleiben!!< Mein Vater antwortete: >Nein! Man muss wissen, wann es zu spät ist. Wann die Zeit gekommen ist, zu gehen. Meine Zeit ist jetzt gekommen.< >Dann bleib` da liegen<, dachte ich und holte mein Fahrrad. Auf dem Rückweg sah ich meine Schwester am Auto bei meinem Vater stehen. Als ich neben ihr stand, sah ich, dass mein Vater gestorben war. Das Merkwürdige war, wie er auf den Sitzen lag: wie ein Kleinkind in seinem Bettchen! Seine Arme hatte er hochgezogen und um seinen Kopf gelegt. Er lag friedlich und gelöst da, als würde er schlafen. Kein Bild, das mich erschreckte. Meine Schwester rannte entsetzt zu meiner Mutter. Als ich ihren Schrei hörte, wachte ich auf.

Ich lag hellwach in meinem Bett. Es war stockfinster und trotz des warmen Daunenbettes hatte ich eine Gänsehaut. Dieser Traum machte mir Angst. Es waren so klare Bilder, die ich noch immer ganz deutlich vor mir sah. Schrecklich... irgendwie...

Diesen Traum musste ich mir merken! Der hatte etwas zu bedeuten... Da ich sowieso nicht mehr schlafen konnte, machte ich das Licht an und schrieb ihn vorsichtshalber in mein Tagebuch. Man konnte ja nie wissen.

Am folgenden Montag sollte ich, so war es locker verabredet, um 18 Uhr zu Dr. Jung in sein Privathaus kommen. Deshalb rief ich ihn mittags an.

»Ja, hallo! Eva-Maria Thal hier...«

»Guten Tag, Frau Thal. Schön, dass Sie anrufen. Eigentlich habe ich Ihren Anruf schon früher erwartet. Sie sind doch schon seit letztem Donnerstag hier, oder?«

Ja, spinnt der? Was bildet der sich denn ein? Schließlich waren wir doch erst für heute Abend verabredet?

»Ja, also.... Ich rufe wegen des Termins heute Abend an... Ähm... also...«, stotterte ich vor mich hin. »Heute Abend findet im Kurhaus ein Diavortrag über Herzrhythmusstörungen statt, den ich unbedingt hören möchte. Leider kann ich dann heute nicht zu Ihnen kommen....«

Schweigen am anderen Ende der Leitung.

»Hallo, sind Sie noch da?«, fragte ich.

»Ja, Frau Thal, ich bin noch da«, tönte mir eine ruhige, sachliche Stimme ans Ohr. »Wenn Sie heute nicht kommen, dann habe ich in den nächsten vier Wochen keine Zeit mehr für Sie.«

Jetzt war es an mir, sprachlos zu sein. »Okay, dann eben nicht«, sagte ich und legte auf.

Auf der nachmittäglichen Bergwanderung fluchte ich nur noch wütend vor mich hin. Was bildet sich dieser Typ eigentlich ein? Glaubt er, er kann, wie es ihm passt, über meine freie Zeit verfügen? Ein alter Tattergreis von fast 70 Jahren?! Was will der mir, einer Frau, und dann noch 40 Jahre jünger, überhaupt erzählen? Der ist doch gar nicht mehr im Geschäft! Was weiß der denn von meinen Problemen? Der kann doch SEX nicht mal buchstabieren, geschweige denn, darüber reden. Der ist doch jenseits von Gut und Böse! Nee! Also ehrlich! Eine Frechheit, wie der mich behandelt!! Typisch Mann!! Machogehabe hört wohl nie auf, auch mit 70 nicht! Vermutlich isser nur auf mein Geld scharf! Also, der wird an mir keinen Pfennig verdienen! Nee, nee, so nicht, mein Lieber! Nicht mit mir! Wirklich nicht!

Fluchend stapfte ich durch die Bergwelt. Ich war mir so sicher, dass ich alles brauchte, nur keinen alten Mann, der mir das Leben und die Welt erklärt.

Punkt 18 Uhr klingelte ich an der Haustür Dr. Jungs. Mit Herzklopfen erwartete ich einen Tattergreis am Stock...

Die Tür ging auf und als erstes sah ich zwei strahlende, glückliche, blaue Augen, die so viel Lebendigkeit in sich hatten, dass es mich stumm machte. Herzlich bat er mich, hereinzukommen.

So betrat ich zum ersten Mal sein Arbeitszimmer, das mir so wichtig werden sollte. Mit einem Blick erfasste ich den Raum: die vielen Bücher in den Regalen, die tausend scheinbar unsortierten Papiere auf dem Schreibtisch, zwei bequeme Sessel, die sich, getrennt von einem kleinen Tischchen, gegenüberstanden. Auf dem Tischchen stand ein Kassettenrekorder mit aufgeklapptem Deckel, bereit, eine Kassette aufzunehmen.

Während mir das Herz bis zum Hals klopfte, setzte ich mich in den Sessel, der das große Fenster hinter seiner hohen Rückenlehne hatte. Mein Mund war wie ausgetrocknet.

Und jetzt? Was sollte ich ihm bloß sagen?

Will ich oder will ich nicht?

Da saß ich nun, mit viel zu schnell klopfendem Herzen und feuchten Handflächen. Mein Gott! Seit wann irritiert Dich ein Siebzigjähriger? Gleichzeitig wusste ich aber, dass diese Situation neu war. So etwas hatte ich noch nie mitgemacht. Komm! Los! Sag` irgendetwas!

»Was hat eigentlich der Kassettenrekorder zu bedeuten?« Während Dr. Jung eine Kassette in den Rekorder legte und auf >Aufnahme< drückte, erklärte er: »Ich werde die Stunden, die Sie hier verbringen, aufzeichnen.« Ach, nee... »Die Kassetten bekommen Sie. Ich behalte hiervon nichts.« Hörte sich schon besser an.

»Das hat den Vorteil, dass Sie zu Hause jedes hier geführte Gespräch Wort für Wort noch einmal anhören können und damit die Stunden immer verfügbar haben. Im Laufe meiner Therapieerfahrung hat sich gezeigt, dass Patienten Worte überhören, die ich sage oder eigene Worte nicht mehr so genau wissen. Durch diese Bandaufnahme geht kein Wort, kein Lachen, kein Seufzen verloren.«

Ob das so gut ist, dachte ich. Egal, ich musste sie mir ja nicht noch mal anhören. Als hätte er meine Gedanken erraten, sagte Dr. Jung:

»Ich gebe Ihnen in jeder Stunde sogenannte Hausaufgaben auf. Eine hiervon ist immer, die Kassette der letzten Stunden noch einmal zu hören. Dabei sollten Sie immer darauf achten, ob ich Sie richtig verstanden habe oder ob Sie es genauso gesagt haben, wie Sie es gemeint haben. Häufig kommt es auch vor, dass die Patienten zu der letzten Stunde noch Fragen haben. Sollte es Ihnen auch so gehen, schreiben Sie sie auf und stellen sie bitte in der nächsten Stunde.«

Er riet mir, ein Tagebuch zu führen. So würde kein auch noch so flüchtiger Gedanke verloren gehen. »Ich schreibe schon seit 20 Jahren Tagebuch.«

»Fangen Sie ein neues an. Es geht nicht darum, wen Sie hier in der Kur kennengelernt haben oder was Sie erleben. In diesem Tagebuch geht es ausschließlich darum, was Sie mit sich selbst erleben. Das ist etwas Neues und sollte auch in einem neuen Buch stehen. Sie beginnen hier etwas, das ist ganz anders als alles, was Sie vorher gemacht haben. Natürlich können Sie Ihr altes Tagebuch weiterführen...«

Worauf Sie sich verlassen können! Genau das ist mir nämlich wichtig: Wen ich hier kennenlerne und was ich hier erlebe.

»Die anderen Hausaufgaben, die ich Ihnen aufgeben werde, ergeben sich aus den jeweiligen Stunden.«

Dies seien keine Aufgaben wie in der Schule. Es gäbe nicht die perfekte Lösung. Es gäbe auch keine Zensuren.

»Jeder Patient soll versuchen, die jeweilige von mir gestellte Aufgabe zu bewältigen. Das Ergebnis der DeKiD - Therapie ist: >Ich hab` es geschafft< oder >Ich hab` es nicht geschafft<. Ich will keine Lösung der Aufgaben auf Teufel komm ´raus. Wenn die Aufgabe von Ihnen nicht bewältigt werden konnte, dann werden wir gemeinsam versuchen, herauszufinden, wo die Gründe hierfür liegen. Es können zum Beispiel Widerstände auftreten, die häufig viel wichtiger sind als die Lösung.«

Na gut. Klang ja alles ein bisschen nach Arbeit... Aber, schau`n wir mal! Neben meiner geballten Skepsis spürte ich auch gleichzeitig so etwas wie Spannung in mir aufsteigen...

Dr. Jung erläuterte, dass seine Form der Therapie kein Auseinandernehmen der Persönlichkeit des Patienten sei.

»Kein DeKiD - Patient nimmt am Ende Bruchstücke seines Selbst mit nach Hause. Das wäre ja auch schrecklich! Bei DeKiD gibt es Stufen: Stufen der Befreiung und Verselbstständigung. Bereits am Ende dieser vier Wochen werden Sie auf einer höheren Stufe der Befreiung stehen als heute. Die Erfahrung, mit sich umzugehen, kann Ihnen niemand mehr nehmen. Das haben Sie immer in sich, auch wenn Sie - nach Ohlstadt - wieder in Ihrem Alltag sind. Was Sie dann daraus machen, ist alleine Ihre Sache. Sie alleine arbeiten an Ihren Problemen.«

Es sei nicht gesagt, dass ich nach vier Wochen meine sämtlichen Probleme gelöst hätte. Es gäbe bei DeKiD kein Ende. Die absolute Befreiung zu erreichen sei eine Illusion.

»Die Stufen der Befreiung in DeKiD bedeuten, immer ein Stückchen freier und nicht mehr geplagt zu werden von irgendetwas. Wichtig ist dabei, dass Sie keine Angst haben. Es wird nichts mittendrin abgebrochen. Sie werden nicht frühzeitig nach Hause geschickt. Das wäre wirklich furchtbar und wird nicht geschehen! Sie bekommen mit DeKiD ein Instrument an die Hand. Ich helfe Ihnen, dieses Instrument zu erlernen und damit selbstständig umzugehen. Nach vier Wochen werden Sie nach Hause fahren und dieses Instrument für sich weiter nutzen können. Ich hoffe, Sie werden es auch weiterhin tun. Und, noch eins ist mir wichtig: Sie sollen wissen, dass sie jederzeit wiederkommen können.«

Er sprach dann die von mir gleichzeitig zu absolvierende Kur an. Es sei ihm wichtig, dass ich diese für Körper, Geist und Seele so wichtige Kur vollständig mitmache.

»Sie ist etwas Einmaliges. Deshalb werden die Termine für diese Therapiestunden immer außerhalb des Kurprogramms liegen. Was für Sie natürlich eine Doppelbelastung bedeutet. Es ist sehr zeitaufwendig: die Stunden hier bei mir, die Kassetten noch einmal hören, die Hausaufgaben machen, das Tagebuch schreiben... All` das bedeutet freiwilliger Verzicht auf autogenes Training und vieles mehr. Der Chefarzt weiß und versteht das. Sie werden merken, wie viel wichtiger die Arbeit mit sich selbst ist im Vergleich zu irgendeinem Vortrag über Ernährung oder Herzrhythmusstörungen.«

Okay! Der Punkt ging an ihn…

»Was Sie auch brauchen werden, ist Kraft. Ich selbst weiß, wie viel Spaß es macht, in der Gruppe zu wandern und abends bei diversen Schoppen Wein zu feiern. Sie werden schnell Menschen kennenlernen, mit denen Sie zusammen fröhlich sein können und wollen.«

Schon passiert...

»Ich hatte mal eine Patientin, die hat die Therapie abgebrochen, weil ihr die geselligen Zusammenkünfte wichtiger waren. Das sollte Ihnen nicht passieren. Sie sollten diese Treffen auf ein Minimum reduzieren, wobei Sie damit rechnen müssen, dass andere Ihren Rückzug nicht immer verstehen werden. Aber ich rate Ihnen, auch hier ganz ehrlich zu sein und den anderen den wahren Grund hierfür zu nennen.«

Tausend Gedanken liefen durch meinen Kopf... Wollte ich das? Michael ist so süß! Ich will viel mit ihm zusammen sein und das geht eben nur abends, weil er nicht in meiner Wandergruppe ist. Wie viel Schlaf brauchte ich eigentlich? Sollte ich nicht doch lieber gehen, bevor ich richtig angefangen hatte? Noch ist es nicht zu spät... Alles halbherzig zu machen, das bringt`s ja wohl auch nicht! Also? Was tun?? Gehen? Oder bleiben und versuchen, alles unter einen Hut zu bringen? Ach Shit, wäre doch gelacht, wenn ich das nicht irgendwie hinkriege! Zumindest könnte ich ja auf jeden Fall erstmal diese Stunde zu Ende mitmachen. Wenn ich schon mal hier bin....

Was hatte er gesagt? Vielleicht sollte ich lieber zuhören! Zum Glück hatte ich ja die Kassette...

»...eine Patientin erzählte, dass sie früher in so einer Kur immer ein paar Männer angemacht hätte. >Aber, seitdem ich meine Kleine bei mir habe, brauch` ich das gar nicht mehr. Da würden uns Männer nur stören<.«

Tja, gut, dass die Menschen verschieden sind....

»Wenn Sie sich hier in einen Mann verlieben, sollten Sie mit der Therapie aufhören. Dann können Sie gar nicht offen sein für Ihr Kind und für die erforderliche Arbeit mit ihm.«

Mit einem abwartenden Blick sah dieser Mann mich an. Konnte er hellsehen? Und, wenn ja, was sah er noch? Das alles machte mir eine leichte Gänsehaut.

Okay, jetzt war ich wohl dran. Womit sollte ich nur anfangen?

»Ja, ähm... also… tja…«, stotterte ich, »mir ist schon klar, was Sie meinen... Ich bin mit ganz, ganz viel Angst vor dem, was auf mich zukommt, nach Ohlstadt gefahren. Mein normalerweise zu niedriger Blutdruck wird hier täglich gemessen, weil er viel zu hoch ist. Ich weiß, dass es daran liegt, dass ich Angst habe. Ich glaube, einen höheren Blutdruck als heute Abend auf dem Weg zu Ihnen hatte ich noch nie!«

»Das ist sehr interessant. Der Blutunterdruckler läuft auf Sparflamme, als wäre er gedrosselt. Viele Depressive haben einen viel zu niedrigen Blutdruck. Sie dagegen sind engagiert. Angst zu haben bedeutet Engagement. Beides, Bluthoch- und Blutunterdruck ist nicht gut, aber Beides hat seine Gründe. Sie werden vermutlich nach einigen Stunden hier einen noch höheren Blutdruck bekommen. Machen Sie sich aber deswegen keine Sorgen. Die Wander-Kur steuert dagegen: Sie gleicht durch das Bergwandern Blutdrucke aus. Wissen Sie was? Eigentlich freue ich mich sogar ein bisschen, dass es bei Ihnen so ist.«

Wenn der wüsste, welche Gründe ich hierfür noch anführen könnte... Aber egal! Weiter geht`s! Da musste ich jetzt irgendwie durch.

»Meine Angst basiert wohl zum einen darauf, dass ich überhaupt nicht einschätzen kann, wie es mir während und nach der Therapie gehen wird. Dann die Kur... Als ich die Bilder in dem Kurprospekt sah, bin ich davon ausgegangen, dass ich hier nur mit Menschen ab 55 Jahren zusammen bin, alle ein bisschen verknöchert, alle ein bisschen wehleidig. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich da ´reinpassen sollte. Ich dachte aber auch, wenn`s wirklich so ist, habe ich wenigstens Zeit für mich und die Therapie. Vielleicht ja auch nicht schlecht. Aber, jetzt komme ich hier an und stelle fest, dass hier Leute in meinem Alter oder noch jünger sind, alle locker und gut drauf. Mit ihnen möchte ich auf jeden Fall weiterhin etwas unternehmen... Auch abends.«

So! Das war geschafft! Besser isses, wenn er von vornherein nicht zu hohe Erwartungen hat!

»Ja, ja«, lachte Dr. Jung. »Ich glaube, Sie wissen selber auch, dass es ein Weglaufen ist?«

»Mir ist klar, dass der Vortrag über Herzrhythmusstörungen für mich ein Vorwand war, um den Termin hier bei Ihnen heute zu verschieben. Nach unserem Telefongespräch war ich dann nur noch wütend und wollte gar nicht mehr kommen.«

Warum sollte ich nicht ehrlich sein? Vielleicht war es ja eh` die erste und letzte Stunde bei ihm!

»Ihre Wut habe ich schon gemerkt«, lächelte er. »Um so besser, dass Sie jetzt doch hier sind.«

»Im Laufe des Nachmittages habe ich mir irgendwann gesagt >Du hast die einmalige Chance, für Dich etwas zu tun. Wirf´ sie nicht weg<.«

»Genau!! Sie sollten Prioritäten setzen. Dass Sie heute Abend zu mir gekommen sind, zeigt, dass Sie anfangen, dies zu tun. Und das, obwohl Sie ja gar nicht wissen können, was mit Ihnen passiert. Ihnen ist nur klar, dass es Sie persönlich angeht. Kontakte mit Dritten zwar auch, aber die Selbstbestätigung, die Sie durch diese Kontakte erfahren, reicht nicht wirklich aus. Sie laufen vor sich selber weg. Freunde zu gewinnen ist etwas sehr Schönes, ist aber etwas anderes, als sich einen Liebhaber für vier Wochen zu suchen.«

Wieso kann ein Liebhaber nicht auch ein Freund sein? Ach, egal! Er kann ja nicht alles wissen. Vielleicht war das ja auch vor 50 Jahren anders?

»Aber«, fuhr er fort, »mich interessieren viel mehr die Gründe, weshalb Sie zu mir gekommen sind.«

»Konkreter Anlass ist ein Chaos, in dem ich seit Beginn des Jahres lebe. Ich bin aus der Wohnung, in der ich mit meinem Freund wohnte, halsüberkopf ausgezogen. Es war mir zu eng nach acht Jahren. Die Beziehung ist zwar noch nicht endgültig beendet, aber ich habe mich zwischendurch in einen anderen Mann verliebt. Es dauerte nur drei Wochen, dann habe ich die Sache beendet, weil ich genau das nicht wollte: eine neue Beziehung. Und, genau damit begann mein richtiges Chaos. Ich ließ mich auf einen zweiten, einen dritten Mann ein. Nichts Wichtiges. Und, dann war da ja immer noch mein Freund, den ich noch sehr gerne habe. Ich habe ihm natürlich wahnsinnig weh getan mit meinem Auszug und den Affären. Ich habe ihm ganz ehrlich erzählt, wie es in mir aussieht. Mir war klar, dass ich ihn brauche - noch immer - trotz allem. Aber, bevor ich mit ihm noch einmal von vorne anfange, will ich für mich klar haben, was da eigentlich passiert ist - mit mir. Das ist der eigentliche Grund, weshalb ich eine Therapie machen will: Ich schaffe es nicht alleine, dieses Chaos aufzulösen.«

Ich dachte an die ganzen vergangenen Monate und wusste ganz tief in mir, dass es Gründe für mein Verhalten gab. Nur welche?

»Ich habe viele Bücher über Selbsterfahrung und Therapien gelesen. Eigentlich habe ich immer viel über mich und mein Leben nachgedacht, viele und intensive Gespräche mit meinem Freund und mit meiner Schwester geführt. Inzwischen glaube ich, dass mein Vater ein Grund für dieses Chaos in mir ist. Er ist zu Beginn des Jahres plötzlich gestorben. Er ist tot, aber betrauert habe ich seinen Tod nie. Ich fühlte mich auf seiner Beerdigung wie auf der Beerdigung eines entfernten Bekannten. Das erste Mal geweint habe ich vor zwei Tagen hier in Ohlstadt. Ein Mann aus meiner Wandergruppe erzählte mir von seiner Tochter. Ich spürte, wie sehr es mich berührt, wenn ein Vater sich um seine Tochter sorgt, weil er sie liebt. Als ich nach der Wanderung wieder in meinem Zimmer saß und Musik hörte, kam zum ersten Mal eine Traurigkeit über den Tod meines Vaters in mir hoch. Aber, gleichzeitig war ich auch wütend über alles, was mein Vater mir angetan hat. Ich konnte zum ersten Mal seit dem Tod meines Vaters weinen. Vielleicht nicht, weil mein Vater nicht mehr lebt, sondern vielmehr darüber, dass er mir soviel nicht gegeben hat, was ich so sehr gebraucht hätte. Wenn ich ehrlich bin, war es wohl eher Selbstmitleid als Trauer um seinen Tod.«

Jetzt hatte ich schon wieder diesen blöden Kloß im Hals. Fang´ jetzt bloß nicht an zu heulen!

»Nach diesem Gespräch habe ich mit dem Mann nie wieder über seine Tochter geredet… Ich konnte es nicht. Privat war abends wieder Halligalli angesagt und meine Traurigkeit weg. So bin ich wohl die ganze Zeit mit dem Tod meines Vaters umgegangen. Ich habe ihn verdrängt. Selbst mit meiner Schwester konnte ich nicht darüber reden. Irgendwie war unser Vater nach seinem Tod ein Tabuthema. Das Verdrängen ging wohl auch deshalb so gut, weil er mir ja in meinem Alltag nicht wirklich fehlte. Schon Jahre vor seinem Tod bin ich vielleicht viermal jährlich zu meinen Eltern gefahren. Mein Vater selbst war entweder gar nicht da oder er schlief. Was sollte ich denn vermissen? Auch mit meiner Mutter spreche ich fast nie über meinen Vater.«

»Ach«, war alles, was Dr. Jung, der die ganze Zeit vornübergebeugt aufmerksam zugehört hatte, dazu sagte.

»Wie war denn das Verhältnis Ihres Vaters zu Ihrer Mutter?«

»Gute Frage!« Ich dachte darüber lange nach. Ja?! Wie war das denn eigentlich? »Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es gar nicht so genau. Ich selber habe es als schlecht empfunden. Meine Mutter sagt nach seinem Tod, er wäre ein guter Mensch gewesen, der sie geliebt hätte. Dabei führt sie aber häufig materielle Dinge wie eine Lebensversicherung an, die er für sie abgeschlossen hat. Er hat für sie gesorgt. Sie muss keine Not leiden. Das scheint ihr vielleicht heute das Wichtigste zu sein. Trotzdem bleibe ich dabei. Ich glaube nicht, dass mein Vater meine Mutter wirklich geliebt hat. Ich habe bei diesem Menschen nie so etwas wie Liebe gespürt.«

»Waren Ihre Eltern zärtlich miteinander?«

»Nein, nie! Zumindest nicht vor meinen Augen.«

»Was war denn los mit Ihrem Vater? Wie erklären Sie sich denn sein Verhalten?«

»Seine eigene Lebensgeschichte ist hart. Weil sie so war, habe ich wohl auch schon als Kind mir und anderen immer und immer wieder sein Verhalten damit erklärt oder entschuldigt. Ich glaube, durch seine eigene Geschichte ist er so hart geworden. Vielleicht hätte er lieben können, aber er wollte nicht lieben. Vielleicht Selbstschutz? Er zeigte seine Gefühle nie. Mein Vater hatte eine große Liebe, die er auch heiratete. Sie waren glücklich miteinander. Nach vier Jahren wurde seine Frau schwanger. Als das Kind, ein Junge, geboren wurde, starb sie bei der Geburt. Kurze Zeit später starb auch das Kind. Meine Mutter wohnte in der Nachbarschaft meines Vaters. Da sie sich schon von Kind auf kannten, sind sie sich wohl in der Trauerzeit näher gekommen… Zumindest haben sie irgendwann geheiratet….«

Keine Frage! Das war schon ein harter Schicksalsschlag, seine große Liebe und sein Kind gleichzeitig zu verlieren… Das kann Mann nicht einfach so wegpacken... Trotzdem!

»Ach...«, war alles, was hierzu von meinem Gegenüber kam.

»Ich würde gerne noch wissen, was Sie von Ihrem Freund weggetrieben hat?«

Weggetrieben… War das so?

»Mein Freund ist der tollste Mensch, den ich kenne.«

»Aber«, sagte Dr. Jung, »das ist dann doch alles sonderbar!?«

»Ich weiß! Deshalb bin ich ja hier. Ich verstehe es ja selber nicht. Manchmal denke ich, ich bin verrückt. Ich glaube, meine Liebe reicht nicht aus.«

»Jetzt sind wir an einem sehr wichtigen Punkt! Wenn ich glaube, etwas passiert mit mir, ohne dass ich weiß, warum und weshalb es passiert, dann bin ich innerlich gezwungen! Zwänge verstehen wir als etwas ganz Besonderes. Fritz Perls sagt, >Wenn Dir so etwas passiert, dann ist das eine Übertreibung und zwar aus dem Wiederholungszwang einer nichtabgeschlossenen Gestalt<. In diesen Worten stecken die Worte Zwang und unabgeschlossene Gestalt. Eine unabgeschlossene Gestalt ist etwas, das sich immer ergänzen will. Der Begriff kommt aus dem Bereich der Gestalttherapie. Gestalten wollen sich ergänzen...«

Ich verstand nur Bahnhof. Dr. Jung stand auf, um ein Papier von seinem Schreibtisch zu nehmen. Er hielt es hoch und ich erkannte… nichts.

»Sie sehen auf diesen Bildern Striche?«

Ich nickte. Zumindest die konnte ich sehen.

»Wenn Sie die einzelnen Linien etwas länger ansehen, dann werden Sie die Striche zu Bildern ergänzen können. Erkennen Sie etwas?«

Ich betrachtete die Skizzen in Strichform.

»Ja, das erste ist ein Mann. Das zweite ist ein Hund. Tja und das Dritte...« Das war gar nicht mal so einfach. Null Ahnung!

»Wenn ich es Ihnen gleich verrate, werden Sie sagen >Klar!< Und danach werden sie es immer sofort erkennen. Genau das ist mit Gestalt gemeint.«

Wieso sah er mich so erwartungsvoll an? Ich konnte nix erkennen. Man gut, dass es keine Zensuren gab.

»Es ist ein Pferd mit einem Reiter«, half er mir auf die Sprünge.

Ich sah die dritte Strichformation an. Und dann… auf einmal… sah ich es vor mir: ein Bild, klar, deutlich und abgeschlossen. Ein Pferd mit einem Reiter! Wieso hatte ich das eigentlich vorher nicht erkannt? Witzig war das schon! Nur, was hatte dieses Ratespielchen jetzt mit der Therapie zu tun?

»Eine unabgeschlossene Gestalt ist etwas, das bleibt. Sie können sich noch so anstrengen! Hätte ich Ihnen nicht geholfen, dann hätten Sie das Pferd mit Reiter nicht erkannt. Genauso ist das auch mit Gestalten, die Menschen in ihrer Kindheit erleben sollten. Jedem Menschen, der geboren wird, steht es zu - und das ist seine biologische Gestalt -, von einer Mutter geboren und geliebt zu werden. Das ist das Recht dieses kleinen Wesens! Liebe und Zärtlichkeit stehen ihm zu! Wenn es das nicht kriegt, dann will es sich genau das holen. Es fängt an, Rollen zu spielen. Es lacht, prustet, weint oder schreit. Viele Mütter sind erst in diesem Augenblick bereit, dieses kleine Wesen zu lieben, es anzusehen und zu versorgen mit Zärtlichkeit, so wie es es verdient hat. Es gibt aber auch Mütter, die das nicht können. Aber selbst dann gibt dieser kleine Mensch mit all seinen Bedürfnissen nach Sicherheit und Liebe nicht auf. Es versucht immer weiter und weiter, sein Recht zu bekommen, seine Gestalt abzuschließen. Oft selbst dann noch, wenn die Mutter schon tot ist. Dieser Mensch will Zärtlichkeit.«

Dr. Jung erzählte von einem 40-jährigen Patienten, der Frauen nur lieben konnte, wenn ihr Busenumfang überdimensional war. Das führte dazu, dass dieser Mann Frauen liebte, mit denen er entweder intellektuell nichts anfangen konnte oder die ihm ansonsten überhaupt nicht gefielen. Irgendwann wusste er warum: Im Rahmen einer Psychoanalyse sei ihm bewusst geworden, dass seine Mutter ihn nie an ihre Brust gelassen hatte. Er wurde immer weggestoßen. Es wurde ihm verboten. Seine unabgeschlossene Gestalt war: Es steht mir zu, an ihrer Brust zu liegen, zu trinken und sie anzufassen. Also hole ich es mir, immer und immer wieder. Gründe für die Mutter gibt es sicher tausendfach, ihr Kind nicht zu stillen: die Brust wird schlaff, wenn ich stille. Es ist unmoralisch, weil es lustvoll ist. Oder... oder... oder... Egal!! Dieses und jedes Kind hat ein Recht auf die körperliche Nähe der Mutter und damit auch auf ihre Brust.

»Früher«, fuhr er fort, »sind Kinder, die keine körperliche Zuwendung erfahren haben, dem Tod ausgesetzt gewesen. Sie sind gestorben! Aus diesem Grunde gehört es zu der Gestalt eines jeden Kindes, Sicherheit, Zärtlichkeit und körperliche Nähe zu bekommen. Wenn diese Gestalt nicht abgeschlossen werden konnte, dann kommt der Wiederholungszwang der unabgeschlossenen Gestalt. Ein Leben lang wird dieser Mensch versuchen, genau das zu bekommen, egal von wem. So suchen sich Männer Frauen, die genau wie die Mutter sind, genauso kalt, genauso herzlos und genauso vollbusig. Und wieder wird dieser Mensch die erwünschte und ersehnte Zärtlichkeit nicht bekommen. Er wird weitersuchen, weiter und weiter und weiter. Selbst bei den Frauen, die bereit sind, diesem Suchenden all das zu geben, was er braucht, funktioniert es ebenfalls nicht. Denn diese Frauen wollen nicht Mutter sein. Sie wollen ihrem Mann Frau und Geliebte sein. Also beenden diese Männer die Beziehungen und gehen wieder auf ihre erfolglose Suche.«

Klang ja irgendwie einleuchtend...

»Ihre unabgeschlossene Gestalt ist bereits jetzt offensichtlich: Sie hatten ein Recht, von Ihrem Vater die Liebe und Zärtlichkeit zu bekommen, die Sie brauchten. Hinzu kommt, dass Ihr Vater der erste gegengeschlechtliche Partner in Ihrem Leben war, den Sie kennenlernten. Ihr Vater war der erste Mann, den sie erlebten. Und, es steht der Tochter zu... «

Er schlug so heftig mit der Faust auf das Tischchen, dass ich zusammenzuckte. »... die ersehnte Liebe auch zu bekommen. Da ist etwas bei Ihnen nicht abgeschlossen!«

»Stimmt«, konnte ich nur sagen.

»Und? Was ist die Folge? >Ich brauch` das! Ich will das! Deshalb hol` ich mir genau das jetzt von anderen Männern<. Und? Was passiert gleichzeitig bei Ihnen?«

Ein ahnungsloses Schulterzucken war meine Antwort.

»>Wer bin ich denn<?« fragte Dr. Jung mit weinerlicher Stimme. »>Ich bin es nicht wert, geliebt zu werden. Ich muss noch viel mehr tun, damit Vater mich lieb hat<.«

»Ich glaube, dass das zum Teil stimmen könnte. Sicher ist da viel Wahres dran. Aber... «

Ich suchte nach Worten. Da war etwas schief...

»Wissen Sie, mein Freund ist ein Mann, den sich eine Frau nur wünschen kann. Er ist zärtlich. Er ist liebevoll. Und: Er liebt mich mehr als alles andere auf dieser Welt. Was er mir nicht nur sagt, sondern vor allem noch viel mehr zeigt. Er ist ein Mann, der Nähe lebt. Ich spüre es durch seine Gesten und Handlungen, aber auch durch sein Verständnis und seine Toleranz für mich und meine chaotischen Aktionen. Ich weiß, dass er immer für mich da sein wird, wenn ich ihn brauche. Und, trotzdem frage ich ihn oft >Liebst Du mich eigentlich?< Genau das ist es, was ich immer und immer wieder hören will. Rainer sagt es mir mit einer Engelsgeduld zehnmal, zwanzigmal, hundertmal am Tag. Trotzdem scheint es für mich noch immer nicht genug zu sein.«

»Merken Sie die Übertreibung? Sie haben früher etwas nicht bekommen, also fordern Sie es heute immer und immer wieder von Ihrem Freund. Sie zwingen ihn! Sie fordern etwas von ihm, was eigentlich fließen und da sein sollte, ohne, dass es eingefordert wird. Ihre Gestalt ist nicht abgeschlossen! Deshalb fordern Sie von ihm, Ihre Gestalt abzuschließen. Aber, das wird nicht gehen. Er ist nicht Ihr Vater! Die Liebesbeweise und -erklärungen Ihres Freundes machen Sie nicht satt. Ihr Freund ist lediglich eine Projektionsfigur. Sie schauen Ihren Freund an und sehen Ihren Vater.«

Blödsinn!!

»Hinter Ihrem Leid, das Sie mir ja auch sofort schilderten, steht Ihr Vater. Sie projizieren etwas von Ihrem Vater auf Ihren Freund. Die Zärtlichkeit, die Sie einfordern…« Wieder landete die Faust auf dem Tischchen. »... wollen Sie nicht von ihm. Die wollen Sie vom Vater! Sie sind das kleine Mädchen, das alles nur von Ihrem Vater haben will.«

Es gäbe Beziehungen, in denen diese Rollenverteilung sogar funktioniere. Er spielt den Übervater, sie das ewig kleine Mädchen. Nur, das seien in den wenigsten Fällen dauerhaft glückliche Beziehungen. Neben dem sich nach Zärtlichkeit sehnenden Kind steht selten ein Mann, der nur Vater sein will und diese Rolle auf Dauer ausfüllen und leben kann.

Während ich ihm zuhörte, fühlte ich noch immer eine Schieflage. Aber, was stimmte nicht? Verdammt!

»Ich glaube, ich muss Ihnen dazu noch etwas mehr erzählen. Ich bin seit ungefähr acht Jahren mit meinem Freund Rainer zusammen. Nach etwa vier Jahren habe ich mich das erste Mal in einen anderen Mann verliebt. Es geschah dann bis heute das ein oder andere Mal. Diese anderen Männertypen, auf die ich mich gar nicht wirklich einlassen konnte, waren solche Vaterfiguren, wie Sie sie gerade beschrieben haben. Harte Nüsse, die ich knacken wollte, obwohl ich sie nicht knacken konnte. Es konnte nicht klappen. Jeder wusste, dass ich in einer Beziehung lebe, die glücklich ist. Rainer und ich waren für viele das Traumpaar schlechthin. Also hatte kein anderer Mann wirklich eine Chance bei mir. Dennoch brauchte ich anscheinend den Kampf mit ihnen, um die nicht abgeschlossene Gestalt endlich abzuschließen. Irgendwie war es wichtig für mich.«

»Es waren alles Väter. Es war immer der Kampf mit ihm«, bestätigte Dr. Jung. »>Verdammt Vater!< «

Als die Faust dieses Mal auf dem Tischchen landete, hatte ich schon fast damit gerechnet.

»>Schau` mich an!! Ich will, dass Du mich lieb hast!!< Glauben Sie mir! Es ist wichtig, dass Sie das loswerden. Denn, nur dann sind Sie frei. Das, was Sie da mit den anderen Männern erlebt haben, das ist doch keine Liebe. Ich suche mir doch nicht Menschen aus, mit denen ich kämpfen muss. Ich will doch Harmonie! Eins kann ich Ihnen versprechen: Wenn Sie hier erfolgreich arbeiten, werden Sie das los.«

»Das wäre schön....« Ich wollte nicht mehr kämpfen. Ich war so müde von all` diesen Anstrengungen für nichts und wieder nichts. Ich wollte sie loswerden!

»Mir ist noch etwas aufgefallen«, fuhr Dr. Jung fort. »Passen Sie auf, dass Sie kein Traumpaar sind. Das ist eine Scheiß-Rolle! Sie müssen Traumpaar mimen! Was ist das für ein Mist! Sie dürfen nicht streiten! Das würde ja Ihrer Rolle nicht gerecht!«

»Ich weiß selbst, dass wir ganz sicher kein Traumpaar sind. Die Trennung hat deshalb Illusionen bei anderen zerstört, nicht bei mir und nicht bei meinem Freund.«

»Trotzdem: ein Traumpaar oder Traumpartner zu sein, ist eine Rolle, die auch Sie Ihrem Freund zuschreiben.«

»Nein, ich nicht! Andere!«

Dr. Jung lachte. Wieso eigentlich? Lachte er mich aus?

»Ich sag` das nur, weil Rollen – auch im Außen – immer Anstrengungen verlangen. Rollen, die andere Ihnen aufdrücken, zwingen Sie dazu, in einer phantasievollen Traumwelt zu leben, die in der Realität niemals erreicht werden kann. Das ist immer Scheiße. Es scheint schön, aber - noch mal -: Es ist Mist!!!«

Poah, der war ja richtig engagiert! Schon irre, wie schnell er sich in mich ´reinzuversetzen schien. Irgendwie klasse.

Um seine Worte zu unterstreichen, erzählte Dr. Jung mir von einem Ehepaar, das sich zu Beginn ihrer Ehe geschworen hatte, sich niemals zu streiten oder ein lautes Wort zu wechseln.

»Können Sie sich vorstellen, wie krampfhaft diese Beziehung gewesen sein muss?«

Ohhhhh, ja!!!

»Es ist menschlich, dass freie Menschen so...« Er streckte seine Hände parallel zueinander aus »... vor- und zueinander stehen. Was kann sonst dabei herauskommen?«

Erwartete er jetzt eine Antwort? Ich sah auf seine Hände und schwieg. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Also gut. Dann beginnt jetzt die wirkliche Arbeit. Ich bitte Sie, zwei kleine Aufsätze zu den Themen >Meine Mutter und ich< und >Mein Vater und ich< und als jeweiliges Unterthema >Wie Sie mich frustriert haben< zu schreiben. Schreiben Sie bitte das Positive und das Negative zu Beiden auf. Das ist Ihre Aufgabe bis zum nächsten Mal.«

Wenn`s mehr nicht ist. Während ich die Hausaufgaben vorsichtshalber in meinen Kalender schrieb, sagte Dr. Jung:

»Ich möchte die noch verbleibende Zeit dieser Stunde nutzen, Ihnen noch einige Informationen mit auf den Weg zu geben. Was soll das eigentlich alles, das mit der Kindheit und so?«

Fragte ich mich insgeheim auch! So ganz klar war`s mir wirklich noch nicht.

»Das Kind ist gleich nach der Geburt bis zum zweiten Lebensjahr so lernfähig, wie nie, nie, nie wieder in seinem ganzen Leben. Die Psychologen sagen, dass ungefähr 98 % unseres Lernens mit dem zweiten Lebensjahr abgeschlossen ist. Der Rest – Schule, Studium, Beruf – macht dann nur noch ca. zwei Prozent aus. Wobei >lernen< gleichgesetzt wird mit >alles aufnehmen<. Was es bedeutet, wenn ein Kind laufen lernt! Es ist so voller Aktionen, es ist so voller Wachheit! Welch` eine Kraftanstrengung alleine dahinter steckt, sieht man zum Beispiel, wenn ein erwachsener Schlaganfallpatient wieder anfangen muss, laufen zu lernen. Hier wird etwas neu erlernt und geübt, das bei Kindern als selbstverständlich hingenommen wird. Dass dies eine enorme Lernaktion ist, vergessen wir dabei. Ein Kind ist stets offen, alles zu lernen. Gleichzeitig kommt es aber auch mit eigenen Erwartungen, Forderungen und Wünschen auf die Welt. Es erwartet und wünscht sich vor allem Liebe, Geborgenheit, Sicherheit und Zärtlichkeit. Alles tiefe, echte Bedürfnisse, die der kleine Mensch zu Recht hat. Und, sie werden in unserer Zivilisation so gut wie nie optimal gestillt…«

Gedankenverloren sah er vor sich hin.

»Dies ist zum Glück nicht überall auf der Welt so. Es gibt ein wunderschönes Buch, das Sie irgendwann einmal lesen sollten. Es ist von Jean Liedloff und heißt >Auf der Suche nach dem verlorenen Glück<.«

»Das Buch kenn` ich und habe es gelesen!«

»Oh, das kennen Sie?« Staunen und Verblüffung in seinem Gesicht.

Wieso eigentlich? Hält er mich für so unbelesen, oder was?

»Dann haben Sie ja gelesen, wie in diesem Stamm in Venezuela die Kinder zwei Jahre am Körper der Mutter baumeln, ständig, Tag und Nacht, bis sie von ihr abfallen wie eine reife Frucht. Es ist ein phantastisches Buch!«

Wieder hing er seinen Gedanken nach. Ich sah ihn an. Dieses Strahlen in seinen Augen war schon verrückt.

»Ja, ich habe das Buch schon vor Jahren gelesen. Ich finde es auch total beeindruckend und schön«, sagte ich, mehr, um die Stille zu unterbrechen.

»Dann brauchen wir ja nicht mehr darüber zu reden.«

War er jetzt aus seinem Konzept gebracht? Irgendwie entstand jetzt eine Pause, die da nicht hingehörte. Merkwürdig. Okay, ich kann`s nicht ändern. Auch in Berlin schlafen wir nicht mehr auf Bäumen!

»Sicher ist jedenfalls«, fuhr Dr. Jung fort, »dass diese ersten zwei Lebensjahre genauso prägend für alles Schlechte sind, das wir erfahren. Warum kriege ich nicht das, was ich will? Warum hört mich denn niemand? Warum sieht mich niemand an? Mama!! Papa!! Und: Dieses Kind hat Recht! Es steht ihm zu, Liebe zu bekommen, bedingungs- und vorbehaltlos! Genauso wie Schutz und Geborgenheit! Wenn Eltern nicht bereit sind, ihr Kind zu (be-)schützen, wird es sein ganzes Leben lang einen Mangel spüren. Schrecklich.«

Er schüttelte seinen Kopf.

»Ich könnte Ihnen Beispiele erzählen, die so furchtbar sind! Eine 50-jährige Frau wollte als Kind Kontakt zu ihrem Vater aufnehmen. Sie hatte etwas auf ihre Schiefertafel geschrieben und ging damit zu ihm. >Vater, schau` was ich geschrieben habe!< Und, was macht der Vater? Er nimmt die Tafel und schlägt sie dem Kind auf den Kopf. Was jetzt? Was jetzt?? Können Sie sich vorstellen, was dieses kleine Mädchen drei Tage später sagt, wenn sie nach ihrem Vater gefragt wird? >Mein Vater ist lieb! Vater hat doch nur Spaß gemacht! Nein, nein, mein Vater ist lieb!< «

Verdrängung!? Doch klar, oder??

»Vielleicht werden Sie auch an Punkte kommen, an die Sie sich jetzt noch gar nicht erinnern. Die sind meistens fein weggepackt, verdrängt. Vater, Mutter sind doch lieb! Die Verletzungen, die die Eltern einem Kind zufügen, konnte dieses nicht verstehen. >Warum macht er/sie das mit mir? Was habe ich denn getan? Bin ich wirklich so böse?< Verletzungen einer Person. Ohne, dass dieses kleine Menschenkind etwas versteht, sind Dinge in ihm passiert. Sie geschehen hier.«

Er drückte beide Hände auf seinen Bauch.

»Sie sitzen hier und sind gut weggepackt! Aber: Sie tun genau hier auch weh! All` diese Gefühle, die damals in Ihnen verstaut wurden, tragen Sie mit sich herum. Bis an Ihr Lebensende! Sie werden sie nicht los. Es sei denn, Sie gehen an die Arbeit. Sie schauen sich dieses verletzte Kind an und machen es gesund, indem Sie es ansehen, annehmen und lieben, so wie es ist.«

Unser Hirn besitze zehn Milliarden Gehirnzellen mit einer Speicherkapazität, von der jeder Computer nur träumen könne. Es gäbe hierzu Experimente. Das Gehirn sei unempfindlich. In Versuchen habe man zum Beispiel eine einzelne Hirnzelle eines Menschen berührt. Die Versuchsperson sollte dann ihre Empfindungen äußern. >Aaahh! Ja, da ist ein Balkon... Gardinen flattern... Frühlingsduft... Vögel singen... die Sonne scheint ...<

»Alles Empfindungen bei der Berührung einer einzigen Gehirnzelle! Wenn man das weiß, dann kann man ungefähr ermessen, was eine Speicherkapazität von zehn Milliarden Gehirnzellen bedeutet. Das gilt für alle Gefühle und Situationen, positive wie negative. Alles aus der Kindheit ist gespeichert. Alles ist noch da. Die Frage ist nur, wie ich es schaffen kann, da heranzukommen? Viele Menschen wollen gar nicht an diese Gefühle heran, weil sie nicht an schmerzhafte Situationen erinnert werden wollen. Sie glauben und sagen, dass es doch gut sei und seinen Grund habe, dass Dinge und Gefühle verdrängt werden können bzw. worden sind. In DeKiD geht es darum, besondere Szenen aus der Kindheit mit der hieraus entstandenen Not des Kindes noch einmal zu sehen und zu erleben. Ziel ist dabei immer, diese Not des Kindes aufzulösen. Wie das geht, werde ich Ihnen dann noch erklären. Die Not der kleinen Eva in Ihnen muss aufgelöst werden, indem verdrängte Szenen noch einmal durchlebt werden. Denn es ist sicher, dass die verdrängten Gefühle auch in gegenwärtigen Situationen immer wieder hochkommen. In DeKiD werden wir diese Verdrängungen an den Tag holen und vollkommen auflösen. Das ist die Hauptarbeit!

Freud redet tiefenpsychologisch vom ES, vom Über-ICH und vom ICH. Eric Burne sagt es anders: Das ES ist bei ihm das Kind-ICH, das Über-ICH ist das Eltern-ICH und das ICH ist das Erwachsenen-ICH. Kind- und Eltern-ICH müssen eine Einheit eingehen, eine Harmonie herstellen, in der Beide gleich stark sind. Ein extremes Kind-ICH grabscht nach allem, was es bekommen kann. Solche Patienten sind fast nicht therapiefähig. Das wirkt sich dann in Beziehungen zu allen Menschen aus, vor allem zu dem Partner und in der Arbeitswelt. In DeKiD kommt es häufig vor, dass das Kind zu klein oder gar nicht da ist. Viele glauben, dass es gefährlich ist, in der gegenwärtigen Welt das innere Kind mit all` seinen Gefühlen, Sehnsüchten und Ängsten zuzulassen. Schließlich muss man hart sein, stark sein, gefühllos und egoistisch, um überleben oder weiterkommen zu können! Diese Lebensstile sind erlernt, von Generation zu Generation weitergegeben. Manchmal ist es nicht einfach, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, weil man ja zum Beispiel auch die Eltern angreifen muss. Dabei geht es in DeKiD nicht um Rache. Es handelt sich vielmehr um eine Generationenschuld - seit Jahrhunderten wurden Kinder immer und immer wieder zu Höchstleistungen angespornt, ohne dass auf das Wohl des Kindes geachtet und Rücksicht genommen wurde.«

Dr. Jung stand auf, holte ein Buch und schlug es an einer von ihm markierten Stelle auf. »Ich werde Ihnen nach jeder Stunde etwas von Menschen vorlesen, die begriffen haben, wie wichtig Kindsein und Kind-Seinlassen ist.«

Er hielt ein Buch von dem Schweizer J. Konrad Stettbacher in seinen Händen. Bei ihm habe u.a. auch Alice Miller (>Am Anfang war Erziehung<, >Abbruch der Schweigemauer<) eine umfangreiche Therapie absolviert. Dr. Jung begann laut zu lesen:

»So, wie Du geboren wurdest, so wirst Du leben. Wenn Du wirklich gewollt wurdest (>von Mutter und Vater< ergänzte Dr. Jung), dann wirst Du wollen dürfen. Wenn Du wirklich geliebt wurdest, dann wirst Du lieben können. Du wirst leben wollen und Dich daran freuen. Wenn Du wirklich von Mutter und Vater geachtet wurdest, dann wirst Du leben, lieben und achten. Für DeKiD heißt das: Wenn Du ungewollt, ungeliebt und ungeachtet warst, dann erlebe es in DeKiD neu. Erlöse Dein Kind aus seiner Not und Du wirst wollen, lieben und achten können!«