Der bleiche König - David Foster Wallace - E-Book

Der bleiche König E-Book

David Foster Wallace

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der letzte Roman von David Foster Wallace, dem »Besten seiner Generation« In seinem letzten, posthum erschienenen Roman vollbringt David Foster Wallace das Kunststück, auf gar nicht langweilige Weise über den langweiligsten Arbeitsplatz der Welt zu schreiben: die amerikanische Steuerbehörde.Mit der ihm eigenen sprachlichen Brillanz nähert sich David Foster Wallace in diesem nachgelassenen Roman seinem Thema: Was macht strukturelle Langeweile aus einem Menschen? Als Claude Sylvanshine nach Peoria in Illinois an die IRS, die amerikanische Bundessteuerbehörde, versetzt wird, trifft er dort auf Kollegen, die mit der tagtäglichen, unüberwindbaren Monotonie ihrer Arbeit und somit ihres Lebens kämpfen. Welche Lebensgeschichten führten dazu, dass jemand mehr oder weniger freiwillig einen solchen Beruf ergreift?Der Roman erschien in den USA drei Jahre nach Wallace' Tod und wurde zum gefeierten Bestseller. In ihm zeigt David Foster Wallace noch einmal sein ganzes Können – die unübertroffene Originalität seiner Sujets, die sprachliche Präzision, der sezierende Blick auf die Unzulänglichkeiten menschlicher Gesellschaft und der immer präsente Humor. »Atemberaubend brillant, lustig, unerträglich und elegisch« The New York Times

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 1043

Veröffentlichungsjahr: 2013

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



David Foster Wallace

Der bleiche König

Ein unvollendeter Roman

Aus dem Amerikanischen Englisch von Ulrich Blumenbach

Kurzübersicht

Buch lesen

Titelseite

Über David Foster Wallace

Über dieses Buch

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

zur Kurzübersicht

Über David Foster Wallace

David Foster Wallace, 1962 geboren, gilt als einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Literatur. Er studierte Philosophie und unterrichtete zuletzt Creative Writing am Pomona College in Claremont, Kalifornien. Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. »Unendlicher Spaß«, »Kleines Mädchen mit komischen Haaren«, »Kurze Interviews mit fiesen Männern«, »Der Besen im System«. David Foster Wallace starb am 12. September 2008.

Der Übersetzer

Ulrich Blumenbach hat Romane, Essays und Erzählungen von Agatha Christie, Kinky Friedman, Stephen Fry, Jack Kerouac, Arthur Miller, Will Self, Tobias Wolff und anderen ins Deutsche gebracht. Für die Übersetzung von David Foster Wallace’ Roman »Unendlicher Spaß« wurde er u.a. mit dem Hieronymusring, dem Übersetzerpreis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung und dem Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.

zur Kurzübersicht

Über dieses Buch

Mit der ihm eigenen sprachlichen Brillanz nähert sich David Foster Wallace in diesem nachgelassenen Roman seinem Thema: Was macht strukturelle Langeweile aus einem Menschen? Als Claude Sylvanshine nach Peoria in Illinois zur amerikanischen Bundessteuerbehörde IRS versetzt wird, trifft er dort auf Kollegen, die mit der tagtäglichen unüberwindbaren Monotonie ihrer Arbeit und somit ihres Lebens kämpfen. Welche Lebensgeschichten führten dazu, dass jemand mehr oder weniger freiwillig einen solchen Beruf ergreift?

Der Roman erschien in den USA drei Jahre nach Wallace’ Tod und wurde zum gefeierten Bestseller. In ihm zeigt David Foster Wallace noch einmal sein ganzes Können – die unübertroffene Originalität seiner Sujets, die sprachliche Präzision, den sezierenden Blick auf die Unzulänglichkeiten menschlicher Gesellschaft und den immer präsenten Humor.

»Einer der schrägsten, traurigsten und eindringlichsten Romane, die ich je gelesen habe« The Guardian

»Atemberaubend brillant, lustig, unerträglich und elegisch« The New York Times

»Wallace bestechendster Roman« Time

Inhaltsverzeichnis

Disclaimer

Copyrighthinweis

Fördernachweis

Vorbemerkung des Übersetzers

Motto

§ 1

§ 2

§ 3

§ 4

§ 5

§ 6

§ 7

§ 8

§ 9

§ 10

§ 11

§ 12

§ 13

§ 14

§ 15

§ 16

§ 17

§ 18

§ 19

§ 20

§ 21

§ 22

§ 23

§ 24

§ 25

§ 26

§ 27

§ 28

§ 29

§ 30

§ 31

§ 32

§33

§ 34

§ 35

§ 36

§ 37

§ 38

§ 39

§ 40

§ 41

§ 42

§ 43

§ 44

§ 45

§ 46

§ 47

§ 48

§ 49

§ 50

Notizen und Randbemerkungen

Vier zusätzliche Szenen

Szene 1

Szene 2

Szene 3

Szene 4

Anmerkung des Herausgebers

Danksagung des Übersetzers

Die in diesem Buch beschriebenen Figuren und Ereignisse sind fiktiv.

Ähnlichkeiten mit realen – lebenden oder toten – Personen sind vom Autor nicht beabsichtigte Zufälle.

Folgende Kapitel sind in früheren Fassungen und/oder Übersetzungen bereits andernorts erschienen:

Kapitel 6 unter dem Titel »Good People« in The New Yorker und unter dem Titel »Gute Menschen« in der Frankfurter Rundschau;

Kapitel 16 unter dem Titel »A New Examiner« in The Lifted Brow und Harper’s;

Kapitel 33 unter dem Titel »Wiggle Room« in The New Yorker;

Kapitel 35 unter dem Titel »The Compliance Branch« in Harper’s.

Die Arbeit des Übersetzers am vorliegenden Buch wurde mit großzügigen Stipendien der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia sowie des Deutschen Literaturfonds e.V. gefördert.

Vorbemerkung des Übersetzers

Natürlich braucht der erfahrene Leser von David Foster Wallace keine Vorbemerkung, um den nachgelassenen und Fragment gebliebenen letzten Roman des Autors zu verstehen. Alle erfahrenen Wallace-Leser blättern also bitte gleich vor zum Romananfang. Da aber gerade in der ersten Hälfte viele Personen eingeführt werden, deren Wiedererkennen im Handlungsverlauf nicht immer leichtfällt, hier eine kleine Orientierungshilfe im Hinblick auf Struktur und Figurenensemble.

Der Roman Der bleiche König spielt hauptsächlich Mitte der Achtzigerjahre in einem Steuerprüfzentrum des Internal Revenue Service (IRS) in Peoria, Illinois. Wallace versetzt uns also dreißig Jahre in die Vergangenheit zurück. Es schließen sich jedoch weitere Zeitsprünge um zehn bis zwanzig Jahre an. Der Roman hat keine Hauptfiguren im strengen Sinn, sondern ist von einer Art Gruppenkonstellation geprägt. In den ersten Kapiteln werden die bis in die Sechziger- und Siebzigerjahre zurückreichenden und manchmal sehr bewegten und bewegenden Vorgeschichten einzelner Figuren erzählt, wobei Wallace hier absichtlich Verwirrung stiftet und mit kalkulierten Aussparungen arbeitet: Teilweise werden diese Figuren im weiteren Romanverlauf wichtig, teilweise werden sie aber auch in kleinen Prosavignetten sehr plastisch vor Augen geführt, haben später aber nur noch kurze Auftritte.

In einer solchen Rückblende lernen wir in § 8 beispielsweise Toni Ware als Kind kennen, die aus dysfunktionalen Familienverhältnissen im White Trash der Südstaaten stammt und mit ihrer psychotischen Mutter, die immer wieder wochenlang in geschlossenen Anstalten verschwindet, von einer Trailersiedlung zur nächsten zieht. Bei einem Autounfall kommt die Mutter ums Leben, und Toni entwickelt sich zu einer ausgewachsenen Sadistin. In der Gegenwartshandlung, in den Achtzigerjahren also, arbeitet sie im IRS in Peoria, und wir bekommen sie einmal kurz und von fern in einem Großraumbüro zu sehen.

In einer vergleichbaren Rückblende, die sich allerdings zum mit Abstand längsten Kapitel des ganzen Romans auswächst, schildert ein Steuerprüfer namens Chris Fogle seine psychedelischen Butterfahrten durch die Gegenkultur der Siebzigerjahre (§ 22). Der junge Lane Dean jr. diskutiert mit seiner ungewollt schwanger gewordenen Freundin Sheri Fisher über eine Abtreibung (§ 6), und David Cusk leidet seit seiner Schulzeit unter pathologischen Schweißausbrüchen (§ 13). In einer in sich abgeschlossenen Satire in § 5 wird Leonard Stecyk vorgestellt, der als Schüler im Jahr 1965 eine solche Plansollübererfüllung des Guten praktiziert, dass er seinen Mitmenschen ebenso wie dem Leser schwer auf die Nerven geht, weil sein Altruismus einem ständig die eigenen moralischen Defizite vorhält. Ein Berufsanfänger namens David Wallace, der sich als Autor des Romans ausgibt, wird in einer auf Namensgleichheit beruhenden Verwechslungskomödie als hochrangiger Steuerprüfer eingestuft, erzählt aber auch, wie er im Studium als Ghostwriter seinen Kommilitonen die Seminararbeiten geschrieben hat.

 

Etwa in der Mitte des Buchs tritt der Roman in eine neue Phase ein. Die Struktur der Steuerbehörde ist etabliert, die Figuren sind vorgestellt, ab jetzt werden sie vernetzt, und die bis dahin teilweise noch isolierten Erzählstränge werden in der statischen Angestelltenwelt der Steuerbehörde zusammengeführt. David Cusk und Toni Ware nehmen an einem Orientierungskurs für Steuerprüfer teil. Der un-ter einer schweren Hautkrankheit leidende David Wallace sitzt im IRS-Transporter zum Steuerprüfzentrum neben dem schwitzenden David Cusk. Lane Dean jr. wird an seinem Arbeitsplatz von einem Geist besucht. Es wird Behördenfolklore erzählt, in den Arbeitspausen macht man Small Talk über Münzsammler sowie den letzten gemeinsamen Grillabend und zieht über die Vorgesetzten her. Diese Vorgesetzten ihrerseits, die ranghöheren Gruppen- und Abteilungsleiter, diskutieren in einem stecken gebliebenen Fahrstuhl über verfassungsrechtliche Grundlagen der USA und die Geschichte des amerikanischen Steuerrechts. Wichtig werden in der zweiten Hälfte des Romans auch Meredith Rand und Shane Drinion, die nach der Arbeit gemeinsam in die Kneipe gehen, wo sich zwischen Femme fatale und Homme banale dann eine Art Beziehungsgespräch ergibt, das – mit umgekehrtem Vorzeichen – eine Fortsetzung von Wallace’ Erzählungen in Kurze Interviews mit fiesen Männern sein könnte. In einem der letzten Kapitel kommt es schließlich noch zu einem großen Betriebsausflug.

Wenn es im Bleichen König eine einzelne Figur gibt, die sich wie ein roter Faden durch einen Großteil des Romans zieht, dann ist das am ehesten Claude Sylvanshine, der als Vortrupp von Merrill Errol Lehrl, dem gerade nach Peoria versetzten Geschäftsführer der Abteilung Personalsysteme, das Steuerprüfzentrum auskundschaften soll. In § 2 ist er nach Peoria unterwegs, in § 7 hört er sich im Bus auf der Fahrt nach Joliet das Fachgesimpel seiner künftigen Kollegen Tom Bondurant und Gary Britton an, und in § 15 wird seine parapsychologische Gabe der Konfusen Faktenintuition vorgestellt. § 27 zeigt ihn zusammen mit David Cusk und Toni Ware im IRS-Orientierungskurs, in § 30 wird er von seinem Freund und Mitbewohner Reynolds über das Führungspersonal und Organigramm der Prüfzentrale in Peoria ausgehorcht, und in § 39 sammelt er weitere Daten über DeWitt Glendenning, den Direktor des Steuerprüfzentrums.

 

David Foster Wallace hat The King nicht abschließen können, das heißt aber nicht, dass er ihm im Lauf der erbarmungslosen Überarbeitungen, für die er bekannt war, Kohärenz verliehen hätte. Das Fragmentarische ist bei diesem Autor Prinzip. Schon Unendlicher Spaß war, wie sein Lektor Michael Pietsch als ersten Leseeindruck festhielt, »ein Roman aus Scherben, gewissermaßen eine zerbrochene Erzählung, deren Stücke jemand aufzulesen versucht«. Die geschlossene Abbildung einer Welttotalität war nie Wallace’ Ziel. Sie wäre ihm wohl verlogen vorgekommen, und er hätte Peter Rühmkorfs Devise zugestimmt: »Was sich nicht organisch fügen will, soll wenigstens anschaulich klaffen.« Was man im vorliegenden Fragmentroman aber erahnt, das ist die verzweifelte Sehnsucht nach dem Ganzen.

 

U.B.

Wir füllen präexistente Formen aus, und indem wir sie ausfüllen, ändern wir sie und werden verändert.

Frank Bidart, »Borges und ich«

§ 1

Vorbei an den Baumwollebenen, Asphaltdiagrammen und Skylines aus verkantetem Rost, vorbei auch am tabakbraunen Fluss, überhangen von Trauerbäumen, durch die hindurch Sonnenlichtmünzen auf das fließende Wasser fallen, zum Ort jenseits des Windschutzes, wo Brachfelder gleißend in der Morgenhitze schmoren: Mohrenhirse, Melden, Quecken, Stechwinden, Cypergras, Stechapfel, Rossminze, Löwenzahn, Fuchsschwanz, Muskatellerreben, Wirbelkohl, Goldruten, Pfennigkraut, Samtpappeln, Nachtschatten, Stachelkraut, Hafergras, Wicken, stechender Mäusedorn, eingestülpte Wildbohnen, alle Köpfchen nicken in der Morgenbrise, sanft wie eine weiche Mutterhand auf deiner Wange. Ein Pfeil von Staren schießt aus dem Strohdach des Windschutzes. Das Glitzern des Taus, der bleibt, wo er ist, und den ganzen Tag dampft. Eine Sonnenblume, dann noch vier, eine geneigt, und in der Ferne stehen Pferde still und starr wie Spielzeug. Alle nicken. Elektrische Geräusche geschäftiger Insekten. Bierfarbenes Sonnenlicht, ein bleicher Himmel und Zirrusschlieren, so hoch, dass sie keine Schatten werfen. Immerzu geschäftige Insekten. Quarz, Hornstein, Schiefer und Eisenschorfchondriten im Granit. Uraltes Land. Sieh dich um. Der Horizont zittert konturlos. Wir sind alle Brüder.

Ein paar Krähen droben, drei oder vier, kein Schwarm, sind im Anflug, gespannt still, kornwärts zum Weidezaun, hinter dem ein Pferd am Hinterteil des Leitpferds schnobert, das den Schweif bereitwillig gehoben hat. Deine Schuhmarke in den Tau eingeprägt. Eine Alfalfabrise. Socken mit Kletten. Trockenes Kratzen in einem Dränagegraben. Rostiger Draht und schiefe Pfosten eher ein symbolisches Hindernis als ein echtes Gatter. JAGEN VERBOTEN. Das Rauschen der Autobahn hinter dem Windschutz. Die Saatkrähen stehen vorgebeugt da und picken auf Pferdeäpfel ein, um an die Würmer darunter zu kommen, deren Formen sich dem umgedrehten Kot eingeprägt haben, von der Sonne den ganzen Tag hart gebacken wurden und nun von Dauer sind, kleine leere Linien in Reihen und eingeritzten Ringeln, die sich nicht schließen, weil Kopf nie ganz auf Schwanz trifft. Lies diese.

§ 3

»Apropos: Woran denkst du beim Masturbieren?«

»…«

»…«

»Wie bitte?«

In der ersten halben Stunde hatte niemand ein Wort gesagt. Sie waren wieder auf der stumpfsinnigen monochromen Fahrt hoch ins regionale Hauptquartier in Joliet. In einem Gremlin aus dem Fahrzeugpark, der wegen des drohenden Vermögensverlusts eines AMC-Händlers vor fünf Quartalen gepfändet worden war.

»Pass auf, ich glaube, wir können davon ausgehen, dass du masturbierst. Über den Daumen gepeilt 98 Prozent aller Männer masturbieren. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Die restlichen 2 Prozent sind meistenteils irgendwie behindert. Das Leugnen können wir also überspringen. Ich masturbiere; du masturbierst. Ist nun mal so. Alle machen es, alle wissen, dass es alle machen, und trotzdem spricht nie einer drüber. Das ist hier eine unendlich langweilige Fahrt, wir haben nichts Besseres zu tun, wir sitzen in dieser Luschenkutsche fest – brechen wir also unsere Verkrustungen auf. Diskutieren wir es aus.«

»Was denn für Verkrustungen?«

»Einfach woran du denkst. Überleg mal. Das ist eine total innerliche Zeit. Eine der wenigen Situationen im Leben, wo man echt autark ist. Man braucht kein Außen. Man bereitet sich ausschließlich mit den eigenen Gedanken Lust. Diese Gedanken sagen viel über einen aus: wovon man träumt, wenn man seine Träume selber wählen und kontrollieren kann.«

»…«

»…«

»Titten.«

»Titten?«

»Du hast gefragt. Jetzt weißt du’s.«

»Das ist alles? Titten?«

»Was soll ich denn sonst sagen?«

»Nichts als Titten? In völliger Isolation? Nur abstrakte Titten?«

»Ach, leck mich doch.«

»Du meinst, die schweben da einfach so, zwei Titten, im leeren Raum? Oder schmiegen sie sich in deine Hände? Sind es immer dieselben Titten?«

»Das soll mir eine Lehre sein. Du stellst mir eine solche Frage, ich sag mir scheiß drauf und beantworte sie, und für die Antwort krieg ich prompt ein DIF-Verfahren an den Hals.«

»Titten.«

»…«

»…«

»Ja, woran denkst du denn, Mr Verkrustungen?«

§ 4

Aus dem Peoria Journal StarMontag, 17. November 1980, S. C-2:
IRS-ANGESTELLTER VIER TAGE TOT

Abteilungsleiter im regionalen IRS-Komplex in der Gemeinde Lake James versuchen herauszufinden, warum niemandem auffiel, dass ein Mitarbeiter vier Tage lang tot an seinem Schreibtisch saß, bevor sich jemand erkundigte, ob ihm etwas fehle.

Frederick Blumquist (53), der seit über dreißig Jahren als Steuerprüfer für die Behörde gearbeitet hatte, erlitt einen Herzinfarkt im Großraumbüro, das er sich mit fünfundzwanzig Kollegen im Regionalprüfzentrum der Behörde am Self-Storage Parkway teilte. Am vergangenen Dienstag verschied er still an seinem Schreibtisch, was aber erst am vergangenen Samstagabend auffiel, als ein Raumpfleger ihn fragte, wie er denn arbeiten könne, wenn das Licht in seinem Büro ausgeschaltet sei.

Scott Thomas, Mr Blumquists Vorgesetzter, sagte: »Frederick kam morgens immer als Erster und ging abends als Letzter. Er arbeitete sehr konzentriert und gewissenhaft, von daher fand es niemand ungewöhnlich, dass er die ganze Zeit in derselben Position dasaß und kein Wort sagte. Er war immer ganz in seine Arbeit vertieft und blieb für sich.«

Eine Obduktion durch die Gerichtsmedizin von Tazewell County ergab gestern, dass Blumquist bereits vier Tage lang tot gewesen war und einen Herzinfarkt erlitten hatte. Thomas zufolge gehörte Blumquist zur Zeit seines Todes ironischerweise einer speziellen Arbeitsgruppe von IRS-Wirtschaftsprüfern an, die die Steuerangelegenheiten ärztlicher Partnerschaften in der Gegend untersuchte.

§ 5

Das ist dieser Junge, der die grell orangefarbene Schärpe anlegt und die Kinder aus den unteren Klassen über den Zebrastreifen vor der Schule lotst. Nachdem er für Essen auf Rädern seine Frühstückstour durch das Seniorenstift in der City absolviert hat, dessen Geschäftsführerin sich immer mit einem Hechtsprung in ihr Büro rettet, wenn sie sein Wägelchen durch den Korridor quietschen hört. Die stählerne Trillerpfeife hat er ebenso von seinem Taschengeld bezahlt wie die weißen Handschuhe, deren Handflächen er den Autos entgegenstreckt, während Kinder, die sich nicht allein angezogen haben, hinter ihm die Straße überqueren, manchmal sogar zu rennen versuchen, obwohl er sich eine Plakattafel mit einem Smiley und der Aufschrift GEHEN, NICHT RENNEN