Der Buddenburg-Mord - Sabine Grimm - E-Book

Der Buddenburg-Mord E-Book

Sabine Grimm

0,0

Beschreibung

Schloss Buddenburg befand sich im Ortsteil Lippholthausen der Stadt Lünen im Kreis Unna. Vom 14. Jahrhundert bis 1902 gehörte das Schloss zum Besitz der Familie von Frydag zu Buddenburg. Durch Erbgang geschah es, dass es an die Familie von Rüxleben kam. In vielen Jahrhunderten beherbergte die Buddenburg das Schicksal seiner Bewohner. Im Jahre 1908 wurde das romantische Schloss traurige Kulisse einer tödlichen Liebe, die durch einen tragischen Verlauf in einem Doppelmord endete. Dieses Buch verschafft dem Leser einen Rückblick auf das Geschehen von damals.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2018

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



DER BUDDENBURG-MORD

IN LIPPHOLTHAUSEN

„Schlaf oder Tod,

hell strahlt das Morgenrot“.

Karl Lappe

Dinge, die wir mit unseren Händen erschaffen,

mögen viel bedeuten.

Eingestürzte Häuser können wir wieder

neu aufbauen.

Der Charakter einer Landschaft mit ihrem Atem,

ihrem eigenen Duft und Zauber,

entzieht sich am Ende dem vernichtenden Zugriff

der Menschenhand.

Das Bild der Erinnerung, das jeder

in seinem Herzen trägt,

ist unverletzlich und unzerstörbar.

Wir wissen, dass alles im Fluss ist

und dass nichts endgültig bleibt,

was der Mensch mit Sinn und Hand

geschaffen hat.

Gern dürfen wir mit gutem Gewissen

bekennen,

dass wir das Verlorene weiterlieben

und es im Geiste mit uns tragen.

Vision

Für einen Moment...

Es liegt ein Glanz aus fernen Zeiten,

wo Winde über Hecken flieh`n,

die Wasser mit der Lippe zieh`n.

Fort bist du,

wirst nicht wiederkehren.

Vergessen aber bist du nicht.

Foto aus dem Jahre 2009 – Foto S. G.

Heute...

Zur Erinnerung an das abgebrochene historische Gebäude wurden die Umrisse des ehemaligen Schlosses Buddenburg und seiner zwei Pavillons mit weiß blühenden Ligusterhecken bepflanzt. Sie lassen die frühere Imposanz und den Standort des hochherrschaftlichen Herrenhauses heute nur noch erahnen.

Foto aus dem Jahre 2018 – Foto S. G.

Es gibt Orte, die

besucht man nicht,

um Neues

zu finden, sondern

um Altes

zu suchen.

WAS AUF SCHLOSS BUDDENBURG GESCHAH

Schloss Buddenburg, von Süden um 1900 – Foto: Philipp Eckardt

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Beweggründe

Der Mord auf Schloss Buddenburg

Das Palais

Der neue Schlossherr

Eine Liebe im 20. Jahrhundert

Die Liebe wollte weiterleben

Umwälzungen

Die letzten Tage

Der Mord

Hinterlassenschaften

Glückloses Erbe, oder: Wie die Stadt Lünen zu dem Schloss kam

Neues Paradies

Nach langem Warten … - „Endlich da!“

Der erste Weltkrieg!

Unbarmherziges Schicksal

Nachwort

Offene Fragen

Nachüberlegungen

Das Omen

Warum stirbt eine Liebe?

Zeugen

Es war einmal

Quellenangaben

Danksagung

Inhaltsverzeichnis

Bilderverzeichnis

Weitere Buchempfehlungen

„Unruhige Zeiten“ - Band 1 bis 5

Tipps und Internetadressen

Vorwort

Im Jahr 1760 schrieb Johann Dietrich von Steinen über die Buddenburg:

Das Schloss Buddenburg ist ein schöner und

einträglicher Rittersitz an der Lippe,

eine halbe Stunde von Lünen westwärts gelegen und hat

schöne Weiden, Fischereien,

Jagden und Mühlen...

Man konnte die Jagdhunde in den weiten Parkanlagen, und Fischerkähne auf der Lippe beobachten. In den Torhäusern zur Buddenburg wohnten die Angestellten der Dienstherren mit ihren Familien. Die Herrschaften besaßen einen eigenen Friedhof unter hohen Buchen in Lippholthausen.

Über die Jahrhunderte gingen viele Menschen in dem Residenzschloss ein und aus. Darunter waren Rentmeister, Verwalter, herrschaftliche Kutscher, Leibdiener, Förster, Fischer, Gärtner, Gouvernanten, Ärzte, Wächter, Fuselbrenner, Hausdamen, Zimmermädchen, Putzfrauen und landwirtschaftliche Mägde, die die prächtige Freitreppe emporschritten. Ortsansässige Handwerksmeister rückten für Bauarbeiten und Reparaturen an, um das hochherrschaftliche Haus noch schöner zu gestalten. Bauern kamen zum Baron und Freiherrn, um ihre Anliegen vorzutragen.

In diesem epochalen Schloss vollzog sich einst eine Tragödie, die als Buddenburg-Mord in die Geschichte einging und die nicht nur die Stadt Lünen und Umgebung, sondern auch weit darüber hinaus die damaligen Offizierskreise und den Adel erschütterte.

Das Geschehen stellte ein Adelsdrama von Temperament und Stil dar, um dessen Ursachen auch heute noch die Rätsel nicht gelöst sind. Die Tat entflammte in Berlin und fand ihr Ende unter den hohen Baumkronen des Buddenburger Schlossparks.

Die Zeiten haben sich geändert. Die Industrie hat dem Adel seine Machtposition streitig gemacht und sie in Gemeinde-, Staats- und Industrieeigentum verwandelt. Mit der veränderten Zeit wurde eine völlig andere Welt geboren. Das Schloss steht heute längst nicht mehr, doch die Tragödie der damals Umgekommenen auf Schloss Buddenburg wird uns als tragisches Ehedrama im Gedächtnis bleiben.

Dieses Buch möchte das verschwundene Schloss mit seiner Geschichte und seinen Vätern in Erinnerung bringen. Kenntnis von Vergangenem ist vergesellschaftet mit der Fähigkeit zur Erinnerung. Auch ein Rückblick in die Zeit unserer Vorfahren, in die Vergangenheit Westfalens, wird hier gewährt. Ein weiter Bogen, der sein Ende sucht, spannt sich durch unruhige Zeiten der Jahrhunderte. „Der Buddenburg-Mord“ ist Band 2 der Bücherreihe Unruhige Zeiten.

Vorübergegangene Zeit ist ein Stück Weltgeschichte, aus der unsere Zeit erwachsen ist. Auch die Gegenwart ist ein Stück Geschichte. So wie ein Wanderer ab und zu auf den Weg, der hinter ihm liegt, zurückschaut, um sich zu vergewissern, dass er seine gewünschte Richtung beibehalten hat, so kann auch dieser Rückblick ein Wegweiser in die Zukunft sein. Daher wird blind für die Gegenwart, wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt.

Schon Friedrich Wilhelm Weber sagte einmal:

„Und da sich die neuen Tage

aus dem Schutt der alten bauen,

kann ein ungetrübtes Auge

rückwärtsblickend

vorwärtsschauen.“

Sabine Grimm

Alle Burgen und Schlösser

auf der Welt,

die gewesenen und die bestehenden,

sind Zeugen von Ereignissen.

Sie würden uns

unzählige Geschichten

erzählen,

wenn sie es könnten...

Einige dieser Begebenheiten

geschahen auf

Schloss Buddenburg.

Beweggründe

Obwohl die Katastrophe über hundert Jahre her ist, ranken sich noch immer zahlreiche Mythen um die Hintergründe der Geschichte einer tödlichen Liebe. Aufgeklärt wurden die Ursachen und Hintergründe der schrecklichen Bluttat nie ganz vollständig.

Meine Beweggründe, die folgende Geschichte in diesem Buch niederzuschreiben, sind - auch wenn ich in der damaligen Zeit nicht persönlich zugegen war - die vergangenen Geschehnisse dennoch festzuhalten und auch die Nachwelt daran zu erinnern, wie leicht Liebe durch Gleichgültigkeit, Unkenntnis oder Nichtverstehen getötet werden kann. Bei der Schilderung habe ich mich an die dokumentierten Überlieferungen der früheren Zeugenaussagen gehalten. Wenn man Geschehenes, wie die Tragödie von Schloss Buddenburg auf immer verschweigen und der Nachwelt vorenthalten würde, könnte keine Geschichte geschrieben werden, um evtl. daraus zu lernen.

Neun Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe habe ich diesen Titel durch hinzugewonnene dokumentierte Überlieferungen erweitert, um mit diesen neuen Erkenntnissen die Historiendarstellung schließlich zu ergänzen. Der Vollständigkeit halber habe ich mich dazu entschieden, diesen Ausführungen, die dazu noch manches neue Moment enthalten, Raum zu geben.

Sabine Grimm

Der Mord auf Schloss Buddenburg
Das Palais

Schloss Buddenburg in Lippholthausen war zeitlos. Freiherr August von Frydag hatte den prachtvollen Typ des Schlosses auf einer Reise in Frankreich entdeckt und sich in seine Schönheit, gepaart mit Zweckmäßigkeit, verliebt. Da ihm seine in die Jahre gekommene Burg schon länger nicht mehr so recht gefiel, kam es von 1844 bis 1845 zum radikalen Schlossneubau und das erhabene Herrenhaus erstrahlte in neuem Glanz.

Schloss Buddenburg um 1900 – Foto: P. Bartel, Langendreer

August von Frydag war ein scharfer Rechner und nicht nur blitzgescheit, sondern auch ein überaus geschäftstüchtiger Mann. Damals hatte es nicht den Anschein, dass das Geschlecht derer von Frydag zu Buddenburg erlöschen könnte und sich dem finanziellen Ruin nähern sollte. Alles was August anpackte, wurde zu Geld. Unter seinen Besitzungen befanden sich mehrere eisenhaltige Quellen. Kurzerhand ließ er ein Bad darüber errichten. Er lockte die neuen Reichen an der Ruhr, die neu aufkommenden Industrie-, Kohle-, Eisen- und Geldbarone in sein feudales Kurhaus, das in rustikaler Holzbauweise erbaut war, in den beliebten Kurort Lippholthausen. Dann nahm er ihnen beim Roulette und in Hinterzimmern, in denen mondäne Damen warteten, sehr viel Geld ab. In Augusts Klein Paris, wie die Menschen sein Etablissement nannten, waren die Behörden machtlos.

Augusts Sohn Udo hatte das Händchen fürs Geschäft nicht von seinem Vater geerbt. Unter seiner Herrschaft versiegten die Eisenquellen allmählich. Das einstmalig feudale Kurhaus wurde mit der Zeit zur staubigen Lagerhalle. Udo verlor, was August aufgebaut hatte.

Großes Kurhaus in seiner Glanzzeit 1820 – Zeichnung aus dem Jahre 1820; I. Fr. Chris

Der Legende nach soll August von Frydag in einer bedeutungsvollen Nacht die benachbarte sagenumwobene Burg Wilbring in Elmenhorst, einer Bauernschaft in Waltrop im Kreis Recklinghausen, beim Spiel erbeutet haben. In der frühen Neuzeit residierte dort der gefürchtete Statthalter und Hexenjäger des Vests Recklinghausen, Vinzenz Rensing.

Mit der Burg gewannen die Frydags gleich diverse Burggeister mit dazu, die dort über die Jahrhunderte ihr Unwesen trieben und die Menschen erschreckten. Wegen massiven Auftretens der geisterhaften Spukerscheinungen wurde damals der alte Rittersitz, auf einer Insel im Burggraben gelegen, nicht mehr bewohnt und die zerstörende Kraft der Zeit bewirkte Verfall und Abnutzung. Nur das Schlossgebäude hatte man restauriert, das heute als Reiterhof genutzt wird.

Oben: Gespenstische Atmosphäre um Burg Wilbringens Ruine Links: Burg Wilbring, Hauptburg von Norden, Aufnahme 1905

Mit Augusts Sohn Udo starb nach sechshundertjähriger Geschichte das Adelsgeschlecht derer von Frydag, die mehrere Jahrhunderte die politischen Geschicke Westfalens mitbestimmten, im Jahr 1902 aus. Udo von Frydag hinterließ seinen durch Schulden entwerteten Besitz seinem Neffen Udo von Rüxleben, der einem thüringischen Adel entstammte.

Udo von Frydag mit einer Begleitperson (im Hintergrund links) und seinen Hunden vor Schloss Buddenburg

Der neue Schlossherr

Udo von Rüxleben zog ins Schloss Buddenburg ein und residierte als stolzer Burgherr. Er war passionierter Sportsmann, besaß mehrere Rennpferde und genoss das neue Lebensgefühl in vollen Zügen. Große Jagdgesellschaften und rauschende Feste erfüllten das Schloss mit Leben. Udo von Rüxleben war Offizier, Bismarck-Kürassier und Grandseigneur. Niemals pflegte er ein Trinkgeld unter 10,00 Mark zu geben. Wie der verstorbene Baron Udo von Frydag, so wurde auch Baron Udo von Rüxleben von der Bevölkerung wegen seines zuvorkommenden Wesens sehr verehrt. In Adelskreisen war er ebenfalls außerordentlich beliebt. Äußerlich erweckte er den Eindruck des begüterten Schlossherrn. Doch es gab finanzielle Einbußen und erhebliche Schulden in Höhe von 800.000,- Mark, die auf ihm lasteten. Sein treuer Gutsverwalter unterstützte ihn nach Kräften, der heiklen Situation Herr zu werden. Wilhelm von Posseck war ein Vetter des Schlossherrn. Er suchte unermüdlich nach Mitteln und Wegen, die Schuldenlast nicht weiter ansteigen zu lassen. Sein Einflussbereich war jedoch auf die Verwaltung und Wirtschaftsführung des Schlosses und des Gutsbereichs beschränkt. Dementsprechend konnte er nur die Spitze des Eisbergs kappen. Einer seiner pfiffigen Schachzüge war, die Jahresrente für die Witwe Udo von Frydags zu bestreiten. Sie hatte drei Jahre nach dem Tod ihres Gemahls erneut geheiratet und lebte seither in äußerst wohlhabenden Verhältnissen. Von Possecks List führte zum Erfolg, und so konnten jährlich neuntausend Mark gespart werden. Allerdings erschien dieser Betrag gegenüber den dauernden hohen anlaufenden Forderungen fast unerheblich. Die beträchtlichen Ansprüche, die Kapital- und Schuldendienst dem Hause Buddenburg auferlegten, die Grund- und Gewerbebankiers und in- und ausländische Kreditinstitute hatten, um an gehörig viel Geld zu kommen, lasteten auf dem Besitz. Die Gläubiger machten auch vor dem guten Namen eines alten Adelsgeschlechts keine Verbeugung. Stattdessen duldeten sie keinerlei Aufschub der Zahlungen. Deshalb beschloss Udo zur Rettung seines Besitzes einige der auf Buddenburg lastenden Rückstände abzufangen, indem er Land an die Eisenbahn, Kanalverwaltung und die Industrie verkaufte. Seit dem 1. Mai 1905 wurde das Gebiet um Schloss Buddenburg von der Eisenbahnlinie Hamm-Oberhausen durchschnitten. Ein paar Jahre später zog dann der Lippe-Seitenkanal Hamm-Datteln vorbei. Das Dorfidyll mit romantischem Flair war bald für immer dahin. Es wurde unruhig in Lippholthausen. Die Pferdekutschen aus Dortmund, die sonntags vor den beliebten Gasthöfen Breddemann und Rühenbeck hielten, kamen immer seltener.

Zum Lüner Brunnen 1910 - Foto Verlag A. Rutenborn Dortmund

Gaststätte Breddemann, Lippholthausen

Schloss Buddenburg, Torhaus und ehemaliger Wirtschaftshof, um 1935 – Foto J. Pabst, Lünen

Liebespaar vor der romantischen Kulisse Schloss Buddenburg, von Süden (Foto unbekannt, bea. S. G.)

Eine Liebe im 20. Jahrhundert

Es zählte das Jahr 1904, da geschah politisch das, was als Entente cordiale in die Geschichte einging. England hatte zuerst Deutschland ein Bündnis angeboten, was Deutschland jedoch mit der Begründung ablehnte, dass England gar nicht anders könne. Indessen legten England und Frankreich ihre Streitigkeiten in Bezug auf die Kolonien bei und schlossen zur Regelung der Angelegenheiten ein diplomatisches Einvernehmen, was allerdings kein Bündnis war. England hatte zuvor versucht, eine Nord-Süd-Verbindung der afrikanischen Kolonien zu erlangen, während Frankreich daran interessiert war, eine Ost-West-Verbindung zu schaffen.

Nun bekam England Ägypten und Sudan. Dafür erhielt Frankreich Marokko. Deutschland war einmal mehr der Störenfried in der Beziehung.

Frankreich und Russland hatten sich bereits in den Jahren 1891-93 zu einem Militärbündnis zusammengeschlossen, nachdem Wilhelm der II. Bismarcks Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht erneuert hatte.

Beim englisch-russischen Interessenausgleich der englisch-russischen Entente von 1907 einigten sich auch England und Russland bezüglich der Kolonien in Fernost. Diese englisch-russische Entente sollte dem Ausgleich der Gegensätze in Asien dienen. Großbritannien verzichtete auf eine direkte Einflussnahme in Tibet. Afghanistan blieb neutraler Pufferstaat. Der Norden Persiens wurde russisches, der Süden englisches Einflussgebiet. So wurde aus der Entente cordiale die Triple Entente, ein Dreierbündnis zwischen England, Frankreich und Russland.

Bismarcks Bündnissystem war endgültig zerstört. Deutschland und Österreich-Ungarn waren eingekesselt. Deutschland war nun auf Gedeih und Verderb an seinen einzigen Verbündeten Österreich-Ungarn geschmiedet. Die selbst herbeigeführte, weitgehende Isolation Deutschlands war eine beunruhigende, bedrohliche politische Situation. Sie brachte jedem Manne, am Schraubstock oder hinter dem Pflug, das Bewusstsein, dass bald ein Krieg auf den Schlachtfeldern bevorstünde.

Während dieser Zeit wollten die Glücksritter und die Helden des Kaiserreichs vor dem Versinken noch einmal alle Kostbarkeiten der Welt in sich hineinstopfen, bevor die Zeit des Verzichts unweigerlich nahte. An den Höfen des Hochadels jagte eine Festlichkeit die andere, und es wurden zahlreiche Gesellschaften ausgerichtet. In Berlin sog man das süße Leben durch alle Poren in sich hinein, gerade so, als würde morgen alles vorbei sein.