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Als Ava beim alleinerziehenden, erfolgreichen und äußerst attraktiven Geschäftsmann Tim als Nanny für seinen kleinen Sohn Joel eingestellt wird, ist das für sie der Traumjob schlechthin. Doch die anfängliche Euphorie wird getrübt, als sie merkt, dass niemals jemand über Joels Mutter spricht. Ist sie abgehauen? Oder sogar gestorben? Als Ava heimlich ein Gespräch belauscht, blüht ein schrecklicher Verdacht in ihr auf: Kann es etwa sein, dass der liebevolle Vater etwas mit dem Verschwinden seiner eigenen Frau zu tun hat? Nein, dazu wäre Tim nicht fähig. Oder vielleicht doch? Einerseits wächst das Misstrauen in Ava, andererseits nehmen die leidenschaftlichen Gefühle, die Tim in ihr weckt, mit jedem neuen Tag zu. Hin- und hergerissen zwischen Sehnsucht und Skepsis fällt es ihr immer schwerer, sich der Anziehung dieses rätselhaften Mannes zu entziehen. Aber kann sie ihm trauen? Und könnte er ihr vielleicht sogar gefährlich werden? Abgeschlossener Einzelband ohne Cliffhanger Dieser Roman enthält eindeutige und leidenschaftliche Szenen.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Inhaltsverzeichnis
Über das Buch
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Epilog
Worte an meine Leser
Danksagung
Impressum
Impressum
Als Ava beim alleinerziehenden, erfolgreichen und äußerst attraktiven Geschäftsmann Tim als Nanny für seinen kleinen Sohn Joel eingestellt wird, ist das für sie der Traumjob schlechthin.
Doch die anfängliche Euphorie wird getrübt, als sie merkt, dass niemals jemand über Joels Mutter spricht. Ist sie abgehauen? Oder sogar gestorben?
Als Ava heimlich ein Gespräch belauscht, blüht ein schrecklicher Verdacht in ihr auf: Kann es etwa sein, dass der liebevolle Vater etwas mit dem Verschwinden seiner eigenen Frau zu tun hat? Nein, dazu wäre Tim nicht fähig. Oder vielleicht doch?
Einerseits wächst das Misstrauen in Ava, andererseits nehmen die leidenschaftlichen Gefühle, die Tim in ihr weckt, mit jedem neuen Tag zu.
Hin- und hergerissen zwischen Sehnsucht und Skepsis fällt es ihr immer schwerer, sich der Anziehung dieses rätselhaften Mannes zu entziehen. Aber kann sie ihm trauen? Und könnte er ihr vielleicht sogar gefährlich werden?
In sich abgeschlossener Einzelband. Keine Serie. Keine Cliffhanger.
Dieser Roman enthält eindeutige und leidenschaftliche Szenen.
Ava
Während Tim mit seinem Sohn im Wasser umhertollt, schwimme ich ein Stück abseits und schließe dabei die Augen, um die Meeresbrise wie ein Aphrodisiakum aufzusaugen. Doch schon wenige Sekunden später reiße ich die Augen wieder auf, als ich spüre, wie ein Oberarm meine Schulter sanft unter Wasser streift.
Ich schaue zur Seite und sehe Tim auftauchen, woraufhin er sich sofort wieder Joel zuwendet.
Wieder lachen die beiden und sind so unbeschwert wie nur möglich – und doch überkommt mich auf einmal ein Gefühl, das alles andere ausblendet.
War die Berührung Zufall?
Nun sieht er mich endlich an.
In seinen Augen kann ich sehen, dass er sich sehr wohl bewusst berührt hat. Eine Erkenntnis, von der ich nicht so recht weiß, wie ich sie einordnen soll.
Es war keine anzügliche Berührung, nur sein Arm, der meine Schulter für den Bruchteil einer Sekunde gestreift hat – und doch fühlt es sich so an, als hätten wir soeben eine Grenze überschritten, die kein Zurück gestattet. Eine Grenze, die von einer Sekunde zur nächsten unendlich weit zurückzuliegen scheint.
Und dann lächelt er plötzlich.
Nur kurz und kaum erkennbar, doch es genügt, um mich noch mehr zu verwirren.
Joel ruft seinem Vater irgendetwas zu, doch ich bin zu verwirrt, um ihm wirklich zuzuhören. Stattdessen atme ich langsam ein und wieder aus.
»Ich glaube, ich schwimme zurück ans Ufer«, sage ich zu den beiden. »Sehen wir uns nachher gleich zu Hause? Ich bereite dort ein paar Obst-Snacks für uns vor.«
Ich kann die Enttäuschung in Tims Augen sehen, weil ich mich ohne Vorwarnung aus dem Staub mache, doch Joel umklammert ihn von hinten und zerrt ihn lachend mit dem Oberkörper zurück ins Wasser.
Ohne eine Reaktion abzuwarten, denn offensichtlich sind sie ohnehin abgelenkt, schwimme ich zurück ans Ufer. Doch so schnell ich mich auch im Wasser fortbewege, die verrückten Gefühle, die sich in jeder Faser meines Körpers ausbreiten, lassen sich einfach nicht abhängen.
Er ist mein Boss, verdammt! Was auch immer passiert, ich darf mich auf keinen Fall in ihn verlieben. Nicht mal ein ganz kleines bisschen.
Ava
»Ich kann es noch immer nicht fassen. Du hast den Job echt bekommen?« Lina stellt den Korb mit den Pfandflaschen auf den Rücksitz, schließt die Seitentür und steigt ein. »Wie hast du überhaupt von der Stelle erfahren?«
»Ebay Kleinanzeigen.« Ich schließe die Beifahrertür und schnalle mich an. »Und stell dir vor, ich habe den Job bekommen, ohne überhaupt dort gewesen zu sein.«
Lina steckt den Schlüssel ins Schloss, wartet aber noch damit, den Motor zu starten.
»Wie jetzt?« Sie schaut mich mit offenem Mund an. »Ein alleinerziehender Vater stellt einfach so eine Nanny ein, ohne sie vorher getroffen zu haben?«
»Na ja, er hat mich natürlich schon mit Fragen gelöchert: Wie viele Nanny-Jobs ich schon hatte. Er wollte Zeugnisse sehen und auch alles über die Arbeitsstellen wissen, die ich vor meinem ersten Nanny-Job hatte. Führungszeugnis, alle Referenzen meiner vorherigen Arbeitgeber. Selbst von meiner Ausbildung als Reisekauffrau wollte er das Abschlusszeugnis sehen. Und er hat mir viele Beispiele geschickt. Also, so Situationen, die sein Sohn und ich gemeinsam erleben könnten und was ich in welchem Fall unternehmen würde, wenn sich uns zum Beispiel ein Fremder auf dem Spielplatz nähert und so weiter.«
»Klingt ja sehr wissbegierig und überfürsorglich.«
»Ja, sein Sohn scheint ihm über alles zu gehen.«
»Umso mehr wundere ich mich, dass er dich vorher nicht treffen wollte.«
»Na ja, ich habe ja ohnehin eine Probezeit. Wenn ihm meine Arbeit nicht gefällt, kann er mich problemlos wieder loswerden.«
»Auch wieder wahr.« Lina zuckt mit den Schultern und startet endlich den Motor.
Es ist einer unserer typischen Lebensmitteleinkäufe, den wir für unsere Zweier-WG meist gemeinsam erledigen. Seitdem ich nach der Trennung von meinem damaligen Freund – einem notorischen Fremdgänger – in Linas hübsche Dachgeschosswohnung in der Wismarer Innenstadt gezogen bin, sind zwei Jahre vergangen. Als meine beste Freundin nahm sie mich natürlich sofort bei sich auf. Ursprünglich war mein Aufenthalt dort nur für ein paar Tage, höchstens wenige Wochen angedacht – bis wir irgendwann merkten, wie gut wir auch als WG-Gespann funktionieren und es bei dieser Konstellation beließen.
»Und wie alt ist sein Sohn?«, fragt Lina, als sie von unserem Wohnviertel auf die Hauptstraße fährt.
»Acht«, antworte ich. »Sein Name ist Joel. Ich habe Bilder von ihm gesehen. Total süß, der Kleine.«
»Und wann fängst du an?« Sie bleibt an einer Ampel direkt hinter einem weißen Transporter stehen.
»Gleich morgen.« Ich lache. »Verrückt, oder?«
»Morgen schon?« Sie wirft mir einen flüchtigen Seitenblick zu, schaut aber sofort wieder geradeaus, als die Ampel auf Grün springt. »Also, du vergeudest ja echt keine Zeit.«
»Na ja, seitdem die Lehmanns keine Nanny mehr benötigen, war ich ständig auf der Suche. Dreieinhalb Monate ist das her. Ich möchte echt keinen Tag länger arbeitslos sein. Und da Tim sofort jemanden brauchte ...«
»Tim?« Lina biegt an der nächsten Kreuzung rechts ab. »Ihr seid schon beim Du?«
Ich nicke. »Das war seine Voraussetzung, bevor ich bei ihm anfange. Der kleine Joel wird mich ja auch duzen, also meinte Tim, wir sollten das auch tun, vor allem, um ihn nicht zu verwirren.«
»Verrückt«, Lina grinst in sich hinein, »er hat dich noch nicht mal gesehen, aber stellt dich schon ein und bietet dir im selben Atemzug das Du an.«
»Ja, ich weiß. Klingt alles ein wenig verwirrend, aber ich habe wirklich ein gutes Gefühl dabei, Lina. Er ist am Telefon wirklich sehr warmherzig. Man merkt einfach, dass ihm das Wohl seines Sohnes über alles geht.«
»Hmmm ...«, murmelt Lina.
»Was hmmmm?«, entgegne ich. »Wolltest du etwas sagen?«
»Nein, ich finde es nur merkwürdig, dass er dich sofort eingestellt hat, das ist alles.« Sie fährt auf den Supermarktparkplatz. »Versprich mir, dass du auf dich aufpasst, Ava.«
»Das klingt ja gerade so, als würde ich bei einem Mafiaboss anfangen.« Ich kichere. »Wirklich, Lina, du musst dir keine Sorgen machen. Dieser Job ist eine absolute Traumchance für mich. Und allein das Haus ist schon der Wahnsinn!«
»Das Haus?«
»Ja, ein Haus in der Nähe vom Zierower Strand. Eigentlich eher eine Villa. Ein echt traumhaftes Anwesen.«
»Lass mich raten, auch davon hast du Fotos gesehen?« Lina kommt in einer Parklücke zum Stehen und schaltet den Motor ab.
»Ganz genau«, antworte ich. »Und um auch zu erfahren, wie mein künftiger Chef aussieht, habe ich Google bemüht.«
»Du hast ihn gegoogelt?« Lina zieht den Schlüssel ab und lehnt sich zurück. »Wie alt ist er? Wie sieht er aus? Ich will alles wissen.«
Wieder muss ich an diese durchdringenden algengrünen Augen von dem Foto auf der Firmenwebseite denken. Das renommierte Architekturbüro, das nicht nur das größte in Wismar, sondern an der ganzen Ostseeküste ist. Dass es sich ausgerechnet in unserer kleinen Hafenstadt niedergelassen hat – das weiß ich aus der Firmenhistorie der Webseite –, liegt daran, dass Tims Vater der Liebe wegen damals hier landete und sein erfolgreiches Büro hierher verlegte. Tim ist sozusagen die nächste Generation – und neben ihm ein ganzer Stab an hochqualifiziertem Personal.
Und wieder wandern meine Gedanken zu Tims Foto. Dieses charmante Lächeln, das männlich ausgeprägte Kinn, das kurze, dunkelblonde Haar, das ihm in seinem schicken Business-Outfit etwas besonders Seriöses gibt. Doch so seriös er auf dem Foto auch wirkt, an seinen breiten Schultern kann man trotzdem sehr gut erkennen, dass er nebenbei viel trainiert.
»Ava?« Linas Stimme holt mich aus meinem Tagtraum zurück. »Kannst du mich hööören?«
»Ähm ... was?« Ich streiche mir eine Locke hinters Ohr und fühle mich seltsam ertappt.
»Ich habe dich nach diesem Tim ausgefragt«, antwortet Lina mit neugierigem Augenaufschlag. »Weißt du, wie alt er ist?«
»27«, antworte ich gedankenverloren. »Zumindest laut seiner Webseite. Und wie er aussieht? Ähm ... na ja ... wie ein typischer Architekt halt.«
»Wie ein typischer Architekt?« Lina lacht. »Wie sieht denn bitte ein typischer Architekt aus?«
Dass er mit seinem Schriftzug-Tattoo am Hals und dem rebellischen Blick ganz und gar nicht so aussieht, wie ich mir einen typischen Architekten vorstelle, behalte ich dabei für mich. Lina würde daraus nur wieder die falschen Schlüsse ziehen.
»Lass uns nicht über Tim reden«, versuche ich, das Thema zu wechseln. »Viel wichtiger ist doch, dass ich endlich einen richtig tollen Job gefunden habe. Ich dachte schon, ich müsste wieder zurück ins Reisebüro.«
»Was wäre so schlimm daran gewesen?«
»Du weißt, dass ich die Ausbildung damals nur gemacht habe, weil meine Mutter im selben Büro gearbeitet hat. Wie sollte ich ahnen, dass ich den Job hassen würde? Mit Kindern zu arbeiten«, ich lege die Hand seufzend auf meine Brust, »das ist meine echte Leidenschaft. Und diese Chance fühlt sich einfach vollkommen richtig an, weißt du?«
»Ach, und das ist dir schon jetzt klar? Noch bevor du überhaupt angefangen hast?«
»Ja, Lina.« Ich verdrehe die Augen. »Und wenn du weiterhin so negativ daherredest, erzähle ich bald gar nichts mehr davon.«
»Ein bisschen Skepsis wird ja wohl erlaubt sein, wenn meine Mitbewohnerin auszieht.« Sie seufzt traurig.
Es ist das erste Mal während unseres Gesprächs, das mir klar wird, dass sie meinen Auszug betrauert.
»Ach, darum geht es dir?« Ich nehme ihre Hände in meine. »Ich dachte, du freust dich, endlich wieder ein bisschen mehr Platz zu haben, wenn ich in Tims Haus ziehe.«
»Wie viel Platz brauche ich schon?« Sie verzieht die Mundwinkel. »Und wenn ich ehrlich bin, hoffe ich insgeheim, dass du schon bald wieder das Handtuch wirfst. Deshalb werde ich dein Zimmer auch eine ganze Weile unverändert lassen. Nur für den Fall, dass du es dir doch noch anders überlegst.«
Ich schaue sie einen Augenblick lang einfach nur an, als wäre dies tatsächlich eine Art Abschied für uns. Und als wäre es deshalb von enormer Bedeutung, mir ihr Gesicht besonders aufmerksam einzuprägen.
Die kleinen Grübchen in den schmalen Wangen. Das sonnenblonde kinnlange Haar und die wasserblauen Augen, die schon so manchen Mann um den Verstand gebracht haben. Obwohl wir beide 26 Jahre alt sind, sieht sie sehr viel jünger aus als ich, manchmal beinahe jugendlich.
Wir beide waren optisch schon immer das genaue Gegenteil. Beide schlank, allerdings war sie immer die extrem Zierliche, während ich immer ein klein wenig kurviger war. Und im Gegensatz zu ihrem blonden Kurzhaarschnitt ist mein Haar dunkelbraun, lang und so dick, dass ich schon manches Mal mit dem Gedanken gespielt habe, es einfach abschneiden zu lassen, um ein für alle Mal dem lästigen Kämm-Marathon am frühen Morgen zu entkommen.
»Versuchst du gerade, mir ein schlechtes Gewissen einzureden?« Ich lege den Kopf schräg, lächele aber dabei.
»Natürlich nicht.« Sie rollt mit den Augen. »Das weißt du, Süße. Ich werde nur unsere gemeinsamen Netflix-Abende vermissen.«
»Ich bin doch nicht aus der Welt.«
»Na ja, irgendwie schon. Nanny zu sein ist schon irgendwie ein Fulltime-Job. Und wenn du dann auch noch dort wohnen wirst.«
»Eins nach dem anderen.« Ich zwinkere ihr zu. »Jetzt freue ich mich erst mal auf meinen ersten Arbeitstag. Aber wir werden ganz viel telefonieren, ja?«
Sie beißt sich auf die Unterlippe.
»Tut mir leid«, seufzt sie schließlich. »Ich wollte dir die Vorfreude echt nicht vermiesen. Komm, lass uns einkaufen gehen. Heute ist mein Lieblingsjoghurt im Angebot. Ich habe vor, den kompletten Vorrat aufzukaufen.«
Lachend öffnet sie die Wagentür.
»Es ist echt unfassbar, wie viel du essen kannst, ohne zuzunehmen.« Ich steige ebenfalls aus.
»Unfassbar nennst du das?« Lina schlägt die Wagentür zu und wirft mir ein breites Grinsen über das Wagendach hinweg zu. »Ich nenne das gute Gene.«
»Man könnte es auch Ungerechtigkeit nennen.« Ich lache.
»Ach komm schon, Ava«, antwortet sie. »Du bist doch nicht ernsthaft neidisch auf meine dürre Figur? Ich würde für deine Kurven morden. Du hast wenigstens Titten und nen richtig geilen Arsch.«
»Wärst du ein Kerl, würde ich dir für den Spruch jetzt eine schmieren.«
»Wie gut, dass du genau weißt, wie ich es meine.«
»Leider ja.« Ich grinse.
Sie öffnet die Seitentür, um die Pfandflaschen herauszuholen, während ich mir meine Handtasche schnappe.
Lina und ich beim Einkaufen. Ein typischer Nachmittag, wie ich sie schon tausendfach zuvor erlebt habe. Und doch spüre ich, dass eine große Veränderung in der Luft liegt.
Ein ganz neues Leben mit ganz neuen Chancen.
Tim
Ich bin mitten in einem Meeting, als das Handy neben mir auf dem Tisch vibriert.
Nur eine Nachricht, die ich ohne weiteres auch später lesen könnte. Doch als ich ihren Namen kurz auf dem Display aufblinken sehe, folge ich diesem unerklärlichen Instinkt, der mich seit ihrer ersten Mail begleitet. Besser gesagt: Seitdem ich ihr Profilfoto auf Facebook gesehen habe, als ich ein wenig über sie gegoogelt habe, um zu sehen, ob sie diejenige ist, die sie vorgibt zu sein.
Ava.
Allein ihr Name ist irgendwie besonders.
Doch ich zwinge mich, den Verstand zu bewahren, als ich ihre Nachricht öffne. Denn alles, worauf es ankommt, ist Joel. Und wenn sie nicht die Richtige für ihn ist, dann ist jeder noch so seltsame Instinkt, den sie in mir weckt, bedeutungslos.
Hallo Tim.
Danke für die Wegbeschreibung. Ich werde morgen früh pünktlich da sein und freue mich schon sehr, euch beide kennenzulernen. Und dass du deinen Kleinen zu Hause unterrichten lässt, finde ich sehr interessant. Ich freue mich darauf, bald ein Teil eures Alltags zu sein.
Bis morgen!
Liebe Grüße
Ava
Mit nur wenigen Zeilen gelingt es ihr, diesen eher langatmigen Vormittag zu erhellen. Für einen kurzen Moment vergesse ich sogar, dass ich mich gerade eben noch über einen dämlichen Kommentar von Matthes geärgert habe. So gut dieser Mistkerl auch in seinem Job ist, bis heute scheint er zu denken, dass ich dieses Architekturbüro nur leite, weil mein Vater es damals ins Leben gerufen hat und ich ansonsten keinerlei Ahnung von dem habe, was ich tue. Wäre Vater damals nicht so überzeugt davon gewesen, Matthes einzustellen, hätte ich ihn schon längst gefeuert.
»Tim?«
Genau seine Stimme ist es auch, die mich aus meinem Tagtraum holt.
»Ja?« Ich schiebe mein Handy zur Seite.
»Der Koppmann-Auftrag«, wiederholt er. »Bist du auf dem Laufenden oder soll ich dir was abnehmen?«
Die Art, wie er diese Frage stellt, macht einmal mehr deutlich, dass er sich für unentbehrlich hält. Auch wenn er diese Tatsache sehr geschickt hinter offensichtlicher Freundlichkeit versteckt.
»Natürlich bin ich auf dem Laufenden.« Ich schlage meine Klemmmappe auf und ziehe die Koppmann-Zeichnungen heraus, von denen ich mehrere Exemplare über dem langen Tisch schiebe, so dass sich jeder der Anwesenden seine eigenen Seiten greifen kann. »Gut, dass du es erwähnst«, ich schaue Matthes an, »ich hatte gerade vorhin ein ausgedehntes Telefonat mit Herrn Koppmann, und wie es aussieht, gefallen ihm die Pläne so gut, dass er darüber nachdenkt, uns auch den Neubau seiner Niederlassung in Wittenburg zu übergeben.«
Matthes hebt die Augenbrauen. Die Tatsache, dass ich etwas von meinem Job verstehe, scheint ihn immer wieder aufs Neue zu überraschen.
»Schön«, murmelt er wenig begeistert.
»Wie ihr seht, haben wir jetzt doch noch eine Dachterrasse hinzugefügt«, erkläre ich, während die Kolleginnen und Kollegen die Blicke in die Unterlagen stecken und interessiert darin blättern.
»Und wir haben auf die anfängliche Idee zurückgegriffen«, fahre ich fort, »auf sehr viel breitere Glasfronten zu setzen. Mit dieser Umsetzung ließ sich Koppmann besonders begeistern.«
Für einen Moment schauen alle wie gebannt auf die Pläne, mustern diese bis ins kleinste Detail. Hier und da flüstert sich jemand etwas zu. Staunende Blicke, aber auch Skepsis in manchen Gesichtern. Die üblichen Reaktionen, die wir erfahrungsgemäß nach einem kurzen konzentrierten Schweigen auswerten werden.
Intuitiv nutze ich den Moment, um erneut nach meinem Handy zu greifen. Ihre Nachricht ist noch immer geöffnet. Ihre letzten Zeilen scheinen wie in Stein gemeißelt.
Ich freue mich darauf, bald ein Teil eures Alltags zu sein.
Bis morgen!
Liebe Grüße
Ava
Wieder beginne ich zu zweifeln.
Ob es dieses Mal die richtige Nanny ist? Keine ihrer Vorgängerinnen schien sich aufrichtig für Joel zu interessieren, sondern nur für die Tatsache, wie sie mich am ehesten beeindrucken können. Ständig dachten sie darüber nach, was ich erwarte, was mir gefallen könnte, aber keine Einzige von ihnen hat versucht, Joel wirklich kennenzulernen und herauszufinden, was ihn glücklich macht.
Bei dieser Ava habe ich zum ersten Mal seit Langem die Hoffnung, dass es besser laufen könnte. Schon allein ihre vielen Fragen Joel betreffend lösen ein Gefühl von Vertrauen in mir aus, das sich von den anderen Frauen vor ihr unterscheidet.
Aber da ist noch mehr. Etwas, das ich selbst noch nicht so recht verstehe.
»Wie ich sehe, habt ihr die Idee von einem Kellergeschoss wieder verworfen«, sagt Matthes, den Blick auf das Papier vor sich gesenkt.
Und da hat sie mich wieder, die Realität, in die ich mich in diesem Moment seltsamerweise nur ungern zurückholen lasse.
Ava
Das Erste, das mir auffällt, ist der wunderschöne und doch simple weiße Gartenzaun in Hüfthöhe, der das Grundstück umschließt.
Der Vorgarten ist im Grunde nur eine Rasenfläche mit ein paar blütenlosen Büschen, vermutlich der einfachen Pflege geschuldet. Aber von der zweispurigen Einfahrt aus, auf der ich meinen kleinen Polo geparkt habe, kann man sehen, dass ein kleines eisernes Seitentor zu einem noch größeren Grundstück hinter dem Haus führt.
Als ich die Wagentür zuwerfe und zum Kofferraum gehe, um meinen Koffer herauszuholen, fällt mir das halboffene Garagentor am Ende der Einfahrt auf, in der ein dunkler Wagen steht, dessen Marke ich nicht erkennen kann.