Das Puppenkleidchen - Margarete Lenk - E-Book

Das Puppenkleidchen E-Book

Margarete Lenk

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Beschreibung

Vor vielen Jahren, als die Schiffe noch lange nicht so schnell über den Ozean flogen wie jetzt und besonders die Segelschiffe sehr lange Zeit brauchten, um von Europa nach Amerika zu gelangen, saßen auf solch einem Schiffe zwei kleine Mädchen auf einem Bänkchen im Schutz und Schatten eines Kajütenkopfes ... Coverbild: owncham / Shutterstock.com

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Margarete Lenk

Das Puppenkleidchen

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

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Das Puppenkleidchen

Margarete Lenk

 

Coverbild: owncham / Shutterstock.com

 

 

Das Puppenkleidchen

Vor vielen Jahren, als die Schiffe noch lange nicht so schnell über den Ozean flogen wie jetzt und besonders die Segelschiffe sehr lange Zeit brauchten, um von Europa nach Amerika zu gelangen, saßen auf solch einem Schiffe zwei kleine Mädchen auf einem Bänkchen im Schutz und Schatten eines Kajütenkopfes.

Sie mochten etwa zehn Jahre alt sein, hatten sich erst auf der Reise kennen gelernt und nach Kinderart schnell Freundschaft geschlossen.

Agnes war die Tochter reicher Eltern und reiste mit ihnen in der fein eingerichteten ersten Kajüte. Emmas Vater war ein Zimmermann, der wie viele andere in Amerika guten Verdienst und Wohlstand zu finden hoffte.

Agnes’ Mutter, eine sehr zarte, verwöhnte Dame, litt viel an der Seekrankheit und war froh, dass ihr munteres Töchterchen auf dem Verdeck eine Spielgefährtin gefunden hatte.

Leider hatte Emma nicht allzu oft Zeit zum Spielen, da sie tief unten im Zwischendeck ihrer Mutter bei der Pflege der zwei kleinen Geschwister helfen musste.

Doch gönnte die gute Frau dem fleißigen, braven Töchterchen auch gern eine freie Stunde, sodass selten ein Tag verging, ohne dass Agnes und Emma ein wenig zusammen spielten und bald herzliche Freundschaft schlossen.

Trotz ihres Reichtums war Agnes ein echtes Kind und bewunderte alles, was Emma besaß oder tat, aufs Höchste.

O, Emma war sehr reich! Sie hatte eine große Schachtel voll bunter Zeugstückchen. Sammetne und seidene waren auch dabei; und an Bändchen, Schnuren, Knöpfchen und bunten Perlen fehlte es auch nicht.

All diese Schätze hatte sie von ihrer alten Pate, die eine Schneiderin war, als Abschiedsgeschenk bekommen. Ja, das war eine gute Pate!

„Ich habe auch eine!“, erzählte Agnes, „aber sie hat mir zum Abschied einen goldenen Ring geschenkt, der mir gar nichts nützt. Mama hat ihn in ihren Schmuckkasten gepackt, der tief in unserm größten Koffer steckt. Und meine Puppe ist auch schon verdorben! Als neulich die Sturmwelle kam und wir alle so nass wurden, ist ihr Florkleid ganz zerrissen, als ich es glatt machen wollte. Dein liebes, kleines Röschen ist aber ganz gesund geblieben, und wenn es nass wird, tut’s ihm gar nichts.“

Ja, Röschen, Emmas Puppe, konnte wohl Nässe vertragen, da sie ganz von Porzellan war. Darum spielten die beiden Mädchen täglich mit ihr, und unter Emmas geschickten Händen entstand eine reichhaltige Garderobe für das kleine Ding. Nur schade, dass Emma so oft abgerufen wurde!

Horch, da rief’s vom Eingang des Zwischendecks:

„Emma, komm runter und bring das Brüderchen in den Schlaf!“ – „Emma, hol doch Klein-Lieschen ein wenig herauf. Es will nicht mehr ruhen!“ – „Emma, hilf mir schnell die kleine Wäsche aufhängen. Der Wind weht; sie trocknet noch vor Abend!“

Agnes konnte nicht begreifen, dass Emma sofort gehorchte und ganz vergnügt dabei blieb. Ja, sie küsste und liebkoste die kleinen Schreihälse nach Herzenslust!

Ach, Agnes ward schon verdrießlich, wenn sie im Spiel gestört wurde, um der kränklichen Mutter einen kleinen Dienst zu leisten. Unten war’s gar zu langweilig; oben gab’s immer was zu sehen!

Emmas Püppchen war gar so niedlich, und die geschickten Hände seines Mütterleins machten ihm ein Kleidchen und Jäckchen nach dem andern.

Dagegen ward Agnes’ Puppe von Tag zu Tag hässlicher, da das dünne, weiße Florkleidchen wie ein schmutziger Lappen um sie her hing.

Aber sieh! Ganz unten in Emmas Schachtel fand sich ein Stück, das größer war, als man gedacht hatte. Wenn man um das Röckchen das breite Sammetband setzte, reichte es wirklich zu einem Kleid.

Gar emsig und aufmerksam saßen die Kinder auf ihrem Bänkchen, um den hübschen Anzug zuzuschneiden, als plötzlich große Unruhe auf dem Verdeck entstand.

„Ein Walfisch ist zu sehen“, hörte man rufen, „ein sehr großer; dort an der andern Seite des Schiffes!“

Schnell liefen die Kinder herüber, ihre bunte Puppenwirtschaft auf dem Bänkchen liegen lassend.

Ja, da erhob sich der breite, unheimlich geformte Kopf des Walfisches mit weit geöffnetem Rachen aus der Flut.

Als nun ein Schiffsjunge kam und einen großen Korb voll allerlei Küchenabfall über Bord schüttete, stürzte sich das unheimliche Tier mit erhobenem Schwanz und argem Geplätscher auf das willkommene Futter.

Im Nu war alles verschlungen; der Fisch verschwand, und die kleinen Mädchen kehrten zu ihrem Spielwinkel zurück.

Aber o weh! Welch eine Verwüstung fanden sie da! Ein Windstoß hatte alles herabgeblasen, was auf dem Bänkchen lag!

Selbst die Schachtel war herunter gefallen und hatte ihren bunten Inhalt teils auf den Fußboden ausgeleert, teils in die Luft fliegen lassen.

Es war doch gewiss sehr schade, und die Kinder sammelten traurig die umherliegenden Reste.

Zum Glücke waren es noch ziemlich viele, leider aber war das halbfertige Puppenkleidchen nirgends zu finden. Wie schade um den schönen blauen Stoff und den feinen Sammetbesatz!