Der Schatz des Pfahlbauers - F.H. Achermann - E-Book

Der Schatz des Pfahlbauers E-Book

F.H. Achermann

4,8

Beschreibung

"Auf dem Wurzelwerk eines Urwaldriesen, auf paradiesischer Anhöhe, lauern zwei Halunken. Ihre Waffen sind von minoischer Schönheit. Mit gespannter Miene sehen sie hinab auf den großen Jurasee ..." Die Gier nach Gold hat die Pfahlbauersiedlungen der Voralpen erreicht. Sie führt ganze Stämme in den Tod und die Sklaverei. Wird die Liebe von Giura, Fürstin der Taraner, stark genug sein, um ihren Mann von seiner zerstörerischen Goldgier zu befreien? Franz Heinrich Achermann entführt seine Leser mit diesem prähistorischen Roman von 1920 in die Zeit der Pfahlbauer des Alpenvorlandes. Ein Bestseller aus der Zeit unserer Großeltern neu editiert und sprachlich sanft angepasst.

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Inhalt

Vorwort des Herausgebers

Drei Halunken

Ein dämonischer Plan

Das Metall des Todes

Der schleichende Tod

Die Blume vom Jurasee

Eine Menschenjagd

Auf der Bärenfährte

Das Mal der Schmach

Die Rache des Verschmähten

Im Banne des Goldes

Ein Wiedersehen

Die Goldsucher

Um den Goldschatz

Gold für Wasser

Die Vernichtung des Dämons - Ein Fund von 1906

Vorwort des Herausgebers

Ich erinnere mich noch gut daran, als ich das erste Mal den Namen des Autors F.H. Achermann hörte. Damals war ich gerade in meiner Karl May-Phase und verschlang nicht nur dessen große Romane aus dem Wilden Westen, sondern genauso seine Geschichten zum Orient und anderen Regionen.

Damals erzählte mir mein Vater, dass er in seiner Jugend zwar auch Karl May gelesen habe, es da aber noch einen anderen Autor gegeben habe, den er und seine Freunde damals in noch höheren Ehren gehalten hatten: Franz Heinrich (kurz: F.H.) Achermann. Dieser habe einige spannende Romane aus der Urzeit des Landes geschrieben, welche er und seine Freunde, aber teils auch schon deren Eltern jedem Buch von Karl May vorgezogen hatten.

Leider waren die Bücher damals nur antiquarisch in den alten Ausgaben aus der ersten Jahrhunderthälfte greifbar und so steckte ich mich erst ein paar Jahre später mit dem Achermann-Virus an, als der Walter-Verlag einige der alten Werke verdankenswerterweise neu auflegte, darunter auch den Schatz des Pfahlbauers. Begeistert von diesen Werken, lernte ich schließlich auch die Frakturschrift zu lesen, um auch die weiteren Werke Achermanns zu genießen, und begann meine Sammlung seiner Romane.

Inzwischen existiert der Walter-Verlag nicht mehr, seine “Neuauflage” ist längst auch höchstens antiquarisch lieferbar und so habe ich mich entschlossen, die Werke meiner Sammlung, sanft an moderne Schreibweisen und Grammatik angepasst, neu herauszugeben und so sowohl “alten Liebhabern” wie auch einer neuen Generation von Achermann-Lesern eine Freude zu machen.

Viel Spaß mit diesem wundervollen Werk von F.H. Achermann,

Der Herausgeber

Drei Halunken

Auf dem Wurzelwerk eines Urwaldriesen, auf paradiesischer Anhöhe, kauern zwei Halunken. Ihre Waffen sind von minoischer Schönheit. Mit gespannten Mienen spähen sie hinab auf den groben Jurasee. Ein schlanker Einbaum zieht langsam und feierlich seine Furche durch die glitzernde Flut. Er scheint nach dem einsamen Pfahldorfe dort in der windstillen Bucht steuern zu wollen. Ein warmer Föhnwind rückt die ungeschlachten Häupter der cheluetischen Alpen in greifbare Nähe, rauscht durch die Kronen des Urwaldes und erzählt der unbeholfenen Barbareneiche raunend und flüsternd ein Märchen aus dem Lande des ewigen Frühlings.

Die zwei werden ungeduldig:

„Er kommt nicht, der verfluchte Grieche!", knirscht der eine und richtet sich auf, lang und hager. Schwarze Locken ringeln sich wie Schlangen unter dem seidenen Kopftuche hervor, und sein dunkles Auge scheint gleich der Ringelnatter ihr Opfer bannen zu können; die kühn geschwungene Habichtsnase aber verrät die Absicht, das spitz vorgeschobene Kinn anhacken zu wollen.

Es ist Hiram, der Händler vom Lande des Libanon!

Sein Gefährte hingegen zeigt ein wahres Stierengesicht; die niedrige, fliehende Stirn, die glotzenden Augen und der breite Ansatz der Nasenwurzel harmonieren trefflich mit den wulstigen Lippen, den massiven Backenknochen und den weitausholenden Ohren …. kurz: Bei diesem Gesicht vermisst man eigentlich nur die abstrebenden Hörner, um das Bild eines Dämons der grausamsten Sinnlichkeit vervollständigen zu können!

„Die Sonne geht auf Mittag, Lydon!", fährt der Lange weiter fort. „Hm, hm!"

„Was meinst du, Hiram, was scheint dir verdächtig?", fragt der stiernackige Etrusker.

„Wie nun", entgegnet Hiram, „wie nun, Lydon, wenn Panides uns betrügen wollte?"

„Wie? Wie betrügen?"

„Indem er den Handel mit dem Barbarenhäuptling für sich selbst abschließt."

„Bei allen heiligen Dämonen! Erwürgen würd' ich ihn, den glatten Griechen!"

„Erst müsstest du ihn haben, den Vogel, bevor du ihn rupfen könntest! Panides ist gewandt wie ein Wiesel und vorsichtig wie die Elster! Du würdest ihm kaum etwas beweisen können!"

„Wir würden doch bemerken, dass sein Fellvorrat gestiegen ist — dort steht ja sein Lastpferd bei den unsrigen!"

„Aber wie nun, wenn es dem zungenfertigen Griechen gelänge, bei Halweh die farbigen Glasperlen gegen Gold zu verhandeln?"

„Beim Heiligsten aller Teufel!", keucht Lydon mit geballten Fäusten. „Hiram! Wir müssen uns vorsehen! Wir zwei müssen zusammenhalten gegen das hübsche Raubtier! Schon lange wollte ich dir das sagen!"

„Hm! Lydon! Du hast mir aus der Seele gesprochen! Ja, wir zwei müssen zusammenhalten gegen den feinzüngigen Griechen und, wenn möglich, so viel wie möglich aus ihm herausholen!"

„Wie ... wie meinst du das?"

„Ich meine es so, Lydon: Wirst du nach dieser Reise noch oft zu den Barbaren des Nordens gehen?"

„Die Dämonen sollen mich fressen, wenn ich mich nochmals in diese Geisternacht des Urwaldes vergrabe! Seitdem die Bären der Seehütten den Wert des Goldes kennen, lohnen sich die Strapazen dieser Handelsfahrten für uns nicht mehr! Kaum noch für Anfänger! Sieh her: Für dieses Halsband aus phönizischen Glasperlen hätte ich vor einem Knabenalter noch fünf Biber oder zwölf Marder mit gelbem Kehlfleck eingehandelt! Heute verlangen die Schufte Gold und Goldschmuck. Und ihr eigenes Waschgold tauschen sie nur noch gegen die Kostbarkeiten der Meerfahrt. Sie sind uns über die Köpfe gewachsen, die Urstiere des cheluetischen Waldes!"

„Gut, Lydon! Und nun: Du weißt, wir drei haben geschworen, uns in Not und Gefahr beizustehen.

Hat dieser Schwur noch einen Zweck, wenn das Gegenteil uns ... uns zwei Nutzen bringt?"

„Nein! Aber ich verstehe dich nicht!"

„Du wirst mich bald genug begreifen! Glaubst du, dass Panides den Schwur halten würde, wenn ihm das Gegenteil Gewinn böte?"

„Der? Den Dämonen würde er uns ausliefern, wenn er dafür ein einziges Tauschringlein bekäme!"

„Nun gut! So wollen wir hoffen, dass ihm das Geschäft mit Helweh gelingt und dass er ihm noch sein Waschgold abschwatzt, der zungenfertige Grieche, oder dass vielleicht wiederum ein hübsches Mädchen aus Narrheit für den lieblichen Teufel ihren Stamm bestiehlt!"

„Das war ein Streich, damals am Turachersee ... aber jetzt! Glaubst du, dass der schöne Knabe mit uns teilen würde?"

„Nein! Aber wir mit ihm!"

„Ah, du meinst ...?"

„Dass Panides im Urwalde sein Grab finden wird und wir sein Gold!"

„Hiram! Reich mir die Bruderhand! Wir töten ihn, den schöngelockten Dämon! Dann teilen wir redlich!"

Der „schöngelockte Dämon" aber kauert dort hinter dem Rotholunderstrauche und seine großen Griechenaugen blicken wie unergründliche Meerestiefe nach den beiden Genossen.

Wahrhaftig! Ein schöneres Antlitz hat noch kein Künstler im Geiste geschaut: alles in diesem herrlichen Profil ist Harmonie, sein ganzes Mienenspiel bewegt sich in Marmorlinien und die Lockenwellen seines Haares bilden zur Marmorblässe des Gesichtes einen sinnlich-schönen Gegensatz.

Mit vorgeschobenem Kinn lauscht der Verborgene den Plänen seiner beiden Geschäftsfreunde. Aber weder Furcht noch Zorn steht in seinem Antlitz geschrieben: Ein feines Lächeln umkräuselt die Mundwinkel, und seine Fäuste stemmen sich behaglich in die Seite wie bei einem Ringkämpfer, der die Waffengänge spielender Kinder verfolgt.

Der lange Hiram aber hat einen praktischen Einfall:

„Lydon! Pass auf! Behalte den Weg im Auge, den er kommen muss!"

Damit geht der Phönizier nach dem Eibenbusche, wo die Pferde stehen, und greift in die Felltaschen des Griechen:

„Wir wollen erst sehen, ob die Sache überhaupt einen guten Dolchstich wert ist ... na, hier scheint er seine Mädchenköder verstaut zu haben, haha, Glasperlen! Weg mit dem Flitter! Und hier? O, der Faun! Diese Bronzestangen zeigen genau den Ton des reinsten Goldes! Wen wollte wohl der Schuft damit betrügen? Kann er vielleicht die Metalle selbst so mischen? Hm! Man merkt den Betrug wirklich nur am Gewicht!"

„Er ist ein Mykener! Damit ist alles gesagt! Die kennen alle Feuerkünste der Unterwelt!"

„Aber, beim Rachen des Moloch!", flucht Hiram. „Wo hat er denn sein Gold versteckt? Hier in diesen Taschen ist nichts zu finden!"

„Er trägt es wohl bei sich!"

„Oder hat es irgendwo vergraben, um es bei einer späteren Fahrt zu holen!"

„Wozu das?", fragt der Etrusker.

„Hm — wenn er uns durchschaute! Ah, Lydon! Greif her, wie schwer diese Felldecke ist. Sie ist doppelt gefaltet und — bei den Göttermädchen von Geball! — Lydon! Der Hund von Mykenä ist reicher als wir beide zusammen … schau her, wie es glänzt, das Metall des Lebens — Gold, Lydon — Gold!"

„Metall des Todes!", flüstert Panides ganz leise.

„Horch! Was war das?", lauscht der lange Phönizier auf.

Der Grieche ist wie ein Schatten verschwunden.

„Der heiße Geist von Nubien fährt durch die nordischen Wälder", beruhigt der Etrusker. „Was hast du?"

„Lydon!", ruft der Phönizier mit zuckenden Lippen. „Hast du schon so etwas gesehen?"

In seinen zitternden Fingern hält Hiram eine herrliche Schale von getriebenem Golde!

„Fort damit! Dort kommt er!", zischt Lydon mit unterdrückter Stimme.

Auf der Waldlichtung gegen den See hin erscheint Panides, langsam, müde und mit Gebärden der Enttäuschung. Er hat von seinem Lauscherposten aus einen Bogen geschlagen, um wieder aus unverdächtiger Richtung erscheinen zu können.

„Schließt eure Mäuler; denn es gibt nichts zu schnappen!", ruft er schon von weitem.

„Blieb er übelhörig, der alte Büffel?", fragt Hiram, und auch Lydon richtet seine lauernden Hechtaugen auf den Angekommenen.

„Helweh gibt seine Edelfelle nur gegen Gold her und sein Gold gar nicht!" erklärt Panides.

„Tod und Verdammnis!", knirscht Hiram und streckt seine Habichtsnase vor, als ob er dem Griechen seine Eingeweide heraushacken wollte.

„Mord und Fäulnis!", heult der Etrusker auf. „Wir brennen sein Nest nieder!"

„Kein übler Gedanke!", schmunzelt Panides, als ob er soeben ein gutes Geschäft abgeschlossen hätte. „Nein, Bruder, das geht nicht! Helwehs Hunde heulen die ganze Nacht über den See! Sie würden deine Knochen säubern wie Waldameisen! Nein, das geht nicht: Wir brennen das Seedorf nicht nieder!

Wir nicht!"

„Wir nicht? Du sprichst so eigentümlich! Du scheinst einen Plan zu haben. Ich kenne dich!", sagt der lange Phönizier lauernd. „Ich habe einen Plan, ja! Wir holen seine Felle und sein Gold!" Da springt der stiernackige Etrusker auf wie ein verspielter Bär:

„Beim Dämon von Pupluna! Sprich, Panides!"

„Sachte, mein Lieber! Du sprichst wie ein Gott — aber der Urwald hat Augen und Ohren — siehst du dort unten die glänzenden Waffen — dort unten am Gestade? Man zieht zur Jagd! Wir müssen fort! Kommt!"

„Wohin? Und Helwehs Felle?", knurrt der Rinderköpfige.

„Und das Gold?", keucht der Vogelnasige.

„Wir holen es! Das Nest wird ausgeräuchert!"

Panides geht zu den Pferden und koppelt sie los. Fluchend folgen ihm die beiden.

„Vorhin sagtest du das Gegenteil!", knurrt Lydon.

„Nein!"

„Wir brennen also?"

„Nein!"

„Dass dich die Dämonen fressen! Ich werde daraus nicht schlau!"

„Das wirst du nie, Schoßkind!"

„Was? Beim hundsköpfigen Satan von Luna! Das ist Hohn, Grieche! Soll mein Dolch ..."

Plötzlich bricht er ab. Der lange Hiram hat ihn warnend am Mantel gezupft und ihm leise zugeraunt: „Noch nicht!"

Panides führt die beiden auf eine freie Anhöhe und weist mit dem Schwerte nach dem südlichen Gestade:

„Seht ihr dort in trüber Ferne den Rauch aufsteigen? Dort wohnt Taran, der Turacherfürst!"

„Wird der mit uns handeln?", fragt Hiram.

„Nein! Der ist noch selbstsüchtiger und verbohrter als sein Todfeind Helweh da unten!"

„Verdammt! Was soll denn der?"

„Des Helweh Hütten niederbrennen!"

„Ah!"

Mehr bringt Lydon nicht über die Lippen und seine Augen starren den Griechen an, als wäre er betrunken.

„Hört mich an! Setz dich hierher, Lydon!"

Der ungeschlachte Riese gehorcht unter dem Banne der Neugier wie ein Kind.

„Ich habe von den Pfahlbauern Helwehs da unten folgendes erlauscht", beginnt der Grieche. „Vor etwa fünfundzwanzig Sonnenjahren waren Helweh und Taran dort drüben die besten Freunde. Bei Gefahren der Jagd und des Krieges griff jeder für den andern ein, und wenn der eine redete, so galt sein Wort dem andern wie ein Götterspruch. Da kam das Gold! Ein Italiker brachte es ihnen und lehrte sie, den spärlichen Goldstaub aus dem Sand der Bäche zu waschen. Erst wuschen sie gemeinsam. Da aber Helweh geschickter darin war, wusch er allein, und Taran zog sich von ihm voll Eifersucht zurück. Da lernte Taran Winelda kennen, die schöne Tochter eines Fürsten vom Thursee. Das Mädchen errötete vor ihm und trug seine Bronzespangen und Glasperlen. Aber eines Tages kam Helweh und zeigte ihr seinen Goldschmuck; da errötete sie vor Helweh und wurde sein Weib. Seither schreitet die Rache auf den Pfaden ihrer einstigen Freundschaft, ihre Jagdgebiete sind getrennt, und Blut bezeichnet ihre Grenzen."

„Totschlag und Verwesung!", flucht der Riese von Etrurien.

„Hast du uns hergeführt, um uns Liebesgeschichten zu erzählen? Du bedauerst wohl, dass du damals nicht der Dritte warst? Ich weiß schon, vor wem alsbald das Wasserhuhn errötet wäre! Vor dir würde ja ein Lehmtopf erröten — wenn er im Feuer ist!"

„Sei nicht ungehalten, mein Lieber! Auf diese Liebesgeschichte baue ich meinen Plan: Wir lassen die beiden Kampfhähne aneinandergeraten!"

„Endlich ein vernünftiger Gedanke! Wie gedenkst du das anzufangen?"

„Wird uns das etwas einbringen?", forscht der lange Hiram, und seine Finger krallen sich wie Eulenfänge.

„Wir werden ihn bearbeiten, den hochmütigen Helweh, und — vielleicht — den andern auch! Mir nach! Zu Taran!"

Panides geht wieder voran, sein Pferd am Zügel nachziehend. Er weiß: Jetzt ist er vor seinen „Freunden" so sicher wie der kreisende Bussard dort über dem glitzernden Jurasee.

Und die zwei folgen ihm wie Wölfe auf der Hirschfährte.

Ein dämonischer Plan

In der Abenddämmerung treten die drei Händler aus dem Urwalds heraus an die Lichtung des Gestades.

Vor ihnen im See liegt das schmucke Pfahldorf Tarans, durch eine Brücke mit dem Lande verbunden. Vor den Hütten brennen die Abendfeuer, und darum im Kreise kauern fellbedeckte Jäger, linnenumhüllte Frauengestalten, halbnackte Kinder und struppige Hunde. Die Firste sind mit Storchennestern gekrönt.

„Lydon — Hiram!", flüstert der Grieche. „Wir kommen von Helweh!"

„Ja, ich kann mich noch so schwach erinnern!", höhnt der Etrusker.

„Helweh hat seinen Todfeind vor uns verhöhnt!"

„Das ist ja gar nicht ..."

„Narr! Wir müssen doch den Taran heizen, falls er brennen soll!"

„Aaah! Ausgezeichnet! Ich werde lügen wie mein Weib, wenn ich jeweils von der Nordlandfahrt heimkomme!"

„Reicht das aus zum Handel?", fragt Hiram zweifelnd.

„Vielleicht! Aber wir müssen sichergehen: Helweh hat uns auch Gold gegeben, damit wir Tarans Hütten niederbrennen!"

„Beim Teufel von Velsuna! Panides! Ich habe dich lieb, Panides!

Es ist eigentlich schade. Hiram…“

Hiram hustet den aussteigenden Mond an und gibt dem unvorsichtigen Etrusker einen verstohlenen Rippenstoß.

„Um was ist es schade, Lydon?", fragt der Grieche mit einem süßen Kinderlächeln.

Dass — dass — dass du noch keine Nachkommen hast, Panides! Du hast noch keinen Sohn, Panides, nicht wahr?"

„Ich weiß es nicht! Ich kann mich nicht um alles kümmern. Mir sticht ein feiner Braten in die Nase, Kinder. Ha, seht: Dort schreitet Taran aus seiner Hütte! Wir müssen uns beeilen, wenn wir nicht nur Knochen zum Abendessen wollen. Hey, hey!"

Auf diesen Ruf erhebt sich ein wahrer Höllenlärm: Dutzende von Hunden heulen und kläffen und bellen wie am Spieße. Doch all den ohrenbetäubenden Spektakel übertönt Tarans Donnerstimme:

„Hey! — Wer dort?"

„Schmuckhändler des Südens!", ruft Panides.

Welch ein Zauberwort für die Mädchen und Frauen des nordischen Urwaldes: Schmuckhändler des Südens! Welch ein Ereignis für die Eitelkeit der schmuckliebenden Jünglinge. — Ein Festtag für die Redeseligkeit der Alten, ein Götterfest der Jugend! Bereits ist das Geheul der Hunde in den Hintergrund getreten, und die Zugbrücke senkt sich: die drei schreiten über die donnernde Brücke samt ihren Pferden. Rasch sind sie umringt von allem, was zwei oder vier Beine hat.

Aber da kommt eine Hünengestalt auf sie zu: Taran, der Fürst der Taranersippe; sein Haar ist durch eine Zierschnur zu einem Schopfe vereinigt; eine schwere Kette von Eberhauern und Bärenreißzähnen schmückt seine fellbekleidete Brust; an den Arm- und Fußgelenken prangen goldglänzende Bronzespangen, durch herrliche Linienornamente verziert. Unter dem Fellkleide trägt er ein feingemustertes Linnenkleid. Er ist ohne Waffen, aber trotzdem hat seine Erscheinung etwas Ehrfurchtgebietendes, Heldenhaftes: die Zudringlichen treten zurück, und die drei Fremdlinge verneigen sich.

„Was wollt ihr?", fragt er kurz. Aber diese Worte haben nichts Schroffes an sich; sie sind der Ausdruck offener Ehrlichkeit.

„Wir bitten um ein Lager für die Nacht", erwidert der Grieche.

„Ihr seid willkommen!"

„Und um einen Rest von eurem Mahle!"

„Dem Gast das Beste! Kommt in meine Hütte!"

Sie geben unbedenklich die Pferde ab und folgen ihm; denn auf die Beraubung eines Gastes steht der Tod!

Tarans Hütte ist die stattlichste von allen: vom Firstwinkel schaut ein Wisentschädel herab: über dem Eingange steht ein sogenanntes „Mondhorn", ein mondsichel- oder stierhörnerförmiges Gebilde aus Ton mit den charakteristischen Verzierungen der Bronzezeit: Zickzacklinien, Parallelen und konzentrische Kreisen mit allen ihren Kombinationen. Zu beiden Seiten der Türe ragen gewaltige Hirschgeweihe mit Fischgeräten: Zugnetze, „Bahren" (Reusen), Feimer (sackförmiges Netz an einer Gehre oder Stange); Stecher, Drahtschlingen und feingeformte Angeln.

„Tretet ein in euer Eigentum!"

Mit diesem uralten Spruche begrüßt Taran seine Gäste nochmals an der Schwelle seines Heims. — Sie treten ein: der Empfangsraum ist ein wahres Prunkgemach der Pfahlbauerkultur in ihrer höchsten Blüte. Ganze Reihen von Bronzebeilen, ähnlich gefasst wie die Beile der Steinzeit, ziehen sich an den Wänden entlang: herrliche Schwerter und Lanzen, Dolche, Bogen und Köcher, Spangen, Ketten und Ringe, Schmucknadeln, Fibeln, Gesätze, Sicheln und anderes Gerät — alles aus goldglänzender Bronze. Dies macht auf den staunenden Gast den Eindruck eines geradezu barbarischen Reichtums.

Aus dem Nebengemache tönt ein regelmäßiges, klapperndes Geräusch herüber; dort sitzt jemand am Webstuhle.

Der Sippenfürst Taran Aba weist mit stummer Gebärde auf die an den Wänden entlang ausgebreiteten Felle mit Laubunterlage hin. Die Gäste setzen sich auf die wohligen Naturkissen, während der Fürst noch steht.

„Giurda!", ruft er mit tiefer, weicher Stimme.

Ein üppiger, zarter Arm streicht das Bärenfell des nächsten Gemacheinganges zur Seite und es erscheint eine wahrhaft königliche Gestalt: Giurda, die Fürstin der Taraner!

Sogar der von Frauen verwöhnte Grieche wird vor diesem Bilde natürlicher Würde und Hoheit einen Augenblick verlegen; denn Giurda würde trotz ihres reifen Alters auch in einem Palaste des Südens Bewunderung erregen; sie ist schön, wahrhaftig schön! Schön in den Formen und schön in der seelischen Weihe, die der weiblichen Tugend entstrahlt. Ein schneeweißes Linnengewand fließt vom geschlossenen Halse bis reichlich auf den Boden. Ihr schweres Haar fällt wie ein sprudelnder Gletscherbach auf Schulter, Brust und Arme. Sollen wir von ihrem Schmucke reden? Spangen mit den herrlichsten Linien- und Rippenornamenten zieren ihre Gelenke, ganze Büschel von Bronzenadeln geben den überreichen Haarwellen die gewollte Richtung; von den Ohren fallen echte Goldgehänge bis auf die Achseln — goldbesetzt ist auch der reichverzierte Gürtel, der das fließende Gewand nur lose zusammenhält. Ihre Fußbekleidung ist glänzendes Biberfell. Ganze Reihen von Perlenketten liegen um ihren Hals. Doch die schönste Quelle ihrer Anmut sind die Augen; tief wie der Enzian und mild wie zwei sonnige Frühlingstage blicken sie mit ehrlichem Wohlwollen den drei Gästen entgegen.

„Freude ist mein Gruß!", sagt sie einfach und reicht jedem mit natürlicher Grazie die Hand.

Die sittenlosen Händler des Südens beugen sich unwillkürlich vor diesem Urbilde der unverdorbenen Natur. Selbst Lydon glotzt wie ein Urstier vor einem Regenbogen.

Mit den Worten „Ich will euch das Mahl bereiten" geht sie wieder in ihr Gemach.

„Woher kommt ihr?", fragt Taran nach einer kurzen Pause. Panides stellt die Freunde und sich selber vor:

„Diese Pappel da ist Hiram aus dem Lande der Phönizier, die dem ehernen Gotte Kinder opfern. Der andere mit den lieblichen Augen des Frosches heißt Lydon und stammt aus Etru-rien, wo die Menschen die Teufel anbeten und ihnen die herrlichsten Opfer darbringen. Mich selbst nennt man Panides, nach dem Gotte Pan!"

„Wie ging der Handel, hier bei den Seedörfern?"

„Schlecht! Die Leute wollen unseren Schmuck umsonst und fordern für ihre Tauschgegenstände einen unverschämten Preis. Doch mit dir, o Fürst, hoffen wir ein gutes Geschäft abzuschließen!"

„Mit mir?", fragt der Fürst mit lächelndem Munde, was wohl einen leisen Zweifel andeuten sollte.

„Ja, o Fürst!", entgegnet Panides mit Überzeugung. „Wir kommen soeben von Helweh, deinem Freunde!"

Tarans Brauen verfinstern sich; er scheint wie umgewandelt, aber er spricht kein Wort.

„Der Racheteufel fresse Helweh!", knurrt Lydon; der Grieche aber fährt gelassen fort:

„Er muss sehr reich sein; denn er verlachte unser Angebot, und selbst für unsere spärlichen Goldringe hatte er nur Hohn: ‚Bringt eure Schätze dem Taran!‘, höhnte er. ‚Der kann sie brauchen; denn er schuldet seinem Weibe noch immer den versprochenen Hochzeitsschmuck, um dessetwillen sie ihn genommen!‘"

Wie von einer Viper gebissen fährt der Fürst in die Höhe:

„Mord und Verwesung! Das hat er gesagt, Helweh, der . . . der . . ."

„Bei meiner Treue! Mit dem schrecklichsten aller Schwüre können wir's bezeugen. Nicht wahr, Freunde?"

„Ich will erwürgt sein, wenn er lügt!", bestätigt der Phönizier feierlich.

„Alle Dämonen sollen mich reiten, wenn er ein Wort zu viel gesagt hat!", knurrt der Froschäugige mit hingebungsvoller Bereitwilligkeit.

„Noch mehr!", fährt der Grieche fort. „Ich habe zwar nicht mehr alles im Gedächtnis, was der Häuptling gesagt hat; aber an eines kann ich mich noch erinnern. Weißt du noch, Lydon, was er von seiner Hochzeit erzählte?"

„Von seiner Hochzeit? Sagte er nicht, dass . . . wie war es nur?

Hm, dass an jenem Tage ..."

„Sehr richtig, Lydon! Dass an jenem Tage im Urwalde ein Wolfsgeheul gehört wurde! Und weißt du noch, Hiram, was dann geschah?"

„Ja, es klang ganz unheimlich … und dann ... "

„Ganz recht! Und dann schickte Helweh Jäger aus, um den Unheilverkünder zu jagen. Als sie zurückkehrten, meldeten sie — weißt du noch, was sie meldeten, Lydon?"

„Ja … hm, sie meldeten, dass sie … den Auftrag ausgerichtet hätten, nicht?"

„Schau, wie du noch alles weißt! Ja, und überdies brachten sie, wie ihr wisst, die Kunde, dass ... Taran so geheult und an einem Eibenstocke wie in wahnsinniger Verzweiflung seine Zähne blutig gebissen hätte!"

„Beim Satan! Genauso ist es!", nickt Lydon.

„Nein, Lydon! So ist es nicht! Mein Wort darauf!"

„Nicht?"

„Nein! So ist es nicht! Helweh behauptet nur, dass es so gewesen sei! In Wirklichkeit hat er gelogen!"

„Wie mein Weib, wenn ich heimkomme!", bekräftigt das Stiergesicht.

Taran ist zu sehr in Wut, als dass er das Lügengewebe des falschen Griechen durchschaut. Er stürmt nicht los; aber in seinen Augen brennt ein unheimliches Feuer. Wie ein Leichnam starrt er ins Leere. Panides vollendet sein Werk:

„Was ihr zwei gegeneinander auszutragen habt, o Fürst, geht uns nichts an; dass er uns aber feige Hunde schalt, dafür soll er büßen — beim Pan, dem Schrecken der Wälder!"

Da blickt Taran auf:

„Hat er euch auch beschimpft?"

„Durch sein Ansinnen — ja! Er hat uns Gold geboten für den Fall, dass es uns gelänge, dein Dorf niederzubrennen! Ist das nicht eine tödliche Beleidigung für friedfertige Händler?"

„Du willst dich rächen?"

„So wahr ich ein Mann bin! Jedes Weib soll mich anspucken, wenn ich den Schimpf rachelos hingehen lasse!"

„Verenden soll er!", bekräftigt Lydon.

„Und seine Habe teilen wir!", ergänzt der lange Mann vom Libanon die frommen Wünsche seiner Freunde.

„Wie willst du dich rächen?", forscht Taran mit unverhohlener Spannung.

„Indem ich den Spieß umkehre und seine Hütten niederbrenne!"

„Helwehs Dorf ist uneinnehmbar, und seine Hunde wachen gut!"

„Pah! Wenn du mir hilfst, so ist sein Untergang sicher!"

„Ich wage mein Leben, wenn ich den Hunger meiner Rache sättigen kann!"

„Hm ...Taran! Wir sind arme Händler!

Welchen Teil der Beute versprichst du uns?"

Taran blickt lange vor sich hin und spricht dann:

„Ihr könnt alles haben, bis auf das Gold! Seid lhr einverstanden?"

„Ja! Wir sind einverstanden! Hier meine Hand!"

Und ehe sich seine verdutzten Freunde von ihrer Überraschung erholt haben, hat der Grieche die Abmachung durch Handschlag besiegelt! Die zwei glauben ihren Ohren nicht zu trauen: Ist der schlaue, berechnende Grieche wahnsinnig geworden? Gerade das Gold Helwehs war ja das letzte Ziel ihrer Wünsche, und nun tappt Panides mit offenen Augen in die Grube! Lydon würgt einen stillen Fluch hinunter und Hiram streckt seinen Schnabel vor, wie ein Bussard, dem die Maus entschlüpft ist. Hinter dem Rücken Lydons versetzt er dem Panides einen Rippenstoß, den aber Taran bemerkt! Der glatte Grieche scheint aber jeder Lage gewachsen zu sein. Sich umwendend bemerkt er mit feinem Lächeln:

„Ich verstehe dein gutes Herz, Hiram! Ich bin mit dir einverstanden: wir lassen dem tapferen Fürsten Taran auch die Felle! Wir wollen nichts, wenn er uns zur Rache verhilft!"

„Teufelsfratz!", knirscht der Etrusker, und sein Maul verzerrt sich, dass die großen Ohren in Bewegung kommen. Der geschäftsgierige Hiram aber sucht die vermeintlich vom Griechen verspielte Situation zu retten:

„Wollen wir nicht lieber das Geschäft und dessen Bedingung erst morgen endgültig besprechen?"

„Ich bin fertig", erklärt der Grieche, „und nehme an, dass ihr einverstanden seid. Wenn wir auf alle Beute verzichten, so wird der Fürst von der Ehrlichkeit unserer Absichten und von der Reinheit unseres Rachegefühls umso mehr überzeugt sein!"

Stumm reicht Taran einem jeden der Fremden seine Rechte.

„Wie denkst du dir nun die Ausführung deines Racheplanes?", fragt Taran den Panides.

„Sehr einfach! Höre! Ich kehre morgen zu Helweh zurück und sage ihm: Wir drei sind von ihm weg zu dir gekommen und haben dir seine Worte ahnungslos berichtet. Du hast uns für die bezahlten Sendlinge Helwehs gehalten, für die bestochenen Übermittler seines Hohnes. Da hast du uns in deiner Wut überfallen und meine zwei Kameraden hier ermordet. Ich allein entkam mit dem nackten Leben und bitte Helweh um Aufnahme und einige Tage Verpflegung! In einer schönen Nacht lasse ich euch die Zugbrücke nieder, und ihr küsst die Sippe mit euren Schlachtbeilen aus dem Schlummer!"

„Ha! Bei den Hörnern der Nachtsonne! So muss es gehen, ja, so geht es!" ruft der Taranerfürst. „Wie einfach, und — es muss gelingen! Es muss wahrhaftig gelingen! Panides! Du bist mein Freund! Und wenn der Überfall gelingt, so sollst du mir sein wie ein Taraner, mit Stimme im Rate! Nun wollen wir essen und trinken wie die Götter am Hochzeitstage! Giurda! Giurda!"

Die Hauptlingsfrau erscheint wieder am Eingang des Gemaches und nickt:

„Das Mahl ist bereitet, Herr!"

„Gut! Ich will noch Belemar und Heswin holen! Unsere zwei Ältesten!" fügt er den dreien erklärend hinzu und geht hinaus. Hiram sieht sich vorsichtig um und keucht dann wie in Todesnot: „Panides! Was hast du getan! Panides, das schöne Gold! Welch ein Geschäft hast du verscherzt!"

„Panides!", flüstert auch Lydon. „Wenn du nicht erwürgt sein willst, so erkläre, was deine Tölpelhaftigkeit bezwecken soll!"

„Sei unbesorgt, mein Augenstern! Ich habe mit dem Seehund nicht geteilt, weil ich das Ganze will! Du hast ja doch sofort gesehen, mein Lieber, dass er mir als Lohn für mein selbstloses Entsagen sein unbedingtes Vertrauen entgegengebracht hat. Dies werde ich benutzen! Und so sicher wie Helweh sein Gold verliert, so sicher werde ich es dem Wasserhuhn hier wieder abjagen und das seinige dazu! Bist du nun zufrieden, du mein Alles?"

„Hm!"

„Hätte ich ein großes Beutestück verlangt, so wäre die Forelle vielleicht argwöhnisch geworden und hätte nicht angebissen! Wenn wir aber — zum Scheine, Lydon! — so selbstlos handeln, so wird er arglos uns vertrauen, bis er aufheult. Das siehst du doch ein?"

„Hm, hm! Der Teufel des Verderbens könnte auch einmal den Unrechten hinunterwürgen! Was meinst du, Seeschlange vom Libanon?"

„Ich finde das Wagnis immerhin etwas ..."

In diesem Augenblicke kehrt Taran zurück. Ihm folgen zwei ehrwürdige Jäger, in deren Gesichtern man vor lauter Haar beinahe die Augen nicht entdecken kann. Die Krieger grüßen durch einfachen Handschlag und setzen sich mit den Händlern zum Mahle nieder.

Ein wirkliches Gastmahl der Bronzezeit würde auch einem heutigen Feinschmecker durchaus kein Lächeln blasierter Verwöhnung abgewinnen: denn die Wirtschaftsquelle der Pfahlbauer war eine fünffache: Jagd, Fischerei, Ackerbau mit Viehzucht und Sammlung von Naturprodukten, wie Beeren, Schwämmen, Wurzeln, Nüssen und Sämereien usw.

Auf einen Ruf Tarans kommt sein Weib mit zwei Dienerinnen, wohl Leibeigenen, die in Feld und Hütte — bei sehr milden Regiments — den Befehlen ihrer Herrin zu Diensten stehen. Sie tragen große und kleine Tonschalen. Jeder der Gäste erhält eine große Transchierschale und eine kleine Schöpfschale. Die großen, flachen Schalen weisen im Prinzip die gleichen Ornamente auf wie die meisten Gebrauchsgegenstände der Bronzezeit: Kreislinien, Parallelen, Zickzacklinien, Wolfszahnornamente (aneinander gereihte Dreiecke, oft mit Parallelen gefüllt), Punktlinien, Rautenmuster, Rosetten, Girlanden usw.

Zur Verwunderung des Griechen aber tragen die kleinen Trinkschalen regelrechte griechische Mäanderverzierungen. Diese Art der Ornamentik musste entweder von Stamm zu Stamm oder von Händlern ins Land gebracht worden sein.

Jeder Gast erhält überdies ein feingeschwungenes Bronzemesser, dessen Dorn in einem Hirschhorngriff eingelassen ist. Nun kann das Mahl beginnen, von denen die besten einzelnen Gänge der Nachwelt überliefert sein mögen:

Hechtsuppe mit Pfefferling und Rahmzusatz, durch Waldgewürze verschärft.

Gedämpfter Hecht in Butter, mit Wacholderbeeren und Sauerkresse garniert. Dazu bringen die Dienerinnen an einem Kupferdraht einen großen, rauchenden Topf mit glühenden Kohlen. Diese werben ansgeschüttet und darunter zeigt sich das knusperige Hirsebrot, das eigentliche Pfahlbauerbrot.