Der Bergdoktor 1679 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1679 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Erst nach der Hochzeit erfuhr Lisa die Wahrheit. Für Lisa und Christian Grindhammer hängt der Himmel voller Geigen. Sie sind seit zwei Jahren verheiratet und immer noch bis über beide Ohren verliebt ineinander. Sie bewirtschaften einen herrlich gelegenen Bauernhof in den Bergen und treten abends sehr erfolgreich als Gesangsduo auf. Wenn sie dann von der einzig wahren Liebe singen, die auf Vertrauen und Ehrlichkeit beruht, glaubt man ihnen jedes Wort. Weder das Publikum noch Lisa ahnen, dass Christians Leben schon lange von einer Lüge überschattet wird ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Vertrauensbruch

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-8387-4934-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Der Vertrauensbruch

Erst nach der Hochzeit erfuhr Lisa die Wahrheit

Von Andreas Kufsteiner

Für Lisa und Christian Grindhammer hängt der Himmel voller Geigen. Sie sind seit zwei Jahren verheiratet und immer noch bis über beide Ohren verliebt ineinander. Sie bewirtschaften einen herrlich gelegenen Bauernhof in den Bergen und treten abends sehr erfolgreich als Gesangsduo auf. Wenn sie dann von der einzig wahren Liebe singen, die auf Vertrauen und Ehrlichkeit beruht, glaubt man ihnen jedes Wort.

Weder das Publikum noch Lisa ahnen, dass Christians Leben schon lange von einer Lüge überschattet wird …

Zusammengerollt wie ein verletztes Rehkitz kauerte Emma in ihrem Kleiderschrank. Sie hatte die Knie an den Körper gezogen und die Arme darum geschlungen. Ein Zittern lief durch ihren schmächtigen Körper.

Mami, dachte sie. Warum kommt meine Mami net heim?

Aus dem Flur drangen Stimmen zu ihr. Die Tür des Kinderzimmers war nur angelehnt und erlaubte einen Blick auf Tante Thea und einen fremden Mann.

Der Fremde stand breitbeinig da. Er hatte die Daumen in seinen Gürtel gestemmt, an dem ein Pistolenholster hing. Seine dunkle Uniform und sein buschiger Vollbart jagten Emma eine Riesenangst ein.

Die Fünfjährige bebte so heftig, dass der Schrank vibrierte. Tante Thea wohnte nebenan und passte auf sie auf, während ihre Mutter bei der Arbeit war, aber es war schon dunkel, und ihre Mutter sollte längst daheim sein. Sie kam sonst immer rechtzeitig, um Emma ins Bett zu bringen und ihr eine Gutenacht-Geschichte vorzulesen.

Was hielt sie an diesem Abend auf? Etwas Gutes konnte es nicht sein, denn Tante Thea schlug gerade entsetzt die Hände vor der Brust zusammen und stammelte etwas, das Emma nicht verstehen konnte.

Eine namenlose Furcht kroch in dem kleinen Mädchen hoch.

Es war schon spät. Das Kinderzimmer wurde nur vom Schein der Nachttischleuchte erhellt. Emma sollte schon im Bett sein, aber sie konnte nicht schlafen. Nicht, solange ihre Mutter nicht daheim war. Sie wollte ihr doch das Bild zeigen, das sie an diesem Nachmittag gemalt hatte!

Vor ihrem Fenster rauschte der Verkehr von Salzburg vorbei. Irgendwo spielte jemand Klavier. In diesen Tagen war die ganze Stadt mit Musik erfüllt. Es war Festspielwoche.

Barfuß kauerte Emma im Schrank, ihrem geheimen Versteck. Auf ihr blaues Nachthemd waren Sterne gedruckt. Ihre Mutter hatte es ihr zum fünften Geburtstag geschenkt.

Kurzatmig rang Emma um Luft. Nicht wegen der Enge im Schrank. Nein. Ihre Kehle war so eng, dass sie kaum atmen konnte.

»Es tut mir sehr leid«, hörte sie den Uniformierten sagen. »Ein Unfall mit dem Fahrrad … es ist blitzschnell gegangen …«

»Gibt es wirklich keine Hoffnung?«, fragte Tante Thea halblaut. Die Antwort des Polizisten war undeutlich, aber sie entlockte der Nachbarin ein ersticktes Stöhnen. »Wo soll die Kleine denn nun hin? Sie hat ja niemanden mehr.«

»Was ist mit ihrem Vater?«

»Ach, der …« Tante Thea schlug die Hände vor der Brust zusammen.

Emmas Augen wurden groß und kugelrund. Was hatte das zu bedeuten? Warum sollte sie fort von hier? Noch dazu zu ihrem Vater?

»Einen Vati hab ich doch gar net«, wisperte sie in ihrem Versteck.

Da polterten plötzlich Schritte in ihrer Nähe. Der Polizist hatte ihr Zimmer betreten und näherte sich dem Schrank. Er rief ihren Namen. Seine massige Gestalt verdunkelte den Raum wie ein Schatten, der sich vor die Sonne legte.

Angstvoll kroch Emma ganz nach hinten, bis sie die Rückwand des Schranks hinter sich spürte und nicht weiter konnte.

Unausweichlich kam der Uniformierte näher und griff nach der Schranktür. Emmas Herz hämmerte so heftig gegen ihre Rippen, als wollte es ihr aus der Brust springen.

»Komm wieder nach Hause, Mami«, flüsterte sie und kniff die Augen zusammen. »Bitte-bitte-bitte, komm nach Hause.«

***

»Wo das Eichhorn springt und man fröhliche Lieder singt, da sind wir daheim …«

Die schwungvolle Melodie füllte das Festzelt bis in den hintersten Winkel und hielt niemanden auf seinem Platz. Es wurde geschunkelt, mitgesungen und dort, wo Platz war, auch getanzt.

Lisa und Christian Grindhammer sahen sich tief in die Augen, während sie auf der Bühne standen und sangen. Dabei wirbelten ihre Hände so flink über die Tasten ihrer Steirischen Harmonikas, dass man mit dem Auge kaum folgen konnte.

In ihrer Musik ging es um die Liebe zu ihrer Heimat in den Bergen. Ihre Lieder kamen aus dem Herzen, und das Publikum dankte es mit jubelndem Applaus, als sie zum Ende kamen.

Mit leuchtenden Augen bedankten sich Lisa und ihr Mann und verließen die Bühne.

Atemlos und durchgeschwitzt waren sie. Lisa klebte ihre Dirndlbluse am Rücken, und Schweiß perlte von ihrer Stirn. Sie hatte ihre dunklen Haare hochgesteckt, sodass sie den Nacken freiließen, trotzdem war ihr viel zu warm, denn es war drückend heiß im Festzelt.

An diesem Abend wurde in Mayrhofen die Bierkönigin gewählt, dazu gehörte auch ein musikalisches Programm. Lisa und ihr Mann betrieben einen Bauernhof in den Bergen und traten manchmal abends auf Volksfesten auf.

Das Festzelt stand am Rand von Mayrhofen, auf einer Wiese am Fuß des Ahornbergs. Tagsüber fuhr eine Bergbahn auf den Gipfel, aber nach Einbruch der Dunkelheit waren die Höhen verwaist.

Im Inneren des Zeltes wurde es immer wärmer, währenddessen entlud sich draußen die Hitze des Tages in einem Gewitter. Blitze zuckten hinter der Zeltleinwand auf, und Donner mischte sich in das Stimmengewirr der Gäste. Das tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch.

»Mei, ist das eine Hitze hier drin!«, schnaufte Christian und legte seine Harmonika ab. »Ich werde die Instrumente zum Auto bringen. Bleibst du hier und bestellst uns etwas zu trinken, Schatzerl?«

»Gern.« Lisa legte ihre Harmonika ebenfalls in den Koffer, ehe sie ihn zuklappte. Ihr Auftritt hatte kaum länger als eine halbe Stunde gedauert, aber sie fühlte sich, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Die Wärme zehrte an den Kräften, und so atmete Lisa auf, als sie an den Tresen treten und zwei Flaschen Mineralwasser bestellen konnte.

»Oder lieber gleich eine ganze Badewanne voll?«, fragte die Bedienung augenzwinkernd.

»Verkehrt wäre es net.« Lisa lachte leise.

Als die Flaschen vor ihr standen, wandte sich die Kellnerin einem anderen Gast zu. Lisa fächelte sich mit der Hand Luft zu und ließ den Blick umherschweifen. Auf der Bühne standen inzwischen drei Männer mit roten Westen und ihren Instrumenten. Die »Zellberg Buam« spielten eine schwungvolle Polka. Unwillkürlich wippte Lisa mit dem Fuß mit.

Plötzlich wurde sie von der Seite angestoßen.

Erschrocken blickte sie sich um. Neben ihr stand ein hochgewachsener Mann, der sie bestürzt ansah.

»Mei, das wollte ich net«, entschuldigte er sich. »Ich bin gestolpert.« Er schaute nach unten, wo irgendjemand ein leeres Tablett abgestellt hatte. Nachdem er es kopfschüttelnd aufgehoben und auf den Tresen gelegt hatte, sah er Lisa forschend an. »Habe ich Ihnen wehgetan?«

»Aber nein«, beruhigte sie ihn. »Alles in Ordnung.«

»Gut. Es tut mir wirklich leid. Kann ich Ihnen als kleine Wiedergutmachung ein Glas Wein bestellen?«

»Lieber net. Ich bin versorgt.« Sie deutete auf ihre Flasche. »Bei dieser Hitze bleibe ich lieber beim Wasser.«

»Das ist bestimmt net verkehrt.« Der Fremde lächelte, und sympathische Lachfältchen gruben sich um seine Augen ein.

Er schien wenige Jahre älter als Lisa zu sein, hatte dunkelblonde Haare und ein markantes Gesicht mit nachdenklichen braunen Augen. Die beiden obersten Knöpfe seines Hemdes standen offen, dazu trug er eine Lederhose. Seine blasse Hautfarbe verriet, dass er selbst jetzt im Sommer nicht viel Zeit im Freien verbrachte.

»Raphael Plank«, stellte er sich vor.

»Lisa Grindhammer.«

»Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Ihr Auftritt eben hat mir sehr gefallen. Sie scheinen wirklich zu empfinden, was Sie singen: nämlich eine tiefe Verbindung zu Ihrer Heimat und den Bergen. Das hat mich wirklich bewegt.«

Lisa lächelte. »Ich freue mich, dass es Ihnen gefallen hat.«

»Sehr sogar. Leben Sie hier in Mayrhofen, Lisa?«

»Nein, in St. Christoph. Unser Dorf liegt in einem stillen Seitental. Wir bewirtschaften dort einen Bauernhof.«

»Das klingt idyllisch.«

»Ist es auch.«

»Möchten Sie Ihre Musik irgendwann zum Beruf machen?«

»Nein, auf keinen Fall. Dafür mag ich meine Arbeit daheim viel zu sehr. Die Musik gehört dazu, aber sie ist trotz allem nur ein Hobby.« Lisa nippte an ihrem Getränk, ehe sie den Fremden fragend ansah. »Und Sie? Woher kommen Sie?«

»Aus München. Ich mache Urlaub hier. Eine Woche bin ich quer durch die Berge geradelt, jetzt habe ich mich im Berghotel einquartiert. Übrigens auch in St. Christoph. Im Moment sind wir sozusagen Nachbarn.« Er zwinkerte ihr zu.

»Und was machen Sie beruflich?«

»Wollen Sie einmal raten?«

»Oh, das ist schwierig.« Lisa musterte ihr Gegenüber nachdenklich. Er war groß und sehnig, und seine Augen verrieten einen wachen Verstand und Nachdenklichkeit. »Sie arbeiten net im Freien, aber in einem Büro kann ich Sie mir auch net vorstellen. Sie sehen so aus, als hätten Sie mit Büchern zu tun. Haben Sie vielleicht eine Buchhandlung?«

»Leider net, obwohl mir das gut gefallen würde.« Sein Lächeln wurde breiter. »Ganz falsch liegen Sie net, ich habe wirklich oft Bücher in der Hand. Ich bin nämlich Lehrer.«

»Lehrer?«

»Zurzeit sind Sommerferien, deshalb habe ich Urlaub, ansonsten unterrichte ich Mathematik und Musik.«

»Das sind aber zwei ziemlich entgegengesetzte Fächer. Für die Mathematik braucht man den Kopf und für die Musik das Herz, oder net?«

»So groß sind die Unterschiede gar net. Beide Fächer folgen bestimmten Gesetzen und Regeln. Im Grunde funktioniert eine mathematische Gleichung wie eine Melodie. Ein Ton folgt harmonisch aus dem anderen.«

»Spielen Sie auch ein Instrument?«

»Ja, Gitarre, Klavier und ein bisserl Zither. Ich liebe Musik, deshalb war ich auch fasziniert von Ihrer Art zu singen.« Er sah Lisa nachdenklich an. »Sind Sie sicher, dass ich Sie net zu einem Glas Wein einladen darf?«

»Ganz sicher. Mein Mann müsste gleich wieder hier sein.«

»Also war Ihr Partner auf der Bühne net Ihr Bruder?« Ein Schatten huschte über das Gesicht des Urlaubers. »Ihr Mann hat großes Glück mit Ihnen. Ich hoffe, das weiß er.«

»Freilich weiß er das«, warf eine Männerstimme hinter Lisa ein. Christian war zurückgekommen und legte lächelnd einen Arm um sie. »Entschuldigen Sie uns bitte? Ich möchte meiner Frau etwas zeigen.«

Mit diesen Worten zog er Lisa aus dem Festzelt. Ihr blieb gerade noch Zeit, die Wasserflaschen mitzunehmen.

Im Freien nahm Christian ihr eine der Flaschen ab und leerte sie mit wenigen langen Zügen.

»Ah, das hat gut getan nach der Hitze im Zelt«, schnaufte er, legte wieder seinen Arm um sie und deutete mit dem anderen zum Himmel. »Sieh nur.«

Das Unwetter war inzwischen weitergezogen. Nur in der Ferne blitzte es noch. Über ihnen riss der Himmel bereits auf, und die ersten Sterne blitzten auf. Die Luft war herrlich klar.

Lisa atmete tief ein und genoss die Kühle.

In der Ferne schimmerte der schneebedeckte Gipfel des Gerlos herüber.

»Wie idyllisch«, flüsterte sie. »Ich würde zu gern einmal da hinaufklettern.«

»Da rauf?« Ihr Mann sah sie entgeistert an. »Net für eine Million.«

»Bist du sicher?«

»Ganz sicher.« Er schüttelte sich kaum merklich. So sehr er die Berge auch liebte, die Gipfel mied er tunlichst, denn er litt unter ausgeprägter Höhenangst. Ihm brach schon kalter Schweiß aus, wenn er nur aus der Dachluke seines Hauses in die Tiefe schaute.

»Und für einen Kuss?«, fragte sie ihn schelmisch.

»Das müsste schon ein sehr langer Kuss sein«, erwiderte er trocken. Dann nahm er ihre Hand. »Wollen wir ein Stück spazieren gehen?«

Lisa nickte und lief neben ihrem Mann zum Waldrand hinauf. Allmählich blieb die Musik hinter ihnen zurück, und die Geräusche der Nacht hüllten sie ein. Der Wind rauschte in den Bäumen. Und irgendwo wagte sich eine Grille hervor und zirpte.

An einer Bank blieb Christian stehen und zog sie in seine Arme.

»Ich hab dich lieb«, raunte er. »Manchmal fürchte ich schon, dass ich dir das zu selten sage. Du bist alles, was mir ich je vom Leben erträumt habe, und noch viel mehr.«

»Mei, Christian, du auch«, flüsterte sie, und ihr Herz machte einen Satz.

Die Zukunft lag sonnig und verheißungsvoll vor ihnen. Sie hatten sich einen alten Bauernhof gekauft, den sie gemeinsam aufbauen wollten. Das Geld dafür verdienten sie mit ihren Auftritten bei Volksfesten. Und sie wollten Kinder haben. Am liebsten zwei oder drei. Darin waren sie sich einig.

Lisa schmiegte sich in die Arme ihres Mannes und schloss die Augen. Seine Wärme hüllte sie ein wie ein schützender Mantel. Seit zwei Jahren waren sie ein Paar, aber es kam ihr so vor, als würden sie schon ein Leben lang zusammengehören.

»Uns beide kann nix trennen«, flüsterte Christian zärtlich in ihr Ohr. »Nix und niemand.«

***

Während das Unwetter im Tal allmählich abzog, schienen die Blitze in den höheren Regionen noch zum Greifen nah zu sein. Wie silbrige Klingen zerschnitten sie den nachtdunklen Himmel. Ein heftiger Sturm zerrte an den Bäumen und wehte abgerissene Zweige und Laub auf die Straße.

Dr. Martin Burger war auf dem Weg nach Hause. Er kam gerade von einem Einsatz in den Bergen und sehnte sich nach einer heißen Dusche und etwas zu essen.

Nach seiner Sprechstunde war er noch zu einem verunglückten Urlauber gerufen worden.

Der Radfahrer war an der Südseite des Feldkopfs mit seinem Mountainbike ins Rutschen gekommen und gut fünfzehn Meter einen Hang hinuntergestürzt. Der Helm hatte ihn vor einer Schädelverletzung bewahrt, trotzdem hatte er mehrere Wunden im Gesicht, zahlreiche Prellungen sowie ein gebrochenes Bein davongetragen. Er war nach der Erstversorgung ins Tal ausgeflogen worden und sollte nun im Krankenhaus weiterbehandelt werden.

Er hatte Glück, grübelte der Bergdoktor. Er wird wieder ganz gesund werden. Das ist nach einem solchen Sturz net selbstverständlich.

Konzentriert lenkte Martin Burger seinen Geländewagen die gewundene Bergstraße hinunter, während der Regen auf sein Autodach trommelte. Bald tauchten die ersten hell erleuchteten Bauernhöfe seines Heimatdorfes vor ihm auf.

Er fuhr an der Kirche vorbei und erreichte wenig später das Doktorhaus. Das zweistöckige Alpenhaus wurde von einem großen Garten umgeben. Im Anbau waren seine Praxis und sein Labor untergebracht. Unmittelbar dahinter begann der Wald. Das Licht, das aus den Fenstern heraus in den Garten fiel, ließ das Haus sehr gemütlich wirken.

Martin Burger parkte sein Auto und stieg aus. Der Regen ließ allmählich nach, trotzdem atmete der Arzt auf, als die Haustür hinter ihm zufiel. Im Flur wehte ihm der Duft von frischgebackenem Apfelstrudel entgegen. Unwillkürlich lief ihm das Wasser im Mund zusammen.

Irgendwo im Haus lachte Laura hell auf. Seine Jüngste war also noch wach. Vielleicht hatte sie auf seine Rückkehr gewartet?

Sein Herz wurde weit. Manchmal konnte er selbst kaum glauben, wie sich sein Leben zum Guten gewendet hatte.

Nach einem schweren Schicksalsschlag hatte er jahrelang allein gelebt und nicht an ein neues Glück geglaubt. Doch dann war er Sabine begegnet. Die junge Ärztin hatte sein Herz mit ihrer Wärme und ihrem Humor erobert.

Inzwischen gehörten drei quirlige Kinder zu ihrer Familie. Doch er hatte nicht vergessen, wie tief man im Leben fallen konnte, deshalb tat er alles, was in seiner Macht stand, um seinen Patienten zu helfen – bei gesundheitlichen ebenso wie bei privaten Problemen.