Weihnachtsfeier - Margarete Lenk - E-Book

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Margarete Lenk

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Es war Anfang Dezember. Der erste Schnee war gefallen und hatte den Fichten und Tannen im weiten Waldrevier den glänzend weißen Weihnachtsschmuck angelegt ...

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Margarete Lenk

Weihnachtsfeier

Erzählung

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Weihnachtsfeier

Es war Anfang Dezember. Der erste Schnee war gefallen und hatte den Fichten und Tannen im weiten Waldrevier den glänzend weißen Weihnachtsschmuck angelegt. Auch das Forsthaus auf der großen Lichtung nahm sich malerisch darin aus. Sechs rotwangige Kinder standen in der offenen Hautür, erwartungsvoll den Weg hinabschauend, der tiefe Schlittenspuren zeigte. War doch der Vater nach der Eisenbahnstation gefahren, um den ältesten Bruder abzuholen, der in der fernen Stadt eine hohe Schule besuchte.

„Es dauert so lange, und ich bin so kalt“, klagte der kleine Otto, sich die erstarrten Händchen reibend.

„So geh hinein und sieh mit der Mutter zum Fenster hinaus“, riet Marie, die freundliche vierzehnjährige Schwester.

„Nein, nein! Walter muss gleich sehen, dass ich groß bin und Hosen anhabe; voriges Jahr hatte ich noch das alte Mädelröckchen. Aber meine Hände sind schon ganz tot.“

„Komm, steck sie unter meine Schürze und lass mich sie blasen“, sagte Marie, den Kleinen an sich ziehend.

„Horch, horch!“, jubelte der wilde Fritz. „Ich höre den Schlitten! Sie kommen, sie kommen! Zurück, Fido! Hierher, Sultan!“

Aber die zwei prächtigen Jagdhunde gehorchten diesmal dem kleinen Herrn nicht, sondern sprangen mit munterem Gebell dem Schlitten entgegen.

Nun trat auch die Mutter heraus, gefolgt von der alten, treuen Magd, die mit glänzenden Augen nach ihrem Liebling ausschaute und dabei die Hände faltete wie zum Gebet.

Wohl hatten alle Kinder des Hauses einen Platz in ihrem warmen Herzen, aber der feine, zarte Walter, den sie vor sechzehn Jahren umhergetragen und in der Wiege geschaukelt hatte, war doch der Beste von allen, ja, der Beste auf der ganzen Welt.

Zart war er immer gewesen, der einzige Schwarzlockige unter der rotwangigen, goldblonden Schar. Jetzt aber war er kränklich und man schickte ihn deshalb nach Hause, damit er eine Zeitlang ruhe.

Ja, das viele Studieren war nicht gut; Lotte, die treue Magd, hatte das immer gesagt, doch hatte niemand darauf gehört! Nun, wenn er zu schwach war, ins Haus zu gehen, wollte sie ihn hineintragen. O, sie war noch stark genug dazu!

Aber sieh! Er sprang ja ganz leichtfüßig aus dem Schlitten und lag bald in den Armen der Mutter, während ihn die Geschwister jauchzend umhüpften.

Als jedes einen Kuss bekommen, ward auch die alte Lotte kräftig um den Hals gefasst und sah nun doch, dass die Wangen ihres Lieblings trotz der frischen Fahrt recht bleich und die Hände, die sie ihm drückte, sehr mager geworden waren.

Die Herrin hatte ihr gesagt, Walter leide an den Nerven! Ja, was mochten das wohl für Dinger sein? In der Stadt gab’s gewiss welche; hier draußen hatte sie noch nie davon gehört.

Aber nun schnell die warme Suppe auf den Tisch und die zwei Hühner, die dem Liebling zu Ehren ihr Leben lassen mussten.

Er litt es nicht anders; Lotte musste sich mit an den Tisch setzen, um zu hören, was er erzählte.

Doch tat der Vater dem lebhaften Gespräch bald Einhalt, als er sah, dass die Wangen des Sohnes zu glühen und die schönen Augen zu leuchten begannen.

Beide Eltern führten ihn hinauf in die freundliche Stube, die man ihm eingerichtet hatte.

Tiefbewegt sah er, dass sie mit den besten Stücken des schlichten Hausrates ausgestattet war.

Da stand der zierliche Schreibtisch der Mutter, den sie freilich nur sehr, sehr selten benutzte.

Des seligen Großvaters weicher Lehnstuhl lud in der gemütlichsten Ecke zur Ruhe ein.