Der Spiegel
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Verserzählung
von
B. Mich. Grosch
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Ludwig-Zeller-Str. 24
83395 Freilassing
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neopubli GmbH, Berlin
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Titel
Der Spiegel
*
Ein Spiegel war – ein wunderlich Ding’-
der schon seit undenklichen Zeiten
nicht nur die Sach’ des Lebens einfing,
um Menschen Freuden zu bereiten.
*
Er konnt’ viel mehr – man glaubt es wohl
nicht,
trotzdem will ich es hier berichten –
als rückzuspiegeln in seinem Licht
die eingefangenen Geschichten.
*
Ein Auge war er – sogar ein Tor
in für uns unbekannte Welten.
Konnte Dinge zeigen, die zuvor
selbst uns’re Alten nicht erzählten.
*
So lassen Sie mich beginnen nun
und erzählen Ihnen die Geschicht’
von des Spieg’lein’s zauberhaftem Tun,
von dem man heute niemals mehr
spricht...
* * * * *
- - Ein Kaufmann zurück aus fernem Land
nach vielen Jahren und Tagen kam,
woselbst er dieses Spiegelein fand,
nebst viel anderem, nützlichem Kram.
*
- So nahm der Spiegel denn seinen Weg
durch viele Hände im Lauf der Jahr’
Manch Einer beging ein Sakrileg:
- Nahm den Zauber desselben nicht wahr
!
*
Endlich, an einem verschwiegenen Platz,
zu seiner übergroßen Freude, -
entdeckte ein Besitzer den Schatz;-
doch hielt er geheim seine Beute.
*
Ein Schlossherr war er, sehr reich an
Geld,
- doch arm in seiner schwarzen Seele.
Ein Mensch, wie er Vielen nicht
gefällt;
- Dessen Näh’ man besser nicht wähle !
*
Manch unschuldig’Seel’ – in seiner Gier,
-
er hatte schon zu Tode gebracht.
Im Blutrausche, wie ein wildes Tier,
über die Qualen der Opfer gelacht !
*
-Ein böses Herz sucht die Schönheit
nicht,
um sich nur daran zu erfreuen.
Die Schöne wird stets beim Bösewicht
ihr leichtsinniges Tun bereuen...
*
Der Spiegel, weder böse noch gut,
verhalf mit seinen Zauberkräften
dem schlimmen Mann, - in sinnloser Wut
–
manch’ argloses Mädchen zu schlächten.
*
Das Glas konnte weisen Ort und Zeit,
wo der Wüterich wollte finden
so manche unglückselige Maid,
die bald fand in Schmerzen sich winden.
*
Bis eines Tages, fast wie zum Hohn,
durch eigenes Tun und Betreiben,
der Bösewicht bekam seinen Lohn;
- zu grus’lig ist’s fast zu
beschreiben...
*
Der Drang, stets Neues zu erleben,
- da’s Alt’ wurd’ ihm zum Überdruss,-
ließ nach der Zukunft hin ihn streben;
- so fasst’ er den fatalen Entschluss:
*
Eines Abend’s, in stiller Stunde,
- es plagte ihn die Langeweile,-
er seinen Spiegel frug um Kunde
über’s Künft’ge, - zu seinem Heile.
*
Der Spiegel – wie es war seine Pflicht,
-
und wie er oft schon getan zuvor,
verweigert’ auch nun die Antwort nicht.
- - Das war das End’ für den bösen Tor’
!
*
Was er geseh’n, kann man bloß ahnen;
es kann nur Schlimmes gewesen sein.
Es war’n wohl nicht wehende Fahnen,
welch’ brachten ihn zu seinem
Schrein...
*
Als man ihn trug zu seinem Grabe,
Entsetzen zeichnete sein Gesicht.
Nicht hatt’ erfahr’n er Gottes Labe,
- was er geschauet, - man weiß es nicht
!
* * * * *
- Und wieder ging er auf die Reise,
- der kleine Spiegel, so unscheinbar;
- der auf seine eigene Weise
für manch’ Schicksal verantwortlich
war.
*
Erneut ging er durch viele Hände,
ohn’ dass man wusste um sein’ Magie.
Erst ein Zufall brachte die Wende;
-eine Jungfrau diesmal fand das Wie.
*
Verzaubert von des Spiegelein’s Kunst,
wollte sie ruhen nicht Tag und Nacht.
Bat inständig um des Glases Gunst;
- `nen Freier wollt’ sie,- in Hochzeitstracht
...
*
Jedoch, so sehr sie sich auch mühte,
ihr Herzenswunsch ward ihr nicht
erfüllt.
Von Tag zu Tag sie mehr verblühte;
- man sah es an ihrem Spiegelbild.
*
- Gar alles wollt’ der Spiegel zeigen,
- nur Eines gewährte er ihr nicht:
Das Hochzeitsfest in buntem Reigen,
- sie fröhlich schreitend in hellem
Licht!
*
- Verzweifelt ging sie in einer Nacht
zum See, der in einem Walde dort.
-Dieser hat ihr dann den Tod gebracht
- und Gott nahm die arme Seele fort...
*
Auf ein Weiteres dasselbe Spiel,
das scheinbar niemals sollte enden.
Es ging erneut durch Hände gar viel’;
- das Glas, das konnte ein Schicksal
wenden.
* * * * *
Der Nächste, der nun den Schlüssel fand
zu den geheimnisvollen Welten,
war weithin als Philosoph bekannt.
- Tat Manchem gar als Genius gelten !
*
Auch er hielt wohlweislich seinen Mund;
der Gründe dafür gab es viele.
Ansonst’ machte wohl die Mär’ die
Rund’,
- der Teufel gar sei mit im Spiele ...
*
Er war ein Mensch von Bildung
schließlich
und außerdem von edler Natur.
Des Leben’s froh, - gar nicht
verdrießlich;
- der Welt Geheimniss’ stets auf der
Spur.
*
Und so - in manchen stillen Stunden,
wenn er alleine war und in Ruh’ –
hatt’ er Geheimnisvoll’s gefunden.
- Der Weise lernt lebenslang dazu !
*
Statt zu stellen alberne Fragen,
herauszufordern des Schicksal’s Schlag,
wollt’ er ein Abenteuer wagen,
welch’ Wissen einzig vermitteln mag.
*
Er fragte nach dem Lauf der Sterne;
das Rund der Erde erblickte er.
Erfuhr die Welt von nah und ferne;
erblickte Länder sowie das Meer.
*
was er gesehen, schrieb er nieder;
- getreulich – ohn’ hinzu zu dichten.
Gab alles auf den Buchstab’ wieder;
- der Nachwelt davon zu berichten.
*
So wurde sein Leben denn erfüllt
von all’ den wundersamen Gaben,
welche durch des Glases Spiegelbild
Den Wissensdürst’gen reichlich laben.
*
Manches geriet in Vergessenheit
nach des so gelehrten Mannes Tod.
Über manches geriet man in Streit
ohn’ tieferen Grund und ohne Not.
*
Doch jenes, das uns erhalten blieb,
gar bis in unsere heutige Zeit,
das brachte die Wissenschaft mit Lieb’
bis zum Raketenfluge so weit.
*
Das Spieglein wurd’ vererbet weiter;
- gar Mancher ließ es achtlos stehen.
Besitzer auch, die froh und heiter,
ihr Angesicht darin zu sehen.
* * * * *
Dann endlich, nach geraumer Weile,
ein Knab’ mit viel Geschick und
Verstand;
- geruhsam und ganz ohne Eile,
den Schlüssel zu dem Geheimnis fand.
*
Er war gar jung und lebenslustig
und träumte gern von Abenteuern.
Jed’s Angstgefühl ging ihm verlustig;
- Aufregung wollt’ ihn nur befeuern...
*
Als er es endlich hatt’ verstanden,
zu stell’n dem Glas die richt’ge Frage,
sehnt’ er sich fort nach fremden
Landen;
- des Nachts – und oftmals auch am
Tage.
*
Dann, eines Tages, - wie , weiß man nicht,
-
faßt er den richtigen Gedanken.
Da traf es ihn wie ein grelles Licht:
Er wollt’ erleben - ohne Schranken !!
*
Nicht betrachten nur die Ding’ der Welt
;
- erleben wollte er sie richtig.
Er wollte dort sein, wo’s ihm gefällt.
Über all’m war ihm Dieses wichtig.
*
Er bat das Glas, den Weg zu zeigen;
- zu öffnen ihm das richtige Tor.
Teilzunehmen am bunten Reigen;
- nicht zuzuschau’n nur, als wie zuvor!
*
Das Glas erfüllt’ ihm diese Bitte;
dazu ja wurde es geschaffen.
Nun konnt’ er weilen in der Mitte
von Löwen, Tigern und Giraffen!
*
Ob Gegenwart, ob Vergangenheit;
- gar in die Zukunft konnt’ er reisen.
Es existierte nicht mehr die Zeit;
- der Spiegel wollt’ den Weg ihm weisen
!
*
Gemächlich wollte er beginnen
mit seiner Reis’ in’s Abenteuer.
Nicht gleich in’s Ungewisse springen;
- dazu war ihm sein Leib zu teuer !
*
So, furchtlos, doch mit kühlem
Verstand,
trat an er denn seine erste Fahrt.
Sie führte in in ein fernes Land;
- lang die Heimat nicht gesehen ward!
*
- Ein fremdes Land und fremde Leute;
- an ihrem Leben nahm er nun teil.
Es war ihm eine Herzensfreude;
- er kannt’ nun nicht mehr die Langeweil’
!
*
Die fremden Worte lernte er schnell,
da es war für ihn ein Vergnügen.
Die Umwelt für ihn ein steter Quell;
- konnte nicht genug davon kriegen !
*
Er fuhr auf Seglern – trieb Handel gar;
- hatte Anteil an manchem Streite.
Obwohl von dieserWelt er nicht war,
hielt getreu er zu seiner Seite.
*
Die Kameraden liebten ihn sehr;
war er ja nun Einer der Ihren.
Gemeinsam befuhren sie das Meer;
-wollten Einander nicht verlieren.
*
Auf’s Spiegelein hatte er sorgsam Acht;
- es durft’ ja nicht verlorengehen.
Denn trotz aller neuen , schönen Pracht
wollt’ er die Heimat wiedersehen!
*
Er hatt erlebt nun die alte Welt;
-viel Neu’s und Schönes auch erfahren.
Was man nicht kaufen konnte für Geld;
- er hatt’s erlebt – in jungen Jahren!
*
Eines Tages dann war es soweit:
Sie hatten erreicht einen Hafen.
- Er ging zurück in die eig’ne Zeit:
- konnt’ vor Trauer lang’ nicht mehr schlafen
!
*
Gar viele Tage dacht’ er zurück
an die geliebten Kameraden.
An Zeiten voller Freude und Glück;
- an die Schiff’, - mit Gütern
beladen...
*
Das Wunderbarste der Reise gar,
- er konnte es anfangs nicht fassen –
dass nicht ein Tag `mal vergangen war,
seit er die Heimat verlassen !
*
Doch wie es wohl schon zu ahnen war:
- eines Tag’s erwachte sie wieder;
- die Lust auf’s Reisen; auf’s Kämpfen
gar;
- die Lust auf Kam’radschaft und
Lieder!
*
Zur Ratschaft zog seinen Spiegel er;
-zu finden nun neue Gefilde.
Nicht das Vergang’ne und nicht das
Meer;
- die Zukunft sah er nun im Bilde !
*
Zu fremd war alles anzuschauen,
was wiedergab des Spiegelein’s Glas.
Er wollte seinem Aug’ nicht trauen;
- konnt’ nicht verstehen, - ist’s Ernst, -
ist’s Spaß...?
*
Er brauchte Zeit, dies zu begreifen;
- es konnt’ gescheh’n nicht in einem
Tag.
Das Wissen musste langsam reifen;
- er wollte stellen Frage auf Frag’.
*
So Schritt für Schritt wurde das Neue
vertraut ihm – und er konnte versteh’n.
Nun wollt’ er reisen ohne Reue.
- - Hinein in die Zukunft sollt’ es
geh’n!
*
Mit bangem Herzen, doch heißem Blut
trat an er seine zweite Reise.
Im Herzen brannte erneut die Glut;
- doch diesmal auf andere Weise :
* * * * *
Es war eine Welt der Wissenschaft;
- dies hatte er bereits erfahren.
Wo mit Maschinen man alles macht:
- eine Welt gar voll der Gefahren.
*
Eiserne Vögel pflügten die Luft;
- rasende Kästen auf den Straßen !
Die Häuser schienen wie eine Gruft;
- die Luft war erfüllet mit Gasen.
*
Zeit hatte anscheinend Niemand hier;
die Erde schien schneller zu drehen.
Im Freien nicht ein einziges Tier;
- es war gar schrecklich anzusehen !
*
Die Sprache knapp, - wie abgeschnitten;
- es fehlte ihr jedwelche Farbe.
Leut’ mit Mienen,wie viel gelitten;
- als trügen sie Jemand’ zu Grabe...
*
Ohn’ den Spiegel wär’ er verloren
in dieser so herzenskalten Welt,
wo viele Kinder nicht geboren;
- wo anscheinend zählte nur das Geld.
*
Schwer auch zu finden ein
Nachtquartier;
- die Leut’ stellten zu viele Fragen.
Auch wollten sie sehen ein Papier,
- ohn’ dies’ wär’ er nicht
einzutragen...
*
Mit Spieglein’s Hilfe gelang es doch,
einen ruhigen Platz zu finden.
Er schlief auch nach Sonnenaufgang
noch;
- wenn auch nicht g’rade unter
Linden...
*
Jedoch am Morgen – unsanft geweckt,
von einer Person in Uniform.
Durch barsche Rede gar sehr erschreckt,
fühlt er sich nun noch mehr verlor’n.
*
Erneut die Frage nach Papieren,
welch’ er beantworten nicht wollte.
Es sei nicht recht, sie zu verlieren
und er darum mitkommen sollte !
*
So wurd’ er gebracht auf ein Revier
und endlos wurden Fragen gestellt.
Wer er sei und was er täte hier
und warum er sei ganz ohne Geld.
*
Auf alle diese vielen Fragen