1,99 €
Zu schön, um wahr zu sein - Kann Leonie den Worten des feschen Knechts vertrauen?
In drei Tagen soll ihre Hochzeit stattfinden, und eigentlich sollte es die schönste Zeit in ihrem Leben sein, aber irgendwie fühlt es sich weder für Leonie noch für Magnus so an. Leonie muss beruflich noch einmal zu einem wichtigen Treffen nach Hamburg, und Magnus hat kein Verständnis dafür. Kann Leonie den Termin nicht absagen? Sollte eine Braut die Tage vor der Hochzeit nicht bei ihrem Bräutigam verbringen?
Leonie wiederum fühlt sich unverstanden. Was hat Magnus denn nur? Sie liebt ihn doch! Aber soll sie nur, weil sie bald eine verheiratete Frau sein wird, ihren Beruf aufgeben?
Sie tritt die Reise an - und muss zu ihrem Entsetzen feststellen, dass am Tag ihrer geplanten Rückreise alle Flüge nach Bayern und Österreich wegen eines Unwetters gestrichen wurden. Nun ist guter Rat teuer! Ihr muss dringend etwas einfallen, wenn sie nicht ihre eigene Hochzeit verpassen will.
Als sie noch am Flughafen dem feschen Knecht Johann begegnet, scheint die Lösung gefunden: Er wird sie im Auto mit nach St. Christoph nehmen. Doch leider ist eine gemeinsame Autofahrt nicht alles, was sich Johann von Leonie erhofft ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Zu schön, um wahr zu sein
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-6562-7
www.bastei-entertainment.de
Zu schön, um wahr zu sein
Kann Leonie den Worten des feschen Knechts vertrauen?
Von Andreas Kufsteiner
In drei Tagen soll ihre Hochzeit stattfinden, und eigentlich sollte es die schönste Zeit in ihrem Leben sein, aber irgendwie fühlt es sich weder für Leonie noch für Magnus so an. Leonie muss beruflich noch einmal zu einem wichtigen Treffen nach Hamburg, und Magnus hat kein Verständnis dafür. Kann Leonie den Termin nicht absagen? Sollte eine Braut die Tage vor der Hochzeit nicht bei ihrem Bräutigam verbringen?
Leonie wiederum fühlt sich unverstanden. Was hat Magnus denn nur? Sie liebt ihn doch! Aber soll sie nur, weil sie bald eine verheiratete Frau sein wird, ihren Beruf aufgeben?
Sie tritt die Reise an – und muss zu ihrem Entsetzen feststellen, dass am Tag ihrer geplanten Rückreise alle Flüge nach Bayern und Österreich wegen eines Unwetters gestrichen wurden. Nun ist guter Rat teuer! Ihr muss dringend etwas einfallen, wenn sie nicht ihre eigene Hochzeit verpassen will.
Als sie noch am Flughafen dem feschen Knecht Johann begegnet, scheint die Lösung gefunden: Er wird sie im Auto mit nach St. Christoph nehmen. Doch leider ist eine gemeinsame Autofahrt nicht alles, was sich Johann von Leonie erhofft …
»Tu das net, Liebling!«
Magnus trat hinter Leonie, schlang ihr die Arme um die Taille und schnupperte an ihrem Hals.
»Hm, du riechst so gut.« Er seufzte. »Warum stellst du den Koffer net zurück auf den Schrank und wir beide verbringen den restlichen Nachmittag damit, für unsere Hochzeitsnacht zu üben?«
»Das würde ich gern, aber es geht leider net.« Leonie drehte sich um und strich ihrem Verlobten bedauernd durch die sommerblonden Haare.
Er arbeitete den größten Teil des Tages im Freien, deshalb war seine Haut sonnengebräunt, und seine breiten Schultern verrieten, dass er keine Anstrengung scheute. Die Berührung fühlte sich so vertraut an, dass ihr Herz einen glücklichen Hüpfer machte.
Bald! Bald würden sie Mann und Frau sein, für immer verbunden. Manchmal kam es ihr immer noch vor wie ein schöner Traum. Dabei waren es nur noch wenige Tage …
Die Jalousien vor den Schlafzimmerfenstern waren geschlossen, um die sommerliche Hitze auszusperren. Draußen heizte die Sonne die Luft auf dreißig Grad und mehr.
Leonies Rollkoffer lag geöffnet auf dem Bett.
»Ich muss fertig packen«, seufzte sie, während ihr Verlobter seine Hände über ihren Körper wandern ließ.
Er knabberte an ihrem Ohrläppchen und tupfte zärtliche Küsse auf ihre empfindliche Halsbeuge. Er wusste genau, wo er sie berühren musste, damit sie dahinschmolz.
»Das ist net fair«, protestierte sie. »Wie soll ich mich konzentrieren, wenn du … wenn … oooh!«
Ihre Knie knickten unter ihr ein, und sie sank gegen die Brust ihres Verlobten.
»Flieg net nach Hamburg«, raunte er und ließ ihre blonden Haare sanft zwischen seinen Fingern hindurchfließen.
»Mir bleibt leider nichts anderes übrig. Der Termin ist wichtig.«
»Dann schick jemand anderen. Bleib hier bei mir.«
»Das geht net. Ich bin für die Verhandlungen zuständig. Der Fabrikant bietet großartige Mäher und Mähaufbereiter an. Damit lassen sich auch steile Bergwiesen bearbeiten. Und seine Kreiselschwader …«
»Ich weiß schon: Die arbeiten doppelt so schnell wie herkömmliche Maschinen. Ich habe die Prospekte in deinem Büro gesehen.«
»Dann weißt du ja, dass die Produkte wirklich gut sind. Ich möchte den Vermittlungsauftrag unbedingt, und dazu muss ich nach Hamburg fliegen.« Leonie legte eine Hand an seine Wange und hoffte, er würde sie verstehen.
Als Vertreterin für Landmaschinen war sie häufig beruflich unterwegs, seit ihrer Beförderung zur Bereichsleiterin sogar noch öfter als vorher. Ihr tägliches Geschäft waren Traktoren, Heuwender, Mulcher und alles, was auf einem Bauernhof an Technik gebraucht wurde. Und da gab es einiges! Leonie liebte ihre Arbeit, weil sie dabei mit Menschen zusammenkam und immer noch etwas Neues lernen konnte.
»Wie kannst du nur nach Hamburg fliegen, wenn wir in drei Tagen heiraten wollen?« Magnus trat einen Schritt zurück und sah sie vorwurfsvoll an. »In drei Tagen schon, Leonie!«
»Bis dahin bin ich längst zurück.«
»Mir wäre es wirklich lieber, du würdest nicht fliegen.«
»Mir auch, aber was soll ich machen?«
»Kündigen«, kam es prompt zurück.
»Was? Dann hätte ich mich ja ganz umsonst durch mein Studium gebissen.« Leonie schüttelte lebhaft den Kopf.
»Auf dem Hof gibt es Arbeit genug. Du könntest deine Kenntnisse auch hier einsetzen.«
»Ihr braucht mich net. Deine Eltern und du, ihr seid ein eingespieltes Team. Ich wäre auf dem Hof kaum mehr als ein Handlanger, eine Saisonkraft. Das reicht mir aber net.«
»Du könntest auch hier Verantwortung übernehmen.«
»Net so wie in der Firma.« Leonie wusste, dass ihr Schatz es lieber gesehen hätte, wenn sie auf dem Hof seiner Familie mitarbeiten würde, aber das kam für sie nicht infrage. Sie liebte ihren Beruf, und sie war gut darin.
Anfangs war es kaum mehr als eine Neckerei zwischen Magnus und ihr gewesen, als er vorgeschlagen hatte, ihre Arbeit aufzugeben. Doch inzwischen kam sein Wunsch drängender.
Das stürzte sie in eine Zwickmühle. Ihre Vorstellungen von der gemeinsamen Zukunft schienen sich immer weniger mit seinen zu decken. Manchmal wünschte sie sich, ihr Hochzeitstermin würde nicht unerbittlich näher rücken. Brauchten sie nicht noch mehr Zeit, um sich über einige Dinge klar zu werden?
»Leonie …« Magnus nahm ihre Hand und wollte sie mit sich zum Bett ziehen, aber sie schüttelte den Kopf.
»Ich kann wirklich net. Ich muss noch die Unterlagen für die Besprechung morgen durchgehen und meinen Koffer fertig packen. Im Moment habe ich den Kopf voll mit geschäftlichen Dingen. Es tut mir leid.«
»Mir auch.« Magnus ließ sie los und verließ mit hängenden Schultern das Schlafzimmer. Seine Enttäuschung war beinahe greifbar.
Bestürzt sah Leonie ihm nach. Oh, verflixt noch mal, das hier hätten die schönsten Tage ihres Lebens sein sollen. Sie wollten bald heiraten! Warum nur fühlte es sich überhaupt nicht schön an?
Sie fasste nach ihrem Hals und nestelte am Kragen ihrer ärmellosen Bluse, weil er ihr plötzlich zu eng erschien. Beklommen wandte sie sich wieder ihrem Koffer zu.
Der Hofkater war inzwischen unbemerkt ins Zimmer gehuscht und hatte es sich auf ihrem Gepäck bequem gemacht. Maunzend schlug er mit dem Schwanz auf den Koffer, und er war nicht gewillt, seinen weichen Platz widerstandslos zu räumen.
»Du also auch, mein Brutus?« Leonie seufzte. »Ich bin doch übermorgen wieder da. Versprochen.«
Sie legte ihr Reise-Kopfkissen, ihren Reader und eine Schachtel Ohropax bereit. Nach zahlreichen Geschäftsreisen wusste sie, was ihr im Hotel nützlich sein konnte.
Auch eine Schlafbrille nahm sie mit. Seit sie einmal eine flackernde Leuchtreklame vor dem Fenster gehabt hatte, reiste sie nicht mehr ohne die Brille.
Sie hängte das veilchenblaue Kostüm an den Schrank, das sie bei der Besprechung anziehen wollte. Dann ging sie hinunter in die Küche. Auf dem Fensterbrett grünten Kräuter in Keramikgefäßen, und hinter dem offenen Fenster zeichneten sich die schroffen Gipfel der Zillertaler Alpen ab.
Leonies Herz wurde weit. Sie liebte die Berge und hätte nirgendwo anders leben wollen.
Der Hof der Familie Patscheider stand auf einer Anhöhe über St. Christoph, einem hochgelegenen Bergdorf. Wenige weiße Wolken trieben über das Tal hinweg. Eine Idylle wie von einer Postkarte!
Sie lebten hier, wo andere Menschen Urlaub machten, und trotzdem trieb es Leonie häufig fort. Manchmal verstand sie sich selbst nicht.
Leonie lebte seit vier Monaten mit ihrem Verlobten zusammen. Sie hatten sich das Austragshäusel hergerichtet, das lange Zeit leer gestanden hatte. Frisch renoviert und mit einem neuen Dach versehen, war es ein gemütliches Zuhause geworden.
Links und rechts von der Haustür blühten bunte Sommerblumen. Das Bauernhaus von Magnus’ Eltern stand ein Stück weiter den Hang hinunter, der Stall lag weiter hinten.
Leonie öffnete den Kühlschrank und nahm sich eine Flasche mit Eistee heraus. Oben hing ihr Brautkleid bereit, eine Folie schützte es vor Blicken und Staub.
Ihr Herz klopfte unwillkürlich schneller. In drei Tagen würde sie nicht mehr Leonie Kössler sein, sondern Leonie Patscheider. Dann waren Magnus und sie endlich eine Familie. Und das war etwas, nach dem sie sich schon lange sehnte.
Sie hatte ihre Eltern früh verloren. Beide waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als Leonie gerade neunzehn gewesen war.
Seitdem war sie auf sich allein gestellt. Sie hatte sich mit zahllosen Jobs durch ihr Studium gehangelt und verbissen an ihrem Ziel festgehalten: einen guten Abschluss zu machen.
Während eines Winterurlaubs in den Bergen hatte sie Magnus kennengelernt. Sie waren sich auf Anhieb sympathisch gewesen und hatten sich ineinander verliebt. Damals waren die Weichen ihres Lebens neu gestellt worden …
Leonie war ins Zillertal gezogen und hatte ihre neue Heimat fest ins Herz geschlossen. Sie mochte die Dorfbewohner, die auf ihre Art granteln konnten, aber immer füreinander da waren. Hier oben schienen die Uhren ein wenig langsamer zu ticken als anderswo, und auch das gefiel Leonie.
Die Haustür klapperte. Dann kam Elke Patscheider herein und stellte eine Schale auf der Anrichte ab.
»Ich habe euch einen Auflauf gemacht. Du hast ja sicherlich wieder keine Zeit zum Kochen.« Ihre zukünftige Schwiegermutter kräuselte die Lippen.
Leonie nahm die Spitze hin und bedankte sich. »Den kann Magnus morgen essen. Für heute habe ich uns einen bunten Sommersalat vorbereitet und Brot gebacken.«
»Salat? Der Bub schuftet den ganzen Tag auf dem Feld und im Stall. Er braucht abends etwas Ordentliches zu essen.«
»Das bekommt er auch.« Leonie stellte die Schale in den Kühlschrank.
»Magnus hat abgenommen«, tadelte Elke. »Der Bub wird mir noch vom Fleisch fallen bei deiner sogenannten Kost.«
Leonie versteifte sich. Was sollte sie darauf erwidern?
»Hey, ihr!« Eine junge Frau spähte zur Tür herein. Ihre Wangen waren gerötet. Sie trug Shorts, Laufschuhe und ein Shirt, unter dem ein MP3-Player an ihrem Oberarm hervorblitzte. Ihre blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden. »Redet ihr etwa über meinen Bruder? Der Magnus fällt doch net vom Fleisch!«
»Magnus arbeitet hart.« Die Bäuerin zog missbilligend eine Braue hoch. »Er braucht etwas Anständiges in den Magen.«
»Kochst du etwa unanständige Sachen, Leonie?« Wiebke zwinkerte ihr zu.
Mit ihren sechzehn Jahren ging sie noch in die Schule. Sie wollte die Matura ablegen und anschließend Veterinärmedizin studieren.
Leonie hob die Flasche in ihrer Hand. »Möchtet ihr auch ein Glas Eistee?«
»Ich net. Das Zeug ist sicherlich mit chemischen Zusatzstoffen versetzt.« Ihre zukünftige Schwiegermutter winkte ab. »Ich koche lieber meinen eigenen Tee und kühle ihn dann. Das solltest du auch einmal probieren, Leonie.«
Mit diesen Worten wandte sie sich um und verließ die Küche.
Leonie blickte ihr nach, und ein leiser Seufzer entfuhr ihr.
»Nimm es dir net zu Herzen«, tröstete Wiebke. »Wenn Mutterl nix auszusetzen findet, fehlt ihr etwas. Ich nehme gern ein Glas Eistee. Hast du auch Melone da?«
»Leider net, aber im Eisschrank steht ein Fruchtjoghurt.«
»Der wird es auch tun.« Die Sechzehnjährige bediente sich selbst und ließ sich auf die gemütliche Eckbank fallen.
Leonie schenkte ihnen zwei Gläser Eistee ein.
»Ich bin wohl net die Schwiegertochter, die sich deine Mutter erträumt hat«, sagte sie leise.
»Mach dir nichts daraus. Für Mutter wäre net mal eine Prinzessin gut genug. Dabei ist es großartig, dass mein Bruderherz eine Frau gefunden hat, die ihn wirklich liebt. Du bist schon richtig. Magnus kann manchmal ziemlich brummig sein. Vielleicht legt sich das, wenn er endlich verheiratet ist und regelmäßig … du weißt schon …« Wiebke kniff ein Auge zu.
»Was meinst du? Oh. Das.« Leonie schmunzelte. »Solltest du darüber eigentlich schon Bescheid wissen?«
»Freilich. Die Bienen tun es auch.« Wiebke lächelte verschmitzt und leerte ihr Glas in wenigen langen Zügen. »Ich sollte duschen gehen. Joggen bei dieser Hitze war vielleicht net die beste Idee. Ich fühle mich wie eine ausgequetschte Zitrone. Bis später!«
Sie wirbelte herum und verließ die Küche.
»Bis später.«
Leonie mochte es, dass die Familie bei ihnen ein und aus ging. Sie hätte sich jedoch gewünscht, bei ihrer zukünftigen Schwiegermutter auf weniger Zweifel zu stoßen.
Elke schien ganz und gar nicht davon überzeugt zu sein, dass Leonie die passende Frau für Magnus war – und manchmal ging es ihr selbst ähnlich. Was, wenn sie ihm nicht die Partnerin sein konnte, die sie ihm gern sein wollte?
Etwas trieb sie zu ihrem Verlobten. Sie verließ das Haus und trat hinaus in den warmen Sonnenschein. Hummeln summten über dem Lavendel, den sie neben den Rosen angepflanzt hatte.
Magnus lehnte mit dem Rücken an einem Pfosten des Weidezauns und rieb sich mit verzerrter Miene die Schläfen. Leonie ging zu ihm.
»Hast du wieder Kopfweh, Liebling?«, fragte sie mitfühlend.
»Hm, ja. Ich habe schon zwei Tabletten eingenommen, aber die helfen net. Mir platzt gleich der Schädel.«
»Das klingt gar net gut. Geh zu Dr. Burger und lass dich durchchecken, Magnus. Am besten gleich morgen. Dann kann er nachschauen, ob alles in Ordnung ist.«
»Vielleicht mache ich das. Zeit habe ich ja, wenn du net da bist.« Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit und verriet, dass er nicht einverstanden war mit ihrer Reise. So wie mit vielen anderen Dingen auch nicht.
Leonie legte ihm eine Hand auf den Arm.
»Ich werde rechtzeitig zu unserer Trauung zurück sein«, versprach sie ihm.
Dabei ahnte sie noch nicht, dass das Schicksal andere Pläne hatte …
***
Am nächsten Tag bedeckten stahlgraue Wolken den Himmel und verhinderten, dass es richtig hell wurde. Vereinzelte Regentropfen fielen, aber das Grau am Firmament mochte nicht weichen.
Die Kühe auf den Weiden rings um St. Christoph drängten sich unter den Bäumen zusammen. Sie schienen zu spüren, dass ein Unwetter aufzog.
Im Doktorhaus ging es an diesem Tag ruhiger zu als sonst. Bei dem trüben Wetter ging kaum jemand in die Berge, deshalb blieben Zwischenfälle wie verstauchte Knöchel oder Prellungen aus.
Trotzdem hatte Dr. Burger bis in den Nachmittag hinein zu tun. Das nasskalte Wetter begünstigte rheumatische Beschwerden und grippale Infekte.
Sein Haus stand am Waldrand, nur einen Steinwurf von der Dorfkirche entfernt. Ein hübsches Alpenhaus war es, von einem großen Garten umgeben.
Martin Burger hatte die Praxis vor einigen Jahren von seinem Vater übernommen und ausgebaut. Er liebte seine Arbeit und war bei Notfällen rund um die Uhr erreichbar, dafür wurde er von seinen Patienten liebevoll »Bergdoktor« genannt.
»Diese Mücken machen mich fertig.« Seine Sprechstundenhilfe wedelte ungeduldig mit einer Hand. »Ich habe schon Lavendel auf meinen Schreibtisch gestellt, mich mit einem Mückenschutz-Mittel eingerieben und den Ventilator eingeschaltet – nichts davon hält die Viecher ab, mich zu stechen.«
»Du bist halt so süß, dass sie net anders können.«
»Nimmer lange. Wenn sie so weitermachen, werde ich noch richtig sauer!« Bärbel schabte sich den linken Unterarm, der mit roten Flecken gesprenkelt war.
»Versuch es einmal mit Knoblauch im Abendessen. Dann sollten sie dich morgen in Ruhe lassen.«
»Knoblauch? Das kann ich net machen. Mein Schatz verträgt den net. Wenn ich den esse, küsst er mich nimmer. Da lasse ich mich lieber stechen.«
»Tja. Für die Liebe muss man hin und wieder Opfer bringen.«