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Western Helden – Die neue Reihe für echte Western-Fans! Harte Männer, wilde Landschaften und erbarmungslose Duelle – hier entscheidet Mut über Leben und Tod. Ob Revolverhelden, Gesetzlose oder einsame Reiter auf der Suche nach Gerechtigkeit – jede Geschichte steckt voller Spannung, Abenteuer und wilder Freiheit. Erlebe die ungeschönte Wahrheit über den Wilden Westen Sie hatten den stolzen, gutherzigen Mann brutal aus den letzten Jahren seines Lebens gerissen. Großartig und tapfer war er gewesen, aufrecht und sauber war er seinen Weg als Marshal der Vereinigten Staaten gegangen! Ein Mann, den man einfach hatte bewundern und verehren müssen. Nun lag er im Staub seines Ranchhofes – das Opfer seiner ruhmreichen, stolzen Vergangenheit, ermordet von Unmenschen, die nicht hatten vergessen und verzeihen können. Die Tränen, die Rockie weinte, konnte der Sommerwind nicht trocknen. Von Leben erfüllte Hände krampften sich in die Erde und erschlafften. Zitternd lag Rockie zwischen Vater und Mutter und breitete die Arme aus. Wie scheu berührte er mit der rechten Hand seine Mutter und mit der linken seinen Vater. Leise drang eine Stimme aus der Abenddämmerung hervor und rief ihn – doch er hörte es nicht. Die großen stählernen Radsporen an den alten, brüchigen Stiefeln des Vaters drehten sich ganz langsam im Wind, wie von Geisterhand bewegt. Zart klingelten sie – es hörte sich an wie fernes Kirchengeläut. Sein Vater hatte sie immer getragen. Als könnte der unsterbliche Wind lesen, blätterte er in den Seiten von Mutters Bibel, die sie auf der Türschwelle hatte fallen lassen. »Rockie, komm, Junge …« Langsam quälte er sich hoch, wandte sich den Männern in den Sätteln zu und schüttelte stumm den Kopf. Wie abwehrend streckte er die Rechte aus und spreizte die Finger. »Geht, reitet weg – lasst mich allein mit meinen Eltern. Versteht ihr mich denn nicht? Rührt sie nicht an!« Sie zogen die Pferde herum und ritten in die neblige graue Wand der Dämmerung hinein.
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Sie hatten den stolzen, gutherzigen Mann brutal aus den letzten Jahren seines Lebens gerissen.
Großartig und tapfer war er gewesen, aufrecht und sauber war er seinen Weg als Marshal der Vereinigten Staaten gegangen!
Ein Mann, den man einfach hatte bewundern und verehren müssen.
Nun lag er im Staub seines Ranchhofes – das Opfer seiner ruhmreichen, stolzen Vergangenheit, ermordet von Unmenschen, die nicht hatten vergessen und verzeihen können.
Die Tränen, die Rockie weinte, konnte der Sommerwind nicht trocknen.
Von Leben erfüllte Hände krampften sich in die Erde und erschlafften. Zitternd lag Rockie zwischen Vater und Mutter und breitete die Arme aus. Wie scheu berührte er mit der rechten Hand seine Mutter und mit der linken seinen Vater.
Leise drang eine Stimme aus der Abenddämmerung hervor und rief ihn – doch er hörte es nicht.
Die großen stählernen Radsporen an den alten, brüchigen Stiefeln des Vaters drehten sich ganz langsam im Wind, wie von Geisterhand bewegt.
Zart klingelten sie – es hörte sich an wie fernes Kirchengeläut.
Sein Vater hatte sie immer getragen.
Als könnte der unsterbliche Wind lesen, blätterte er in den Seiten von Mutters Bibel, die sie auf der Türschwelle hatte fallen lassen.
»Rockie, komm, Junge …«
Langsam quälte er sich hoch, wandte sich den Männern in den Sätteln zu und schüttelte stumm den Kopf. Wie abwehrend streckte er die Rechte aus und spreizte die Finger.
»Geht, reitet weg – lasst mich allein mit meinen Eltern. Versteht ihr mich denn nicht? Rührt sie nicht an!«
Sie zogen die Pferde herum und ritten in die neblige graue Wand der Dämmerung hinein. Rockie war allein mit den leblosen Eltern.
In dem kleinen Korral hinter den Stauungen brüllten die Milchkühe und litten unter den Schmerzen der prallen Euter. Zwei Pferde standen in der Fenz: Eins hatte dem Vater gehört, eins Rockie. Und im Tal weideten und wiederkäuten die Rinder.
Es war kein Raubmord gewesen – es war reiner Mord!
Es hatte nicht dem Besitz gegolten, sondern dem Leben und dem Namen Lonnigan.
Als Rockie noch ein kleiner Junge gewesen war und mit Nachnamen Nelson geheißen hatte, hatten Les Lonnigan und seine Frau Elly den elternlosen Jungen zu sich genommen und ihm ein Zuhause, ein Bettchen und alle Liebe gegeben. Damals war Les Lonnigan gerade US Marshal geworden. Rockie trug seinen Namen Lonnigan.
Das Brüllen der Milchkühe drang in die Nacht hinaus, wo die Männer von den Pferden gestiegen waren und auf Rockie warteten.
Langsam schritt Rockie ins Haus und rollte ein paar Decken zusammen. Mit geröteten Augen sah er umher. Die Tränen blendeten seinen Blick. Er zitterte und seufzte schwer, presste die zuckenden Lippen aufeinander und riss sich stöhnend zusammen.
Mit den Decken unterm Arm ging er hinaus in das erste fahle Licht des bleichen Mondes, an dem Wolkenfetzen immer wieder vorbeizogen.
Aus dem Stall holte er eine Schaufel und begann dann, unter den Bäumen neben dem Ranchhaus zu graben. Immer wieder weinte er und biss sich die Lippen blutig. Eine Welt war für ihn zusammengebrochen.
Mit leeren Händen stand er seinem Leben gegenüber und wusste nicht, wohin es ihn treiben würde.
Wieder einmal hatte er seine Eltern verloren. Bei einem blutigen Gefecht mit Indianern waren seine Eltern umgekommen. Er konnte sich kaum mehr daran erinnern. Der Tod seiner guten Pflegeeltern aber war erst vor wenigen Stunden durch Gewalteinwirkung eingetreten.
Es war furchtbar für Rockie.
Und es kostete ihn unendlich große Überwindung, seine Mutter in die Decke zu hüllen und ins Grab zu legen.
Elly Lonnigan war eine großartige Frau gewesen. Sie hätte es wahrlich verdient gehabt, ein hohes Alter zu erreichen. Manchmal hatte Rockie seine Mutter mit einer nur langsam welkenden Blume der Prärie verglichen, deren Duft unvergänglich wäre. Ihre Güte hatte ihr eine geläuterte Schönheit verliehen. Und nun war von ihr nichts mehr zu sehen, nur diese Decke, die einen leblosen Körper umgab.
Im kalten Licht des Mondes und unzähliger funkelnder Sterne kniete Rockie nieder und löste die großen Radsporen von den staubigen Stiefeln seines Vaters.
Sie sollten ihn begleiten auf jedem Schritt in ein anderes Leben.
Und er legte die Sporen an, schnallte sie fest an seine Stiefel und hörte sie klirren.
Dann barg er auch den Vater in kühler Erde und deckte seine Eltern zu. Als sich der kleine Grabhügel zu buckeln begann, als Rockie die letzte Schaufel Erde glattgedrückt hatte, brach er beinahe zusammen.
Noch einmal ging er ins Haus. Im kleinen Schlafraum hingen an der Wand zwei alte lederne Satteltaschen. Er griff hinein und holte einen schweren Waffengurt und zwei Colts hervor. Diesen Gurt und die sechsschüssigen Waffen hatte sein Vater als US Marshal getragen. Sie waren immer in guten Händen gewesen. So sollte es auch bleiben.
Dann verließ er mit dem umgelegten Waffengurt und den schweren Colts das Haus. Mondschein fiel auf seine engansitzende dunkle Lederkleidung – ein Geschenk seiner Eltern zu seinem achtzehnten Geburtstag. Vielleicht war er auch noch jünger oder ein wenig älter – das wusste er selber nicht.
Mit flachen Schritten überquerte er den Hof, und bei jedem Schritt drehten sich die Radsporen, als würden Eisenketten aneinanderschlagen.
Er ging in den Pferdestall und holte nacheinander Sättel und Zaumzeug heraus. Die Decken als Unterlage der Sättel holte er als Letztes und legte sie als Erstes auf die Pferde. Er sattelte sie und stieg auf, nahm das Pferd des Vaters am langen Zügel und ritt an.
Noch einmal blickte er auf das gemeinsame Grab von Mutter und Vater.
Gebeugt saß er im Sattel, und der schwarze Stetson warf einen Schatten auf sein junges braun gebranntes Gesicht. Er schien sich jetzt gefasst zu haben – doch mit dem Tode seiner Eltern würde er sich niemals abfinden können.
Sie hatten aus seinem Leben gehen müssen. In seiner Erinnerung würden sie allzeit weiterleben und unvergesslich bleiben.
Rockie betete im Sattel für ihre Seelen.
Von den fernen Hügeln wehte das Kläffen der umherstreunenden Kojoten heran. Wimmernd strich der Nachtwind um das Ranchanwesen und fing sich in den Räumen des Hauses, das kein Heim mehr sein konnte.
Langsam ritt Rockie vom Ranchhof und in die Nacht hinaus.
Die wartenden Männer hörten den Hufschlag der beiden Pferde und sahen ihn dann vorüberreiten.
Drei Männer folgten ihm langsam, während die anderen zur Ranch zurückritten und die Milchkühe molken, zusammentrieben und auf den kleinen Trail zur Stadt hin brachten. Unbewacht blieben die Rinder zurück. Die Haustür war geschlossen worden.
Von den Mördern fehlte jede Spur.
Doch Sheriff John Hawk wusste, wie diese Fremden aussahen. Er hatte sie in der kleinen Grenzstadt Rio Charriba gesehen, als sie in die Stadt geritten kamen.
Unterwegs verloren die drei Männer, die Rockie gefolgt waren, den Jungen aus den Augen. Er musste sich irgendwo im Dornenland verborgen haben und wollte wohl noch eine Zeit lang allein sein.
Mond und Sterne erhellten das Brush Country. Weiße Wolken verdrängten die schwarzen Wolkenbänke am texanischen Himmel. Dumpf schlugen viele Hufe durch die Nacht.
In der Ferne ragte der Glockenturm der kleinen Kathedrale aus dem Tal hervor. Dort lag Rio Charriba.
*
Niemand beachtete den alten fremden Mann in Rio Charriba.
Zusammengesunken kauerte er neben dem alten steinernen Brunnen im Schatten der staubigen Bäume auf der Plaza und schien eingenickt zu sein.
Ein zerschlissener und ausgeblichener alter Poncho hing von knochigen Schultern herunter und umhüllte die dürre und ausgemergelte Gestalt.
Er war erst seit Kurzem in der kleinen Stadt an der Grenze zwischen Texas und Mexiko.
Wie Marmor schimmerte das weiß getünchte Gestein der Kathedrale im Schein der hellen Sonne am klaren Himmel. Der Wind war wie der Atem der Hölle – trocken und heiß strich er über die flachen Dächer der Holz- und Adobehäuser hinweg und ließ kleine Staubwirbel über Plaza und Straße tanzen.
Irgendwer spielte auf einer Gitarre, als Rockie kam.
Wenige Stunden hatten ihn um Jahre gealtert. Staub haftete an der bläulich glänzenden schwarzen Lederkleidung. Schwach bewegte sich das rote Halstuch im Reitwind. Diese Bandana war auch ein Geschenk seiner Eltern. Die Radsporen klingelten in der lastenden Stille des heißen Vormittags.
Blicke tasteten ihn ab. Rundliche Mexikanerinnen standen am schmalen Uferstreifen des kleinen Creeks, klopften Wäsche auf den Steinen und beobachteten ihn. Männer saßen im Schatten der Häuser und betrachteten Rockie. Abseits der Kleinstadt trieb ein alter Mann mehrere Maultiere auf die Weide. Kleinbauern standen auf den heißen Feldern. Die Milchkühe waren in einen kleinen Korral getrieben worden.
Vor dem recht bescheiden anzusehenden Mietstall hielt Rockie an und sprach mit dem Stallbesitzer, übergab ihm den Zügel des Pferdes, das seinem Vater gehört hatte, und nickte zu den Worten des Mannes.
»Vergiss es nicht, Rockie – der Sheriff erwartet dich in seinem Office. Er möchte mit dir reden.«
»Ja«, sagte Rockie auf mexikanisch und ritt weiter, erreichte den Plankensteg vor dem Office und saß ab, leinte das Pferd an und betrat den Gehsteig.
Horchend beugte Sheriff John Hawk sich am Tisch vor.
Deutlich hörte er das Sporengeklirre. Es war ein ganz besonderer Klang, den diese handgeschmiedeten Stahlsporen von sich gaben. US Marshal Les Lonnigan hatte sie einst von einem Meister des Schmiedehandwerks eigens für sich fertigen lassen. Anschnallsporen von ganz besonderer Machart, die trotz ihrer Radform nicht die Flanken eines Pferdes blutig reißen konnten – und darauf war es einst Les Lonnigan angekommen, denn Pferde hatte er geliebt wie keine anderen Tiere.
Langsam näherte Rockie sich der angelehnten Tür, und John Hawk richtete sich auf und erwartete stehend den Jungen.
Rockie kam herein – und er sah ganz anders als sonst aus. Sein gebräuntes klares Gesicht zeigte noch immer seine Erschütterung über den Tod seiner Eltern. Die ersten Furchen waren in seinem Gesicht zu erkennen. Das glatte schwarze Haar glänzte so intensiv wie Rabengefieder. Ganz schwach schimmerte erster Barthaarwuchs über die Oberlippe durch. Er machte einen ausgemergelten Eindruck, als hätte er lange mit Fieber gelegen.
John Hawk war mit dem Aufgebot auf der Ranch gewesen, er hatte nach Rockie gerufen – und er verstand sehr gut die ganze innere Not des jungen Rockie.
»Wo hast du das Pferd deines Vaters, Rockie?«
»Verkauft.«
»Und was soll mit den Milchkühen und Rindern geschehen?«
»Auch verkaufen.«
»Du willst alles aufgeben – die Ranch, das Tal, alles? Es wäre gut, wenn du es nicht tun würdest, denn irgendwann wirst du wieder einen festen Platz brauchen. Gut, dass du gekommen bist. Ich wollte mit dir darüber reden. Du kennst doch den ehrlichen Mann Procoll Ladd. Er hat eine Familie. Er würde bestimmt sehr gern, als Pächter die Ranch weiterführen. Du solltest sie nicht verkaufen. Nie wirst du das wiederbekommen, was du jetzt noch besitzt, aber verkaufen willst. Was hältst du von Procoll Ladd?«
»Wenn Sie sagen, dass es gut wäre, wenn er die Ranch weiterführen und verwalten würde, dann leiten Sie alles dafür ein, Sheriff.«
»Du bist mit meinem Vorschlag also einverstanden?«
»Ja.« Rockie schluckte schwer und wischte sich mit dem roten Halstuch Staub und Schweiß vom Gesicht. »Ich brauche ja nur etwas Geld.«
»Was hast du vor, Rockie? Willst du die Männer suchen und dich dann totschießen lassen?«
»No lo sie.« Rockie zuckte mit den Schultern und blickte auf die gleißend helle Straße hinaus. Hinter den Dächern wuchteten fern die Berggipfel in den mexikanischen Himmel hinein. »Du weißt es nicht?« John Hawk atmete schwer ein. »Jetzt vielleicht noch nicht, Rockie. Du hast irgendetwas vor, das weiß ich, das sehe ich dir an. Komm, setz dich.«
Rockie kam der Aufforderung nur zögernd nach, setzte sich und rückte die ungewohnten schweren Colts in den Halftern zurecht. Mit weichblickenden braunen Augen sah er den Sheriff ernst an und es schien, als wäre er in Gedanken noch auf der verwaisten Ranch.
»Ich will dir eine Geschichte erzählen, Rockie …« John Hawk griff in die Schublade und holte einen alten und verschrammten US Marshalstern hervor, legte ihn fast behutsam auf den Tisch und lehnte sich im Stuhl zurück. »Diesen Stern hat dein Vater getragen und dann hier bei mir abgegeben. Ich bin alt und schon lange Sheriff von Rio Charriba. Damals war mir nicht wohl zumute gewesen, als dein Vater mir erklärt hatte, dass er sich hier in der Brasada niederlassen wollte. Ich hatte befürchtet, dass so ein berühmter US Marshal viel Gesindel in das McCullen County locken würde, dass es zu schlimmen Auseinandersetzungen und Kämpfen käme. Nun, ich hatte mich geirrt – bis zum gestrigen Tag. Da war meine frühere Sorge bestätigt worden. Meine Befürchtungen sind eingetroffen. Aber das wollte ich dir eigentlich nicht sagen.«
»Sie haben die Männer gesehen, Mr. Hawk?« Rockies Stimme klang ruhig, als hätte er sich mit allem abgefunden, so, als würde er diesen Doppelmord als Schicksalsschlag hinnehmen.
»Ja.« Hawk blickte auf den Stern, der das hereinfallende Sonnenlicht reflektierte. »Es waren neun Mann. Sicherlich ritten nicht alle neun den Weg der Rache, bestimmt sind auch ein paar von ihnen nur Mitläufer, die deinen Vater nicht gehasst haben. Ja, neun Mann, Rockie! Und das ist zu viel für dich, schon zwei sind zu viel. Du willst doch bestimmt den Tod deiner Eltern rächen, oder?«
Rockie schwieg.
»Verdammt!«, entfuhr es John Hawk ingrimmig. »Nimm erst einmal die Radsporen ab, Rockie. Diese Sporen verraten dich und werden dich umbringen! Dein Vater hat sie in all den Kämpfen getragen! Und diese Halunken wollen den Namen Lonnigan auslöschen! Sie haben deinen Vater und deine Mutter umgebracht, und wenn sie erfahren, dass du ihr Sohn bist, dass du auch Lonnigan heißt, dann werden sie alles daransetzen, auch dich zu ermorden! Sie wollen die Familie Lonnigan ins Grab schicken! Und du gehörst nun mal dazu! Ich sage dir, Rockie – nicht du wirst deinen Racheschwur erfüllen, sondern diese Mörder! Und sie werden dich finden, wenn du diese Sporen trägst! Niemals darfst du an deine Rache denken – immer musst du an ihre Rache denken! Sie sind neun, du bist ganz allein, du hast gegen sie keine Chance!«
Hawk hatte sich erhoben und ging auf und ab.
»Was willst du tun, Rockie?«
»Nichts.«
»Ich glaube dir nicht! Du wirst in den Tod reiten – ja, das wirst du! Der Hass dieser Männer ist grenzenlos groß. Dein Vater hat viele Halunken in die Hölle gejagt! Und dabei musste er immer wieder in den ganzen Dreck hinein und die Halunken wie Ratten aus ihren Löchern treiben. Das hatte auch ihn geformt. Er war als US Marshal ein gnadenloser Mann! Und edel und fair hatte er nicht immer handeln können, weil die Gegner ihn sonst in Fetzen geschossen hätten! Ja, ich weiß, Les Lonnigan war ein großer Mann, ein Kämpfer für Recht und fürs Gesetz, aber er war kein Engel. Das musste ich dir sagen, Junge! Und nun denke darüber nach und werde fertig damit!«
Draußen ging mit schlurfenden Schritten der alte knochige Mann, eingehüllt mit dem Poncho, vorbei.
»Haben Sie mir noch etwas zu sagen, Mr. Hawk? Sie haben neun Fremde in Rio Charriba gesehen und nichts unternommen, Sie haben diese Fremden nicht befragt und nicht weiter beobachtet, sonst würden meine Eltern noch leben!«
Schwer atmete John Hawk ein.
»Es tut mir leid, Rockie – so hab’ ich es nicht gemeint. Ich will nur nicht, dass auch der dritte Lonnigan umgebracht wird. Diese Fremden sind die Schatten der Vergangenheit deines Vaters. Sie werfen ihre Schatten wie Totenvögel auch auf dich!«
»Ich will nicht rächen, Mr. Hawk.«
Rockie sagte es flüsternd und ganz ruhig, und John Hawks Gesichtsausdruck erhellte sich auf einmal.
»Das höre ich gern, Rockie! Du bist doch vernünftig. Ja, denke nicht an Rache und Vergeltung. Wir alle haben unsere Träume, Rockie – manche Träume sind schön, andere furchtbar. Nicht immer muss ein Traum schön sein. Er kann bösartig sein und dich mit Hass vergiften. Ja, lass dich nicht vergiften.«
Hawk legte den Stern in die Schublade zurück und langte zum Stetson.
»Ich werde jetzt mit Procoll Ladd sprechen und alles für dich regeln, Rockie. Aber was ich noch sagen muss: Wir hatten zu spät den Verdacht geschöpft, dass diese Fremden zu eurer Ranch reiten könnten. Sie hatten jeder im Saloon zwei Glas Whisky getrunken, sich ruhig verhalten und kaum was gesagt. Und dann waren sie weggeritten, in Richtung Grenze, um uns zu täuschen, wie ich jetzt weiß. Du bist gerade in der Stadt gewesen – bei Pamela. Mein Gott, Rockie, wie sollten wir das alles vorausahnen können!«
Langsam ging er an Rockie vorbei und zur Tür, und dort drehte er sich um und sagte mit ungewöhnlich weicher Stimme: »Aber tu mir den Gefallen, Rockie – nimm die Sporen ab.« Dann verließ er das Office. Rockie blickte auf die Sporen des Vaters. Niemand hörte seine Worte.
»Ja, ich will nicht Mam und Dad rächen – ich muss sie rächen, ich muss!«
Er ging hinaus und wandte sich der kleinen Kathedrale zu. Klirrend drehten sich die Radsporen. Der helle Klang drang durch die Stille in der Kleinstadt. Langsam betrat er die Kathedrale und kniete auf dem Steinboden nieder, nahm den Stetson ab und betete.
Lang fiel ein schmaler Schatten herein und auf Bänke und Steinboden. Leise Schritte kamen näher, und dann kniete das junge schöne Mädchen mit dem kastanienbraunen langen Haar neben Rockie nieder. Pamela Mitchum.
*
Er weinte auf ihrem Schlaflager.
Sie saß auf der Kante des Lagers und strich über sein schwarzes Haar, legte die Rechte auf seinen Rücken und spürte sein Zittern.