Wie grausam ihr seid! - Jutta von Kampen - E-Book

Wie grausam ihr seid! E-Book

Jutta von Kampen

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. »Ich glaube euch kein Wort! Kein Wort!« schrie Arnim Erbprinz von Sonnenfels. Sein schönes Gesicht war bleich vor Kummer und Zorn, in den tiefschwarzen Augen loderte die Verzweiflung. Er zitterte heftig am ganzen Körper, und seine schmalen eleganten Hände öffneten und schlossen sich dann wieder zu Fäusten. Seine Mutter, Fürstin Camilla, bekam es mit der Angst. Der Junge drehte ja völlig durch! Sie sah besorgt zu ihrem Gemahl, dem Fürsten Gregor Sonnenfels, hin. Auch er war ein auffallend gut aussehender Mann, doch seine klassischen Züge waren härter als die des Sohnes. »Ihr lügt!« schrie Arnim, und seine Stimme brach in einem Schluchzen. »Jetzt reiß dich zusammen! So benimmt sich kein erwachsener Mann!« fuhr sein Vater ihn gereizt an. »Was hast du von einem Mädchen aus diesen – hm – schlichten Kreisen erwartet?« Arnim ließ sich in einen der Sessel fallen und verbarg sein Gesicht in den Händen. »Ihr lügt!« flüsterte er mit brechender Stimme. »Nathalie würde niemals so handeln! Sie…, sie ist ganz anders…«

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Fürstenkinder – 89 –

Wie grausam ihr seid!

Unveröffentlichter Roman

Jutta von Kampen

»Ich glaube euch kein Wort! Kein Wort!« schrie Arnim Erbprinz von Sonnenfels. Sein schönes Gesicht war bleich vor Kummer und Zorn, in den tiefschwarzen Augen loderte die Verzweiflung. Er zitterte heftig am ganzen Körper, und seine schmalen eleganten Hände öffneten und schlossen sich dann wieder zu Fäusten.

Seine Mutter, Fürstin Camilla, bekam es mit der Angst. Der Junge drehte ja völlig durch! Sie sah besorgt zu ihrem Gemahl, dem Fürsten Gregor Sonnenfels, hin. Auch er war ein auffallend gut aussehender Mann, doch seine klassischen Züge waren härter als die des Sohnes.

»Ihr lügt!« schrie Arnim, und seine Stimme brach in einem Schluchzen.

»Jetzt reiß dich zusammen! So benimmt sich kein erwachsener Mann!« fuhr sein Vater ihn gereizt an. »Was hast du von einem Mädchen aus diesen – hm – schlichten Kreisen erwartet?«

Arnim ließ sich in einen der Sessel fallen und verbarg sein Gesicht in den Händen.

»Ihr lügt!« flüsterte er mit brechender Stimme. »Nathalie würde niemals so handeln! Sie…, sie ist ganz anders…«

»Ach du liebe Zeit!« Seine Mutter lachte ungeduldig auf.

»Du benimmst dich wie ein gewöhnliches Weib!« sagte der Fürst verächtlich.

»Gregor!« mahnte die Fürstin. »Er ist doch gerade erst zwanzig!«

»Er ist ein Sonnenfels! Das bringt nicht nur Vorteile, das bringt vor allem auch Verpflichtungen!« stellte der Fürst hart fest.

Arnim hob den Kopf und sah seine Eltern an. Er sah in seinem Unglück bleich und hager und gleichzeitig alt und erbarmungswürdig jung aus.

»Ich kenne unseren Wahlspruch: Wir sollen unser Wappenschild stets rein halten, nie etwas tun, was unsere Ehre und unser Ansehen vor Gott und den Menschen befleckt.«

»Sehr richtig!« stimmte Gregor Sonnenfels zu, »und dazu gehört auch, daß man sich nicht an ein bürgerliches Mädchen wegwirft!«

»Ich habe mich nicht weggeworfen!« empörte sich Arnim. »Es wäre eine Ehre für das Haus Sonnenfels gewesen.«

»Papperlapapp! Sei nicht lächerlich!« Sein Vater lachte böse. »Als wir davon sprachen, daß du im Falle einer Mesalliance enterbt würdest, hat sie sofort eingewilligt, gegen eine, für jemanden wie sie, beträchtliche Summe aus deinem Leben zu verschwinden.«

»Nein.« Arnim schüttelte den Kopf. »Ich glaube euch nicht! Und ich will nichts weiter hören!«

»Liebling, sei doch vernünftig!« bat seine Mutter bekümmert. Nie hätte sie für möglich gehalten, daß er sich wegen eines kleinen Bürgermädchens so aufregte!

Zugegeben, Nathalie Hofer war bildschön. Entzückend. Sie sah auch – man mußte es sich eingestehen – sehr fein aus mit ihrem zarten hellhäutigen Gesicht, den rotblonden Haaren, den großen schwarzblauen Augen mit den dichten, dunklen Wimpern, der feinen Nase und dem wunderschönen, ausdrucksvollen Mund. Der Fürstin war klar, daß es weder in ihrem engeren noch in ihrem weiteren Bekannten- und Verwandtenkreis ein ähnlich schönes Mädchen gab.

Aber, du lieber Himmel! Die Mädchen, die für Arnim in Frage kamen, waren Prinzessinnen, Gräfinnen oder aus vornehmstem Uradel. Barone, die sich geweigert hatten, sich vom Kaiser in den Grafen- oder Fürstenstand heben zu lassen, weil ihr eigener Name älter und besser war als der manchen Trägers eines höheren Titels. Und natürlich hatten diese Mädchen Geld zu erwarten. Oder Besitz. Oder beides.

Und davon konnte man schließlich nie genug haben, wenn man ein großes Schloß wie Sonnenfels standesgemäß bewohnen und erhalten wollte.

Eine Weile herrschte Schweigen in dem eindrucksvollen Arbeitszimmer des Fürsten. Es war ein Renaissancesaal mit kunstvoll geschnitzter Kassettendecke aus Zedernholz. An den hohen Wänden waren zwischen den bleiverglasten, schmalen Fenstern Bücherregale voll wertvoller, alter Folianten, in geprägtes Leder gebunden oder in weißes vergilbtes Pergament. Erstausgaben schon aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Darüber waren prächtige Fresken, welche die Göttin der Weisheit, Pallas Athene, Apoll und die neun Musen zeigten. Der Boden bestand aus meterbreiten Eichendielen, auf denen wertvolle kaukasische Teppiche lagen, deren Farben durch die Patina des Alters noch herrlicher und leuchtender geworden waren. Ein riesiger, spanischer Refektoriums­tisch stand in der Mitte des Raumes, um den sich schöne, alte und ziemlich unbequem wirkende Sessel gruppierten.

Die Fürstin saß in einem wie auf einem Thron, Arnim lag halb in einem anderen, und Fürst Gregor ging zornig im Saal auf und ab, verächtlich auf seinen Schwächling von Sohn blickend.

»Wo – ist sie jetzt?« fragte Arnim nach einigen Minuten leise.

»Wir wissen es nicht!« beeilte der Fürst sich zu sagen.

»Ich will mit ihr reden! Ich will von ihr selbst hören, für wieviel sie meine Liebe verkauft hat!«

»Sei nicht so dramatisch!« Der Fürst lachte gereizt. »Wir wissen es wirklich nicht. Und wir wollten es auch nicht wissen.«

»Ich muß sie sprechen!« wiederholte Arnim.

»Sie würde nur alles abstreiten – und versuchen, dich zu dem Geld, das wir ihr gaben, dazu zu vereinnahmen.«

Arnim zuckte bei dem häßlichen Wort zusammen.

»Das hätte sie nicht nötig«, flüsterte er unglücklich. »Ich gehöre ihr bereits!«

Fürst Gregor warf seiner Gemahlin einen angewiderten Blick zu. Wie komme ich zu so einem Sohn? sollte das heißen.

»Er ist doch noch so jung!« wiederholte die Fürstin in einem schwachen Versuch, beiden gerecht zu werden. »In einigen Jahren wird alles ganz anders aussehen!«

Arnim sprang auf.

»Nein! Das wird es nicht! Ihr täuscht euch! Ich werde nie heiraten, nur um Kinder und Erben zu haben. Wenn ich heirate – dann nur aus Liebe! Und so wie ich Nathalie liebe, kann ich nie wieder ein anderes Mädchen, eine andere Frau lieben!«

»Ich komme mir vor wie im Theater!« rief sein Vater zornig.

»Armer Papa, hast du nie die wirkliche Liebe kennengelernt?«

»Werde nicht unverschämt!« brauste der Fürst auf. »Ich liebe deine Mutter. Heute genauso wie früher! Man muß deshalb nicht so melodramatisch werden!«

»Ich werde sie suchen!« erklärte Arnim.

Der Fürst zuckte mit den Achseln.

»Wenn du meinst. Aber du wirst sie nicht finden! Sie weiß, daß sie dann ihr Geld verliert!«

»Ich suche sie trotzdem!« gab Arnim verstockt zur Antwort.

»Bitte. Das bleibt dir überlassen!« war die kalte Antwort.

Einen Moment blieb Arnim mitten im Raum stehen, sah von seinem Vater zu seiner Mutter und wieder zurück. Nein, die beiden konnten ihn nicht verstehen! Sie hatten kein Herz.

»Ihr – tut mir leid!« sagte er leise, dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Saal.

»Mein Gott, Gregor – hätten wir nicht doch versuchen sollen, es anders zu regeln?« Die Fürstin litt mit ihrem einzigen Kind, auch wenn sie felsenfest davon überzeugt war, das Richtige getan zu haben.

»Niemals!« beharrte der Fürst auf seiner Entscheidung. »Sie erwartet ein Kind! Stell dir vor – ein Fürst Sonnenfels mit einer bürgerlichen Mutter!«

»Auch Bismarck…«, wagte die Fürstin einzuwerfen.

»Was willst du mit diesem Krautjunker!« unterbrach er sie sichtbar ärgerlich.

»Nun, wahrscheinlich hast du recht«, gab die Fürstin nach einem weiteren Schweigen zu. »Er ist so jung. Er wird darüber hinwegkommen. Und es gibt in unseren Kreisen ja auch sehr liebenswerte und hübsche Mädchen.«

»So ist es, meine Teure!« Der Fürst trat zu ihr und hob ihre Hand an seine Lippen. »Du warst ein solches Mädchen!«

»Ach, Gregor«, murmelte sie bekümmert.

»Ich verstehe ja, daß du dich um unseren einzigen sorgst. Ich tu es auch. Aber man darf ihm nicht nachgeben! Gerade, weil er der letzte ist, muß er die Verpflichtungen, die unser Stand und Name mit sich bringt, auf sich nehmen.« Er strich ihr mit einer für einen so harten Mann erstaunlich zärtlichen Bewegung über die Wange. »In einem Jahr hat er das Mädchen vergessen und ist – weiß Gott in wen – wieder bis über beide Ohren verliebt! Glaube mir, Camilla!«

»Gott gebe es!« sagte sie nachdenklich.

*

Doch Fürst und Fürstin Sonnenfels täuschten sich.

Arnim vergaß Nathalie nicht. Er suchte sie länger als ein Jahr. Und die Tatsache, daß er sie nirgends entdeckte, machte ihn bitter und unglücklich. Vergeblich versuchten seine Eltern, ihm die besten Partien des Landes zuzuführen. Er blieb uninteressiert, höflich und kühl – und weigerte sich entschieden, eine der jungen Damen zu heiraten.

»Denk an deinen alten Namen!« baten ihn seine Eltern. »Er erlischt mit dir!«

Er sah sie spöttisch an.

»Findet ihr nicht, daß tausend Jahre Sonnenfels genügen? Ich finde es schon.«

Er war hart geworden. Sehr hart. Aber anders, als sein Vater es sich gewünscht hatte.

Die Enttäuschung darüber, daß sein Sohn sich beharrlich weigerte zu heiraten und ihm Enkel zu schenken, zehrte an Fürst Gregor. Er alterte früh. Als er sich bei einer der herbstlichen Hubertus-Reitjagden bei einem Sturz vom Pferd schwer verletzte, kam es zu einem Infarkt.

Man rief den Erbprinzen an das Sterbebett seines Vaters. Er stand vor ihm und sah auf ihn hinab. Keine Regung war in seinem männlich schönen Gesicht zu erkennen.

»Arnim!« keuchte sein Vater, »Arnim, es ist mein letzter Wunsch: heirate! Laß nicht zu, daß unser guter alter Name erlischt! Bitte!«

Arnims Lippen wurden schmal.

»Wo ist Nathalie, Vater? Bevor ich nicht mit ihr gesprochen und von ihr selbst erfahren habe, daß sie mich – verkauft hat – bin ich nicht bereit, jemand anderen zu heiraten.«

Fürst Gregor rang nach Luft.

»Mein Gott, Arnim! Verzeih mir! Ich – wollte doch nur – das Beste für dich – und Sonnenfels! Verzeih – ich – wir – ich habe damals – nicht – die Wahrheit gesagt. Wenn du sie nicht vergessen kannst – suche sie. Besser sie, als – du bleibst ledig, ohne Erben. Sie hat dich nicht verkauft. Sie hat – kein Geld genommen. Keinen Cent. Wir sagten ihr – du hättest dich – gegen sie und für den Besitz entschieden. Verzeih mir –.«

Arnim starrte ihn an. Er war totenbleich, so bleich wie sein sterbender Vater. »Ihr habt mich – angelogen! Du und Mutter! Ich hoffe, daß Gott dir verzeihen kann – ich kann es nicht!«

Er verließ ohne ein weiteres Wort das Sterbezimmer. Er achtete nicht auf den schwachen Ruf seines Vaters, der sich mühsam aufrichtete und versuchte, ihn zurückzuhalten.

»Arnim!«

Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß.

Seine Mutter, die Fürstin, wartete vor dem Zimmer. »Was ist?« Angstvoll sah sie ihn an.

»Geh zu ihm! Ich will weder von dir noch von ihm etwas wissen!«

Fürstin Camilla schluchzte auf und versuchte, ihn am Arm zurückzuhalten. Er schüttelte ihre Hand ab, als wäre sie ein lästiges Insekt.

Wenig später brachte ihm der Priester, der dem Fürsten die letzte Ölung gereicht hatte, die Nachricht, daß er nun Fürst Sonnenfels war, Herr auf Sonnenfels.

*

Die erste Tat des jungen Fürsten war, seine Mutter aus dem Schloß zu verbannen. Er richtete ihr mit kalter Großzügigkeit eines der beiden Kavaliershäuser ein, die auf halber Höhe des Sonnenfelsen erbaut waren, nach dem die Familie und das Schloß hießen.

Die Fürstin fügte sich wortlos. Sie wußte, daß sie ihm damals, vor nunmehr achtzehn Jahren, das Herz gebrochen hatten. Aber sie hoffte, daß, wenn er sich jetzt an ihr rächte, wie er sich an seinem Vater gerächt hatte, indem er ihm nicht verzieh, daß es ihm vielleicht helfen würde, über diesen Schmerz hinwegzukommen und endlich zu heiraten.

Mit achtunddreißig war er ja noch immer jung! Er sah blendend aus, wenn auch etwas kränklich. Aber – konnte sich das nicht mit einem glücklichen Familienleben geben? Er würde gesund und wieder fröhlich werden, und vielleicht würde er ihr sogar eines Tages verzeihen können. Vielleicht. Wenn nur der Stammbaum, das Wappen der Sonnenfels untadelig blieb!

Fürst Arnim beschäftigte drei Detektive, die Nathalie Hofer suchen sollten. Als sie nach einem Jahr noch immer keine Spur von ihr entdeckt hatten, gab er auf.

Bitter enttäuscht zog der Fürst sich von allem zurück. Er überließ die Verwaltung von Schloßgut Sonnenfels seinen Angestellten, es gab keine Feste und Jagden mehr, und Einladungen zu dergleichen Veranstaltungen sagte er ausnahmslos ab. Er ging nicht einmal zu Familienfesten.

*

Diana Hofer sah auf den Brief in ihren Händen.

Sollte sie wirklich damit zu diesem Fürsten gehen, der ihr Vater war? Der ihrer armen Mutter so viel angetan hatte?

Lange Zeit hatte das Mädchen gedacht, daß sein Vater früh gestorben wäre. So hatte die Mutter ihr immer erzählt.

»Bevor wir heiraten konnten! Er wußte nicht einmal, daß du unterwegs warst!« schloß sie mit einem traurigen Lächeln jedesmal.

Diana liebte den toten Vater, und in ihrer Vorstellung wurde er zu einem Märchenprinzen, den ein grausames Geschick daran hinderte, zusammen mit ihrer Mutter und ihr selbst glücklich zu leben – wie es die Prinzen in Märchen doch immer taten.

Doch eines Tages, als ihre Mutter erfuhr, daß sie nicht mehr lange zu leben habe, erzählte sie ihrer Tochter, wie es wirklich gewesen war.

»Sei nicht zu hart zu deinem Vater!« bat sie. »Ich glaube, daß er mich wirklich liebte! Aber wir waren beide so jung! Man hat ihn unter Druck gesetzt, ihm gedroht, ihn zu enterben …«

»Oh, Mami, ich kann ihn nicht verstehen!«

»Er wußte nicht, daß ich schwanger war! Ich – hatte es ihm noch nicht gesagt. Ich wollte erst ganz sicher sein!« Nathalie seufzte. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und ließ die abgezehrten Züge wieder jung und schön werden. Sie war ja noch nicht alt, die arme Mami! Noch keine vierzig!

»Ich kann es trotzdem nicht verstehen!«, beharrte Diana eigensinnig.

»Als ich in deinem Alter war – konnte ich es auch nicht!« gab ihre Mutter lächelnd zur Antwort. »Inzwischen – fällt es mir leichter.«

»Aber ich will ihm nicht vergeben!« rief Diana und stampfte mit dem Fuß auf.

Ihre Mutter seufzte.

»Es würde mich sehr beruhigen, wenn ich wüßte, daß du zu ihm ­gehst und ihm sagst, wer du bist.«

»Niemals!« empörte sich Diana.

»Schau, du willst doch Kinderärztin werden. Wie soll das angehen? Es ist ein langes und teures Studium. Mit vielen Praktika. Man kann nicht einfach nebenher Geld verdienen. Schon gar nicht, wenn man eine gute Studentin sein will. Und das muß man heute sein! Es ist auch im Beruf eines Arztes nicht mehr so leicht wie früher. Besonders, wenn man keine Beziehungen hat.«

»Du meinst, ich soll zu ihm hingehen und ihn um Geld anbetteln?« rief Diana geradezu entsetzt.

»Aber nein!« Ihre Mutter lächelte schwach. »Sei nicht so halsstarrig! Wen hast du schon, wenn ich einmal nicht mehr bin!«

»Sprich nicht davon, Mamilein!« Diana begann zu weinen.

»Weine nicht. Wir wollen doch vernünftig sein.« Ihre Mutter strich ihr über das feine rotgoldene Haar, das dem ihren so sehr glich. Das genauso war, wie ihres vor ihrer Erkrankung gewesen war, damals, als sie mit Arnim Sonnenfels glücklich war…