Der gehetzte Uhrmacher - Jeffery Deaver - E-Book
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Jeffery Deaver

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Beschreibung

Der 7. Fall für Lincoln Rhyme und Amelia Sachs.

Kleine Standuhren, die gnadenlos die letzten Sekunden im Leben der Opfer herunterzählen – sie sind das unverwechselbare Markenzeichen des »Uhrmachers«. Lincoln Rhyme und Amelia Sachs jagen einen Serienkiller, der seine Morde mit der unfehlbaren Präzision eines Schweizer Uhrwerks begeht. Und sie erhalten dabei unschätzbare Hilfe von Kathryn Dance – einer weltweit anerkannten Verhörspezialistin, die Verbrecher zuverlässiger entlarven kann als ein Lügendetektor. Doch der Uhrmacher ist den Ermittlern stets einen Schritt voraus, und irgendwo im Verborgenen tickt ein Zeitzünder unerbittlich gegen null ...

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Inhaltsverzeichnis
 
ERSTER TEIL - DIENSTAG, 0.02 UHR
... Eins
... Zwei
... Drei
... Vier
 
Copyright
Die Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel »The Cold Moon« bei Simon & Schuster, Inc., New York
Du kannst mich nicht sehen, aber ich bin immer da.
 
Du kannst so schnell rennen, wie du willst, aber du wirst mir niemals entkommen.
 
Du kannst mich mit aller Macht bekämpfen, aber du wirst mich niemals besiegen.
 
Ich töte nach Belieben, aber ich kann nie vor Gericht gestellt werden.
 
Wer bin ich?
 
 
Gevatter Zeit.
ERSTER TEIL
DIENSTAG, 0.02 UHR
Solange die Zeit von tickenden Rädchen abgezählt wird, ist sie tot; erst wenn die Uhr stehen bleibt, erwacht die Zeit zum Leben.
 
William Faulkner
... Eins
»Wie lange hat es gedauert, bis sie tot waren?«
Der Mann, an den diese Frage gerichtet war, schien sie nicht zu hören. Er schaute erneut in den Rückspiegel und konzentrierte sich aufs Fahren. Es war kurz nach Mitternacht, und die Straßen in Lower Manhattan waren vereist.
Eine Kaltfront hatte den Himmel klar gefegt und den Neuschnee auf Asphalt und Beton in Glatteis verwandelt. Die beiden Männer saßen in ihrem rasenden Heftpflastermobil, wie der clevere Vincent den gelbbraunen Geländewagen wegen seiner Farbe getauft hatte. Das Fahrzeug war ein paar Jahre alt; die Bremsen mussten mal nachgesehen und die Reifen gewechselt werden. Aber einen gestohlenen Wagen in die Werkstatt zu bringen, wäre keine gute Idee gewesen, vor allem, weil zwei seiner letzten Insassen nun Mordopfer waren.
Der Fahrer - ein schlanker Mann Mitte fünfzig mit kurzem schwarzem Haar - bog vorsichtig in eine Seitenstraße ab und fuhr weiter. Er fuhr nicht zu schnell, wechselte präzise die Richtung, blieb genau in der Mitte seiner Fahrspur. So fuhr er immer, ganz gleich ob die Straßen glatt oder trocken waren und ob das Fahrzeug soeben in einen Mord verwickelt gewesen war oder nicht.
Aufmerksam, gewissenhaft.
Wie lange hatte es gedauert?
Der große Vincent - Vincent mit den langen, stets feuchten Wurstfingern und einem straffen braunen Gürtel, dessen erstes Loch sich dehnte - zitterte am ganzen Leib. Er hatte seine Nachtschicht als Zeitarbeits-Schreibkraft beendet und dann an der Straßenecke gewartet. Es war bitterkalt, aber Vincent mochte die Lobby des Gebäudes nicht. Das Licht war grünlich, und überall an den Wänden hingen große Spiegel, in denen er seinen ovalen Körper aus allen möglichen Winkeln sehen konnte. Also war er hinaus in die klare, kalte Dezemberluft getreten, auf und ab gelaufen und hatte einen Schokoriegel gegessen. Okay, zwei.
Nun blickte Vincent zum Vollmond empor, der in der Häuserschlucht einen Moment lang als blendend weiße Scheibe zu sehen war, und der Uhrmacher grübelte laut: »Wie lange es gedauert hat, bis sie tot waren? Interessante Frage.«
Vincent kannte den Uhrmacher - der mit richtigem Namen Gerald Duncan hieß - erst seit kurzer Zeit, aber er hatte gelernt, dass es bisweilen riskant war, dem Mann eine Frage zu stellen. Schon eine simple Erkundigung konnte die Tür zu einem Monolog aufstoßen. Mann, konnte dieser Kerl reden. Und seine Antworten waren immer durchdacht, wie bei einem Professor. Vincent wusste, dass seit einigen Minuten vor allem deswegen Stille herrschte, weil Duncan sich seine Antwort überlegte.
Vincent öffnete eine Dose Pepsi. Ihm war zwar kalt, aber er brauchte jetzt etwas Süßes. Er trank aus und steckte sich die leere Dose in die Tasche. Dann aß er eine Packung Erdnussbutterkekse. Duncan sah kurz hinüber, um sich davon zu überzeugen, dass Vincent Handschuhe trug. Im Heftpflastermobil trugen sie immer Handschuhe.
Gewissenhaft...
»Ich würde sagen, es gibt darauf mehrere Antworten«, sagte Duncan mit seiner leisen, distanzierten Stimme. »Der Erste, den ich getötet habe, war zum Beispiel vierundzwanzig, also könnte man behaupten, es habe vierundzwanzig Jahre gedauert, bis er tot war.«
Was du nicht sagst!, dachte der clevere Vincent mit dem Sarkasmus eines Teenagers, wenngleich er zugeben musste, dass ihm diese nahe liegende Antwort nicht eingefallen war.
»Der andere war zweiunddreißig, glaube ich.«
In Gegenrichtung fuhr ein Streifenwagen vorbei. Das Blut in Vincents Schläfen begann zu pochen, aber Duncan reagierte nicht. Die Polizisten interessierten sich nicht für den gestohlenen Explorer.
»Man kann diese Frage aber auch anders beantworten, nämlich im Hinblick auf die Zeitspanne zwischen dem Moment, in dem ich angefangen habe, und dem Moment, in dem ihre Herzen zu schlagen aufgehört haben«, sagte Duncan. »Vermutlich hast du das gemeint. Weißt du, die Leute möchten die Zeit gern in leicht verdaulichen Häppchen betrachten. Das ist zulässig, solange es hilfreich ist. Es ist hilfreich, wenn man weiß, dass die Wehen alle zwanzig Sekunden kommen. Das Gleiche gilt für das Wissen, dass der Sportler eine Meile in drei Minuten und achtundfünfzig Sekunden gelaufen ist und daher das Rennen gewinnt. Wie lange es heute Nacht gedauert hat, bis sie tot waren... nun, das ist nicht wichtig, solange es nicht schnell geschehen ist.« Ein Blick zu Vincent. »An deiner Frage ist nichts auszusetzen.«
»Schon gut«, sagte Vincent, dem egal war, ob es etwas auszusetzen gab. Vincent Reynolds hatte nicht viele Freunde und ließ sich von Gerald Duncan eine Menge gefallen. »Ich war bloß neugierig.«
»Ich weiß. Ich habe lediglich nicht auf die Zeit geachtet. Beim nächsten Mal passe ich besser auf.«
»Bei dem Mädchen? Morgen?« Vincents Herzschlag beschleunigte sich ein wenig.
Er nickte. »Du meinst heute.«
Es war nach Mitternacht. Bei Gerald Duncan musste man korrekt sein, vor allem hinsichtlich der Zeit.
»Genau.«
Der hungrige Vincent hatte den cleveren Vincent um eine Handbreit geschlagen, nun, da er an Joanne dachte, das Mädchen, das als Nächstes sterben würde.
Heute...
Der Mörder fuhr in einem komplizierten Muster zurück zu ihrer vorläufigen Bleibe im Bezirk Chelsea, südlich von Midtown Manhattan, in der Nähe des Flusses. Die Gegend war menschenleer; die Temperatur lag bei minus zehn Grad, und ein gleichmäßiger Wind wehte durch die engen Straßen.
Duncan hielt am Bordstein, schaltete den Motor aus und zog die Handbremse an. Die Männer stiegen aus. Dann gingen sie einen halben Block weit durch die eisige Brise. Duncan blickte auf den Schatten, den er im Mondschein auf den Bürgersteig warf. »Mir ist noch eine andere Antwort eingefallen. Auf die Frage, wie lange es gedauert hat, bis sie tot waren.«
Vincent zitterte wieder - hauptsächlich, aber nicht nur wegen der Kälte.
»Wenn man es von deren Standpunkt aus betrachtet, könnte man sagen, es hat bis in alle Ewigkeit gedauert«, sagte der Mörder.
... Zwei
Was ist das? Der stämmige Mann saß auf seinem quietschenden Stuhl in dem warmen Büro, nippte an einem Kaffee, kniff im strahlenden Schein der Morgensonne die Augen zusammen und spähte zum anderen Ende des Piers. Er war der Leiter der Frühschicht des Schlepp- und Bergungsunternehmens am Ufer des Hudson River nördlich von Greenwich Village. In vierzig Minuten sollte ein Kahn mit defektem Dieselmotor anlegen, aber im Moment war noch nichts los, und der Mann genoss die Wärme der Hütte. Er hatte die Füße auf den Tisch gelegt und hielt den Kaffeebecher dicht vor der Brust. Nun wischte er die beschlagene Scheibe frei und sah noch einmal hin.
Was ist das?
Am Rand des Piers, auf der Jersey zugewandten Seite, stand ein kleiner schwarzer Kasten. Als sie gestern um achtzehn Uhr Feierabend gemacht hatten, war das Ding noch nicht da gewesen, und danach hatte niemand mehr hier angelegt. Jemand an Land musste es dort abgestellt haben. Es gab einen Maschendrahtzaun, der Unbefugte vom Betreten des Firmengeländes abhalten sollte, aber wer hier reinwollte, kam auch rein, wusste der Mann. Nicht umsonst fehlten immer wieder mal Werkzeuge oder - allen Ernstes - Mülltonnen.
Aber wieso sollte man hier etwas zurücklassen?
Er starrte eine Weile hinaus und grübelte. Draußen ist es kalt und windig, und der Kaffee ist genau richtig. Dann sagte er sich: Ach, zum Teufel, sieh lieber nach. Er zog sich seine dicke graue Jacke und Handschuhe an, setzte eine Mütze auf, trank einen letzten Schluck Kaffee und trat hinaus in die eisige Kälte, die ihm den Atem raubte.
Der Mann kämpfte sich durch den Wind über den Pier und behielt die tränenden Augen auf den schwarzen Kasten gerichtet.
Mist, was ist das? Das Ding war rechteckig und ungefähr dreißig Zentimeter hoch; in irgendetwas an seiner Vorderseite spiegelte sich die tief stehende Sonne. Der Mann kniff geblendet die Augen zusammen. Unter ihm schlugen die schaumgekrönten Wellen des Hudson gegen die Stützpfeiler.
Drei Meter vor dem Kasten blieb er stehen. Er erkannte nun, was es war.
Eine Uhr. Eine altmodische Uhr mit diesen komischen Zahlen - römischen Ziffern - und einer Anzeige für die Mondphase. Sah teuer aus. Er schaute auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass der große Kasten funktionierte: Die Zeit stimmte überein. Wer würde denn ein solches Prachtexemplar hier abstellen? Ach, was soll’s - ich betrachte es einfach als Geschenk.
Als er vortrat, um die Uhr aufzuheben, glitten ihm jedoch plötzlich die Beine weg, und voll jäher Panik glaubte er in den Fluss zu stürzen. Aber er fiel senkrecht zu Boden, genau auf die gefrorene Pfütze, die er übersehen hatte, und rutschte nicht weiter.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht mühte er sich keuchend wieder auf die Beine. Dann blickte er nach unten und sah, dass es sich nicht um gewöhnliches Eis handelte. Es war rötlich braun.
»O mein Gott«, flüsterte er, als er die große Blutlache erkannte, die sich neben der Uhr gesammelt hatte und gefroren war. Er beugte sich vor und erschrak noch mehr, als ihm klar wurde, wie das Blut dorthin gelangt war. Auf den Planken des Piers zeichneten sich blutige Kratzspuren ab, als habe jemand mit zerschnittenen Fingern oder Handgelenken sich verzweifelt festklammern wollen, um nicht in die tosenden Fluten des Hudson zu stürzen.
Er wagte sich vorsichtig bis zur Kante vor und sah nach unten. In dem aufgewühlten Wasser trieb niemand. Das überraschte ihn nicht; falls seine Vermutung zutraf, bedeutete das gefrorene Blut, dass der arme Teufel vor geraumer Zeit hier gewesen war, und sofern man ihn nicht gerettet hatte, befand seine Leiche sich mittlerweile irgendwo zwischen hier und Liberty Island.
Der Mann wich zurück, griff nach seinem Mobiltelefon und zog sich mit den Zähnen einen Handschuh aus. Nach einem letzten Blick auf die große Uhr eilte er zurück zu seiner Hütte und wählte dabei mit einem dicken, zitternden Finger die Nummer der Polizei.
Das Vorher und das Nachher.
Seit jenem Morgen im September, den Explosionen, den gewaltigen Rauchfahnen, den verschwundenen Gebäuden war die Stadt eine andere.
Es ließ sich nicht leugnen. Man konnte die Robustheit der New Yorker anführen, ihre innere Stärke, den festen Willen, wieder zur Normalität zurückzukehren, und das alles war zutreffend. Doch wenn eine Maschine beim Anflug auf den Flughafen La Guardia etwas niedriger als üblich hereinzukommen schien, hielten die Leute immer noch inne. Wenn irgendwo eine herrenlose Einkaufstüte stand, wechselten sie in großem Bogen die Straßenseite. Niemand war überrascht, Soldaten oder Polizisten in dunklen Uniformen zu sehen, bewaffnet mit schwarzen, militärisch anmutenden Sturmgewehren.
Die Thanksgiving-Parade war ohne Zwischenfall verlaufen. Nun weihnachtete es an allen Ecken und Enden, und überall drängten sich Menschenmassen. Aber die festliche Stimmung wurde überschattet, als würde ein Bild sich in dem weihnachtlich geschmückten Schaufenster eines Kaufhauses spiegeln, ein Bild von den Türmen, die es nicht mehr gab, und von den Menschen, die ihr Leben hatten lassen müssen. Und die große Frage lautete natürlich: Was würde als Nächstes geschehen?
Für Lincoln Rhyme gab es ein ganz persönliches Vorher und Nachher, und er verstand das Prinzip nur zu gut. Es gab eine Zeit, in der er gehen und sich frei bewegen konnte, und dann kam die Zeit, in der das nicht mehr möglich war. Im einen Moment war er kerngesund und untersuchte einen Tatort, und im nächsten zertrümmerte ein herabstürzender Balken ihm die Wirbelsäule und machte ihn zu einem C4-Patienten, der von den Schultern abwärts nahezu vollständig gelähmt war.
Vorher und nachher...
Es gibt Momente, die dich auf ewig verändern.
Lincoln Rhyme war jedoch davon überzeugt, dass diese Ereignisse noch zusätzlich an Wirkung gewannen, wenn man sie allzu sehr hochstilisierte. Und dann hatte man endgültig verloren.
Daran musste Rhyme denken, als er an diesem frühen kalten Dienstagmorgen einer Radiosprecherin lauschte, die mit stoischer Ruhe von einem für den übernächsten Tag geplanten Umzug berichtete, dem einige Festakte und Treffen hochrangiger Regierungsbeamter folgen würden. Das alles hätte eigentlich in der Hauptstadt stattfinden müssen, aber die vorherrschende Meinung war nun einmal, dass New York speziellen Zuspruch benötige. Daher würden sowohl Schaulustige als auch Demonstranten die Straßen verstopfen und der sehr auf Sicherheit bedachten Polizei rund um die Wall Street das Leben schwer machen. Wie die Politik, so der Sport: Play-offs, die ursprünglich in New Jersey abgehalten werden sollten, würden nun im Madison Square Garden ausgetragen werden - was aus irgendeinem Grund als besonders patriotisch galt. Rhyme fragte sich zynisch, ob wohl auch der nächste Boston Marathon nach New York City verlegt werden würde.
Vorher und nachher...
Rhyme war zu dem Schluss gelangt, dass er selbst sich im Nachher nicht sonderlich geändert hatte. Seine körperliche Verfassung - seine Skyline, wenn man so wollte - war anders. Davon abgesehen war er aber im Wesentlichen noch dieselbe Person wie im Vorher: ein Polizist und Wissenschaftler, ungeduldig, launisch (okay, mitunter penetrant), schonungslos und nicht gewillt, Inkompetenz und Faulheit zu akzeptieren. Er spielte nicht die Krüppelkarte aus, jammerte nicht und ritt nicht auf seinem Zustand herum (wenngleich Gott all jenen Hauseigentümern gnädig sein mochte, in deren Gebäuden Rhyme einen Tatort aufsuchen wollte und feststellen musste, dass es keine Rampen gab und auch die Türbreite nicht den Vorschriften des Behindertenschutzgesetzes entsprach).
Während er nun den Radiobericht verfolgte, ärgerte es ihn, dass gewisse Leute in der Stadt sich offenbar dem Selbstmitleid ergeben hatten. »Ich werde einen Brief schreiben«, teilte er Thom mit.
Der schlanke junge Betreuer, in dunkler Hose, weißem Hemd und einem dicken Pullover (Rhymes Stadthaus am Central Park West verfügte über eine anfällige Heizung und eine uralte Wärmedämmung), blickte auf. Er war damit beschäftigt, den Raum weihnachtlich zu schmücken. Rhyme freute sich an der Ironie des Augenblicks: Thom stellte soeben einen winzigen immergrünen Baum auf einen Tisch, unter dem bereits ein Präsent lag, allerdings ohne hübsches Geschenkpapier: ein Karton mit Wegwerfwindeln für Erwachsene.
»Einen Brief?«
Rhyme erläuterte seine Theorie, dass es patriotischer sei, alles wieder seinen normalen Gang gehen zu lassen. »Ich werde denen die Hölle heiß machen. Der Times, glaube ich.«
»Ach ja?«, entgegnete der Betreuer, dessen Berufsbezeichnung »Pflegekraft« lautete (obwohl Thom behauptete, in Diensten von jemandem wie Lincoln Rhyme müsse es eher »Heiliger« heißen).
»Ja, werde ich«, versicherte Rhyme nachdrücklich.
»Schön für dich, aber...«
Rhyme hob eine Augenbraue. Der Kriminalist konnte mit seinen noch funktionierenden Körperteilen - Schultern, Gesicht und Kopf - so gut wie jeder Gefühlsregung Ausdruck verleihen.
»Die meisten Leute, die sagen, sie würden einen Brief schreiben, setzen das nie in die Tat um. Wer tatsächlich einen Brief schreibt, macht sich einfach an die Arbeit, ohne es groß auszuposaunen. Ist dir das schon mal aufgefallen?«
»Danke für diesen brillanten Einblick in die Psychologie, Thom. Du weißt, dass mich nichts davon abhalten wird.«
»Schön«, wiederholte der Betreuer.
Der Kriminalist steuerte seinen roten Rollstuhl Modell Storm Arrow per Touchpad zu einem der sechs großen Flachbildschirme im Zimmer.
»Kommando«, sagte er in das Mikrofon, das neben seinem Kopf an dem Rollstuhl befestigt war. »Textverarbeitung.«
Die Spracherkennung des Computers öffnete auf dem Monitor pflichtgetreu WordPerfect.
»Kommando, Schreiben. ›Sehr geehrte Damen und Herren‹. Kommando, Ausrufezeichen. Kommando, Absatz. Kommando, Schreiben. ›Mir ist in letzter Zeit aufgefallen...‹«
Es klingelte an der Haustür, und Thom ging nach vorn.
Rhyme schloss die Augen und überlegte sich, was er dem Rest der Welt an den Kopf werfen würde, als eine Stimme ihn aus seinen Gedanken riss. »He, Linc. Frohe Weihnachten.«
»Äh, gleichfalls«, brummte Rhyme dem beleibten und zerzaust wirkenden Lon Sellitto zu, der zur Tür hereinkam. Der stämmige Detective musste aufpassen, wohin er trat. Zu viktorianischer Zeit war dieser Raum ein anheimelnder Salon gewesen, doch mittlerweile glich er einem zum Bersten gefüllten forensischen Labor mit Lichtmikroskopen, einem Elektronenmikroskop, einem Gaschromatographen, Gestellen voller Bechergläser, Pipetten, Petrischalen, Zentrifugen, Chemikalien, Büchern und Zeitschriften, Computern und dicken Kabeln, die kreuz und quer verliefen. (Als Rhyme angefangen hatte, von zu Hause aus als Berater zu arbeiten, hatten die leistungsstarken Geräte regelmäßig die Sicherungen durchbrennen lassen. Sein Stromverbrauch entsprach vermutlich dem des gesamten restlichen Häuserblocks.)
»Kommando, Lautstärke, Stufe drei.« Das Steuermodul der Haustechnik drehte gehorsam das Radio leiser.
»Bist wohl nicht in weihnachtlicher Stimmung, was?«, fragte der Detective.
Rhyme antwortete nicht und schaute wieder auf den Monitor. »He, Jackson.« Sellitto bückte sich und streichelte einen kleinen Hund mit dichtem Fell, der zusammengerollt in einem Beweismittelkarton des New York Police Department lag und vorübergehend hier wohnte. Seine frühere Eigentümerin, Thoms alte Tante aus Westport, Connecticut, war kürzlich nach langer Krankheit verstorben und hatte dem jungen Mann unter anderem Jackson vererbt, einen Havaneser. Diese mit dem Bichon verwandte Rasse stammte aus Kuba. Jackson würde bleiben, bis Thom ein neues Zuhause für ihn gefunden hatte.
»Es ist was Übles passiert, Linc«, sagte Sellitto und richtete sich auf. Er wollte den Mantel ausziehen, besann sich dann aber eines anderen. »Mann, ist das kalt. Ist das ein neuer Minusrekord?«
»Keine Ahnung. Ich sehe nur selten den Wetterbericht.« Er dachte über eine gute Einleitung seines Briefes an die Redaktion nach.
»Etwas wirklich Übles«, wiederholte Sellitto.
Rhyme sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
»Zwei Morde, gleiche Vorgehensweise. Mehr oder weniger.«
»Es gibt da draußen jede Menge üble Sachen, Lon. Warum sind die hier besonders übel?« Wie so oft zwischen zwei Fällen war Rhyme schlecht gelaunt; noch kein Missetäter hatte ihm so sehr zu schaffen gemacht wie die Langeweile.
Aber Sellitto arbeitete schon seit Jahren mit Rhyme zusammen und war immun gegen dessen Launen. »Ich hab einen Anruf aus dem Big Building gekriegt. Die hohen Tiere wollen, dass du und Amelia den Fall übernehmt. Man besteht darauf.«
»Ach, man besteht?«
»Ich habe versprechen müssen, es dir nicht zu verraten. Die wissen, dass du dich ungern bedrängen lässt.«
»Können wir zu dem ›üblen‹ Teil kommen, Lon? Oder ist das zu viel verlangt?«
»Wo ist Amelia?«
»In Westchester, an einem Fall. Sie müsste bald zurück sein.« Sellittos Mobiltelefon klingelte. Er bat Rhyme mit erhobenem Finger um einen Moment Geduld und nahm das Gespräch an. Nickend machte er sich einige Notizen. Dann unterbrach er die Verbindung. »Okay, Folgendes«, sagte er zu Rhyme. »Unser Täter hat irgendwann letzte Nacht zugeschlagen und...«
»Er?«, fragte Rhyme pointiert.
»Meinetwegen. Wir kennen das Genus nicht mit Sicherheit.«
»Das Geschlecht.«
»Was?«
»Genus ist ein Begriff aus der Linguistik und bezieht sich darauf, ob ein Wort maskulin oder feminin gebraucht wird«, erklärte Rhyme.
»Das Geschlecht bezeichnet den biologischen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Organismen.«
»Danke für die Grammatikstunde«, murmelte der Detective. »Vielleicht hilft sie mir weiter, falls ich jemals Kandidat bei Jeopardy werde. Wie dem auch sei, er schnappt sich irgendein armes Schwein und bringt es zu dieser Bootswerkstatt am Hudson. Wir sind uns nicht sicher, wie er es anstellt, aber er zwingt den Mann oder die Frau, sich über dem Fluss am Pier festzuhalten, und schneidet ihm oder ihr dann die Handgelenke auf. Wie es aussieht, klammert das Opfer sich eine Weile fest - lange genug, um mordsmäßig viel Blut zu verlieren -, muss dann aber irgendwann loslassen.«
»Gibt es eine Leiche?«
»Noch nicht. Küstenwache und ESU suchen danach.«
»Du hast vorhin von zwei Morden gesprochen.«
»Ja. Ein paar Minuten später kam ein weiterer Anruf rein. Wir sollten uns in einer Gasse in Downtown umsehen, an der Cedar Street, unweit des Broadway. Der Täter hat sich noch ein Opfer geholt. Ein Streifenbeamter findet einen Mann - auf dem Rücken liegend, mit Klebeband gefesselt. Der Täter hat ihm eine mehr als dreißig Kilo schwere Eisenstange quer über den Hals gehängt. Das Opfer muss die Stange hochhalten, damit ihm nicht die Kehle zerquetscht wird.«
»Mehr als dreißig Kilo? Okay, in Anbetracht der erforderlichen Kraft dürfte der Täter wohl männlichen Geschlechts sein.«
Thom brachte Kaffee und Gebäck. Sellitto, dessen Gewicht ein ständiges Thema war, gönnte sich ein großes Stück aus Blätterteig. Während der Feiertage verzichtete er auf jegliche Diät. Er aß die Hälfte, wischte sich den Mund ab und fuhr fort. »Also drückt der Mann die Stange hoch. Zumindest eine Zeit lang - aber letzten Endes hat er es nicht geschafft.«
»Wer ist das Opfer?«
»Er heißt Theodore Adams und hat in der Nähe des Battery Park gewohnt. Gestern Abend hat eine Frau unseren Notruf gewählt und gesagt, sie sei mit ihrem Bruder zum Essen verabredet gewesen, aber er habe sich nicht blicken lassen. Das ist der Name, den sie uns genannt hat. Ein Sergeant vom zuständigen Revier wollte sie heute Morgen zurückrufen.«
Rhyme hielt Verallgemeinerungen meistens für wenig hilfreich, aber er räumte ein, dass »übel« die Situation treffend beschrieb.
Genauso wie »faszinierend«. »Wieso glaubst du, es sei derselbe Täter?«
»Er hat an beiden Tatorten eine Visitenkarte zurückgelassen. Uhren.«
»Tickende Uhren?«
»Ja. Die erste stand neben der Blutlache auf dem Pier, die andere neben dem Kopf des Toten, als habe der Täter gewollt, dass die Opfer sie sehen. Und hören, schätze ich.«
»Beschreib sie. Die Uhren.«
»Sie sahen altmodisch aus. Mehr weiß ich nicht.«
»Keine Bomben?« Heutzutage - im Nachher - wurde jedes tickende Beweisstück routinemäßig auf Sprengstoff überprüft.
»Nein, ohne Bums. Aber das Räumkommando hat sie ins Speziallabor geschickt, um nach biologischen oder chemischen Wirkstoffen zu suchen. Offenbar zweimal das gleiche Uhrenmodell. Gruselig, hat einer der Kollegen gesagt. Mit einer Anzeige für die Mondphase auf dem Zifferblatt. Oh, und nur für den Fall, dass wir begriffsstutzig sind, hat er unter den Uhren eine Nachricht hinterlassen. Einen Computerausdruck. Nichts Handschriftliches.«
»Und sie lautet...?«
Sellitto verließ sich nicht auf sein Gedächtnis, sondern zog seinen Notizblock zu Rate. Das wusste Rhyme an dem Detective ganz besonders zu schätzen; Lon mochte kein Genie sein, aber er ließ nie locker, tat alles mit Bedacht und machte keine Fehler. Sellitto las vor: »›Der Kalte Vollmond steht am Himmel und scheint auf den Leichnam der Erde, bezeichnet die Stunde des Todes und das Ende der Reise, die mit der Geburt begann.‹« Er sah Rhyme an. »Es ist unterzeichnet mit ›der Uhrmacher‹.«
»Wir haben zwei Opfer und ein Mondmotiv.« Der Verweis auf einen astronomischen Zusammenhang bedeutete häufig, dass der Mörder mehrfach zuschlagen wollte. »Er ist noch nicht fertig.«
»He, was glaubst du wohl, warum ich hier bin, Linc?«
Rhyme warf einen Blick auf den Anfang seines Briefes an die Times. Dann schloss er das Textverarbeitungsprogramm. Der Aufsatz über vorher und nachher würde warten müssen.
... Drei
Ein leises Geräusch vor dem Fenster. Schnee knirschte.
Amelia Sachs hielt inne und schaute hinaus auf den friedlichen weißen Garten. Es war niemand zu sehen.
Sie befand sich eine halbe Stunde nördlich von New York, allein in einem alten Vorstadthaus im Tudorstil. Hier drinnen war es totenstill. Welch passende Analogie, dachte sie. Der Besitzer des Hauses weilte nämlich nicht mehr unter den Lebenden.
Wieder das Geräusch. Sachs war ein Stadtkind und an die Kakophonie urbanen Lärms gewöhnt - im Guten wie im Schlechten. Diese Störung der ausgeprägten vorstädtischen Ruhe ließ sie aufmerken.
Waren das Schritte gewesen?
Die hochgewachsene rothaarige Polizistin, die eine schwarze Lederjacke, einen marineblauen Pullover und schwarze Jeans trug, lauschte sorgfältig einen Moment lang und kratzte sich geistesabwesend am Kopf. Dann hörte sie erneut dieses Knirschen. Sie öffnete den Reißverschluss der Jacke, um schneller an ihre Waffe gelangen zu können. Geduckt warf sie einen weiteren kurzen Blick nach draußen. Und konnte nichts entdecken.
Also machte sie sich wieder an die Arbeit. Sie setzte sich auf den luxuriösen ledernen Bürostuhl und fing an, den Inhalt des riesigen Schreibtisches zu sichten. Es war eine frustrierende Beschäftigung, denn sie wusste nicht genau, wonach sie eigentlich Ausschau hielt. So verhielt es sich oft, wenn man einen sekundären Tatort untersuchte - oder einen tertiären oder viertrangigen, wie auch immer man den nennen mochte. Genau genommen konnte hierbei sogar kaum von einem Tatort die Rede sein. Es war unwahrscheinlich, dass sich jemals ein Täter hier aufgehalten hatte, und genauso wenig war hier eine Leiche vorgefunden oder Diebesgut versteckt worden. Es handelte sich einfach nur um das wenig benutzte Domizil eines gewissen Benjamin Creeley, der meilenweit entfernt von hier gestorben war und dieses Haus in der Woche vor seinem Tod nicht aufgesucht hatte.
Dennoch musste Amelia Sachs es durchsuchen, und zwar gründlich, denn sie befand sich nicht in ihrer gewöhnlichen Funktion als Tatortermittlerin hier. Sie war der leitende Detective in ihrem ersten eigenen Mordfall.
Draußen knackte etwas. Eis, Schnee, ein Ast, ein Reh, ein Eichhörnchen... Sie ignorierte es und setzte die Suche fort, die einige Wochen zuvor begonnen hatte, und das nur wegen eines Knotens in einem Baumwollstrick.
Das besagte Stück Wäscheleine hatte dem Leben des sechsundfünfzigjährigen Ben Creeley ein Ende gesetzt. Man fand ihn in seinem Haus an der Upper East Side vor. Er hing am Treppengeländer, auf dem Tisch lag ein Abschiedsbrief, und auf den ersten Blick deutete nichts auf ein Gewaltverbrechen hin.
Doch kurz nach dem Tod des Mannes wandte Suzanne Creeley, seine Witwe, sich an das New York Police Department. Sie glaubte einfach nicht daran, dass er sich umgebracht haben sollte. Der wohlhabende Geschäftsmann und Wirtschaftsprüfer sei zwar in letzter Zeit launisch gewesen, aber nur, weil er bis spät in die Nacht an ein paar besonders schwierigen Projekten habe arbeiten müssen. Und seine gelegentlichen Verstimmungen hätten nicht im Entferntesten den depressiven Anwandlungen eines potenziellen Selbstmordkandidaten geähnelt. Er war nie wegen geistiger oder seelischer Erkrankungen in Behandlung gewesen und nahm keine Antidepressiva. Creeleys Finanzen waren solide. Er hatte weder sein Testament noch seine Lebensversicherung geändert. Sein Partner Jordan Kessler war auf Geschäftsreise und besuchte die Firma eines Kunden in Pennsylvania. Er und Sachs hatten jedoch kurz miteinander telefoniert. Nach seiner Auffassung hatte Creeley seit einer Weile durchaus deprimiert gewirkt, habe dabei aber nie von Selbstmord gesprochen.
Sachs war als Tatortermittlerin dauerhaft Lincoln Rhyme zugeteilt worden, aber sie wollte nicht nur für die Spurensicherung arbeiten. Aus diesem Grund hatte sie bei der Abteilung für Kapitalverbrechen darauf gedrungen, die Leitung eines Mordfalls oder die Untersuchung eines Terrorverdachts übernehmen zu können. Jemand im Big Building war zu dem Schluss gelangt, Creeleys Tod rechtfertige eine genauere Überprüfung, und gab ihr den Fall. Doch abgesehen von der allgemeinen Ansicht, dass Creeley nicht zum Selbstmord geneigt habe, konnte Sachs zunächst keinen Hinweis auf eine Straftat erkennen. Dann aber machte sie eine Entdeckung. Im Protokoll der Gerichtsmedizin stand, Creeley habe zum Zeitpunkt seines Todes einen gebrochenen Daumen gehabt, und seine gesamte rechte Hand sei daher eingegipst gewesen.
Was bedeutete, dass er weder eine Henkerschlinge knüpfen noch das Seil am Geländer hatte festbinden können.
Sachs hatte es ein Dutzend Mal selbst versucht. Es war unmöglich, ohne den Daumen zu benutzen. Creeley hatte sich den Bruch bei einem Fahrradunfall zugezogen, eine Woche vor seinem Tod. Womöglich hatte er die Schlinge noch davor geknüpft, aber es schien einfach nicht wahrscheinlich zu sein, dass jemand diese Art von Vorbereitungen traf, um sich irgendwann in der Zukunft umbringen zu können.
Sachs beschloss, den Todesfall als verdächtig einzustufen und eine Mordermittlung in die Wege zu leiten.
Doch es drohte ein schwieriger Fall zu werden. Die Faustregel lautet, dass man einen Mord entweder innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden aufklären kann oder Monate dafür benötigen wird. Die spärlichen Beweisstücke (die Flasche Whisky, von der Creeley vor seinem Tod getrunken hatte, der Brief und das Seil) hatten nichts ergeben. Es gab keine Zeugen. Der NYPD-Bericht umfasste lediglich eine halbe Seite. Der zuständige Detective hatte, wie üblich bei Selbstmorden, kaum Mühe darauf verwandt und konnte Sachs nicht mit weiteren Anhaltspunkten dienen.
In New York, wo Creeley gearbeitet und die Familie die meiste Zeit zugebracht hatte, deutete bislang nichts auf einen möglichen Verdächtigen hin, und so blieb Amelia in Manhattan nur noch eines zu tun, nämlich ein ausführlicheres Gespräch mit Kessler zu führen, dem Partner des Toten. Im Augenblick durchsuchte sie einen der wenigen verbleibenden Orte, die eventuell Fingerzeige liefern würden: das Vorstadthaus der Creeleys, in dem die Familie sich nur selten aufhielt.
Aber sie fand nichts. Sachs lehnte sich zurück und starrte ein halbwegs aktuelles Foto an, auf dem Creeley jemandem die Hand schüttelte, der wie ein Geschäftsmann aussah. Die beiden standen auf dem Rollfeld eines Flughafens vor irgendeinem Firmenjet. Im Hintergrund ragten Bohrtürme und Pipelines auf. Creeley lächelte. Er wirkte nicht deprimiert - aber wer sieht auf Schnappschüssen schon niedergeschlagen aus?
In diesem Moment knirschte es erneut, sehr nah, draußen vor dem Fenster hinter ihr. Dann noch mal, sogar noch näher.
Das ist kein Eichhörnchen.
Sachs zog die Glock, mit einer glänzenden Neun-Millimeter-Patrone in der Kammer und dreizehn im Magazin. Dann schlich sie leise zur Vordertür hinaus und weiter bis zur Hausecke. Sie hielt die Waffe mit beiden Händen, aber dicht neben sich (man darf sie niemals ausstrecken, wenn man um eine Ecke biegt, sonst kann sie zur Seite geschlagen werden; das wird in Filmen immer falsch dargestellt). Ein schneller Blick. An der Seite des Hauses war niemand. Amelia ging weiter und setzte die schwarzen Stiefel behutsam einen vor den anderen, denn der Weg war mit einer dicken Eisschicht überzogen.
Sie blieb stehen und lauschte.
Ja, da waren eindeutig Schritte. Die Person bewegte sich nur zögernd vorwärts und wollte vermutlich zur Hintertür.
Eine Pause. Ein Schritt. Wieder eine Pause.
Achtung, ermahnte Sachs sich.
Sie wagte sich bis zur hinteren Hausecke vor.
Und dort rutschte ihr Fuß auf dem Eis weg, und sie keuchte unwillkürlich auf. Nur ganz leise, kaum hörbar, dachte sie.
Aber es war laut genug für den Unbekannten.
Sie hörte hastige Schritte knirschend durch den verschneiten Garten fliehen.
Verdammt …
Geduckt - falls es sich um eine Finte handelte, um sie aus der Deckung zu locken - schaute sie um die Ecke und riss die Glock hoch. Sie sah einen schlaksigen Mann in Jeans und einer dicken Jacke durch den Schnee weglaufen.
Mist... Ich hasse es, wenn sie rennen. Der liebe Gott hatte Sachs einen großen Körper und kaputte, arthritische Gelenke zukommen lassen, und diese Kombination machte Laufen zur reinen Qual.
»Polizei! Stehen bleiben!« Sie lief ihm hinterher.
Sachs war auf sich allein gestellt. Sie hatte die Westchester County Police nicht von ihrem Besuch in Kenntnis gesetzt. Um Verstärkung anzufordern, hätte sie die Notrufnummer wählen müssen, und dafür blieb keine Zeit.
»Zum letzten Mal: Stehen bleiben!«
Keine Reaktion.
Sie rannten beide durch den großen Garten und weiter in das Gehölz hinter dem Haus. Amelia geriet außer Atem, und zu dem Schmerz in ihren Knien gesellte sich ein Stechen unterhalb der Rippen. Der Kerl war schneller als sie.
Scheiße. Er wird mir entwischen.
Aber die Natur kam ihr zu Hilfe. Der Mann blieb mit dem Schuh an einem aus dem Schnee ragenden Ast hängen und stürzte zu Boden. Sachs konnte sein lautes Ächzen noch aus zehn Metern Entfernung hören. Sie holte ihn ein und drückte ihm keuchend die Mündung der Glock ins Genick. Er erstarrte.
»Tun Sie mir nichts! Bitte!«
»Ruhe!«
Sie zückte die Handschellen.
»Die Hände auf den Rücken!«
Er warf einen Blick über die Schulter. »Ich hab nichts gemacht.«
»Die Hände!«
Er gehorchte, aber seine unbeholfenen Bewegungen verrieten ihr, dass er wahrscheinlich noch nie verhaftet worden war. Wie sich herausstellte, war er jünger als gedacht - ein Teenager mit pickligem Gesicht.
»Tun Sie mir nichts, bitte!«
Sachs bekam wieder Luft und durchsuchte ihn. Keine Papiere, keine Waffen, keine Drogen. Geld und ein Schlüsselbund. »Wie heißt du?«
»Greg.«
»Dein Nachname?«
Ein Zögern. »Witherspoon.«
»Wohnst du hier in der Gegend?«
Er atmete tief ein und nickte nach rechts. »In dem Haus da drüben, gleich neben den Creeleys.«
»Wie alt bist du?«
»Sechzehn.«
»Warum bist du weggerannt?«
»Keine Ahnung. Ich hatte Angst.«
»Hast du nicht verstanden, was ich gerufen habe?«
»Doch, aber Sie sehen nicht aus wie ein Bulle... eine Polizeibeamtin. Sind Sie wirklich eine?«
Sie zeigte ihm ihren Dienstausweis. »Was hast du hier verloren?«
»Ich wohne nebenan.«
»Das sagtest du bereits. Was wolltest du hier?« Sie ließ ihn sich aufsetzen. Er sah ziemlich eingeschüchtert aus.
»Ich hab jemanden im Haus gesehen und dachte, es sei Mrs. Creeley oder vielleicht jemand anders aus der Familie. Ich wollte ihr bloß etwas sagen. Dann hab ich durchs Fenster geschaut und bemerkt, dass Sie eine Waffe tragen. Ich hab Angst bekommen. Ich dachte, Sie gehören zu denen.«
»Zu wem?«
»Zu den Kerlen, die hier eingebrochen sind. Davon wollte ich Mrs. Creeley ja erzählen.«
»Was genau ist passiert?«
»Ich hab gesehen, wie zwei Männer hier eingebrochen sind. Vor ein paar Wochen, kurz nach Thanksgiving.«
»Hast du die Polizei verständigt?«
»Nein. Ich schätze, das hätte ich machen sollen. Aber ich wollte nicht in die Sache verwickelt werden. Die beiden haben, na ja, eher finster ausgesehen.«
»Weiter.«
»Ich war draußen, in unserem Garten, und ich sah, wie die Männer zur Hintertür gegangen sind und sich nach allen Seiten umgeschaut haben. Und dann haben sie, Sie wissen schon, das Schloss geknackt und sind reingegangen.«
»Weiß, schwarz?«
»Weiße, glaube ich. Ich war nicht so nah dran. Ich konnte ihre Gesichter nicht erkennen. Die beiden waren einfach... na ja, normale Typen halt. Mit Jeans und Jacken. Einer war größer als der andere.«
»Welche Haarfarbe?«
»Keine Ahnung.«
»Wie lange waren sie drinnen?«
»Eine Stunde, schätze ich.«
»Hast du ihren Wagen gesehen?«
»Nein.«
»Haben sie etwas mitgenommen?«
»Ja. Eine Stereoanlage, CDs, einen Fernseher. Und ein paar Videospiele, glaube ich. Kann ich aufstehen?«
Sachs zog ihn auf die Beine und ging mit ihm zum Haus. Dort stellte sie fest, dass die Hintertür tatsächlich aufgestemmt worden war. Und dass der Betreffende sich dabei recht geschickt angestellt hatte.
Sie ging hinein und sah sich um. Im Wohnzimmer hing ein Großbildfernseher. In einer Vitrine stand eine Menge hübsches Porzellan. Das Silber war auch noch da. Und es war Sterlingsilber. Dieser Diebstahl ergab keinen Sinn. Hatten die Männer einfach irgendetwas geklaut, um über den wahren Zweck des Einbruchs hinwegzutäuschen?
Amelia kontrollierte das ganze Erdgeschoss. Das Haus war tadellos sauber - abgesehen von dem Kamin. Er war mit einem Gasbrenner ausgestattet, doch im Innern lag eine Menge Asche. Für einen solchen Kamin wurden weder Papier noch Zunder benötigt. Hatten die Männer hier etwas verbrannt?
Sie richtete den Strahl ihrer Taschenlampe in den Kamin und achtete darauf, dort nichts zu berühren.
»Weißt du noch, ob die Einbrecher ein Feuer angezündet haben?«
»Keine Ahnung. Kann sein.«
Vor dem Kamin gab es ein paar Schlammspuren. Im Kofferraum ihres Wagens führte Sachs einen Koffer mit der notwendigen Ausrüstung mit sich. Sie würde am Schreibtisch und am Kamin Fingerabdrücke nehmen sowie die Asche, den Schlamm und alle weiteren Beweisstücke eintüten, die sich als hilfreich erweisen könnten.
In diesem Moment vibrierte ihr Mobiltelefon. Sie schaute auf das Display. Eine dringende Nachricht von Lincoln Rhyme. Amelia wurde so schnell wie möglich in der Stadt gebraucht. Sie schickte eine kurze SMS zurück und schrieb, sie würde sich bald melden.
Was hatte man hier verbrannt?, fragte sie sich mit Blick auf den Kamin.
»Also«, sagte Greg. »Kann ich nun gehen?«
Sachs musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Ich weiß nicht, ob du dir dessen bewusst bist, aber die Polizei legt nach jedem Todesfall ein vollständiges Verzeichnis aller Gegenstände an, die sich im Haus des Verstorbenen befinden.«
»Ja?« Er senkte den Kopf.
»Ich werde in einer Stunde die Westchester County Police benachrichtigen und sie veranlassen, die Liste mit dem gegenwärtigen Inventar zu vergleichen. Falls etwas fehlt, werden sie mich verständigen, und dann nenne ich ihnen deinen Namen und rufe deine Eltern an.«
»Aber...«
»Die Männer haben nichts gestohlen, nicht wahr? Nachdem sie gegangen waren, bist du durch die Hintertür hier eingedrungen und hast dich bedient. Was hast du mitgenommen?«
»Ich hab mir bloß ein paar Sachen geliehen, das ist alles. Aus Todds Zimmer.«
»Mr. Creeleys Sohn?«
»Ja. Und eines der Nintendo-Spiele hat sowieso mir gehört. Er hatte es mir nie zurückgegeben.«
»Und die Männer? Haben sie etwas mitgenommen?«
Er zögerte. »Es sah nicht danach aus.«
Sie nahm ihm die Handschellen ab. »Bis in einer Stunde hast du alles zurückgebracht. Stell es in die Garage. Ich lasse die Tür offen.«
»Oh, ja, na klar. Versprochen«, sagte er atemlos. »Ganz bestimmt... nur...« Er fing an zu weinen. »Es ist bloß so, ich hab ein Stück Kuchen gegessen. Er stand im Kühlschrank. Ich kann... ich kaufe einen neuen.«
»Nahrungsmittel werden nicht verzeichnet«, sagte Sachs.
»Nicht?«
»Bring einfach alles andere wieder her.«
»Versprochen. Ehrlich.« Er wischte sich mit dem Ärmel das Gesicht ab.
Der Junge wollte gehen.
»Eine Sache noch«, sagte Sachs. »Als du gehört hast, Mr. Creeley habe sich umgebracht, warst du da überrascht?«
»Äh, ja.«
»Wieso?«
Der Junge lachte auf. »Er hatte einen Siebener. Den ganz großen. Wenn jemand sich einen BMW leisten kann, begeht er doch nicht Selbstmord, oder?«
... Vier
Man konnte auf schreckliche Weise sein Leben verlieren.
Amelia Sachs hatte die meisten Varianten schon mal zu Gesicht bekommen, zumindest glaubte sie das. Und soweit sie sich erinnern konnte, waren sogar die grausamsten Todesarten nicht schlimmer als diese gewesen.
Sie hatte Rhyme aus Westchester angerufen und war von ihm auf schnellstem Wege nach Lower Manhattan beordert worden, wo sie die Schauplätze zweier Morde untersuchen sollte. Die Taten waren offenbar mit nur wenigen Stunden Abstand verübt worden, von einem Mann, der sich selbst als den Uhrmacher bezeichnete.
Den einfacheren der beiden Tatorte hatte Sachs bereits abgeschlossen - einen Pier am Hudson River. Es ging dort zügig voran; es gab keine Leiche, und die meisten Spuren waren weggespült oder durch den starken Wind verfälscht worden, der den Fluss entlangwehte. Amelia fotografierte und filmte den Ort aus allen möglichen Winkeln. Sie sah, wo die Uhr gestanden hatte - und ärgerte sich, dass der Tatort durch das Räumkommando bei der Bergung des Kastens zusätzlich verunreinigt worden war. Doch bei Verdacht auf einen Sprengsatz gab es nun mal keine Alternative.
Außerdem sammelte sie die teils mit verkrustetem Blut bedeckte Nachricht des Mörders ein. Dann nahm sie Proben des gefrorenen Blutes. Sie bemerkte die Kratzspuren auf den Planken, wo das Opfer sich über dem Wasser baumelnd festgeklammert hatte und schließlich abgerutscht war. Und sie stellte einen abgerissenen Fingernagel sicher - er war breit, kurz und nicht lackiert, was auf ein männliches Opfer hindeutete.
Der Killer hatte ein Loch in den Maschendrahtzaun des Firmengeländes geschnitten. Sachs nahm eine Probe von der Schnittkante, um den Draht auf Werkzeugspuren untersuchen zu können. Weder am Zaun noch neben der gefrorenen Blutlache fanden sich Fingerabdrücke, Fuß- oder Reifenspuren.
Bisher hatte man keine Zeugen ermitteln können.
Laut Auskunft der Gerichtsmedizin würde jemand, der bei diesem Wetter in den Hudson fiel, innerhalb von etwa zehn Minuten an Unterkühlung sterben. Polizeitaucher und die Küstenwache suchten weiterhin nach der Leiche sowie nach etwaigen Beweisstücken im Wasser.
Sachs befand sich nun am zweiten Tatort, der Gasse an der Cedar Street, in der Nähe des Broadway. Theodore Adams, Mitte dreißig, lag auf dem Rücken und war mit Isolierband geknebelt sowie an Handgelenken und Füßen gefesselt. Der Täter hatte ein Seil über eine Feuertreppe geworfen, die drei Meter über dem Kopf des Mannes hing, und an einem Ende eine schwere, knapp zwei Meter lange Metallstange festgebunden, deren Enden mit Löchern versehen waren, ähnlich zwei großen Nadelöhren. Diese Stange hing quer über der Kehle des Opfers. Das andere Ende des Seils hatte der Mann in die Hand gedrückt bekommen. Da Adams gefesselt war, konnte er sich nicht unter der Stange hervorwinden. Seine einzige Chance bestand darin, das schwere Gewicht unter Aufbietung all seiner Kraft in der Luft zu halten, bis jemand zufällig vorbeikommen und ihn retten würde.
Was nicht geschehen war.
Er war bereits seit einer ganzen Weile tot, und die Stange hatte seine Kehle immer weiter zusammengedrückt, bis die Leiche in der Dezemberkälte steif gefroren war. Nun war sein Hals unter der schweren Last nur noch zwei oder drei Zentimeter hoch. Sein Gesicht war kreidebleich, und die Augen starrten blicklos ins Leere. Amelia ahnte, wie er während der - wie viel? - zehn oder fünfzehn Minuten ausgesehen haben musste, die er um sein Leben gekämpft hatte, wie er erst rot, dann violett angelaufen war und wie seine Augen aus den Höhlen gequollen waren.
Wer, um alles in der Welt, beging solche Morde, die den Tod der Opfer möglichst hinauszögern sollten?
Sachs zog einen weißen Tyvek-Overall an, um den Tatort nicht durch eigene Kleidungsfasern oder Haare zu verunreinigen. Dann legte sie ihre Utensilien bereit und besprach sich derweil mit zwei ihrer Kollegen vom NYPD, Nancy Simpson und Frank Rettig, die in der in Queens gelegenen Zentrale der Spurensicherung arbeiteten. In der Nähe stand das Einsatzfahrzeug der beiden geparkt - ein großer Transporter mit allen benötigten Ausrüstungsgegenständen.
Amelia streifte sich Gummiringe über die Schuhe, damit ihre Abdrücke sich zweifelsfrei von denen des Täters unterscheiden würden. (Einer von Rhymes zahlreichen Einfällen. »Aber wozu die Mühe? Ich stecke in dem Overall, Rhyme. Mein Sohlenprofil wird ohnehin durch die Füßlinge verdeckt«, hatte Sachs bei einer Gelegenheit angemerkt. Er hatte sie mit mattem Lächeln angesehen. »Oh, ich bitte um Entschuldigung. Ein Täter würde natürlich niemals auf die Idee kommen, sich einen Tyvek-Overall zu kaufen. Wie viel kosten die Dinger, Sachs? Neunundvierzig fünfundneunzig?«)
Bei diesen zwei Morden schien es sich entweder um Taten des organisierten Verbrechens oder um das Werk eines Psychopathen zu handeln; Hinrichtungen des Mobs wurden oft auf ganz spezielle Weise inszeniert, um rivalisierenden Banden eine Botschaft zu schicken. Ein Soziopath hingegen handelte unter dem Einfluss von Wahnvorstellungen oder zum eigenen Vergnügen, das auf sadistischem Lustgewinn beruhen konnte oder sich einfach nur aus der Grausamkeit speiste, ganz ohne sexuelle Komponente. Amelia hatte im Laufe ihrer Dienstzeit gelernt, dass das Zufügen von Schmerz für manche Leute einen starken Antrieb darstellte und sogar süchtig machen konnte.
Ron Pulaski kam auf sie zu, in Uniform und Lederjacke. Der junge New Yorker Streifenbeamte, schlank und blond, hatte Sachs bei dem Fall Creeley geholfen und stand auf Abruf bereit, um Rhyme bei dessen Fällen zur Hand zu gehen. Vor einer Weile war er im Dienst übel zusammengeschlagen worden. Nach einem langwierigen Krankenhausaufenthalt hatte man ihm eine Frühpensionierung angeboten.
Der noch wenig erfahrene Polizist hatte Sachs erzählt, er habe sich mit Jenny, seiner jungen Frau, hingesetzt und die Sache besprochen. Sollte er die Uniform an den Nagel hängen oder nicht? Pulaskis Zwillingsbruder, auch ein Cop, lieferte ebenfalls das eine oder andere Argument. Und am Ende beschloss Ron, sich einer Therapie zu unterziehen und den Dienst wieder aufzunehmen. Sachs und Rhyme waren von seiner jugendlichen Hingabe beeindruckt gewesen und hatten ihre Beziehungen spielen lassen, damit Pulaski ihnen so oft wie möglich zugeteilt wurde. Später gestand er Sachs (aber selbstverständlich nicht Rhyme), dass die Weigerung des Kriminalisten, sich von seiner Querschnittslähmung und dem anstrengenden täglichen Training unterkriegen zu lassen, ihn stark beeindruckt und wesentlich zu der Entscheidung beigetragen hatte, bei der Polizei zu bleiben.
Pulaski trug keinen Overall und blieb daher hinter dem gelben Absperrband. »O mein Gott«, murmelte er bei dem bizarren Anblick des Toten.
Dann berichtete er Amelia, dass Sellitto und andere Kollegen die Sicherheitsbeamten und Büroangestellten der umliegenden Gebäude befragten, ob jemand etwas gesehen oder gehört habe oder Theodore Adams kenne. »Das Labor ist immer noch mit den Uhren beschäftigt und wird sie später bei Rhyme abliefern«, fügte er hinzu. »Ich überprüfe die Nummernschilder aller Wagen, die hier in der Gegend geparkt sind. Sellitto hat mich damit beauftragt.«
Sachs, die mit dem Rücken zu Pulaski stand, nickte zwar, achtete in Wahrheit aber kaum auf das, was er sagte; es war im Moment nicht wichtig für sie. Sie würde gleich den Tatort untersuchen und bemühte sich, einen klaren Kopf zu bekommen. Trotz des Umstands, dass eine solche Arbeit naturgemäß mit leblosen Objekten zu tun hat, ist dieser Tätigkeit eine seltsame Intimität zu eigen; um effektiv zu sein, müssen Beamte der Spurensicherung sich mental und emotional in die Rolle des Täters versetzen. Das ganze schreckliche Geschehen spielt sich vor ihrem inneren Auge noch einmal ab: was der Killer dachte, wo er stand, als er die Pistole, den Knüppel oder das Messer hob, wie er seine Körperhaltung veränderte, ob er den Todeskampf des Opfers beobachtete oder sofort weglief, was ihm am Schauplatz des Verbrechens auffiel, was auf ihn verlockend oder abstoßend wirkte, welchen Fluchtweg er wählte. Das hier war kein psychologisches Profiling - die gelegentlich hilfreiche, medienwirksame Porträtierung eines Tatverdächtigen. Es ging vielmehr darum, aus dem gewaltigen Durcheinander eines Tatorts die wenigen wichtigen Anhaltspunkte herauszufiltern, die zur Tür des Täters führen konnten.
Und genau das machte Sachs nun, sie wurde zu jemand anderem - zu dem Mörder, der dem Leben eines Menschen ein so furchtbares Ende gesetzt hatte.
Ihr Blick schweifte hin und her, hoch und runter: über das Kopfsteinpflaster, die Mauern, die Leiche, das eiserne Gewicht …
Ich bin er... ich bin er... Was geht in meinem Kopf vor? Warum wollte ich diese Opfer töten? Warum auf diese Weise? Warum auf dem Pier, warum hier?
Aber die Todesursachen waren so ungewöhnlich und der Verstand des Killers so weit von ihrem eigenen entfernt, dass Amelia keine Antworten auf diese Fragen fand, zumindest noch nicht. Sie setzte ihr Headset auf. »Rhyme, bist du da?«
»Wo sollte ich sonst sein?«, fragte er belustigt. »Ich warte. Wo bist du? Am zweiten Tatort?«
»Ja.«
»Was siehst du, Sachs?«
Ich bin er...
»Eine Gasse, Rhyme«, sagte sie in das Mikrofon. »Eine Sackgasse für die Lieferanten, ohne Durchgang zur anderen Seite. Das Opfer liegt nahe an der Straße.«
»Wie nahe?«
»Viereinhalb Meter von der Einmündung entfernt. Die gesamte Gasse ist dreißig Meter lang.«
»Wie ist er dorthin gelangt?«
»Es gibt keine Reifenspuren, aber man hat ihn eindeutig zu der Stelle geschleift; seine Jacke und Hose sind auf der Rückseite voller Salz und Dreck.«
»Gibt es in der Nähe der Leiche irgendwelche Türen?«
»Ja. Er liegt fast genau vor einer.«
»Hat er in dem Gebäude gearbeitet?«
»Nein. Ich habe seine Visitenkarten. Er ist freiberuflicher Werbetexter. Seine Büroanschrift ist die gleiche wie die seiner Wohnung.«
»Vielleicht hat er dort oder in einem der anderen Gebäude einen Kunden gehabt.«
»Lon überprüft das gerade.«
»Gut. Diese nächstgelegene Tür... könnte der Täter ihm dort aufgelauert haben?«
»Ja«, erwiderte sie.
»Lass sie öffnen, und schau dich dahinter mal um.«
»Keine Zeugen«, rief Lon Sellitto vom Rand des Tatorts. »Die sind alle mit Blindheit geschlagen. Oh, und taub sind sie auch... In den Häusern entlang der Gasse gibt es ungefähr vierzig oder fünfzig Büros. Falls jemand ihn gekannt hat, könnte es eine Weile dauern, denjenigen zu finden.«
Sachs richtete ihm Rhymes Bitte aus, die Tür neben der Leiche zu öffnen.
»Alles klar.« Sellitto machte sich auf den Weg und blies sich wärmenden Atem in die gewölbten Hände.
Sachs filmte und fotografierte den Tatort. Dann suchte sie an der Leiche und im näheren Umkreis nach Hinweisen auf einen sexuellen Kontakt, fand aber keine. Danach schritt sie das Gitternetz ab - was bedeutete, dass sie das Gelände in senkrechten und waagerechten Bahnen durchmaß und so jeden Quadratzentimeter aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen bekam. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen bestand Rhyme darauf, dass diese Untersuchung von einer einzelnen Person vorgenommen wurde - außer natürlich an den Schauplätzen größerer Katastrophen. Aus diesem Grund blieb Sachs bei ihrer Arbeit allein.
Doch wer auch immer dieses Verbrechen begangen hatte, war sorgfältig darauf bedacht gewesen, keine augenfälligen Spuren zu hinterlassen, abgesehen von der Nachricht und der Uhr, der Metallstange, dem Isolierband und dem Seil.
Amelia gab es über Funk an Rhyme weiter.
»Es liegt nicht unbedingt in der Natur eines Täters, uns die Aufgabe zu erleichtern, oder, Sachs?«
Seine gute Laune nervte; er befand sich nicht direkt neben einem Mann, der einen so grausigen Tod gestorben war. Sie ignorierte den Kommentar und setzte die Untersuchung fort, angefangen mit dem Leichnam, damit dieser von der Gerichtsmedizin abtransportiert werden konnte. Sie sammelte die Besitztümer des Toten ein, suchte nach Fingerabdrücken, fertigte elektrostatische Abdrücke aller Fußspuren an und sicherte mit einem Kleberoller, wie man ihn auch zur Entfernung von Tierhaaren benutzte, eventuelle Partikel an der Kleidung des Opfers.
In Anbetracht des Gewichts der Stange war der Täter vermutlich mit einem Wagen hergekommen, aber es gab keine Reifenspuren. In der Mitte der Gasse war Steinsalz gestreut worden, um das Eis zu schmelzen, und die Körner beeinträchtigten jeden großflächigen Kontakt mit den Pflastersteinen.
Dann kniff Amelia die Augen zusammen. »Rhyme, hier ist was Merkwürdiges. Rund um die Leiche, in einem Radius von knapp einem Meter, liegt eine Substanz auf dem Boden.«
»Was ist es deiner Meinung nach?«
Sachs bückte sich und zog eine Lupe aus der Tasche. Es schien sich um feinen Sand zu handeln. Sie teilte es Rhyme mit.
»Wegen des Eises?«
»Nein. Es liegt nur rund um den Toten und sonst nirgendwo in der Gasse. Gegen den Schnee und das Eis wurde hier Salz gestreut.« Sie wich ein Stück zurück. »Aber es ist bloß noch ein kleiner Rest übrig. Als hätte er... Ja, Rhyme. Er hat es aufgefegt. Mit einem Besen.«
»Gefegt?«
»Ich kann das Muster der Borsten erkennen. Es sieht so aus, als habe er reichlich Sand auf die Stelle gestreut und ihn dann wieder aufgefegt... Vielleicht auch nicht. Am ersten Tatort, auf dem Pier, gab es nichts dergleichen.«
»Ist Sand auf dem Opfer oder der Stange?«
»Moment... Ja, da ist welcher.«
»Demnach hat er den Sand nach dem Mord gestreut«, sagte Rhyme. »Wahrscheinlich zu Tarnungszwecken.«
Aufmerksame Täter verteilen mitunter eine pulverige oder körnige Substanz - Sand, Katzenstreu oder sogar Mehl - auf dem Boden, nachdem sie ein Verbrechen begangen haben. Dann fegen oder saugen sie das Material wieder auf und entfernen damit zugleich die meisten Partikelspuren.
»Aber weshalb?«, grübelte Rhyme.
Sachs sah den Toten an, blickte auf das Kopfsteinpflaster.
Ich bin er...
Wieso sollte ich fegen?
Täter verwischen häufig ihre Fingerabdrücke und nehmen die offensichtlichen Beweise mit, aber nur die Wenigsten machen sich die Mühe, ein Tarnmittel einzusetzen. Amelia schloss die Augen und - so schwer es ihr auch fiel - stellte sich vor, wie sie über dem jungen Mann stand, der verzweifelt versuchte, die Stange nicht auf seinen Hals sinken zu lassen.
»Womöglich hat er etwas verschüttet.«
»Glaub ich nicht«, sagte Rhyme. »Er wäre nicht so sorglos.«
Richtig, ich passe auf, dachte sie weiter. Aber wieso sollte ich fegen?
Ich bin er …
»Warum?«, flüsterte Rhyme.
»Er...«
»Nicht er«, fiel der Kriminalist ihr ins Wort. »Du bist er, Sachs. Denk dran. Du.«
»Ich bin ein Perfektionist. Ich will so viele Spuren wie möglich beseitigen.«
»Stimmt, aber was du durch das Auffegen gewinnst, verlierst du durch die zusätzliche Zeit, die du am Tatort zubringen musst«, sagte Rhyme. »Nein, es muss noch einen anderen Grund geben.«
Sachs versetzte sich noch tiefer in die Situation, hob in Gedanken die Stange an, drückte dem Mann das Seil in die Hände, starrte ihm in das entsetzte Gesicht, auf die hervorquellenden Augen. Ich stelle die Uhr neben seinen Kopf. Sie tickt, tickt... Ich schaue zu, wie er stirbt.
Ich hinterlasse keine Spuren. Ich fege alles auf...
»Denk nach, Sachs. Was hat er vor?«
Ich bin er …
»Ich komme zurück, Rhyme«, platzte es jäh aus ihr heraus.
»Was?«
»Ich komme zurück zum Tatort. Ich meine, er kommt zurück. Deshalb hat er hier gefegt. Weil er auf gar keinen Fall etwas hierlassen wollte, das Rückschlüsse auf ihn erlaubt: keine Fasern, Haare, Schuhabdrücke oder Schmutz in den Sohlen. Er hat keine Angst, wir könnten ihn dadurch bis zu seinem Versteck verfolgen - er ist zu gut, um derartige Spuren zurückzulassen. Nein, er befürchtet, wir könnten etwas finden, das uns hilft, ihn zu erkennen, wenn er zurückkommt.«
»Okay, das könnte die Erklärung sein. Vielleicht ist er ein Voyeur und schaut andern gern beim Sterben zu oder der Polizei bei der Arbeit. Oder er will vielleicht sehen, wer sich auf die Jagd nach ihm macht... damit er demjenigen zuvorkommen kann.«
Sachs spürte, wie ihre Nackenhaare sich aufrichteten. Sie sah sich um. Auf der anderen Straßenseite stand die übliche kleine Gruppe von Gaffern. War der Täter darunter und beobachtete sie in diesem Moment?
»Eventuell war er auch schon wieder da«, fügte Rhyme hinzu. »Er ist irgendwann heute Morgen vorbeigekommen und hat sich vergewissert, dass das Opfer auch wirklich tot ist. Was bedeutet...«
»Dass er irgendwo anders eine Spur hinterlassen haben könnte. Abseits des Tatorts. Auf dem Bürgersteig oder der Straße.«
»Genau.«
Sachs schlüpfte unter der Absperrung des Tatorts hindurch und schaute sich auf der Straße um. Dann nahm sie den Gehweg vor dem Gebäude in Augenschein. Dort im Schnee gab es ein halbes Dutzend Fußspuren. Sie konnte unmöglich wissen, ob sie von dem Uhrmacher stammten, aber einige - die Abdrücke breiter Schneestiefel mit Waffelmuster - deuteten darauf hin, dass jemand, vermutlich ein Mann, einige Minuten lang an der Mündung der Gasse gestanden und sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagert hatte. Amelia ließ den Blick in die Runde schweifen und kam zu dem Schluss, dass es keinen ersichtlichen Grund gab, dort stehen zu bleiben - es gab in der Nähe weder Telefonzellen noch Briefkästen oder Fenster.
»Hier auf der Cedar Street, direkt vor der Gasse gibt es ein paar ungewöhnliche Stiefelspuren«, teilte sie Rhyme mit. »Ziemlich groß.« Sie suchte die Stelle genauer ab und grub in einer Schneewehe. »Hier ist noch etwas.«
»Was?«
»Eine goldfarbene Geldklammer aus Metall.« Ihre Finger in den Latexhandschuhen schmerzten vor lauter Kälte. Sie zählte die Banknoten ab. »Dreihundertvierzig in neuen Zwanzigern. Unmittelbar neben den Stiefelabdrücken.«
»Hatte das Opfer Geld dabei?«
»Sechzig Dollar, ebenfalls in neuen Scheinen.«
»Vielleicht hat der Täter die Geldklammer gestohlen und dann auf der Flucht verloren.«
Sachs verstaute sie in einer Beweismitteltüte, sah sich dann weiter auf dem Bürgersteig um, fand aber nichts mehr.
Die Hintertür des Bürogebäudes öffnete sich. Im Durchgang standen Sellitto und ein uniformierter Sicherheitsbeamter. Sie warteten ab, während Amelia zunächst die eigentliche Tür untersuchte. Dort nahm und fotografierte sie eine Million Fingerabdrücke, wie sie es Rhyme gegenüber ausdrückte (er lachte nur in sich hinein). Dann überprüfte sie die schwach beleuchtete Eingangshalle, ohne jedoch auf irgendeinen klar ersichtlichen Hinweis zu stoßen.
Plötzlich schallte die hektische Stimme einer Frau durch die kalte Luft. »O mein Gott, nein!«
Eine untersetzte Mittdreißigerin rannte auf das Absperrband zu, wo sie von einem Streifenbeamten zurückgehalten wurde. Sie hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und schluchzte. Sellitto trat vor. Sachs gesellte sich hinzu. »Kennen Sie ihn, Ma’am?«, fragte der stämmige Detective.
»Was ist passiert, was ist passiert? Nein... o Gott...«
»Kennen Sie ihn?«, wiederholte Sellitto.
Die Frau brach in Tränen aus und wandte sich von dem schrecklichen Anblick ab. »Mein Bruder... Ist er etwa... o Gott, nein, er kann doch nicht...« Sie sank mitten im Schnee auf die Knie.
Das musste die Frau sein, die ihren Bruder am Vorabend als vermisst gemeldet hatte, folgerte Sachs.
Wenn es um Verdächtige ging, konnte Lon Sellitto sich in einen Pitbull verwandeln, aber bei Opfern und ihren Angehörigen legte er eine überraschende Sanftheit an den Tag. Leise und mitfühlend, noch verstärkt durch den gedehnten Brooklyner Akzent, sagte er: »Es tut mir so leid. Ja, er ist tot.« Dann half er der Frau auf, und sie lehnte sich an die Wand der Gasse.
»Wer war das? Und wieso?« Ihre Stimme verwandelte sich in ein Kreischen, als ihr Blick erneut auf den entsetzlichen Tatort fiel. »Wer macht so etwas? Wer?«
»Das wissen wir noch nicht, Ma’am«, sagte Sachs. »Es tut mir leid. Aber wir werden ihn finden. Das verspreche ich Ihnen.«
Erschrocken drehte die Frau sich um. »Meine Tochter soll es nicht sehen. Bitte!«
Sachs schaute an ihr vorbei zu einem Wagen, der halb auf dem Gehweg stand, wo die Frau voller Panik ausgestiegen war. Auf dem Beifahrersitz saß ein halbwüchsiges Mädchen, das Amelia nun mit geneigtem Kopf stirnrunzelnd musterte. Sellitto stellte sich so hin, dass dem Kind der Blick auf den Onkel versperrt wurde.
Die Schwester, deren Name Barbara Eckhart lautete, war ohne Mantel aus dem Wagen gesprungen und zitterte in der Kälte. Sachs führte sie durch die offene Tür in die kleine Halle, die sie kurz zuvor untersucht hatte. Die hysterische Frau bat darum, die Toilette benutzen zu dürfen. Als sie wieder zum Vorschein kam, war sie immer noch sichtlich erschüttert und blass, aber sie weinte nicht mehr.
Barbara konnte sich nicht erklären, welches Motiv der Mörder gehabt haben mochte. Ihr Bruder, ein Junggeselle, arbeitete für sich allein als freiberuflicher Werbetexter. Er war beliebt und hatte ihres Wissens keine Feinde. Er war in keine Dreiecksbeziehung verwickelt - was eifersüchtige Ehemänner ausschloss - und hatte nie Drogen genommen oder sonst etwas Illegales getan. Nach New York gezogen war er vor zwei Jahren.
Also bestand keine offensichtliche Verbindung zur Mafia. Das gab Sachs zu denken, denn es ließ die Psychopathen-Theorie an die erste Stelle rücken, was für die Öffentlichkeit eine weitaus größere Gefahr bedeutete als ein Profikiller des Mobs.
Sachs erklärte, dass der Leichnam nun obduziert werden würde. Nach vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden könnten die nächsten Angehörigen ihn dann aus der Gerichtsmedizin abholen lassen. Barbaras Miene versteinerte. »Warum hat er Teddy auf diese Weise umgebracht? Was hat er sich nur dabei gedacht?«
Doch das war eine Frage, auf die Amelia Sachs keine Antwort wusste.
Sellitto half der Frau zurück zu ihrem Wagen. Sachs konnte die Augen nicht von dem Mädchen lassen, das ihren Blick erwiderte. Es war kaum zu ertragen. Die Tochter musste inzwischen wissen, dass der Tote tatsächlich ihr Onkel war, aber Amelia sah ihr an, dass sie noch immer ein kleines bisschen Hoffnung hegte.
Eine Hoffnung, die ihr gleich darauf genommen werden würde.
 
Hunger.
Vincent Reynolds lag auf seinem muffigen Bett in ihrer vorübergehenden Bleibe, bei der es sich ausgerechnet um eine ehemalige Kirche handelte, und verspürte tief im Innern einen Hunger, der es an stiller Intensität mit dem Knurren seines ausladenden Magens aufnehmen konnte.
Das alte katholische Gebäude stand in einem entlegenen Winkel Manhattans unweit des Hudson River und diente ihnen als Operationsbasis für die Morde. Gerald Duncan war von außerhalb,
 
 
1. Auflage
© 2006 by Jeffery Deaver © der deutschsprachigen Ausgabe 2007 by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
eISBN : 978-3-894-80383-4
 
www.blanvalet-verlag.de
 
Leseprobe
 

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