The Green Heil - Anno Dazumal - E-Book

The Green Heil E-Book

Anno Dazumal

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Beschreibung

Man stelle sich nur mal vor, es wäre damals alles anders gekommen. Eine Partei war einst auf dem Weg nach ganz oben, doch dann war es auf einmal wieder damit vorbei. Was aber wäre gewesen wenn? Wie hätte alles ausgesehen und sich entwickelt, wenn jene Kraft seinerzeit als stärkste Partei an die Regierung gekommen wäre? Eine irre Story, alles nur Spaß, aber irgendwie auch extrem.

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Seitenzahl: 167

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Anno Dazumal

The Green Heil

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Neuland

Der Gegenspieler

Die ganz Anderen

Der wirklich Verrückte

Das Wiedersehen

Das Duell

Impressum neobooks

Neuland

Alles war so anders und neu geworden, die Menschen im Land rieben sich verwundert und teilweise auch verwundet die Augen, denn es hatte eine Revolution stattgefunden, die sie selbst in die Wege geleitet hatten. Na gut, man sollte vielleicht hinzufügen, daß es eigentlich nur eine laute Minderheit gewesen war, welche für den Umsturz verantwortlich zeichnete, aber was spielte das im Grunde genommen schon für eine Rolle? Doch um verstehen zu können, was da eigentlich geschehen war, sollte man ein Stück zurückblenden. Der Aufstieg der Partei Die Grünen hatte sich über Jahre fortgesetzt, vorläufiger Höhepunkt waren die Landtagswahlen in Baden-Württemberg gewesen, bei denen die Grünen die SPD überholt hatten und fortan mit jener zusammen regierten, nachdem dort über 50 Jahre lang die CDU, meistens allein, manchmal mit der FDP, an der Macht gewesen war. Warnfried Quetschmann war dann wenige Wochen nach der Wahl zum allerersten Grünen Ministerpräsidenten gewählt worden und der Siegeszug der Ökologisten setzte sich fort. Bei der Bundestagswahl im September 2013 hatten die Grünen die SPD sogar im Bund überflügelt und das hatte dazu geführt, daß mit Oskar Sischer erstmals ein Grüner Bundeskanzler im Kanzleramt saß und von dort aus das Land regierte. Der Zauberer OS, wie er mittlerweile überall genannt wurde, hatte nicht lange gefackelt, sondern die neuen Möglichkeiten dazu genutzt, den Konservativen, insbesondere den konventionellen Landwirten, den Kampf anzusagen und das hatte dazu geführt, daß es überall eigentlich nur noch Bioessen zu kaufen gab. Allen schien es besser zu gehen, selbst den Schlechterverdienenden, denn OS kümmerte sich um jede Kleinigkeit und ließ sich nichts sagen, mit anderen Worten, er war ein Diktator und das war aus seiner Sicht auch gut und notwendig so, denn in seinen sieben Jahren als deutscher Außenminister hatte er gelernt gehabt, daß das ganze Verhandeln und Diskutieren im Endeffekt nichts brachte. Man brauchte einen Mann, der sagte wo es langgeht und der war nun er. Die Deutschen hatten sich recht schnell an ihren neuen Führer gewöhnt, denn nach acht Jahren Serkel hatten die meisten Leute die Schnauze voll gehabt von der Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen und vom Schlingerkurs einer Frau, die scheinbar überhaupt nicht wußte, was sie eigentlich wollte. Die Grünen im Land frohlockten, endlich konnten sie ihre Träume und Visionen umsetzen, sie waren am Ziel angekommen, doch wenn man sich vor Augen führte, daß genau betrachtet nur jeder sechste Wahlberechtigte die Partei gewählt hatte, dann kam man schon ins Grübeln, denn das bedeutete im Umkehrschluß, daß 83 Prozent der Wähler von 17 Prozent der Grünenwähler und deren Vertretern regiert wurden. Gut, man konnte nun einwerfen, daß die Grünen ja immerhin von 25 Prozent der zur Wahl Gegangenen gewählt worden waren, doch da lediglich 70 Prozent der Wahlberechtigten an der Bundestagswahl teilgenommen hatten, relativierte sich das Ganze umgehend. Auch die Tatsache, daß die SPD mitregierte und es sich deswegen angeblich eben nicht um eine Diktatur handelte, fiel nicht wirklich ins Gewicht, denn OS bestimmte die Leitlinien und erwies sich als ungeheuer beratungsresistent. In Bremen hatte es für Rot-Grün zu einer Zweidrittelmehrheit gereicht und die hatte dafür gesorgt, daß die Grünen auf den Geschmack gekommen waren, was dazu geführt hatte, daß sie alles durchsetzten, was sie für richtig hielten und die SPD verkam zu einem Steigbügelhalter, einem Lakaien, den niemand mehr ernst nehmen konnte und wollte. Das waren also die Ausgangs- und Rahmenbedingungen der schönen neuen Welt, nur damit Du verstehen kannst, worum es eigentlich geht und wieso alles so geworden war, wie wir es uns nun genauer anschauen.

Der Mann, der da im Gefängnis saß, war ziemlich prominent, auch wenn die meisten Deutschen längst nichts mehr von ihm wissen wollten. Nein, es handelte sich dabei nicht um Jürgen Hechelmann, der ein zweites Mal verhaftet worden war, sondern um Dr. Ingo Testerzelle, den unbeliebtesten Außenminister, den die Bundesrepublik jemals gehabt hatte. Im Knast war er gelandet, weil er den großen Führer OS viele Male kritisiert, beleidigt sowie verhöhnt hatte und da der Diktator über das Gedächtnis eines Elefanten verfügte, ähnlich wie sein großes Vorbild, der Dicke aus Oggersheim, die Birne, Dr. Schwermut Wohl, hatte man den ehemaligen FDP-Parteivorsitzenden in den Knast gesteckt, wo es jener nicht leicht hatte, denn die Homosexuellen waren dort zwar nicht ganz so verhaßt wie die Kinderschänder, aber auch nicht wirklich wesentlich beliebter. "Das werde ich Oski nie verzeihen", ließ Ingo verlauten. "Wer ist Oski?" erkundigte sich ein Mithäftling, ein warmer Bruder, welcher Testerzelle auch nicht sonderlich mochte, aber im Knast mußten die Schwulen zusammenhalten, sonst wäre es ihnen noch dreckiger gegangen. "Unser Führer. Es war im Sommer 1996. Wir trafen uns zufällig in der Nähe von Bonn und waren sofort ineinander verliebt. Was folgte, waren die schönsten drei Wochen meines Lebens." "Du willst jetzt aber damit nicht andeuten, daß Du etwas mit OS gehabt hast, oder?" "Aber selbstverständlich! Danach hat er mich einfach fallen lassen, ich war schwer enttäuscht und fühlte mich gedemütigt. Später tat er dann immer so, als könne er mich nicht leiden und ich attackierte ihn so heftig wie ich konnte, er aber ignorierte mich fortan nur noch." "Du meine Güte, wenn das rauskommt, dann ist es um den Führer geschehen." "Meinst Du? Das würde erklären, warum ich hier nicht rauskomme. Aber wir leben doch im 3.Jahrtausend: Es gibt schwule Oberbürgermeister, schwule Fußballspieler und schwule Mädchen." "Das tut nichts zur Sache, aber ein schwuler Führer, das geht ja nun mal gar nicht!" "Das sagst Du als Homo?" "Das sage ich als Homo und als Mensch. Jetzt weiß ich endlich, warum unser Diktator so oft geheiratet und andauernd die Frau gewechselt hat." "Ich war seine einzige wahre und große Liebe." "Das glaubst Du doch wohl selber nicht. Du warst billig und willig, der brauchte damals bestimmt einfach nur einen blöden Arsch, in den er seinen Schwanz reinstecken konnte." "Ich will so etwas nicht hören! Was bist Du nur für ein Unromatiker! Wir haben uns geliebt!" "Sonst noch Wünsche? Wieso holt er Dich dann nicht raus, der Führer? Du hast ihn damals bestimmt einfach nur verführt, obwohl ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen kann." Auf einmal kam einer der Gefängniswärter auf sie zu, schlug ihnen ins Gesicht und rief: "An die Zwangsarbeit, Ihr Drecksschwuchteln!" "Oh ja, noch mal! Schlag mich fester!" verlangte Ingo. "Das würde Dir so passen, Du Schwesterzelle mit Deinem zu Unrecht erworbenen Doktortitel." "Ich habe nicht plagiiert." "Das sagen sie alle, aber nur solange, bis sie erwischt werden. Ihr in der FDP seid doch die Allerschlimmsten. Alles nur geklaut. Und jetzt an die Arbeit!" Danach mußten sie mit in die Fabrik, wo sie Kondome zu kontrollieren hatten, damit die nicht mit Qualitätsmängeln in die Geschäfte geliefert wurden. "Ich hasse diese Bio-Präservative", gestand Ingo. "Ich auch. Die sind ökologisch abbaubar und man kann sie mehrmals benutzen. Wie widerlich", stimmte ihm sein schwuler Leidensgenosse zu. Auf einmal kam der Gefängnisdirektor in den Raum und wurde natürlich sofort vom Gefängniswärter begrüßt: "Petri Heil, aber Sischer, Herr Direktor!" tönte jener. "Petri Heil aber Sischer. Na, wie macht sich denn unser ehemaliger Kanzlerkandidat?" wollte jener wissen. "Der ist ein fauler Hund, aber dem werde ich schon noch Beine machen." "Das will ich hoffen. Und wenn er frech wird, dann sollen ihn sich einfach mal die Schlesischen Jungs vorknöpfen." Testerzelle schluckte.

"Oh großer Führer, es gibt vorzügliche Nachrichten!" flötete einer der Diener von OS entzückt. Jener saß gemütlich auf seinem Thron und schaute sich im Sportfernsehen einen Marathonlauf an. Früher war er bei so etwas oft selber mitgelaufen, aber die Zeiten waren natürlich vorbei, denn welcher Diktator konnte sich schon solche Exzentrizitäten leisten? "Ich höre", bemerkte er mit der gespannten Erwartung eines Zweijährigen. "Die Solar- und Windkraftfirmen haben ihren Umsatz verdoppelt und den Gewinn verdreifacht." "Das freut mich für die, aber was bringt mir das?" "Aber großer Führer, Ihnen gehören doch die ganzen Firmen." "Ach ja, stimmt, ich hatte ja schon wieder ganz vergessen, daß ich den Öko-Kapitalismus eingeführt habe, mit mir als Manipulator und Monopolisten. Was für eine Karriere! Vom linksradikalen, staatsfeindlichen Steinewerfer zum größenwahnsinnigsten Diktator seit Adolf Hitler. Nicht schlecht für einen Taxifahrer, oder?" "In der Tat. Was sollen wir jetzt eigentlich mit dem Kerl machen, der Sie vor einem Monat mit einem Stein beworfen hat?" "Ans Kreuz mit ihm!" "Aber, mein Führer, bei uns Ökofaschisten gibt es doch keine Todesstrafe, wir sind doch keine Nazis." "Das weiß ich selbst, dann hätte ich ja auch gesagt: Ans Hakenkreuz mit ihm. Keine Todesstrafe, so ein Mist. Ja soll ich etwa darauf warten, daß meine Gegner alle verfaulen und vermodern, damit ich sie dann kompostieren kann? 20 Jahre Knast für den Spinner!" "Aber lieber OS, der Mann ist doch geistig verwirrt und außerdem war das ja nur ein kleiner Stein, den er auf Sie geworfen hat." "Ja, aber doch nur, weil er so ein Schwächling ist. Nein, man darf keine Gnade kennen mit diesen Terroristen, man muß da einen Präzedenzfall kreieren, sonst tanzen einem diese Untertanen irgendwann alle auf der Nase herum. Und jetzt möchte ich etwas essen." "Sofort, mein Führer." Eine Minute später kehrte der Diener zurück und servierte dem großen Sischerman seine Mahlzeit. "Was ist denn das heute wieder für ein schrecklicher Fraß?" empörte sich jener. "Alles Bio, mein Führer, alles aus ökologischer Landwirtschaft." "Pfui Teufel! Vielleicht hätte ich doch nicht alle anderen Nahrungsmittel, die nicht Bio sind, verbieten sollen", kam OS in den Sinn. Mißmutig kaute er weiter, aber das Essen wurde einfach nicht besser.

Auch diejenigen, welche die Weisheit mit Löffeln gefressen hatten, konnten daran ersticken, denn die Gier der Nimmersatten machte sie skrupellos und nicht umsonst steckte im Wort Ehrgeiz der überall bekannte und aggressiv beworbene Geiz, der angeblich so geil war, daß man ihn auf einem Altar anzubeten hatte. Wie auch immer, die Innenstädte der Citys wurden sich immer ähnlicher, überall Einkaufszentren, Konsumtempel und darin die obligatorischen Modegeschäfte, weshalb man sich irgendwann völlig verwundert fragte, wer die ganzen Klamotten denn eigentlich kaufen, geschweige denn tragen sollte, die da in rauhen Mengen angeboten wurden. Der Konsumismus zeigte sich von seiner verführerischsten Seite, überall Schnäppchen und für die Alkoholiker immer wieder mal ein Schnäpschen, damit die auch zufrieden waren und nicht auf die völlig absurde Idee kamen, zu rebellieren. Es ging bergab und alle wußten es, das riesige Schiff steuerte auf den Eisberg zu, doch die Stimmung war ausgezeichnet, denn die Finanz- und Wirtschaftskrise waren vorbei. Nicht Viele erkannten, daß man sich im Auge eines Taifuns befand, der alles durcheinander wirbeln und zerstören konnte. Alle dachten nur an sich, denn damit war an alle gedacht und wer einwarf, daß es schon zu allen Zeiten so gewesen wäre, dem mußte natürlich Recht gegeben werden, doch genauso wie die Dummheit der Menschheit immer mehr zugenommen hatte, so zeigte sich auch, daß die fetten Jahre endgültig vorbei waren und das konnten und wollten die Fetten verständlicherweise nicht begreifen.

"Du kannst Dich nicht dagegen wehren. Es gibt kein richtiges Leben im falschen", behauptete Vivian, doch Jean erwiderte: "Es gibt immer einen anderen Weg. Wir haben die Wahl, wofür wir uns entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, daß wir jemals in einer Welt leben, die so ist, wie wir sie uns selbst vorstellen, ist dermaßen verschwindend gering, daß wir erst gar nicht darauf zu hoffen oder zu warten brauchen. Es gilt, aus dem eigenen Leben das Beste zu machen und genau das habe ich vor." "Indem Du Scheiben zersplitterst?" "Das ist erst der Anfang und nichts weiter als ein Zeichen des Widerstandes. Wir werden nicht eher ruhen, bis wir wahrgenommen werden und man sich mit uns und unseren Ideen auseinandersetzt." "Welche Ideen denn? Ihr wollt doch eh nur zerstören und plündern, Euch geht es auch nur um die eigenen Interessen, die restliche Menschheit interessiert Euch einen Scheißdreck!" "Das ist nicht wahr! Wir sind auf dem besten Weg, ein schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln, das nicht nur so besserwisserische Kritiker wie Dich mundtot machen wird." "Genau das ist der springende Punkt: Ihr wollt nicht diskutieren, sondern nur manipulieren. Euch geht es genauso um die Macht wie allen Anderen auch. Ihr seid keinen Deut besser als diese Biofaschisten, die gerade an der Macht sind." Das saß. Jean schluckte und überlegte, aber ihm fiel kein passender Konter ein, weshalb er lieber in einem der Bücher weiterlas, die der Bio-Staat verboten hatte, da sie seiner Ideologie widersprachen; wenigstens hatte man sie aus ökologischen Gründen nicht verbrannt, sondern lediglich zensiert oder aus den Buchregalen entfernt.

Alles war Bio. Nicht nur die Ökowindel, auch der Bio-Staubsauger und der Öko-Luftentfeuchter, von den Energiesparlampen ganz zu schweigen, die oft so schwach brannten, daß man sein Gegenüber kaum erkennen konnte, doch das war ja vielleicht auch der Sinn der Sache. Die Grünen hatten gesiegt, so viel stand ohne Frage fest und sie begannen damit, die Geschichte zu ihren Gunsten umzuschreiben, was sich in den Schulbüchern, welche den Kindern zugemutet wurden, folgendermaßen las: "1980 wurde die großartigste Partei gegründet, die es auf dem Grünen Planeten je gegeben hat. Die Grünen erblickten das Licht der Welt und genauso wie Jesus Christus wurden sie nach 33 Jahren unsterblich, als sie zum ersten Mal in ihrer glorreichen Geschichte den Bundeskanzler stellten. Viele Jahre hatten sie in der Opposition verbringen müssen, waren ausgegrenzt, verspottet, beschimpft und verhöhnt worden; selbst als sie von 1998 bis 2005 mit an der Regierung waren, wurden sie von den viel stärkeren Sozialdemokraten gedemütigt und getriezt, doch das hat nun ein Ende, denn nicht nur im Film gewinnen am Ende immer die Guten, sondern auch in der Politik." Ja, man konnte sich also ungefähr vorstellen, was da im Land alles geboten war und so verwunderte es nicht, daß viele Deutsche ihrer Republik bereits den Rücken gekehrt hatten. Auswanderersendungen waren im Fernsehen schon länger beliebt gewesen, doch seit die Ökofaschisten an der Macht waren, hatte sich die Zahl der Ausreisewilligen vervielfacht und dabei handelte es sich keineswegs nur um Konservative, Rechtsradikale und Spießer. Ganz im Gegenteil, die Spießer zum Beispiel fühlten sich in der schönen neuen Welt der Grünen ziemlich wohl, denn die neuen Herrscher waren nicht wirklich radikal, sondern genossen ihr dolce Vita in vollen Zügen. Geld, Macht und Ruhm hatten auch die Grünen Machthaber korrumpiert und so ging das altbekannte Spiel weiter wie bisher, es war so typisch und vorhersehbar, daß man sich darob fast schon langweilte.

Enrico Sukto war einer von Milliarden und damit hatte er sich Zeit seines Lebens mehr schlecht als recht abgefunden. Er wäre gerne mehr gewesen, irgendwie wichtig, bekannt, berühmt oder wenigstens angesehen. Klar, hin und wieder schaute ihn schon jemand an, die oder der ihm auf der Straße begegnete, aber letzten Endes hatte niemand wirklich ein Interesse an ihm. Aufmerksamkeit bekommen war ein Ziel, das viele Menschen erreichen wollten und Enrico versuchte es, indem er auf offener Straße, mitten in der Fußgängerzone, eine leere Trinkflasche auf den Boden warf. Sofort waren die Ökopolizisten, ausgewiesene Biospezialisten, zur Stelle und nahmen ihn fest. "Ihr seid die wahren Schweine! Ihr verpestet unsere Umwelt doch dauernd mit Euren hirnrissigen Verordnungen und Paragraphen!" brüllte Sukto, bevor sie ihn weg sperrten. Auf der Polizeiwache nahm ihn ein nachdenklicher Kommissar in Empfang und meinte entnervt: "Der schon wieder! Irgendwie scheint das mit der Umerziehung nicht richtig zu funktionieren." "Euch müßte man umerziehen, Euch schwanzlutschende Drecksäcke!" erwiderte Enrico und Sekunden später quoll Blut aus seiner Nase. Klar, da kämen jetzt wieder die ganz zart Besaiteten daher und würden sich über die sinnlose Gewalt beschweren, die da eben beschrieben wurde, aber so sah die Realität halt mal aus und wer sich über die brutale Willkür der Ordnungshüter echauffiert, sollte auch mal einen Zahn ablegen, denn hätte Sukto den Kommissar nicht beleidigt und damit heftig provoziert, dann würde er nun keinen biologisch abbaubaren Tampon in der Nase tragen. Es war eben alles Interaktion im Leben und das sollten endlich auch die begreifen, die sich nur zu gerne als Opfer hin- und darstellen, die Unschuldslämmer in Person kommen da auf uns zugestürzt, doch bei genauerem Hinschauen erkennt man, daß auch viele Opfer Täter sind, von daher sollte man Vorverurteilungen vermeiden und den ganzen Sachverhalt so differenziert wie möglich betrachten. Was für ein Geschwafel! Im Verhörzimmer ging es mal wieder drunter und drüber, überall biologisch abbaubare Blätter, auf denen die Geständnisse der Schuldigen standen, welche sich mit den Jahren in Luft auflösten, also die Geständnisse, nicht die Schuldigen, zumindest war das in den meisten Fällen so. "Was soll denn nur aus Ihnen werden?" fragte Kommissar Bärlauch kopfschüttelnd. "Ich bin doch schon jemand, also muß ich auch nicht erst noch jemand werden", entgegnete Enrico. "Das sehen wir hier anders. Ich glaube, in Ihrem Fall habe ich jämmerlich versagt, deshalb sollte ich Sie wohl lieber meinem Kollegen, Kommissar Rosenkohl, überlassen." "Wieso habt Ihr alle so komische Namen? Rosenkohl klingt mir verdächtig jüdisch." "Quatsch mit Knoblauchsauce! Seit der biologischen Revolution mußten wir uns als Staatsdiener alle umbenennen und deshalb heißt inzwischen jede und jeder von uns wie ein Gemüse." Daraufhin verließ Bärlauch das Zimmer und wenige Sekunden später betrat Rosenkohl die Bildfläche. "Dafür, daß Sie angeblich kein Jude sein sollen, haben Sie aber einen ganz schönen Zinken", fand Sukto. "Schön, daß Ihnen meine Nase gefällt. Guter Mann, was haben Sie eigentlich für ein Problem? Seit Monaten gehen Sie uns mit Ihren sinn- und hirnlosen Aktionen auf die Nerven. Was bezwecken Sie damit?" "Ich will wahrgenommen werden." "Ich glaube, mit Ihnen hat schon im Kindergarten niemand spielen wollen." "Nein, das ist nicht wahr, denn der Praktikant mußte immer mit mir spielen." "Wir sind hier bei der ökologischen Biopolizei, verdammt! Wir können dabei zusehen, wie Ihre Gedanken in Ihrem Hirn verschimmeln." "Das freut mich ja außerordentlich für Sie, aber was soll ich mit so einer Information anfangen?" Rosenkohl spürte, daß Enrico eine harte Nuß war, deshalb machte er sich erst einmal einen schwarzen Tee, um auf Touren zu kommen.