Der Kinderwagen-Brandstifter - Berndt Marmulla - E-Book

Der Kinderwagen-Brandstifter E-Book

Berndt Marmulla

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Beschreibung

Verrat, Verbrechen, Volkspolizei Ostberlin, 1976: Ein Brandstifter verbreitet im Bezirk Pankow Angst und Schrecken unter der Bevölkerung. In Wohnhäusern abgestellte Kinderwagen sind seine Brandziele. Doch immer, wenn die Kriminalpolizei verstärkt observiert, erfolgt kein Brand. Wie ist das zu erklären? – Hohenschönhausen, 1988: Ein sechs Monate altes Baby wird vor dem Handelshaus aus seinem Kinderwagen entführt – ein Schreckensszenario für die Eltern. Endlich führt der Hinweis einer alten Dame die Ermittler auf die richtige Spur. – Prenzlauer Berg, 1970: Ein Unbekannter hat ein zehnjähriges Mädchen in einem Hauskeller in der Schönhauser Allee unsittlich belästigt. Einiges spricht dafür, dass die Polizei den Täter im Tageskino "Skala" stellen kann. Dieser Band versammelt ungewöhnliche Kriminalfälle aus der ehemaligen Hauptstadt der DDR – hochspannend und garantiert authentisch! Berndt Marmulla, seit den 1960er Jahren Polizist, schied als Kriminaloberrat aus dem aktiven Dienst aus. In Ostberlin leitete er das Dezernat für Schwere Verbrechen und Serientäter, in Westberlin bekämpfte er Straftaten im Raubdezernat. In der Reihe Blutiger Osten erschien von ihm bereits "Ein Mord wie im Kino" (2015).

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Berndt Marmulla

Der Kinderwagen-Brandstifter

und vier weitere Verbrechen

Bild und Heimat

Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wurden alle ­Namen von Tätern und Opfern sowie Tatorte verfremdet. Namensgleichheiten sind dem Zufall zuzuschreiben.

Bildnachweis

BArch Bild 183-33244-0001 / Zimmermann: S. 103 u.; BArch Bild 183-C1120-0007-003 / Friedrich Gahlbeck: S. 110 o.; BArch Bild 183-54783-0005 / Baier: S. 110 u.

Alle anderen Abbildungen stammen aus dem Privatarchiv des Autors.

Leider konnten nicht in allen Fällen die Rechteinhaber ermittelt werden. Berechtigte Ansprüche bleiben gewahrt.

ISBN 978-3-95958-783-9

1. Auflage dieser Ausgabe

© 2019 by BEBUG mbH / Bild und Heimat, Berlin

Umschlaggestaltung: capa

Umschlagabbildung: Chris Keller / bobsairport

In Kooperation mit der SUPERillu

www.superillu-shop.de

Der Kinderwagen-Brandstifter

Es war noch hell draußen, als Werner Kaiser sich von zu Hause auf den Weg zur Gaststätte im Zentrum Pankows machte. Der Arbeitstag war wieder einmal anstrengend gewesen, und Werner Kaiser wollte noch ein Bier in »Zum Eck« in der Hadlichstraße zu sich nehmen. Andernfalls würde er wieder mit seiner Frau Gertrud daheim auf dem Sofa einnicken. Er mochte es im »Eck«, und wenn der Wirt Dieter gut gelaunt war, konnte man durchaus auch mal ein paar Worte mit ihm wechseln. Gertrud war ihm selten eine Abwechslung mit ihren Berichten aus der Bäckerei. Dieter hingegen konnte kurze, knackige Geschichten aus seinem Leben hinter dem Tresen erzählen, die Werner Kaiser von seinem eintönigen Alltag ablenkten.

Auf der Straße wehte ein lauer frühsommerlicher Wind durch die Bäume, die gegenüber seinem Wohnhaus in der Vesaliusstraße standen. Er mochte die Bäume, die in einer kleinen Anlage gepflanzt waren. Er konnte sich noch daran erinnern, wie klein sie damals waren, vor 20 Jahren, als er mit Gertrud in diesen Teil Pankows zog. Inzwischen kannte er die Gegend wie seine Westentasche, Hinterhöfe noch und nöcher gab es hier. Insbesondere in der Damerowstraße eröffnete sich der so typische Blick auf weitere Höfe, sobald man den Innenhof eines an der Straße liegenden Wohnhauses betreten hatte. Teilweise konnte man nicht einmal mehr die Straße durch die Tore sehen, wenn man sich über den einen Hinterhof zum nächsten bewegt hatte. Zusätzlich zu den Höfen gab es auch Gärten, Spielplätze und kleine Lauben, die immer wieder auf den Höfen auftauchten. Im Winter musste man sich hier mit den dicken, schlammigen Reifenspuren der Kleinlaster abmühen, die die Kohle in die Hinterhäuser brachten.

Eigentlich war es doch auch noch nicht allzu lange her, dass die Kohle mit Pferdefuhrwerken gebracht wurde. Doch der Wandel ließ sich schlicht und ergreifend nicht aufhalten. So fand sich Werner Kaiser in einer Realität wieder, die er bei bestem Willen nicht hätte vorhersehen können. Immer mehr Autos fuhren auf Ostberlins Straßen, und dementsprechend war es auch lauter in der Stadt geworden. So war es nur gut, dass er mit Gertrud ein bisschen aus dem Zentrum Pankows in Richtung Heinersdorf gezogen war. Hier war es ruhiger, hier fuhren nur die Leute mit ihrem Auto, die auch tatsächlich etwas in dieser Ecke Pankows zu bestellen hatten. Und eigentlich lebten hier sowieso nur wenige, die bereits an ein Auto gekommen waren.

Übersicht Tatorte, Wohnort des Täters

Vorbei an der kleinen Grünanlage lief er die Damerow­straße entlang, die genau auf die Hadlichstraße führte. Ab und zu hörte er aus den Hinterhöfen Stimmen von Kindern, die sich anscheinend bei irgendeinem Ballspiel vergnügten und bald von ihren Eltern ins Haus gerufen werden würden. Es war immerhin halb acht, der Sandmann war schon lange vorbei, und Werner Kaiser wunderte sich, dass die Eltern ihre Kinder überhaupt noch draußen spielen ließen. Man wusste schließlich nie, welche zwielichtigen Gestalten sich an so einem lauen Sommerabend auf den Straßen bewegten.

Ein ockerfarbener Trabant stotterte an ihm auf der Straße vorbei. Er sah ihm hinterher und fragte sich, ob auch er einmal solch ein Fahrzeug besitzen würde. Gertrud drängte ihn immer wieder, sich endlich auch darum zu bemühen, doch er zögerte. Schließlich verdienten sie beide nicht viel. Ausreichend schon und immerhin genug für ihren alljährlichen Sommerurlaub an der Müritz. Aber für ein Auto war das bei weitem nicht genug. Der Gedanke an den Sommerurlaub ließ ihn ein wenig aufatmen. In gut zwei Monaten würden sie wieder aufbrechen. Ein bisschen Ruderboot fahren, in der Hollywoodschaukel sitzen und der eine oder andere Spaziergang mit Gertrud an den Seen entlang. Das wirkte eigentlich vielversprechend, und er kam nicht umhin, ein wenig zu lächeln. Endlich mal raus aus Berlin, um wieder ein bisschen frische Luft zu schnappen und die Seele baumeln zu lassen. Das tat er eh viel zu selten. Voller Vorfreude beschleunigte er seinen Schritt. Meist kaufte er noch eine Flasche Schnaps bei Dieter, um auch zu Hause noch einen vor dem Schlafengehen trinken zu können. Vielleicht trank Gertrud ja heute auch mal einen mit ihm, er würde auch sicher keinen »Blauen Würger« kaufen. Heute war ein guter Tag, und ihm war sogar ein wenig zum Feiern zumute.

In seiner Freude ließ er seinen Blick aufmerksam hin und her wandern. Auf einem auf der linken Straßenseite gelegenen Hinterhof erblickte er dabei etwas sehr Interessantes. Ein kurzer Stoß Adrenalin durchfuhr ihn, er konnte seinen Augen kaum trauen. Konnte dieser Abend überhaupt noch besser werden? Vor der Haustür im zweiten Hinterhof stand mutterseelenallein ein heller Kinderwagen. Ganz fahrig strich sich Werner Kaiser durch die langen Haare und machte sich schnell davon, weiter in Richtung »Zum Eck«. Seine linke Hand ruhte dabei in der Tasche seiner hellen Sommerjacke und spielte miteinem Feuerzeug, das immer wieder gegen einen kleinen Behälter Feuerzeugbenzin stieß. Jetzt hatte Werner Kaiser es besonders eilig.

Volkspolizeiinspektion Berlin-Pankow

Die S-Bahn, die gerade den Bahnhof in Richtung Heinersdorf verließ, wirkte heute besonders schwerfällig, dachte sich Oberleutnant Bernhard Greifenberg, als er aus seinem Wohnhaus trat. Es war ein glücklicher Umstand, dass er nur die Treppen hinuntergehen und einmal die Berliner Straße überqueren musste, um zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Gerade hatte Greifenberg noch eine Tasse Kaffee und ein kleines Frühstück mit seiner Frau zu sich genommen und aus dem Küchenfenster seine Wohngegend in Pankow gemustert. Alles schien ganz gemächlich vonstatten zu gehen, und er war frohen Mutes, dass heute in der Besprechung der Arbeits- und Kommissariatsleiter nichts Neues anfallen würde. Dann könnte er endlich einmal den Berg an Akten bearbeiten, der schon seit einigen Tagen die Arbeitsfläche auf seinem Tisch immer kleiner werden ließ.

Punkt 7.29 Uhr betrat der Oberleutnant die Polizei­inspektion und spurtete die Treppen hoch in die vierte Etage – der Leiter Kriminalpolizei mochte keine Verspätungen. Greifenberg grüßte freundlich die Anwesenden im Besprechungsraum:

»Guten Morgen, Genossen!«

Major Graulich entgegnete etwas grimmig:

»Guten Morgen miteinander. Es ist 7.30 Uhr, verehrte Genossen, und ich stelle fest, dass wir vollständig sind und mit der Besprechung beginnen können.«

VP-Inspektion Berlin-Pankow (1976)

Greifenberg schob sich einen Stuhl zurecht und setzte sich zwischen Schneider vom Kommissariat V (Fahndung) und Gronowski von der Arbeitsgruppe »Bekannte Täter« (Kommissariat III). Er arbeitete eng mit Gronowski zusammen, denn Greifenbergs Arbeitsgruppe »Schwere Straftaten« war immer auch auf Hinweise von Gronowski angewiesen. Manchmal ließen sich Straftaten ganz leicht mit einem Blick ins Register bekannter Straftäter klären.

»Morgen, Gronowski, du siehst ja heute mal wieder besonders ausgeschlafen aus. Warst du gestern wieder ein bisschen zu lange im ›Kissingeneck‹?«, fragte Greifenberg grinsend seinen schläfrig dreinblickenden Kollegen.

»Na, du weißt doch, wie das ist, Bernhard, da gehste nur mal schnell nach Feierabend zu Heinz an den Tresen, und kaum guckste auf die Uhr, isses schon wieder zwölfe. Werde mir gleich nen starken Kaffee kochen lassen, und dann geht das.«

»Genossen!«

Major Graulich riss die Aufmerksamkeit an sich und unterbrach Greifenbergs und Gronowskis kleine Morgen­unterhaltung:

»Kommen wir doch direkt zum Kern meiner Besorgnis. Gestern Abend gab es bereits den dritten Kinderwagenbrand in einem Hinterhof der Damerowstraße, diesmal auf Höhe der Klausthaler Straße.«

»Ist jemand zu Schaden gekommen?«, fragte Greifenberg sachlich.

»Nein, auch diesmal nur erheblicher Sachschaden. Das Tor zum dritten Hinterhof ist vollständig von Ruß bedeckt, und die Tür zum Nebeneingang ist ausgebrannt. Die Mieter des Hauses und der Umgebung sind sehr besorgt.« Graulich blickte ernst in die Runde und fuhr fort:

»Langsam müssen wir Fortschritte machen, das wird schon jetzt zu heiß! Ihr Zuständigkeitsbereich, Oberleutnant Greifenberg, was schlagen Sie vor?«

Greifenbergs soeben noch gehegte Hoffnung, die alten Akten endlich beiseiteschieben zu können, zerschlugen sich mit Graulichs Frage. Also doch etwas Neues, um das er sich intensiver kümmern muss. Er blickte in die Runde der Kollegen und sagte:

»Ja, das nimmt leider gefährliche Ausmaße an. Gronow­ski, wie siehts denn bei euch aus, haben die Überprüfungen bekannter Täter schon etwas ergeben?«

Es dauerte eine Zeitlang, bis Gronowski reagierte. Graulich richtete einen kritischen Blick auf ihn, der den Angesprochenen offenbar aus seinen Tagträumen holte:

»Na, wir haben sämtliche bekannte Täter, die zurzeit bei uns in Bearbeitung sind überprüft – auch die in Untersuchungshaft befindlichen. Alle haben hieb- und stichfeste Alibis, selbst die ABVs können einige Alibis bestätigen, aber bisher keine Hinweise geben.«

ABVs, so nannte man abkürzend die Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei.

»Offenbar handelt es sich also um einen noch nicht bei uns erfassten Täter«, schlussfolgerte Greifenberg aus Gronowskis Satz nachdenklich und fuhr fort:

»Ich habe doch gerade zwei besonders pfiffige Studenten von der Kriminalistik der HU als Praktikanten bei mir. Ich werde sie zusammen mit Kriminalist Gehrke aus meiner Arbeitsgruppe in den Tatortbereich zur nochmaligen Ermittlung eventueller Zeugen schicken.«

»Immer den Nachwuchs im Blick, was, Greifenberg? Einverstanden. Setzen Sie die Jungs ran, und dann wissen wir hoffentlich morgen schon was Neues. Die Streifen werden natürlich auch informiert«, antwortete Major Graulich. »Gibt’s sonst noch was Neues, Genossen?«

Einstimmiges Kopfschütteln ging durch die Runde, und der Leiter Kriminalpolizei reagierte entsprechend: »Na dann, ab an die Arbeit!«

Greifenberg erhob sich von seinem Stuhl, dankte Gronowski und ging in sein Büro. Dort angekommen, rief er seine Kollegen Charlie Braun, Freddy Gehrke sowie die beiden Studenten Müller und Heinrich zu sich. Greifenberg schätzte vor allem Charlie Braun. Sehr viele Jahre hatten sie nun schon zusammengearbeitet und waren gut aufeinander abgestimmt. Aber ebenso wie Gronowski war auch Braun manchmal etwas leichtfertig. Hin und wieder musste Greifenberg Charlie motivieren und ihn an seine Tugenden erinnern. Aber alles in allem war er ein dufter Typ. Gerade bei der Vernehmung von Zeugen oder Tatverdächtigen verstanden sie sich hervorragend.

Freddy Gehrke war ebenfalls ein richtiger Profi, äußerst wortkarg, aber effizient. Jedes Wort, das er aussprach, hatte Hand und Fuß, und im Außeneinsatz war er eine Wucht. Freddy war vor einem Jahr inGreifenbergsArbeitsgruppe »Schwere Straftaten« gekommen und hatte sich schnell den Ruf eines richtigen Spürhunds erarbeitet, allerdings war er oft etwas launisch, so dass ihm die meisten eher aus dem Weg gingen.

Die Studenten waren für drei Monate Teil der Arbeitsgruppe, um praktische Erfahrungen sammeln zu können. Die Kooperation mit der Kriminalistik der Humboldt-Universität war fast schon eine Institution geworden. Die Kriminalisten der HU waren einfach sehr gut ausgebildet. Viele Dienststellen in der DDR hofften darauf, Absolventen nach dem Studium bei sich einsetzen zu können. Selbst im Ausland, hörte man über Umwege, beneidete man die Kriminalistik-Ausbildung der altehrwürdigen Humboldt-Uni.

»Na, Männer, habt ihr alle ausgeschlafen? Pankow zeigt sich heute mal wieder von seiner besten Seite«, begrüßte Greifenberg seine Kollegen.

»Ach, Bernhard, jetzt wissen wir doch schon wieder ganz genau, dass es was Neues gibt. Los, raus mit der Sprache«, witzelte Charlie Braun.

»Du kennst mich eben einfach schon viel zu gut, Charlie. Es gab mal wieder einen Brand in der Damerowstraße. Zweiter Hinterhof, erheblicher Sachschaden und natürlich kein gefasster Täter«, erwiderte Greifenberg.

»Wahrscheinlich schon wieder so ein feiger Schweinehund, der sich im Schutz der Dunkelheit am Feuer aufgeilt. Was machen wir, Chef?«, fragte Freddy mit seiner üblichen Schnoddrigkeit und beteiligte sich so an der morgendlichen AG-internen Runde.

»Sicher hast du recht, meckernbringt uns aber auch nicht weiter. Ich habe vorgeschlagen, dass du, Freddy, mit unseren beiden Jungkriminalisten mal dem engeren und weiteren Bereich des letzten Tatorts einen Besuch abstattest und dass ihr euch bei den Bewohnern genauer umhört«, sagte Greifenberg, während er Müller und Heinrich freundlich zunickte, »und dann werden wir weitersehen. Gronowski überprüft nach wie vor die in Bearbeitung befindlichen Täter und das Kommissariat I seine Informanten.«

»Das geht in Ordnung, Bernhard. Sollte ich sonst noch etwas übernehmen?«, fragte Freddy.

»Ja, eine Sache noch. Konsultiert doch maldie für den Tatortbereich zuständigen Abschnittsbevollmächtigten. Wer weiß, vielleicht ergeben sich aus dieser Richtung noch Hinweise.«

Freddy nickte und zog sich in seine grimmige Gestalt zurück. Er brachte noch ein knappes: »Ihr habt gehört was Sache ist, Müller! Heinrich!«, hervor, warf sich einen beigen Sommermantel über die Schultern und verließ das Büro mit den beiden hinterhereilenden Studenten. Charlie musste kurz auflachen:

»Na, der scheint ja mal wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein. Und womit vergnügen wir uns heute, Bernhard?«

»Kannst du uns vielleicht erst einmal einen Kaffee besorgen? Dann setzen wir uns kurz zusammen und besprechen die bisherigen Ermittlungsergebnisse. Vielleicht haben wir es ja auch mit einer politisch motivierten Tat zu tun«, sagte der Oberleutnant.

»Alles klar. Ich glaube, dass Sigrid gerade welchen aufgesetzt hat. Wie immer mit ein bisschen Kaffeesahne?«

»Wie immer. Danke, Charlie.«

Charlie verließ das Büro, und Greifenberg konnte sich endlich hinter seinen Schreibtisch setzen, die eine oder andere Akte hin- und herschieben und kurz verschnaufen.

Ein erster Verdacht

In der Regel war für Greifenberg der Aufenthalt hinter Papierbergen eine leidige Beschäftigung. Doch was konnte man schon tun, wenn man auch alles bis in das kleinste Detail dokumentieren musste? Schließlich sollten alle Erkenntnisse einmal Beweiskraft haben, da musste man eben akkurat arbeiten. Greifenberg griff nach einer Akte auf dem Stapel, der ihm am nächsten lag. Die Topfpflanze, die dahinter stand, konnte er gerade noch sehen und feststellen, dass er sie wieder einmal gießen müsste. Die Akte behandelte den Fall eines Brandstifters, der bekannt war für seine politisch motivierten Aktionen. Der Brandstifter hegte einen abgrundtiefen Hass gegen die DDR-Staatsideologie und versuchte offenbar, durch die Brandsätze seinen Frust loszuwerden. Momentan saß er nicht hinter Gittern. Greifenberggrübelte. Irgendwie passte der Fall aber nicht zu den Indizien der aktuellen Brände in der Damerowstraße und Umgebung, und Gronowski hatte doch die bekannten Täter überprüfen lassen.

Während Greifenberg noch in sich versunken hinter seinem Schreibtisch saß, betrat Charlie mit zwei dampfenden Tassen Kaffee das Büro.

»Bernhard, hier kommt der Kaffee. Was sagt die Aktenlage?«

»Der kommt genau richtig, Charlie. Danke. Kannst du dich noch an den Fall ›Staatsfeind‹ erinnern?«, fragte Greifenberg im Aufstehen begriffen und nach der Tasse in Charlies linker Hand langend.

»Na klar, das war doch dieser Typ, der möglichst spektakuläre Brände legte. Denkst du, dass er damit was zu tun hat?«

»Ich weiß nicht so recht, schließlich finden die Brände immer in der gleichen, eher abgelegenen Umgebung statt. Hinterhöfe. Hauseingänge. Treppenhäuser. Und dann immer an der Damerow. Was hältst du davon?«