Der König der Welt & Geistige Autorität und weltliche Macht - René Guénon - E-Book

Der König der Welt & Geistige Autorität und weltliche Macht E-Book

René Guénon

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Beschreibung

In der Studie "Der König der Welt" befasst sich René Guénon mit der äußeren Erscheinung des höchsten Prinzips in unserer Welt, die sich innerhalb der zeitlichen Zyklen in Form verschiedener geistiger Zentren manifestiert. Viele traditionelle Symbole wie z. B. der Heilige Gral sind eng mit ihrem Erscheinen und Verschwinden sowie der Suche nach ihnen verbunden. Ihr Verständnis ist eine wesentliche Grundlage für die Erkenntnis der wahren geistigen Zusammenhänge in der uns umgebenden Welt. Die zweite in diesem Band enthaltene Studie Guénons, "Geistige Autorität und weltliche Macht", setzt ihren Schwerpunkt auf den hierarchischen Aufbau einer traditionellen Gesellschaft und dabei insbesondere auf das richtige Verhältnis zwischen der geistigen Autorität und der weltlichen Macht. Dieses Wissen ist in der modernen Welt völlig verschwunden, was ein wesentlicher Grund für die allgegenwärtigen Fehlentwicklungen und den geistigen Verfall darstellt, der für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in den vergangenen Jahrhunderten so kennzeichnend ist. Beide Studien befassen sich eingehend mit grundlegenden Themen der traditionellen Lehre und sind essentiell für ihr Verständnis. Guénon ist zu danken, dass er diese im modernen Westen unbekannte Wahrheiten in aller Klarheit wieder zugänglich gemacht hat. Der vorliegende Band "Der König der Welt / Geistige Autorität und weltliche Macht" stellt zusammen mit den Bänden "Osten und Westen", "Die Krise der modernen Welt" sowie "Die Herrschaft der Quantität und die Zeichen der Zeit" Guénons grundlegende Kritik an der modernen westlichen Zivilisation dar. Gleichzeitig sind diese Bände auch die notwendige Grundlage, um die von Guénon vertretene traditionelle Geisteshaltung verstehen und verinnerlichen zu können, die er in seinen weiteren Werken über den Hinduismus, den Taoismus, das Christentum, den Islam sowie in Betrachtungen zur Metaphysik, Initiation und Symbolik im Allgemeinen vertieft. Nach über 20 Jahren der Vorbereitung sind die meisten dieser Werke nun erstmals in deutscher Sprache zugänglich und ermöglichen es, dem interessierten deutschsprachigen Leser tiefer in die traditionelle Denkweise und die Lehre der metaphysischen Prinzipien vorzudringen.

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Dieser Band umfasst folgende französische Originalausgaben:

LE ROI DU MONDE © Éditions Gallimard 1958

AUTORITE SPIRITUELLE ET POUVOIR TEMPOREL © Les Éditions de la Maisnie 1929

Deutsche Ausgabe:BAND 3: DER KÖNIG DER WELT & GEISTIGE AUTORITÄT UND WELTLICHE MACHT

Übersetzung aus dem Englischen durch Ingo Steinke

Herausgeber der deutschen Ausgabe: Ingo Steinke

Kontakt: [email protected]

Inhalt

VORWORT DES HERAUSGEBERS

TEIL 1: DER KÖNIG DER WELT

1. AGARTTHA AUS SICHT DES WESTENS

2. KÖNIGTUM UND PAPSTTUM

3. SHEKINAH UND METATRON

4. DIE DREI HÖCHSTEN FUNKTIONEN

5. DIE SYMBOLIK DES HEILIGEN GRALS

6. MELKI-TSEDEQ

7. LUZ: DIE WOHNSTÄTTE DER UNSTERBLICHKEIT

8. DIE VERBORGENHEIT DES HÖCHSTEN ZENTRUMS

9. DER OMPHALOS UND DIE HEILIGEN STEINE

10. NAMEN UND DARSTELLUNGEN VON GEISTIGEN ZENTREN

11. DIE ÖRTLICHKEIT GEISTIGER ZENTREN

12. EINIGE SCHLUSSFOLGERUNGEN

TEIL 2: GEISTIGE AUTORITÄT UND WELTLICHE MACHT

VORWORT

1. AUTORITÄT & HIERARCHIE

2. DIE FUNKTIONEN DES PRIESTERTUMS UND DES KÖNIGTUMS

3. ERKENNTNIS & HANDLUNG

4. DIE NATUR DER BRAHMINS UND DER KSHATRIYAS

5. DIE ABHÄNGIGKEIT DES KÖNIGTUMS VOM PRIESTERTUM

6. DER AUFSTAND DER KSHATRIYAS

7. DIE ANEIGNUNG DES KÖNIGTUMS

8. DAS IRDISCHE UND DAS HIMMLISCHE PARADIES

9. DAS UNVERÄNDERLICHE GESETZ

ÜBER RENÉ GUÉNON

DIE WERKE RENÉ GUÉNONS IN DEUTSCHER AUSGABE

Vorwort des Herausgebers

Der vorliegende Band Der König der Welt & Geistige Autorität und weltliche Macht umfasst die beiden Studien Le Roi du Monde und Autorité Spirituelle et Pouvoir Temporel, die 1927 und 1929 von René Guénon veröffentlicht wurden. Aufgrund ihrer Kürze und einer gewissen inhaltlichen Nähe haben wir uns entschlossen, beide Studien für die deutsche Ausgabe in einem Band zusammenzufassen. Beide Studien befassen sich mit grundlegenden Themen zur Erscheinung traditioneller Formen in unserer Welt und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Vieles davon ist in der heutigen Welt – und insbesondere im modernen Westen – nicht mehr bekannt oder wird unabsichtlich oder mit bösem Willen völlig verfälscht wiedergegeben.

In der Studie Der König der Welt befasst sich Guénon in erster Linie mit der äußeren Erscheinung des höchsten Prinzips in unserer Welt, die sich innerhalb der zeitlichen Zyklen in Form verschiedener „geistiger Zentren“ manifestiert. Viele traditionelle Symbole sind eng mit ihrem Erscheinen und Verschwinden sowie der Suche nach ihnen verbunden. Ihr Verständnis ist eine wesentliche Grundlage für die Erkenntnis der wahren geistigen Zusammenhänge in der uns umgebenden Welt und unabdingbar für das Erlangen initiatischen Wissens.

Die Studie Geistige Autorität und weltliche Macht setzt ihren Schwerpunkt auf einen besonders wichtigen Aspekt der traditionellen Lehre, der den hierarchischen Aufbau einer traditionellen Gesellschaft und dabei insbesondere das richtige Verhältnis zwischen der geistigen Autorität und der weltlichen Macht klärt. Dieses Wissen ist in der modernen Welt allem Anschein nach völlig verschwunden, was ein wesentlicher Grund für die allgegenwärtigen Fehlentwicklungen und den geistigen Verfall darstellt, der für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in den vergangenen Jahrhunderten so kennzeichnend ist. Die Störung oder die Umkehrung dieses Verhältnisses ist kennzeichnend für den Zyklus, in dem wir heute leben. Sie ist einer der Faktoren, der am Ende des Zyklus nicht nur zur Auflösung der Gesellschaft, sondern auch zur Auflösung der Welt als solcher führen wird.

Anders ausgedrückt lässt sich sagen, dass die Studie Der König der Welt die Metaphysik und ihren Ausdrucksformen in den Vordergrund stellt, während die Studie Geistige Autorität und weltliche Macht ihren Schwerpunkt auf einen bestimmten Teil dieser Lehre beschränkt, dessen unmittelbare Folgen sich direkt und in großem Maße auf die menschliche Gesellschaft auswirken. Dieser Zusammenhang ist von grundsätzlicher Bedeutung, denn soll die metaphysische Lehre nicht nur abstrakt, theoretisch und ohne Bezug zum Leben bleiben, so ist das Erkennen und Verstehen ihrer Auswirkungen und Folgen auf die Welt im Allgemeinen und auf die das Individuum im Speziellen umgebende Wirklichkeit notwendig. Nur durch die Kombination beider Aspekte, also dem theoretischen Wissen und dessen praktische Auswirkungen, ist ein wahres Verständnis der höheren Zusammenhänge möglich. Dies gilt im Übrigen für jegliche Art von Wissen, doch gerade im geistigen Bereich wird wahre Erkenntnis nur aus dieser Kombination gewonnen. Wissen über geistige Zentren, Erscheinungsformen des Göttlichen und hierarchische Beziehungen innerhalb einer traditionellen Gesellschaft mag als solches interessant sein, kann aber nur dann berühren oder „die Augen öffnen“, wenn etwas im Inneren des Empfängers direkt angesprochen und geweckt wird. Eine Art von Ahnung, die in jedem Individuum verborgen ist und von jedem selbst gefunden und zugelassen werden muss, ist der „Funke“ der das „Feuer“ erwachen lässt. Der in der westlichen Welt so ausgeprägte Verstand muss hier zurücktreten, damit das „Herz“ nach Erkenntnis „brennen“ kann. So ist zu hoffen, dass die vielfältigen Themen der vorliegenden beiden Studien Guénons nicht nur einen abstrakten Wissensdurst befriedigen, sondern im Inneren des Lesers eine Saite zum Erklingen bringen, deren unwiderstehlicher Klang den einseitig auf das Weltliche gerichteten Blick auf die dahinter verborgene geistige Welt weiten lässt und zur Suche nach wahrer Erkenntnis motiviert.

I. Steinke

München, im Juli 2021

Teil 1: Der König der Welt

1. Agarttha aus Sicht des Westens

Das Buch Mission de l’Inde von Saint-Yves d’Alveydre, das 1910 posthum veröffentlicht wurde, enthält die Beschreibung eines geheimnisvollen initiatischen Zentrums, das Agarttha genannt wird. Viele Leser dieses Buches haben zweifellos angenommen, dass es sich dabei um eine rein fiktive Geschichte ohne Bezug zur Wirklichkeit handle. Und wenn man die Beschreibungen wörtlich versteht, so enthalten sie tatsächlich Punkte, die eine solche Annahme rechtfertigen – zumindest aus Sicht jener, die daran gewöhnt sind, alles nur dem äußeren Anschein nach zu verstehen. Der Autor hatte also gute Gründe, das Buch zu seinen Lebzeiten nicht zu veröffentlichen, obwohl er es lange zuvor bereits fast vollständig fertiggestellt hatte. Erst nach Erscheinen dieses Buches erlangte der Ort Agarttha und dessen Führer, der Brahmātmā genannt wird, in Europa einen gewissen Bekanntheitsgrad. Zuvor war dieser Ort nur von Louis Jacolliot (1837 - 1890) erwähnt worden, wobei dessen Glaubwürdigkeit darunter litt, dass er eher als ein oberflächlich arbeitender Autor galt. Unserer Ansicht nach hatte Jacolliot von diesen Dingen während eines Aufenthalts in Indien gehört und sie dann mit seiner eigenen Phantasie ausgeschmückt, so wie er dies bei vielen anderen Themen ebenfalls tat.1 Im Jahr 1924 erschien jedoch völlig unerwartet ein weiteres Buch, das einige Beschreibungen enthielt, die nahezu identisch zu jenen von Saint-Yves über Agarttha sind. Es trägt den Titel Beasts, Men and Gods und der Autor Ferdinand Ossendowski beschreibt darin seine abenteuerliche Reise durch Zentralasien, die er in den Jahren 1920 und 1921 unternahm. Wir sind der Meinung, dass die Aufregung, die die Veröffentlichung dieses Buches hervorgerufen hat, ein guter Anlass ist, nun das Schweigen um dieses initiatische Zentrum zu brechen.

Negativ gesonnene Kritiker warfen Ossendowski natürlich vor, bei Saint-Yves einfach abgeschrieben zu haben. Als Beweis führten sie dafür alle übereinstimmenden Passagen der beiden Bücher auf und tatsächlich sind viele derartige Stellen zu finden, die bis ins Detail eine erstaunliche Übereinstimmung aufweisen. So beschreibt Saint-Yves in einer unglaubwürdig klingenden Passage die Existenz einer unterirdischen Welt, deren Ausläufer unter allen Kontinenten und selbst unter den Ozeanen zu finden sei. Über sie sei auch ein geheimer Austausch mit allen Teilen der Welt möglich. Ossendowski bestätigt diese Ausführungen, allerdings fügt er hinzu, dass er dies nicht aufgrund eigener Erfahrungen tue und deshalb nicht wisse, was er davon halten solle. Doch immerhin führt er den gleichen Punkt an und verweist auf Berichte, die er von Leuten gehört habe, auf die er im Verlaufe seiner Reise getroffen sei. In einer weiteren Übereinstimmung wird der „König der Welt“ vor dem Grab seines Vorgängers dargestellt und dabei die Frage nach dem Ursprung der Zigeuner gestellt, über die neben weiteren Theorien auch gesagt wird, dass sie aus Agarttha stammen würden.2 Saint-Yves schreibt in diesem Zusammenhang noch, dass während bestimmter Augenblicke, die bei unterirdischen Feiern der „kosmischen Mysterien“ auftreten, Einheimische bewegungslos verharren und sich selbst die Tiere ruhig verhalten würden. Und Ossendowski versichert, dass er selbst bei einem solchen Moment des „universalen Nachsinnens“ zu gegen gewesen sei.3 Das bedeutendsten Beispiel für diese Übereinstimmungen ist allerdings, dass beide über eine heute verschwundene Insel erzählen, auf der außerordentliche Menschen und Tiere gelebt hätten. An dieser Stelle zitiert Saint-Yves die Zusammenfassung der Reise von Iambulos, die von Diodorus in Teilen wiedergegeben wurde, wogegen Ossendowski die Reise eines in der Antike lebenden Buddhisten aus Nepal anführt. Ihre Beschreibungen unterscheiden sich kaum und wenn zwei Versionen dieser Geschichte aus so unterschiedlichen Quellen zitiert werden, wäre es wünschenswert, die ursprüngliche Quelle ausfindig machen und im Detail analysieren zu können.

Auch wenn wir diese Übereinstimmungen hier aufgeführt haben, so möchten wir doch betonen, dass wir keinesfalls denken, dass Ossendowski bei Saint-Yves abgeschrieben hätte. Wir möchten diesen Punkt auch nicht weiter betrachten, da er für das, worum es uns geht, von untergeordnetem Interesse ist. Es ist uns aus anderen Quellen bekannt, dass derartige Erzählungen in der Mongolei und Zentralasien verbreitet sind und sich Ähnliches in den Traditionen fast aller Völker finden lässt. Selbst wenn Ossendowski aus Mission de l’Inde kopiert hätte, ist es nicht nachvollziehbar, warum er gewissen Passagen ausgelassen oder die Schreibweise gewisser Begriffe verändert haben sollte, wie beispielsweise Agharti anstelle von Agarttha. Es ist aus unserer Sicht daher naheliegender, die Annahme zu untersuchen, dass seine Informationen aus einer mongolischen Quelle stammen, während Saint-Yves sie von einer hinduistischen Quelle erhielt (über ihn ist auch bekannt, dass er zu mindestens zwei Hindus engen Kontakt pflegte).4 Anders lässt sich beispielsweise nicht erklären, warum er den Titel „König der Welt“ verwendet hat, um den Kopf einer initiatischen Hierarchie zu bezeichnen, da dieser Titel in Saint-Yves Buch überhaupt nicht vorkommt. Und selbst wenn man eine gewisse Anzahl an Entleihungen eingesteht, bleibt immer noch die Tatsache, dass Ossendowski Dinge anführt, die kein Gegenstück in Mission de l’Inde haben und er sicher nicht über die Kenntnisse verfügt hatte, sie in ihrer Gesamtheit zu erfinden. Er hat sich mehr mit Politik abgegeben als mit Vorstellungen und Lehren aus dem religiösen oder geistigen Bereich, so dass sich annehmen lässt, dass er die wahre Bedeutung dieser Dinge, die sich auf den esoterischen Bereich beziehen, nicht erkannt hat. So berichtet er beispielsweise von einem „schwarzen Stein“, der ursprünglich vom „König der Welt“ an den Dalai Lamagesendet und dann nach Urga in der Mongolei gebracht worden sei. Dort sei dieser Stein dann vor ungefähr hundert Jahren verschwunden.5 In vielen Traditionen spielen „schwarze Steine“ eine wichtige Rolle und wir möchten als Beispiele nur den symbolischen Stein der Göttin Kybele anführen und den Stein, der sich in der Kaaba in Mekka befindet.6 Ein weiteres Beispiel ist der Bogdo-Khan, der auch „Lebender Buddha“ genannt wird und in der Mongolei in Urga herrscht. Er besitzt neben anderen wertvollen Dingen auch den Ring des Dschingis Khan, auf dem eine swastika eingraviert ist, sowie eine Kupferplatte, die das Siegel des „Königs der Welt“ trägt. Ossendowski hat wohl anscheinend nur den ersten dieser beiden Gegenstände gesehen. Wenn dies zutreffend ist, so wäre es für ihn sehr schwierig gewesen, sich den anderen rein in seiner Phantasie vorzustellen und es wäre nahe liegender gewesen, wenn er ihn dann als eine Platte aus Gold beschrieben hätte.

Bei diesen Anmerkungen möchten wir es belassen, da wir uns nicht weiter mit Polemik oder rein personenbezogenen Fragen befassen möchten. Wir haben Ossendowski und Saint-Yves lediglich als Ausgangspunkt für Betrachtungen angeführt, die nichts damit zu tun haben, was man über sie als Person denken mag. Diese Themen haben eine Bedeutung, die ihre sowohl ihre als auch unsere Individualität weit übersteigt. An einer literarischen Kritik im herkömmlichen Sinne sind wir ebenfalls nicht interessiert, da wir uns auf Informationen konzentrieren möchten, die in der westlichen Welt bislang nur sehr schwer zugänglich waren. Sie werden allerdings bis zu einem gewissen Grad helfen, das zu erschließen, was Ossendowski das „Geheimnis der Geheimnisse“ genannt hat.7

1 Siehe LES FILS DE DIEU (Paris, C. Marpon et E. Flammarion, 1882) sowie LE SPIRITISME DANS LE MONDE: L’INITIATION ET LES SCIENCES OCCULTES DANS L’INDE ET CHEZ TOUS LES PEUPLES DE L’ANTIQUE (Paris: Lacroix et Cie, 1879).

2 Wir möchten in dieser Hinsicht ergänzen, dass die Existenz von Völkern, die als Nomaden leben und von denen die Zigeuner eines der bekanntesten Beispiele in der westlichen Welt sind, an sich etwas Geheimnisvolles darstellt, das eine nähere Untersuchung verdienen würde.

3 Arturo Reghini machte uns auf die Tatsache aufmerksam, dass sich dies auf das timor panicus der Antike beziehen könne, was wir ebenfalls als wahrscheinlich ansehen.

4 Ossendowskis Gegner versuchten dies mit der Behauptung zu erklären, dass er über eine russische Übersetzung von MISSION DE L’INDE verfügt habe. Aber die Existenz einer derartigen Übersetzung ist sehr zweifelhaft, da auch die Erben von Saint-Yves davon keine Kenntnis haben. Diese Kritiker werfen Ossendowski auch vor, dass er den Ausdruck Om verwende, während Saint-Yves Aum schrieb. Dazu muss man aber wissen, dass Aum die Schreibweise der heiligen Silbe ist, wenn sie in ihre aufbauenden Elemente unterteilt wird. Om ist ebenfalls eine korrekte Darstellungsweise, da sie der tatsächlichen Aussprache entspricht. Sie wird sowohl in Indien als auch in Tibet und in der Mongolei verwendet. Aus derartigen Anmerkungen wird letztlich mehr als deutlich, über welches Pseudo-Wissen diese Kritiker tatsächlich verfügen.

5 Ossendowski ist sich dabei offensichtlich nicht bewusst, dass dieser Stein ein Meteorit war, und versucht, gewisse Erscheinungen, die dem Stein zugeschrieben wurden, durch eigene Annahmen zu erklären. So wurde gesagt, dass auf diesem Stein Schriften erschienen seien und er versucht dies dadurch zu erklären, dass er den Stein zu einer Schieferplatte macht.

6 Eine Verbindung lässt sich auch zum lapsit exillis ziehen. Er wurde von Wolfram von Eschenbach mit dem Gral gleichgesetzt und wird als ein Stein beschrieben, der vom Himmel fiel und auf dessen Oberfläche ebenfalls unter gewissen Umständen Inschriften zu sehen sind (siehe TRADITIONELLE SYMBOLIK, Kapitel 41). Diese Verbindung wird noch enger, wenn man berücksichtigt, dass nach derselben Quelle der Gral letztlich in das „Königreich des Priesterkönigs Johannes“ gebracht wurde, das von vielen als in der Mongolei gelegen betrachtet wird, obwohl eine geographische Zuordnung in diesem Fall eigentlich unmöglich ist (siehe ASPEKTE DER CHRISTLICHEN ESOTERIK, Teil 1, Kapitel 4).

7 Wir waren sehr überrascht, als wir kürzlich bemerkten, dass gewisse Leute die vorliegende Studie als eine Art von „Testament“ einer bestimmten Person ansahen, deren Existenz uns zu dem Zeitpunkt unbekannt war, als wir die Studie ursprünglich verfassten. Daher weisen wir eine derartige Vermutung strikt zurück – unabhängig davon, wer sie aus welchen Gründen auch geäußert haben mag. Wir befassen uns hier ausschließlich mit Informationen, die sich auf die traditionelle Symbolik beziehen und die nichts mit irgendeiner Art von Personifizierung zu tun haben.

2. Königtum und Papsttum

Wird der Titel „König der Welt“ in seinem höchsten und vollständigsten Sinne verstanden, so ist er auf Manu, dem anfänglichen und universalen Gesetzgeber, bezogen. Er lässt sich bei vielen antiken Völkern unter verschiedenen Bezeichnungen finden, wie beispielsweise Mina oder Menes bei den Ägyptern, Menw bei den Kelten oder Minos bei den Griechen.8 Dieser Name bezeichnet allerdings nicht eine mehr oder weniger legendäre historische Persönlichkeit, sondern ein Prinzip (oder eine kosmische Intelligenz), das das rein geistige Licht widerspiegelt. Es fasst das Gesetz (dharma) in Worte, die zu den Bedingungen unserer Welt und unseres Existenzzyklus passen. Und gleichzeitig ist es das Urbild des Menschen, wenn dieser unter dem speziellen Aspekt eines denkenden Wesens betrachtet wird (was in Sanskrit mit dem Wort mānava ausgedrückt wird).

Dieses Prinzip kann durch ein geistiges Zentrum manifestiert werden, das in der irdischen Welt die Form einer Organisation annimmt. Diese Organisation bewahrt und erhält die heilige Tradition, die „nichtmenschlichen“ Ursprungs (apaurusheya) ist und gibt sie über die Zeiten hinweg an jene weiter, die fähig sind, sie zu empfangen. Der Kopf einer derartigen Organisation ist ein Abbild von Manu und ist daher berechtigt, diesen Titel und dessen Merkmale zu tragen. Der Grad der Erkenntnis, den er erlangt haben muss, um diese Funktion ausfüllen zu können, ermöglicht es ihm, sich völlig mit dem Prinzip gleichzusetzen, so dass er dessen menschlicher Ausdruck wird, wobei seine eigene Individualität als Folge davon zurücktritt. All dies trifft auf Agarttha zu, da dieses – wie bei Saint-Yves zu lesen ist – das Erbe der alten „Sonnendynastie“ (Sūrya-vansha) angetreten hatte, die früher in Ayodhyā beheimatet war und deren Ursprung sich auf Vaivasvata zurückführen lässt, der der Manu unseres aktuellen Zyklus ist.9

Bei Saint-Yves wird der Führer von Agarttha allerdings nicht als der „König der Welt“ dargestellt, sondern als „herrschender Hohepriester“, den er am Kopf einer „brahmanischen Kirche“ sieht, womit er Ausdrücke benutzt, die verdeutlichen, dass er stark in westlichen Vorstellungen verankert geblieben ist.10 Wenn man diesen letzten Aspekt außer Acht lässt, entspricht dies weitgehend dem, was auch bei Ossendowski zu finden ist. Dazu muss man ergänzen, dass beide natürlich nur jene Aspekte gesehen und beschrieben haben, die ihrer eigenen Voreingenommenheit entsprochen haben, da es hier in Wahrheit um eine doppelte Macht geht, die sowohl priesterlich als auch königlich ist. Das priesterliche Merkmal im eigentlichen Sinne des Wortes bezieht sich auf den Kopf der initiatischen Hierarchie, was sich wie folgt erklären lässt: Der im antiken Rom geprägte Titel Pontifex bedeutet wörtlich „Brückenbauer“ und bezieht sich in seinem wörtlich verstandenen Sinn auf die entsprechende handwerkliche Tätigkeit, so wie dies analog auch bei den Freimaurern der Fall war. Symbolisch nimmt diese Funktion die eines „Vermittlers“ ein, der den Austausch zwischen dieser Welt und den höheren Welten ermöglicht.11 Der Regenbogen oder die „himmlische Brücke“ eignet sich auf natürliche Weise als Symbol für das Amt des Papstes. Alle Traditionen geben diesem Symbol gleichwertige Bedeutungen: Unter den Hebräern ist es das Zeichen für den Bund Gottes mit seinem Volk, bei den Chinesen ist es das Zeichen für die Einheit von Himmel und Erde und bei den Griechen stellt es Iris, die „Botin der Götter“ dar. Und nahezu überall – also von den skandinavischen Völkern bis zu den Persern und Arabern, den Völkern Zentralafrikas wie auch manchen Völkern Nordamerikas – wird darin die Brücke gesehen, die die sinnlich wahrnehmbare Welt mit der über den Sinnen liegenden Welt verbindet.

Bei den Römern ist diese Einheit der priesterlichen und königlichen Macht in der Symbolik des Janus zu finden, die als sehr komplex und mehrdeutig bezeichnet werden kann. Den goldenen und silbernen Schlüssel, die er jeweils in seinen Händen hält, kann man in diesem Zusammenhang als für die beiden Arten der Initiation stehend ansehen.12 Diese beiden Wege der Initiation entsprechen in der hinduistischen Tradition dem der Brahmins und dem der Kshatriyas. Am Gipfel der Hierarchie befindet sich jedoch immer das gemeinsame Prinzip, von dem beide ihre Merkmale ableiten und das sich daher jenseits dieser Unterscheidungen befindet. Dieses Prinzip ist die Quelle für jegliche rechtmäßige Autorität, in welchem Bereich sie auch immer ausgeübt wird. Über die Initiierten von Agarttha lässt sich in diesem Sinne sagen, dass sie ativarna sind, was bedeutet, dass sie sich „über den Kasten“ befinden.13

Im Mittelalter lässt sich wiederum ein Symbol finden, das die beiden wechselseitigen Aspekte der herrschenden Mächte miteinander verbindet: Es handelt sich um das „Königreich des Priesters Johannes“.14 Dies war zu einer Zeit, als das, was als der „äußere Mantel“ des initiatischen Zentrums bezeichnet werden kann, hauptsächlich durch die Nestorianer (oder jene, die richtigerweise oder fälschlicherweise so genannt wurden) und Sabäer gebildet wurde, die sich selbst als Mendayyeh de Yahia, die „Schüler Johannes“, bezeichneten.15 In dieser Hinsicht ist es bemerkenswert, dass viele in sich abgeschottete östliche Organisationen wie die Ismailiten, die Schüler des „Alten Mannes vom Berg“ (die Assassinen), bis hin zu den Drusen aus dem Libanon alle den gleichen Titel „Wächter des Heiligen Landes“ annahmen, so wie dies die westlichen Ritterorden ebenfalls taten. Wir werden im Folgenden erklären, was der Grund dafür ist. Bei Saint-Yves ist hierzu ein passender Ausdruck zu finden, was ihm wahrscheinlich selbst gar nicht bewusst war, als er von den „Tempelrittern von Agarttha“ sprach. Und für alle, die sich über den gerade von uns verwendeten Ausdruck „äußerer Mantel“ gewundert haben, möchten wir anfügen, dass die Initiation der Ritter ihrem Wesen nach eine Initiation der Kshatriyas darstellt. Dies erklärt wiederum neben anderen Dingen die dort vorherrschende Rolle der Symbolik der Liebe.16

Wie auch immer dies sein mag, die Vorstellung, dass ein Amt sowohl mit priesterlichen als auch königlichen Funktionen ausgestattet ist und ein Individuum dieses innehaben könnte, ist in der heutigen westlichen Welt nicht mehr anzutreffen. Sie lässt sich zwar bis in das frühe Christentum zurückverfolgen, wo sie in Form der „heiligen drei König“ auftritt, die in ihrer Person eine Verbindung von Magier und König darstellen. Aber bereits im Mittelalter war es etabliert, dass sich die höchste Macht auf Papst und König aufteilte.17 Eine solche Aufteilung kann daher nur das Zeichen einer Organisation sein, die an ihrer Spitze sozusagen nicht vollständig ist. Es fehlt das gemeinsame Prinzip, von dem die beiden Mächte normalerweise ausgehen und von dem sie abhängen. Die wahre höchste Macht muss in diesen Fällen also woanders gesucht werden. Im Osten ist eine derartige Aufteilung der Funktionen im Gegensatz dazu eher ein Sonderfall, da man nur in gewissen buddhistischen Vorstellungen etwas Vergleichbares finden kann. Wir möchten hier nur auf die Unverträglichkeit der Funktionen des Buddha und des Chakravartī, des „Universalen Königs“, hinweisen, zwischen denen Shākyamuni zu einem gewissen Zeitpunkt wählen musste.18

Die Vorstellung, die mit dem Begriff Chakravartī verbunden wird, ist übrigens nicht rein auf die buddhistische Tradition anwendbar, sondern lässt sich auch auf die Funktion des Manu oder eines seiner Stellvertreter beziehen, wenn man bei den Begriffen der hinduistischen Tradition bleibt. Wörtlich bedeutet dieser Begriff „der, der das Rad drehend macht“. Damit wird ausgedrückt, dass sich der Träger dieses Titels im Zentrum aller Dinge befindet und die Bewegungen dieser Dinge ordnet, ohne selbst daran teilzunehmen. Mit Aristoteles ausgedrückt ist er also der „unbewegte Beweger“.19

Das Zentrum ist damit der feste Punkt, um den sich die ganze Welt dreht. Daher wird es in der traditionellen Symbolik auch mit dem Begriff „Pol“ bezeichnet. Bildlich lässt es sich durch ein Rad darstellen, wie dies in der keltischen, chaldäischen und hinduistischen Tradition der Fall ist.20 Dies ist auch die wahre Bedeutung der swastika, die überdies ein Symbol ist, das überall von Ost bis West gefunden werden kann und als das symbolische Zeichen für den Pol gelten kann.21 Diese Bedeutung ist im modernen Europa jedoch nicht mehr bekannt. Unsere zeitgenössischen „Gelehrten“ haben vielmehr bei ihren vergeblichen Versuchen, eine Erklärung für dieses Symbol zu finden, alle möglichen fantastischen Theorien entwickelt. Die meisten von ihnen sind darauf fixiert, darin ausschließlich ein „solares“ Symbol zu sehen, wogegen dies in den seltenen Fällen, in denen es tatsächlich diese Bedeutung angenommen hat, nur aufgrund einer Verzerrung geschehen konnte.22 Andere von ihnen sind der Wahrheit nähergekommen, wenn sie in der swastika ein Symbol der Bewegung sehen. Allerdings geht es hier nicht um irgendeine Art von Bewegung, sondern um eine Drehung um ein unveränderbares Zentrum oder eine stillstehende Achse. Dieser feststehende Punkt bildet das wesentliche Element, auf den sich dieses Symbol direkt bezieht.23

Aus dem, was wir bislang über den „König der Welt“ gesagt haben, sollte deutlich geworden sein, dass dieser eine Funktion innehat, die im Wesentlichen ordnend und regelnd ist (nicht ohne Grund leitet sich „regelnd“ von rex und regere ab). Es handelt sich damit um eine Funktion, die mit Ausdrücken wie „Gleichgewicht“ und „Harmonie“ beschrieben werden kann und die dem Sanskrit Begriff dharma entspricht.24 Letztlich geht es um den Widerschein des Aspekts der Unveränderbarkeit, der vom höchsten Prinzip in die manifestierte Welt strahlt. Auf die gleiche Weise lässt es sich nachvollziehen, warum „Friede“ und „Gerechtigkeit“ zu den grundlegenden Merkmalen des „Königs der Welt“ zählen. Sie sind die speziellen Ausprägungen des Gleichgewichts und der Harmonie in der Welt des Menschen (mānavaloka).25 Dies ist ein Punkt, der von höchster Bedeutung ist und den wir nicht nur wegen seiner Wichtigkeit anführen, sondern auch um jene zu beruhigen, die zu diesen Themen gewisse Befürchtungen hegen, deren Widerhall unter anderem in Ossendowskis Buch zu finden ist.

8 Unter den Griechen war Minos gleichzeitig sowohl Gesetzgeber für die Lebenden als auch Richter für die Toten. In der hinduistischen Tradition gehören diese beiden Funktionen zu Manu und Yama, die als Zwillinge dargestellt werden, was darauf hindeutet, dass die Vorstellung, die eigentlich mit dem Prinzip verbunden ist, auf zwei Aspekte aufgeteilt wurde.

9 Symbolisch gesehen kann dieser Sitz der „Sonnendynastie“ mit der „Sonnenstadt“ der Rosenkreuzer und auch mit Tommaso Campanellas „Stadt der Sonne“ gleichgesetzt werden.

10 Der Ausdruck „brahmanische Kirche“ fand in Indien selbst nie große Verbreitung, wenn man von der heterodoxen und modernen Sekte der Brahma-Samāj absieht, die erst am Anfang des 19. Jahrhunderts unter europäischen und hauptsächlich protestantischen Einflüssen entstanden ist. Sie verzweigte sich bald darauf in viele untereinander rivalisierende Gruppierungen, die heute fast völlig verschwunden sind. Am Rande sei erwähnt, dass einer der Gründer dieser Sekte der Großvater des Dichters Rabindranath Tagore war.

11 Der Heilige Bernhard sagte dazu, dass „der Papst durch die Bedeutung seines Namens als eine Brücke zwischen Gott und dem Menschen angesehen werden kann“ (TRACTATUS DE MORIBUS ET OFFICIO EPISCOPORUM, III, 9). In Indien gibt es einen Begriff, der für den Jainismus charakteristisch ist und der das genaue Gegenstück zum lateinischen Pontifex bildet: Es handelt sich um das Wort tīrthankara, was wörtlich „der, der eine Furt oder einen Übergang baut“ bedeutet. Hier hat der Übergang den Sinn eines Weges zur Erlösung (moksha). Es gibt 24 tīrthankaras, was sich mit den 24 Ältesten, die in der Apokalypse zu finden sind, vergleichen lässt, die als solche auch eine Art von „Kollegium des Pontifikats“ bilden.

12 Aus einem anderen Blickwinkel sind die beiden Schlüssel jene, die zu den „Höheren Mysterien“ und den „Niederen Mysterien“ führen. In manchen Darstellungen von Janus werden die beiden Mächte, die diesen Aspekten zugrunde liegen, als Schlüssel und Zepter dargestellt.

13 Dazu möchten wir anmerken, dass das Gesellschaftsmodell, das im Mittelalter des Westens verbreitet war, dem Kastensystem sehr ähnlich gewesen ist: Der Stand der Geistlichen entsprach dem der Brahmins, der Stand der Adligen dem der Kshatriyas, das Bürgertum lässt sich mit den Vaishyas gleichsetzen und die Leibeigenen mit den Shūdras.

14 Die Erzählungen, die über diesen „Priesterkönig Johannes“ erhalten sind, entstanden insbesondere in der Zeit von Ludwig IX. (Saint Louis) und in Verbindung mit den Reisen von Carpin und de Rubruquis. Wenn man den verschiedenen Quelle Glauben schenkt, so gibt es vier Personen, die diesen Titel trugen und die in Tibet (oder dem Pamir), in der Mongolei, in Indien und in Äthiopien zu finden waren (wobei die Verbindung zum zuletzt genannten Ort nur sehr vage nachvollziehbar ist). Es geht jedoch in allen Fällen um verschiedene Vertreter der gleichen Macht. Man kann auch auf Erzählungen stoßen, nach denen Dschingis Khan dieses „Königreich des Priesters Johannes“ angegriffen habe und in die Flucht geschlagen worden sei, nachdem dieser „Priester Johannes“ Blitze gegen dessen Armeen geschleudert habe. Als sich der Islam ausbreitete, scheint dieser „Priesterkönig“ jedoch nicht mehr aufgetreten zu sein. Möglicherweise wird ein Teil seiner Aspekte noch durch den Dalai Lama verkörpert.

15 In Zentralasien und insbesondere in der Region von Turkestan wurden Kreuze der Nestorianer gefunden, die identisch mit der Form der Ritterkreuze sind und von denen manche in ihrem Zentrum das Bild einer swastika tragen. Es ist auch erwähnenswert, dass die Nestorianer, deren Verbindungen zum Lamaismus wohl unbestritten sind, einen wenngleich geheimnisvollen, aber dennoch wichtigen Einfluss auf den aufkommenden Islam hatten. Die Sabäer übten wiederum einen großen Einfluss auf die Araber zur Zeit der Kalifen von Bagdad aus. Es wird gesagt, dass unter ihnen die letzten der Neuplatoniker Schutz fanden, als sie nach einem Zwischenaufenthalt in Persien weiterzogen.

16 Auf diesen Punkt haben wir bereits in unserer Studie ASPEKTE DER CHRISTLICHEN ESOTERIK, Teil 1, aufmerksam gemacht.

17 Im antiken Rom war der Kaiser dagegen der Pontifex Maximus. Auch das islamische Modell des Kalifats vereint die beiden Mächte zumindest bis zu einem gewissen Grad, so wie dies auch in der fernöstlichen Tradition in der Bedeutung des Wang zu finden ist (siehe DIE GROßE TRIADE, Kapitel 17).

18 Wir sind an anderer Stelle bereits näher auf die Entsprechungen eingegangen, die zwischen der Beschreibung des Chakravartī und Dantes Vorstellung über das ideale Kaiserreich zu finden sind. Näheres dazu lässt sich in seinem Buch DE MONARCHIA finden.

19 Auf eine vergleichbare Weise wird in der chinesischen Tradition der Ausdruck „unveränderliche Mitte“ verwendet. Und in der Symbolik der Freimaurer versammeln sich die Meister in der „mittleren Kammer“.

20 Das keltische Radsymbol wurde bis ins Mittelalter verwendet. In den Kirchen der Romanik lassen sich unzählige Beispiele dafür finden. Auch das Rosenfenster der gotischen Architektur lässt sich wohl darauf zurückführen, da es gewisse Verbindungen zwischen dem Symbol des Rades und symbolischen Blumen wie der Rose im Westen und dem Lotus im Osten gibt.

21 Dieses Zeichen war der christlichen Hermetik nicht unbekannt. In einem alten Kloster der Karmeliten in Loudon konnten wir einige sehr merkwürdige Symbole entdecken, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts datieren lassen, in der die swastika zusammen mit einem anderen Zeichen (siehe Abbildungsverzeichnis, Abb. 1), auf das wir später noch näher eingehen werden, stark verbreitet war. Dabei ist auch zu beachten, dass die Karmeliten, deren Wurzeln im Osten zu finden sind, die Gründung ihres Ordens mit Elias und Pythagoras verbinden (so wie auch die Freimaurer ihre Wurzeln auf Salomon und Pythagoras zurückführen, was aus unserer Sicht eine bemerkenswerte Parallele darstellt). Es sind auch Stimmen zu hören, dass dieser Orden im Mittelalter eine Initiation praktizierte, die der der Templer sehr ähnlich gewesen sei und sich wohl auch mit der des Order of Mercy vergleichen lässt. Dieser Orden gab einem bestimmten Grad der Schottischen Freimaurerei seinen Namen, auf den wir in unserer Studie ASPEKTE DER CHRISTLICHEN ESOTERIK, Teil 1, bereits näher eingegangen sind.

22 Dies lässt sich auch auf das Symbol des Rades beziehen, dessen wahre Bedeutung wir ja gerade erläutert haben.

23 Wir möchten noch eine weitere, sehr weit hergeholte Auslegung erwähnen, nach der die swastika eine vereinfachte Darstellung eines Werkzeuges sei, das für die Erzeugung von Feuer genutzt wurde. Man kann dieses Symbol ja tatsächlich in Verbindung mit Feuer bringen (und zwar insbesondere als Abbild für Agni), aber dies geschieht aus völlig anderen Gründen.

24 Die Wurzel dhri drückt die Vorstellung der Stabilität aus. Die Form dhru, die die gleiche Bedeutung trägt, ist die Wurzel von dhruva, was das Wort für Pol in Sanskrit ist. Diese Wurzel wird manchmal mit dem griechischen Namen drus verbunden, der die Eiche bezeichnet. Im Lateinischen steht das Wort robur sowohl für die Eiche als auch für Stärke oder Festigkeit. Unter den Druiden (deren Name möglichweise als druvid verstanden werden kann, was Stärke mit Weisheit verbindet) galt die Eiche als der „Weltenbaum“, also als ein Symbol, das die Pole über eine Achse miteinander verbindet.

25 Wir möchten hier auch auf all jene Textstellen der Bibel verweisen, in denen Gerechtigkeit und Friede eng miteinander verbunden sind, beispielsweise Justitiae et Pax osculatae sunt oder Pax Opus Justiti.

3. Shekinah und Metatron

Einige unserer Zeitgenossen, deren Verständnisfähigkeit wohl durch vorgefasste Meinungen mehr oder weniger stark eingeschränkt ist, sind vor dem Titel „König der Welt“ zurückgeschreckt, da sie ihn sofort mit dem Princeps huius mundi (dem „Prinzen dieser Welt“) aus den Evangelien gleichsetzen. Eine derartige Gleichsetzung ist natürlich völlig falsch und entbehrt jeglicher Grundlage. Sie lässt sich schon dadurch auflösen, dass der Titel „König der Welt“ in der hebräischen und islamischen Tradition auf Gott selbst bezogen wird.26 Wir sehen darin jedoch einen guten Anlass, näher auf die Ausführungen über die „himmlischen Vermittler“ einzugehen, die sich in der hebräischen Kabbala finden lassen, da diese eine direkte Verbindung zum Thema dieser Studie haben.

Die „himmlischen Vermittler“ sind in erster Linie Shekinah, die die „tatsächliche Gegenwart“ des Heiligen bezeichnet, und Metatron. Die Stellen, die diese „Gegenwart“ in den heiligen Schriften der hebräischen Tradition erwähnen, beschäftigen sich in erster Linie mit der Errichtung eines geistigen Zentrums, wie der Errichtung des Tabernakels oder dem Bau des Tempels von Salomon und Serubbabel. Ein solches Zentrum, das exakt nach den vorgegebenen Bedingungen erbaut wurde, wird dadurch zu einem Ort der göttlichen Manifestation, die immer als „Licht“ dargestellt wird. Auch bei den Freimaurern kann man heute noch auf den Ausdruck „ein hell erleuchteter und geordneter Ort“ treffen, der allem Anschein nach ein Überbleibsel aus der antiken traditionellen Wissenschaft ist, die die Errichtung der Tempel überwachte. Diese Wissenschaft war übrigens nicht allein charakteristisch für die jüdische Tradition, was wir später noch näher sehen werden. Auf das mit diesen „himmlischen Vermittlern“ ebenfalls verbundene Thema der „geistigen Einflüsse“ werden wir jedoch nicht näher eingehen.27 Auch wenn wir uns auf diesen einen Aspekt beschränken, bleibt dennoch Elias Levitas Bemerkung bestehen, dass „die Meister der Kabbala große Geheimnisse zu diesem Thema bewahrten“, wie bei Vulliaud in seinem Buch La Kabbale juive nachzulesen ist.

Die Shekinah wird unter verschiedenen Aspekten dargestellt, unter denen jedoch zwei als grundlegend bezeichnet werden können. Sie beziehen sich auf ihr Inneres und Äußeres. In der christlichen Tradition lässt sich ein Ausdruck finden, der diese beiden Aspekte sehr klar darstellt: Gloria in excelsis Deo, et in terra Pax hominibus bonae voluntatis („Ehre sei Gott in der Höhe. Und auf Erden Frieden den Menschen, die guten Willens sind“). Der Begriff gloria bezieht sich auf den inneren Aspekt in Bezug zu seinem Verhältnis zum Prinzip und der Begriff pax auf den äußeren Aspekt in Bezug zu seinem Verhältnis zur manifestierten Welt. Wenn man diese Worte näher betrachtet, so wird es verständlich, warum sie von den Engeln (malakim) gesprochen wurden, um die Geburt Gottes „unter uns“ oder „in uns“ (Emmanuel) anzukündigen. In Bezug auf den ersten Aspekt kann man sich die Theorien der Theologen über das „Licht der Herrlichkeit“ vor Augen führen, in dem und durch das die „selige Schau“ wirkt (in excelsis). Und zum Zweiten finden wir hier wieder den „Frieden“, auf den wir uns bereits bezogen haben und der in seinem esoterischen Sinne als eines der grundlegenden Merkmale für jedes geistige Zentrum angesehen wird, das in dieser Welt (in terra) eingerichtet wird. Der arabische Begriff Sakīnah, der mit dem hebräischen Shekinah offensichtlich identisch ist, lässt sich als „Großer Friede“ übersetzen, was das genaue Gegenstück zum Pax Profunda der „Bruderschaft des Rosenkreuzes“ ist. Auf diese Weise lässt sich auch erklären, was diese unter dem „Tempel des Heiligen Geistes“ verstanden hatten. Gleiches gilt auch für die Auslegung bestimmter Texte aus den Evangelien, in denen der „Friede“ erwähnt wird,28 da die „geheime Tradition, die die Shekinah umgibt, gewisse Verbindungen mit dem Licht des Messias haben muss“. Man kann sich daher fragen, ob es nur zufällig war, dass Vulliaud zu diesem letzten Punkt noch anfügte, dass er die Tradition betreffe, „die jenen vorbehalten ist, die dem Pfad folgen, der nach Pardes führt“, also zum höchsten geistigen Zentrum, wie wir später noch sehen werden.29

Dies führt uns zu einem weiteren Aspekt, der damit zusammenhängt: Vulliaud spricht immer wieder von einem „Geheimnis, das sich auf das Freudenfest bezieht“, was auf gewisse Weise auch mit der Vorstellung von „Frieden“ verbunden ist.30 In diesem Zusammenhang zitiert er folgende Texte: „Der Fluss, der aus Eden fließt, trägt den Namen Iobel.” (Zohar III, 52, b) und „Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt.” (Jeremia 17:8). Er schließt daraus, dass „die zentrale Vorstellung des Freudenfestes die ist, dass alle Dinge zu ihrem anfänglichen Zustand zurückkehren“. Diese Rückkehr lässt sich in allen Traditionen finden31 und wenn wir noch anfügen, dass „die Rückkehr aller Dinge zu ihrem anfänglichen Zustand das Zeitalter des Messias einläuten wird“, wird der Zusammenhang zwischen dem „Irdischen Paradies“ und dem „Himmlischen Jerusalem“ noch deutlicher. Es geht in den verschiedenen Phasen der zyklischen Manifestation immer um Pardes, das das Zentrum dieser Welt ist und das die traditionelle Symbolik aller Völker immer mit dem Herzen verbindet. Dieses ist wiederum das Zentrum des Seins und der „göttliche Wohnort“ (Brahma-pura). Das Tabernakel, das als Abbild davon gesehen wird, ist im Hebräischen daher das mishkan oder der „Wohnort Gottes“ und hat die gleiche Wurzel wie Shekinah.

Aus einer anderen Sichtweise gesehen, stellt die Shekinah die Zusammenfassung aller Aspekte des Baumes der Sephirot dar. Dieser „Baum“ besteht aus einer „rechten Säule“, die die Seite der Gnade ist, und aus einer „linken Säule“, die die Seite der Strenge darstellt.32 Beide Aspekte lassen sich auch in der Shekinah finden und wir möchten in Bezug zu dem vorher Gesagten ergänzen, dass in mancher Hinsicht Strenge mit Gerechtigkeit und Gnade mit Frieden gleichgesetzt werden kann.33

Wenn der Mensch sündigt und sich von der Shekinah entfernt, fällt er unter die Gerichtsbarkeit der Mächte (sārim), die der Strenge entspringen.34

Die Shekinah wird dann die „Hand der Strenge“ genannt, was sofort an die „Hand des Gesetzes“ und damit an Gerechtigkeit erinnert. Wenn aber andererseits „der Mensch sich der Shekinah nähert, wird er befreit“. Dann wird die Shekinah zur „rechten Hand Gottes“, also die „Hand der Strenge“ wird zur „Hand der Seligen“.35 Es handelt sich hierbei um die Geheimnisse, die mit dem „Haus der Gerechtigkeit“ (Beith-Din) verbunden sind, was wiederum eine andere Bezeichnung für das höchste geistige Zentrum ist.36 Diesen beiden Seiten entsprechen in der christlichen Vorstellung einerseits die Seite der Auserwählten und andererseits die der Verdammten, wenn diese Aufteilung im Rahmen des „Letzten Gerichts“ vorgenommen wird. Es lässt sich auch einfach eine Verbindung zu den beiden Pfaden herstellen, die die Pythagoräer durch den Buchstaben Y symbolisiert haben (und die exoterisch als Tugend und Laster in der Sage über Herakles dargestellt werden). Auch das Tor zum Himmel und zur Hölle, das die Römer mit der Symbolik von Janus verbanden, entspricht dieser Unterteilung. In der hinduistischen Tradition lässt sich wiederum eine Parallele zur auf- und absteigenden Phase eines Zyklus finden,37 die dort mit der Symbolik von Ganesha verbunden wird.38