Sofortmaßnahmen - Andreas Heiber - E-Book

Sofortmaßnahmen E-Book

Heiber Andreas

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Beschreibung

Die Kosten steigen überall. Immer mehr Pflegedienste stehen vor wirtschaftlichen Problemen, die nur durch bessere Vergütungen zu beheben sind. Doch mit welchen Sofortmaßnahmen lässt sich bis zur nächsten Vergütungsverhandlung gegensteuern? Unternehmensberater Andreas Heiber stellt praxiserprobte Maßnahmen vor, die sich sofort umsetzen lassen. Er zeigt, wie zusätzliche Umsätze zu erzielen und Kosten einzusparen sind. Profitieren Sie als Führungskraft von diesen wertvollen Tipps, Infos und Strategien zu Themen wie Versorgungs- und Wegezeiten, nicht abgerechnete Leistungen, Behandlungspflege und Vergütungsverhandlungen

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Andreas Heiber

Sofortmaßnahmen

Die wirtschaftliche Lage verbessern

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

 

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2023

 

Besuchen Sie uns im Internet: www.haeusliche-pflege.net

 

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

 

Foto Titelseite: AdobeStock, pla2na

 

ISBN 978-3-7486-0683-3

Inhalt

1 Vorweg zur Orientierung

1.1 Die problematische Zeit

1.2 Föderalismusfalle!

1.3 Die Mitarbeitenden mitnehmen!

1.4 Das Rezeptbuch

2 Die Pflegeversicherung und ihre Missverständnisse

2.1 Beiträge und Leistungen

2.2 Einkaufsmodell der Pflegeversicherung

2.3 Wofür war das Pflegegeld gedacht?

2.4 Hilfe zur Pflege ist ‚keine‘ Sozialhilfe!

3 Die Sachleistungen SGB XI richtig erbringen

3.1 Umgang mit Pauschalen

3.2 Hilfebegriff: wann darf/muss man abrechnen?

3.3 Vor- und Nachbereitung der Grundpflegeleistungen

3.4 Die Körperpflege genau definierten

3.5 Die Hilfen bei der Haushaltsführung abgrenzen

3.6 Zeitleistungen

3.7 Beratungsbesuche § 37.3 sinnvoll nutzen!

3.8 Erstgespräche abrechnen

3.9 Veränderungen schrittweise einführen

3.10 Strategien bei Preissteigerungen

4 Kostenerstattungs- und Privatleistungen

4.1 Die richtigen Preise berechnen

4.2 Investitionskosten weiter berechnen

4.3 Verhinderungspflege richtig einsetzen

4.4 Entlastungsleistung nach § 45b differenzierter nutzen

5 Behandlungspflege

5.1 Wer ist zuständig für die richtige Verordnung?

5.2 Wer ist von Kürzungen betroffen?

5.3 Die missverständlichen Fristen

5.4 Widerspruchsverfahren effektiv führen

5.5 Leistungen abgrenzen

6 Organisationsfragen

6.1 Wegezeiten reduzieren

6.2 Umgang mit kurzfristigen Absagen

6.3 Hybride Dienstbesprechungen und Fortbildungen

6.4 Autopflege

6.5 Rufbereitschaft verteilen

6.6 Digitales Übergabebuch nutzen!

6.7 Verwaltungsabläufe überprüfen

7 Weiterführende Links und Literatur zu bestimmten Themen

Autor

1Vorweg zur Orientierung

Als erstes eine Warnung: Wer hier ganz neue oder noch nie veröffentlichte Tipps und Ansätze erwartet, liegt falsch. Aufmerksame Leserinnen und Leser der Fachzeitschrift „Häusliche Pflege“ oder meiner/unserer Bücher werden hier kaum neue Punkte entdecken.

Für diese Gruppe ist das Buch nicht erstellt worden (sorry)!

Wer Tipps, Infos und Strategien zur Optimierung kompakt und einfach zusammengeschrieben sucht, der ist hier richtig!

1.1Die problematische Zeit

Momentan sind nicht wenige Pflegedienste in einer wirtschaftlich schwierigen Situation: Seit September 2022 sind die Personalkosten und deren Untergrenzen durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) landesweit systematisch vorgegeben, was dazu führte, dass insbesondere die Gehälter der Pflege- und Pflegehilfskräfte zum Teil deutlich gestiegen sind und damit die Personalkosten insgesamt. Je nach Bundesland, gewähltem Tarif oder regionalem Entgelt werden die bisherigen eigenen Kalkulationen massiv verändert und sind zum Teil zumindest momentan nicht immer kostendeckend. Dazu kommen die unterschiedlichen Angleichungen im Bereich der Häuslichen Krankenpflege, wo die Krankenkassen noch sehr viel ‚zurückhaltender‘ in der Umsetzung sind als die Pflegekassen.

Das führt mindestens kurzfristig zu wirtschaftlichen Problemen, die strukturell und dauerhaft nur durch eine bessere Vergütung zu verändern sind. Aber Vergütungsverhandlungen erfordern erst einmal Zeit und sind auch abhängig von Laufzeiten, landesweiten Strukturen etc.

Die hier beschriebenen Sofortmaßnahmen können u. a. die nötige Zeit schaffen, die es für erfolgreiche Vergütungsverhandlungen braucht. Die Sofortmaßnahmen ersetzen aber keine Vergütungsverhandlungen!

In der täglichen Beratungspraxis begegnen uns immer wieder scheinbar ganz banale Punkte und Verbesserungsmöglichkeiten, die zwar auf der Hand liegen, aber nicht bekannt, vergessen oder schlicht übersehen worden sind. Pflegedienste erbringen weiterhin und auch heute noch oftmals Leistungen, die sie richtig abrechnen könnten, wenn sie es nicht zwischendurch ‚vergessen‘ hätten: Wir nennen sie „Vergessene Leistungen“. Das ‚Vergessen‘ hat oft mit Gewohnheiten, mit ungenauen Formulierungen in den Leistungskatalogen, mit falschen Behauptungen von Mitarbeitenden des Medizinischen Dienstes und vielen anderen Faktoren zu tun.

Fakt ist aber: Hier liegen Leistungszeiten und Umsätze, die eigentlich vertragskonform dem Pflegedienst gehören, und die er (warum auch immer) vergessen hat abzurechnen. Daher können hier relativ schnell erste Umsatzverbesserungen erreicht werden.

Und die sind (vor allem dann) nötig, wenn es darum geht, die jetzt höheren Personalkosten zu refinanzieren. Diese Maßnahmen ersetzen keine Preisanpassungen und Vergütungsverhandlungen bzw. Vergütungssteigerungen, weder im SGB XI und bei Privatleistungen noch im SGB V. Aber sie können dringend notwendige Zeit verschaffen, bis die Verhandlungen erfolgreich geführt worden sind. Außerdem gehört es zur wirtschaftlichen Betriebsführung, in der Regel all das abzurechnen, was ein Pflegedienst leistet. Genauso gehört es zu einer wirtschaftlichen Betriebsführung, nicht ständig für andere die Arbeiten zu übernehmen (Stichwort Behandlungspflege).

1.2Föderalismusfalle!

Wir haben in Deutschland zurzeit bei 16 Bundesländern

ca. 20 verschiedene Leistungskataloge im SGB XI,

ca. 30 verschiedene Leistungskataloge und Vergütungsvereinbarungen im SGB V,

16 Heimgesetze,

16 verschiedene Regelungen zur Ausgestaltung der Angebote zur Unterstützung im Alltag (§ 45a),

aber nur

ein Pflegeversicherungsgesetz SGB XI,

eine gesetzliche Grundlage zur Behandlungspflege § 37 mit einer Richtlinie Häusliche Krankenpflege und einer Bundesrahmenempfehlung nach § 132a, Abs. 1 (Grundlage der Verträge mit den Pflegediensten nach § 132a, Abs. 4).

Wegen dieses föderalen Wirrwarrs ist es nicht möglich, immer den ‚richtigen‘ (in Ihrem Bundesland genutzten) Leistungskatalog zu erklären oder die richtigen Begrifflichkeiten etc. zu nutzen. Trotzdem dürfte erkennbar sein, was wie gemeint ist oder es gibt auch einmal die Übersicht zum föderalen Chaos wie beim „Teilwaschen“.

1.3Die Mitarbeitenden mitnehmen!

Die hier aufgeführten Sofortmaßnahmen sind sicherlich nicht vollständig, sondern könnten und müssten immer noch individuell ergänzt werden. Aber bei allen Maßnahmen wegen einer wirtschaftlichen Schieflage muss darauf geachtet werden, dass diese nicht (einseitig) zu Lasten der Mitarbeitenden gehen (negatives Stichwort: Erlösorientierte Einsatzplanung). Denn tatsächlich sind es die Mitarbeitenden, die den ambulanten Pflegedienst erst ermöglichen. Das heißt andererseits nicht, dass alle ‚Gewohnheitsrechte‘ so bleiben, wie sie sind und die Mitarbeitenden sich nicht auch verändern/anpassen müssen. Gleiches gilt für die „Heimlichen Leistungen“, die zwar allen Mitarbeitenden bekannt sind, die aber trotzdem ‚heimlich‘ erbracht werden. Diese sind, neben den vergessenen Leistungen, ebenso sichtbar zu machen und zu reduzieren.

Nur müssen die Mitarbeitenden entsprechend abgeholt und mitgenommen werden. Dafür sind im Buch die vielen Fakten zur Pflegeversicherung und konkreten Beispiele da! Ohne Verständnis und Akzeptanz der Mitarbeitenden werden viele Umsetzungsschritte ins Leere laufen!

Meine Erfahrung nach vielen Hundert Schulungen und Beratungen seit 1993 lautet: Es ist im Regelfall nicht schwierig, allen Mitarbeitenden die Probleme aufzuzeigen und die hier vorgestellten Veränderungsschritte zu gehen. Im Gegenteil: Je klarer Leistungen gemeinsam besprochen und geklärt werden, umso größer ist die Bereitschaft zur Umsetzung. Und die Fakten zur Pflegeversicherung – insbesondere die Aufklärung zu tatsächlichen Beitragszahlungen bisher und abgerufenen Leistungen – erzeugen immer ein erst mal ungläubiges Staunen und schaffen dann eine gute Grundlage für die weiteren Veränderungen!

Um es gern wiederholt klar zu sagen: Pflege ist ein Wachstumsmarkt, insbesondere die ambulante Pflege. Die Babyboomer-Generation (zu der auch ich noch gehöre), kommt ins Rentenalter und dann irgendwann auch ins Pflegealter! Für keine andere Branche kann man so sicher vorhersagen, dass die Arbeit in den nächsten 30 bis 40 Jahren sichergestellt ist! Wer heute mit der Ausbildung beginnt, wird fast sicher nicht mehr arbeitslos

Abbildung 1.1: Entwicklung der Pflegebedürftige (Bundespflegestatistik)

 

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt deutlich an: Von 2019 auf 2021 um 20 %, bereinigt um den Pflegegrad 1 (der in 2019 nicht vollständig erfasst war), sind es immer noch 12 %! Und die stationäre Pflege stagnierte auch schon von 2017–2019 (und nicht erst coronabedingt 2021).

1.4Das Rezeptbuch

Als schnelles Rezeptbuch liefert das Buch hier keine ausführlichen Herleitungen mit umfangreichen Fußnoten, diese sind in anderen Büchern zu finden. Zweck dieser „Sofortmaßnahmen“ ist die einfache und pragmatische Erläuterung und konkrete Hilfestellungen im Sinne eines einfachen Rezeptbuches. Alle hier dargestellten Maßnahmen sind praxiserprobt und können eigentlich in jedem Pflegedienst umgesetzt werden, soweit hier entsprechender Bedarf vorhanden ist!

Die „Sofortmaßnahmen“ sind zwar schnell und sofort umsetzbar, aber sollten immer dauerhaft eingeführt werden. Sie sorgen für eine weitere wirtschaftliche Stabilisierung und schaffen so eine verlässliche Grundlage auch für das Führen von Vergütungsverhandlungen, wenn es z. B. um Fakten wie Versorgungszeiten oder Wegezeiten gehen wird.

Ohne angepasste Vergütungen werden die „Sofortmaßnahmen“ nicht helfen. Daher muss parallel die Kostenrechnung aufgebaut/vorbereitet werden, die die Grundlagen für Vergütungsverhandlungen ist. Nur wer seine genauen Kosten im Bereich SGB XI oder SGB V oder Privatleistungen kennt, kann auf dieser Basis erfolgreich Einzel- oder Gruppenverhandlungen führen!

Gerade im SGB XI sind Einzelverhandlungen führbar und in der Regel erfolgreicher als die Abschlüsse auf Landesebene. Dabei ist die Verhandlungsvorbereitung der wesentliche Erfolgsfaktor für die Verhandlungen (siehe dazu Literatur).

Im Anhang finden sich einige Hinweise zu weiterführender Literatur und Links zu den wesentlichen Gesetzestexten und Dokumenten.

Das Buch hat seinen Ausgangspunkt im Artikel „Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage“ in der carekonkret vom 03.03.2023. Lukas Sander, Chefredakteur der Häuslichen Pflege, hatte dann die Idee, daraus ein Buch zu machen, das aus meiner Sicht nur dann sinnvoll ist, wenn es schnell auf den Markt kommt.

Pünktlich zur Altenpflege 2023 wird es nun erscheinen, auch dank der zügigen Korrekturen durch meinen Kollegen Gerd Nett und der schnellen Umsetzung in Lektorat und Herstellung bei Vincentz Network.

 

Viel Erfolg bei der Umsetzung!

Bielefeld, 02.04.2023

 

Andreas Heiber

2Die Pflegeversicherung und ihre Missverständnisse

Die Frage, wie die Pflegeversicherung konstruiert ist und was sie absichert, ist von Beginn an mit falschen Hoffnungen, verkürzten Darstellungen und bewusstem Ignorieren von Fakten verbunden gewesen und weiterhin verbunden.

Die Absicherung der Pflege wurde und wird nicht als staatliche Aufgabe definiert, sondern wurde als Teil der Sozialversicherung konstruiert. Selbst die Absicherung ist reduziert auf die ‚soziale‘ Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit. Diese alleinige soziale Risikoabsicherung kollidiert mit der heutigen Realität der Pflege sowie mit den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger. Ob man das Konzept der Pflegeversicherung in dieser Form gut findet oder nicht, es bildet die Grundlage der Versorgung. Die damit verbundenen Fehlinterpretationen sind ein Grundproblem bei der Leistungserbringung, dass die Pflegedienste von Beginn an zu bearbeiten haben.

Leider kennen aber auch die Mitarbeitenden in der Pflege die vereinbarten gesetzlichen Grundlagen genauso wenig, so dass sie sich immer wieder durch zum Teil falsche Behauptungen der Pflegebedürftigen beeindrucken lassen. Daher müssen erst einmal (wieder) die tatsächlichen Grundlagen auf der Basis der Geschichte und der Fakten geklärt werden.

2.1Beiträge und Leistungen

Die Pflegeversicherung wurde 1995 zwar als fünftes Bein der Sozialversicherung eingeführt (neben Krankenversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung), aber mit einem völlig anderen Bauprinzip: Zum ersten Mal steht bei den Leistungen nicht die (wie auch immer geartete) Bedarfsdeckung im Vordergrund, sondern nur ein Zuschuss als Teil dieser Bedarfsdeckung. Die ambulanten Leistungen sollen immer nur die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung ergänzen (§ 4 Abs. 2 SGB XI)! Dafür hat sich der etwas sperrige Begriff „Teilkasko“ etabliert (wobei auch die meisten Fahrzeugbesitzer den Unterschied zwischen der Teilkasko und der Vollkaskoversicherung ihres Autos nicht wirklich kennen).