Die betrogene Erbin - Unveröffentlichter Roman - Jutta von Kampen - E-Book

Die betrogene Erbin - Unveröffentlichter Roman E-Book

Jutta von Kampen

0,0

Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »Tante Maria ist wieder da«, sagte Baroneß Trudl Pertenau, und ihr verkniffenes, altjüngferliches Gesicht wurde noch um eine Schattierung gelblicher. Ihr jüngerer Bruder Petrus, Chef der Familie der Freiherren von Pertenau, hob interessiert den Kopf. Er war auffallend klein und zierlich und hatte eine große Ähnlichkeit mit seiner älteren Schwester. Doch alles, was bei ihr dünn und farblos war – das fahle Haar, die blassen kleinen Augen, der blutlose, schmallippige kleine Mund – sprach bei ihm durch die frischen Farben an. Sein Haar war schwarz und glatt, die Haut gesund gebräunt und der Blick der lebhaften dunklen Augen ließ, besonders wenn er lachte und man die festen weißen Zähne sah, darauf vergessen, wie hart und kalt ihr Ausdruck sein konnte. Auch seine Frau war neugierig, was die Schwägerin wußte. Sie war grobschlächtig und unschön und gab sich mit betont natürlicher Liebenswürdigkeit. Doch bei einiger Menschenkenntnis kam man rasch dahinter, daß sich diese Liebenswürdigkeit ausschließlich auf reiche und einflußreiche Menschen beschränkte. »Zenta hat mich angerufen. Sie hat Tante Maria mit dieser Imi getroffen.« Die Pause, die Baroneß Trudl vor »dieser Imi« machte, sagte deutlich, was sie von ihr hielt. Imi von Pertenau war eine arme Verwandte. Und zwar eine bitterarme. Man konnte ihr also nur empfehlen, sich im Hintergrund zu halten, und es war geradezu unverschämt, daß sie sich mit der reichen Erbtante der Pertenaus traf. Mit dieser reichen Erbtante war es so eine Sache. Sie war die ehemals bildschöne ältere Schwester der verstorbenen Mutter von Trudl, Zenta und Petrus Pertenau. Wie diese eine geborene Gräfin Bürling. Und diese äußerst attraktive Komteß heiratete einen bürgerlichen Habenichts!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 113

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Fürstenkrone – 251 –Die betrogene Erbin - Unveröffentlichter Roman

Fällt Baroness Imogen einem Verführer in die Hände?

Jutta von Kampen

»Tante Maria ist wieder da«, sagte Baroneß Trudl Pertenau, und ihr verkniffenes, altjüngferliches Gesicht wurde noch um eine Schattierung gelblicher.

Ihr jüngerer Bruder Petrus, Chef der Familie der Freiherren von Pertenau, hob interessiert den Kopf. Er war auffallend klein und zierlich und hatte eine große Ähnlichkeit mit seiner älteren Schwester. Doch alles, was bei ihr dünn und farblos war – das fahle Haar, die blassen kleinen Augen, der blutlose, schmallippige kleine Mund – sprach bei ihm durch die frischen Farben an. Sein Haar war schwarz und glatt, die Haut gesund gebräunt und der Blick der lebhaften dunklen Augen ließ, besonders wenn er lachte und man die festen weißen Zähne sah, darauf vergessen, wie hart und kalt ihr Ausdruck sein konnte.

Auch seine Frau war neugierig, was die Schwägerin wußte. Sie war grobschlächtig und unschön und gab sich mit betont natürlicher Liebenswürdigkeit. Doch bei einiger Menschenkenntnis kam man rasch dahinter, daß sich diese Liebenswürdigkeit ausschließlich auf reiche und einflußreiche Menschen beschränkte.

»Zenta hat mich angerufen. Sie hat Tante Maria mit dieser Imi getroffen.« Die Pause, die Baroneß Trudl vor »dieser Imi« machte, sagte deutlich, was sie von ihr hielt.

Imi von Pertenau war eine arme Verwandte. Und zwar eine bitterarme. Man konnte ihr also nur empfehlen, sich im Hintergrund zu halten, und es war geradezu unverschämt, daß sie sich mit der reichen Erbtante der Pertenaus traf.

Mit dieser reichen Erbtante war es so eine Sache. Sie war die ehemals bildschöne ältere Schwester der verstorbenen Mutter von Trudl, Zenta und Petrus Pertenau. Wie diese eine geborene Gräfin Bürling. Und diese äußerst attraktive Komteß heiratete einen bürgerlichen Habenichts! Die Familie war schockiert und beschloß, nichts mehr mit ihr zu tun zu haben.

Weil die Verwandtschaft sich gar zu schäbig benahm und dem jungen verliebten Paar solche Schwierigkeiten machte, beschlossen die beiden, mit nichts als ihrem Unternehmungsgeist auszuwandern. Sie wählten Argentinien. Heinz und Maria Dostal waren ehrgeizig und entschlossen, es denen zu Hause zu zeigen. Sie besaßen einige alte Schmuckstücke, die sie versetzten – und etwas Glück und viel Geschäftssinn. Es gelang ihnen sogar, ein echtes Vermögen zu machen.

Nachdem man zehn Jahre nichts von ihnen gehört hatte, tauchten sie plötzlich überraschend in der Heimat auf. Maria war in kostbare Pelze und Modellkleider gehüllt, die ihre elegante Erscheinung noch betonten. Und der auffallend prunkvolle Schmuck, die vielen Armbänder, die an ihren Handgelenken klirrten, die Ringe, die hochkarätig an ihren Fingern funkelten, die Ketten, Broschen und Ohrringe in ihrer kostbaren Vielfalt, überzeugten die ehemals so ablehnenden Verwandten, daß es doch keine Mesalliance gewesen war.

Man bemühte sich plötzlich sehr intensiv um das kinderlose Ehepaar Dostal.

Maria und ihr Mann amüsierten sich über das Verhalten der bisher so abweisenden, vornehmen Verwandtschaft. Sie ließen sich hofieren, ohne im geringsten beeindruckt zu sein.

Die einzige Verwandte, zu der Maria nach wie vor eine herzliche Zuneigung spürte, war eine Kusine, die mit einem Pertenau aus einer Nebenlinie verheiratet war. Sie war es, die Maria aufgesucht hatte und über die die übrige Familie überhaupt von ihrem finanziellen Erfolg hörte.

Wiltrud Pertenau, geborene Bürling, war genau wie ihre Kusine und wie sämtliche Bürlings eine auffallend gut aussehende Frau. Auch über ihre Heirat war man in der Familie nicht gerade entzückt gewesen – nicht aus Standesgründen, sondern weil der elegante Gunnar Pertenau außer Charme und Geist kein Vermögen besaß. Aber die beiden liebten sich und waren glücklich miteinander.

Wahrscheinlich verband die Kusinen auch dieser Umstand. Jedenfalls schrieben sie sich hin und wieder, wenn es ihre Zeit zuließ. Und dann geschah eines Tages das, was die gesamte übrige Familie mit Zorn und Neid erfüllte.

Der charmante Gunnar hatte einen Betriebsunfall, der ihn für den Rest seines Lebens hilflos an den Rollstuhl band. Die Rente, von der er und Wiltrud leben mußten, war beängstigend klein. Dazu kam, daß Wiltrud schwanger war. Sie hatten sich beide so auf das Kind gefreut – und nun dies!

Die reichen Verwandten zogen sich sofort zurück. Man sollte nur ja nicht auf die kühne Idee kommen, jemanden von ihnen zum Paten zu machen. Womöglich glaubten die dann, daß man irgendwelche Verpflichtungen haben könnte... Doch die beiden jungen Leute waren viel zu verzweifelt, um so einen Gedanken überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Als die Dostals das nächste Mal nach Europa kamen, fanden sie die hochschwangere Wiltrud und den gelähmten Gunnar Pertenau vereinsamt und verlassen vor. Sie waren beide wütend und empört. Das war ja noch schlimmer, als man sie damals behandelt hatte!

»Diese Bande!« erklärte Maria temperamentvoll. »Nichts will ich mehr mit ihnen allen zu tun haben! Sagt, hättet ihr etwas dagegen, wenn ihr mich für euer Baby als Patin wählt. Und da Heinz und ich keine Kinder haben können, setzen wir selbstverständlich das eure zu unserem Erben ein!«

Gunnar und Wiltrud vermochten das Glück kaum zu fassen. Auf einmal war die Zukunft nicht mehr trübe und aussichtslos. Sogar ihr persönliches Unglück ließ sich leichter ertragen, wenn für ihr Kind vorgesorgt war.

Das Baby wurde ein Mädchen und auf den Namen Imogen Maria getauft.

Maria Dostal und ihr Mann arrangierten ein riesiges Fest auf ihre Kosten, zu dem sie die gesamte Verwandtschaft einluden. Besonders jene, die sich ausgesucht schlecht und herzlos verhalten hatten. Das Fest wurde nicht gerade gemütlich, auch wenn alle gekommen waren und sich äußerst liebenswürdig gaben. Man merkte zu deutlich, wie empört man darüber war, daß ausgerechnet diese Hungerleider, dieser Krüppel und seine unbedarfte Frau, eines Tages die Millionen der Dostals einstreichen sollten und das alles noch dazu für eine Tochter!

Maria Dostal amüsierte sich wie kaum einmal zuvor. Sie und ihr Mann hatten Wiltrud eine traumhaft schöne und wertvolle Kette aus schwerem Gold geschenkt, dazu das passende Armband. Die kleine Imi erhielt außer dem obligaten Silberbecher mit Krone und Wappen ein Kettenarmband, das allein die Verwandtschaft schon als zuviel betrachtete, und eine sehr wertvolle Goldmünze.

Es war alles höchst ärgerlich! Warum bedachte diese Maria ausgerechnet ihre ärmsten Verwandten? Aber sie war ja immer irgendwie unvernünftig und extravagant gewesen!

Die Geschichte wurde noch ärgerlicher und damit ein unerschöpfliches Gesprächsthema unter allen näheren und weiteren Verwandten, weil das Vermögen der Dostals immer weiter wuchs und wuchs. Aus einer Fabrik wurden zwei, aus der eleganten Wohnung ein palaisartiges Haus mit parkähnlichem Garten in teuerster Wohnlage. Dazu kamen Grundbesitz und Eigentumswohnungen.

Jedes Jahr verbrachten die Dostals ihre Ferien in Europa, dessen Sehenswürdigkeiten sie besuchten, bevor sie sich auf Capri erholten.

Und jedes Jahr trafen sie sich mit dem Pertenaus.

Solange Imi klein war, bekam sie ein Stofftier, eine hübsche Puppe, reizende, ausgefallene Kinderkleidchen mitgebracht. Und ihre Mutter bekam einen Scheck zugesteckt.

»Falls Imi etwas Besonderes braucht«, sagte Maria taktvoll, denn sie kannte ja die aussichtslose Lage ihrer Verwandten.

*

Die Jahre verflogen.

Imi bekam inzwischen keine Puppen mehr geschenkt, sondern aparte Schmuckstücke.

Aber nicht nur, weil sie wirklich wie die gute Fee Wünsche erfüllte, liebte Imi Tante Maria.

Die wenigen Tage mit ihr waren so heiter, so unbeschwert. Man widmete sich ausschließlich schönen Dingen. Sie begleitete ihre Tante zu Ausstellungen und Museen, zu Versteigerungen von Antiquitäten und zu Modeschauen. Maria Dostal verstand sehr viel von diesen Dingen, und es machte ihr Spaß zu sehen, daß Imi ein natürliches Empfinden für guten Stil auf allen Gebieten hatte.

Imi war groß und schlank, mit schönen Beinen und wohlgeformten, geschickten Händen. Sie hatte leichtgewelltes schwarz-braunes Haar, das sie in einer kecken Kurzhaarfrisur trug, ein bezauberndes herzförmiges Gesichtchen mit frischen Farben, auffallend schöngezeichnete Brauen auf einer hohen, glatten Stirn, und wunderschöne, große, dunkelbraune Augen.

Ja, die reiche Verwandtschaft empfand es geradezu als Herausforderung, daß über all die Jahre hinweg die Zuneigung zwischen den wohlhabenden Dostals und den mickrigen Pertenaus weiter zunahm.

Und jetzt war diese Maria also wieder da, hatte diese armseligen Niemande wieder mit viel zu teuren Geschenken und womöglich noch Geldspenden verwöhnt und ging mit dieser frechen Imi einkaufen. Weiß Gott, was die ihr alles aus der Tasche zog!

»Zenta traf die beiden in einem Cafe«, berichtete Trudl nun ihren ungeduldig lauschenden Zuhörern. »Sie hat die Dostals eingeladen, auch sie und uns zu besuchen. Aher Maria lachte nur und behauptete, sie habe keine Zeit, sie sei nur kurz in München. Das ist natürlich der Einfluß von Gunnar und Wiltrud, die Todesängste haben, es könnte vielleicht auch für uns etwas abfallen!«

Petrus und Elsbeth Pertenau nickten zustimmend. Genauso war es! Ekelhaft, wenn Leute so hinter dem Geld her waren! Diese unverhüllte Gier der Habenichtse!

»Sie sind dieses Mal mit dem Schiff herübergekommen, weil Heinz sich mehr aus dem Geschäftsleben zurückziehen will. Sein Arzt ist mit seinem Blutdruck nicht einverstanden.«

Man lächelte zuerst spöttisch, doch dann erinnerte man sich, daß dies bedeuten könnte, daß die armen Verwandten womöglich noch früher in den Besitz ihres Geldes kommen würden.

»Und Imi wurde von Maria eingeladen, sie nächstes Jahr, nach dem Abitur, in Buenos Aires zu besuchen. Bis zu Semesterbeginn soll sie bei ihr bleiben – stellt euch das vor! Sie will mit ihr ganz Mittel- und Südamerika bereisen und sie in die dortige Gesellschaft einführen… «

»Eigentlich sollte man den Dostals mal unter die Nase reiben, wie sehr Wiltrud und Familie auf ihr Ableben warten«, meinte Trudl und ihre blecherne Stimme klang bei diesem Gedanken geradezu verträumt.

»Tja, wenn wir sie nur treffen würden«, seufzte Elsbeth. »Man müßte sie wirklich warnen!«

Auch Petrus nickte ernst. Irgendwie müßte es doch gelingen, ein Treffen zu arrangieren!

*

»Du siehst schlecht aus, Tante Maria.« Imi hängte sich bei ihrer Tante ein. »Wollen wir uns nicht lieber ein bißchen setzen?«

Maria Dostal lächelte und drückte liebevoll den Arm der Nichte.

»Du hast recht. Mir ist wirklich nicht besonders gut. Dort drüben, gegenüber dem Porträt von der schönen Fürstin Ottingen ist eine Bank.« Sie setzten sich und betrachteten das romantische Bild der schwarzhaarigen Schönheit. »Sie sieht wirklich hinreißend aus«, sagte Maria leise.

Imi beobachtete sie bedrückt. Die ganze Zeit hatte sie schon das Gefühl, daß ihre Tante mit den Gedanken ganz woanders sei. Sie wirkte so erschöpft, wie sie sie noch nie erlebt hatte. Dabei war das Wetter keineswegs besonders anstrengend.

Keine Rede von dem berühmten Münchner Föhn, der so vielen zu schaffen machte. Es war ein sonniger, angenehm warmer Herbsttag. Es wehte ein frischer Wind, so daß sie gut das schicke Lederkostüm vertragen konnte, das ihre Tante ihr dieses Mal geschenkt hatte.

»Du machst dir Sorgen wegen Onkel Heinz?« fragte Imi schließlich bedrückt.

Ihre Tante seufzte. Sie tätschelte beruhigend die Hand des Mädchens.

»Ja, auch deswegen. Sein Blutdruck ist zu hoch. Schon seit Jahren warnte ihn sein Arzt, aber er bringt es nicht fertig, sich zur Ruhe zu setzen. Du kennst ihn ja, wie unternehmungslustig er ist! Er hat einfach zuviel gearbeitet in seinem Leben.«

»Ihr könntet es euch doch so schön machen«, fand Imi. »Übergebt den Betrieb einfach jemanden, der euch die Arbeit macht! «

Maria Dostal lachte. »Imilein, du hast wirklich keine Ahnung! Was meinst du, was los wäre, wenn Heinz nicht ständig nachsehen würde! Unsere Betriebe sind in Argentinien und nicht in Deutschland. Obgleich auch hier Kontrolle um einiges besser als blindes Vertrauen ist. Sein Mitarbeiter ist ein tüchtiger Mann. Onkel Heinz hat ihn am Gewinn beteiligt, um ihn noch mehr für alles zu interessieren. Ich weiß aber nicht, ob es richtig war.« Sie seufzte wieder. »Heinz hat Post bekommen, die ihn aufgeregt hat. Leider hat er mich nicht eingeweiht. Wohl um mich zu schonen! – Ich bin sehr froh, wenn du nächstes Jahr dein Abitur machst, Liebes«, sagte Maria Dostal nach einer Weile. »Du mußt gleich nach der mündlichen Prüfung kommen. Wir werden große Feste für dich geben und dich überall vorstellen. Alle unsere Freunde kennen dich bereits von Bildern und aus unseren Erzählungen. Wir werden sehr stolz sein, dich ihnen vorzustellen.«

»Mache nicht mehr Feste, als du kannst, ohne dich anzustrengen Wenn ich ehrlich bin, habe ich eigentlich ein bißchen Angst. Weißt du, Tante Maria, wir leben hier so zurückgezogen. Ich gehe kaum einmal auf eine Party. Ich werde ja auch so gut wie nie eingeladen. Es macht mir auch gar nichts«, fügte sie hastig hinzu, damit die Tante nicht glaubte, sie wolle sich beklagen. »Ich meine, ich bin es nicht gewohnt und deshalb nur unsicher.«

»Das gibt sich rasch, mein Herz! Was glaubst du, wie die feurigen Argentinier dir den Hof machen werden. Ach, ich freue mich darauf! So, und jetzt gehen wir!« Sie stand auf. »Wir kehren doch ins Hotel zurück, Imi. Dann sind wir auch schon da, wenn Onkel Heinz vom Arzt kommt.«

*

In dem Nobelhotel, in welchem die Dostals seit Jahren jedesmal abstiegen, wenn sie nach München kamen, wurden die beiden Damen sehr zuvorkommend begrüßt. Es gehörte dazu, seine Renommiergäste mit Namen zu kennen und persönlich zu bedienen.

»Nein, gnädige Frau, Ihr Gatte ist noch nicht zurück. Es liegt auch keine Nachricht vor«, erwiderte der Chefportier auf Senora Dostals Frage.

Die nickte nur. Auf ihrer Stirn standen kleine Schweißtropfen, und sie war unter ihrer Bräune erschreckend bleich.

»Tante Maria, soll ich einen Arzt rufen lassen?« erregte sich Imi.

»Nein, nein, ich habe nur eine furchtbare Angst, ich weiß gar nicht, weshalb.« Sie atmete schwer und ließ es zu, daß Imi ihr ein Glas Wasser brachte. »Bitte, versuche doch Professor Prätorius zu erreichen. Ich habe das Gefühl, irgend etwas ist mit Onkel Heinz…!«

Maria Dostal hatte sich nicht getäuscht.

Ihr Mann hatte, während er noch im Vorzimmer des Professors wartete, einen schweren Schlaganfall erlitten. Nun rächte sich der pausenlose Streß, unter welchem er seit mehr als dreißig Jahren stand.

Imi glaubte vor Entsetzen ohnmächtig zu werden. Wie sollte sie ihrer armen Tante diese schlimme Nachricht überbringen. Im ängstlich flackernden Blick ihrer Nichte las Maria Dostal, was sie schon seit Stunden befürchtet und geahnt hatte.