Die Krise der modernen Welt & Ergänzende Betrachtungen - René Guénon - E-Book

Die Krise der modernen Welt & Ergänzende Betrachtungen E-Book

René Guénon

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Beschreibung

Mit der Wahl des Titels "Die Krise der modernen Welt" macht René Guénon deutlich, in welchem Zustand er unsere Zeit sieht: Die moderne Welt - und damit ist nicht nur der Westen gemeint, sondern alle Gesellschaften, in denen sich die modernen westlichen Vorstellungen ausgebreitet haben - hat eine kritische Phase erreicht. Die nach unten gerichtete Entwicklung weg von den göttlichen Prinzipien und hin zur puren Materialität oder von der Qualität zur Quantität scheint an ihrem Tiefpunkt angekommen zu sein. Durch seine schonungslose Analyse des Zustands der Dinge versucht Guénon jene zum Handeln zu bewegen, die noch den Sinn für eine wahrhafte Geistigkeit erhalten haben. Nur durch ihren Einfluss kann der völlige Untergang der westlichen Zivilisation, der als das schlimmste Szenario droht, verhindert werden. Ein umfangreicher Anhang mit bisher nicht in deutscher Sprache verfügbaren Artikeln Guénons ergänzt die Studie mit weiteren wertvollen Einblicken in die fehlerhaften Annahmen und Grundsätze der modernen Welt. Der vorliegende Band "Die Krise der modernen Welt" stellt zusammen mit den Bänden "Osten und Westen", "Der König der Welt / Geistige Autorität und weltliche Macht" sowie "Die Herrschaft der Quantität und die Zeichen der Zeit" Guénons grundlegende Kritik an der modernen westlichen Zivilisation dar. Gleichzeitig sind diese Bände auch die notwendige Grundlage, um die von Guénon vertretene traditionelle Geisteshaltung verstehen und verinnerlichen zu können, die er in seinen weiteren Werken über den Hinduismus, den Taoismus, das Christentum, den Islam sowie in Betrachtungen zur Metaphysik, Initiation und Symbolik im Allgemeinen vertieft. Nach über 20 Jahren der Vorbereitung sind die meisten dieser Werke nun erstmals in deutscher Sprache zugänglich und ermöglichen es, dem interessierten deutschsprachigen Leser tiefer in die traditionelle Denkweise und die Lehre der metaphysischen Prinzipien vorzudringen.

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Französische Originalausgabe:

LA CRISE DU MONDE MODERNE

© Éditions Gallimard 1946

Anhang:

MÉLANGES

© Éditions Gallimard 1976

Teil 3, Kapitel 1 bis 4, 6 und 8

Deutsche Ausgabe:

BAND 2: DIE KRISE DER MODERNEN WELT & ERGÄNZENDE BETRACHTUNGEN

Übersetzung aus dem Englischen durch Ingo Steinke

Herausgeber der deutschen Ausgabe: Ingo Steinke

Kontakt: [email protected]

Anmerkungen zur Übersetzung

Dieser Band umfasst die vollständige Übersetzung von LA CRISE DU MONDE MODERNE, die um einen Anhang aus MÉLANGES ergänzt wurde. Es handelt sich dabei um die Kapitel 1 bis 4 sowie 6 und 8 aus Teil 3, wobei aus inhaltlichen Gründen die Reihenfolge der Kapitel 6 und 8 gegenüber der Originalausgabe vertauscht wurde. Da auch diese Kapitel sich mit Aspekten der „Krise der modernen Welt“ befassen, stellen sie eine gute Ergänzung für die vorliegende Übersetzung von LA CRISE DU MONDE MODERNE dar.

Inhalt

VORWORT DES HERAUSGEBERS

VORWORT

1. DAS DUNKLE ZEITALTER

2. DER GEGENSATZ ZWISCHEN OST UND WEST

3. ERKENNTNIS UND HANDLUNG

4. DIE HEILIGE UND DIE WELTLICHE WISSENSCHAFT

5. DER INDIVIDUALISMUS

6. DAS GESELLSCHAFTLICHE CHAOS

7. DIE MATERIELLE ZIVILISATION

8. ÜBERGRIFFE DES WESTENS

9. EINIGE SCHLUSSFOLGERUNGEN

ANHANG: ERGÄNZENDE BETRACHTUNGEN

10. DER EMPIRISMUS DER ANTIKE11. DIE VERBREITUNG VON WISSEN12. DER GLAUBE AN „WERTE“13. DER FEHLENDE SINN FÜR VERHÄLTNISMÄßIGKEITEN14. WELTLICHE WISSENSCHAFT IM LICHT TRADITIONELLER LEHREN15. ANMERKUNGEN ZUR GNOSIS & SPIRITISTISCHEN SCHULEN

ÜBER RENÉ GUÉNON

DIE WERKE RENÉ GUÉNONS IN DEUTSCHER AUSGABE

Vorwort des Herausgebers

Die Studie Die Krise der modernen Welt wurde 1927 von René Guénon veröffentlicht und ist trotz ihrer Eigenständigkeit auch als eine Ergänzung zu seiner wenige Jahre zuvor erschienenen Studie Osten und Westen zu sehen. Wie Guénon in seinem Vorwort schreibt, stellt sie eine Klarstellung und Weiterentwicklung gewisser Aspekte dar, die charakteristisch für den modernen Westen und seine Abweichung von der traditionellen Geisteshaltung sind. Für die deutsche Ausgabe wurden im Anhang zusätzlich einige inhaltlich passende Kapitel aus Guénons im Jahre 1976 posthum erschienener Sammlung Mélanges ergänzt.

Mit der Wahl des Titels Die Krise der modernen Welt macht Guénon deutlich, in welchem Zustand er unsere Zeit sieht: Die moderne Welt – und damit ist nicht nur der Westen gemeint, sondern alle Gesellschaften, in denen sich die modernen westlichen Vorstellungen ausgebreitet haben – hat eine kritische Phase erreicht. Die nach unten gerichtete Entwicklung weg von den göttlichen Prinzipien und hin zur puren Materialität oder von der Qualität zur Quantität scheint an ihrem Tiefpunkt angekommen zu sein. Das Ende eines historischen Zyklus steht bevor, bei dem die Spreu vom Weizen getrennt wird.

Die „moderne Welt“ muss heute noch weiter gefasst werden als zu Lebzeiten Guénons. So hat die moderne Zivilisation zwar im Westen ihren Ursprung und sich ausschließlich dort über einige Jahrhunderte der neueren Geschichtsschreibung ausgebreitet. Doch die Entwicklungen seit der Zeit der Veröffentlichung der vorliegenden Studie zeigen, dass sich ihr Einfluss auch in Bereichen immer weiter durchsetzt, wo bis vor noch nicht allzu langer Zeit streng traditionell aufgebaute Gesellschaften ihren Platz hatten. Dieses Vordringen geschieht nun nicht mehr wie in der westlichen Zivilisation schleichend und unmerklich, sondern ist oft von gewaltsamen Umbrüchen auf politischer, gesellschaftlicher oder religiöser Ebene begleitet, wie sich am Beispiel der jüngeren Geschichte Chinas gut sehen lässt. Damit einhergehend ist der Rückzug traditioneller Organisationen aus dem öffentlichen Blickfeld, wodurch natürlich der Einfluss schwindet, der von ihnen ausgeht und den sie auf eine Gesellschaft ausüben. Ein von Guénon oft herangezogenes Beispiel dafür ist der Katholizismus, der noch im Mittelalter die tragende Säule der gesamten Gesellschaft bildete und nach dem sich das Leben der Menschen in all seinen Facetten ausgerichtet hatte. Heute stellt er eine Randerscheinung dar, die für immer weniger Menschen eine tatsächliche Bedeutung für ihr tägliches Leben hat. Und selbst für jene, die sich noch als religiös oder „gläubig“ betrachten, ist er nicht mehr der tragende Mittelpunkt ihres Handelns und Denkens, sondern nur einer unter vielen Einflussfaktoren, die ihr Leben bestimmen.

Die auf diese Weise entstehende Lücke wird den modernen Menschen jedoch nicht bewusst, da sie in zunehmendem Maße durch materielle Dinge abgelenkt werden. Eine einzigartige Unterhaltungs- und Vergnügungsindustrie hat sich in der westlichen Welt etabliert und zusammen mit der Weckung immer neuer materieller Bedürfnisse lässt sie den modernen Menschen keine Zeit mehr zum tieferen Nachsinnen. Die Verwendung des Begriffs „Industrie“ in diesem Zusammenhang zeigt unverblümt, wie eng diese Tätigkeiten mit dem Materialismus verbunden sind: Sie dienen nicht dem Wohle der konsumierenden Menschen, sondern stellen ein weiteres Feld zur Erzielung von Profit dar. Letztlich bieten sie den Menschen eine Ersatzbefriedigung, über die sie ihre unterdrückten Bedürfnisse und Gefühle ausleben können. Fatal dabei ist, dass auch jene von dieser „Industrie“ und ihren „Produkten“ abgelenkt und zerstreut werden, die in sich noch die Fähigkeit hätten, sich auf geistiger Ebene weiterzuentwickeln.

Die einseitige Ausrichtung auf diese materiellen Dinge hinterlässt natürlich auf geistiger Ebene eine Lücke. Die entstandene Leere wird jedoch allzu schnell durch verschiedene Arten einer Pseudo-Geistigkeit ersetzt, die sich nur dem äußeren Anschein nach von der rein materiellen Ausrichtung löst. So wird beispielsweise auf Basis traditioneller Lehren des Ostens eine durch Vereinfachungen verzerrte oder auch bewusst verfälschte Esoterik erfunden. Oder aktuelle Themen aus der Politik und Gesellschaft werden so hochstilisiert, dass sie zu einer Art von Ersatzreligion oder „Glaubensgrundsatz“ werden. Bei diesen „Ersatzbefriedigungen“ wird der zugrundeliegende Gedanke jedoch so verzerrt, dass er sich fast zwangsläufig ins Negative verkehren muss. Ob dies bewusst oder unbewusst geschieht, sei hier nicht weiter erörtert, aber eine allzu große Naivität in Bezug auf „gute Absichten“ ist in diesem Zusammenhang sicher nicht angebracht.

In neuester Zeit gesellt sich zu diesen Formen der Ablenkung ein übertriebener Individualismus hinzu. Die Menschen werden dazu ermuntert, ihr an sich belangloses Leben in den Mittelpunkt zu stellen und mit der Masse anderer Menschen zu teilen. Damit wird dem Menschen vorgegaukelt, nicht mehr jener anonymen Masse zugehörig zu sein, die der Materialismus als Grundlage hat. Stattdessen wird jedem Individuum vorgespielt, dass es etwas Einzigartiges sei. Dies ist jedoch in mehrfacher Hinsicht eine Verdrehung der Tatsachen: Grundlage für den Materialismus und die moderne Weltanschauung ist und bleibt die unterschiedslose Quantität. Eine „Einzigartigkeit“ kann nur durch eine Unterscheidung auf qualitativer Ebene erreicht werden und nicht im Bereich des Bedingten. Das Individuum bewegt sich jedoch immer im Bedingten, so dass derartige Unterscheidungen nur ein Trugbild oder verzerrtes Abbild des wahren „Anderssein“ sind, das sich auf geistiger und über-individueller Ebene abspielt. Doch wer soll sich in einer Zeit, in der der technische und materielle Fortschritt über allem steht, noch um seinen geistigen Fortschritt kümmern? All die materialistischen und egoistischen Vorstellungen, die unsere Gesellschaft prägen, stellen die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse über das Gemeinwohl und stehen daher in völligem Gegensatz zu den traditionellen Lehren, die in der Vergangenheit die Grundlage für den Aufbau jeglicher Gesellschaft waren. Führt man sich den Zustand der uns umgebenden Dinge klar und unvoreingenommen vor Auge, kommt man nicht umhin, von einer „Krise“ zu sprechen. Wohl dem, der dies erkennt und sich rechtzeitig aus diesem Strudel befreit, indem er sich seiner geistigen Entwicklung widmet und damit dem materiellen Bereich entsagt. Auch wenn dies nur wenigen gelingen mag, so sind sie doch die Saat für die neue Zeit, die nach dem Untergang der modernen Welt und der chaotischen Zwischenphase, durch die dieser Umsturz führt, entstehen wird. Wir hoffen, dass jeder, der die Möglichkeit für dieses Erkennen in sich trägt, diesem Ruf auch tatsächlich folgt und damit seinen Beitrag zur Vorbereitung für jene neue Zeit leisten wird.

I. Steinke

München, im März 2023

Vorwort

Als wir vor einigen Jahren unsere Studie Osten und Westen fertiggestellt hatten, waren wir davon überzeugt, alles in unserer Macht Stehende getan zu haben, um die dort dargelegten Themen so vollständig und klar wie nur möglich erklärt zu haben. Doch seit dieser Zeit sind viele Dinge mit immer weiter zunehmender Geschwindigkeit geschehen. Daraus ergibt sich zwar nicht die Notwendigkeit, auch nur ein einziges Wort von damals zu verändern, aber andererseits ist die vorliegende Studie eine Gelegenheit, einige zusätzliche Erklärungen zu ergänzen und gewisse Gedankengänge weiterzuentwickeln, für die die Zeit damals bei der Veröffentlichung aus unserer Sicht noch nicht reif genug war. Diese weiteren Erläuterungen sind heute vielleicht sogar noch notwendiger, da ein zunehmendes Wiederaufleben gewisser Missverständnisse und Verwirrungen zu beobachten ist, die wir versucht hatten, mit unserer Studie aufzulösen. Daher halten wir es für angebracht, außerhalb von Diskussionen und Streitereien diese Dinge so darzulegen, wie sie tatsächlich sind. Es lässt sich jedoch nicht vermeiden, dass man dabei schnell auf gewisse, meist grundsätzliche Überlegungen trifft, die der großen Mehrheit unserer Zeitgenossen mittlerweile so fremd sind, dass man immer wieder auf sie zurückkommen muss, um die Grundlage für ein Verständnis dessen zu schaffen, was wir eigentlich erklären möchten. Dazu ist es notwendig, sie unter verschiedenen Aspekten darzustellen und sofern es die Umstände erlauben, jeden Aspekt, der möglicherweise zu Missverständnissen führen könnte, einzeln zu erläutern.

Der Titel Die Krise der modernen Welt benötigt bereits eine einführende Erklärung, damit seine Bedeutung klar verstanden wird und jegliche Falschauslegung vermieden werden kann. Viele unserer Zeitgenossen zweifeln die Möglichkeit einer weltumfassenden Krise nicht an, wobei sie sie allerdings rein auf gesellschaftliche und politische Dinge beziehen. Doch gerade dadurch wird der Gesinnungswandel deutlich, der in der modernen Welt langsam anfängt, sich auszubreiten: Kraft der Umstände lösen sich gewisse Trugbilder von allein auf und wir verhehlen nicht unsere Freude darüber, da es ein günstiges Anzeichen dafür ist, dass eine Wiederausrichtung der heutigen Geisteshaltung auf die wahren Prinzipien selbst inmitten des uns umgebenden Chaos noch möglich erscheint. So ist beispielsweise der Glaube an einen niemals endenden „Fortschritt“, der in vielen Kreisen als nicht in Frage zu stellendes Dogma angesehen wird, heute nicht mehr so unumstößlich akzeptiert wie früher. Immer mehr Leute nehmen zumindest auf vage Weise wahr, dass die Zivilisation des Westens sich möglicherweise nicht immer weiter in die gleiche Richtung entwickeln kann, sondern eines Tages einen Punkt erreichen wird, an dem diese Entwicklung zum Stillstand kommt oder in eine Katastrophe mündet. Diese Personen erkennen zwar nicht deutlich, worin die Gefahr liegt, aber allein die Tatsache, dass sie eine derartige Gefahr spüren, ist bereits ein wertvoller Ansatzpunkt. Anhand der fantastischen und kindlichen Ängste, die daraus entstehen, kann man jedoch sehen, dass ihre eigenen Gedanken und Schlussfolgerungen in dieser Hinsicht sehr wirr und fehlerhaft sind, so dass man bei dieser Wahrnehmung eher von einer Ahnung oder einem Gefühl als von einem klaren Verständnis sprechen kann. Manchen von ihnen wird dabei sogar bewusst, dass diese Zivilisation, von der die Menschen der Moderne so verblendet sind, in der Geschichte der Welt keine besonders hervorgehobene Position einnimmt und leicht das Schicksal jener Zivilisationen ereilen kann, die in mehr oder weniger weit zurückliegenden Perioden verschwunden sind und kaum wahrnehmbare Spuren zurückgelassen haben.

Wenn man also sagt, dass die moderne westliche Welt sich in einer Krise befindet, bedeutet dies, dass sie eine kritische Phase erreicht hat und dass eine mehr oder weniger vollständige Umwandlung bevorsteht, der ein grundlegender Richtungswechsel folgen wird. Ob dies sozusagen freiwillig aufgrund einer inneren Wandlung geschieht oder durch eine Katastrophe ausgelöst wird, ob dies plötzlich oder in kleinen, aufeinander folgenden Schritten vor sich geht, wird sich zeigen. Die Verwendung des Wortes „Krise“ ist auf jeden Fall gerechtfertigt und drückt gut aus, was wir darüber denken. Die dabei eingenommene Sichtweise ist jedoch von einem höheren Blickwinkel her gewählt: Für uns befindet sich das moderne Zeitalter in seiner Vollständigkeit in einem Zustand der Krise, weswegen wir der vorliegenden Studie ihren Titel in Bezug auf die gesamte moderne Welt gegeben haben. Es sieht jedoch so aus, als ob sich diese Krise ihrem Höhepunkt nährt und damit die Abweichung vom normalen Zustand der Dinge noch stärker unterstrichen wird. Diese Entwicklung dauert nun schon seit einigen Jahrhunderten an und ihre Folgen waren noch nie so offensichtlich, wie sie es heute sind. Ein Zeichen dafür ist die zunehmende Geschwindigkeit, mit der sich die Dinge in unserer Zeit entwickeln. Eine solche Entwicklung kann noch einige Zeit länger fortschreiten, aber sicher nicht unendlich lange und auch wenn man das Ende nicht bestimmen kann, so drängt sich doch der Eindruck auf, dass es nicht mehr weit entfernt sein kann.

Das Wort „Krise“ enthält jedoch noch weitere Bedeutungen, die aus ihm einen umso geeigneteren Begriff für das machen, was wir hier ausdrücken möchten. Man kann seine Etymologie leicht aus dem Auge verlieren, wenn man dieses Wort so verwendet, wie es im Sprachgebrauch üblich ist. Will man diesen Begriff aber in seiner vollen und ursprünglichen Bedeutung verstehen, muss man bedenken, dass das Wort bis zu einem gewissen Grad ein Synonym zu „Gericht“ und „Urteilsfähigkeit“ ist. Die Phase, die als „kritisch“ bezeichnet werden kann, ist jene, die einer Lösung unmittelbar vorausgeht – unabhängig davon, ob diese günstig oder ungünstig ist oder anders gesagt, es handelt sich um eine Phase, in der sich die Dinge zum Besseren oder Schlechteren entwickeln werden. Sie ist damit die Phase, in der ein „Urteil“ auf Grundlage der bislang erreichten Dinge zu fällen ist: Die guten und schlechten Dinge werden gegeneinander aufgewogen, was es erforderlich macht, die erreichten Ergebnisse, die positiv oder negativ sein können, bis zu einem gewissen Grad einer Einteilung zu unterwerfen. So lässt sich letzten Endes sehen, auf welche Seite sich die Waage neigt oder ob ein Gleichgewicht erreicht werden kann. Wir möchte in dieser Studie natürlich keine derartige Einordnung vornehmen, da dies zu früh wäre, solange die Phase der Krise noch nicht zu ihrem Ende gekommen ist. Es lässt sich auch noch nicht abschätzen, wann dies der Fall sein wird und auf welche Weise sie enden wird. Wir ziehen es daher vor, uns von jeglicher Art der Vorhersage fernzuhalten, die man nicht auf einer klar ersichtlichen Grundlage durchführen kann. Sie könnte falsch ausgelegt werden und würden damit mehr zur Verwirrung beitragen, als dass sie helfen würde, sie zu lösen. Daher beschränken wir uns darauf, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln diese Phase und die sich aus ihr ergebenden Folgen jenen so deutlich wie möglich zu machen, die dazu fähig sind, dies zu erkennen. Auch wenn wir dies nur auf unvollständige und indirekte Weise tun können, möchten wir damit doch jenen den Weg bereiten, die eine bestimmte Rolle in dem früher oder später zu erwartenden „Gericht“ spielen werden, dem eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit folgen wird.

Einige der gerade verwendeten Ausdrücke werden zweifellos bei unseren Lesern die Vorstellung des „Jüngsten Gerichtes“ vor Augen rufen. Dies ist durchaus richtig und kann sowohl wörtlich als auch symbolisch verstanden werden, allerdings ist dies jedoch nicht der Ort, um diese Vorstellungen in ihrer Fülle und im Detail zu erklären. Unsere Aussagen wie „das Gute und Schlechte gegeneinander aufwiegen“ oder „die positiven und negativen Ergebnisse bewerten“ sind auf ähnliche Weise zu verstehen, wie wenn man von den „Auserwählten“ und den „Verdammten“ spricht, die in zwei strikt voneinander getrennte Gruppen aufgeteilt werden. Auch wenn es hier um eine Analogie geht, so muss man ihr doch zugestehen, dass sie zutreffend und gut begründet ist und zudem im Einklang mit der Natur der Dinge steht, worauf wir noch näher eingehen werden.

Es ist sicher kein Zufall, dass in unserer Zeit so viele Menschen von der Vorstellung des „Endes der Welt“ verfolgt werden. In mancherlei Hinsicht ist dies sicher bedauerlich, da prophetische Auswüchse und Fantastereien über den bevorstehenden Weltuntergang, die in gewissen Kreisen aus einem falschen Verständnis heraus entstehen, nichts weiter als Manifestationen des geistigen Ungleichgewichts unserer Zeit sind. Sie tragen letztlich dazu bei, dieses Ungleichgewicht noch weiter zu verschärfen. Daher ist die Besessenheit, sich mit dem „Ende der Welt“ zu befassen, eine Tatsache, die man nicht einfach übergehen kann. Steht man solchen Vorstellungen gegenüber, so wäre die einfachste und bequemste Reaktion, sie ohne weitere Untersuchung als falsch oder fantastisch einzuordnen und ihnen keine weitere Bedeutung zuzumessen. Doch auch wenn sie tatsächlich fehlerhafte Vorstellungen sind, ist es immer besser, nach den Gründen zu forschen, die sie hervorgebracht haben und nach dem Körnchen Wahrheit zu suchen, das in diesen Vorstellungen noch enthalten ist, wie entstellt es auch immer sein mag. Ein Fehler hat als solcher eine rein negative Existenz und auch ein „absoluter Fehler“ kann nirgendwo existieren und ist als solcher ein bedeutungsloser Ausdruck. Wenn man daher die Angelegenheit auf diese Weise sieht, wird schnell deutlich, dass die Beschäftigung mit dem „Ende der Welt“ eng mit einem Zustand der allgemeinen geistigen Unruhe verbunden ist, die der Welt zu eigen ist, in der wir heutzutage leben. Die vagen Vorahnungen eines Endes, das überdies tatsächlich allem Anschein nach nicht mehr allzu weit entfernt erscheint, beeinflussen unkontrolliert die Einbildungskraft einiger entsprechend empfänglicher Menschen und führen bei ihnen zu wilden und verzerrten geistigen Bildern, die sich wiederum äußerlich in jenen Erscheinungsformen zeigen, auf die wir hingewiesen haben. Eine derartige Erklärung soll jedoch keine Entschuldigung für derartige Zerrbilder und Missverständnisse sein: Wenn jene Personen, die aufgrund ihrer geistigen Veranlagung unfreiwillig derartigen Fehlern, für die sie nichts können, aufliegen, können sie dafür nicht vollständig in Verantwortung gezogen werden. Entschuldigen lässt sich dieser Fehler jedoch dadurch auch nicht. Und dies ist ein Punkt, den wir immer wieder betonen, so dass wir nicht einer übermäßigen Nachsicht gegenüber den „pseudo-religiösen“ Manifestationen unserer Zeit und den in ihr enthaltenen Fehlern beschuldigt werden können. Wir sind uns andererseits bewusst, dass es auch Kritiker gibt, die dazu neigen, uns für zu wenig Toleranz gegenüber derartigen Fehlern zu tadeln. Doch vielleicht öffnet ihnen das, was wir in dieser Studie ausführen, den Blick auf unsere Beweggründe, die immer darauf aus sind, einer uneigennützigen und unparteiischen Wahrheit treu zu sein.

Es geht aber noch um mehr als das: Eine rein psychologische Erklärung dieser Vorstellung über ein „Ende der Welt“ und ihrer heutigen erkennbaren Erscheinungsformen kann zwar in ihrer eigenen Ordnung stimmig sein, ist aber nie vollständig zutreffend. Nimmt man sie als solches für zutreffend, hieße dies, dass man in einem jener Trugbilder der modernen Zeit Zuflucht sucht, die wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit bekämpfen. Wie wir gesagt haben, gibt es also jene, die ein vages Gefühl haben, dass sich etwas seinem Ende nährt, ohne jedoch in der Lage zu sein, genauer die Natur oder das Ausmaß der von ihnen erahnten Veränderung definieren zu können. Es lässt sich nicht abstreiten, dass dieses Gefühl auf der Wirklichkeit beruht, auch wenn es nur vage ist und damit falschen Auslegungen oder Verzerrungen unterliegt. Was auch immer die Natur des näherkommenden Endes ist, die Krise, die ihm notwendigerweise vorangehen muss, ist überdeutlich zu sehen und es gibt ausreichend leicht erkennbare Zeichen, die in dieser Hinsicht alle im Einklang sind und in die gleiche Richtung deuten. Dieses Ende ist jedoch zweifellos nicht mit dem „Ende der Welt“ im vollständigen Sinne gleichzusetzen, aber es ist mit Sicherheit das Ende einer Welt. Sollte es tatsächlich das Ende der westlichen Zivilisation in ihrer derzeitigen Form sein, so ist es verständlich, dass jene, die nicht sehen können, was über diese Zivilisation hinausgeht und für die sie das Abbild jeglicher Art von „Zivilisation“ darstellt, dem Glauben anhängen, dass mit ihr alles enden wird und ihr Verschwinden somit tatsächlich das Ende der gesamten Welt bedeutet.

Um diese Frage auf ihren Kern zu reduzieren, kann man unter dieser Annahme tatsächlich sagen, dass wir uns dem Ende einer Welt nähren oder in anderen Worten gesagt dem Ende einer Epoche oder eines historischen Zyklus. Dieses Ende kann auch mit dem Ende eines kosmischen Zyklus zusammenfallen, was mit den Aussagen übereinstimmt, die in allen traditionellen Lehren zu diesem Thema zu finden sind. Es gab in der Vergangenheit schon viele derartige Vorkommnisse und es wird auch in Zukunft noch viele weitere geben. Diese Vorkommnisse sind von unterschiedlicher Wichtigkeit und zwar abhängig davon, ob sie längere oder kürzere Perioden beschließen und ob sie die gesamte Menschheit betreffen oder ob nur ein Teil davon in Mitleidenschaft gezogen wird wie ein Volk oder eine Rasse. Es ist anzunehmen, dass unter Berücksichtigung des heutigen Zustands der Welt der bevorstehende Wandel von so tiefgreifendem Charakter sein wird, dass mehr oder weniger die gesamte Welt davon betroffen sein wird – welche Form er auch immer annehmen wird. Dies werden wir jedoch nicht weiter betrachten, um jeglichen Spekulationen aus dem Wege zu gehen. Man muss sich jedoch bewusstmachen, dass die Gesetzmäßigkeiten, die mit derartigen Vorkommnissen verbunden sind, sich auf analoge Weise in verschiedenen Ebenen anwenden lassen. Daher ist das, was für das „Ende der Welt“ im umfassendsten Sinne gilt (der sich in der Regel auf die gesamte irdische Welt bezieht), auch im viel kleineren und begrenzteren Fall des Endes eines bestimmten Teilbereiches anwendbar ist.

Wir haben diese einleitenden Bemerkungen mit der Absicht geschrieben, dass unsere Leser die Fragen besser verstehen können, die wir im Folgenden betrachten werden. In unseren anderen Studien haben wir uns bei diesen Zusammenhängen immer wieder auf die „zyklischen Gesetze“ bezogen. Es wäre jedoch schwierig, eine vollständige Auslegung ihrer Bedeutung in einer Form wiederzugeben, die für die westliche Denkweise einfach verständlich ist. Allerdings benötigt man zumindest eine gewisse Kenntnis über diese Gesetzmäßigkeiten, um die wahre Natur des heutigen Zeitalters einschätzen und seinen Platz in der Weltgeschichte richtig einordnen zu können. Wir möchten daher gleich zu Anfang zeigen, dass die charakteristischen Merkmale unserer Zeit genau mit jenen übereinstimmen, die die traditionellen Lehren aus allen Zeiten mit jener zyklischen Periode verbinden, die als „dunkles Zeitalter“ gilt. Auf diese Weise wird nachvollziehbar, dass das, was aus dem einen Blickwinkel als nicht normal und einer Unordnung entspringend angesehen wird, von einem anderen Blickwinkel aus gesehen ein notwendiges Element einer höherliegenden und weitreichenderen Ordnung ist und damit eine unvermeidliche Folge jener Gesetze darstellt, die die Entwicklung jeglicher Manifestation beherrschen. Wir möchten jedoch gleich betonen, dass dies kein Grund ist, sich passiv der Unordnung und geistigen Verdunklung hinzugeben, die in unserer Zeit dem Anschein nach über allem liegt. Wäre dies so, hätten wir uns nicht die Mühe gemacht, die vorliegende Studie zu verfassen. Es lässt sich ganz im Gegenteil sagen, dass es gerade in diesen Zeiten darum geht, einen Weg aus diesem „dunklen Zeitalter“ vorzubereiten, da es viele Anzeichen gibt, dass sein Ende relativ nahe ist oder sogar unmittelbar bevorsteht. Auch dies gehört zur Ordnung der Dinge, da ein Gleichgewicht das Ergebnis zweier gleichzeitig in gegensätzliche Richtungen verlaufender Bestandteile ist. Wenn eine von ihnen ihre Tätigkeit einstellt, kann ein Gleichgewicht nicht mehr hergestellt werden. Auf unsere Situation übertragen, könnte die Welt unter einer derartigen Bedingung nicht mehr wiederherstellt werden und würde daher völlig verschwinden. Eine solche Annahme kann aber nicht verwirklicht werden, da beide Bestandteile eines Gegensatzes keine Bedeutung außerhalb ihrer selbst haben. Und auch selbst wenn es dem Anschein nach anders ist, so kann man sich doch sicher sein, dass jegliches teilhafte und flüchtige Ungleichgewicht am Ende zur Verwirklichung des gesamthaften Gleichgewichts beiträgt.

1. Das dunkle Zeitalter

Laut der hinduistischen Lehre ist der menschliche Zyklus, dem sie den Namen manvantara gibt, in vier Perioden unterteilt, während derer sich die ursprüngliche Geistigkeit in zunehmendem Maße verdunkelt. Diese Perioden wurden in den antiken Traditionen des Westens als das goldene, silberne, bronzene und eiserne Zeitalter bezeichnet. Wir befinden uns im vierten Zeitalter, dem Kali-Yuga oder dem „dunklen Zeitalter“, und sind dies bereits seit mehr als 6.000 Jahren, also seit einer Zeit, die viel länger andauert, als sie die „klassische Geschichtsschreibung“ abdeckt. Seit dieser Zeit werden die geistigen Prinzipien und die daraus abgeleiteten Wahrheiten, die zuvor in der Reichweite aller Menschen lagen, immer unzugänglicher und versteckter. Die Zahl derer, die sie erkennen, wird immer kleiner und auch wenn der Schatz der „nicht-menschlichen“ oder anders ausgedrückt der über dem Menschen liegenden Weisheit nicht verloren gehen kann, so wird sie doch zunehmend durch einen undurchdringlichen Schleier verhüllt, der sie vor den Augen der Menschen verbirgt und sie so nur sehr schwer auffindbar macht. Dies ist auch der Grund dafür, dass in allen traditionellen Lehren eine Symbolik nachzuweisen ist, die dem äußeren Anschein nach etwas Verlorenes sucht. Jene, die nach wahrer Erkenntnis trachten, müssen das Verlorene wiederfinden. Es wird aber auch gesagt, dass das, was auf diese Weise verborgen ist, am Ende des Zyklus erneut in Erscheinung tritt. Dieses Ende fällt wiederum aufgrund der ununterbrochenen Verbindung der Dinge untereinander mit dem Anfang eines neuen Zyklus zusammen.

Man kann sich nun fragen, warum die zyklische Entwicklung auf diese Weise erfolgt, also nach unten oder vom Höheren zum Niederen. Dieser Verlauf steht ja in völligem Widerspruch zur Vorstellung des Fortschritts, die im modernen Westen so weit verbreitet ist. Die Ursache dafür ist, dass die Entwicklung einer Manifestation notwendigerweise eine immer weiter zunehmende Entfernung vom Prinzip beinhaltet, von dem sie ausgeht: Sie beginnt am höchsten Punkt und muss sich daher nach unten orientieren. Vergleichbar mit schweren Körpern nimmt die Geschwindigkeit im Fall nach unten immer weiter zu, bis letztlich ein Punkt erreicht wird, an dem dieser Fall gestoppt wird. Diesen Vorgang kann man als eine zunehmende oder anwachsende Materialisierung bezeichnen, da der Ausdruck des Prinzips immer die reine Geistigkeit ist. Wir sagen hier bewusst, dass der Ausdruck und nicht das Prinzip selbst Geistigkeit ist, da es über jeglichen Gegensätzen liegt und somit nicht mit einem Begriff beschrieben werden kann, der auch nur den Gedanken an einen Gegensatz hervorrufen könnte. Wörter wie „Geist“ und „Materie“, die wir im westlichen Wortschatz finden, haben aus einer höheren Sichtweise nur eine symbolische Bedeutung. Wir können sie in diesem Zusammenhang auch nur dann anwenden, wenn wir sie aus den speziellen Auslegungen herauslösen, die ihnen die moderne Philosophie gibt, deren „Spiritualismus“ und „Materialismus“ in unseren Augen nur zwei wechselseitige Formen sind, die sich gegenseitig bedingen, aber für all jene vernachlässigbar sind, die über diese bedingte Sichtweise hinausgehen möchten. Wenn man jedoch gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergreift, um Missverständnisse auszuschließen und wenn man die wahren Prinzipien nicht aus dem Auge verliert, kann man diese Begriffe verwenden, da sie trotz ihrer Einschränkungen dazu dienen, die Dinge verständlicher zu machen, solange sie dabei nicht das verzerren, was verstanden werden soll.

Was wir über die Entwicklung der Manifestation gesagt haben, ergibt ein Bild, das zutreffend ist, wenn sie als Gesamtes gesehen wird. Es ist aber stark vereinfachend und starr, da es die Vorstellung begünstigt, alles würde sich entlang einer geraden Linie entwickeln, also nur in eine Richtung und ohne jegliche Ausschläge. Die Wahrheit ist jedoch weitaus komplexer. Wie wir bereits ausgeführt haben, lassen sich zwei gegensätzliche Neigungen in allem finden: Die eine geht nach unten, während die andere nach oben gerichtet ist – oder anders ausgedrückt wirkt die eine zentrifugal und die andere zentripetal. Aus der Vorherrschaft der einen Neigung über die andere ergeben sich die beiden wechselseitigen Phasen der Manifestation: Die eine führt zur Entfernung vom Prinzip, während die andere wieder dorthin zurückführt. Diese beiden Phasen werden symbolisch oft als Herzschlag oder als Ein- und Ausatmen dargestellt. Doch auch wenn diese beiden Phasen als aufeinander folgend beschrieben werden, so müssen die Neigungen, denen sie entsprechen, als gleichzeitig in verschiedener Stärke wirkend verstanden werden. Daher kann es passieren, dass in dem Moment, an dem die nach unten gerichtete Neigung dem Anschein nach endgültig die Oberhand über die Entwicklung der Welt gewonnen hat, ein Eingriff erfolgt, der die nach oben gerichtete Neigung stärkt und so wieder zu einem gewissen Ausgleich führt, selbst wenn dieser nur relativ ist. Unter den gegebenen Umständen kann dies aber bereits dafür ausreichend sein, ein Gleichgewicht teilweise wiederherstellen zu können und damit den Fall zumindest zeitweise aufzuhalten oder dessen Geschwindigkeit abzubremsen.1

Es ist offensichtlich, dass derartige Aspekte traditioneller Lehren, die wir hier nur am Rande betrachten können, den Weg zu Vorstellungen eröffnen, die tiefer, weiter und völlig unterschiedlich zu den Versuchen sind, die moderne Autoren durch eine Art „Philosophie der Geschichte“ unternehmen und die heutzutage so weit verbreitet sind. Wir beabsichtigen hier jedoch nicht, zum Ursprung unseres heutigen Zyklus zurückkehren zu wollen oder gar bis zum Anfang des Kali-Yuga. Unser Interesse gilt einem eingeschränkteren Zeitraum, nämlich den letzten Phasen des Kali-Yuga. Bei den erwähnten großen zyklischen Perioden ist es möglich, sie in untergeordnete Phasen oder Teile zu unterscheiden, von denen sich jede wiederum in Analogie zum übergeordneten Zyklus befindet. Daher lässt sich sagen, dass diese Teile den Verlauf des sie umfassenden großen Zyklus auf einer niedrigeren Ebene widerspiegeln. Doch auch hier würde eine vollständige Untersuchung der Wirkungsweise der Gesetze in Bezug auf diese Unterteilungen den Rahmen unserer Studie sprengen.

Wir möchten diese einleitenden Bemerkungen mit einer Betrachtung einiger kritischen Perioden beenden, die die Menschheit in jüngerer Zeit durchlaufen hat, also innerhalb der Zeit, die üblicherweise als „historisch“ bezeichnet wird. Sie ist auch die einzige, die der gewöhnlichen oder weltlichen Geschichtsschreibung zugänglich ist. Dies führt uns wiederum direkt zum tatsächlichen Gegenstand unserer Studie, da die letzte dieser kritischen Perioden keine andere ist als jene, die das bildet, was man heutzutage als die „moderne Zeit“ bezeichnet.

Es ist eine aus unserer Sicht merkwürdige und wenig beachtete Tatsache, dass die „historische Periode“ genau bis zum sechsten Jahrhundert vor Christus zurückreicht, so als ob zu diesem Zeitpunkt sich eine Grenze innerhalb der Zeit befände, die mit den üblichen Nachforschungsmethoden der heutigen Wissenschaft nicht zu durchdringen ist. Ab dieser Zeit kann man mehr oder weniger überall auf eine recht genaue und einigermaßen bekannte Chronologie der geschichtlichen Ereignisse stoßen, wogegen all das, was zuvor geschehen war, nur aus vagen Andeutungen herauszulesen ist und die Zeitangaben für diese Ereignisse oft zwischen mehreren Jahrhunderten schwanken. Dies ist besonders im Falle von Ländern wie Ägypten bemerkenswert, über deren Geschichte wir mehr besitzen als nur ein paar halb zerstörte Überbleibsel. Überraschend ist jedoch, dass die modernen Historiker auch im Falle von China auf die gleiche Weise verfahren, obwohl dies doch das einzige Volk ist, das über eine Geschichtsschreibung verfügt, die bis hin zu weit zurückliegenden Perioden reicht und durch astronomische Beobachtungen zweifelsfrei belegbar ist. Dennoch stufen die modernen Historiker diese Perioden als „sagenhaft“ ein, so als ob sie in ihnen einen Bereich sehen, in denen sie keine Sicherheiten finden könnten. Die heute als „klassische Antike“ bezeichnete Periode ist somit eine sehr relative Antike und liegt zeitlich näher an der modernen Zeit als die Periode, die als „echte Antike“ bezeichnet werden müsste. Sie reicht nicht weiter als bis zur Mitte des Kali-Yuga zurück, dessen Länge wiederum nur ein Zehntel der Gesamtlänge des manvantara ist. Dies zeigt wohl mehr als deutlich, wie die von den modernen Menschen so hoch geschätzte Geschichtsschreibung einzuschätzen ist. Die modernen Historiker rechtfertigen sich damit, dass sie behaupten, alles Ältere beziehe sich auf „sagenhafte“ Perioden und sei daher nicht wert, näher betrachtet zu werden. Aber eine derartige Einstellung ist als solches ein Eingeständnis des eigenen Unwissens und eines fehlenden Verständnisvermögens. Es lässt sich durch ihren Widerwillen gegenüber jeglicher Art von traditionellem Empfinden erklären, was daran liegt, dass die moderne Geisteshaltung mit der anti-traditionellen Geisteshaltung gleichzusetzen ist. Darauf werden wir im weiteren Verlauf der Studie noch näher eingehen.

Im sechsten Jahrhundert vor Christus fanden also aus unbekannten Gründen bemerkenswerte Änderungen unter nahezu allen Völkern statt, die sich jedoch von Land zu Land in einer unterschiedlichen Ausprägung zeigten. In einigen Fällen ging es um eine Anpassung der jeweils bestehenden Tradition an Bedingungen, die sich von den bislang vorherrschenden deutlich unterschieden. Eine solche Anpassung wurde in der Regel streng orthodox durchgeführt und als Beispiel können wir China nennen, wo die traditionelle Lehre, die zuvor eine Einheit war, in zwei klar voneinander unterschiedene Teile getrennt wurde: Der Taoismus ist ab dieser Zeit einer Elite vorbehalten und besteht aus reiner Metaphysik und traditionellen Wissenschaften, die ausschließlich nachsinnend ausgerichtet sind, während der Konfuzianismus allen ohne Vorbehalt zugänglich ist und sich insbesondere dem Bereich der praktischen und gesellschaftlichen Anwendung widmet. Auch unter den Persern gab es allem Anschein nach eine Anpassung, da dies die Zeit des letzten Zoroaster war.2 In Indien entstand zu dieser Zeit der Buddhismus, der eine Erhebung gegen den traditionellen Geist darstellte und der jegliche Autorität ablehnte, so dass es zu einer Anarchie im etymologischen Sinne des Wortes kam, also einer „Abwesenheit des Prinzips“ sowohl auf geistiger wie auch auf gesellschaftlicher Seite.3 Es ist überdies eine bemerkenswerte Tatsache, dass es in Indien keine Denkmäler gibt, die vor dieser Periode entstanden sind. Die westlichen Orientalisten haben sich diese Tatsache wiederum zunutze gemacht und sehen darin ein weiteres Argument für ihre Annahme, dass alles aus dem Buddhismus entsprungen sei. Damit übertreiben sie aber stark die wahre Bedeutung des Buddhismus, zumal die Erklärung für diese Tatsache viel leichter zu finden ist: Alle vorherigen Bauten waren aus Holz und haben deshalb keine Spuren hinterlassen, weil ihr Material nicht dauerhaft beständig war.4 Damit es aber zu einer derartigen Änderung in der Bauweise kommen kann, muss ihr eine grundsätzliche und tiefgreifende Änderung in den allgemeinen Bedingungen vorangegangen sein, die die Existenz der Menschen prägen.

Wenden man sich ein Stück in Richtung Westen, so sieht man, dass dies die Zeit der babylonischen Gefangenschaft des jüdischen Volkes war. Das Erstaunlichste daran ist wohl die Tatsache, dass eine kurze Zeitspanne von ungefähr 70 Jahren allem Anschein nach genügte, dass die Juden ihr eigenes Alphabet vergaßen. Als die Gefangenschaft vorüber war, mussten ihre heiligen Bücher unter Verwendung anderer Schriftzeichen wiederhergestellt werden und nicht mit jenen, in denen sie ursprünglich verfasst worden waren. Es wäre möglich, noch viele weitere Geschehnisse aufzuführen, die mehr oder weniger in diese Zeitspanne fallen, aber wir möchten uns hier nur auf einige wenige beschränken: Für das römische Reich war dies der Anfang der „historischen“ Periode, das der sagenhaften Zeit der Könige folgte. Es ist ebenfalls bekannt – wenngleich auch nur durch vage Andeutungen in gewissen Quellen –, dass es zu dieser Zeit wichtige Wanderbewegungen unter den Kelten gab. Wir möchten diese Beispiele jedoch nicht näher untersuchen, sondern uns dem zuwenden, was in Griechenland zu dieser Zeit geschah: Dort war das 6. Jahrhundert vor Christus der Anfangspunkt für die Epoche, die man als die „klassische Zivilisation“ bezeichnen kann. Den modernen Historikern zu Folge darf man nur sie allein als „historisch“ bezeichnen, da aus ihrer Sicht alles zuvor dem Bereich der Sagen zuzuordnen sei, auch wenn neuere archäologischen Erkenntnisse keinen Zweifel mehr daran lassen, dass es bereits vor dieser Zeit eine echte Zivilisation gab. Wir sind der Meinung, dass diese erste griechische Zivilisation aus geistiger Sicht viel interessanter ist als das, was ihr gefolgt ist, so dass man durchaus eine Analogie zur mittelalterlichen und modernen Zivilisation hier in Europa ziehen kann. Dabei sollte man jedoch beachten, dass der Bruch zwischen den beiden Perioden bei den Griechen im Vergleich zur europäischen Zivilisation nicht so vollständig war, da in Griechenland zumindest bis zu einem gewissen Maße eine Wiederanpassung auf traditioneller Ebene im Bereich der „Mysterien“ stattfand. Man kann hierfür die Lehre der Pythagoräer als gutes Beispiel nehmen, die hauptsächlich eine Wiederherstellung der Tradition des Orphismus in einer neuen Form darstellte. Ihre Verbindung zum Kult von Delphi, der wiederum mit dem hyperboräischen Apollo verbunden war, zeugt von einer ununterbrochenen und rechtmäßigen Abstammungslinie, die sich auf eine der ältesten Traditionen der Menschheit zurückführen lässt. Aber andererseits trat dann auch bald etwas auf, für das es zuvor nichts Vergleichbares gab und das in der Zukunft einen schädlichen Effekt auf die gesamte westliche Welt haben sollte: Wir beziehen uns hier auf die spezielle Form des menschlichen Denkens, die seit dieser Zeit unter dem Namen „Philosophie“ bekannt geworden ist. Dieser Punkt ist so wichtig, dass wir ihn im Folgenden näher untersuchen müssen.

Zuerst ist festzuhalten, dass das Wort „Philosophie“ auch auf eine im traditionellen Sinne rechtmäßige Weise verstanden werden kann und diese Bedeutung wahrscheinlich auch die ursprüngliche war. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn diese Bezeichnung auf Pythagoras zurückzuführen ist, was oft vermutet wird. Etymologisch bedeutet es nichts anderes als die „Liebe zur Weisheit“ und bezeichnet damit die grundsätzliche Voraussetzung zur Erlangung von Weisheit. Durch eine natürliche Erweiterung dieser Bedeutung kann es als eine Suche gesehen werden, die aus dieser Veranlagung erwächst und die den Suchenden der Erkenntnis immer näherbringen wird. Sie stellt also ein vorbereitendes und anfängliches Stadium dar, das ein notwendiger Schritt zur Erlangung der Weisheit ist. Allerdings entspricht sie einem geistigen Grad, der auf einer niederen Ebene der Weisheit angesiedelt ist.5 Die Verdrehung dieser Bedeutung, die in späterer Zeit aufkam, besteht darin, dass dieses vorbereitende Stadium als das Ziel verstanden und somit die Philosophie mit der Weisheit gleichgesetzt wurde. Dies bedingt jedoch, dass man all das vergessen hat, was mit der Weisheit als solcher verbunden ist – oder man ignoriert es schlicht und einfach. Auf diese Weise entstand das, was als „weltliche“ Philosophie beschrieben werden kann. Mit anderen Worten ausgedrückt handelt es sich bei ihr um eine vermeintliche Weisheit, die rein menschlich und damit ausschließlich der Ordnung des Verstandes zuzuordnen ist. Sie nahm in Folge den Platz der wahren traditionellen, über dem Verstand liegenden und „nicht-menschlichen“ Weisheit ein. Es lässt sich rückblickend jedoch sagen, dass noch immer etwas von der wahren Weisheit über die gesamte Zeitspanne der Antike erhalten geblieben ist. Dies lässt sich wie erwähnt an der Existenz der „Mysterien“ ablesen, deren im Wesen initiatischer Charakter nicht abzustreiten ist. Aber auch die Lehren der antiken Philosophen hatten sowohl eine exoterische als auch eine esoterische Seite, so dass letztere die Möglichkeit offenließ, in Verbindung zu einer höheren Sichtweise zu treten, was sich einige Jahrhunderte später auch deutlich wahrnehmbar unter den Alexandrinern zeigte, auch wenn sie in mancher Hinsicht als unvollständig angesehen werden muss. Damit sich die rein weltliche Philosophie bilden konnte, war es also notwendig, den exoterischen Anteil beizubehalten und dafür aber alles Esoterische abzulegen. Und genau dieses, von den antiken Griechen ins Leben gerufene Vorgehen, führte letztlich zur Entstehung dessen, was als die „moderne Welt“ bekannt ist. Die Tendenzen, die sich unter den Griechen erstmals zeigten, wurden immer weiter vorangetrieben und die übermäßige Bedeutung, die dem Verstand entgegengebracht wurde, musste nur noch weiter verstärkt werden, bis schließlich der Rationalismus entstehen konnte. Diese spezifisch moderne Geisteshaltung besteht nicht nur im Ignorieren all dessen, was der über dem Verstand liegenden Ordnung angehört, sondern auch in dessen ausdrücklichem Abstreiten. Wir möchten diese Gedanken hier jedoch nicht weiter ausführen, um dem nicht vorzugreifen, was wir in den folgenden Kapiteln noch detaillierter hinsichtlich der Folgen dieser Entwicklung ausführen werden.

Bei dem, was wir gerade ausgeführt haben, gibt es einen Aspekt, der eine besondere Bedeutung für die Sichtweise hat, mit der wir uns hier beschäftigen: Es geht darum, dass einige der Wurzeln der modernen Welt in der klassischen Antike gefunden werden können. Die Vertreter der modernen Welt liegen daher nicht falsch, wenn sie sagen, dass ihre Zivilisation auf der griechischlateinischen basiere und sozusagen deren Fortführung sei. Dabei muss man jedoch einschränken, dass diese Fortführung sich sehr weit von ihrem Ursprung entfernt hat und deren Grundsätzen nicht treu geblieben ist. In der klassischen Antike waren noch viele Dinge aus der geistigen Ordnung zu finden, zu denen es in der modernen Welt kein Gegenstück mehr gibt. So lässt sich vielmehr sagen, dass die beiden Zivilisationen für zwei unterschiedliche Grade in der fortschreitenden Verdunkelung der wahren Erkenntnis stehen. Wenn man nun allerdings annimmt, dass die Rückentwicklung der antiken Zivilisation schrittweise und ohne Bruch zu dem Zustand geführt habe, wie ihn die Zivilisation heute aufweist, so ist dies falsch. Im Westen gab es nämlich durchaus eine Phase, in der eine wie zuvor beschriebene Wiederausrichtung auf das Prinzip stattgefunden hat und die damit diese zunehmende Verdunklung unterbrechen konnte.

Es geht hier um die Epoche, in der das Aufkommen und die Verbreitung des Christentums stattfand und die einerseits mit der Zerstreuung des jüdischen Volkes und anderseits mit der letzten Phase der griechischrömischen Zivilisation zusammenfiel. Wir können die Details zu diesen Geschehnissen trotz ihrer Bedeutung übergehen, da sie im Allgemeinen sowieso besser bekannt sind als das, worüber wir bisher gesprochen haben. Ihr zeitliches Zusammentreffen erregte jedenfalls auch die Aufmerksamkeit der Historiker, wobei sie diese Dinge wie üblich nur auf eine sehr oberflächliche Art und Weise betrachten. Selbst dem Verfall, der in der „klassischen“ Welt wie auch in heutiger Zeit anzutreffen ist, wird ja eine gewisse Beachtung geschenkt und es gibt diesbezüglich tatsächlich hervorstechende Ähnlichkeiten. Die rein „weltliche“ Philosophie hatte damals zunehmend an Grund gewonnen: Das Aufkommen des Skeptizismus einerseits und des Moralismus der Stoiker und des Epikureismus andererseits zeigen deutlich, bis zu welchem Grad sich die Geistigkeit in der klassischen Antike zurückentwickelt hatte. Gleichzeitig wurden die alten Lehren von den Menschen kaum noch verstanden und entwickelten sich zu einem Heidentum im wahrsten Sinne des Wortes, also zu etwas, was als Aberglaube angesehen wurde. Ihr tieferes Verständnis war verloren und sie überlebten ab diesem Zeitpunkt nur noch aus sich selbst heraus und als rein äußerliche Manifestationen. Es gab jedoch auch gewisse Versuche, gegen diesen Verfall anzukämpfen: Der Hellenismus selbst trachtete danach, neue Kraft durch Elemente aus den östlichen Lehren zu erlangen, mit denen er in Verbindung gekommen war. Aber diese Versuche waren nicht ausreichend und auch zu spät, da die griechisch-römische Zivilisation ihrem Ende nahe war. Die Wiedereinrichtung des Gleichgewichts kam vielmehr von außerhalb und erfolgte auf völlig andere Weise: Das Christentum entstand und führte zu dieser tiefgreifenden Umwandlung. Wir möchten nebenbei dazu anmerken, dass die Parallelen, die gewisse Leute in dieser Hinsicht zwischen dieser Zeit und der unseren ziehen, einer der Gründe für den ungerechtfertigten und verwirrten „Messianismus“ sind, auf den man in heutiger Zeit immer wieder treffen kann. Nach der unruhigen Zeit, die die Invasion der „barbarischen“ Völker mit sich brachte und die die alte Ordnung vollständig zerstörte, wurde im Mittelalter für einige Jahrhunderte eine neue Ordnung errichtet. Diese Zeit ist für die Menschen der Moderne jedoch allem Anschein nach fremder und weiter entfernt als die der klassischen Antike, da sie nicht in der Lage sind, die mit ihr verbundene Geistigkeit verstehen und schätzen zu können.

Aus unserer Sicht reicht die Periode des echten Mittelalters von der Herrschaft Karls des Großen bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit begann bereits erneut ein Verfall, der sich über verschiedene Phasen und mit zunehmender Geschwindigkeit bis in unsere heutige Zeit fortsetzt. Dieser Zeitpunkt ist aus unserer Sicht der tatsächliche Anfangspunkt für die moderne Krise, da mit ihr das Zerbrechen des Christentums begann, das den Kern der westlichen Zivilisation des Mittelalters bildete. Gleichzeitig steht diese Zeit auch für den Ursprung der Bildung der „Nationen“ und für das Ende des Feudalsystems, das sehr eng mit der Existenz des Christentums verbunden war. Der Ursprung der modernen Periode muss daher fast zwei Jahrhunderte weiter zurückdatiert werden als dies normalerweise von den Historikern gesehen wird. Die Renaissance und die Reformation waren Folgen, die nur durch einen bereits zuvor eingetretenen Verfall entstehen konnten. Sie stellten jedoch keine Versuche dar, das Gleichgewicht wiederherzustellen, sondern trugen vielmehr zur weiteren Entfernung von den wahren Prinzipien bei, da sie den endgültigen Bruch vom traditionellen Geist vollzogen. Dabei hatte die Renaissance eine verheerende Auswirkung auf den Bereich der Wissenschaften und Künste, während die Reformation ihre zerstörerische Wirkung im Bereich der Religion freisetzte, auch wenn man annehmen würde, dass dies der Bereich ist, der am wenigsten dafür gefährdet sein sollte.