Die drei ??? und der schreiende Zug (drei Fragezeichen) - M. V. Carey - E-Book

Die drei ??? und der schreiende Zug (drei Fragezeichen) E-Book

M.V. Carey

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Beschreibung

Unheimlich! Schon lange ist es her, dass ein Zugunglück in Santa Carmela geschah. Zwei Züge stießen damals zusammen und viele Passagiere starben. Angeblich hören die Bewohner noch immer die Schreie der Opfer und das Quietschen der Bremsen. Die drei ??? treffen in Santa Carmela Zugführer Norwood. Und bald wird bei ihm eingebrochen! Die Leute im Dorf glauben dem alten Mann nicht. Die Detektive nehmen sich des Falls an und stoßen auf einen gemeinen Plan. Können sie Norwoods Unschuld beweisen? Ein unheimliches Abenteuer von M.V. Carey, übersetzt von Anja Herre, in der Nostalgie-Edition.

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Seitenzahl: 164

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Titel

Die drei ??? und der schreiende Zug

Das verschollene Manuskript - Nostalgie-Edition

M. V. Carey

KOSMOS

Impressum

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Verlag und Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen könnten. Dabei müssen geltende rechtliche Bestimmungen und Vorschriften berücksichtigt und eingehalten werden.

Distanzierungserklärung

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Umschlagsabbildung: © Andreas Ruch, Düsseldorf,

auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9.Juli 1941–24.Dezember 2009)

© 2024, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-50880-0

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Hauptteil

Titel

Impressum

Alfred Hitchcock hat das Wort

Gefahr!

Entkommen

Der Spuktunnel

Außer Kontrolle

Einbruch!

Geisterstunden

Der Albtraum

Heißer Verdacht

Frontalangriff

Doppelleben?

Rätselhafte Frau

Eine Gefahr der anderen Art

Flucht in die Finsternis

Ein linkes Ding

Hexe in Turnschuhen

Aus Spiel wird ernst

Der schreiende Zug

Der wahre Pioniergeist

Nachwort von C. R. Rodenwald

ALFRED HITCHCOCK HAT DAS WORT

Krimi-Freunde, seid gegrüßt!

Wieder einmal haben die drei ??? mich um ein Geleitwort für einen Fall gebeten. Wieder einmal nehme ich mit Freuden an. In diesem Abenteuer begegnen die drei Juniordetektive einem betagteren Hobbyeisenbahner, der von einem spukenden Zug heimgesucht wird. Da dieser vor mehr als fünfzig Jahren verunglückt ist, sind die Jungen gebannt. Im Zuge der Aufklärung dieses Rätsels entlarven die drei ??? die Pläne eines ungleichen Schurkenpärchens, ein längst verjährtes Verbrechen zu wiederholen, sowie einen wütenden Schausteller, der vor nichts zurückschreckt, um seinen Willen zu kriegen.

Mehr verrate ich vorerst nicht. Ich habe nicht vor, die ganze Geschichte wiederzugeben, sondern lediglich die drei ??? all denen vorzustellen, die sie vielleicht noch nicht kennen.

Justus Jonas ist der Erste Detektiv. Der Anführer des Trios ist ein stämmiger Junge mit messerscharfem Verstand und einem unstillbaren Appetit auf Bücher. Als Waise lebt er bei seiner Tante und seinem Onkel in Rocky Beach, einer kleinen Stadt an der kalifornischen Küste.

Der Zweite Detektiv ist Peter Shaw, ein Junge, der häufig auf seine athletischen Fähigkeiten zurückgreifen muss, wenn es gefährlich wird.

Bob Andrews, der Kleinste der drei, ist ebenso mutig und beharrlich wie die beiden anderen. Er ist im Team zuständig für Recherchen und Archiv.

Und nun, da ihr die Jungen kennt, taucht ein in eine Geschichte über Stolz und Schrecken, Geister und Gier!

Alfred Hitchcock

GEFAHR!

Es hupte laut. Peter Shaw drehte sich um und sah das Auto auf dem Radweg. Sah das vor Wut und Angst verzerrte Gesicht des Autofahrers. Der war auf die Radspur ausgeschert, um den restlichen Verkehr zu überholen, und nun konnte er nicht wieder zurück. Die anderen ließen ihn sich nicht wieder einfädeln.

»Achtung!«, brüllte Peter. Er wich auf den Standstreifen aus.

Bob Andrews kam mit rutschenden Reifen hinter Peter zum Stehen. Samt seinem Rad kippte er um und fiel in den Staub. 

Justus Jonas geriet ins Schlingern. Er war ein robuster Junge, nicht unbedingt fürs Fliegen gemacht, doch schon segelte er über den Seitenstreifen und landete im Graben.

Der Wagen brauste an den Jungen vorbei den Hügel hinauf. Die Hupe plärrte im Vorbeifahren weiter. Dann hörten die Jungen das Quietschen von Bremsen.

Auf der Straße verlangsamten ein paar Autos ihre Fahrt. Die Leute am Steuer gafften, entdeckten jedoch weder zerknautschtes Metall noch geborstenes Glas. Sie fuhren weiter.

Das große schwarze Auto war halb auf der Fahrradspur, halb auf dem Standstreifen zum Stehen gekommen. Die Tür ging auf und der Fahrer sprang heraus. »Ihr … ihr verdammten Bengel!«, schrie er.

Peter war im Gesicht ganz rot vor Wut. Er zog Helm und Schutzbrille ab und war kurz versucht, damit nach dem Mann zu werfen. »Wollen Sie jemanden umbringen?«, fragte er. »Sie dürften gar nicht auf dieser Spur fahren!«

Der Mann ballte die Fäuste und ging auf Peter los. »Es müsste ein Gesetz geben«, rief er. »Erwischt die Polizei euch Radler auf der Schnellstraße, sollte sie euch umgehend einbuchten!«

»Es gibt ein Gesetz!«, schrie Peter. »Wussten Sie das nicht? Sind Sie vom Mars? Autos haben auf dem Radweg nichts zu suchen!«

»Werd mal nicht frech!« Der Mann kam näher, ein Funkeln in den dunklen Augen, zornesrote Flecken im Gesicht. »Ihr Burschen meint, ihr habt das Recht für euch gepachtet – so wie diese alten Dämchen, die einfach auf die Straße laufen.«

»Überfahren Sie die auch mal so eben?«, konterte Peter. Er wich keinen Millimeter zurück.

Bob war mittlerweile aufgestanden. Kleiner und schmächtiger als Peter, ging er ein paar Schritte auf Abstand zu dem wütenden Autofahrer.

Justus wand sich unter seinem Rad hervor und kam auf die Beine. Er stellte sich vor seine Freunde. »Darf ich bitte Ihren Führerschein sehen?«, sagte er zu dem Mann.

Der machte ein verdutztes Gesicht. »Wa-was?«, fragte er.

»Ihren Führerschein?« Justus zog einen Notizblock aus seiner Tasche. Er kramte nach einem Stift. Bob grinste und hielt ihm einen Kugelschreiber hin.

»Danke.« Justus notierte sich etwas.

»Ihren Führerschein, wenn ich bitten darf.« Er streckte die Hand aus. »Nicht, dass wir ihn unbedingt bräuchten. Der Rechtsfall liegt auch so auf der Hand.«

Justus klang ganz und gar nicht wie ein untersetzter und bisweilen unbeholfener Junge. Er hörte sich älter an und wie jemand, der es gewohnt war, dass man ihm gehorchte – ein Anwalt vielleicht, oder ein Richter.

»Der Rechtsfall?«, wiederholte der Fahrer. »Was für ein Rechtsfall?«

Justus lächelte. »Sollte auch nur einer von uns verletzt sein …«

»Ach, hör doch auf! Ich habe euch nie auch nur angerührt!«

Justus ging nicht darauf ein. »Wir können Sie problemlos ausfindig machen«, sagte er. »Kommissar Reynolds aus Rocky Beach ist ein Freund von uns. Er kann Ihr Kennzeichen bei der Kraftfahrzeugbehörde in Sacramento überprüfen lassen.«

Der Mann riss Justus den Block aus der Hand. »Ich hasse Klugscheißerkinder!«, sagte er. Er stapfte zurück zu seinem Auto und schwang sich hinters Steuer. Die Tür knallte zu und der Motor sprang an. Der Wagen schoss derart abrupt los, dass ein vorbeifahrender Truck ihn beinahe streifte. Wieder ertönte Gehupe, der Mann in dem schwarzen Wagen brüllte den Lastwagenfahrer an und bretterte davon.

»Netter Typ«, sagte Bob. Er nahm seinen Helm ab und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.

»Ganz reizend«, stimmte Peter zu. »Ich nehme an, du hast dir das Kennzeichen gemerkt«, sagte er zu Justus. »Sollen wir ihn anzeigen?«

Justus grinste. »Sparen wir uns die Mühe. Mir schien das jedoch eine passable Idee zu sein, um ihn zu vertreiben. Er machte den Eindruck, als könnte er handgreiflich werden.«

»Auf jeden Fall.« Bob runzelte die Stirn. »Der Kerl ist gefährlich. Jemand sollte ihn drankriegen, aber vielleicht nicht unbedingt wir. Wir sind doch hergekommen, um einen draufzumachen dieses Wochenende, oder? Bisschen Spaß haben. So in der Art.«

»Stimmt«, sagte Peter. »Na gut. Vergessen wir das Ekel.«

Die Jungen stiegen auf ihre Räder und fuhren den Hügel bis ganz nach oben, wo sie haltmachten, um sich umzuschauen. Zu ihren Füßen lag, grün und golden in der Spätsommersonne, das Santa Carmela Valley. Vereinzelte Wassersprinkler verteilten Sprühregen auf den Feldern. Hier und da grasten Rinder. Landstraßen schlängelten sich durch das Tal und verbanden die abseits gelegenen Farmen mit der Stadt am Fuße des Berges.

Aus der Ferne wirkte der Ort wie eine Kulisse für einen Film über den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Holzbauten an der Hauptstraße hatten Blendfassaden, und adrette weiße Lattenzäune umgaben die Häuschen in den Seitenstraßen.

Peter deutete auf die alte Lokomotive, die durchs Tal tuckerte. Sie fuhr umgekehrt und schob auf diese Weise einen Schlepptender und einen Flachwagen in Richtung eines Tunnels in den weiter weg gelegenen Bergen.

»Das muss der Colonel sein«, sagte Peter. »Mr Norwoods Lok.«

»Der spukende Zug?«, fragte Bob.

»Nein, nein, nicht der Zug spukt. Zumindest dieser nicht. Es ist der Tunnel. Da sind die Gespenster.«

»Ah ja!«, sagte Bob. »Und eins dieser Gespenster, oder vielleicht auch zwei, sind zufällig Züge, die vor Jahren zusammengestoßen sind.«

Justus erzählte die Geschichte in genießerisch schaurigem Ton weiter. »Bei diesem Unglück sind viele Menschen ums Leben gekommen, und nun hören die Bewohner von Santa Carmela des Nachts ihre Schreie.«

Justus war angetan. Er liebte Spukgeschichten, und schreiende Geister zählten für ihn zu den spannendsten.

»Freu dich nicht zu früh!«, mahnte Peter. »Ist bestimmt auch wieder nur ein Märchen. Sehr wahrscheinlich könnten wir einen ganzen Monat hier verbringen und nicht das Geringste hören. Aber mein Vater meint, es wäre vielleicht nett für unseren Detektivclub, wenn wir uns das mal anschauen.«

»Unseren Detektivclub, ja?« Justus seufzte. »Man zollt uns keinerlei Respekt. Da sind wir also, Die drei ???, ein erfolgreiches Detektivbüro. Wir haben Rätsel gelöst, die Erwachsenen Kopfzerbrechen bereitet haben, und dennoch bezeichnet dein Vater uns als Club. Als wären wir ein paar Kinder, die hinten im Garten ein Baumhaus gebaut haben.«

»Nun meckere nicht so viel«, ermahnte Peter ihn. »Mein Vater mag durcheinanderbringen, was wir machen, aber er hat uns immerhin die Einladung zu den Pioneer Days verschafft. Mr Norwood ist bestimmt nett. Wer seinen eigenen Zug besitzt und Kinder damit fahren lässt, muss nett sein. Also los.«

Peter fuhr als Erster den Hügel hinunter. Eine Sekunde später trat Justus in die Pedale.

Bob zögerte einen Augenblick. Er dachte an verblichene Seelen, an ihre Schreie in einem Tunnel, in dem es spukte, und er spürte, wie sich die Haare auf seinem Arm aufstellten. Doch das konnte nicht wahr sein, sagte er sich. So etwas wie Geister gab es nicht. Er schüttelte sich wie nach einem bösen Traum und fuhr Justus und Peter hinterher.

ENTKOMMEN

Die Pioneer Days sollten bei Sonnenuntergang beginnen, doch Besucher wie auch Anwohner hatten entschieden, nicht bis dahin zu warten. Sie feierten die Gründung ihrer Stadt bereits, als Justus, Peter und Bob eintrafen. Auf den Gehwegen drängten sich Menschen in Westernkleidung. Der Polizist, der an der Kreuzung den Verkehr regelte, war wie ein Sheriff aus dem Wilden Westen angezogen. Ein Karussell drehte fröhlich seine Runden im Park gegenüber vom Eisenbahndepot, und Essensdunst wehte von den Ständen bei den Tennisplätzen herüber.

»Wird bestimmt lustig«, sagte Peter. »Auch wenn der Geist nicht aufkreuzt.«

Justus nickte. »Ein Geist wäre schön«, sagte er, »aber wir kommen auch ohne klar.«

Die Jungen schlossen sich der Horde Kinder an, die beim Depot auf die Rückkehr des Zuges wartete.

Peters Vater hatte kürzlich mit einer Filmcrew in Santa Carmela gedreht. Nach ein paar Tagen war er heimgekommen, mit Handzetteln zu den Pioneer Days und einer Einladung an die Jungen, zu der Veranstaltung zu kommen und bei Harrison Norwood zu übernachten.

Mr Norwood gehörten der Zug und auch das alte Depot und Mr Shaw hatte vorgeschlagen, die Jungen könnten ihm vielleicht sogar unter die Arme greifen.

»Und vielleicht erzählt euch Mr Norwood auch noch mehr über den Tunnel, in dem es spukt«, hatte Mr Shaw gesagt. »Viel hat er mir nicht verraten, aber einige Leute in Santa Carmela wollen die Geister gehört haben. Ihr knobelt doch so gern, was wirklich dahintersteckt, wenn Leute auf einmal Gespenster sehen oder hören. Vielleicht findet ihr ja heraus, was da in Santa Carmela los ist. Hören die Leute tatsächlich Zugpfeifen und die Schreie todgeweihter Passagiere? Oder ist es bloß der Wind?«

Mr Shaw hatte gelächelt. Er glaubte nicht an Geister. Peter eigentlich auch nicht. Dennoch behaupteten so einige Leute, die Zugpfeife und die Schreie gehört zu haben, also musste da irgendetwas vor sich gehen.

Die drei ??? konnten der Gelegenheit zum Ermitteln nicht widerstehen.

Der Zug, der an diesem Nachmittag in den Bahnhof einfuhr, war jedoch kein Geisterzug. Der Colonel war eine sehr robuste Lokomotive und bei ihrer Einfahrt in den Bahnhof lehnte sich ein Mann aus dem Führerhaus, um freie Sicht auf die Strecke zu haben. Er war rundlich und sah mit seinem vollen weißen Schnurrbart aus, als sei er dem Jahr 1890 entsprungen. Er trug einen altmodischen gestreiften Overall und eine weiche, gestreifte Mütze.

»Das muss Mr Norwood sein«, sagte Peter.

Der Mann im Führerhaus winkte fröhlich und Peter schmunzelte. »Mein Vater meinte, als sie den Film gedreht haben, hätte er bei jeder sich bietenden Gelegenheit gewinkt.«

»Jeder möchte gern Schauspieler sein«, sagte Justus. Bob nickte. Alle drei fühlten sich wie intime Kenner der Filmbranche. Justus wurde nicht gern daran erinnert, doch er hatte als Kinderstar eine Figur namens Baby Fatso verkörpert. Er war in der Fernsehserie »Die kleinen Strolche« aufgetreten. Bobs Vater war Reporter bei einer Tageszeitung in Los Angeles und ging häufig zu Filmvorführungen. Peters Vater war der eigentliche Insider: Er schuf Spezialeffekte für Filme. Santa Carmela als Drehort für den gerade abgefilmten Streifen hatte er vorgeschlagen. Da Norwoods Lokomotive im Film verwendet wurde, hatte man ihn zum Komparsen gemacht, der seinen Zug während einer Verfolgungsjagd aus dem Depot holte.

Nun glitt der Stahlkoloss an den Jungen vorbei und sie schauten hoch und fühlten sich winzig angesichts seiner Größe. Im Schlepptau der Lok rollte der Tender mit dem Brennmaterial, das verfeuert wurde, um Dampf zu erzeugen. Früher hatten Schlepptender Holz oder Kohle geladen, doch laut Mr Shaw verheizte Mr Norwoods Lokomotive Öl, daher war sein Tender ein kleiner Tankwagen.

Der Passagierwaggon dahinter war früher einmal ein Flachwagen gewesen – eine Plattform auf Rädern ohne Seitenwände oder Dach. Nun waren Sitzbänke aus Holz darauf festgeschraubt und an den Seiten Eisengitter angebracht, damit Mr Norwoods Passagiere nicht herunterfielen.

Ein älterer Mann in dunkelblauer Schaffneruniform fuhr auf dem Flachwagen mit und hatte ein Auge auf die jüngeren Passagiere, die es kaum auf den Bänken hielt. Beim Anhalten des Zuges öffnete der Schaffner das Gitter.

»Endstation!«, rief er. »Alle aussteigen!«

Die Kinder folgten, doch die meisten stellten sich sofort wieder in die Schlange, um erneut einzusteigen.

»Mr Norwood!« Peter winkte dem alten Herrn im Triebwagen zu. »Hallo, Mr Norwood! Kommen Sie herunter?«

Der Lokführer beugte sich noch weiter aus seinem Führerhaus. »Gibt’s dafür ’nen guten Grund?«, rief er zurück.

»Na ja, also, ich bin Peter Shaw, und mein Vater meinte, ich soll gleich bei Ihnen vorbeischauen, wenn wir in der Stadt sind. Ich dachte …«

»Ah, du bist Peter! Natürlich! Siehst ganz aus wie dein Vater!«

Norwood kletterte die Stahlleiter hinab, die seitlich an der Lok angebracht war. Er schüttelte Peter die Hand und blickte ihn mit glasklaren, blauen Augen direkt an.

Peter stellte Justus Jonas und Bob Andrews vor und ein paar jüngere Kinder traten aus der Schlange, scharten sich um Norwood und lauschten dem Gespräch.

Ein kleines Mädchen umklammerte Norwoods Hand und sah die Jungen finster an, als verübelte es ihnen seine Aufmerksamkeit.

Norwood würdigte das Kind keines Blickes, doch er zog seine Hand auch nicht weg.

»Ich bin froh, dass ihr kommen konntet, Jungs«, sagte er. »Wollt ihr eure Räder im Depot abstellen? Nach der langen Fahrt wollt ihr euch bestimmt erst mal frisch machen. In ein paar Minuten geht die nächste Fahrt los. Wenn ihr nicht allzu müde seid, könnt ihr gern mitkommen.«

Norwood schickte das Mädchen zurück in die Schlange und überquerte die Gleise in Richtung Bahnwärterhaus. Die Jungen entdeckten ein Schild an der Depotwand.

»Kinder fahren heute kostenlos«, verkündete der Anschlag. »Morgen und am Sonntag eingenommene Fahrgelder kommen unserem Gemeindekrankenhaus zugute.«

Norwood schloss das Bahnhofshäuschen auf. »Fühlt euch wie daheim«, sagte er zu den Jungen. »Bringt eure Räder rein. Die Küche ist dahinten, falls ihr Wasser braucht, und ins Bad geht’s unter der Treppe. Kommt erst einmal an. Ich fahre nicht ohne euch los.«

Damit verließ er das Haus und die Jungen konnten sich umschauen.

»Das muss früher mal der Warteraum gewesen sein«, sagte Bob. Er lehnte sein Fahrrad an die Wand.

»Eindeutig.« Justus’ Blick wanderte von den Holzbänken über den alten gusseisernen Ofen bis zu den Fahrplänen, die am Kartenschalter aushingen.

Auf einem großen Tisch neben der Küche war eine Modelleisenbahn aufgebaut. Die Jungen wollten Norwood nicht warten lassen, daher trödelten sie nicht herum. Schon ein kurzer Blick verriet ihnen jedoch, dass die Modellbahn eine Landschaft durchquerte, die dem Santa Carmela Valley nachempfunden war.

Die drei gingen erst ins Bad unterhalb der Treppe und dann wieder hinaus.

Mr Norwood war nicht an Bord seines Zuges. Stattdessen sah er sich auf dem Bahnsteig, rotgesichtig und mitgenommen wirkend, einer spindeldürren Frau gegenüber, die etwa um die fünfzig sein mochte. Sie wirkte aufgebracht. Zwar wurde sie nicht laut, doch ihr Tonfall war schneidend wie eine Messerklinge.

»Das ist ja unerhört!«, sagte sie. »Nach all der Arbeit, die wir hatten!«

Ihr Finger zeigte auf das Schild, das den Kindern die kostenlose Fahrt versprach, und die Jungen entdeckten schwere Silberarmbänder und einen massiven Silberring an ihren mageren Händen.

»Die Kinder fahren jeden Tag umsonst, Mrs Granthem«, entgegnete Norwood. »Geld nehme ich nur während der Pioneer Days. Das wollte ich bloß klarstellen.«

»Sie untergraben absichtlich meine Bemühungen«, warf sie ihm vor. »Das Komitee hat sehr hart dafür gearbeitet, dass das Ganze ein Erfolg wird. Wir wollen es ihnen nicht verderben.«

»Mrs Granthem, nicht im Traum würde ich Ihre Bemühungen untergraben«, sagte Norwood locker. »Glauben Sie mir, so dumm bin ich nicht. Und die Pioneer Days werden ein voller Erfolg. Ich weiß nicht, weshalb Sie sich Sorgen machen.«

Die Kinder, die auf dem Bahnsteig herumstanden, rückten näher heran, Mrs Granthem beachtete sie jedoch nicht.

»Wenn die Kinder heute kostenlos fahren, dann werden sie es morgen bleiben lassen«, sagte sie. »Morgen wird ihnen der Zug bereits langweilig sein. Außerdem können wir zusätzliches Geld einnehmen, wenn wir heute schon kassieren. Ich gehe fest davon aus, dass die Betreiber des Karussells niemanden kostenfrei mitfahren lassen. Die Ehrenamtlichen am Grillstand verschenken auch kein Essen.«

»Mrs Granthem, den Kindern wird mein Zug nicht langweilig. Nie im Leben. Und wenn ich sie heute kostenlos mitfahren lassen will, dann geht das nur mich etwas an«, sagte Norwood. Er sprach mit leiser Stimme, aber ohne zu lächeln.

»Wenn Sie das während der Pioneer Days machen, dann geht es mich etwas an«, schnappte sie zurück. »Dieser Zug könnte eine Goldgrube sein.«

»Hey, Sie, was ist eigentlich Ihr Problem?« Eine junge Frau mit einem Plastikkorb samt sauberer und zusammengelegter Wäsche darin hatte sich ihren Weg durch die Menge gebahnt. Sie trug Jeans und ein Shirt aus Jeansstoff und ihr schulterlanges braunes Haar war etwas wirr, als hätte sie keine Zeit zum Kämmen gehabt. Sie sah gut aus, machte jedoch ein mürrisches Gesicht.

»Mr Norwood stiftet seinen Zug für die Sache«, sagte sie. »Er bezahlt für den Treibstoff und die Versicherung und das alles. Ich wüsste nicht, dass ihm irgendjemand etwas für seine Zeit gibt, also was soll das Gemecker?«

Zornig blickte Mrs Granthem sie an. »Und wer sind Sie?«

»Ich heiße Marie St. Claire und ich bin eine Freundin von Mr Norwood. Das ist vermutlich mehr, als Sie von sich behaupten können.«

»Geben Sie’s ihr!«, rief eines der Kinder.