Der Bergdoktor 2091 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2091 E-Book

Andreas Kufsteiner

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

So oft ist Ben den Weg hinauf zu Mimis Alm schon gegangen, dass er ihn sogar im Schlaf kennt. Meist nimmt er die Abkürzung über die Wiedbrücke und dann an der Schlucht vorbei. Auch heute hat er es eilig, zu seinem Madel zu kommen, als ihm mitten auf der Brücke plötzlich schwindelig wird. Dazu kommen rasende Stiche im Kopf, und sein linker Arm wird steif, als stecke er in einem Gipsverband.
Mit der rechten Hand sucht Ben einen Halt, aber er greift ins Leere. Entsetzt starrt er in die Schlucht, die aber gar nicht die Wiedschlucht ist, sondern die gegenüberliegende Schwarzenstein-Schlucht. Wie ist das möglich?
Bens Gedanken verwirren sich. Während er versucht, sich daran zu erinnern, wohin er gehen wollte, stürzt er in die Tiefe, ohne noch einen Laut von sich zu geben ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Happy End auf Mimis Alm

Vorschau

Impressum

Happy End auf Mimis Alm

Dr. Burger und eine einmalige Rettungsaktion

Von Andreas Kufsteiner

So oft ist Ben den Weg hinauf zu Mimis Alm schon gegangen, dass er ihn sogar im Schlaf kennt. Meist nimmt er die Abkürzung über die Wiedbrücke und dann an der Schlucht vorbei. Auch heute hat er es eilig, zu seinem Madel zu kommen, als ihm mitten auf der Brücke plötzlich schwindelig wird. Dazu kommen rasende Stiche im Kopf, und sein linker Arm wird steif, als stecke er in einem Gipsverband.

Mit der rechten Hand sucht Ben einen Halt, aber er greift ins Leere. Entsetzt starrt er in die Schlucht, die aber gar nicht die Wiedschlucht ist, sondern die gegenüberliegende Schwarzenstein-Schlucht. Wie ist das möglich?

Bens Gedanken verwirren sich. Während er versucht, sich daran zu erinnern, wohin er gehen wollte, stürzt er in die Tiefe, ohne noch einen Laut von sich zu geben ...

Es wurde Zeit, an den Sommer zu denken und damit an das wunderbare, freie Leben auf der Alm zwischen Tal und Gipfeln. Zeit, ins Zillertal heimzukehren und endlich wieder Bergluft zu schnuppern.

Mimi Ebner spazierte noch einmal durch Graz, bevor sie ihre Koffer packte, um am nächsten Tag in Richtung Heimat zu starten.

Die fünf Monate in der steirischen Stadt waren schön und abwechslungsreich gewesen, daran gab es keinen Zweifel. Graz besaß einen ganz besonderen Charme. Man konnte hier ein harmonisches Miteinander von Alt und Neu erleben, von historischer Baukunst und moderner Kultur.

Mimi war fast ein bisschen verliebt in diese Stadt, aber ihr Herz hing doch viel mehr an ihrer Tiroler Heimat als an irgendeinem anderen Ort auf dieser Welt. Mal etwas anderes zu sehen oder in einem fremden Land Urlaub zu machen, das war spannend und erweiterte den eigenen Horizont. Aber woanders dauerhaft ihre Zelte aufzuschlagen, kam für Mimi nicht infrage.

Von Januar bis Ende Mai kostenfreies Wohnen bei ihrer Patentante Gerda mit täglicher »Vollverpflegung«, dazu ein erfolgreich abgeschlossenes Seminar in Buchführung und hauswirtschaftlicher Finanzplanung – was hätte sich Mimi in den vergangenen Monaten mehr wünschen können? Die junge Hauswirtschaftsmeisterin aus St. Christoph stand mitten im Leben. Das Seminar hatte Mimi Ebner als Tüpfelchen auf dem »i« noch zusätzlich zu ihrer Ausbildung absolviert.

»Und wie geht es jetzt weiter für dich?«, wollte Tante Gerda wissen, als Mimi von ihrem Abschiedsspaziergang zurückkam. »Dir stehen doch alle Türen offen, Madel.«

Mimi lachte. »Alle nicht, aber einige. Das stimmt. Ich könnte an einer Hauswirtschaftsschule junge Mädchen unterrichten, aber das werd ich net tun. Ich komme mir mit meinen fünfundzwanzig Jahren kaum älter vor als die sechzehnjährigen Schülerinnen – vielleicht bin ich am Ende noch gar net trocken hinter den Ohren! Zuerst will ich mich daheim auf unserem Hof einbringen. Dann werde ich vielleicht in einer Kurklinik oder in einem Heim arbeiten, je nachdem, was sich bietet. Aber nun gönne ich mir nach dem ganzen Lernstress erst einmal einen Traumsommer. Und zwar auf unserer Alm! In den vergangenen Jahren war ich immer droben, von Mitte Mai bis Ende September. Das hab ich mir net nehmen lassen. Es gab immer viel zu tun. Aber es hat mir Spaß gemacht. Und wenn es doch ein bisserl zu viel wurde, ist die Magda heraufgekommen, unsere langjährige Wirtschafterin, und hat mit angepackt. Mir blieb jedenfalls immer Zeit, um Gäste zu bewirten oder abends mit Freunden ein bisserl zu feiern.«

»Und die Murmeltiere und Gämsen haben sich nicht über laute Musik und ausgelassenes Gelächter beschwert?«, scherzte Mimis Patin.

»Nein. Man darf ja eh net laut sein da droben, das weiß jeder«, erwiderte Mimi ernsthaft. »Wir richten uns danach. Musik muss nicht dröhnen wie auf einem Rock-Konzert. Die Natur steht immer an erster Stelle. Krach ist verboten. Wer herumgrölt oder meint, dass er die Schnapsflasche auspacken kann, der hat bei mir auf der Alm nichts zu suchen.«

»Auf deiner Alm herrscht also Ordnung«, ergänzte die Tante. »Mimis Alm ist vorbildlich.«

»Na ja, das ist übertrieben. Es geht auch mal durcheinander, das ist doch ganz normal. Aber ich freu mich, wenn alle zufrieden sind, Mensch und Tier. Unsere Alm heißt ja eigentlich Firn-Alm. Aber irgendwann, nachdem ich schon als Kind immer wieder hinauf wollte, ist bei uns auf dem Hof ›Mimis Alm‹ daraus geworden. Und im Dorf heißt es bei den Leuten: Gehen wir doch mal hinauf zur Mimi auf die Alm, vielleicht gibt's wieder frischen Topfen mit Blaubeeren.«

»Ich weiß noch, dass du schon als kleines Putzerl auf die Berge klettern wolltest«, erinnerte sich Tante Gerda. »Das Annemariechen, ein richtiges Pupperl, aber immer vorneweg. Ich hab mich gewundert, dass dich deine Eltern Annemarie genannt haben. Es waren damals ja ganz andere Vornamen im Umlauf. Ich hatte als Patin nichts zu entscheiden, schließlich bin ich ja nur die beste Freundin deiner Mutter. Ich für mein Teil fand Rosalie sehr nett oder auch Linda. Ein Röserl oder ein Lindchen ... Aber es wurde dann eben doch Annemarie. Du hast dich selbst dann später Annemie genannt, kaum, dass du ein bisschen umeinanderplappern konntest. Und dann ist aus Annemie ziemlich schnell Mimi geworden.«

»Damit bin ich ganz glücklich. Ich sollte ursprünglich ja Anna-Maria heißen nach meiner Urahnl, das war der Wunsch meiner Mutter. Aber Vater wollte keinen so feierlichen Namen für seine Tochter, wie er mir mal erzählt hat, und so einigten sich meine Eltern auf Annemarie. Das passte auch ganz gut zu meinem Bruder, dem Michael. Wir waren dann überall die Mimi und der Michi.«

»Ja, ich weiß. Zwei richtige Sonnenscheinchen wart ihr, immer munter und fröhlich.«

»Schade, dass du nach Graz umgezogen bist, Tante Gerda. Da war ich sechs Jahre alt und der Michi acht. Ich hab dich nur selten gesehen, als ich ein Kind war«, bedauerte Mimi. »Aber ich weiß, dass es einen wichtigen Grund für dich gab, aus Mayrhofen wegzugehen. Damals hab ich es freilich net so richtig verstanden.«

»Wie das eben so ist«, kam es mit einem Seufzer zurück. »Man verliebt sich und lässt alles hinter sich zurück. Ich hatte den Franz bei einem Urlaub in Bozen kennengelernt, er stammte aus Graz, und es stand dann sehr schnell fest, dass ich zu ihm ziehen würde. Wir haben geheiratet, Florian kam zur Welt, unser einziger Sohn, und alles war gut – das dachte ich jedenfalls. Bis mein Mann glaubte, mit einer zehn Jahre jüngeren Kollegin aus der Bank glücklicher zu werden als mit mir. Da war Florian schon weg aus Graz, er wollte ja unbedingt in Amerika studieren und als Rechtsanwalt Karriere machen.«

Sie brauchte eine kleine Pause. Es war nicht so einfach, denn manche Erinnerungen waren immer noch schmerzvoll. Doch dann sprach sie weiter.

»Immerhin wollte Franz sich nicht scheiden lassen, das war ihm wohl doch ein zu heißes Eisen. Und ich hatte auch keine Lust auf gerichtliche Auseinandersetzungen. Mir war klar, dass er sich eh zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte mit dieser jungen Frau. Na ja, es ist ja auch inzwischen aus und vorbei, und Franz versucht, sich wieder an mich heranzupirschen. Er vermisst mich angeblich so sehr, dass es ihn fast umbringt ... wer's glaubt!«

»Gib ihm doch noch mal eine Chance«, meinte Mimi. »Neulich war er doch mal hier mit einem riesigen Blumenstrauß. Und wie er dich angeschaut hat! Er bereut seinen Fehler wirklich, Tante Gerda. Ich hab's ihm angesehen. Ich wette, dass er dich auf Händen tragen wird, wenn du ihn noch mal zurücknimmst.«

»Ach, Kind, die Männer!« Tante Gerda seufzte erneut. »Man macht so seine Erfahrungen. Es tut weh, wenn man enttäuscht wird, sehr weh sogar. Aber vielleicht hast du recht, und ich sollte ihm verzeihen. Das würde auch Florian freuen, er kommt demnächst für längere Zeit zu Besuch. Wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln.«

»Ich hoffe, dass ich keine bittere Enttäuschung erleben werde.« Mimi blickte nachdenklich aus dem Fenster in den Garten, den jetzt ein Gärtner pflegte. Früher hatte sich der untreue Franz darum gekümmert.

»Ich will ja nicht neugierig sein«, meinte die Patentante, »aber eigentlich bist du ja im besten Alter, um dich zu verlieben, Mimi! Gibt's da schon jemanden, der dir gefällt?«

»Eigentlich nicht. Ich lass mir Zeit.«

Mehr sagte Mimi nicht. Aber war es nicht so, dass sich ihre Wangen ein bisschen rosenrot färbten?

Tante Gerda lächelte still in sich hinein und fragte nicht weiter. Jedenfalls war die kleine Mimi von einst eine ganz bezaubernde junge Frau geworden. Ihr goldbraunes Haar glänzte seidig, und dass ihre Augen so blau waren wie der Himmel über ihren geliebten Bergen, war ganz sicher ein Geschenk der guten Fee, die an ihrer Wiege gestanden hatte.

»Bitte, Tante Gerda, komm uns bald besuchen daheim in St. Christoph«, bat Mimi. »Es war schön bei dir, und ich werd ganz bestimmt ab und zu nach Graz kommen. Ich wünsch dir ganz viel Glück.«

»Das wünsche ich dir auch, Kindchen, von ganzem Herzen. Ich freu mich jetzt schon auf ein Wiedersehen.«

***

Früh am nächsten Morgen machte sich das »Kindchen« auf den Heimweg. Je näher Mimi dem Zillertal kam, desto schneller schlug ihr Herz.

Lächerlich, dass sie Herzklopfen bekam, weil sie an einen ganz bestimmten Mann dachte ...

Aber gegen Gefühle war man eben machtlos!

Sie hatte nicht die Wahrheit gesagt, als ihre Patentante sie gefragt hatte, ob es vielleicht irgendwo »jemanden« zum Verlieben gab.

Ja, es gab diesen »Jemand«. Ihre geheimsten Gefühle verschloss Mimi in sich. Sie war nicht bereit, darüber zu sprechen. Kein Sterbenswörtchen kam über ihre Lippen, weil es ja eh nur ein Traum war, der sich nicht erfüllen würde.

Der »Jemand« hatte obendrein keine blasse Ahnung, dass er immer wieder durch ihren Kopf geisterte. Außer kurzen Treffen – auch auf ihrer Alm, wenn ihn der Weg vorbeigeführt hatte – und einem Lächeln oder ein paar unverbindlichen Worten hatte er ihr keine nennenswerte Aufmerksamkeit geschenkt.

Ein Lächeln bedeutete wenig bis gar nichts. Wenn man keine grantige Miene zeigen wollte, weil so etwas ja auch garstig und unhöflich gewesen wäre, dann lächelte man eben freundlich. So gehörte es sich, wenn man nicht gerade ein ungelenker Waldschrat war.

Ich muss ihn mir aus dem Kopf schlagen, dachte Mimi. Es war besser, nicht mehr nachzudenken und sich lieber zu freuen, dass daheim die Familie wartete und dass in ein paar Tagen die Sonne über der Almhütte nur für sie scheinen würde!

Was wäre die idyllische Alm unterhalb vom Kreuzjoch, das zum Feldkopfmassiv gehörte, denn auch ohne sie gewesen?

Einfach nur irgendeine Alm. Aber mit Mimi waren die Wiesen grüner, die braven vierbeinigen und Gras rupfenden »Sommerfrischler« zufriedener und die Bergblumen bunter und üppiger als anderswo.

Ohne Mimi blühten die Alpenrosen, der rote »Almrausch«, nur spärlich, mit Mimi wurde die Firn-Alm zum Paradies. Sogar die großen, prachtvollen Berg-Glockenblumen, die hinter dem schmucken Almhäusl wuchsen, trotzten tapfer der kalten Jahreszeit, damit sie ab Juni wieder mit ihren blauen Blütenglocken den Sommer einläuten konnten.

Bald würde wieder der Duft nach frischem Kaiserschmarrn aus der Sennhütte ziehen und den einen oder anderen Wanderer dazu einladen, draußen im Grünen Platz zu nehmen und das Bergpanorama genauso zu genießen wie die süße Tiroler Köstlichkeit.

Es war alles vorbereitet. Die Alm wartete nur noch auf ihre gute Fee.

***

Natürlich wurde Mimi daheim auf dem Hof freudig empfangen. Die Familie Ebner war im Dorf sehr angesehen, wobei es keine Rolle spielte, dass die Großeltern und Urgroßeltern, kurz »Ahnl« genannt, ihren Nachkommen ein beachtliches, finanzielles Polster hinterlassen hatten.

Sowohl Kilian Ebner als auch seine Frau Liesl, eine Südtirolerin aus dem malerischen Weinort Kaltern, waren bei ihrer Eheschließung nicht gerade arme Leut gewesen. Liesl war auf einem großen Weingut aufgewachsen. Dass man freilich arbeiten musste, wenn man es zu etwas bringen wollte, hatte sie an ihren Eltern gesehen. Sie legte eh nicht gern die Hände in den Schoß, auch wenn ihr Mann oft meinte: »Geh her, Schatzi, jetzt gib Ruh und setz dich einfach mal hin!«

Kilian selbst war aber seinerseits auch nicht dazu geschaffen, in den Tag hineinzuleben. Für ihn war die Arbeit weit mehr als nur Mittel zum Zweck, um das Einkommen auf einem stabilen Niveau zu halten. Ihm war es wichtig, den Ebner-Alpenhof traditionsgemäß zu erhalten, aber auch den Erfordernissen der heutigen Zeit anzupassen.

Mit Pflug und Heugabel wie anno dazumal kam man heutzutage nicht mehr weit, auch wenn hier und da ein wenig Nostalgie den Alltag ein bisserl entschleunigen konnte. Auch auf den Alpenhöfen hatten längst moderne Maschinen Einzug gehalten. In punkto Elektronik und Digitalisierung verließ sich der Altbauer allerdings vor allem auf seinen Sohn Michael.

Kilian und seine Liesl hatten absolut nicht des Geldes wegen geheiratet, obwohl die junge Braut eine sehr ordentliche Mitgift erhalten hatte. Sie waren wirklich nur aus Liebe beisammen geblieben.

Ihr Eheglück war ihnen immer wichtiger gewesen als ein Sackerl Geld oder ein paar Goldbarren im Banksafe. Ohne viel Aufhebens zu machen, spendeten sie ein rundes Sümmchen, wenn es für einen guten Zweck war. Außerdem waren sie sich nicht zu schade, helfend mit anzupacken, wenn irgendwo Not am Mann war.

Michael und Annemarie, ihre beiden Kinder – Michi und Mimi – betrachteten die Eheleute Ebner als ihren größten Schatz. Die Geschwister hatten das Herz auf dem rechten Fleck. Michael würde den Hof übernehmen, und Mimi konnte entscheiden, wann und wie sie ihr Erbe erhalten wollte.