Der Tourist - Anno Dazumal - E-Book

Der Tourist E-Book

Anno Dazumal

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Beschreibung

Eine historisch völlig unzulässige Darstellung der Geschehnisse von damals. Alle bekannten Protagonisten treten auf, allerdings verhalten sie sich meist anders als bisher bekannt. Nicht ernstzunehmend. Manchmal benötigt man eine absurde Betrachtungsweise, um sich dem Unerklärlichen anders zu nähern und es damit ganz speziell zu desavouieren.

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Seitenzahl: 94

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Anno Dazumal

Der Tourist

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Der Startschuß

Der Abschuß

Impressum neobooks

Der Startschuß

Am 01.09.1939 war Gandolf Mittel schon sehr früh aufgestanden. Er hatte schlecht geschlafen und, entgegen seiner Gewohnheiten, am Abend zuvor weder einen in seinem Land von ihm verbotenen lamarikanischen Film gesehen, noch einen endlosen Monolog gehalten, den seine Zuhörer oft nur mit extremen Konzentrationsschwächen ertragen konnten. „Konzentriert Euch gefälligst, sonst schicke ich Euch in ein Konzentrationslager“, pflegte Gandolf dann immer zu scherzen, doch sie hörten in seinen Worten einen gewissen Ernst, der ihnen Angst machte, weshalb sie sich zusammenrissen und versuchten, möglichst interessiert und fasziniert auszusehen.

Jedenfalls saß Gandolf gerade auf der Toilette und bereitete sich darauf vor, seine vegetarischen Mahlzeiten auszuscheiden, als jemand an die Toilettentür klopfte. „Besetzt!“ brüllte der Führer. „Noch nicht. Dazu brauchen wir erst Ihren Befehl“, entgegnete ein Mann namens Bohrloch, die rechte Hand Gandolfs. „Was ist los, Bohrloch, Sie Arschmann?“ An jene Anrede hatte sich Merlin Bohrloch längst gewöhnt, es gab Schlimmeres in jenen merkwürdigen Zeiten. „Ein paar von unseren Leuten haben als Pollen verkleidet den Sender Gleichwitz überfallen und dort einige von unseren Leuten ermordet.“ „Wer hat sich denn so einen Schwachsinn ausgedacht?“ „Sie, mein Führer.“ „Ach so, na ja, dann werde ich schon meine Gründe gehabt haben. Jedenfalls sitze ich hier und es kommt einfach nichts raus. Wenn das so weitergeht, dann bekomme ich bald einen Arschbackenkrampf, wie ich ihn bereits in meiner hysterischen Autobiographie „Mein Krampf“ beschrieben habe.“ „Und welchen Befehl oder welche Nachricht soll ich unseren Soldaten da draußen jetzt geben?“ Gandolf schaute auf die Uhr, er preßte und stöhnte. „Äh, das kann hier noch eine Weile dauern, deshalb sollten Sie unseren tapferen Kriegern Folgendes mitteilen: Bald ist die Kacke am Dampfen. Ab fünf Uhr dreiundachtzig wird zurückgeschissen.“ „Jawohl, mein Führer.“ Bohrloch entfernte sich und so begann der Zweite Weltkrieg als Schißverständnis.

Am frühen Nachmittag war Gandolf dann bester Laune und pfiff fröhlich vor sich hin. Im Hintergrund lief „The winner takes it all“ und die Nachrichten von der Front waren so positiv, daß Mittel meinte: „Manche von uns haben zwar eine Pollenallergie, aber der Pollenflug wird sich dieses Jahr in Grenzen halten und zwar in denen von 1913. Wo ist Feldhase Möhring?“ „Der hängt gerade an der Nadel“, antwortete Bohrloch, was den Führer zu einem spontanen Wutausbruch veranlaßte: „Möhring, dieses fette, heroinsüchtige Schwein, ist eine Altlast, die ich schon längst über Bord hätte werfen sollen. Dieser Luxusprasser, der mit seinem fetten Arsch im Geld schwimmt, während ich beim Finanzamt Hunderttausende Reichsmark Schulden habe.“ Plötzlich betrat seine junge, hübsche Sekretärin den Raum, es handelte sich um Edelweißtraud Alte. „Komm doch mal rüber, Alte, setz Dich zu mir hin, weil ich der Führer bin, weil ich der Führer bin, keine Widerrede, Frau, denn ich bin ja schon in Pollen drin, weil ich der Führer bin“, sang Gandolf in dem ihm eigenen wundervollen Duktus. Bohrloch meldete sich zu Wort: „Mein Führer, der SM-Führer und KZ-Gutachter Pimmler ist hier und möchte gerne mit Ihnen reden.“ „Soll reinkommen, der Riesenpimmler“, kalauerte Mittel und zwinkerte der Sekretärin zu, die leicht errötete. Pimmler betrat den Raum, doch der Raum trat zurück und so verstauchte sich der SM-Führer den Fuß, weil er zu zackig aufgetreten war. Kurz verzog Pimmler seine wunderschöne Fresse, dann meldete er sich und grüßte: „Heil Mittel!“ „Hab’ ich jetzt leider keins da, aber das wird schon wieder mit Ihrem Fuß, mein lieber Schweinrich. Was machen unsere Erschießungskommandos?“ wollte Gandolf wissen, bevor er sich setzte, am Sack kratzte und einen fahren ließ. „Pollenvernichtung. Einen Typen haben wir dabei, der ist ein richtiger Ballermann. Was riecht hier so komisch?“ wunderte sich Pimmler. „Das bin ich. Jeden Tag kreiere ich ein neues Gas.“ „Gas! Das ist die Endlösung! Mein Führer, Sie sind ein Genie! Wir werden all unsere Feinde vergasen!“ „So viel kann ich doch gar nicht furzen, mein lieber Eisenschweinrich.“ „Wir nehmen Zyklop W. Das wirkt am besten. Nun aber zum eigentlichen Grund meiner Anwesenheit:“ Pimmler wanderte ein paar Schritte auf und ab, was Mittel sichtlich nervte. Die Sekretärin, die Alte, schaute gespannt und wartete neugierig auf das, was nun kommen würde. „Meine KZ-Gutachten sind fertig und ich werde meine Erkenntnisse kurz zusammenfassen: Der Zustand unserer deutschen Konzentrationslager ist katastrophal ... gut. Die Leute leiden zu wenig, die Sterblichkeitsrate ist viel zu niedrig, gefoltert wird nur mit Grund und viele unangenehme Dinge mehr. Die Kosten für die Lagerhaltung der uns feindlich gesinnten Menschen sind viel zu hoch, wir können uns diesen Luxus nicht länger leisten und werden deswegen ins Ausland verlagern müssen. Vielleicht sollten wir uns darauf konzentrieren, die neuen Konzentrationslager in Pollen zu konzentrieren.“ „Noch ist Pollen nicht verdorben, Schweinrich. Du weißt doch, daß unsere KZ’s die Landschaft verschandeln und wie lange es dauert, bis wir eine Genehmigung zum Bauen bekommen. Alte, komm mal her!“ befahl der Führer. Sie kam, sah und setzte sich an die Schreibmaschine. Dann begann sie zu tippen was der Diktator diktierte: „Ich bin ein Schla-Wiener und will heim ins Toasterreich. Nein, das sollen Sie noch nicht mitschreiben, Sie dumme lila Kuh! Wo ist eigentlich Fräulein Grau?“ „Die schläft noch“, bemerkte Bohrloch, der immer noch in einer Ecke des Raumes herumstand. „Na sowas! Hat sie sich wohl wieder die ganze Nacht lang selbst befingert und befriedigt. Manchmal graut mir vor ihr. Was sagen Sie dazu, meine Alte?“ erkundigte sich Mittel. „Ich befingere nur die Schreibmaschine“, stellte Edelweißtraud klar. „Sehr gut. Jedenfalls, Schweinrich, möchte ich, daß Ihre SM-Folterkommandos hinter der Wehrsportmacht herlaufen und den faulen Säcken Beine machen. Wir müssen Pollen so schnell wie möglich überrennen, denn sonst komme ich zu spät zum Siegesfeieressen mit meinem Freund Staolin.“ Die Anderen im Raum zuckten leicht zusammen, als sie den Namen Staolin hörten. Gandolf schaute irritiert, im Hintergrund sang ein Mann im Radio „Gute Feinde kann niemand trennen, gute Feinde sind nie allein“. „Jetzt habt Euch nicht so, Staolin ist auch nur ein Mensch. Vielleicht ein Schlächter, aber was soll’s?“ Unruhig blickte der Führer um sich, als plötzlich das Telefon klingelte. Gandolf hob den Hörer ab und sprach hinein: „Mittel.“ Kurze Pause, dann schrie Gandolf: „Nein, hier ist nicht die Vermittlung, ich bin der Führer hier. Ach, Du bist’s, Bandito Mussopippi. Alter Gauner, was willst Du denn?“ Man hörte aus dem Hörer eine aufgeregte Stimme, doch plötzlich brüllte nur noch einer und das war der Führer und Reichskanzler von Autschland, Gandolf Mittel: „Jetzt hör mir mal zu, Bandito! Ich muß so Pippi und hab’ jetzt wirklich weder Zeit noch Lust, mir Dein Gejammer anzuhören, Du feiger Ritaliner. Entweder macht Dein Ritalin mit und kämpft an unserer Seite gegen die kapitalistischen Bolschewisten oder ich marschiere bei Euch ein und konzentriere Euch in meine berüchtigten Lager, Ihr feigen und faulen Spastikvögel!“ Das Gelaber am anderen Ende der Leitung war nun deutlich leiser, im Hintergrund lief „Time to say goodbye“ und deshalb legte Mittel auf. Pimmler und Bohrloch standen dumm rum, die Alte lackierte ihre Reißnägel und der Führer sprach: „Ich bin der Mittel zum Zweck. Mittel statt Mittelmaß. Mittel statt vermitteln. Laßt uns den Mittel-Weg gehen! Wo ist eigentlich mein Stellvertreter, der pure Haß?“ Bohrloch zuckte mit den Schultern, Pimmler guckte so blöd wie immer aus der Wäsche und der Führer schrie: „Haß allein genügt nicht mehr! Ich brauche Kloeppels! So, und jetzt möchte ich mit meiner Musik allein sein.“ Daraufhin ging er ins Zimmer nebenan, legte eine Schallplatte auf und es erklang: „Siebzehn Jahr - blondes Haar, sofort stand er vor ihr, siebzehn Jahr - blaue Augen, ganz klar, so ist die Frau vom Arier.“ Gandolf strahlte.

Es klopfte an der Tür. „Herein, wenn’s kein Dude ist“, schnarrte der kleine Diktator. Kloeppels trat ein. „Na, Klosef, wie geht’s?“ fragte der Reichskanzler freundschaftlich. „Ach, man hinkt sich so durch“, konstatierte Kloeppels und setzte sich. „Vitaminsaft gefällig?“ „Nein danke. Ich trinke nichts ohne Alkohol.“ „Auch recht. Dann bleibt mehr für mich.“ Nach jenen Worten setzte sich der Hunde-Führer zu seinem Werbeauftragten, schenkte sich frisch gepreßten Multivitaminsaft ein, trank das Glas leer und forschte: „Wie läuft unsere Werbekampagne, Kloeppels?“ „Ausgezeichnet, mein Führer. „Du bist Autschland“ ist ein voller Erfolg. Die Menschen im Land lieben Sie.“ „Das freut mich ... für die Menschen. Kloeppels, was machen die Duden?“ „Die Einen verschwinden, die Anderen lassen wir verschwinden.“ „Sehr gut, ha ha.“ Gandolf lachte kurz auf, dann fragte er mit schwermütigem Blick: „Ist es richtig, die Pollenplage auszuradieren?“ „Selbstverständlich, mein Führer. Alle Meinungsumfragen, die wir in Auftrag gegeben haben, bestätigen das. Das Volk steht hinter Ihnen, mein Führer.“ „Diese Feiglinge, die sollten sich lieber vor mich stellen. Dieses Volk ist krank, es würde alles machen was ich will. Aus der von den Kommunisten ersehnten Diktatur des Proletariats ist die Diktatur des Proleten geworden und der bin ich. Kloeppels, die ganze Last Autschlands liegt auf meinen Schultern. Was soll ich nur tun?“ „Abwarten und Saft trinken.“ „Sehr gute Idee.“ Der Führer schenkte sich nach, Kloeppels stand auf und humpelte ein wenig im Raum herum. Gandolf beobachtete ihn dabei eine Weile, nachdem er sich ob des Genusses des Multivitaminsafts die Lippen geleckt hatte und forschte dann: „Wissen Sie eigentlich, an wen Sie mich erinnern, Kloeppels?“ „Keine Ahnung. An Casanova?“ „Äh, nein. An den Teufel.“ „Na ja, knapp daneben ist auch vorbei. Vielen Dank für das Kompliment, mein Führer.“ „Immer wieder gerne. Wir brauchen ein Pollenvernichtungsmittel. Pimmler schlägt Zyklop W vor.“ „Und was machen wir mit den Duden?“ „Vergrasen, äh, natürlich auch vergasen. Ach ja, ich vergaß fast, Sie zu schimpfen, mein lieber Klosef. Mit Ihren Frauengeschichten muß endlich mal Schluß sein. Sie als Werbeauftragter und Minister für Propangas können sich so etwas nicht leisten.“ „Oh doch, ich verdiene ganz gut. Ich liebe nun mal schöne Frauen.“ „Das ist ja auch grundsätzlich in Ordnung, mir persönlich ist es ja scheißegal, ich bin ja froh, daß Sie kein warmer Bruder sind wie der Römer einer war und das ist jetzt mein voller Ernst, aber es nervt, wenn Sie jedem Rock hinterherlaufen.“ „Pardon, mein Führer, aber ich laufe nicht den Röcken, sondern den Frauen darin hinterher.“ „Sie mögen also keine Rockmusik?“ „Das habe ich nicht gesagt.“ „Na ja, jedenfalls sollten Sie sich in Zukunft mäßigen und nicht jede Schauspielerin auf Ihrer Besatzungscouch flachlegen.“ „Woher wissen Sie das alles, mein Führer?“ „Nichts entgeht AGFA. Jetzt aber wieder zum Geschäftlichen: Haben Sie schon die Entwürfe für unsere neue Werbekampagne dabei?“ „Selbstverständlich.“ Kloeppels kramte aus seiner Tasche einige Werbeplakate und legte sie auf den Tisch. Er entrollte das erste. Darauf war Gandolf Mittel zu sehen, der mit dem rechten Zeigefinger auf den Betrachter deutete und jenen dabei hypnotisch anschaute. Darunter stand: „Zweiter Weltkrieg - und DU bist mit dabei.“ „Sehr schön, Kloeppels. Was noch?“ Kloeppels entrollte das zweite Plakat. Darauf waren Maikäfer zu sehen, die tot auf dem Boden lagen. Darüber stand: „Die Pollenplage hat ein Ende. Autschland über alles!“ „Auch nicht schlecht. Haben Sie auch was über die Duden?“ „Natürlich.“ Kloeppels entrollte ein drittes Plakat. Darauf war ein kleiner Junge zu sehen, der mit seinem Großvater vor einem düdischen Geschäft stand. Erschrocken fragt der Kleine den Alten: „Wo kaufst Du denn?“ Gandolf war begeistert und entließ Kloeppels mit einem kräftigen Händedruck. Danach hörte er wieder Musik: „Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals in der Mongolei, in meinem Wein war niemals Kork, und Arbeit macht ganz bestimmt frei.“ Gandolf bewegte sich dazu rhythmisch im Takt.