Der falsche Prinz - Jutta von Kampen - E-Book

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Jutta von Kampen

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. Ein Sonnenstrahl fiel durch die weit geöffneten Fenstertüren auf den bezaubernd gedeckten Frühstückstisch. Die junge Fürstin Elvira legte großen Wert darauf, daß stets alles perfekt und von erlesenem Geschmack war, auch wenn, so wie heute, sie nur mit ihrem Gemahl allein frühstückte. Sie war schwanger und der Ansicht, daß eine ästhetische Umgebung sich auf das Ungeborene positiv auswirkte. Gelegentlich ist sie in letzter Zeit richtig pingelig, dachte der Haushofmeister, der einen letzten prüfenden Blick auf den Tisch warf. Neben ihm stand ein Hausmädchen in schwarzem Kleid, mit weißer Schürze und weißen Handschuhen, und hoffte, daß der gestrenge Herr nicht irgendeinen Fehler entdeckte. Doch der Haushofmeister in schwarzem Gerock mit grau gestreifter Hose nickte ihr gnädig zu. »In Ordnung, Mariella!« Das Tischtuch aus feinstem Leinen, über und über mit Frühlingsblumen bestickt, paßte zu dem zarten Nymphenburger Porzellan mit Goldrand und Streublumenmuster. Das heute verwendete Silber stammte aus der Aussteuer der jungen Durchlaucht, und ihr Wappen war darauf geprägt, ebenso wie auf der silbernen Kaffeekanne, dem Milchkännchen und der Zuckerdose. In der Mitte des Tisches stand eine Kristallvase mit rosa Tulpen. Durch die offene Tür konnte man in den Park sehen. Die Bäume und Büsche waren noch kahl, auch wenn die Knospen an ihren Zweigen verheißungsvoll schwollen. Aber in dem feuchten, noch braunen Gras blühten bereits die Schneeglöckchen und Andonis-röschen, die Märzenbecher und Leberblümchen. Und der jubelnde Gesang der Vögel zeigte deutlich, daß es Frühling wurde. Der Haushofmeister ließ nochmals seinen Blick über den achteckigen Raum gleiten, der in heiterem Rokoko möbliert war. Die Wände waren mit einer silb-riggrünen Seidentapete bespannt, die Bilder zeigten neckische Schäferszenen. Weiße Stuckamoretten trugen die goldenen Leisten, an denen grünseidene, mit bunten Blumen bestickte Vorhänge sich bauschten. Der mit blassen Blütenmustern gewirkte Aubussonteppich auf dem mit bunten Hölzern eingelegten Parkettboden erweckte den Eindruck, der Frühling sei hier einige Tage früher eingekehrt als drau-ßen in der freien Natur. Jetzt hörte man Schritte in der Diele und das helle, glückliche Lachen einer jungen Frau. Der Haushofmeister eilte zu der in Weiß und Silber gefaßten Flügeltür, öffnete sie und ließ mit einer tiefen Verbeugung das fürstliche Paar eintreten.

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Fürstenkinder – 100 –

Der falsche Prinz

Unveröffentlichter Roman

Jutta von Kampen

Ein Sonnenstrahl fiel durch die weit geöffneten Fenstertüren auf den bezaubernd gedeckten Frühstückstisch. Die junge Fürstin Elvira legte großen Wert darauf, daß stets alles perfekt und von erlesenem Geschmack war, auch wenn, so wie heute, sie nur mit ihrem Gemahl allein frühstückte. Sie war schwanger und der Ansicht, daß eine ästhetische Umgebung sich auf das Ungeborene positiv auswirkte.

Gelegentlich ist sie in letzter Zeit richtig pingelig, dachte der Haushofmeister, der einen letzten prüfenden Blick auf den Tisch warf. Neben ihm stand ein Hausmädchen in schwarzem Kleid, mit weißer Schürze und weißen Handschuhen, und hoffte, daß der gestrenge Herr nicht irgendeinen Fehler entdeckte.

Doch der Haushofmeister in schwarzem Gerock mit grau gestreifter Hose nickte ihr gnädig zu.

»In Ordnung, Mariella!«

Das Tischtuch aus feinstem Leinen, über und über mit Frühlingsblumen bestickt, paßte zu dem zarten Nymphenburger Porzellan mit Goldrand und Streublumenmuster. Das heute verwendete Silber stammte aus der Aussteuer der jungen Durchlaucht, und ihr Wappen war darauf geprägt, ebenso wie auf der silbernen Kaffeekanne, dem Milchkännchen und der Zuckerdose. In der Mitte des Tisches stand eine Kristallvase mit rosa Tulpen.

Durch die offene Tür konnte man in den Park sehen. Die Bäume und Büsche waren noch kahl, auch wenn die Knospen an ihren Zweigen verheißungsvoll schwollen. Aber in dem feuchten, noch braunen Gras blühten bereits die Schneeglöckchen und Andonis-röschen, die Märzenbecher und Leberblümchen. Und der jubelnde Gesang der Vögel zeigte deutlich, daß es Frühling wurde.

Der Haushofmeister ließ nochmals seinen Blick über den achteckigen Raum gleiten, der in heiterem Rokoko möbliert war. Die Wände waren mit einer silb-riggrünen Seidentapete bespannt, die Bilder zeigten neckische Schäferszenen. Weiße Stuckamoretten trugen die goldenen Leisten, an denen grünseidene, mit bunten Blumen bestickte Vorhänge sich bauschten. Der mit blassen Blütenmustern gewirkte Aubussonteppich auf dem mit bunten Hölzern eingelegten Parkettboden erweckte den Eindruck, der Frühling sei hier einige Tage früher eingekehrt als drau-ßen in der freien Natur.

Jetzt hörte man Schritte in der Diele und das helle, glückliche Lachen einer jungen Frau.

Der Haushofmeister eilte zu der in Weiß und Silber gefaßten Flügeltür, öffnete sie und ließ mit einer tiefen Verbeugung das fürstliche Paar eintreten. Mariella knickste.

Die junge Fürstin, sie war gerade vierundzwanzig geworden, klatschte in die Hände.

»Wie schön! Sie haben das Frühstück wunderschön gerichtet. Danke.« Dann eilte sie leichtfüßig zur offenen Verandatür und sah hinaus. »Ist heute nicht ein herrlicher Frühlingstag, Roderich?«

Fürstin Elvira von Kronberg sah selbst wie der leibhaftige Frühling aus mit ihrer porzellanfeinen Haut, den silberblonden Locken und den wunderschönen, großen himmelblauen Augen.

Der Fürst, einige Jahre älter, trat neben sie und legte den Arm um sie.

»Ja«, stimmte er zu, »ein wirklich wunderschöner Tag!« Mit einem freundlichen Nicken entließ er den Haushofmeister, nur das Mädchen blieb am Büffet stehen, falls irgendwelche Wünsche ge-äußert würden. »Wie fühlst du dich heute morgen?« erkundigte er sich liebevoll.

Seine Gemahlin war noch in einem rosaseidenen, mit weißen Schwanendaunen besetzten Morgenmantel. Dazu trug sie die passenden Pantöffelchen. Doch auch diese fließende Kleidung konnte nicht mehr verbergen, daß sie hochschwanger war.

»Wunderbar«, erwiderte sie lachend. »Ich bin schwanger – nicht krank!«

Er schob ihr den Sessel zurecht, ehe er selbst Platz nahm. Dann schenkte das Mädchen Kaffee ein und reichte das Tablett mit Sahne und Zucker erst der Fürstin, dann dem Fürsten.

Roderich sah, daß Elvira mitten in der Bewegung innehielt, die Stirn krauste, als horche sie in sich hinein. Dann erst nahm sie ein Stück Zucker.

»Seit wann nimmst du Zucker in den Kaffee?« fragte er.

Sie sah auf, als kämen ihre Gedanken von weither zurück. »Ich glaube, ich habe geträumt«, gab sie lächelnd zu. »Tauschst du mit mir die Tasse?«

»Natürlich!«

In dem Moment, in dem Mariella die Tasse vor die Fürstin hinstellte, stieß diese einen entsetzten Schrei aus. Mariella stolperte vor Schreck einen Schritt rückwärts, und Fürst Roderich sprang von seinem Sessel auf, daß dieser zu Boden stürzte.

»Liebling, was ist?«

Als er neben seiner Frau stand, sah er, was passiert war: Die Fruchtblase war geplatzt, und das Fruchtwasser hatte sich auf den Boden ergossen und den seidenen Morgenrock durchweicht.

»Einen Arzt! Einen Krankenwagen!« schrie Fürst Roderich, außer sich vor Angst.

Das Mädchen eilte, um Hilfe rufend, aus dem Zimmer. Sekunden später stürzte die Hausdame herein. Die erfahrene Frau übersah mit einem Blick, was los war.

»Wir müssen die Durchlaucht hier ins Krankenhaus bringen lassen«, sagte sie.

»In dieses kleine Provinzkrankenhaus? Wir sind bei Professor Herterich angemeldet!« protestierte der Fürst.

»Die Fahrt dorthin dauert drei Stunden. Es ist fraglich, ob noch so viel Zeit ist, Durchlaucht«, warnte ihn die Hausdame. »Und Kinder werden auch hier auf dem Land geboren!«

Elvira hielt krampfhaft seine Hand. Jetzt kam wieder eine Wehe.

»Frau Kansten hat recht! Bitte, Roderich, die Wehen…«

»Natürlich, Liebling! O mein Gott! So plötzlich!«

Aus dem Hof hörte man nur wenige Minuten später die Sirene des Krankenwagens und gleich darauf die raschen Schritte zweier Sanitäter mit der Trage. Neben ihnen lief ein junger, aufgeregter Arzt her.

Ausgerechnet an einem Sonntag, wo er allein Dienst schob! Hoffentlich erreichen wir wenigstens die Hebamme, dachte er und wischte sich die jetzt schon schweißfeuchte Stirn im Laufen.

»Es war leichtsinnig von mir! Ich hätte darauf bestehen sollen, daß du die letzten Wochen in der Stadt verbringst…«, machte sich Fürst Roderich Vorwürfe.

»Ach, Unsinn! Ich wollte doch bei dir sein. Ahhh!« Die Wehen wurden immer stärker. Hoffentlich erreichten sie rechtzeitig das Krankenhaus.

In der Eingangshalle drängten sich die Hausangestellten.

»Alles Gute! Gott schütze Euer Durchlaucht und das Baby!«

Elvira hob dankend eine Hand, doch dann meldete sich die nächste Wehe an, und sie wandte den Kopf ab, um ihr verzerrtes Gesicht zu verbergen.

*

Klara Hofer wurde von einem schmerzhaften Ziehen im Rücken geweckt. Sie versuchte sich bequemer hinzulegen, aber wenn man Ende des achten Monats schwanger war, dann war keine Lage mehr sehr bequem. Sie drehte sich zur Seite, so daß sie durch das kleine Dachfenster hinausschauen konnte. Sie sah ein Stück blauen Himmels und die Spitze einer Fichte, und auf dieser Fichte saß eine Amsel und sang und jubelte, als gäbe es auf der Welt nichts als Freude und Sonnenschein.

Klara lächelte, während ihr die Tränen über die Wangen liefen.

Ihre Eltern wollten nichts mehr von ihr wissen: eine Bauerntochter, die sich mit einem verheirateten Touristen einließ und auch noch schwanger wurde. Als ob das heute notwendig wäre! Aber sie hatte doch nicht gewußt, daß auf Manfred Hartmann eine Frau und zwei Kinder warteten. Er hatte ihr etwas anderes erzählt. Er hätte auch die Abtreibung bezahlt; er war wohlhabend. Aber das brachte sie nicht über sich. Niemals würde sie ihr Kind töten!

Jetzt wohnte sie unter dem Dach im alten Pfarrhaus. Der Geistliche war verständnisvoll und hatte sie aufgenommen. Seine Schwester, die ihm den Haushalt führte, war weniger christlich. Sie war eine alte Jungfer und wahrscheinlich neidisch, wie ihr geistlicher Bruder seufzend meinte, weil nie jemand sich für sie interessiert hatte. Wegen ihrer scharfen Zunge – nicht, weil sie nicht hübsch genug gewesen wäre.

Klara hatte im Haus und Garten gearbeitet, noch gestern, um sich den Unterhalt zu verdienen. Aber jetzt war es soweit. Wahrscheinlich, weil das Umgraben der Beete für die Frühjahrssaat doch anstrengend gewesen war.

Wieder kam eine Wehe.

Klara versuchte tief zu atmen und auf das Lied der Amsel zu hören. Als die Wehe verebbte, stand sie vorsichtig auf, wusch sich flüchtig, zog sich an und nahm den kleinen Koffer, den sie schon vor Wochen vorbereitet hatte.

Langsam stieg sie die knarrenden Stufen aus dem zweiten Stock hinunter. Im Haus war es totenstill.

Mein Gott, heute war ja Sonntag! Der Herr Pfarrer las in den beiden Nachbardörfern die Messe und kam erst zum Mittagessen zurück!

Sie mußte zu Fuß zum Krankenhaus.

Als sie in die Küche kam, überraschte sie die dritte Wehe. Sie hielt sich am Tisch fest, bis sie vorbei war. Dann kritzelte sie eine kurze Nachricht auf einen Zettel.

Noch während sie die Treppen, die zur Haustür hinaufführten, herunterstieg, spürte sie das Kommen der nächsten Wehe. Sie hielt sich an dem schmiedeeisernen Geländer fest und wartete, bis sie vorbei war. Sie kamen schnell, gerade noch sieben Minuten lagen zwischen ihnen. Hoffentlich schaffte sie den Weg bis zum Krankenhaus. Normalerweise waren es knapp zehn Minuten.

Das Dorf lag wie ausgestorben. Natürlich: alle waren in die Nachbardörfer zur Messe gefahren. Und die als Stallwache zu Hause bleiben mußten, waren zumeist die Alten, die ihr auch nicht helfen konnten. Klara kam bis zum Dorfplatz, dort wartete sie auf der Bank unter der Linde die nächste Wehe ab. Dann schleppte sie sich weiter. Ihr kam es vor, als wären ihre Füße aus Blei und als würde ihr Leib mit jedem Schritt schwerer. Sie hangelte sich an einem Gartenzaun entlang.

Dann platzte die Fruchtblase.

Oh, lieber Gott, hilf! Was sollte sie nur tun? Laut weinend schob sie einen Fuß vor den anderen.

Da hörte sie das Heulen der Sirene eines Krankenwagens, der schnell näher kam. In ihrer Todesangst stellte sie sich mitten auf die Straße und winkte.

Der Fahrer hupte wie verrückt, doch ihr war alles egal. Sollte er sie nur überfahren, dann hätte alles Leid ein Ende.

Der Wagen hielt, und ein kräftiger Pfleger sprang heraus und überschüttete sie mit einer Flut von Verwünschungen und Flü­chen.

»Bitte…«, stieß Klara hervor, dann krümmte die nächste Wehe sie zusammen.

»Die kriegt auch ein Kind!« brüllte der Mann seinem Kollegen zu.

Im nächsten Moment hoben die beiden Pfleger Klara rückwärts in den Wagen. Ein völlig überforderter junger Arzt rief immer wieder: »Aber das geht doch nicht! Das ist doch unmöglich! Das geht nicht!«

»Natürlich geht es. Es muß gehen!« sagte eine heisere Frauenstimme, und Klara sah in ein schönes blasses, schweißüberströmtes Gesicht. Die Frau lächelte schwach. »Ich kriege auch ein Kind…« Dann verzerrte sich ihr Gesicht in einer Wehe. Und auch Klara wurde von einer neuen Schmerzwelle überrollt.

*

»Das hat uns gerade noch gefehlt«, murrte die Hebamme, als die beiden Wöchnerinnen eingeliefert wurden.

»Der Chef ist auch nicht zu erreichen.« Sie sah den verzweifelten jungen Arzt spöttisch an. »Keine Sorge, ich helfe Ihnen schon!« Und sie lachte vor sich hin.

Als Fürst Kronberg den Kreißsaal betreten wollte, schob Schwester Karin ihn ungeduldig hinaus.

»Tut mir sehr leid, Herr Fürst, Durchlaucht. Das geht jetzt nicht. Da ist gleichzeitig mit Ihrer Frau noch eine Wöchnerin eingeliefert worden.«

»Noch eine Frau? Sie bekommt auch ein Kind?« Der Fürst war mehr als besorgt.

»So ist es. Ein armes Luder, um das sich niemand kümmert«, brummte sie vor sich hin. Aber weshalb waren die jungen Weiber auch so unvorsichtig?

Zum Glück waren es leichte Geburten. Bei Fürstin Elvira ebenso wie bei Klara Hofer. Beide Frauen waren jung und gesund.

»Ein wunderschöner kleiner Junge, Frau Fürstin«, gratulierte der Arzt erleichtert. »Man sieht ihm nicht an, daß er zwei Wochen vor der Zeit gekommen ist. Die Schwester macht ihn jetzt sauber, und dann nehmen Sie ihn in den Arm, und wir rufen den Herrn Gemahl herein.«

Zur Hebamme, die mit dem kleinen Prinzen beschäftigt war, sagte er im Vorbeigehen: »Ich bin gleich wieder zurück – ich muß nur schnell ein Glas Wasser trinken.«

»Männer«, sagte die leise zu der jungen Schwester Brigitte und legte den Prinzen links neben den kleinen Vaterlosen auf den Wickeltisch. »Paß auf, daß er nicht runterrollt!«

Als sich Schwester Karin abwandte, legte Brigitte schnell das andere Baby hin und nahm den kleinen Prinzen auf den Arm. Einmal einen echten Prinzen im Arm halten! Sie wiegte ihn hin und her. Wie süß er war! Aber eigentlich war der andere genauso ­hübsch.

»Brigitte, komm her, wir müssen schnell Frau Hofer waschen, bevor Fürst Kronberg hereinkommt.«

Brigitte legte den Prinzen auf den Wickeltisch, rechts neben den anderen Jungen.

»So, jetzt ist es gleich soweit«, sagte Schwester Karin freundlich zur Fürstin.

»Danke«, flüsterte Fürstin Elvira, während Tränen der Erleichterung und des Glücks über ihre Wangen liefen. »Und – wie geht es der Frau, die mit mir entbunden hat?« erkundigte sie sich.

»Die hat auch einen hübschen, gesunden Buben. Auch ein bißchen zu früh.«

»Aber gesund?«

»Ganz gesund!«

Die Fürstin wandte sich der Unbekannten zu, die in einiger Entfernung von ihr auf einem zweiten Geburtstisch lag.

»Wir hatten beide Glück, nicht wahr?«

»Ja, Durchlaucht. Danke.«

»Wartet Ihr Mann auch drau-ßen?«

Klara zögerte. »Der Vater – nein. Ich… bin nicht verheiratet. Er – hatte schon eine Frau und Kinder…«

»Das tut mir leid«, sagte Elvira. Wie schrecklich, in so einem Augenblick allein zu sein. Offensichtlich hatte die junge Frau auch sonst niemanden, der sich um sie kümmerte.

»Nun, ist alles bereit?« Der junge Arzt kam händereibend herein. Er fühlte sich jetzt, da alles gut vorbei war, ungeheuer wichtig.