Der Schmerzfänger (Ein Lukas-Sontheim-Thriller 2) - Frank Esser - E-Book
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Der Schmerzfänger (Ein Lukas-Sontheim-Thriller 2) E-Book

Frank Esser

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Beschreibung

NACH „DER SCHMERZKÜNSTLER“ DER ZWEITE HOCHSPANNUNGS-THRILLER DER LUKAS-SONTHEIM-REIHE.

Ein virtueller Friedhof. Ein Countdown, der einen Tod ankündigt.

Orkus nennt sich der kaltblütige Mörder, der den Tod seiner Opfer im Darknet ankündigt und diese vor laufender Kamera hinrichtet. Die Zuschauer vor den Bildschirmen glauben nicht an die Echtheit der Bilder, niemand informiert die Polizei. Doch schon bald werden die Leichen der Darsteller aus den Videos gefunden. Als Andreas Lichtenstein, ein ehemaliger Hacker, von der Seite erfährt, stellt dieser mit Erschrecken fest, dass auch sein Name auf einem der virtuellen Grabsteine steht – und der Countdown wurde bereits gestartet. Warum will ein Wahnsinniger seinen Tod? Ist er ein Zufallsopfer? Voller Panik kontaktiert er seinen Freund Lukas Sontheim, einen ehemaligen Kriminalbeamten der Kölner Mordkommission. Schon kurze Zeit später finden die beiden heraus, dass alle Opfer etwas gemeinsam haben und der Täter nicht eher ruhen wird, bis sein Werk vollbracht ist.

Der zweite Teil der Lukas-Sontheim-Thriller-Reihe ist ein in sich geschlossener Fall. Der Thriller ist eine Neuauflage und erschien ursprünglich unter dem Titel Das Orkus-Tribunal.

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Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
Epilog
Nachwort

Frank Esser

Der Schmerzfänger

Über das Buch:

 

NACH „DER SCHMERZKÜNSTLER“ DER ZWEITE HOCHSPANNUNGS-THRILLER DER LUKAS-SONTHEIM-REIHE.

 

Ein virtueller Friedhof. Ein Countdown, der einen Tod ankündigt.

 

Orkus nennt sich der kaltblütige Mörder, der den Tod seiner Opfer im Darknet ankündigt und diese vor laufender Kamera hinrichtet. Die Zuschauer vor den Bildschirmen glauben nicht an die Echtheit der Bilder, niemand informiert die Polizei. Doch schon bald werden die Leichen der Darsteller aus den Videos gefunden. Als Andreas Lichtenstein, ein ehemaliger Hacker, von der Seite erfährt, stellt dieser mit Erschrecken fest, dass auch sein Name auf einem der virtuellen Grabsteine steht – und der Countdown wurde bereits gestartet. Warum will ein Wahnsinniger seinen Tod? Ist er ein Zufallsopfer? Voller Panik kontaktiert er seinen Freund Lukas Sontheim, einen ehemaligen Kriminalbeamten der Kölner Mordkommission. Schon kurze Zeit später finden die beiden heraus, dass alle Opfer etwas gemeinsam haben und der Täter nicht eher ruhen wird, bis sein Werk vollbracht ist.

 

Der zweite Teil der Lukas-Sontheim-Thriller-Reihe ist ein in sich geschlossener Fall. Der Thriller ist eine Neuauflage und erschien ursprünglich unter dem Titel Das Orkus-Tribunal.

 

 

Der Autor:

 

Frank Esser, Jahrgang 1974, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Industriekaufmann und arbeitet seitdem in der Musikbranche. Er lebt in der Nähe von Aachen. Seine Liebe zu Krimis inspirierte ihn, seinen ersten Regionalkrimi zu schreiben, der in der Kaiserstadt spielt und 2017 veröffentlicht wurde. Mittlerweile veröffentlichte er neben seiner Aachen-Krimi-Reihe weitere Thriller und Krimis. Seit neuestem darf er sich stolzes Mitglied der Empire-Verlag-Familie nennen.

Frank Esser

Der Schmerzfänger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Lukas Sontheim Thriller

Band 2

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die

Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

© 2021 Empire-Verlag

Empire-Verlag OG, Lofer 416, 5090 Lofer

 

Lektorat: Christine Weber - https://www.textimo.de/

Korrektorat: Marion Kaster / Heidemarie Rabe

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur

mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

Cover: Chris Gilcher

http://buchcoverdesign.de/

Illustrationen: Adobe Stock ID 142726850, Adobe Stock ID 124573637 und freepik.com

Prolog

 

Samstag, Tag 1

 

Dieses gottverdammte Arschloch wollte ihn tatsächlich umbringen! Eben noch hatte er mit Rolf eine Partie Tennis gespielt, im Clubrestaurant Bucatini alla Carbonara gegessen, dazu einen gut gekühlten Weißwein genossen. Jetzt stand er hier barfuß auf einem Eisblock, die Hände auf dem Rücken gefesselt und mit einem Strick um den Hals, der fest in seine Haut schnitt. Auf ihn war eine Webcam gerichtet, das LED-Licht blinkte grün. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit ihn der Entführer in dem fensterlosen, unmöblierten Raum zum Sterben zurückgelassen hatte. Die nadelstichartigen Schmerzen, die durch die Eiseskälte in den Fußsohlen hervorgerufen worden waren, wichen allmählich einem Brennen, als würde er über glühende Kohlen laufen. Gleichzeitig kroch die Kälte die Beine herauf, unerträglich. Doch was war schon der körperliche Schmerz gegen die Angst vor dem Tod? Seine unglaubliche Panik hatte sich verstärkt, als ihm aufgegangen war, dass der Entführer einen Heizlüfter vor dem Eisblock platziert und angeschaltet hatte. Kleine Rinnsale, die aussahen wie Schlangen, die vor ihm flüchteten, bildeten sich allmählich um das Eis. Sein Schicksal war unausweichlich, sofern nicht noch ein Wunder geschah. Ihm war speiübel. Er spürte, wie sich die unverdauten Essensreste langsam die Speiseröhre hocharbeiteten. Nur mit großer Mühe und mit einer gehörigen Portion Selbstbeherrschung gelang es ihm, sich nicht zu übergeben. Trotz der eisigen Kälte, die sich immer weiter in seinem Körper ausbreitete, stand ihm Schweiß auf der Stirn. Angstschweiß. Zum wiederholten Mal zerrte er wie wild an den Fesseln und tänzelte dabei wie eine unbeholfene Ballerina in der ersten Übungsstunde auf dem schwindenden Eisblock herum. Doch damit erreichte er nur, dass sich die Schlinge um seinen Hals fester zuzog.

»Was wollen Sie von mir?«, krächzte er in den Raum.

Keine Antwort.

»Wollen Sie Geld? Sagen Sie mir einfach, wie viel Sie haben wollen, und wir regeln das. Wir vergessen das hier einfach«, wimmerte er in seiner Verzweiflung.

Schweigen.

»Warum tun Sie mir das an?«, versuchte er es noch einmal, doch erneut bekam er keine Reaktion. Tränen liefen ihm jetzt übers Gesicht. Er schluchzte und jammerte. Irgendwann versiegte der Tränenfluss, während das Eis unter seinen Füßen immer weiter schmolz, bis er nicht mehr in der Lage war, gerade auf dem Block zu stehen. Er war gezwungen, sich auf die Zehenspitzen zu stellen, damit ihm der Strick nicht die Luft abschnürte. Der Puls raste, das Blut rauschte in seinen Ohren. »Ich will nicht sterben!«, jammerte er.

Niemand antwortete. Niemand kam durch die Tür, um das Schauspiel zu beenden, das mittlerweile mehrere Hundert Internet-User im Darknet verfolgten. Stattdessen konnte er nur zusehen, wie der Heizlüfter das Eis zum Schmelzen brachte, sodass er sich immer weiter strecken musste. Er würde diese Position nicht mehr lange halten können, seine Beine zitterten schon. Während die Zahl der User vor den Computerbildschirmen in den letzten Minuten weiter anstieg, dachte er offenbar darüber nach, einfach vom Eisblock zu springen, um seine Leidenszeit zu verkürzen.

Aber er tat es nicht. Klar, er hing viel zu sehr an seinem Leben, um es auf diese Art freiwillig zu beenden. Wer hoffte nicht bis zuletzt auf Rettung? Doch diese Hoffnung schwand im gleichen Maße, wie sich das Eis unter seinen Füßen in Wasser verwandelte. So sehr er sich auch reckte und versuchte, die Zehen durchzustrecken, am Ende half es nichts.

Etwa eine Stunde, nachdem die Übertragung von Peter Kruses Hinrichtung im Darknet gestartet worden war, begann der letzte Akt seines Todeskampfes. Wie ein Stück Vieh, das man an einem Schlachterhaken aufgehängt hatte, baumelte er über den Resten des Eisblocks. Er strampelte mit den Beinen und suchte verzweifelt nach Halt. Vergeblich. Die Schlinge um seinen Hals zog sich immer fester zusammen und quetschte die Luftröhre ein, der gesamte Körper zuckte unwillkürlich. Dabei konnten mittlerweile weit über 3000 Internetuser das Röcheln des sterbenden Mannes hören. Getreu Kurt Cobains Motto »Here we are now, entertain us« bekamen sie genau die Show geboten, die sie sehen wollten. Schließlich verlor Peter Kruse das Bewusstsein, kurze Zeit später war er tot.

Kaum dass der Unternehmer den letzten Atemzug getan hatte, erschien auf den Computerbildschirmen, auf denen die Besucher das morbide Schauspiel beobachtet hatten, eine Nachricht:

 

Die 1. Runde des Spiels ist beendet.

 

Dann endete die Live-Übertragung und die Startseite von Orkus wurde eingeblendet – eine illegale Seite im Darknet, die an die virtuellen Friedhöfe im Internet erinnerte, die Angehörige einrichteten, um an ihre verstorbenen Liebsten zu erinnern. Doch Orkus war aus einem anderen Grund ins Leben gerufen worden, schon bald würde die Öffentlichkeit davon erfahren. Peter Kruse war Geschichte. Ein neuer Grabstein, ein neuer Name, ein neues Datum. Die zweite Runde hatte begonnen.

 

 

1. Kapitel

 

Mittwoch, Tag 5

 

Wieder einmal hatte er sich dem Kampf gegen seine Dämonen stellen müssen. Nur knapp war er vor einigen Monaten dem Tod von der Schippe gesprungen. Bei den privaten Ermittlungen gegen Christoph Laumann, der junge Frauen entführt, gefoltert und bestialisch ermordet hatte, war er dem Serienmörder gefährlich nahegekommen und am Ende selbst als Gefangener in dessen Folterkeller gelandet. Nur dem unermüdlichen Einsatz seiner alten Kollegen von der Kölner Mordkommission hatte er am Ende sein Leben zu verdanken. Doch nicht der Beinahetod warf ihn in den Wochen und Monaten danach völlig aus der Bahn. Kurz bevor die Polizei in den Keller stürmte, band ihm Laumann auf die Nase, dass Nina und Linda ihm ebenfalls zum Opfer gefallen waren.

Die beiden Menschen, die er im Leben am meisten geliebt hatte, waren fast sieben Jahre zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Bis zu jener verhängnisvollen Nacht in Laumanns Keller war er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Unfall um ein tragisches Unglück gehandelt hatte. Anschließend war er dem Alkohol verfallen, was ihn letztlich den Job gekostet hatte. Nina und Linda waren unfreiwillig Zeuginnen davon geworden, wie Laumann und dessen älterer Bruder eines der Opfer entführt hatten. Bei einer wilden Verfolgungsjagd war Ninas Wagen verunglückt.

Fünf lange Jahre hatte er – Lukas Sontheim, einer der angesehensten Polizisten des Reviers – im Suff gelebt und sich anschließend mühsam wieder ins Leben zurück-gekämpft. Bis Laumann vor fast einem Jahr dafür gesorgt hatte, dass er erneut den Boden unter den Füßen verlor. Nur dank unbändiger Willenskraft, den regelmäßigen Besuchen bei den Anonymen Alkoholikern und der Unterstützung von Jürgen Brenner, seinem Freund und ehemaligen Partner bei der Mordkommission, war es ihm gelungen, nicht wieder rückfällig zu werden. Das Geld vom Hausverkauf war mittlerweile aufgebraucht, seitdem hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Erst vor zwei Wochen hatte er wieder mit dem Lauftraining begonnen, auch das hatte er lange Zeit vernachlässigt. Das braune Haar war schon zottelig und schulterlang gewesen, doch vor Kurzem endlich wieder einer Frisierschere zum Opfer gefallen. Die neue modische Kurzhaarfrisur betonte seine weichen Gesichtszüge.

Gerade war er von der Arbeit im Supermarkt nach Hause gekommen, in dem er vormittags Getränke ins Regal räumte und Kisten stapelte, als sein Handy klingelte. Er benutzte immer noch das abhörsichere Smartphone, das ihm sein Kumpel Ali gegeben hatte, der IT-Spezialist und einstige Profi-Hacker. Dank seines Freundes war er auf die richtige Spur im Fall Laumann gekommen. Nachdem er den Schlächter überführt hatte, war der Kontakt zu Ali eingeschlafen. Er warf einen flüchtigen Blick aufs Display und war einigermaßen überrascht.

»Hey, Ali, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesprochen. Was verschafft mir die Ehre?«, begrüßte er seinen alten Freund.

»Lukas, ich brauche deine Hilfe. Ich stecke gewaltig in der Scheiße«, flüsterte Andreas Lichtenstein, den Sontheim schon immer nur Ali nannte.

»Ich weiß ja, dass du unter einer gewissen Paranoia leidest. Aber dass du am Telefon flüsterst, ist selbst für dich ungewöhnlich«, versuchte er es mit einem Scherz. »Also gut, wie kann ich dir helfen?«

»Ich hab keine Zeit für lange Erklärungen. Komm einfach so schnell wie möglich her. Es … es ist wirklich wichtig. Überlebenswichtig.«

Schon war die Leitung tot.

Wenig später saß Sontheim hinter dem Steuer des klapprigen Mazdas und brauste los. Sein Ziel: die Sporergasse in der Kölner Altstadt.

 

Eine Viertelstundespäter starrte er seinen Freund überrascht an. Ali, der sonst viel Wert auf sein Äußeres legte, stand leichenblass im Türrahmen, hatte sich den Bartstoppeln nach zu urteilen schon länger nicht mehr rasiert und tiefe dunkle Ringe unter den Augen. Offenbar hatte er kaum oder gar nicht geschlafen. Dunkle Flecken prangten vorn auf dem Sweater – Kaffee oder Cola, was der IT-Fachmann literweise in sich hineinschüttete. Das und die Tatsache, dass sich der strohblonde Mann mit dem kleinen silbernen Ring im linken Ohrläppchen eben am Telefon derart seltsam verhalten hatte, ließen bei Sontheim die Alarmglocken schrillen.

»Schön, dass du’s einrichten konntest«, sagte Lichtenstein nur, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte und in der Wohnung verschwand.

Sontheim schüttelte ungläubig den Kopf, erwiderte aber erst einmal nichts, sondern schloss die Tür und folgte Lichtenstein geradewegs ins Wohnzimmer, wo dieser sich wie ein nasser Sack auf die Couch fallen ließ und den Laptop auf den Schoß legte. Abgesehen vom Wohnzimmertisch, auf dem Sontheim einige leere Colaflaschen, eine leere Kaffeekanne sowie diverse leere Chipstüten entdeckte, war das Zimmer aufgeräumt. Ali klopfte zweimal mit der flachen Hand neben sich auf die Couch. Sontheim kam sich vor wie ein Schoßhündchen, folgte aber der unausgesprochenen Aufforderung und setzte sich neben seinen Kumpel. Die Lederjacke zog er aus und legte sie über die Lehne.

»Okay, Ali. Bisher hab ich mich ja zurückgehalten. Aber allmählich fängt es an zu nerven. Entweder du sagst mir jetzt, was los ist, oder ich haue gleich wieder ab«, knurrte er schließlich.

»Ja doch. Ich wollte aber, dass du das mit eigenen Augen siehst«, meinte Ali nur, während er die Finger über die Tastatur fliegen ließ wie ein Pianist, der die Tasten seines Flügels bearbeitete. »Was weißt du über Snuff-Filme?«, fragte er schließlich.

»Mehr, als mir lieb ist. Hängt mit einem alten Fall zusammen, als ich noch bei der Sitte gearbeitet habe. Das ist ein Phänomen, das seinen Ursprung in den Siebzigern hat. Da wurde dieser argentinische Horrorfilm veröffentlicht, der sich mit der vermeintlich realen Tötung von Menschen vor laufender Kamera beschäftigt. El ángel de la muerte hieß der, glaube ich. Wurde später unter dem Namen Snuff wiederveröffentlicht. Es gibt unzählige Filme, in denen angeblich Menschen umgebracht wurden, was aber eigentlich nie bewiesen werden konnte. Obwohl ich mir sicher bin, dass es durchaus manchen Streifen gibt, in denen tatsächlich getötet wurde – wir leben in einer kranken Welt.«

»Was das angeht, hast du leider recht. Also, bereit?«

Sontheim nickte. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, worauf Ali eigentlich hinauswollte. Auf dem Bildschirm startete ein Video, in dem ein gefesselter Mann zu sehen war, vermutlich vierzig bis fünfundvierzig Jahre alt. Um seinen Hals lag ein Strick, der an der Decke befestigt war. Der Mann stand auf einem Eisblock, auf dem Boden ein Gerät, das wie ein Heizlüfter aussah. Sontheim warf einen flüchtigen Blick in Alis Richtung, der wie gebannt auf den Bildschirm starrte. Er wirkte angespannt, und auch Sontheim war angesichts der Bilder unbehaglich zumute.

»Ich spul mal vor«, sagte sein Kumpel unvermittelt und drückte auf eine Taste.

Man konnte erkennen, dass sich um den Eisblock herum eine Wasserlache gebildet hatte, während der Block immer kleiner geworden war. Der Unbekannte streckte sich, so gut er konnte, um dem Tod zu entrinnen. Dann stoppte Ali die Aufnahme und ließ sie in Normalgeschwindigkeit ab der Stelle weiterlaufen, als der Todeskampf in die finale Phase überging, bis der Körper des Unbekannten schließlich leblos über den Resten des Eisblocks baumelte.

»Woher hast du die Aufnahme?«, wollte Sontheim wissen. So schnell ließ er sich nicht von derartigen Videos aus der Ruhe bringen. Dennoch beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Er starrte Ali erwartungsvoll an.

»Kursiert im Darknet.«

»Und du hast das zufällig entdeckt?«

»Nicht unbedingt.« Ali sah ausweichend zu Boden. »Aber das erkläre ich dir gleich.«

»Du glaubst doch nicht, dass diese Aufnahme echt ist? Selbst ein Laie kann heutzutage solches Material erstellen und im Netz veröffentlichen, das muss ich dir ja kaum erklären.«

»Da will ich dir gar nicht widersprechen. Aber ich hab dir ja auch noch nicht alles gezeigt«, erwiderte sein Freund und startete kurz darauf erneut einen Film.

Sontheim glaubte zu erkennen, dass es sich um denselben Raum handelte wie beim ersten Film. Jedenfalls sah die Deckenlampe exakt so aus wie die, die bei dem Eisblockdrama zu sehen gewesen war. Diesmal zeigte der Bildausschnitt eine gefesselte Frau in einem etwa zwei Meter hohen geschlossenen Wassertank aus Glas, wie Zauberer sie für Entfesselungstricks verwendeten. Am Einstieg des Tanks war ein großer Wasserschlauch befestigt. Sontheim ahnte, was jetzt passieren würde, und kaum, dass er den Gedanken gefasst hatte, begann das Wasser zu laufen. Die Panik stand der Gepeinigten ins Gesicht geschrieben, sie schrie wie am Spieß, während der Wasserpegel immer weiter anstieg.

Wieder spulte Ali vor. Als er die Aufnahme stoppte, stand der jungen Frau das Wasser bereits knapp über dem Kinn. Wie schon der Mann aus dem ersten Video stellte auch sie sich auf die Zehenspitzen, was ihr allerdings nicht lange gelang. Als sie das erste Mal einen Schwall Wasser schluckte, begann sie zu husten und zu würgen, was zur Folge hatte, dass sie noch mehr Wasser schluckte. Ihr Todeskampf hatte begonnen und dauerte nicht lange. Der Anblick des leblosen Körpers auf dem Boden des großen Tanks war verstörend. Ali nestelte nervös an seiner silbernen Halskette.

»Zugegeben, die Videos wirken echt. Aber wie gesagt, genau diesen Eindruck sollen diese Filme ja suggerieren.« Lukas lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich glaube nach wie vor, dass wir es hier mit Fake-Videos zu tun haben. Aber unabhängig davon, was ich denke, würde ich jetzt gern endlich mal von dir erfahren, was dich daran derart in Angst und Schrecken versetzt?«

»Ich habe rausgefunden, dass die Polizei in Düsseldorf und Köln Leichen gefunden hat, die exakt dieselben tödlichen Verletzungen und Fesselspuren aufweisen wie der Mann und die Frau aus den Videos. Peter Kruse, ein Unternehmer aus Düsseldorf, dessen Leiche am Sonntag gefunden wurde. Und Claudia Lehnhoff, IT-Expertin aus Köln. Am Rheinufer tot gefunden.«

Sontheim starrte seinen Freund mit weit aufgerissenen Augen an, er ahnte, dass er ihm noch etwas verschwieg.

»Wie ich sehe, habe ich jetzt deine volle Aufmerksamkeit«, fuhr Ali fort, der sich mittels einer Anonymisierungs- und Verschlüsselungssoftware Zugang zum Darknet verschafft hatte, was mit den herkömmlichen Webbrowsern nicht möglich war. Er öffnete eine Seite, die sich »Orkus« nannte.

»Was ist das?«, fragte Sontheim, nachdem er einen flüchtigen Blick auf die Darknet-Website geworfen hatte.

»Ein virtueller Friedhof. Gibt’s auch im normalen Netz. Allerdings ist Orkus anders.«

»Was bitte schön ist ein virtueller Friedhof? Davon habe ich noch nie gehört!«

Ali verdrehte die Augen.

»Manchmal frag ich mich, ob du in der Steinzeit lebst, Lukas? Das ist nichts anderes als eine Gedenkseite für Verstorbene. Dort werden von Angehörigen oder engen Freunden Profile für die Verblichenen angelegt. Mit Fotos, persönlichen Daten oder Bildergalerien. Du kannst dort virtuelle Gedenkkerzen anzünden, Kondolenzgrüße hinterlassen, Videos hochladen oder deine Trauer mit Gleichgesinnten in Chaträumen verarbeiten. Auf Orkus wird dieses Prinzip allerdings pervertiert. Die Seite wird ganz offensichtlich von einem Killer betrieben, der dort den Tod seiner Opfer ankündigt. Mit Vorname und Geburtsdatum – und einem Countdown mit dem voraussichtlichen Todesdatum, der anzeigt, wie lange das Opfer noch zu leben hat. Sobald der auf null steht, startet er die Live-Übertragung vom Todeskampf der Opfer.« Ali schwieg einige Sekunden, schaute zu Sontheim hinüber, der ihm an den Lippen hing, und atmete einmal tief durch. »Wie du unschwer erkennen kannst, steht dort auf einem Grabstein mein Name …«

 

 

 

2. Kapitel

 

»Das ist doch hoffentlich ein schlechter Scherz?«, keuchte Sontheim, nachdem er erst einen Blick auf den Monitor geworfen und anschließend seinen Freund sekundenlang fassungslos angestarrt hatte.

»Scheiße, ich wünschte, es wäre einer! Ich hänge nämlich an meinem Leben. Aber nach allem, was ich rausgefunden habe, ist das Ganze todernst. Da, schau, auf der Seite sind sieben Grabsteine zu erkennen. Sieben! Auf dem ersten steht Peter, auf dem zweiten Claudia.«

»Wie Peter Kruse und Claudia Lehnhoff«, unterbrach Sontheim seinen Kumpel.

»Genau. Wenn du auf die Namen klickst, findest du diese beiden entzückenden Videos, die ich dir gerade gezeigt hab. Hab sie mir auf die Festplatte gezogen, um sie besser analysieren zu können – konnte bisher allerdings keine Hinweise finden, die mich weitergebracht hätten. So, und jetzt sieh dir an, was auf dem dritten und vierten Stein steht.« Ali deute mit dem Zeigefinger darauf.

Sontheim stockte der Atem. Auf dem Grabstein mit der Nummer 4 stand der Name Andreas, wie Ali eigentlich hieß, und das Datum darunter, glaubte er sich zu erinnern, stimmte mit dessen Geburtstag überein. In einer weiteren Zeile stand neben einem Kreuz das Datum vom kommenden Freitag. Eine rückwärts laufende Digitaluhr zeigte aktuell 54:34:29 an, unschwer zu erkennen ein Countdown. Ähnlich verhielt es sich mit den Angaben auf dem dritten Grabstein, auf dem der Name Mario zu lesen war – mit dem Unterschied, dass dessen Countdown weniger als sieben Stunden anzeigte. »Scheiße«, murmelte Sontheim, dann blies er die Wangen auf und ließ langsam die Luft entweichen.

»Verstehst du jetzt, warum mir der Arsch auf Grundeis geht?«

»Und es besteht kein Zweifel daran, dass die beiden Toten dieselben Personen aus den Videos sind?«, hakte Sontheim noch einmal nach, obwohl er die Antwort bereits kannte. Ali hatte sich schon im Fall Laumann Zugriff auf die polizeiinternen Dokumente verschafft. Vermutlich hatte sein Kumpel ihn erst angerufen, als er sich seiner Sache sicher war.

Lichtensteins Kopfschütteln sprach Bände.

»Ich habe die Fotos aus den Polizeiakten mit den Videoaufnahmen anhand meiner selbst geschriebenen Gesichtserkennungssoftware verglichen. Das Ergebnis war eindeutig. Der Obduktionsbericht von Kruse räumt dann auch die letzten Zweifel aus. Er ist infolge der Strangulation durch ein Seil erstickt. Bei der Lehnhoff gibt's noch keinen Bericht – kein Wunder, sie ist ja erst vor ein paar Stunden aufgefunden worden.«

»Konntest du den Betreiber der Seite, die für diesen Mist verantwortlich ist, nicht aufstöbern?«

»Dann würden wir diese Unterhaltung jetzt wohl kaum führen. Wie du bereits festgestellt haben dürftest, befindet sich die Seite im Darknet. Keine Chance, den Typen aufzuspüren, ist ja der Sinn der Sache.«

»Orkus … hm, seltsamer Name.«

»Musste ich auch erst googeln«, fiel ihm Ali ins Wort. »Orkus war in der römischen Mythologie der Gott der Unterwelt. Hat die Toten im Jenseits gefoltert. Was das angeht, nimmt der Kerl es also nicht ganz genau, er foltert eher die Lebenden ins Jenseits.«

»Wie hast du überhaupt von der Seite erfahren?«, wollte Sontheim wissen.

»Das ist ja das Seltsame: Übers Kontaktformular meiner Firmenhomepage. Kam gestern Abend rein. Eine verschlüsselte Datei mit den Videos und ein Link samt Zugangsdaten für diese Webseite. Ohne die kannst du den ganzen Spuk nicht aufrufen.«

»Scheint ihm offensichtlich einen zusätzlichen Kick zu verschaffen«, mutmaßte Sontheim. »Der Irre scheint ein immenses Geltungsbedürfnis zu haben. Allerdings wundert mich, dass die Öffentlichkeit noch nichts von der Existenz dieses virtuellen Friedhofs weiß, auch wenn das Ding im Darknet steht.«

»Ist nur eine Frage der Zeit, wenn du mich fragst. Wir können davon ausgehen, dass der Killer die Zugangsdaten einer x-beliebigen Anzahl von Leuten gesendet hat, bevor er Kruse vor laufender Kamera umgebracht hat. Nicht wenige werden die Seite besucht und sich an diesem Mist ergötzt haben. Denen war garantiert nicht klar, dass da wirklich jemand gekilltwurde. Warum sollten sie das auch glauben? Snuff-Seiten gibt's schließlich nicht gerade wenige im Netz. Wer auf brutale Filme von Folterungen und Tötungen steht, findet sie auch. Der Besucher von Orkus wird vermutlich denken, dass sich der Betreiber besonders viel Mühe gibt, um seine Filme in Szene zu setzen. Wenn nur ein Bruchteil dieser Leute die Zugangsdaten an Vertraute weitergeleitet hat, verbreitet sich dieser Scheiß schon bald wie ein digitaler Virus! Die Bullen wissen bisher jedenfalls nichts von Orkus, so viel ist mal sicher«, erklärte Ali mit Feuereifer.

Sontheim sprang wie von der Tarantel gestochen von der Couch auf und fingerte sein Handy aus der Hosentasche. »Ich muss unbedingt mit Jürgen reden. Wenn das kein Fake ist, sollte die MoKo dringend wissen, dass es zwischen den beiden Fällen in Köln und Düsseldorf eine Verbindung gibt. Wenn die im Dunkeln tappen, was Orkus angeht, müssen wir denen auf die Sprünge helfen.«

»Und was ist mit dir? Du musst mir helfen. Bitte. Wir müssen das Schwein ausfindig machen!« Ali saß wie ein Häufchen Elend auf der Couch und blickte ihn mit flehendem Blick an.

Sontheim dachte nicht lange nach. »Was für eine Frage, schließlich geht es um dein Leben! Aber zuerst rede ich mit Brenner. Wäre sicher das Beste, wenn die dich erst mal aus dem Verkehr ziehen und an einem sicheren Ort unterbringen.«

»Machst du Witze? Das ist keine Option! Du wirst meine Hilfe brauchen, wenn du dich auf die Spur von diesem kranken Typen begibst! Wie soll ich das bewerkstelligen, wenn die mich von früh bis spät im Auge haben?«

»Hm, da ist was dran. Du könntest bei mir wohnen. Mir wäre wohler, wenn ich wüsste, wo du bist«, ließ Sontheim nicht locker.

»Danke, aber das ist viel zu riskant. Würde ich bei dir unterkriechen, würde ich dich in Gefahr bringen, wenn der Killer tatsächlich versucht, mich zu entführen.« Ali schüttelte heftig den Kopf. »Ich mach gleich die Biege, hab schon eine Idee, wo ich mich verstecken kann. Ist so gesehen mein Safe House.« Ali versuchte es mit einem Lächeln, aber ihm war anzusehen, dass es nur aufgesetzt war.

Sontheim wusste, dass er ihn nicht würde umstimmen können. »Dann solltest du keine Zeit verlieren. Kannst du mir die Videos mailen – und alles, was du bisher sonst noch rausgefunden hast? Ich muss Brenner einweihen, damit er der Sache so schnell wie möglich nachgeht. Diesem Mario bleiben nur noch sechs Stunden und fünfundvierzig Minuten«, meinte er mit einem Blick auf den Bildschirm. »So wie ich Jürgen kenne, wird er zuerst ähnlich skeptisch reagieren wie ich, was die Echtheit der Videos angeht. Ich brauch was Handfestes, um ihn zu überzeugen.«

»Klar, mach ich. Er wird zwar austicken, wenn er erfährt, dass ich mich in der Polizeidatenbank umgesehen habe, aber ich finde, der Zweck heiligt in diesem Fall die Mittel.«

»Das sehe ich ähnlich. Außerdem ist er längst nicht so borniert, wie du denkst. Ohne deine Einmischung und deine Recherchen hätten wir Laumann damals nicht so schnell dingfest machen können, das hat er garantiert nicht vergessen«, erwiderte Sontheim und drückte die Kurzwahltaste für die Nummer seines ehemaligen Kollegen.

 

»Das wäre geklärt.« Sontheim seufzte.

»Was hat er gesagt?« Ali kam ins Wohnzimmer, eine Tasche in der Hand. Er hatte die Zeit genutzt, um auf die Schnelle ein paar Klamotten zu packen.

»Dass er uns den Arsch aufreißen wird, wenn wir seine Zeit verschwenden. Als ich den Namen Claudia Lehnhoff erwähnt habe, war er aber ganz Ohr und hat zugestimmt, mich gleich zu treffen. Noch schnell: Was hast du zu den Opfern rausgefunden?«

»Nicht viel. Bisher keine Verbindung zwischen beiden. Du solltest dich im Umfeld von diesem Peter Kruse umhören. Kann mir vorstellen, dass er sich in den letzten Jahren eine Menge Feinde gemacht hat. Der ist … war … ein bekannter Baumogul, stammte ursprünglich aus Köln, lebte aber in der verbotenen Stadt, gegen ihn wurde mehrfach ermittelt. Beschäftigung von Schwarzarbeitern auf seinen Baustellen, Abrechnungsbetrug, Bestechungsvorwürfe. Aber verurteilt wurde er nie. Vielleicht ist er deshalb ins Visier von diesem Orkus geraten«, erklärte Ali.

»Du glaubst also, dass die zwei nicht zufällig in seine Hände gefallen sind? Interessanter Gedanke.« Auch Sontheim war die Frage nach den Beweggründen für solch abartige Taten schon in den Sinn gekommen. Und noch etwas anderes brannte ihm unter den Nägeln, seit er den Namen seines Kumpels im Zusammenhang mit diesen Morden gelesen hatte. »Ali, sei ehrlich: Wie kommt der Kerl auf dich? Was hast du auf dem Kerbholz?«

»Sehr witzig, Lukas«, erwiderte Ali kopfschüttelnd. Er hatte natürlich schon selbst darüber nachgedacht, aber keinen plausiblen Grund finden können.

»Aber eine berechtigte Frage, oder? Denk mal drüber nach, ob du nicht doch irgendwann mal jemandem so richtig auf die Füße getreten bist. Ich finde deinen Hinweis wirklich wichtig! Wir müssen lernen, zu denken wie dieser Typ! Irgendwas muss er über dich wissen. Was hast du über die Lehnhoff rausgefunden?«

»Sie war Softwareingenieurin. Hat als Freelancerin gearbeitet. War wohl ziemlich gut in ihrem Job.«

»Was genau macht denn eine Softwareingenieurin?«, hakte Sontheim nach, der sich im Bereich der Informationstechnik so gut wie gar nicht auskannte.

»Vereinfacht gesagt war sie eine Programmiererin mit technischem Hochschulabschluss. Laut ihrer Internetseite hat sie für mehrere bekannte Unternehmen im Großraum Köln gearbeitet. Beachtlich, schließlich war sie echt jung. Ich schicke dir gleich alle Informationen, die für dich relevant sein dürften.«

»Dachte immer, ihr Computer-Genies kennt euch alle untereinander.«

»Nur weil wir im selben Teich fischen? Nee, ich hab noch nie von ihr gehört, sonst hätte ich das ja wohl erwähnt. Und bevor du fragst, Kruse hab ich auch nicht gekannt.«

»Sonst hast du nichts über sie rausgefunden?«

»Sie hat eine blütenreine Weste.«

»Okay, schickst du mir das alles? Ich muss jetzt los, Brenner wartet.«

»Schon so gut wie erledigt. Bevor ich's vergesse, gib mir mal bitte kurz dein Handy.« Ali streckte die Hand aus.

»Darf ich fragen, warum?«

»Ich hab gerade die SIM-Karte gewechselt, damit mich die Bullen nicht orten können. Ich will dir die Nummer geben.«

Sontheim zückte sein Handy und entsperrte das Display. »Dann schieß mal los«, meinte er und wartete. Doch Ali riss ihm das Handy aus der Hand und tippte in wenigen Sekunden die neue Nummer ein. Dann gab er ihm das Smartphone wieder zurück und brummte: »Danke, dass du mir hilfst.«

»Pass auf dich auf«, erwiderte Sontheim nur, bevor er die Wohnung in der Sporergasse verließ.

 

 

3. Kapitel

 

Eine gute Viertelstunde, nachdem Sontheim seinen Ex-Partner angerufen hatte, trafen sich die beiden Männer in einem Café am Brüsseler Platz. Der Countdown, der den Tod dieses Marios ankündigte, steuerte unerbittlich auf die Sechs-Stunden-Marke zu, als sich der Leiter der Mordkommission in Köln auf den Stuhl neben Lukas fallen ließ. Brenner trug wie immer Anzug und Krawatte. Der große Schnauzbart war gepflegt wie eh und je, die Halbglatze des fünfundvierzigjährigen Ermittlers einer vollständigen Glatze gewichen.

---ENDE DER LESEPROBE---