Deal um dein Herz - Nancy Salchow - E-Book

Deal um dein Herz E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Er will dich um jeden Preis. Doch dieser Deal könnte dich alles kosten ... Früher waren sie die besten Freunde, auch wenn Laureen immer schon heimlich in Jordan verliebt war, sich aber niemals traute, ihm ihre Liebe zu gestehen. Und dann endete ihre Freundschaft von einem Tag auf den anderen auf dramatische Weise. Als sie sich Jahre später wiedersehen, ist von dem liebenswerten Jordan von damals nichts mehr übrig. Als erfolgreicher und vermögender Geschäftsmann glaubt er inzwischen, alles für Geld bekommen zu können. Und so denkt er sich überhaupt nichts dabei, Laureen einen heiklen Deal vorzuschlagen: Sie soll seine Affäre spielen, damit ein Privatdetektiv Fotos davon schießen kann. Was es mit diesem absurden Deal auf sich hat, erfährt sie jedoch nicht. Lässt sie sich trotzdem darauf ein? Einerseits käme das Geld goldrichtig, um ihre Eventagentur vor dem Aus zu retten. Andererseits wäre es für ihr Herz mehr als gefährlich, Jordan nach all den Jahren so nahezukommen. Und das ist nicht die einzige Gefahr, die auf sie wartet. Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und lässt dich hoffentlich mit einem Lächeln zurück.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Epilog

Danksagung

Impressum

Nancy Salchow

Deal um dein Herz

________________

Roman

Über das Buch

Er will dich um jeden Preis. Doch dieser Deal könnte dich alles kosten ...

Früher waren sie die besten Freunde, auch wenn Laureen immer schon heimlich in Jordan verliebt war, sich aber niemals traute, ihm ihre Liebe zu gestehen. Und dann endete ihre Freundschaft von einem Tag auf den anderen auf dramatische Weise.

Als sie sich Jahre später wiedersehen, ist von dem liebenswerten Jordan von damals nichts mehr übrig. Als erfolgreicher und vermögender Geschäftsmann glaubt er inzwischen, alles für Geld bekommen zu können. Und so denkt er sich überhaupt nichts dabei, Laureen einen heiklen Deal vorzuschlagen: Sie soll seine Affäre spielen, damit ein Privatdetektiv Fotos davon schießen kann. Was es mit diesem absurden Deal auf sich hat, erfährt sie jedoch nicht.

Lässt sie sich trotzdem darauf ein?

Einerseits käme das Geld goldrichtig, um ihre Eventagentur vor dem Aus zu retten. Andererseits wäre es für ihr Herz mehr als gefährlich, Jordan nach all den Jahren so nahezukommen. Und das ist nicht die einzige Gefahr, die auf sie wartet.

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und lässt dich hoffentlich mit einem Lächeln zurück.

Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Widmung

Für all diejenigen, die ihre erste große Liebe niemals vergessen haben. Und für die, die fest daran glauben, dass einem die echte Liebe immer und überall begegnen kann.

Prolog

Jordan

Die aufgehende Sonne färbt das Wasser rostrot und verwandelt meinen frühmorgendlichen Spaziergang am Meer in ein Postkartenmotiv.

Gedankenverloren schaue ich hinaus zum Horizont und verliere mich in süßen Erinnerungen.

Verschwommene Bilder werden in mir wach.

Ein grasgrüner Bikini. Schallendes Gelächter. Feuchtes langes Haar, das sie auf ihren Rücken zurückstreicht.

In diesem Moment werden die Sehnsüchte des Jungen, der ich vor langer Zeit einmal war, plötzlich wieder zu meinen eigenen. So, als würde die Vergangenheit allein durch meine Rückkehr an diesen Ort eins mit der Gegenwart werden.

Mit den nackten Füßen im Wasser drehe ich mich zum Ufer um und schaue ich zur Böschung hinauf. Dort oben hat sie ihre Agentur, in einer ehemaligen Eisdiele.

Wieder werden die Erinnerungen in mir wach und mit ihnen das längst vergessen geglaubte Verlangen.

Oh, süße Sehnsucht.

Wie von selbst packt mich die Erregung.

Nackte Haut unter meinen Fingern. Meine Zunge an ihrem Ohrläppchen. Ihre sinnlichen Lippen auf meinem Unterleib.

Träume und reale Erinnerungen verschwimmen zu einem Bild, das sich nicht mehr klar deuten lässt.

Was ist wirklich passiert? Und was war all die Jahre nur ein Traum, der irgendwann zu meiner eigenen Realität der Vergangenheit geworden ist?

Mein Blick ruht noch immer auf dem einstöckigen Gebäude, in dem sie ihr Büro hat.

Ob sie heute dort sein wird? Oder hat sie Termine auswärts? Sicher ist sie viel unterwegs. Irgendwie ist der Gedanke, dass sie das alles aus eigener Kraft geschafft hat, sehr beruhigend und beeindruckend zugleich.

Wie einfach es wäre, einfach zu ihr zu gehen und von all den Dingen zu erzählen, die ich ihr bisher nie erzählt habe. Einfach so, als wäre nichts geschehen.

Doch im selben Moment wird mir klar, dass ich nicht deswegen hier bin. Und je schneller ich die Vergangenheit loslasse und mich auf das Hier und Jetzt konzentriere, desto besser. Denn der Grund, der mich hergeführt hat, darf auf keinen Fall in Vergessenheit geraten.

Mein Blick wandert erneut zum Meer.

Süße Heimat. Endlich bin ich wieder hier.

Kapitel 1

Laureen

Ich lebe gern dort, wo ich wohne. Hier in Fleesenow, direkt an der Ostsee, komme ich mir manchmal vor, als wäre ich mitten in einem Postkartenmotiv. Schneeweiße Möwen, himmelblaue Wolken und silbergraue Wellen, die den Sand küssen. Ich liebe es hier.

Aber in einer Kleinstadt am Meer zu leben hat auch seine Nachteile. Den Nachteil zum Beispiel, dass jeder jeden kennt. Und dass man früher oder später alles erfährt, selbst die Dinge, die man eigentlich lieber nicht erfahren möchte.

Zum Beispiel die Tatsache, dass mein ehemals bester Freund Jordan nach all den Jahren hierher zurückkommt.

»Und woher weißt du das?« Ich schließe die Tür meines Büros auf, während mir Milly folgt.

»Na, dreimal darfst du raten«, antwortet sie.

Drinnen angekommen stelle ich meine Handtasche auf den Schreibtisch am Fenster. »Liana und Alma?«, frage ich.

Milly nickt augenrollend. »Als Tratschtanten von Fleesenow wissen sie eben alles immer zuerst. Weißt du doch.«

»Stimmt. Dabei könnte man meinen, dass sie mit ihren knapp siebzig Jahren langsam mal anfangen würden, sich auf das eigene Leben zu konzentrieren.« Ich seufze. »Wo hast du sie denn getroffen?«

»Ich habe es nur zufällig mitbekommen, als ich im Souvenirshop war, da haben sie gerade darüber gesprochen.«

Für einen Moment ertappe ich mich dabei, wie ich mich selbst und meine eigene Gelassenheit beobachte. Noch vor ein paar Jahren hätte mich die Neuigkeit, dass Jordan zurückkommt, völlig aus der Bahn geworfen. Inzwischen ist das alles so lange her, dass ich nichts mehr mit dem verliebten Mädchen von damals gemeinsam habe. Heute ist es nur noch so, dass ich mich frage, wie unser Wiedersehen wohl ablaufen wird – und ob wir uns überhaupt begegnen werden.

»Was will er denn überhaupt hier?«, frage ich, während ich nach der Blumenkanne greife und die Orchideen auf dem Fensterbrett zu gießen beginne. »Hast du was mitbekommen? Ich dachte, er wohnt inzwischen in Rostock.«

Für einen Moment wird mir wieder einmal bewusst, dass er eigentlich gar nicht so weit von Fleesenow entfernt lebt, noch nicht mal eine Stunde Autofahrt. Und doch kam es mir in all den Jahren immer so vor, als wäre er auf einen anderen Planeten gezogen. Oder noch besser, in ein anderes Universum. Ein Universum, das nicht weiter entfernt von unserer gemeinsamen Vergangenheit und unserer jahrelangen Freundschaft sein könnte.

»Keine Ahnung.« Milly geht durch mein Büro zur Teeküche und bereitet alles für unseren gemeinsamen Morgen-Kaffee vor, den wir oft zusammen trinken, wenn sie mich morgens in meiner Agentur besucht.

»Aber seine Eltern wohnen doch schon lange nicht mehr in Fleesenow«, rufe ich zu ihr herüber, während ich den letzten Blumentopf bewässere. »Warum sollte er dann herkommen? Hat er denn noch Freunde hier? Mal abgesehen von seinem Kumpel Pete?«

»Das fragst du mich?«, ruft Milly aus der Teeküche. »Du warst doch seine beste Freundin.«

»Betonung liegt auf war«, antworte ich gedankenverloren.

»Und wenn schon«, antwortet Milly, »ich weiß nur, dass er wieder herkommt. Vielleicht ist er auch schon da, so genau habe ich auch wieder nicht zugehört.«

»Wie jetzt, er ist schon da?«

Erst jetzt ertappe ich mich bei einem leichten Anflug von Nervosität. Warum zum Teufel ist er wieder hier? Und wie verhalte ich mich, sollten wir uns tatsächlich über den Weg laufen?

»Keine Ahnung.« Milly stellt die Kaffeemaschine an. »Ich weiß wirklich nichts Genaues. Und nachfragen wollte ich nicht, das hätten diese zwei Tratschtanten nur falsch gedeutet. Am Ende setzen sie nur wieder irgendwelche Gerüchte in die Welt.«

»Vielleicht ist ja auch die Info, dass er zurück nach Fleesenow kommt, bloß ein Gerücht.«

»Das glaube ich nicht«, antwortet Milly. »Wie sollte man denn auf so etwas kommen?«

»Was weiß ich.«

Ich stelle die Gießkanne ab und schaue durch das Fenster hinaus aufs Meer. Von meinem Büro aus – dem einstöckigen, quaderförmigen Gebäude, das früher mal eine Eisdiele war – kann man direkt zum Wasser hinunterschauen. Nur ein schmaler Pflasterweg trennt mich von dem pulverartigen Sand, der direkt zur Ostsee herunterführt und durch den ich immer wieder gern barfuß spaziere, um mich so richtig lebendig zu fühlen.

Früher waren Jordan und ich oft zusammen am Meer. Mit ihm schwimmen zu gehen war eine meiner liebsten Beschäftigungen; erst, als ich mich irgendwann in ihn verliebte, wurden diese Strandnachmittage eher zur Qual, weil mich jede zufällige Berührung von ihm beinahe um den Verstand brachte.

»Hallo?«

Millys Stimme reißt mich aus meinem Tagtraum. Gerade eben habe ich in meiner Erinnerung noch zwei lachende Teenager am Strand entlanglaufen sehen – und jetzt fällt mein Blick auf meine skeptisch grinsende Schwester, die mit zwei Kaffeebechern in der Hand vor mir steht.

»Was ist?«, frage ich verwirrt.

»Ich habe dich gefragt, ob es okay ist, dass ich Milch in deinen Kaffee getan habe.«

»Klar«, antworte ich mit zögerlichem Lächeln, »so trinke ich ihn doch immer.«

»Manchmal nimmst du ihn auch schwarz. Zum Beispiel, wenn es dir gerade besonders schwerfällt, dich zur Arbeit aufzuraffen.« Sie stellt die Tasse auf meinen Schreibtisch.

»Ich habe nur gerade ein wenig in Erinnerungen geschwelgt.« Ich setze mich auf meinen Drehstuhl. »Früher war alles so unbeschwert und einfach, aber jetzt wüsste ich echt nicht mehr, wie ich mich Jordan gegenüber verhalten sollte.«

»Vielleicht kommt es ja auch gar nicht zu einem Wiedersehen.« Sie zieht sich den Besucherstuhl aus der Ecke und setzt sich zu mir. »Du machst dir viel zu viele Gedanken.«

»Bis eben habe ich mir eigentlich keine Gedanken gemacht. Aber jetzt ...« Ich atme tief durch. »Ach, nicht so wichtig. Das ist alles Ewigkeiten her. Die Gegenwart ist ohnehin viel wichtiger.« Ich schalte meinen PC an. »Ich muss gleich mal schauen, ob ich schon eine Antwort von der Band habe, die ich als Headliner für das Autokino-Konzert haben wollte. Genauer gesagt, von ihrem Manager, der ein ziemlich selbstverliebter Affe ist, wenn ich das mal so sagen darf.«

»Autokino-Konzert«, murmelt Milly vor sich her, während sie sich mit ihrem Kaffeebecher in der Hand zurücklehnt. »Hättest du noch vor ein paar Monaten damit gerechnet, dich mit solchen Dingen beschäftigen zu müssen?«

»Nein.« Ich seufze. »Corona hat eben alles für uns verändert. Mit den Autokino-Events haben wir wenigstens ein paar unserer Verluste auffangen können, aber gerade als Eventagentur hat man es echt nicht leicht zur Zeit.«

»Aber du kommst doch trotzdem auch weiterhin über die Runden, oder?« Milly schaut mich besorgt an.

»Ich hoffe es doch.« Ich verziehe den Mund. »Hängt auch sehr davon ab, wie es für unsere Branche weitergeht. Mit Corona hat ja vorher auch niemand gerechnet und dann – bämm – war es plötzlich da und hat alles über den Haufen geworfen. Deshalb ist es vermutlich unsinnig, in die Zukunft schauen zu wollen.«

Milly schweigt, doch an der Art, wie sie mich anschaut, weiß ich, dass sie sich gerade große Sorgen um mich macht. Wie berechtigt diese Sorgen sind, behalte ich dabei für mich. Als meine große Schwester – zwar nur drei Jahre, aber immerhin – denkt sie ohnehin schon viel zu oft über mich nach.

Wie sie so dasitzt, mit ihrem zartbitterbraunem Haar, das ihr bis weit über die Schultern reicht und den dunklen Augen, sieht sie aus wie meine Zwillingsschwester – und doch sind wir völlig verschieden. Die Tatsache, dass ich mir mit inzwischen gerade mal sechsundzwanzig Jahren eine – zumindest vor Corona – erfolgreiche Eventagentur aufgebaut habe, ignoriert sie gerne hin und wieder und behandelt mich noch immer wie die Elfjährige, die sich damals ihren knallroten Lippenstift ausgeliehen und damit die Kinderzimmertapeten bemalt hat.

»Und bei dir?«, versuche ich, das Thema zu wechseln. »Fährst du nachher noch in die Firma?«

»Heute habe ich nur Außentermine«, antwortet sie. »Später fahre ich noch raus aufs Land zu einer Familie, die gerade ein altes Bauernhaus gekauft hat. Wird eine teure Angelegenheit, die Gebäudeversicherung, aber ich denke, ich kann den Deal eintüten.«

»Na dann.« Ich proste ihr mit meinem Kaffeebecher zu, als wäre Champagner darin. »Du machst das schon.«

Doch noch während wir über unsere Jobs reden, wandern meine Gedanken erneut zu Jordan.

Was, wenn er wirklich zurückkommt? Oder vielleicht sogar schon hier ist?

Ich versuche, mich an damals zu erinnern. Im Rückblick wirkt alles so unwirklich. Beinahe so wie ein Traum, den man vergisst, je länger man wach ist.

Jordan.

Wieder schleicht sich sein Name in mein Bewusstsein.

Wie lange habe ich ihn geliebt. Und wie lange habe ich unter dieser unerfüllten Liebe gelitten, die ich ihm niemals gestanden habe? Und wie oft habe ich mich mit der Frage gequält, was anders gelaufen wäre, wenn ich damals genug Mut gehabt hätte, ihm meine Empfindungen zu gestehen.

Für einen flüchtigen Moment blitzen die alten Gefühle wieder auf und füllen mich mit einer fast vergessenen Wärme aus, die gleichzeitig auch immer so viel Kälte nach sich zog. Doch im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dieses seltsame Gefühl auszublenden, und so dauert es nur wenige Sekunden, bis ich diese Erinnerung wieder verdrängt habe.

»Alles okay?«, hakt Milly nach, als ich gedankenverloren ins Leere starre.

»Ja, wieso?« Ich räuspere mich.

»Du wolltest doch dein Mail-Postfach checken«, sagt sie. »Wegen dieser Band fürs Autokino.«

»Ach ja.« Ich lächele gequält. »Ganz vergessen.«

Ich drehe mich zu meinem Bildschirm um und tue, was ich tun muss. Doch irgendetwas ist anders als sonst, das spüre ich ganz deutlich.

Kapitel 2

Jordan

Ich mag Rostock und Warnemünde sehr, aber die Strände dort sind mittlerweile so von Menschen überfüllt, dass ich die Anonymität meiner kleinen Heimatstadt Fleesenow an diesem Vormittag ganz besonders zu schätzen weiß. Hier ist alles übersichtlicher und sehr viel idyllischer. Eine Idylle, die ich im Laufe der letzten Jahre fast vergessen hatte.

Ich sitze am selben Tisch, an dem ich bei jedem meiner Fleesenow-Besuche sitze. Ein Fenstertisch mit Blick aufs Meer – obwohl hier in dem Restaurant meines alten Kumpels Pete eigentlich jeder der Tische einen unverstellten Blick auf die Ostsee bietet, da das Haus auf eigenen Stelzen mitten im Wasser steht, direkt hinter einem langen Steg.

Um diese Uhrzeit ist das Restaurant noch leer, und auch das »Geschlossen«-Schild hängt noch immer in der Glastür. Lediglich für mich hat Pete schon aufgeschlossen und sitzt mir mit einem Glas Wasser gegenüber, während ich seine berühmten Bratkartoffeln mit Matjes esse.

»Freut mich echt, dass du mal wieder hier bist«, sagt Pete. »Warnemünde und Co. passen doch gar nicht zu dir, Alter. Du bist ein echtes Fleesenow-Kind. Wird Zeit, dass du dir das mal eingestehst.«

»Also deine Bratkartoffeln schmecken ohne Predigt echt besser.« Ich lache. »Jetzt bin ich ja da, also krieg dich wieder ein.«

»Nee, ernsthaft, Jordan«, fährt er fort. »Ich kapiere echt nicht, was du in Rostock willst. Hier bist du immer nur auf kurzer Stippvisite. Dabei weißt du genauso gut wie ich, dass dein Herz noch immer für deine Heimat schlägt.«

Eine Weile schaue ich ihn stumm an. Er sieht noch immer aus wie früher, nur etwas stämmiger. Aber die dicken rotblonden Augenbrauen und das dichte Haar im selben Farbton sehen noch genauso aus wie damals, als er in der Klasse zwei Reihen vor mir saß und alles tat, nur nicht dem Unterricht zu folgen. Dass er heute ein eigenes Restaurant in bester Lage besitzt, verdankt er einem Erbe in der Familie, aber ganz sicher nicht seiner Konzentrationsfähigkeit. Dafür ist er allerdings der beste Koch unter der Ostseesonne.

»Fleesenow wird immer meine Heimat bleiben«, sage ich schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit. »Aber die Dinge stehen inzwischen einfach anders. Mein Verlag ist in Rostock. Dass mich mein Weg dorthin geführt hat, war nicht geplant, aber nun ist es halt so.« Ich schiebe mir eine Kartoffelscheibe in den Mund. »Ist doch nun wirklich kein Weltuntergang. Rostock ist doch nicht mal eine Stunde entfernt.«

»Für einen echten Fleesenower ist es aber eine echte Weltreise«, stellt Pete fest. Und eigentlich hat er recht. Aber diese Tatsache behalte ich für mich. Genauso wie den wirklichen Grund für meine Rückkehr. Allein der Gedanke daran lässt meinen Atem nämlich immer wieder für einen kurzen Moment stocken. Habe ich wirklich vor, das durchzuziehen? Und woher nehme ich die Zuversicht, dass diese absurde Sache wirklich gelingen kann?

Nur ruhig bleiben! Alles, was du brauchst, ist ein guter Plan. Und den hast du.

»Sag mal«, beginne ich nach einer Weile fast wie von selbst, »hast du in letzter Zeit eigentlich mal Laureen gesehen?«

Als die Frage ausgesprochen ist, fühlt es sich irgendwie seltsam an. Beinahe so, als hätte ich eben ein lange gehütetes Geheimnis ausgeplaudert.

»Laureen?« Pete schaut mich an. »Was hast du denn mit ihr zu schaffen? Ich dachte, ihr habt schon seit Ewigkeiten keinen Kontakt mehr.«

Ich fühle mich irgendwie ertappt. So, als könnte er allein von dieser unschuldigen Frage meinen Plan ableiten.

»Stimmt ja auch«, antworte ich schnell, während ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. »Trotzdem wollte ich wissen, ob du sie in letzter Zeit gesehen hast.«

»Apropos: Wie ist eure Freundschaft damals eigentlich zerbrochen?«, fragt Pete plötzlich. »So genau habe ich das nie verstanden.«

Unweigerlich spüre ich einen Kloß im Hals, von dem ich schon fast nicht mehr wusste, wie er sich anfühlt.

»So genau weiß ich das gar nicht mehr«, lüge ich. »Also?« Ich tunke eine Scheibe Kartoffel in die Kräutersoße. »Hast du sie nun gesehen oder nicht?«

Pete schaut mich noch immer skeptisch an, denkt aber offensichtlich auch über meine Frage nach.

So seelenruhig wie möglich schneide ich das Matjesfilet durch und esse ungerührt weiter, doch tief in meinem Inneren brenne ich darauf, Petes Antwort zu hören.

»Klar sehe ich Laureen hin und wieder«, sagt er schließlich. »Manchmal isst sie hier mit ihrer Schwester ...«

»Mit Milly«, entgegne ich gedankenverloren und muss augenblicklich daran denken, wie ähnlich die beiden sich immer waren, wenn auch nur optisch.

»Ja.« Pete nippt an seinem Wasserglas. »Und ansonsten ist sie halt viel unterwegs, sowohl hier in Fleesenow als auch in der Umgebung. Sie hat halt viel mit ihrer Eventagentur zu tun und mischt bei allen wichtigen Veranstaltungen in der Gegend mit. Letztes Jahr hat sie auch meinen Restaurant-Geburtstag organisiert, hat sie echt gut gemacht.«

»Tatsächlich?« Ich werde hellhörig. »Scheint echt ihr Dinge zu sein.«

Pete nickt. »Nur jetzt in Corona-Zeiten hat sie natürlich wie alle anderen auch zu kämpfen. Nehme ich zumindest an. Die Krise macht uns ja allen schwer zu schaffen.«

»Stimmt.« Ich schaue über meinen Tellerrand hinaus aufs Meer, während ich meine Gedanken in die Vergangenheit schweifen lasse. Wenn ich heute zurückschaue, fühlt sich unsere Jugend wie ein anderes Leben an. Als wäre ich damals ein völlig anderer Mensch gewesen. Nicht nur ich, Laureen ebenso.

»Alles okay?«, hakt Pete nach, als ich eine Weile nichts sage.

»Was?« Ich schaue ihn verwirrt an.

»Du warst nur plötzlich so still.«

»Ähm ... klar ist alles okay.« Ich senke den Blick wieder auf den Teller vor mir. »Ich bin froh, dass Corona deinem Restaurant nichts anhaben konnte.«

»Ich auch, Alter. Ich auch.« Er lehnt sich zurück. »Ohne den Lieferservice wäre ich echt aufgeschmissen gewesen.«

Doch ich höre ihm nur mit halbem Ohr zu, denn in Gedanken bin ich inzwischen so tief mit der Vergangenheit verwurzelt, dass die Gegenwart langsam aber sicher vor mir verschwimmt.

Kapitel 3

Rückblende

Neun Jahre zuvor

Jordan

Ich werfe mein Fahrrad in den Sand, genau neben ihres und streife meine Schuhe ab, die ich neben ihren Sandalen vor unseren Rädern liegen lasse.

Lachend folge ich ihr zum Wasser, nachdem sie bereits ihre Jeans-Shorts und das weiße Top achtlos hat fallen lassen, um nur im grasgrünen Bikini in die Wellen zu laufen.

Auch ich werfe mein T-Shirt und die Shorts in den Sand hinter mir und eile mit großen Schritten ins Wasser, während meine Blicke regelrecht an ihren zarten Kurven haften.

Noch im letzten Sommer habe ich mir nichts dabei gedacht, neben ihr in die Fluten zu springen, aber inzwischen kann ich meine Fantasie einfach nicht davon abhalten, sich ihren Körper an meinem vorzustellen. Ihre Lippen an meinen, ihre Hand in meiner.

Atme tief durch, Alter! Sie ist deine beste Freundin, vergiss das nicht.

Noch immer habe ich keine Ahnung, wie es so weit kommen konnte. Früher war sie einfach nur Laureen. So wie eine Schwester, nur eben nicht so nervig wie eine echte. Hübsch war sie schon immer, aber es spielte nie eine Rolle für mich.

Doch als ich sie nur wenige Meter vor mir lachend ins tiefe Wasser laufen sehe, frage ich mich, wie ich ihre Schönheit nur all die Jahre nicht wahrnehmen konnte.

Ihr schokobraunes Haar, das ihr bis zur schmalen Taille reicht. Die sinnlichen Lippen, die meistens leicht geöffnet sind und regelrecht darauf warten, geküsst zu werden. Die beinahe schwarzen Augen und die dichten Wimpern, die ihrem Blick etwas wahnsinnig Eindringliches geben. Und ihre Haut hat diesen goldigen Schimmer, scheint in der Sonne fast zu glitzern.

Komm wieder runter, du Idiot! Solche Gedanken solltest du vor allem nicht haben, solange du nur eine enge Badehose trägst.

Ich schlucke.

Es ist Laureen. Vergiss das nicht! Es ist einfach nur Laureen. Deine beste Freundin.

Als ich sie endlich erreicht habe, springe ich neben ihr ins Wasser und tauche direkt unter.

»Da bist du ja«, ruft sie lachend, als ich wieder auftauche. »Ich dachte schon, du holst mich nie ein, du Loser.«

»Hast du gerade Loser gesagt?« Ich lege die Hände auf ihre Schultern und drücke sie kurz unter Wasser, so, wie ich es schon tausendmal zuvor gemacht habe. Doch dieses Mal schrecke ich schon nach der ersten Sekunde zurück und nehme die Hände von ihr, als hätte mich gerade der Blitz getroffen.

»Was ist?« Sie taucht auf, wirft ihr nasses Haar in einem einzigen Schwung zurück und wischt sich mit den Händen übers Gesicht. »Irgendwas nicht in Ordnung?«

Weder Laureen noch ich sind bei solchen Wasserspielen inklusive Untertauchen für gewöhnlich empfindlich. Heute jedoch ist irgendetwas anders.

---ENDE DER LESEPROBE---