Das SGB XI Beratungshandbuch 2022/23 - Andreas Heiber - E-Book

Das SGB XI Beratungshandbuch 2022/23 E-Book

Heiber Andreas

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Beschreibung

Das Handbuch hilft Informationen praxisnah darzustellen. Es erklärt, welche Ansprüche und Leistungen aus der Pflegeversicherung resultieren und wie der Pflegebedürftige sie nutzen kann. Mit umfangreichen Hintergrundinformationen liefert es konkrete Hinweise für die gezielte Beratung. PDL und Pflegekräfte erhalten dadurch das nötige Handwerkszeug, um ihren Kunden das volle Spektrum der Leistungen der Pflegeversicherung zu zeigen. Die überarbeitete Ausgabe des Beratungshandbuches enthält alle aktellen Neuerungen.

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Seitenzahl: 365

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Andreas Heiber

Das SGB XI – Beratungshandbuch 2022/23

Gut beraten – die Leistungen richtig erklären

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2022

Besuchen Sie uns im Internet: www.haeusliche-pflege.net/

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

Foto Titelseite: stockpics, Fotolia

ISBN: 978-3-7486-0569-0

Inhalt

1 Einleitung

Hinweise

Immer noch: „Neue Namen“

Lexikon der Abkürzungen und wichtigen Grundbegriffe

2 Pflegeversicherung

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Verteilung der Ausgaben

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

3 Die Beratungsleistungen der Pflegeversicherung

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Quellen

4 Die Pflegeberatung durch die Pflegekassen (§ 7 a, b)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

5 Schulungsangebote für Pflegepersonen (§ 45)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

6 Soziale Sicherung der Pflegepersonen (§ 44)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

7 Leistungen des Pflegezeitgesetzes

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

8 Ambulante Leistungen und Dienstleister

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Quellen

9 Pflegesachleistungen (§ 36)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

10 Pflegegeld (§ 37)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

11 Kombinationsleistung (§ 38)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

12 Leistungen bei Pflegegrad 1 (§ 28a)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

13 Regelungen für die Kostenerstattungsleistungen (§§ 39/45b)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise für die interne Umsetzung

Quellen

14 Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (§ 39)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

15 Entlastungsbetrag (§ 45b)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

16 Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (§ 40)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

17 Digitale Pflegeanwendungen (§§ 39a, 40a/b)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Quellen

18 Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen § 38a

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

19 Struktur der Stationären Finanzierung

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Quellen

20 Tages- und Nachtpflege (§ 41)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

21 Kurzzeitpflege (§ 42)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

22 Pflegeheim (§ 43, 43a, 43b)

Kurzdarstellung

Wesentliche Punkte

Finanzierung der Heimplätze

Hintergrund

Hinweise zur Beratung

Hinweise zur internen Umsetzung

Quellen

23 Quellen und Links

Der Autor

1Einleitung

Zielgruppe dieses Beratungshandbuchs sind alle Beratungskräfte, die insbesondere in der AMBULANTEN PFLEGE arbeiten, aber auch aus Pflegestützpunkten oder anderen Institutionen, die die Leistungen der Pflegeversicherung im Alltag erklären müssen.

Die erste Ausgabe des SGB XI-Beratungshandbuches wurde 2010 veröffentlicht. Nach dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz 2013 erfolgte die 2., überarbeitete Auflage 2013. Die dritte Auflage 2016 enthielt die Übergangsrechtslage, also sowohl die Regelungen für 2016 als auch die neuen für 2017 sowie Hinweise zur Überleitung, und war damit auch etwas umfangreicher. Die 4. Auflage für die Jahre 2018/2019 war ausverkauft, auch gab es durchaus viele kleine Ergänzungen und Veränderungen, die in die 5. Auflage eingeflossen sind. Pünktlich zum Jahresbeginn 2022 erscheint nun die 6. Auflage, die geplant für die Jahre 2022 bis 2023 aktuell sein sollte.

Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien gibt es nur wenig konkrete Hinweise zu Änderungen in der Pflegeversicherung und ihren Leistungen. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Vorgängerregierung (an der die größte aktuelle Regierungspartei (SPD) mit beteiligt war) einiges an Änderungen auf den Weg gebracht hat, insbesondere mit dem GVWG. Hier wird man sicherlich auch erst einmal die konkrete Umsetzung abwarten und die Ergebnisse evaluieren wollen. Soweit es schon geplante Leistungsveränderungen geben wird (nur bei der Verhinderungspflege/Kurzzeitpflege konkret formuliert), haben wir sie in den entsprechenden Kapiteln, soweit bekannt, mit dargestellt.

Wie auch in den vorherigen Ausgaben ist die EINSTUFUNG mit den Fragen rund um den neuen Einstufungsbegriff und das Begutachtungsinstrument NICHT Gegenstand des Beratungshandbuches.

Das Handbuch ist wie immer Nachschlagewerk, Arbeitsbuch und Materialfundgrube in einem. Es stellt die Informationen praxisnah dar, sodass sie unmittelbar in der Arbeit genutzt werden können.

In einer ersten KURZDARSTELLUNG werden die wesentlichen Aspekte der Leistung kurz zusammengefasst sowie die folgenden ausführlichen Punkte stichwortartig aufgezählt.

Die WESENTLICHEN PUNKTE der Leistung werden in Leitsätzen erfasst und jeweils ausführlich dargestellt.

Zum Verständnis der Leistung wird der inhaltliche, historische und/oder politische HINTERGRUND der Leistung erläutert.

Die HINWEISE ZUR BERATUNG enthalten wichtige Stichworte und Problemfelder, die in der Beratung gezielt angesprochen werden können.

Die HINWEISE ZUR INTERNEN UMSETZUNG benennen Punkte, die organisatorisch und praktisch für die Umsetzung notwendig sind.

Die GESETZESTEXTE sowie weitere QUELLEN UND LINKS finden sich am Schluss jedes Kapitels, Hinweise auf allgemeine Quellen am Ende des Buches.

Im Text beziehen sich die Paragrafenangaben, soweit nicht anders angegeben, immer auf die Pflegeversicherung (SGB XI), alle anderen Gesetzesnormen sind dann benannt.

Beratung hilft allen!

In der Praxis wissen viele Pflegebedürftige und ihre Pflegepersonen nicht, welche konkreten Leistungen es gibt und wie man diese nutzen kann. Auch bei den Pflegefachkräften und Pflegekräften gibt es Wissenslücken, ebenso bei vielen Beratungskräften. Diese resultieren u. a. aus den vielen Veränderungen, die die Pflegeversicherung im Laufe der Zeit schon erlebt hat. Wer wissensmäßig auf der Höhe sein will, muss viel lesen und vieles sammeln.

Aus diesem Grund will das Beratungshandbuch praxisnah das notwendige Wissen so darstellen und vermitteln, dass es unmittelbar für die Beratung genutzt werden kann.

Warum ist es wichtig, die Grundsätze der Pflegeversicherung weiterhin zu erklären?

Die Pflegeversicherung, ihre Geschichte und ihr Anspruch sind den meisten Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und den sonstigen Bürgern nicht bekannt bzw. ihre Inhalte sind falsch oder lückenhaft vermittelt worden. Die falsche Kenntnis führt dazu, dass die Anbieter mit Erwartungen und Ansprüchen konfrontiert werden, die sie nicht einlösen können. Alle Diskussionsbeiträge nach dem Motto, dass die Pflege so teuer ist, dass die Pflegekräfte keine Zeit haben, dass das Geld nicht reicht, dass das Pflegeheim so teuer ist … zeigen dies deutlich.

Darum kann man nur einen Rat geben, der sich seit der ersten Auflage 2010 unverändert liest: Fangen Sie immer von vorne an und erklären Sie als Erstes (noch mal) die Pflegeversicherung. Das gilt bei der Schulung und Fortbildung der eigenen Mitarbeiter, vor allem aber bei jedem Neukundengespräch oder bei jeder Beratung. Nur so können Missverständnisse vermieden und sachgerechte Pflegeverträge geschlossen werden.

Ein wichtiger Aspekt sei betont: Es geht nicht darum, dem Pflegebedürftigen alle möglichen Leistungen zu verkaufen. Viel wichtiger ist es, ihn über die vorhandenen Leistungen und seine Ansprüche aufzuklären. Im Regelfall wird dies zu einer besseren Nutzung der vorhandenen Leistungen führen und damit auch zu einer verstärkten Nachfrage nach Pflegedienstleistungen. Wer ergebnisoffen und umfassend berät, wird mittel- und langfristig erfolgreicher arbeiten als der Pflegedienst, der sich allein auf das „Verkaufen“ konzentriert.

Zu diesem Buch und seinen Inhalten und Erläuterungen haben auch die vielen Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer beigetragen, denen ich in den letzten 28 Jahren die Pflegeversicherung ein Stück näherbringen durfte.

Januar 2022

Andreas Heiber

Hinweise

In das Buch ist der Wissensstand bis Januar 2022 eingeflossen. Geplante Änderungen der neuen Regierungskoalition sind, soweit sie im Koalitionsvertrag konkret benannt wurden, informationsweise aufgenommen. Zu beachten ist, dass insbesondere bei der Definition der Sachleistungen (Leistungskataloge), aber auch bei Regelungen im stationären Bereich der Föderalismus herrscht: jedes Bundesland hat eigenständige Regelungen und damit z.B. auch eigene Leistungskataloge für Sachleistungen, teilweise sogar mehrere verschiedene in einem Bundesland. Das sollte man auch immer mit bedenken, wenn man ‚länderübergreifend‘ beraten muss, weil z.B. die Angehörigen in einem anderen Bundesland wohnen als die pflegebedürftigen Eltern.

Aktualisierungen, die sich während der ‚Gültigkeit‘ des Beratungshandbuches 2022/2023 ergeben, finden Sie im Internetangebot des Vincentz Network hier:

Folgendes Material zum Beratungshandbuch steht als Download für Sie im Internet bereit.

Kostenfreie Materialien unter:

https://www.haeusliche-pflege.net/download_buch/download

kostenpflichtige Materialien im Shop unter:

https://www.haeusliche-pflege.net/

Kapitel

Inhalt/Beschreibung

Kombileistungsrechner (kostenpflichtig)

2

Daten zur Entwicklung Pflegeversicherung (kostenfrei)

2

Kostenübernahmeerklärung (kostenfrei)

11

Kombileistungen (kostenfrei)

20

Tagespflege (kostenfrei)

20

Tagespflegerechner (kostenpflichtig)

22

Leistungsübersicht 2021/22 und Kombileistungstabellen (kostenfrei)

Immer noch: „Neue Namen“

Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs 2017 hat der Gesetzgeber auch eine ganze Reihe von neuen Begrifflichkeiten eingeführt, die bisherige Bezeichnungen ersetzen. Um die Übersicht und das Verständnis zu erleichtern, sind die wesentlichen sprachlichen Änderungen hier zusammengefasst.

Auch vier Jahre nach der Änderung sind einige der alten Bezeichnungen immer noch präsent. Inzwischen sollten jedoch alle Broschüren, Internetseiten etc. auf die neuen Begrifflichkeiten angepasst sein. Dabei gibt es einige ‚alte‘ Namen weiterhin in anderen Rechtsgrundlagen: die „Grundpflege“ ist im SGB V, § 37 weiterhin so benannt, ebenso die „hauswirtschaftliche Versorgung“.

Noch ein Ratschlag für die Praxis: Im Alltag werden Missverständnisse produziert, wenn man nur die ‚richtigen‘ Formulierungen des Gesetzestextes benutzt: So wird ein Bundesbürger das Wort „Selbstversorgung“ eben nicht mit Körperpflege und Hilfe bei der Nahrungsaufnahme gleichsetzen, sondern eher mit Gemüsegarten und Biobauernhof!

Daher wäre hier das ‚alte‘ Wort Grundpflege viel sinnvoller, auch wenn es im Detail nicht ganz richtig ist.

Lexikon der Abkürzungen und wichtigen Grundbegriffe

KOSTENERSTATTUNGVom Pflegebedürftigen/Versicherten direkt zu bezahlende Leistung, die die Pflegeversicherung den Versicherten erstattet.

MD (früher MDK)Medizinischer Dienst: Prüf- und Gutachterorganisation der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts); bei der Knappschaft hat die Aufgabe der Sozialmedizinische Dienst der Knappschaft; bei privat Versicherten ist damit die Firma MEDICPROOF GmbH beauftragt.

PFLEGEFACHKRAFT ODER PFLEGEKRAFTPflegedienstmitarbeiter, die beruflich bzw. erwerbsmäßig pflegen.

PFLEGEPERSONAngehörige, Nachbarn oder sonstige ehrenamtliche, die nicht erwerbsmäßig pflegen

SACHLEISTUNGVon der Pflegekasse direkt finanzierte Dienstleistung für den Versicherten.

SPV

Soziale Pflegeversicherung: Gesetzliche Pflegeversicherung, daneben gibt es die private Pflegeversicherung

2Pflegeversicherung

Kurzdarstellung

Die Pflegeversicherung wurde 1995 als Pflichtversicherung eingeführt, um das Risiko der Pflegebedürftigkeit sozial abzusichern. Im Sinne eines Zuschusses unterstützt die Pflegeversicherung Pflegebedürftige mit Leistungen zu Hause und im Pflegeheim. Eine vollständige Kostenübernahme war nie geplant und wird nicht erreicht, das gilt auch nach der Reform des Einstufungsbegriffs im Jahre 2017.

Die Einstufung basiert von 1995 bis 2016 auf der Zeit, die eine nicht ausgebildete Pflegeperson für die notwendige Unterstützung bei den täglich wiederkehrenden Verrichtungen benötigt. Ab 2017 beruht die Einstufung auf einem System, das den Grad der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen in vier Stufen bemisst und danach eine Einteilung in Pflegegrade vornimmt.

Wesentliche Punkte

Geschichte der Pflegeversicherung

Der Einführung der Pflegeversicherung ging eine über zwanzigjährige Diskussion voraus. Erste ‚Vorläufer‘ (Leistungen speziell bei Pflegebedürftigkeit) wurden mit dem Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988 eingeführt: Über die damaligen §§ 55 bis 57 SGB V gab es folgende ambulante Leistungen für Schwerpflegebedürftige (ungefähr der heutigen Pflegestufe 2 entsprechend):

Pflegesachleistungen bis zu 25 Einsätze bis zu einer Stunde, maximal 383 € (750,− DM) im Monat,

bei Verhinderung der Pflegeperson Pflegesachleistungen für maximal 4 Wochen im Jahr insgesamt bis zu 920 € (1.800,− DM) (geleistete Pflegesachleistungen werden mit angerechnet),

Pflegegeld von 205 € (400,− DM).

Die Leistungen traten aber erst am 01.01.1991 in Kraft.

Das Pflegeversicherungsgesetz selbst wurde am 26. Mai 1994 beschlossen, inzwischen aber vielfach geändert:

Die Pflegeversicherung begann ab 01.01.1995 mit einem Beitragssatz von 1 %, da ab 01.04.1995 nur die ambulanten Leistungen abgerufen werden konnten.

Zum 01.07.1996 begann mit der zweiten Stufe auch die stationäre Pflege, der Beitragssatz wurde dann auf 1,7 % angehoben.

Inzwischen hat das Pflegeversicherungsgesetz schon viele Änderungen erlebt. Die wichtigsten, die insbesondere die Leistungen betreffen:

2002:

das Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) und das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz (PflEG): Einführung der zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45a/b.

2004:

Bezieher einer gesetzlichen Rente tragen den kompletten Beitragssatz allein.

2005:

wurde mit dem Kinderberücksichtigungsgesetz der Beitragssatz für kinderlose Versicherte auf 1,95 % angehoben.

2008:

erfolgte das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (erstmalige Anhebung der Leistungen, Schulnoten, Pflegeberater und Pflegestützpunkte); der Beitragssatz wird auf 1,95 %, für Kinderlose auf 2,2 % angehoben.

2012:

Durch das Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) werden erhöhte Leistungen für Versicherte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz und die neue Leistung „Häusliche Betreuung“ eingeführt; die Grundpflege ist nun immer als Pauschale sowie als Zeitleistung anzubieten, der Beitragssatz wird um 0,1 % auf 2,05, für Kinderlose auf 2,3 % angehoben.

2015:

Durch das Pflege-Stärkungsgesetz I (PSG I) werden neben Leistungserhöhungen auch Betreuungsleistungen für alle Versicherten sowie die Bildung eines Pflegevorsorgefonds eingeführt. Die Tagespflege steht nun als eigenständige Leistung zur Verfügung. Einige Regelungen (Zeitabrechnung) des PNG werden rückgängig gemacht. Die Beiträge steigen um 0,3 Prozentpunkte.

2017:

Durch das Pflege-Stärkungsgesetz II (PSG II) wird ein völlig neuer Einstufungsbegriff sowie das dazugehörige Neue Begutachtungs-Assessment (NBA) eingeführt. Alle Leistungen werden überarbeitet, als neue Leistungsgruppe wird der Pflegegrad 1 eingeführt. Im vollstationären Bereich wird ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil definiert.

2017:

Durch das zeitgleich zum PSG II in Kraft getretene Pflege-Stärkungsgesetz III (PSG III) werden einige Leistungsinhalte weiter konkretisiert und die Einbindung der Kommunen in die Beratung vorbereitet.

2019:

Durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) werden Regelungen zur Refinanzierung von Gehältern in der Krankenversicherung auch der Regelung im SGB XI angepasst. Die Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37.3 wird gesetzlich stärker geregelt.

2019:

Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) mit Wirkung vom 01.04.2019 werden Betreuungsdienste als neue Sachleistungsdienstleister zugelassen.

2020:

Durch das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) werden insbesondere Beratungsverpflichtungen der Pflegekassen konkretisiert und Fristen zur Bewilligung von Pflegehilfsmitteln eingeführt

2021:

Durch das Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) werden digitale Beratungs- und Schulungsangebote sowie digitale Pflegeanwendungen eingeführt

2021:

Durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) werden weitere Reformschritte der Pflegeversicherung eingeführt, wie die Pflicht zur tarifangeglichenen Bezahlung, höhere Sachleistungs- und Kurzzeitpflegeleistungen, Entlastung des vollstationären Eigenanteils sowie verbesserte Personalausstattungen in Heimen und einiges mehr.

Aktuelle Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung

Aktuelle Zahlen und Daten finden sich in zwei wichtigen Quellen:

Die amtlichen Pflegestatistiken werden seit 1999 alle zwei Jahre zum Stichtag 15.12. erhoben. Es werden alle Pflegeeinrichtungen von den Statistischen Landesämtern angeschrieben mit der Aufforderung, bestimmte Daten zum Stichtag zu erheben und weiterzugeben. Nach der Erhebung dauert es in der Regel noch mindestens ein Jahr, bevor die Zahlen veröffentlicht werden. Zu beachten ist, dass hier allein die Daten der Pflegeversicherung abgefragt werden. Anzahl und Leistungen der Behandlungspflege werden nicht berücksichtigt. Die letzte veröffentlichte Statistik stammt aus 2019. Die aktuellen Statistiken findet man auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes (

www.destatis.de

).

Das zuständige Bundesministerium für Gesundheit veröffentlicht aufgrund der Zahlen der gesetzlichen Pflegekassen SPV jährlich aktuelle Zahlen zur Anzahl der Pflegebedürftigen, den bezogenen Leistungen sowie den Kosten. Sie findet man unter

www.bmg.bund.de

Allerdings sind hier die Versicherten und Leistungen der privaten Pflegeversicherung nicht enthalten, daher weichen diese Daten manchmal von der Pflegestatistik ab.

Einige aktuelle Zahlen und Aussagen zur Pflegeversicherung:

Entwicklung der Pflegebedürftigkeit

Spannend für die Zukunft ist die Frage, wie sich die Pflegebedürftigkeit bzw. die Inanspruchnahme der ambulanten und stationären Leistungen entwickeln wird. Betrachtet man die Daten der letzten Jahre auf der Basis der Bundespflegestatistiken, ergibt sich seit ca. 2005 eine Trendwende beim Bezug von stationären Leistungen.

sysPra.de/Daten: Bundestatistik 2017

Blick auf die Bundesländer

Bis 2005 ist der prozentuale Anteil der stationären Versorgung immer gestiegen (in den Anfangsjahren hat der erhöhte Anstieg auch mit Starteffekten der Pflegeversicherung zu tun). Seit 2007 geht der stationäre Anteil leicht zurück, im Verhältnis 2015 zu 2005 um immerhin 4,40 %. In 2017 sieht man erste Auswirkungen der Pflegereform 2017, der im Jahr 2019 noch viel sichtbarer wird: Nun ist der stationäre Anteil nochmals deutlich prozentual zurückgegangen, was aber insbesondere an der Ausweitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der Einführung des Pflegegrades 1 liegen dürfte. Allerdings könnte auch die Einführung des Einrichtungseinheitlichen Eigenanteils eine Rolle spielen (siehe Kap. 22 Pflegeheim) (siehe Tabelle Seite 16). Wie sich diese Entwicklung verändert durch die zusätzliche ‚Spitzenfinanzierung‘ im Pflegeheim (siehe Seite 255), wird man erst später sehen, denn insbesondere die Statistik 2021 wird durch die Pandemieereignisse etwas verzerrt sein.

Interessant in diesem Zusammenhang sind allerdings auch die völlig unterschiedlichen Versorgungsstrukturen in den Bundesländern, für die es auf den ersten Blick wenig rationale Erklärungsmuster gibt: Warum in Schleswig-Holstein die meisten Pflegebedürftigen, in Brandenburg aber die wenigsten Pflegebedürftigen im Heim versorgt werden, ist nicht einfach zu erklären.

Ein Erklärungsmuster dürfte allerdings sein, dass aufgrund der sehr unterschiedlichen strukturellen und historischen Entwicklung sich die Pflegelandschaft in den Ländern völlig unterschiedlich gestaltet hat. Daher sind bundesweite Durchschnittswerte oftmals nicht geeignet, die tatsächliche Situation in den Bundesländern zu beurteilen, zumal nach der Föderalismusreform 2006 die Heimgesetzgebung auf Landesebene diese ‚Vielfalt‘ eher noch verstärken wird.

Pflegegradverteilung in der Entwicklung

In der Darstellung

In der Vergleichsübersicht finden sich die Daten der Pflegestatistik 2019 mit Stichtag 15.12.2019, die vom BMG erstellte Statistik der Pflegebedürftigen zum Stichtag 31.12.2020 sowie die Antragsstatistik der stattgegebenen Anträge 2020 der SPV. Da es drei unterschiedliche Zahlenquellen gibt, sind die Zahlen insbesondere bei der Anzahl der Pflegebedürftigen teilweise nicht vergleichbar. Vergleichbar ist aber die prozentuale Zusammensetzung der Pflegegrade, die hier insbesondere betrachtet werden soll.

Zu den Auswertungen im Einzelnen:

Bundespflegestatistik 2019: Die Anzahl an Pflegebedürftigen, die in Pflegegrad 1 ausgewiesen werden, wird in dieser Darstellung um 160.000 Pflegebedürftige erhöht, die lt. Erläuterung der Bundespflegestatistik in den reinen Zahlen nicht erfasst sind, was auch der Form der Erfassung der Bundespflegestatistik geschuldet ist. In dieser werden zum Stichtag 15. Dezember nur alle von Pflegeeinrichtungen versorgten Pflegebedürftigen erfasst. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, die zu diesem Zeitpunkt keine Leistungen abrufen, fehlen daher in dieser Statistik.

BMG 2020: Das Bundesministerium für Gesundheit hat diese Zahlen zum Stichtag 31.12.2020 jeweils getrennt für die Soziale und Private Pflegeversicherung veröffentlicht, die von den jeweiligen Pflegeversicherungen gemeldet wurden. Diese beiden Datenteile wurden hier zusammen dargestellt.

Antragsstatistik 2020: Auch die Antragsstatistik stammt vom BMG. Sie gibt die in 2020 eingestuften Pflegebedürftigen mit ihren Pflegegraden wieder, allerdings nur für die SPV.

Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff wurde eine Überleitungsregelung geschaffen, die die vor 2016 eingestuften Pflegebedürftigen großzügig in die neuen Pflegegrade übergeleitet hat. Nach den Zahlen des BMG sind ambulant ca. 65 %, stationär sogar 80 % der Pflegebedürftigen am Jahresende 2017 übergeleitete Pflegebedürftige. In 2019 ist (wie in allen drei Auswertungen) der Pflegegrad 2 der dominierende Pflegegrad, aber insbesondere die hohen Pflegegrade sind in 2019 noch stärker. In 2019 liegt der Anteil Pflegegrad 5 noch bei 5,5 %, in der Antragsstatistik 2020 nur noch bei 1,9 %.

Im Jahr 2018 sind lt. Zahlen des BMG ambulant nur noch 43 % der Pflegebedürftigen übergeleitete Pflegebedürftige, stationär nur noch 63 %. In 2020 bleiben davon ambulant noch 24% übergeleitete Pflegebedürftige übrig, stationär immerhin noch 42%.

Die Auswirkungen/Verzerrung durch die Überleitung sind weiterhin in den hohen Pflegegraden sichtbar, die schrittweise abnehmen.

In 2020, Einstufungsstatistik ist der Anteil des Pflegegrades 1 (auch aufgrund der anderen Datenquelle: Daten der Pflegekassen, nicht Erfassung über Pflegedienste) deutlich realistischer.

Pflegegradverteilung ambulant und stationär 2020

Beim Vergleich der Verteilung nach ambulanten und stationären Pflegebedürftigen (Basis Soziale Pflegeversicherung Ende 2020) werden auf den ersten Blick die strukturellen Unterschiede noch sichtbarer: Während ambulant die niedrigen Stufen 1 und 2 dominieren, sind stationär nur noch 18 % so niedrig eingestuft, dafür ist aktuell der Anteil mit Pflegegrad 5 mit 16 % noch sehr hoch, was vor allem den Überleitungsregelungen geschuldet sein dürfte. Dauerhaft wird insbesondere der Anteil von Pflegegrad 5 noch deutlich abnehmen, was dann wiederum Auswirkungen auf den Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil haben wird (siehe Kap. Vollstationäre Leistungen).

Verteilung der Ausgaben

Die Ausgaben der Pflegeversicherung sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, von 31 Mio. Euro in 2016 auf über 49 Mio. Euro in 2020. Pandemiebedingt hat die Pflegeversicherung kaum Mehrkosten, da im Kern die Kosten in fast allen Bereichen gleich geblieben sind durch die Regelungen des Schutzschirms der Pflegeversicherung, der Einnahmeausfälle durch nicht belegte Plätze ausgeglichen hat. Theoretisch dürften nur einzelne ambulante Positionen wie Verhinderungspflege reduzierter sein, was sich aber wegen der gleichzeitig steigenden Zahl der Pflegebedürftigen nicht wirklich nachverfolgen lässt.

Weiterhin sind auch die Überleitungseffekte mit zu berücksichtigen, die zu deutlich gestiegenen Kosten geführt haben. Interessant ist hier die Ausgabenentwicklung beim Pflegegeld (mehr dazu im Kap. Pflegegeld)

Vergleicht man die Ausgaben für die ambulante und stationäre Versorgung, stellt man fest, dass in 2020 noch ca. 35 % aller Ausgaben für die stationäre Versorgung ausgegeben wird, allerdings waren es 2016 noch 42 %, 2012 noch über 49 %.

Die Pflegeversicherung zahlt im rechnerischen Monatsdurchschnitt für ambulante Pflegebedürftige 687 €, während eine stationäre Versorgung im Schnitt 1.513 € kostet. Die nun wieder größere Spreizung ist vermutlich zwei Faktoren geschuldet: der Einführung des Pflegegrades 1 (mehr Pflegebedürftige mit wenig Leistungen) sowie den Überleitungsfolgen mit noch sehr hohen Pflegegraden stationär (siehe Seite 19/20).

80 % aller Pflegebedürftigen werden ambulant versorgt, allerdings stehen ihnen nur 64 % der Leistungsausgaben zur Verfügung.

Finanzierung und Beitragssatzstabilität

Einer der Hauptdiskussionspunkte vor Einführung der Pflegeversicherung war die Frage der Finanzierung und der Belastung der Arbeitgeber. Die Pflegeversicherung ist als Umlageversicherung (wie auch die Rentenversicherung) konzipiert: Aus den laufenden Beitragseinnahmen werden die Ausgaben bestritten, die Einnahmen wurden anfangs hälftig von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Gleichzeitig bestand von Beginn an eine Versicherungspflicht (sei es in der gesetzlichen oder in einer von den Leistungen her identischen privaten Pflegeversicherung).

Für die Kompensation der Arbeitgeber wurde zunächst ein gesetzlicher Feiertag gestrichen, der Buß- und Bettag (nur in Sachsen ist der Feiertag nicht aufgehoben worden, hier zahlen allerdings auch die Arbeitnehmer den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung allein); (siehe auch § 58 SGB XI).

Die erste Änderung 1996 resultierte aus dem späteren Beginn der stationären Leistungen.

Die Beiträge wurden 2004 systematisch verändert, allerdings nur für die Rentner, die nun den vollen Beitrag zahlen mussten.

2005 wurde der Beitrag für Kinderlose um einen Zuschlag von 0,25 % erhöht. Davon ausgenommen sind Rentner, die vor dem 01.01.1940 geboren wurden, Erwachsene bis 23 Jahre sowie Empfänger von Arbeitslosengeld II, sowie Wehr- und Zivildienstleistende. Durch das PNG und die damit verbesserten ambulanten Leistungen wurde der Beitragssatz 2013 um 0,1 % angehoben.

Mit dem PSG I wird der Beitragssatz insbesondere für den neu geschaffenen Pflegefonds um 0,3 Prozentpunkte, mit dem PSG II um weitere 0,2 Prozentpunkte ab 2017 angehoben, insbesondere um die Umstellung und die oftmals höheren Leistungen zu finanzieren.

Mit dem PpSG wurde der Beitragssatz zum 01.01.2019 um 0,5 Prozentpunkte auf nun 3,05 € erhöht.

Mit dem GVWG wird am 2022 der Beitragssatz allein für die Gruppe der kinderlosen Arbeitnehmer und Rentner (jünger als Jahrgang 1940) um 0,1 Prozentpunkte angehoben.

Das ‚Bauprinzip‘ der Pflegeversicherung sieht von Beginn an vor, dass die Leistungen auch gekürzt werden können, wenn die Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken. Der Beitragssatz muss nicht angehoben werden (anders als in der Krankenversicherung), wenn die Mittel nicht mehr ausreichen, es könnten (zumindest theoretisch) auch die Leistungen gekürzt werden; auch daher ist der Anspruch auf Sachleistungen nicht absolut, sondern immer „bis zu xxx Euro“ formuliert.

Die Leistungshöhe und ihre Finanzierung wurden 1995 festgesetzt. Mit der Umstellung auf den Euro wurden die Leistungsbeiträge nur umgestellt und auf volle Eurobeträge aufgerundet.

Erst 2008 gab es die erste tatsächliche Leistungserhöhung für die Ambulanten Leistungen sowie der Pflegestufe 3 Stationär (alle anderen Leistungen Stationär haben sich nicht erhöht). Auch durch das Pflege-Neuausrichtungsgesetz 2013 werden die Leistungen nur für eine Teilgruppe in der ambulanten Pflege erhöht, also nur für ca. 25 % der ambulant betreuten Pflegebedürftigen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz. Die 2008 eingeführte automatische Dynamisierung nach § 30 (verbunden mit der Preisentwicklung) hat dazu geführt, dass die Leistungen mit dem PSG I um durchschnittlich 4 % erhöht worden sind. Mit dem PSG II und der Umstellung auf Pflegegrade ergeben sich durch die höheren Leistungsbeträge Steigerungen, die allerdings nicht alle Leistungen betreffen. So werden einige Leistungen wie Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege oder Pflegehilfsmittel nicht erhöht.

Ab 2022 werden ambulant nur die Sachleistungen nach § 36 um 5% erhöht, das Pflegegeld und die Verhinderungspflege jedoch nicht. Stationär wird nur die Kurzzeitpflege um 10 % erhöht, die Tagespflege nicht. Für die vollstationäre Pflege wird zusätzlich eine nach Aufenthaltsdauer steigende anteilige Finanzierung der pflegebedingten Kosten eingeführt.

Ambulant vor Stationär

Ein weiterer wesentlicher Punkt, der Grundsatz „Ambulant vor Stationär“ steht zwar im Gesetzestext (§ 3 Vorrang der häuslichen Pflege), ist aber vor allem bei der finanziellen Ausgestaltung der Leistungen bis 2016 nicht berücksichtigt: In den Pflegestufen 1 und 2 erhalten die ambulant versorgten Pflegebedürftigen deutlich weniger Sachleistungen als im Pflegeheim. So gibt es ambulant 1995 nur 384 €, stationär aber 1.023 €. Wären die stationären Leistungen genau so niedrig wie die ambulanten Leistungen, hätte es jedoch kaum die beabsichtigte Entlastung und Lösung von der Sozialhilfe gegeben.

Ab 2017 wird durch die neue leistungsrechtliche Ausgestaltung eine fast gleiche Finanzierung der Sachleistungen ambulant und stationär geschaffen. Allerdings erfolgt diese Angleichung erst nach über zwanzig Jahren und dürfte dauerhaft Probleme für die stationären Angebote bringen, die lange Zeit anders finanziert wurden (siehe Tabelle oben). Durch die neue prozentuale Bezuschussung der Pflegekosten wird die stationäre Versorgung wieder besser finanziert als die ambulante, insbesondere bei längeren Heimaufenthalten.

Befreiung von und Entlastung der Sozialhilfe

Vor Einführung der Pflegeversicherung gab es praktisch keine oder kaum Unterstützungsleistungen bei Pflegebedürftigkeit. Wer nicht über ein familiäres Netzwerk versorgt werden konnte und in ein Pflegeheim gehen musste, war fast zwangsläufig auf Sozialhilfe angewiesen. Denn selbst in günstigen Pflegeheimen lagen die monatlichen Kosten immer deutlich über der Durchschnittsrente der Versicherten. Diese Sozialhilfeabhängigkeit sollte durch die Einführung der Pflegeversicherung, zumindest in sehr hohem Maße, reduziert werden.

Im Verhältnis zur Situation vor Einführung der Pflegeversicherung gibt es eine deutliche Entlastung, vor allem in der stationären Pflege.

Dazu zwei Beispiele:

Ambulant

Herr Müller ist seit Kurzem in den Pflegegrad 2 eingestuft. Er benötigt Sachleistungen im Umfang von 800,− €, die Pflegeversicherung übernimmt davon 724,− €, nur 76,− € sind als Eigenanteil zu bezahlen. Vor Einführung der Pflegeversicherung hätte Herr Müller die kompletten 800,− € übernehmen müssen.

Stationär

Herr Maier, Pflegegrad 3, ist in Bielefeld in ein Pflegeheim gezogen. Der Heimplatz kostet im Jahr 2021 inklusive aller Kosten (Pflege, Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten) 3.811,93 € im Monat. Die Pflegekasse bezuschusst 1.262,− €, der einrichtungseinheitliche Eigenanteil sowie die Hotel- und Investitionskosten betragen 2.549,80. Vor Einführung der Pflegeversicherung hätte Herr Maier die kompletten 3.811,93 € tragen müssen.

Ab 2022 zahlt Herr Maier durch die reduzierten Pflegekosten tatsächlich nur noch 2.496,88€, in 2023 dann nur noch 2.285,22 €, in 2024 dann nur noch 2.073,56 € und in 2025 sogar nur noch 1.808.98 €, soweit er solange im Pflegeheim lebt (ausführlich Seite 255).

Aus beiden Beispielen wird deutlich, dass die Pflegeversicherung die Kosten nicht komplett übernehmen wollte, sondern dass die Pflegeversicherung lediglich ergänzend oder entlastend tätig werden kann.

§ 4 Absatz 2: „Bei häuslicher und teilstationärer Pflege ERGÄNZEN die Leistungen der Pflegeversicherung die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung. Bei teil- und vollstationärer Pflege werden die Pflegebedürftigen von Aufwendungen ENTLASTET, die für ihre Versorgung nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit erforderlich sind (pflegebedingte Aufwendungen), die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung tragen die Pflegebedürftigen selbst.“ (Hervorhebung vom Autor).

Die nur teilweise geleistete Finanzierung der notwendigen Leistungen wird verkürzt als „Teilkaskoprinzip“ bezeichnet.

Auch mit der grundlegenden Reform 2017 ändert sich nichts am Prinzip, selbst wenn jetzt alle Kriterien einschließlich des Betreuungsbedarfs und der Behandlungspflege in die Einstufung einfließen.

Aber mit dem GVWG werden die vollstationär versorgten Pflegebedürftigen wieder deutlich (in Abhängigkeit von der Aufenthaltsdauer im Heim, aber unabhängig vom Pflegegrad) mehr Leistungen bekommen, als sie oftmals ambulant erhalten würden.

Aus der Einstufung kann nicht auf den benötigten Leistungleistungsumfang geschlossen werden

Die Einstufung sowie insbesondere noch in 2016 die Zeitermittlung für die einzelnen Verrichtungen mithilfe der Zeitkorridore (Bestandteil der Begutachtungsanleitung) haben nur mittelbar etwas mit den zu erhaltenden Leistungen zu tun. Die Zeitkorridore dienten lediglich der Ermittlung der Pflegestufe. Die von der Pflegeversicherung im Sinne eines Zuschusses gewährten Leistungen sollten und können nicht die notwendigen Leistungen, die Voraussetzung für die Einstufung sind, finanzieren.

Ab 2017 wird bei der Einstufung nicht mehr auf den Zeitaufwand der Unterstützung abgestellt, sondern nur noch der Grad der Selbstständigkeit bzw. das Vorhandensein von Fähigkeiten beurteilt. Damit werden im Gutachten auch keinerlei Zeitangaben mehr zu finden sein.

Jedes Einstufungssystem (auch das neue ab 2017) hat vor allem die Aufgabe, aus der großen Anzahl der möglichen Nutzer eine so große oder kleine Menge herauszufiltern, dass mit den Beitragseinnahmen auch eine konkrete Entlastung erreicht wird. Je mehr Menschen als pflegebedürftig eingestuft werden, desto geringer fällt die Leistung des Einzelnen aus, wenn der Beitragssatz weiterhin stabil bleiben muss.

Aber auch mit dem neuen Einstufungssystem bleibt das Prinzip des Zuschusses erhalten: Der festgestellte Bedarf an Unterstützungsleistungen ist immer deutlich größer als die finanzielle Unterstützung insbesondere für die ambulante Pflege.

Leistungsgerechte Vergütung

Die Vergütung der ambulanten und stationären Leistungen beruht auf einem Vertragsgeflecht aus vier Verträgen:

VERSORGUNGSVERTRAG nach § 72 (Zulassung zur Versorgung),

RAHMENVERTRAG nach § 75 auf Landesebene (organisatorische Regelungen),

QUALITÄTSMASSSTÄBE UND EXPERTENSTANDARDS nach § 113 ff,

VERGÜTUNGSVEREINBARUNG ambulant nach § 89, stationär nach § 84.

Die Vergütungsvereinbarung setzt auf den anderen Vertragswerken auf bzw. bezieht ihre Inhalte mit ein. Die Vergütung muss für einen Pflegedienst (oder ein Pflegeheim) „leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos“ (§ 89 bzw. § 84). Mit der Neuregelung der Vergütungen nach § 82c ab 01.09.2022 werden entweder tarifliche vereinbarte Vergütungen oder andere Vergütungen mit einer Mindesthöhe auf der Basis örtlicher Tarifverträge und begrenzt durch das regionale Entgeltniveau refinanziert. Damit sind in jedem Fall die tatsächlichen Pflegepersonalkosten refinanzierbar.

Unabhängig davon, wie die Preise für eine Pflegeeinrichtung tatsächlich zustande gekommen sind (z. B. Aushandlung auf Landesebene und Unterschriftsverfahren, Empfehlungen des Verbandes etc.), ist die Vereinbarung für jede Pflegeeinrichtung gesondert abzuschließen. Sie gilt damit individuell und speziell für die Einrichtung, die sie unterschrieben hat.

Die Preise für die einzelnen Pauschalleistungen in der ambulanten Pflege sind Durchschnittspreise, die für alle im Jahr abgerechneten Leistungen gelten. Das heißt auch, dass die Preise im Einzelfall (also für die einzelne Pflege) nicht die Kosten decken müssen oder können.

Damit verbietet sich

eine erlösorientierte Einsatzplanung, soweit sich die Erlöswerte auf einen Einsatz, einen Pflegekunden oder eine Tour beziehen. Denn wie in der Grafik deutlich wird, ergibt sich der Erlös nicht aus einer Mindestzeit, sondern aus dem Durchschnitt aller erbrachten Leistungen (Grafik siehe Seite 29),

eine öffentlich aufgestellte Behauptung, die aktuellen Vergütungen seien nicht ausreichend. Denn wer nicht mehr die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten kann, muss seine Zulassung (Versorgungsvertrag) verlieren. Pflegediensten, die öffentlich behaupten, die Vergütung reiche nicht aus, aber nicht gleichzeitig die Vergütungsvereinbarung kündigen, müsste deshalb der Versorgungsvertrag entzogen werden.

Zeitvergütung ist nicht die bessere Alternative

Anders sieht es bei der Zeitvergütung aus, die in manchen Bundesländern mit dem PNG eingeführt wurde und weiterhin parallel möglich ist: Der Stundensatz ist leistungsgerecht, weil ansonsten die Vergütungsvereinbarung nicht vom Pflegedienst unterschrieben worden wäre (siehe Seite 28)! Ist dies jedoch nicht der Fall, kann der Pflegedienst dies nicht mehr kompensieren: denn schnelleres Arbeiten führt zu weniger Erträgen. Es gibt bei der Zeitabrechnung keinen Ausgleich zwischen den Einsätzen.

Aber, auch das muss klar sein: Die Zeitvergütung ist nicht unbedingt die bessere Alternative zu den Leistungskomplexen in der Körperpflege (Betreuungsleistungen und Hilfen bei der Haushaltsführung sollten dagegen nur nach Zeit definiert werden). Denn ein wesentliches Auswahlkriterium des Pflegebedürftigen bzw. seiner (erbenden) Pflegepersonen ist immer der Preis bzw. was insgesamt noch übrigbleibt. Daher wird im Vertragsgespräch nicht die Pflegefachkraft entscheiden, wie viel Zeit im Rahmen der Zeitabrechnung anzusetzen wäre, sondern im Zweifelsfall die Angehörigen, die noch Pflegegeld erhalten wollen. Bei Leistungskomplexen, die ja Festpreise haben, entscheidet tatsächlich die Pflegekraft oder der Pflegedienst, wie lange man bleibt, bei der Zeitabrechnung ist das aber anders.

Preisunterschiede trotz gleicher Leistungen?

Das Prinzip der leistungsgerechten Vergütung, das wie oben beschrieben sich jeweils auf die einzelne Pflegeeinrichtung bezieht, sorgt dafür, dass die Preise der Einrichtungen unterschiedlich hoch sind. Während in der stationären Pflege dies auch durch die unterschiedliche räumliche Ausstattung begründet scheint (jedes Heim sieht anders aus), ist eine Begründung für unterschiedliche Preise bei ambulanten Pflegediensten schwieriger. Dazu kommt, dass die Situation je nach Bundesland unterschiedlich ist. In einigen Bundesländern gibt es entgegen der Intention des Gesetzes zurzeit noch (letzte) Einheitspreise für fast alle Dienste (inzwischen (Mitte 2021) nur noch in einigen Bereichen in Baden-Württemberg, in anderen gibt es Preisgruppen (für Wohlfahrtseinrichtungen, Private etc.) oder komplett differenzierte Preise pro Region und Einrichtung (z. B. Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern).

Die Gründe für unterschiedliche Preise können vielfältig sein: unterschiedliche Personalstruktur, Tarifverträge, Organisationskosten, Wegekosten, Historie. Durch die gesetzliche Garantie der Refinanzierung definierter Personalkosten (z. B. über Tarifverträge etc.) verbunden mit den neuen Regelungen des GVWG werden sich die Preise wieder mehr angleichen, zumindest auf Landesebene.

Da die Pflegekassen die Vergütungsvereinbarungen immer als Sachwalter der Versicherten abschließen, kann man auch gegenüber den Pflegekunden argumentieren, dass die Einrichtung nur genau die Vergütung bekommt, die für sie unbedingt notwendig (= leistungsgerecht) ist. Diese Prüfung findet in der Vergütungsverhandlung durch die Pflegekassen statt bzw. hat formal stattgefunden. Und wie bei sehr vielen anderen Gütern und Dienstleistungen gibt es auch in der Pflege für identische Leistungen unterschiedliche Preise.

Höhere Stundensätze als der Wettbewerber?

Durch die in einigen Bundesländern zusätzlich auszuweisenden Stundensätze werden unter Umständen die Preisunterschiede der Pflegedienste noch transparenter: Der eine Pflegedienst wird nur 43 € die Stunde verlangen, der andere 52 €. Der Hauptgrund für die Preisunterschiede liegt einzig und allein in der Vergütung des Personals, meist bedingt durch unterschiedliche Tarifverträge: Da die (formale) Qualität immer gleich sein muss, stellt sich für den Kunden die Frage, warum er für die gleiche Leistung mehr Geld zahlen muss? Andererseits ist die Pflege absolut abhängig von guten Mitarbeitern, die auch fair bezahlt werden. Wer seine Mitarbeiter besser bezahlt als sein Wettbewerber, hat erfahrungsgemäß weniger Probleme, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Pflegedienste sollten offensiver damit Werbung machen, dass sie ihre Mitarbeiter fair nach Tarif (oder vergleichbaren Regelungen) bezahlen und nicht versuchen, die Kosten zu drücken. Denn wenn dauerhaft die Pflege immer schlechter bezahlt wird, werden gute Mitarbeiter in andere Bereiche oder Branchen abwandern. Da gute Pflege aber auch gute Mitarbeiter benötigt, müssen und sollten diese entsprechend sachgerecht bezahlt werden. Und das Bundessozialgericht stellt in seinen aktuellen Urteilen eindeutig fest, dass tarifgerechte Bezahlung wirtschaftlich ist und deshalb von den Pflegekassen refinanziert werden muss. Das hat der Gesetzgeber auch durch seine Änderung im § 84/89 mit dem PSG III und die Übernahme dieser Regelungen in die Krankenversicherung nochmals verdeutlicht.

Beitragszahlungen und Leistungsausgaben

Oft werden Pflegekräfte mit der Aussage konfrontiert, dass der Pflegebedürftige doch sein Leben lang gearbeitet und immer eingezahlt hätte und jetzt so wenig Pflegeleistungen bekommen würde.

Fakt ist:

Die Pflegeversicherung existiert erst seit 1995, auch Beiträge werden erst ab dieser Zeit eingezogen/bezahlt.

Ein Rentner, der zum 01.01.2022 eingestuft wird, hat bis Ende 2021 (26 Jahre) folgende Beiträge bezahlt:

Beispiel 1: Die Rente lag immer über der Beitragsbemessungsgrenze (in 1995 im Westen bei 2.991,00 DM, in 2021 bei 4.837,50 €), es wurde immer der Höchstbetrag bezahlt. Dann wurden bis Ende 2021 an Beiträgen insgesamt 23.994,16 € bezahlt.

Beispiel 2: Ein Rentner ohne Kinder mit einer gleichbleibenden Rente von 1.500,− € (= Beitragsbemessungsbetrag) hat seit Beginn der Pflegeversicherung bis Ende 2021 insgesamt: 9.171,00 € bezahlt.

Ein Jahr Bezug von Pflegegeldleistung ab 2022 (ohne Hilfsmittel, Verhinderungspflege) bedeutet:

Pflegegrad 2: 3.792,− €,

Pflegegrad 3: 6.540,− €

Pflegegrad 4: 8.736,− €

Pflegegrad 5: 10.812,− €

Ein Jahr Bezug von Pflegesachleistung (ohne Pflegehilfsmittel, Verhinderungspflege etc.) bedeutet:

Pflegegrad 2: 8.688,- €

Pflegegrad 3: 16.356,- €

Pflegegrad 4: 20.316,- €

Pflegegrad 5: 25.140,- €

Dazu kommen weitere ambulante Leistungen bei allen Pflegegraden 1.500 € Entlastungsleistungen nach § 45b und Verhinderungspflege § 39 in Höhe von 1.612 €, zusammen also 3.112 €.

Dazu könnten noch Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 1.774 € genutzt werden sowie Pflegeverbrauchsmittel von 480 €.

Zusätzlich kann noch die Tagespflege besucht werden, dazu gäbe es weitere Zuschüsse:

Pflegegrad 2: 8.268,- €

Pflegegrad 3: 15.576,- €

Pflegegrad 4: 19.344,- €

Pflegegrad 5: 23.940,- €

Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 3, der ambulante Sachleistungen sowie die Tagespflege und die Kostenerstattungsleistungen einschließlich Pflegeverbrauchsmaterial in Anspruch nimmt, erhält so pro Jahr Leistungen im Umfang von 35.524 € von seiner Pflegekasse erstattet. In den 26 Jahren der Versicherung und der Beitragszahlung hat dieser Versicherte im Maximalfall (voller Beitragssatz ohne Kinder für die gesamte Zeit): 23.994,16 € bezahlt.

Ein Jahr Bezug von vollstationärer Pflege bedeutet:

Pflegegrad 2: 9.240,– €

Pflegegrad 3: 15.144,– €

Pflegegrad 4: 21.300,– €

Pflegegrad 5: 24.060,– €

Plus prozentualer Reduzierungen der Eigenanteile

Die Pflegeversicherung ist wie die Rentenversicherung als Umlageversicherung strukturiert: Heutige Leistungsbezieher bekommen Leistungen, die im Wesentlichen von der nachfolgenden Generation bezahlt werden. Das ist gut so und aus meiner Sicht alternativlos, aber kein Grund zu glauben, die Pflegeversicherung wäre unfair, weil sie nicht alle Leistungen übernehmen kann, die benötigt werden.

Gerade dieser Punkt muss allen verdeutlichen, dass die heutige Generation der Pflegebedürftigen nicht das eingezahlt hat, was sie an Leistungen bezieht!

Wer persönlich für höhere Leistungen ist, muss auch bereit sein, entsprechend mehr Beiträge zu bezahlen. Dies gilt auch für heutige Pflegebedürftige.

Hintergrund

Vor Einführung der Pflegeversicherung gab es so gut wie keine Leistungen bei Pflegebedürftigkeit. Gleichzeitig entwickelt sich die Lebenserwartung weiter sehr positiv. Durch die höhere Lebenserwartung und die Veränderung der gesamten Lebensbedingungen können tradierte Versorgungskonzepte wie die Versorgung von Pflegebedürftigen durch die eigene Familie nicht mehr dauerhaft funktionieren. Die Einführung der Pflegeversicherung hat den Anstoß zu einer Entwicklung der Pflegeinfrastruktur gegeben, die die heutige Versorgung ermöglicht. So gibt es inzwischen über 15.000 ambulante Pflegedienste (BMG 2020), vor Einführung gab es nicht einmal halb so viele. Problematisch bei der Einführung bis heute ist die unklare Kommunikation bezüglich der Leistungsmöglichkeiten der Pflegeversicherung. Es herrschte und gibt auch weiterhin die Erwartung in der Bevölkerung (bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, aber auch bei den Mitarbeitern des Pflegedienstes), dass die Pflegeversicherung die Versorgung komplett finanziert. In der Praxis bleibt es dann den Leistungserbringern überlassen, diese falschen Erwartungen zu korrigieren. Andererseits werden auch einige Leistungen der Pflegeversicherung nur in sehr geringem Umfang genutzt, obwohl sie wesentlich zu Entlastung beitragen könnten (z. B. Verhinderungspflege oder auch Entlastungsbetrag nach § 45 b).

Die aufgrund der Kostenentwicklung in den Pflegeheimen angetriebene Diskussion um den Umbau der Pflegeversicherung macht es nicht einfacher, obwohl auch hier eine größere Differenzierung hilfreich wäre (siehe Seite 255 f.f.).

Hinweise zur Beratung

Die richtigen Worte nutzen!

Allein die Frage, wie man die Pflegeversicherung mit Worten beschreibt, sagt viel über das Verständnis und das Verstehen der Leistungsmöglichkeiten aus. Dazu ein BEISPIEL:

Herr Müller benötigt für 800,− € Leistungen, erhält von der Pflegekasse nach Pflegegrad 2 insgesamt 724,− € Sachleistungen.

Variante 1: „Herr Müller, Sie brauchen ja für 800,− € Leistungen, bekommen aber nur 724,− €. Da müssen Sie noch 76,− € zuzahlen!“

Variante 2: Herr Müller, Sie brauchen ja für 800,− € Leistungen.Sie bekommen aber von der Pflegekasse einen Zuschuss von 724,− €, da bleibt als Eigenanteil für Sie nur noch 76,− € übrig.

Das Beispiel kann man auch verkürzt betiteln mit der Frage: „Ist das Glas halb voll oder halb leer?“ Oft hat man den Eindruck, dass die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen nicht sehen und nicht vermittelt bekommen, was sie erhalten, sondern nur ärgerlich darüber sind, was sie nicht erhalten. Für sie ist das Glas also immer halb leer. Daher ist die erste Wortwahl wichtig.

Sich und die Kollegen vor einem ‚schlechten Gewissen‘ bewahren!

Mitleid und Empathie sind wichtige menschliche Reaktionen. Manchmal führen sie in der Pflege dazu, sich ausnutzen zu lassen. Das Klagen darüber, wie − vor allem wirtschaftlich − schlecht es einem Pflegebedürftigen und seinen Angehörigen geht, dient meist dazu, Pflegekräften ein schlechtes Gewissen zu machen, um weitere und dann meist heimliche und kostenfreie Leistungen zu bekommen. Dass die wirtschaftliche Situation objektiv so schlecht ist, darf in den meisten Fällen (noch) bezweifelt werden. Zumal die Erfahrung lehrt, dass die Menschen, die am meisten klagen (können), meist selbst nicht unbedingt in wirtschaftlicher Not sind. Alte Menschen in wirtschaftlicher Not klagen meist nicht, sie erhalten deshalb oft nicht die Leistungen, die sie bräuchten (oft auch nicht vom Pflegedienst, der sie als sehr nette und zurückhaltende Menschen kennt, die nie etwas fordern!). Menschen, die laut klagen und viel fordern, bekommen oftmals mehr, als sie objektiv benötigen. Umso wichtiger ist es, den Mitarbeitern folgende Punkte immer wieder in Schulungen und Gesprächen nahezubringen:

Die »Stillen« sind oft die wirklich Bedürftigen.

Die Aussage: „Arm, alt und gebrechlich“ stimmt heute für die große Mehrheit nicht: Altersarmut ist zurzeit relativ selten anzutreffen, das wird sich erst später ändern.

Die Pflegeversicherung ist ein sehr großer Fortschritt, aber als Teilkaskoversicherung aufgebaut.

Die heutigen Leistungsbezieher leben von den Einzahlungen der jüngeren, sie selbst haben dazu recht wenig beigetragen.

Die tatsächliche durchschnittliche Einkommenssituation der Menschen ab 65 in Deutschland hat die Studie „Alterssicherung in Deutschland“, im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von TNS Infratest Sozialforschung zuletzt 2016 ermittelt (siehe Tabelle nächste Seite).

Lernen, das Geld für sich auszugeben

Die heutige Generation der Pflegebedürftigen ist im Wesentlichen durch den 2. Weltkrieg, oftmals auch noch durch Flucht und Vertreibung geprägt (ca. 1/5 aller Deutschen hat durch den Krieg die Heimat verloren und musste tatsächlich von vorne anfangen). Diese Erlebnisse führen auch dazu, dass diese Generation es nicht gelernt hat, für sich und ihre eigene Versorgung Geld auszugeben. Sie hat eher für eine bessere Zukunft ihrer Kinder und Angehörigen gespart, als an sich selbst zu denken. Dazu kommt, dass gerade diese Generation sehr stark geprägt ist von einem Staatsbild, in dem der Staat sich um seine Bürger kümmert (das galt sowohl in der alten Bundesrepublik als auch in der DDR). Die heute so propagierte Verantwortung für sich selbst hat diese Generation kaum gelernt.

Die Pflegeversicherung hat diesen Wertewechsel erstmals in einem Sozialsystem eingeführt. Statt wie bisher eine Vollversorgung einzuführen, wurde erstmals ein Sozialversicherungszweig aufgebaut, der nur noch einen Zuschuss zu den notwendigen Kosten übernimmt. Diesen Systemwechsel hat die Politik weder klar beschrieben noch deutlich allen Bürgern erklärt, ebenso wenig wie dies die Pflegekassen getan haben.

Das Pflegegeld ist für die Pflege da!

Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs 2017 gab es eine relativ komfortable Überleitungsregelung. Dadurch haben insbesondere ambulante Pflegebedürftige deutlich mehr Leistungen bekommen als bisher. Diese Leistungsausweitung ist aber wohl ausschließlich in das Pflegegeld geflossen (siehe Grafik Seite 37).

Das Pflegegeld ist in 2017 um über 3 Milo Euro gestiegen, in den weiteren Jahren weiter jeweils um ca. 1 Mio Euro auf aktuell 12,89 Mio Euro. Das entspricht ca. 28 % der Leistungsausgaben der Pflegeversicherung. Das Pflegegeld ist allein für die Sicherstellung der Pflege da, nicht jedoch für andere Zwecke wie Aufstockung der Rente oder Unterstützung anderer. Daher sollten Pflegedienste auch kritisch Diskussionen führen, wenn Pflegebedürftige einerseits die Sachleistungen nicht ausnutzen, weil sie noch Pflegegeld beziehen wollen, aber andererseits vom Pflegedienst kostenfreie Leistungen verlangen („Eh-da-Leistungen“ oder „Heimliche Leistungen“).

Eigenanteile durch steuerliche Berücksichtigung reduzieren