Der Glaube versetzt Berge - Omraam Mikhaël Aïvanhov - E-Book

Der Glaube versetzt Berge E-Book

Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Beschreibung

»Der Glaube geht einher mit einer Arbeit, die langen Atem erfordert. Er ist das Ergebnis von tagtäglich wiederholten Bemühungen. Er ist etwas Lebendiges, das wir niemals aus unserem täglichen Leben ausschließen dürfen. Das muss man verstehen, um den Sinn der Worte Jesu zu verstehen: 'Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein (Mt 17,20).' Wir können einen Berg versetzen, aber nur unter der Bedingung, dass wir nicht denken, dass man ihn auf einmal versetzen könnte. Man kann einen Berg versetzen, jedoch nur, wenn man einen Stein nach dem anderen wegträgt! Jeder versetzte Stein, d. h. jeder Erfolg, so gering er auch sein mag, steigert unseren Glauben, denn wir fühlen uns dann beständiger, stärker, mehr als Herr der Lage. Wenn wir einen Blick zurück werfen, messen wir den schon zurückgelegten Weg. und dann kann es sein, dass schon nach der Hälfte der unternommenen Arbeit unser Glaube so stark geworden ist, dass wir den Rest auf einmal versetzen können.« Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Über den Autor

Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.

Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.

Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.

In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.

 

 

Kurzbeschreibung

»Der Glaube versetzt Berge«Reihe Izvor – Band 238

Aus dem Französischen übersetztOriginaltitel: »La foi qui transporte les montagnes«ISBN 978-2-85566-793-5, Éditions Prosveta S.A.

»Der Glaube geht einher mit einer Arbeit, die langen Atem erfordert. Er ist das Ergebnis von tagtäglich wiederholten Bemühungen. Er ist etwas Lebendiges, das wir niemals aus unserem täglichen Leben ausschließen dürfen. Das muss man verstehen, um den Sinn der Worte Jesu zu verstehen: »Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.« Wir können einen Berg versetzen, aber nur unter der Bedingung, dass wir nicht denken, dass man ihn auf einmal versetzen könnte. Man kann einen Berg versetzen, aber nur, wenn man einen Stein nach dem anderen wegträgt! Jeder versetzte Stein, das heißt jeder Erfolg, so gering er auch sein mag, steigert unseren Glauben, denn wir fühlen uns dann beständiger, stärker, mehr Herr der Lage. Wenn wir einen Blick zurückwerfen, messen wir den schon zurückgelegten Weg, und dann kann es sein, dass schon nach der Hälfte der unternommenen Arbeit unser Glaube so stark geworden ist, dass wir den Rest auf einmal versetzen können.«

Omraam Mikhaël Aïvanhov

 

 

Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Kurzbeschreibung

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Glaube, Hoffnung und Liebe

Kapitel 2: Das Senfkorn

Kapitel 3: Wahrer Glaube und persönliche Überzeugung

Kapitel 4: Wissenschaft und Religion

Kapitel 5: Der Glaube geht immer dem Wissen voran

Kapitel 6: Die Wiederentdeckung des verborgenen Wissens

Kapitel 7: Die Religion ist nur eine Form des Glaubens

Kapitel 8: Unsere göttliche Abstammung

Kapitel 9: Der Beweis für die Existenz Gottes ist in uns

Kapitel 10: Die Identifikation mit Gott

Kapitel 11: Gott ist das Leben

Kapitel 12: Gott in der Schöpfung

Kapitel 13: Rabota, Vreme, Vera: Arbeit, Zeit, Glaube

Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke

Vom selben Autor – Reihe Izvor

Vom selben Autor – Reihe Broschüren

Vom selben Autor – Biografien, Bildbände, Übungsbücher

Copyright

Kapitel 1: Glaube, Hoffnung und Liebe

Wenn man heutzutage jemanden fragt: »Glauben Sie?«, dann heißt das: »Glauben Sie an Gott?« Tatsächlich wird das Wort »Glaube« mittlerweile ausschließlich dem religiösen Bereich zugeordnet. Glaube und Religion sind sogar dermaßen eng miteinander verbunden, dass man dazu neigt, die Religion dem Glauben gleichzusetzen. Dabei lässt man die beiden anderen Tugenden, Hoffnung und Liebe, beiseite. Diese drei bezeichnet man als die sogenannten »göttlichen Tugenden«, was bedeutet, dass sie Gott in den Mittelpunkt stellen. Um also besser verstehen zu können, was Glaube ist, muss man ihn zuerst zwischen den beiden anderen Tugenden, der Hoffnung und der Liebe, einordnen.

Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther: »Nun bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei« (1. Kor 13,13). Der Glaube, die Hoffnung und die Liebe... Wenn ihr die Leute fragt, was diese Worte für sie bedeuten, könnt ihr sicher sein, dass die meisten von ihnen nur mit den Schultern zucken werden. Einige erinnern sich vielleicht daran, dass sie in ihrer Kindheit in der Kirche von diesen drei Tugenden gehört haben, aber all das ist für sie sehr weit weg und sagt ihnen nicht viel.

Aber in Wirklichkeit glauben, hoffen und lieben alle Menschen, ganz egal, auf welcher Entwicklungsstufe sie stehen und welche Bildung sie haben. Wenn jedoch ihr Glaube, ihre Hoffnungen und ihre Liebe ihnen so viele Enttäuschungen bescheren, liegt das daran, dass sie nicht wissen, wen oder was sie zum Gegenstand ihres Glaubens, Hoffens und Liebens machen sollen und ohne Zweifel wissen sie nicht einmal, was es bedeutet, an Gott zu glauben, auf Ihn zu hoffen und Ihn zu lieben.

Ein Beispiel für die drei Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe gibt uns Jesus in der Episode in den Evangelien, wo der Teufel ihn in Versuchung führt. Ich habe euch den tiefen Sinn dieser drei Versuchungen schon mehrmals erklärt, aber es gibt noch viele Erkenntnisse, die ihr daraus gewinnen könnt:

»Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht. Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: Er wird Seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen. Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen. Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm« (Mt 4,1-11).

Wenn man die drei Vorschläge, die der Teufel Jesus macht, aufmerksam studiert, entdeckt man, dass sie sich auf die drei Ebenen, die physische, die astrale (Gefühle und Begierden) und die mentale (die Gedanken) beziehen.

Jesus hat Hunger und der Teufel schlägt ihm vor, die Steine der Wüste in Brot zu verwandeln. Das Brot ist ein Symbol für die Nahrung und im weitesten Sinne für alles, was Grundlage für unser Leben auf der physischen Ebene ist. Dann heißt es dort, dass der Teufel Jesus in die heilige Stadt brachte, also nach Jerusalem, ihn auf das Dach des Tempels stellte und ihm dort vorschlug, sich hinunterzustürzen. Um überzeugender zu wirken und zu zeigen, dass er nichts zu befürchten habe, da Gott ihn schützen werde, geht der Teufel sogar so weit, den Psalm 91 zu zitieren: »Denn er hat Seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest« (Ps 91,11-12). Der Tempel ist ein Symbol für Religion, also für das Herz. Da Jesus von seinem Vater geliebt wird und er seinen Vater liebt, versucht der Teufel, Jesus davon zu überzeugen, dass der Sohn Gottes sich immer auf himmlischen Schutz verlassen kann, was immer er auch tut.

Zuletzt führt der Teufel Jesus auf den Gipfel eines hohen Berges und verspricht ihm alle Königreiche der Erde für den Fall, dass er einwilligt, sich vor ihm niederzuwerfen. Der hohe Berg symbolisiert den Kopf, die Mentalebene, den Intellekt. Es ist nämlich der Intellekt, der den Menschen veranlasst, sich für den Herrn der Welt zu halten und sogar Gott herauszufordern. Jenen unsinnigen Stolz, der einen Teil der Engel dazu bewogen hat, sich gegen Gott aufzulehnen, wollte der Teufel auch in Jesus wecken.

Jesus aber widersteht allen Versuchungen, in die ihn der Teufel führt, da er gelernt hat, seinen physischen Körper (der physischen Nahrung stellt er die spirituellen Nahrungsquellen gegenüber), seinen Astralkörper (er will nicht ohne Grund die Liebe Gottes auf die Probe stellen) und seinen Mentalkörper (er weigert sich, sich dem Herrn gleichzustellen, er will Sein Diener bleiben) zu beherrschen.

Es ist sehr wichtig, den Sinn dieser drei Versuchungen zu verstehen, die Jesus durchmachen musste, denn auch wir müssen sie jeden Tag in unserem täglichen Leben bestehen. Und wenn wir innere Fortschritte machen wollen, müssen wir uns zuallererst mit diesem Thema befassen und diesbezüglich klar sehen. Dies beweist auch die Stelle, an der diese Episode in den Evangelien steht: Ganz am Anfang! Jesus wurde gerade durch Johannes den Täufer im Jordan getauft, hat noch nicht einmal seine ersten Jünger ausgewählt und auch noch nicht zu lehren begonnen. Wer sich in den Dienst des Herrn stellen will, muss zuerst das Problem der drei Versuchungen regeln.

Ihr werdet einwenden, dass wir dem physischen Körper, dem Herzen und dem Intellekt, die uns von Gott gegeben wurden, doch wohl die Nahrung geben müssen, die sie brauchen. Sicher, das ist absolut notwendig. Aber es gibt verschiedene Arten von Nahrung und ebenso verschiedene Wege, um sie zu suchen. Und genau dafür, nämlich uns bei der Auswahl und der Suche dieser Nahrung zu leiten, brauchen wir Hoffnung, Glaube und Liebe. Denn die Hoffnung steht mit dem physischen Körper in Zusammenhang, der Glaube mit dem Herzen oder dem Astralkörper und die Liebe mit dem Intellekt oder dem Mentalkörper.

Das Brot ist also, wenn man es sehr weit auslegt, ein Symbol für alles, was unsere physische Existenz sichert. Was tut denn jemand, der nicht auf den Herrn hofft? Er zittert um seine materielle Sicherheit und hat nur noch eine Idee im Kopf: Seine Geschäfte voranzutreiben, Reserven anzuhäufen und seine Gewinne zu maximieren. Er lässt sich nicht nur von den alltäglichsten Aktivitäten völlig vereinnahmen, sondern er wird auch verleitet, sich den anderen gegenüber ungerecht und unehrlich zu verhalten. Er hat keinerlei Skrupel, ihnen zu schaden und sie mit Füßen zu treten. So verschließt er sich den Zugang zu jeder Art von spiritueller Nahrung.

Auf Gott zu hoffen, bedeutet, sich von allen Zukunftsängsten zu befreien: Werde ich etwas zu Essen haben, etwas zum Anziehen, ein Dach über dem Kopf? In der Bergpredigt warnt uns Jesus vor der Zukunftsangst: »Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat« (Mt 6,34).

Während die Hoffnung mit dem physischen Körper verbunden ist, steht der Glaube mit dem Herz in Verbindung. Das Herz ist der Tempel, in dem Gott wohnt. Als Jesus dem Teufel antwortete: »Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen« (Mt 4,7), so bewies er damit seinen Glauben an Gott, der in ihm wohnte und er weigerte sich, Ihn herauszufordern. Denn Glaube besteht nicht darin, sich in den Abgrund zu stürzen in der Überzeugung, der Herr werde Seine Engel schicken, um uns im Fall aufzufangen. Wer meint, dass Gott die Unvernünftigen schützt, die sich absichtlich Gefahren aussetzen, hat schlicht und einfach illusorische Glaubensüberzeugungen. Und gerade weil die Menschen Glaubensüberzeugungen mit Glauben verwechseln, erleben sie dermaßen viele Enttäuschungen in ihrem Leben und so viele Misserfolge anstelle der erwarteten Erfolge.

Die dritte Versuchung schließlich, die den Kopf betrifft, kann nur mit Hilfe der Liebe überwunden werden. Der Teufel hat Jesus auf einen hohen Berg gebracht. Bei uns entspricht symbolisch betrachtet unser Kopf dem Berggipfel. Wer auf dem Gipfel angelangt ist, hat Wissen, Autorität und Macht. Aber die Geschichte hat es gezeigt: Sobald ein Mensch an die Macht kommt, kann er nur sehr schwer all den Möglichkeiten widerstehen, die sich ihm nun auftun, wie zum Beispiel Geld, Vergnügungen und Ruhm. Er glaubt, dass ihm von diesem Moment an alles erlaubt ist. Wie viele äußerst bemerkenswerte Menschen sind letztendlich zu Fall gekommen und Opfer ihres Stolzes geworden! Nur die Liebe zum Höchsten kann uns vor diesen Gefahren schützen. Wir verdanken Ihm all unsere Fähigkeiten, all unsere Talente, und wenn wir Ihn aufrichtig und innig lieben, wird uns genau diese Liebe vor dem Stolz bewahren.

Hoffnung, Glaube und Liebe sind also die einzigen Kräfte, die uns in die Lage versetzen, unser Leben unter den besten physischen, psychischen und spirituellen Bedingungen zu durchschreiten. Auf Gott zu hoffen, befreit uns von den Sorgen des materiellen Lebens. An Ihn zu glauben, befreit uns von allen Illusionen. Und ihn zu lieben, ermöglicht es uns, den Gipfel zu erreichen und dort auch bleiben zu können, ohne einen Absturz zu riskieren.

Setzt euch mit dem Leben von Menschen auseinander, die Glauben, Hoffnung und Liebe haben, seht euch an, wie sie arbeiten, wie sie immer stärker, schöner und lebendiger werden, wie sie Schwierigkeiten meistern und Prüfungen durchstehen und jede von ihnen als mögliche Bereicherung empfinden. Diese drei Tugenden erscheinen euch weit hergeholt und fremd, weil ihr sie auf zu abstrakte Weise betrachtet. Ihr spürt nicht, dass sie die drei Säulen des psychischen Lebens bilden. Um euch zu helfen, ihre Wichtigkeit zu verstehen und zu spüren, gebe ich euch eine Übung, die ihr machen sollt.

Man bezeichnet den Glauben, die Hoffnung und die Liebe als die »göttlichen Tugenden«, weil man durch sie mit Gott in Verbindung treten kann. Aber auch hierbei neigen die Menschen dazu, Gott als etwas Abstraktes zu betrachten. Wenn sie sich Ihn nicht als einen alten Mann mit langem weißen Bart vorstellen, der damit beschäftigt ist, ihre guten und vor allem ihre schlechten Taten zu notieren, um sie dafür zu belohnen oder zu bestrafen, dann wissen die meisten nicht recht, wie sie sich Ihn vorstellen sollen. Ich habe es euch jetzt schon sooft erklärt: Das beste Bild von Gott ist die Sonne, die Leben, Licht und Wärme verteilt. Nur Leben, Licht und Wärme der Sonne können uns eine Ahnung davon vermitteln, was die Kraft, die Weisheit und die Liebe Gottes sind. Jetzt liegt es an uns, mit dieser göttlichen Kraft, Weisheit und Liebe in Kontakt zu treten. Und wie können wir das? Mit Hilfe der Hoffnung, des Glaubens und der Liebe. Durch unsere Hoffnung, unseren Glauben und unsere Liebe können wir mit der Quintessenz der Gottheit in Berührung kommen, die Weisheit, Kraft und Liebe ist.

Hier also die Übung: Sprecht langsam und indem ihr euch auf jedes einzelne dieser Worte konzentriert das folgende Gebet: »Herr, ich liebe Deine Weisheit, ich glaube an Deine Liebe, ich hoffe auf Deine Kraft.« Durch unsere Liebe kommunizieren wir mit der göttlichen Weisheit, durch unseren Glauben kommunizieren wir mit der göttlichen Liebe und durch unsere Hoffnung kommunizieren wir mit der göttlichen Kraft. Dies sind sehr einfache Begriffe, die aber einiger Erklärungen bedürfen.

»Herr, ich liebe Deine Weisheit.« Die Weisheit hat etwas mit Kälte gemeinsam und die Liebe mit Wärme. Unser Herz hat viel Wärme, viel Schwung und Enthusiasmus, aber es spürt, dass es unwissend ist, dass ihm das Unterscheidungsvermögen und das richtige Maß fehlt, sodass es Gefahr läuft, zahlreiche Fehler zu begehen und zu leiden. Daher muss es das lieben und nach dem suchen, was ihm fehlt und was es braucht: nach Weisheit.

»Ich glaube an Deine Liebe...« Man braucht die Liebe nicht zu lieben, aber man sollte an sie glauben. Ein Kind glaubt an die Liebe seiner Mutter und fühlt sich deshalb bei ihr sicher. Liebe und Glaube sind miteinander verbunden. Wenn ihr an jemanden glaubt, wird er euch lieben. Liebt ihn und er wird an euch glauben. Und da die Liebe des Schöpfers das Fundament des Universums ist, ist Er es – und nur Er – dem man absolutes Vertrauen entgegenbringen kann. Unser Glaube an die Geschöpfe und Dinge hat nur dann eine solide Basis, wenn wir zunächst unseren Glauben an die göttliche Liebe entwickelt haben.

»Ich hoffe auf Deine Kraft...« So oft hört man, dass es die Hoffnung ist, die uns am Leben hält. Zu jedem Jahresbeginn wünscht man sich gegenseitig das Beste und hofft, dass das neue Jahr besser als das vergangene sein wird und Lösungen für alle Probleme bringt. Aber worauf gründen all diese Hoffnungen? Auf Geld und Waffen... auf schwache, labile Menschen. Deswegen werden diese Hoffnungen immer enttäuscht. In Wahrheit kann man nur auf die wahre Kraft und die wahre Beständigkeit zählen, die göttliche Kraft und Allmacht.

Seht ihr jetzt, wie dieses Gebet Verbindungen zur göttlichen Welt herstellt? Wenn ihr sagt: »Herr, ich liebe Deine Weisheit«, treten eure Liebe und die göttliche Weisheit miteinander in Kontakt und Gott gewährt euch, aufgrund eurer Liebe, dass ihr weiser werdet. Wenn ihr sagt: »Herr, ich glaube an Deine Liebe«, dann zieht euer Glaube die Liebe Gottes an und Gott liebt euch, weil ihr an Ihn glaubt. Wenn ihr sagt: »Ich hoffe auf Deine Kraft«, dann wendet sich eure Hoffnung an die göttliche Kraft, die dank eurer Hoffnung beginnt, euch zu schützen.

Hoffnung, Glaube und Liebe entsprechen jeweils der Form, dem Inhalt und dem Sinn. Die Hoffnung steht in Zusammenhang mit der Form (dem physischen Körper), der Glaube mit dem Inhalt (dem Herzen), und die Liebe mit dem Sinn (dem Intellekt). Die Form ist es, die den Inhalt gestaltet und schützt. Der Inhalt bringt die Kraft hervor, und die Kraft hat nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn sie einen Sinn hat.

Wenn der Mensch durch verschiedene Ereignisse enttäuscht und über sein Schicksal frustriert ist, neigt er dazu, alles in die Zukunft zu verlagern: »Schon bald, in einigen Tagen, in einigen Monaten... wird es besser gehen«. Natürlich gibt man erst zuallerletzt die Hoffnung auf, aber während man auf bessere Zeiten wartet, muss man etwas finden, worauf man sich stützen kann, um durchzuhalten. Dazu braucht man aber nicht nur den Glauben, sondern man muss auch das Leben in seinem Inneren aufrechterhalten, Wärme und Schwung bekommen und dank der Liebe bewahrt man diesen Schwung. Sonst kann die Hoffnung nur eine Flucht vor der Realität sein, und dann wird auch sie uns eines Tages verlassen.

Um niemals die Hoffnung zu verlieren, muss man den Glauben und die Liebe in seinem Inneren nähren und sie jedes Mal, wenn Schwierigkeiten auftauchen, zu Hilfe rufen. Im Allgemeinen tun die Menschen jedoch genau das Gegenteil. Bei der geringsten Enttäuschung, beim kleinsten Hindernis verschließen sie ihr Herz, verlieren den Glauben und auch die Hoffnung verlässt sie... außer jene, sich zu rächen, und das mit Mitteln, die nicht immer sehr empfehlenswert sind. Aber das beunruhigt sie nicht. Sie finden alle möglichen Argumente, um ihre feindselige und rachsüchtige Einstellung zu rechtfertigen. Wie kann man ihnen nur begreiflich machen, dass die Schwierigkeiten ganz im Gegenteil durch Glauben, Hoffnung und Liebe besiegt werden? Ja, die Schwierigkeiten bekommen wir ganz gezielt, um diese drei Tugenden zu entwickeln. Das setzt aber voraus, dass Gott Gegenstand dieses Glaubens, dieser Hoffnung und dieser Liebe ist. Diese drei Tugenden können mit den drei Seiten eines Prismas aus Kristallglas verglichen werden. Die göttliche Gegenwart ist dann der Sonnenstrahl, der auf dieses Prisma fällt und in die sieben Farben gebrochen wird.

In einem seiner Vorträge mit dem Titel »Die drei großen Kräfte« sagte Meister Peter Deunov: »Die Menschen lassen sich sehr leicht entmutigen, und um sich zu rechtfertigen, geben sie den Umständen, in denen sie leben, die Schuld. Nein, die wahre Ursache für ihre Entmutigung liegt nicht in den äußeren Umständen, sondern in dem Umstand, dass sie zu wenig Hoffnung, zu wenig Glauben und zu wenig Liebe haben. Um auf dem Lebensweg mit festen Schritten voranzuschreiten, müssen sie in sich selbst die drei Quellen – den Glauben, die Hoffnung und die Liebe – stärken. Wo befinden sich diese Quellen? Im Gehirn. Ja, in unserem Gehirn besitzen wir drei Zentren, die Antennen für den Glauben, die Hoffnung und die Liebe sind, denn Glaube, Hoffnung und Liebe sind kosmische Kräfte.«

All unsere Fähigkeiten, all unsere Tugenden haben ihren Sitz im Gehirn. Und da Glaube, Hoffnung und Liebe Tugenden sind, die uns direkt mit Gott verbinden, haben sie ihren Sitz im oberen Teil des Kopfes: Ganz oben die Liebe, ein bisschen weiter vorne beidseits der Glaube, etwas zurückgesetzt und ebenfalls beidseits, die Hoffnung.

 

 

Meister Peter Deunov sagte auch: »Der Mensch soll innerlich folgende drei Gewänder tragen: Die Hoffnung, das menschliche Gewand, den Glauben, das engelhafte Gewand und die Liebe, das göttliche Gewand. Jeden Menschen, der diese drei Gewänder Hoffnung, Glaube und Liebe trägt, nenne ich heilig...« und weiter: »Die Hoffnung löst das Problem von einem Tag, der Glaube löst das Problem der Jahrhunderte und die Liebe ist die Kraft, die die Ewigkeit umfasst.« Warum sagt der Meister, dass die Hoffnung das Problem eines Tages löst? Das führt uns zurück zu jener Passage in den Evangelien, die ich vorhin zitiert habe, wo Jesus sagte: »Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.« Ihr seht, alles passt zusammen.

Glaube, Hoffnung und Liebe... wie viele unserer Zeitgenossen nehmen diese Tugenden zur Hilfe, um die Probleme ihres Alltags zu lösen? Sie vertrauen den Fortschritten der Wissenschaften und der Technik, den Versicherungen, den Gerichten u.s.w. Aber Glaube, Hoffnung und Liebe, pah! Das war gut genug für die Vergangenheit, für das Mittelalter... sie aber sind doch moderne Männer und Frauen. Nun, wenn sie meinen, aber sie werden schon sehen. Sie werden herausfinden, ob Wissenschaften, technische Errungenschaften, Versicherungen und Gerichte es ihnen ermöglichen, all ihre Probleme zu lösen und sie glücklich zu machen... Ich sage nicht, man solle rückschrittlich sein und alle Neuerungen ablehnen. Denn wenn der universelle Geist, der die Entwicklung der Geschöpfe lenkt, den Menschen diese Richtung einschlagen ließ, dann ist das nicht ohne Grund, dann liegt das daran, dass er diese Erfahrungen für notwendig hält und die Menschheit diesen Weg durchschreiten muss. Wenn sie ihre Erfahrungen dann gemacht hat, wird sie – geläutert und um all die neuen Errungenschaften bereichert – zum Schöpfer zurückkehren. Der Mensch, der »nach dem Bilde Gottes« geschaffen wurde, muss sich nach allen Richtungen hin entwickeln, um Ihm eines Tages ähnlich zu werden. Und um Ihm ähnlich zu sein, müssen sein Glaube, seine Hoffnung und seine Liebe von der Materie mit all ihren Fallen und Versuchungen auf die Probe gestellt worden sein.

Wer gemäß dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe lebt, lebt nach den universellen Gesetzen. Mit dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe könnt ihr euer Dasein aufbauen. Ruft diese kosmischen Kräfte herbei und bittet sie um Hilfe, macht sie zu euren Beraterinnen, denn so könnt ihr wirklich euch selbst und der ganzen Menschheit helfen.

 

Kapitel 2: Das Senfkorn

Wenn jemand mit Überzeugung, Enthusiasmus und Durchhaltevermögen an eine Sache herangeht, sagt man manchmal: »Er hat einen Glauben, der Berge versetzt«. Jene, die diese Redensart benutzen, haben vielleicht vergessen, ja manche haben überhaupt nie gewusst, dass dieser Ausspruch seinen Ursprung in den Evangelien hat. Eines Tages, als Jesus seinen Jüngern ihre Ungläubigkeit zum Vorwurf machte, sagte er ihnen: »Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein« (Mt 17, 20). Aber wie soll man diese Worte interpretieren?

Es war einmal eine alte Bäuerin, die sich über einen kleinen Hügel ärgerte, der ihr die Aussicht verbaute. Jeden Morgen, wenn sie ihre Fensterläden öffnete, konnte sie es sich nicht verkneifen, über diesen Hügel zu schimpfen. Jetzt, wo sie alt und gebrechlich war, konnte sie nicht mehr so wie früher auf der Wiese ihre Kühe hüten. Wenn dieser unglückselige Hügel nicht gewesen wäre, dann hätte sie sie wenigstens von ihrem Fenster aus sehen können. Doch an einem Sonntag Morgen in der Messe sprach der Priester in seiner Predigt ausführlich über den Vers: »Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen...« (Mt 17,20). Zufrieden sagte sie sich, dass sie endlich die Lösung gefunden hatte. Am Abend, als sie ihre Fenster schloss, sprach sie ein kurzes Gebet und wandte sich dann mit bestimmtem Ton an den Hügel: »Morgen, wenn ich aufwache, will ich dich hier nicht mehr sehen, hörst du?« Dann legte sie sich ruhig schlafen. Als sie am nächsten Tag erwachte, ging sie rasch ihre Fensterläden öffnen: Der Berg hatte sich nicht gerührt. Nachdem sie ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht hatte, grollte sie: »Eigentlich wundert mich das gar nicht: Das habe ich erwartet!«

Natürlich hatte diese Frau Recht, dass sie zweifelte, denn niemand konnte jemals einen Berg bewegen, und Jesus hat auch nicht von uns verlangt, Berge zu versetzen. Man muss dieses Bild symbolisch verstehen. Der Beweis hierfür ist, dass Jesus selbst sich niemals darum gekümmert hat, Berge zu versetzen, und niemand hat das Recht das zu tun. Wozu sollte man auch? Und was würde geschehen, wenn man den Glauben der Menschen daran messen müsste, dass sie in der Lage sind, Berge zu versetzen? Welch ein Durcheinander im Gelände und beim Klima! Auch die Flüsse und die Seen würden versetzt und alles, was damit zusammenhängt. Man sollte also die Berge in Ruhe lassen. Sie haben dort, wo sie sich befinden, ihre Aufgabe zu erfüllen.

Jetzt denkt ihr: »Aber warum hat Jesus so etwas gesagt?« Es gibt sogar noch eine andere Stelle in den Evangelien, wo er zu seinen Jüngern sagte:»...wenn ihr zu diesem Berge sagt: Heb dich und wirf dich ins Meer!, so wird’s geschehen« (Mt 21,21). Wie soll man das verstehen, wenn er es nicht erklärt hat? Erinnert euch, dass Johannes am Ende seines Evangeliums berichtet, dass die Welt nicht groß genug wäre, um all die Bücher aufzunehmen, die man schreiben könnte, wenn man alles niederschreiben wollte, was Jesus gesagt und getan hat... Selbst wenn das übertrieben ist, beweist es, dass die Evangelien bei weitem nicht vollständig sind. Sie geben nur das Gerüst der Lehre Jesu wieder, und es liegt an uns, mit Hilfe des Lichtes der Einweihungswissenschaft dieses Knochengerüst mit Fleisch zu versehen.

Wenn es also nicht um die physischen Berge geht, von welchen Bergen spricht Jesus dann? Von unseren inneren, psychischen Bergen. Ja, all die Hindernisse, all die Schwierigkeiten, die wir in uns angehäuft haben, das sind die Berge, die uns den Weg verbauen und uns daran hindern voranzukommen. Ihr werdet sagen: »Gut, wir haben verstanden: Dieses Bild vom Berg betrifft die psychische Ebene. Aber kann denn unser Glaube, wie stark er auch immer sein mag, ausreichen, um mit einem Schlag einen Berg von Schwierigkeiten und Problemen zu versetzen, die wir über viele Inkarnationen angehäuft haben?« Wer hat gesagt, dass ihr ihn auf einen Schlag versetzen müsst? Wenn ihr das Bild vom Senfkorn richtig zu interpretieren wüsstet, würdet ihr verstehen, dass Jesus das nicht sagt.

Betrachten wir eine andere Stelle in den Evangelien, wo Jesus auch vom Senfkorn spricht: »Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, sodass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen« (Mt 13,31-32). Ja, das Senfkorn ist winzig, aber was macht man mit einem Korn? Man sät es, und wenn es einmal in der Erde ist, dann keimt und wächst es... In diesem Bild des Senfkorns, das Jesus verwendet, ist wichtig, dass es sich um ein Samenkorn handelt und dass ein Samenkorn dazu bestimmt ist, gesät zu werden. Wenn es dann in der Erde liegt, bleibt es nicht untätig: Wenn es gesund und von guter Qualität ist, keimt es und wird zu einem Baum. Aber nicht auf einen Schlag. Das braucht Zeit.