Die drei ??? Der Tag der Toten (drei Fragezeichen) - Marco Sonnleitner - E-Book
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Die drei ??? Der Tag der Toten (drei Fragezeichen) E-Book

Marco Sonnleitner

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Beschreibung

Ganz schön gruselig! Linus erzählt den drei ??? eine seltsame Geschichte: Seit einigen Tagen wird er von Skeletten verfolgt. Ein Skelett stand sogar mitten in der Nacht vor seinem Bett! Was wollen sie nur von ihm? Linus hat große Angst, verrückt zu werden. Ein klarer Fall für Justus, Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews! Natürlich helfen sie dem verzweifelten jungen Mann. Die Spuren führen die Freunde auf den Friedhof. Finden sie heraus, wer Linus in den Wahnsinn treiben will? Ein spannendes neues Abenteuer für Fans der Kultreihe.

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Titel

Die drei ???Der Tag der Toten

Marco Sonnleitner

KOSMOS

Impressum

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Verlag und Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen könnten. Dabei müssen geltende rechtliche Bestimmungen und Vorschriften berücksichtigt und eingehalten werden.

Distanzierungserklärung

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Umschlagsabbildung: © Silvia Christoph, Berlin

© 2023, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-50834-3

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

FRANKENSTEINS MONSTER

Die ersten Flammen züngelten an der alten Mühle empor. Gierig verschlang das Feuer das trockene Holz und kroch wie ein lebendiges Wesen an den Wänden hinauf. Funken stoben in die mondlose Nacht, während die Leute vor der Mühle ihre flackernden Fackeln in den schwarzen Himmel reckten und boshaft johlten. Die Zeit der Rache war gekommen.

Da drang ein Schrei aus der alten Mühle. Ein tiefes, lang gezogenes Wehklagen, nicht menschlich und auch nicht von einem Tier. Das in die Falle getriebene Wesen schrie sich seine Verzweiflung aus dem zusammengeflickten Leib, wusste keinen Ausweg mehr, sah sein Ende kommen.

Die Männer vor der Mühle jubelten noch lauter, noch unbarmherziger. Keiner von ihnen verspürte auch nur einen Hauch von Mitleid mit dem Monster. Sie wollten es brennen sehen. In dieser Nacht würde die Kreatur ihren Tod finden.

Ein lautes Krachen ließ die Mühle erbeben und ein Schauer glühender Funken regnete auf die Männer herab. Im nächsten Augenblick schrie das geschundene Wesen noch lauter, noch herzzerreißender.

»Die Decke!«, rief einer der Männer. »Seht ihr das? Die Decke ist eingestürzt und hat das Monster unter sich begraben! Ha, jetzt haben wir es! Da kommt es nicht mehr raus!«

Freudenschreie gellten durch die Nacht, drangen in die nun lichterloh brennende Mühle und umkreisten das sterbende Monster mit höhnischem Gelächter. Eingeklemmt unter einem schweren Balken starrte es in die lodernden Flammen und wartete auf seinen Tod.

Peter Shaw konnte nicht mehr hinsehen. Er schaute links an der kleinen Leinwand vorbei und konzentrierte sich auf eines der Grabkreuze im Hintergrund. Aber das Flackern auf der Leinwand warf seine zuckenden Schatten auch über den alten Friedhof, und das Knistern der Flammen bohrte sich in Peters Gehörgänge. Schrecklich, was sie diesem Wesen antaten, einfach nur schrecklich.

Endlich drückte Cassy auf die Fernbedienung und das Bild auf der Leinwand erlosch. »So, das war die Szene aus dem Film, die ich euch zeigen wollte, Leute. Hat jemand Fragen?«

Verhaltener Applaus plätscherte über die kleine Gedenkstelle in der Mitte des Friedhofs. Dann herrschte Stille. Nur der rostige Wetterhahn auf der Kapelle quietschte hin und wieder, wenn eine leichte Brise vom Meer hier heraufwehte. Irgendwo schuhuhte ein Kauz. Lindsay, die neben Peter auf der kalten Steinbank saß, scharrte mit ihrer Fußspitze betroffen im Kies.

»Keine Fragen?« Mr Griffin trat in die Mitte des kleinen Platzes und drehte das Licht der Gaslaterne etwas heller. »Die Szene hast du sehr gut ausgewählt, Cassy, sehr eindrucksvoll. Vielen Dank. Der Roman Frankenstein von Mary Shelley gehört zweifellos zu den bedeutendsten Werken der sogenannten Schauerliteratur. Damit werden wir uns in diesem Kurs noch näher befassen.«

Frankenstein! Peter schüttelte innerlich den Kopf. Als er sich am Anfang des Schuljahres für den Wahlpflichtkurs Die schwarze Romantik entschieden hatte, hatte er irgendetwas mit Sonnenuntergängen, Kerzenschein und Mond erwartet. Romantik eben, nur nicht am Tag, sondern in lauschiger Nacht. Stattdessen ging es um Horrorgeschichten! Und dann schleppte Griffin sie ›zur Einstimmung‹ auch noch gleich auf diesen gruseligen Friedhof, und ein paar Übereifrige durften ›in der stimmungsvollen Atmosphäre ihre ersten Ideen zu diesem spannenden Thema‹ präsentieren. Selbst als sich alle im Halbkreis auf die eiskalten Steinblöcke gesetzt und Mr Griffin Laptop, Beamer und Lautsprecher aufgebaut hatte, war Peter noch davon ausgegangen, dass sie gleich schmalzige Gedichte im Schein dieser Laternenfunzel lesen würden. Was schlimm genug gewesen wäre. Aber dann erzählte ihnen erst dieser käsige Dexter Allington was über Dracula und warf Bilder auf die Leinwand, die in Blut geradezu ertranken, und danach dieser fürchterliche Ausschnitt aus Frankenstein! Super! Bestimmt würde gleich jeder eine Schaufel in die Hand gedrückt bekommen und sie mussten Gräber ausheben. Hätte er sich doch besser in Ökologischer Obstanbau für Anfänger eingeschrieben. Oder in Mit Spinnentieren auf Du und Du.

Während Griffin irgendetwas über das Unterbewusstsein und menschliche Ur-Ängste erzählte, ließ Peter seinen Blick über den Friedhof schweifen. Viel war in der Dunkelheit nicht zu erkennen. Es gab keine Grabsteine, sondern nur einfache Holzkreuze, die sich wie ein Heer aus winzigen Menschen mit ausgebreiteten Armen in der Nacht verloren. Hier und da ein paar Büsche, zwei kleine Wäldchen, die alte Kapelle, dazwischen sandige Wege, das war’s. Und natürlich der kleine Platz in der Mitte des Friedhofs mit dem unscheinbaren Denkmal und den Sitzsteinen, auf denen er sich gerade den Hintern abfror.

Wie hatte Griffin es eigentlich hingekriegt, dass sie hier mitten in der Nacht Horrorfilme ansehen durften? Es gab doch so etwas wie Friedhofsruhe, oder? Bei dem Höllenlärm, den der Film gerade verursacht hatte, hätte es Peter nicht gewundert, wenn der eine oder andere Tote in seinem Grab erwacht wäre.

Peter merkte, wie sich sein Hals verengte. Ja, richtig, hier lagen ja überall tote Menschen unter der Erde. Nur wenige Meter von ihnen entfernt. Und auch wenn er natürlich nicht im Traum daran glaubte, dass so ein Toter aus seinem Grab … Also, dass er … weil sie hier so einen Lärm … Unsinn … Das war einfach nur Unsinn. Peter schüttelte sich und konzentrierte sich wieder auf Mr Griffin.

»… haben diese menschlichen Ur-Ängste insofern eine aktuelle Bedeutung, weil sich auch noch im Unterbewusstsein von uns heutigen Menschen –« Urplötzlich verstummte der Lehrer. Sein Kopf ruckte herum und er lauschte mit angehaltenem Atem in die Nacht. »Hört ihr das?«, flüsterte er.

Peter überlief eine Gänsehaut. Hört ihr was? WAS?

»Mr Griffin, das ist nicht lustig«, fiepste Lindsay und zog den Hals ein. Andere Schüler sahen sich befangen um.

»Hört doch mal! Da! Da ist es wieder!«

Und dann hörte Peter es auch: ein tiefes, lang gezogenes Wehklagen, nicht menschlich und auch nicht von einem Tier.

PRAYER’S HILL

In der nächsten Sekunde brach der leibhaftige Schrecken über die Schüler herein. Aus der Dunkelheit löste sich eine riesenhafte Gestalt, torkelte auf die Gruppe zu und stieß dabei immer wieder diese entsetzlichen Laute aus. Als würden ihr alle Eingeweide zusammengedrückt. Frankensteins Monster! Riesengroß, das Gesicht mit Narben übersät, mit Händen wie Schaufeln, die sich durch die Luft in Richtung der Schüler gruben.

Alle sprangen auf, nur Dexter kippte mit einem erstickten Japsen rückwärts von der Steinbank. Spitze Schreie hallten über den Friedhof. Mr Griffin rief: »Um Gottes willen! Wer sind Sie?« Einige Schüler rannten davon, manche kamen sich dabei in die Quere, stießen aneinander. Dexter rappelte sich auf, lief ein paar Schritte, prallte gegen eines der Kreuze, stieß es um, fiel hin, lief weiter.

Peter stand einfach nur da und starrte. Er konnte sich nicht bewegen. Keinen Millimeter.

»Okay, okay!« Griffin wedelte mit den Armen. »Halt, Leute! Beruhigt euch! Das war ein Gag.« Er ging auf das Untier zu und klopfte ihm auf die Schulter. »Rick, zieh bitte die Maske aus, die erschrecken sich ja zu Tode.«

Peter sah wie in Zeitlupe, dass sich Frankensteins Monster in die eigenen Haare griff, daran zog und dann – sein Gesicht vom Kopf streifte. Darunter kamen ein bärtiges Antlitz und ein breites Grinsen zum Vorschein.

»Seht ihr, Leute.« Mr Griffin winkte mit der Hand, um seine Schüler zurückzuholen. Sein Lächeln wirkte bemüht, seine Bewegungen etwas fahrig. »Alles gut, keine Panik. Das ist Rick Turner, der Friedhofswärter. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ich wollte euch nur demonstrieren, wie groß unsere uralten Ängste sind.«

»So ein … Idiot«, keuchte Lindsay, die sich an Peters Ärmel festgekrallt hatte. »Ich dachte, das war’s jetzt.«

Peter nickte schwach. »Toller ›Gag‹.« Seine Knie zitterten immer noch.

Langsam kamen die Schüler wieder auf den Platz. Auch Dexter, der das kaputte Kreuz in Händen hielt. Er war der Einzige, der Mr Griffin etwas schief anlächelte. Alle anderen hatten nur einen bösen Blick für ihren Lehrer übrig.

»Ihr habt ja recht«, gab sich Griffin zerknirscht. »Das ging ein bisschen nach hinten los. Tut mir leid. Ich dachte, ihr fändet das lustig.«

»Ja, so was von lustig. Ich hätte mich fast totgelacht«, meinte Tiffany trotzig.

»Sorry.« Der Lehrer war ehrlich zerknirscht. »Dann übergebe ich jetzt mal besser an Rick. Er wollte euch ein paar Dinge über den Friedhof hier erzählen.«

Nur zögerlich wandten sich die Schüler dem Friedhofswärter zu. Schließlich hatte auch er seinen Anteil an dem ›Gag‹ gehabt.

»Hallo, Leute.« Rick hob seine behaarte Monsterpranke und lächelte liebenswürdig in die Runde. »Mich bitte nicht killen. Ich bin nur der Bote. Wenn ihr unbedingt jemanden schlachten wollt, dann Sam.« Er klopfte Griffin auf den Rücken, der verlegen grinste. »Ich bin zweiter Vorsitzender im Halloween-Verein hier im Ort. Wir haben jede Menge Kostüme und da dachte euer Mr Griffin, es wäre eine gute Idee … Na ja, lassen wir das. Setzt euch doch wieder.«

Peter mochte Rick Turner auf Anhieb. Mit seinem zerzausten Bart, dem zum Dutt gebundenen grauen Haar und dem zerknitterten Gesicht sah er aus wie ein Pirat. Und er hatte ein sehr einnehmendes Wesen. Der Mann entledigte sich seiner Monsterhände, zog das gepolsterte Oberteil aus und ließ sich ebenfalls auf eine der Steinbänke nieder.

»Also, Mädels und Jungs. Ihr wisst, wo ihr hier seid?«

Cassy streckte sofort die Hand in die Höhe.

Mr Turner lachte. »Nee, nee, die Dame. Handheben ist bei mir nicht, bei mir ist Draufloslabern.«

Verunsichert ließ Cassy den Arm sinken. »Prayer’s Hill?«

»So ist es. Ihr seid auf Prayer’s Hill.« Turner machte eine bedeutungsvolle Pause, sah den Schülern in die Augen. »Und weiß jemand, warum dieses lauschige Fleckchen Erde so heißt?«

Dexter meldete sich und nahm den Arm sofort wieder runter. »Wegen der Tongvas, das war das indigene Volk in dieser Gegend. Die hatten hier auf dem Hügel einen heiligen Ort oder so. Ihr Medizinmann kam immer zum Beten hierher.«

»Genau. Die Anhöhe, auf der Prayer’s Hill liegt und die heute zu dem Ort Lincoln Heights gehört, war früher eine heilige Stätte der Tongvas. Von hier aus nahmen deren Schamanen den Kontakt zu ihren Göttern auf. Und dann kamen die Eroberer aus Europa, und mit ihnen die Eisenbahn, Wolkenkratzer und McDonald’s, und den Göttern der Tongvas wurde es in dieser Gegend zu trubelig.« Turner lachte, wurde aber sofort wieder ernst. »Spaß beiseite. Ihr kennt die traurigen Geschichten. Die indigenen Völker wurden in Reservate umgesiedelt und das Areal auf dem Hügel wurde irgendwann zu einem Armenfriedhof umfunktioniert, weil sich nie jemand fand, der hier einen Supermarkt hinbauen wollte.«

»Was genau heißt eigentlich ›Armenfriedhof‹?«, wollte Emily wissen.

»Hier werden Leute begraben, deren Angehörige sich kein normales Begräbnis leisten können. Denn vielleicht wisst ihr das, vielleicht auch nicht: So ein Begräbnis mit dem ganzen Drumherum wie Sarg, Blumen, Grabstein, Gebühren, Leichenschmaus und so weiter kann ganz schön ins Geld gehen.«

Lindsay sah sich kopfnickend um. »Deswegen nur die einfachen Holzkreuze.«

Turner nickte. »Deswegen nur die einfachen Holzkreuze. Auf denen – Warte, gib mir das mal!« Er bedeutete Dexter, ihm das kaputte Kreuz rüberzureichen, das der Junge noch immer in seinen Händen hielt. »Auf denen auch keine Namen stehen, wie ihr seht. Nur fünf- oder sechsstellige Nummern.«

» 21008«, las Lindsay.

Turner drehte das Brett um hundertachtzig Grad. »Oder 80012. Weil sich irgendein Scherzkeks mal diese besonderen Ziffern für die Kreuze ausgedacht hat, kann man manche Grabnummern auch auf dem Kopf lesen. Oder spiegelverkehrt.« Er seufzte und musterte die Holzlatte mit zusammengekniffenen Augen. »Zu welchem Grab das hier gehört, muss ich daher auch erst wieder herausfinden.«

»Ähm, Mr Turner?« Cassy sah den Mann nicht an, sondern blickte rechts an ihm vorbei.

»Rick reicht völlig. Und gerne ›du‹.«

Cassy streckte den Arm aus. »Dahinten bei der Kapelle. Oder in der Kapelle.«

Rick drehte sich auf seinem Steinblock um. »Was ist da?«

»Da flackert dauernd ein Licht auf. Ist das normal?«

DUNKLE GESTALTEN

Rick drehte sich ganz um. »Ich sehe nichts.«

»Doch, Cassy hat recht«, sagte Emily. »Es sah aus wie das Licht von einer Taschenlampe. Ich hab’s auch bemerkt, dachte aber erst, dass ich mich getäuscht hätte.«

»In der Kapelle?« Rick stand auf.

»Ja. Weiß nicht.« Emily zuckte die Achseln. »Oder davor.«

Tiffany schaute zu Mr Griffin. »Das ist doch sicher wieder so ein ›Gag‹, oder? Wir laufen da jetzt alle hin und dann erschreckt uns irgendein blutverschmierter Zombie, oder eine eklige Riesenspinne fällt uns auf den Kopf.«

»Zombies haben eigentlich gar kein Blut mehr in ihren –«

»Ach, Klappe, Dexter!«

Mr Griffin hob die Schultern und sah seinerseits zu dem Friedhofswärter. »Also, ich weiß von nichts. Ehrlich. Du, Rick?«

Der Mann schüttelte wortlos den Kopf. »Nein. Aber vielleicht habt ihr euch doch geirrt. Ich sehe da rein gar nichts, das wie eine Taschenlampe –« Er brach abrupt ab.

Und jetzt bemerkten es auch Peter und die anderen Schüler. Hinter einem der Fenster schwebte ein matter Lichtkreis durch die Kapelle.

»Da stimmt was nicht.« Rick setzte sich in Bewegung. »Sam, kommst du mal mit? Kann nicht schaden.«

»Natürlich.« Mr Griffin erhob sich.

»Peter, Dexter.« Emily blickte zu den einzigen beiden Jungen im Kurs. »Wollt ihr nicht mitgehen? Vielleicht braucht Rick eure Hilfe?«

»Wie ›eure Hilfe‹?« Dexters Augen wuchsen auf Untertassengröße.

Peter stand auf. Sein Magen sagte ihm zwar etwas anderes, aber er wollte sich keine Blöße geben.

Die kleine Kapelle hob sich als klobiger, schwarzer Schatten vor dem nächtlichen Hintergrund ab. Ein niedriges Haus mit länglichen Fenstern und Satteldach und ein etwa doppelt so hoher, viereckiger Turm. Auf dem Dachfirst thronte der Wetterhahn, der bei jedem Windhauch erbärmlich wimmerte, und auf der Kaminabdeckung saß ein gewaltiges Storchennest.

Peter lauschte in die Nacht und ließ seinen Blick über das dunkle Gebäude wandern. Das Licht in der Kapelle war kaum noch zu sehen und bewegte sich auch nicht mehr, aber es war immer noch da. Wahrscheinlich wurde die Taschenlampe nach unten gehalten oder abgeschirmt. Geräusche waren keine zu hören bis auf ein feines Säuseln des Windes und den nervigen Hahn.

Rick drehte sich nach hinten um. »Da ist eindeutig jemand in der Kapelle«, flüsterte er. »Und der hat da sicher nichts verloren. Schon gar nicht um diese Zeit. Den kauf ich mir.«

»Gibt es da drin irgendwas Wertvolles?«, raunte Griffin. »Alte Heiligenbilder, goldene Kelche oder Schalen? Statuen? Was halt so in Kirchen herumsteht.«

»Die Kapelle wird nicht mehr für kirchliche Zwecke genutzt. Sie ist so was wie mein Wärterhäuschen. Da drin gibt es bis auf mein altes Kofferradio, meine Regenjacke und ein paar Schaufeln rein gar nichts zu holen. Vielleicht sind es Teenager. Mutprobe auf dem Friedhof und so. Und dann wollten sie sich auch mal in der alten –«

Etwas klirrte laut. Zerspringendes Glas. In der Kapelle.

»Jetzt reicht es aber.« Rick lief los. »Hey! Wer ist da? Macht, dass ihr verschwindet, ihr Knallköpfe!«

Das Licht einer Taschenlampe stach durch eine der Scheiben. Ein greller Strahl, der Peter genau ins Gesicht traf. Der Zweite Detektiv schirmte seine Augen ab, nahm ebenfalls Tempo auf und war jetzt auf gleicher Höhe mit Griffin.

»Soll ich die Polizei rufen?« Dexter war noch ein gutes Stück hinter ihnen und kaum zu verstehen, so leise sprach er. »Soll ich? Besser, oder? Oder nicht? Hallo?«

Lautes Poltern drang aus der Kapelle. Etwas Großes krachte zu Boden, erneut klirrte es, dann waren Schritte zu hören. Das Licht der Taschenlampe jagte jetzt wild hin und her.

»Verfluchter Mist!«, rief eine tiefe Männerstimme.

»Komm schon, Aikju, raus hier!« Eine zweite Stimme, ebenfalls ein Mann. Wieder polterte und krachte es.

»Verdammt, meine Jacke!«

Als Rick um die Ecke rannte, flog die Tür auf. Der Friedhofswärter konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und prallte mit voller Wucht dagegen. Er schrie auf, torkelte nach hinten und stürzte.

»Rick!«, entfuhr es Mr Griffin, während zwei schemenhafte Gestalten aus dem dunklen Zugang huschten.

»Bleibt stehen, ihr Mistkerle.« Rick rappelte sich wieder auf. »Stehen bleiben, habe ich gesagt.«

»Ich habe hier keinen Empfang.« Dexter, der sich irgendwo ganz weit hinten mit seinem Handy im Kreis drehte. »Hört ihr? Funkloch.«

Peter war als Erster bei Rick Turner und half ihm auf die Beine. »Komm, die schnappen wir uns.« Er rannte los, den beiden Flüchtenden hinterher.

»Nein. Lass gut sein, Junge«, rief Rick ihn zurück. »Lass die Idioten laufen.«

Peter blieb verdutzt stehen und drehte sich um. »Laufen lassen? Aber die haben hier eingebrochen.«

»Ja, Rick, die holen wir doch noch ein«, meinte auch Mr Griffin und deutete auf die beiden Gestalten, die sich fluchend und stolpernd über die Gräber davonmachten.

»Ich hole im Moment gar keinen mehr ein.« Rick stützte sich mit einer Hand an der Wand der Kapelle ab und rieb sich mit der anderen das rechte Knie. »Ich habe echt was abgekriegt. Tut höllisch weh. Hoffentlich ist da nichts kaputt.« Er stöhnte vor Schmerzen. »Und ihr brecht euch auch noch die Knochen, wenn ihr mitten in der Nacht über diesen Acker wetzt. Außerdem ist das zu gefährlich. Das waren keine Teenies, und nachher ziehen diese Typen euch eins über die Rübe. Nein, nein, wir bleiben hier. Aber trotzdem danke.« Er grinste angestrengt und hielt sich weiter das Knie.

»Soll ich dir helfen?« Griffin ging zu seinem Freund und fasste ihn unter einem Arm. »Wir müssen einen Arzt rufen. Oder ich bring dich ins Krankenhaus.«

»Erst mal rein in die Kapelle und hinsetzen. Ich muss eine Minute durchschnaufen.« Der Friedhofswärter nickte Peter zu. »Übrigens Hut ab. Mut hast du. Wolltest den Kerlen gleich hinterher. Alle Achtung.«

Dexter kam bei ihnen an, völlig außer Atem. »Gerade hatte ich … mal kurz … Empfang … aber dann … wieder nicht.« Er sah sich ängstlich in alle Richtungen um. »War da … jetzt jemand in der … Kapelle?«

»Wir haben sie verjagt.« Griffin lächelte milde.

»Oh, gut. Sehr gut.« Dexter ließ erleichtert die Schultern fallen. »Was ’ne Aufregung, oder? Meine Mum wird Augen machen, wenn ich ihr das … nachher erzähle. Ich muss unbedingt … was trinken.«