Die Erdgöttinnen - Harry Eilenstein - E-Book

Die Erdgöttinnen E-Book

Harry Eilenstein

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Beschreibung

Die Reihe Die achtzigbändige Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Daneben werden auch jeweils Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeit der Menschen in ihr zu beschreiben. Das Buch Die Germanen hatten viele Erdgöttinnen: Jörd, Skadi, Rindr, Gefion, Hlodyn, Fiörgyn, Haudr, Herche, Gyma, Folde, Erce und Mona. Letztlich sind dies jedoch nur verschiedene Namen für dieselbe Göttin der Erde. Sie ist die Urmutter, die Allernährerin, die Jenseitsgöttin sowie die Wiederzeugungs-Geliebte und die Wiedergeburts-Mutter der Sonne.

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Bücher von Harry Eilenstein:

Astrologie (496 S.)

Photo-Astrologie (428 S.)

Horoskop und Seele (120 S.)

Tarot (104 S.)

Handbuch für Zauberlehrlinge (408 S.)

Physik und Magie (184 S.)

Der Lebenskraftkörper (230 S.)

Die Chakren (100 S.)

Meditation (140 S.)

Reinkarnation (156 S.)

Drachenfeuer (124 S.)

Krafttiere – Tiergöttinnen – Tiertänze (112 S.)

Schwitzhütten (524 S.)

Totempfähle (440 S.)

Muttergöttin und Schamanen (168 S.)

Göbekli Tepe (472 S.)

Hathor und Re 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)

Hathor und Re 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)

Isis (508 S.)

Die Entwicklung der indogermanischen Religionen (700 S.)

Wurzeln und Zweige der indogermanischen Religion (224 S.)

Der Kessel von Gundestrup (220 S.)

Der Chiemsee-Kessel (76)

Cernunnos (690 S.)

Christus (60 S.)

Odin (300 S.)

Die Götter der Germanen (Band 1 – 80)

Dakini (80 S.)

Kursus der praktischen Kabbala (150 S.)

Eltern der Erde (450 S.)

Blüten des Lebensbaumes 1: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)

Blüten des Lebensbaumes 2: Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)

Blüten des Lebensbaumes 3: Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)

Über die Freude (100 S.)

Das Geheimnis des inneren Friedens (252 S.)

Von innerer Fülle zu äußerem Gedeihen (52 S.)

Das Beziehungsmandala (52 S.)

Die Symbolik der Krankheiten (76 S.)

König Athelstan (104 S.)

Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“

Die Entwicklung der germanischen Religion

Lexikon der germanischen Religion

Der ursprüngliche Göttervater Tyr

Tyr in der Unterwelt: der Schmied Wieland

Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1

Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2

Tyr in der Unterwelt: der Zwergenkönig

Der Himmelswächter Heimdall

Der Sommergott Baldur

Der Meeresgott: Ägir, Hler und Njörd

Der Eibengott Ullr

Die Zwillingsgötter Alcis

Der neue Göttervater Odin Teil 1

Der neue Göttervater Odin Teil 2

Der Fruchtbarkeitsgott Freyr

Der Chaos-Gott Loki

Der Donnergott Thor

Der Priestergott Hönir

Die Göttersöhne

Die unbekannteren Götter

Die Göttermutter Frigg

Die Liebesgöttin: Freya und Menglöd

Die Erdgöttinnen

Die Korngöttin Sif

Die Apfel-Göttin Idun

Die Hügelgrab-Jenseitsgöttin Hel

Die Meeres-Jenseitsgöttin Ran

Die unbekannteren Jenseitsgöttinnen

Die unbekannteren Göttinnen

Die Nornen

Die Walküren

Die Zwerge

Der Urriese Ymir

Die Riesen

Die Riesinnen

Mythologische Wesen

Mythologische Priester und Priesterinnen

Sigurd/Siegfried

Helden und Göttersöhne

Die Symbolik der Vögel und Insekten

Die Symbolik der Schlangen, Drachen und Ungeheuer

Die Symbolik der Herdentiere

Die Symbolik der Raubtiere

Die Symbolik der Wassertiere und sonstigen Tiere

Die Symbolik der Pflanzen

Die Symbolik der Farben

Die Symbolik der Zahlen

Die Symbolik von Sonne, Mond und Sternen

Das Jenseits

Seelenvogel, Utiseta und Einweihung

Wiederzeugung und Wiedergeburt

Elemente der Kosmologie

Der Weltenbaum

Die Symbolik der Himmelsrichtungen und der Jahreszeiten

Mythologische Motive

Der Tempel

Die Einrichtung des Tempels

Priesterin – Seherin – Zauberin – Hexe

Priester – Seher – Zauberer

Rituelle Kleidung und Schmuck

Skalden und Skaldinnen

Kriegerinnen und Ekstase-Krieger

Die Symbolik der Körperteile

Magie und Ritual

Gestaltwandlungen

Magische Waffen

Magische Werkzeuge und Gegenstände

Zaubersprüche

Göttermet

Zaubertränke

Träume, Omen und Orakel

Runen

Sozial-religiöse Rituale

Weisheiten und Sprichworte

Kenningar

Rätsel

Die vollständige Edda des Snorri Sturluson

Frühe Skaldenlieder

Mythologische Sagas

Hymnen an die germanischen Götter

Inhaltsverzeichnis

Die Erdgöttin in der germanischen Überlieferung

Jörd

Der Name „Jörd“

Lokasenna

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Haustlöng

Haustlöng

Skaldskaparmal

Gylfis Vision

Gylfis Vision

Noregs Konungatal

Gylfis Vision

Huldar-Saga

Odins Rabenzauber

Das andere Gudrun-Lied

Hyndla-Lied

Die Vision der Seherin

Vellekla

Skaldskaparmal

Skaldskaparmal

Kenningar

Zusammenfassung

Skadi

Der Name Skadi

Die Bedeutung des Namens „Skadi“

origo gentis langobardorum

Skadi Thiazi-Tochter

Hyndla-Lied

Grimnir-Lied

Gylfis Vision

Hymir-Lied

Skaldskaparmal

Skadi und Loki

Skaldskaparmal

Ragnarsdrapa

Lied des Skalden Thordr Sjareksson

Lokasenna

Gylfis Vision

Skadi, die Frau des Njörd

Heimskringla

Gylfis Vision

Gesta danorum

Huldar-Saga

Skadi und Ullr

Gylfis Vision

Haustlöng

Haustlöng

Skadi, die Frau des Odin

Heimskringla

Haleygjatal

Skadi, die Mutter der norwegischen Könige

Heimskringla

Huldar-Saga

Skadi-Marnar

Haustlöng

Haustlöng

Thorsdrapa

Mit „Marnar“ gebildete Ortsnamen

Skadi, die Jenseitsgöttin

Heimskringla: Saga über König Harald Hart-Rat

„Skadi“ als Heiti für „Geliebte“

Cormac-Saga

Skadis Umdeutung zu einem Mann

Völsungen-Saga

Kenningar

Zusammenfassung

Rindr

Der Name „Rindr“

Thulur

Gylfis Vision

Sigurdardrapa

Odins Rabenzauber

Groas Zaubergesang

Wegtam-Lied

Gesta danorum

Kenningar

Zusammenfassung

Gefion

Der Name „Gefion“

Die Bedeutung des Namens „Gefion“

Gefion und die Matronen

Beowulf-Epos

Die Asin Gefion

Skaldskaparmal

Gylfis Vision

Skaldskaparmal

Gefion und Freya

Thulur

Die Vision der Seherin

Heitis

Skaldskaparmal

Gefion und Freya

Odins Rabenzauber

Stanzas über Magnus Olafson in Danaveldi

Heidarviga-Saga

Kenningar

Gefion und griechische Göttinnen

Die Erdgöttin Gefion

Gylfis Vision

Ragnarsdrapa

Landnamabok

Gefion und Pflug-Rituale

Heimskringla

Skaldskaparmal

Die ältere Version der Huldar-Saga

Die jüngere Version der Huldar-Saga

Gefion die Jenseitsgöttin

Lokasenna

Völsa-Thattr

Kenningar

Haustlöng

Zusammenfassung

Hlodyn

Der Name „Hlodyn/Hlödyn“

Skaldskaparmal

Die Vision der Seherin

Kenningar

Nafna-Thulur

Zusammenfassung

Herche

Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

Erd-Heilungszauber aus dem Buch „Lacnunga“

Zusammenfassung

Fiörgyn

Der Name „Fiörgyn“

Thulur

Die Vision der Seherin

Harbard-Lied

Skaldskaparmal

Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

Zusammenfassung

Gyma

Thulur

Der Riese Vid-Gymir

Zusammenfassung

Folde

Der Name „Folde“

Angelsächsischer Flursegen

Zusammenfassung

Haudr

Die Bedeutung des Wortes „Haudr“

Skaldskaparmal

Thulur

Zusammenfassung

Mona

Der Name „Mona“

Skaldskaparmal

Zusammenfassung

Die anonyme Erdgöttin

Das Alwis-Lied

Kräuterbuch aus dem 12. Jahrhundert

altenglischer Bienensegen

Sigdrifa-Lied

Blutsbrüderschaft

Jörmungrund

Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

Zusammenfassung

Zusammenfassung: die germanische Erdgöttin

Die Erdgöttin in der indogermanischen Überlieferung

West-Indogermanen

Kelten

Römer

Etrusker

Kelto-Romanen

Germanen

Germano-Romanen

Slawen

Balten

Balto-Slawen

West-Indogermanen

Süd-Indogermanen

Hethiter

Lyder

Süd-Indogermanen

Ost-Indogermanen

Perser

Inder

Indo-Perser

Armenier

Armeno-Inder

Skythen

Skytho-Inder

Griechen

Ost-Indogermanen

Indogermanen

Die Erde in der jungsteinzeitlichen Überlieferung

Mesopotamien

Sumer

Syrien

Arabien

Nordostafrika

Ägypten

Europa

Indogermanen

Basken

frühe Jungsteinzeit

Göbekli Tepe

Zusammenfassung

Die Erde in der spät-altsteinzeitlichen Überlieferung

nostratische Völker

Asien

Sibirien

Mongolei

China

Japan

Südostasien

Australien

Indianer

Athabasken

Dakota

Pawnee

Navahos

Azteken

Paraguay

Quetchua (Inkas)

Mapudungun und Mapuche

Pazifik

Polynesien und Neuseeland

Hawaii

späte Altsteinzeit

Zusammenfassung

Die Erde in der mittel-altsteinzeitlichen Überlieferung

Afrika

Nigeria

Ghana

Zusammenfassung

Die Erde in der früh-altsteinzeitlichen Überlieferung

Die Biographie der Erdgöttin

Traumreise zu der Erdgöttin

Die heutige Bedeutung der Erdgöttin

Hymnen an die Erdgöttin

An die Erdgöttin

Das Lied des Heilers

Erdzauber

Themenverzeichnis

I Die Erdgöttin in der germanischen Überlieferung

1. Jörd

Die Riesin Jörd ist die personifizierte Erde.

1. a) Der Name „Jörd“

Der Name „Jörd“ bedeutet „Erde“.

Aus diesem Namen bzw. Wort haben sich in mehreren Sprachen die Bezeichnungen für die Erde entwickelt:

Bezeichnungen für die Erde, die mit „Jörd“ verwandt sind

Bezeichnung für die „Erde“

Island

Jörd

Faröer

Jörd

Dänemark

Jord

Schweden

Jord

Norwegen

Jord

England

Altenglisch

Eorde

Neuenglisch

earth

Deutschland

Erde

1. b) Lokasenna

In diesem Lied wird der Donnergott Thor mit „Jardar burr“, d.h. „Sohn der Erde“ umschrieben. Jörd ist folglich die Mutter des Thor.

Loki:

„Der Erde Sohn ist eingetreten:

Nun kannst Du knirschen, Thor;

Doch wenig wagst Du, wenn Du den Wolf bestehen sollst,

Der den Siegvater verschlingt.“

1. c) Skaldskaparmal

In den Kenningar-Listen in dem Skaldenkunst-Lehrbuch des Snorri Sturluson wird bestätigt, daß Thor der Sohn der Jörd ist:

„Wie soll man die Erde umschreiben?“ – „Folgendermaßen: Indem man sie

Fleisch des Ymir nennt

(sie wurde aus dem Fleisch des Urriesen erschaffen)

und Mutter des Thor,

(Thor ist Jörds Sohn)

Tochter des Onarr,

(Onarr („Anderer“) ist Jörds Vater)

Odins Braut,

(Thor ist der Sohn von Odin und Jörd)

Nebenfrau der Frigg

(Frigg ist ebenfalls Odins Frau)

und der Rindr

(Rindr ist wie Jörd die Geliebte des Odin)

und der Gunnlöd,

(Gunnlöd ist wie Jörd die Geliebte des Odin)

Schwiegermutter der Sif,

(Sif ist die Frau von Thor, dem Sohn der Jörd)

Flur

(Fußboden (=Erde) unter der Luft („Sturm-Halle“))

und Boden der Sturm-Halle,

(Erde unter dem Luftraum („Sturm-Halle“))

Meer der Tiere,

(Jörd ist für die Tiere wie das Meer für die Fische)

Tochter der Nott,

(Nott („Nacht“) ist Jörds Mutter)

Schwester von Audr

(Audr ist die „Fülle“)

und Dag.“

(Dag ist der „Tag“)

Aus diesen Kenningarn ergibt sich die folgende Familie der Jörd:

Auf die Aufzählung dieser Erde-Kenningar folgen noch einige Beispiele für die Anwendung dieser Umschreibungen, die in den Versen jeweils fett gedruckt sind.

So sang Eyvindr Skaldenverderber:

„Nun liegt das leuchtende Gold verborgen

in dem Leib der Mutter

des Feindes der Riesen; das war der Rat

einer starken und Mächtigen Sippe.

Der „Feind der Riesen“ ist Thor. Die „Mutter des Thor“ ist Jörd. Der „Leib der Jörd“ ist der Erdboden. Das Gold ist der Grabschatz in einem Hügelgrab.

So wie Hallfredr Ärger-Skalde sang:

„Im Rat wurde beschlossen,

daß der Freund des Königs, weise im Rat,

das Land heiraten sollte, die einzige Tochter

des Onarr, die grün Bewaldete.“

Die „einzige Tochter des Onarr“ ist Jörd. Der „Freund des Königs“ ist ein angehender Fürst, der durch seine symbolisch-rituelle Ehe mit der Landesgöttin Jörd inthronisiert wird.

Und er sang weiterhin:

„Der tapfere Herr des Raben-Platzes

erhielt die breitgesichtige Braut des Odin,

das Land, das mit königlichem Rat

und Waffen zu ihm gelockt wurde.“

Der „Raben-Platz“ ist das Schlachtfeld. Der „Herr des Schlachtfeldes“ ist der siegreiche König. In seinen Besitz wurde das Land durch Rat und Waffengewalt „gelockt“.

Die „Braut des Odin“ ist Jörd. Die Erdoberfläche wird hier als ihr „breites Gesicht“ angesehen.

Auch Thjodolfr sang:

„Der Fürst, der Krieger-Frohe

in dem geruderten Bootsrumpf,

befestigte die Schiffe der Männer an dem Ende des Strandes,

am Kopf der Kiel-gepflügten See.“

Das „Ende des Strandes“ ist die Erde und somit Jörd. Der Strand wird auch als der „Kopf“ des Meeres, d.h. des Ägir oder der Ran angesehen.

So sang Hallfredr:

„Voller Abscheu, das Land entgleiten zu lassen

halte ich den herrlichen Speer-Fürsten:

Audrs Schwesterist dem glorreichen

Schatz-Spender unterworfen worden.“

„Audrs Schwester“ ist Jörd, d.h. das Land, das der Kriegsherr erobert hat, der sowohl kriegerisch („Speer-Fürst“) als auch freigiebig („Schatz-Spender“) ist.

So sang Thjodolfr:

„Fern stand diesmal der Speer-langsame Faulpelz

als der Schlacht-Flammen-Anfeuerer

die Nebenfrau der Rindr ergriff,

die keine Mitgift erhielt.“

Der zweite Teil dieser Strophe, die nicht im Skaldskaparmal enthalten ist, lautet:

„Es war dem Fürsten der Afrikaner

und seinen Leute nicht möglich,

das mit einer Hagel-Kette geschmückte

Mädchen des Onarrgegen ihn zu halten.“

Der „Schlacht-Flamme“ ist das Schwert. Der „Schwert-Anfeuerer“ ist manchmal der Schlachtengott Odin – hier ist jedoch der Anführer der Wikinger gemeint. Die „Nebenfrau der Rindr“ kann Jörd, Gunnlöd oder auch Frigg sein.

Der „Pfeil-langsamen Faulpelz“, d.h. der Mann, der offenbar nicht schnell mit seinen Waffen. d.h. nicht kriegerisch ist, ist ein afrikanischer Sarazenen-Anführer, gegen den die Wikinger kämpfen – dies ergibt sich erst durch den Rest des Gedichtes, das über eine Schlacht in der Nähe von Sizilien berichtet.

Das „Mädchen des Onarr“ ist Jörd. Der „Hagel“ sind die Speere und Pfeile der Wikinger, die diese auf die Afrikanischen Sarazenen geworfen bzw. geschossen haben. Dieser „Hagel“ bildet nun den „Halsschmuck“ des eroberten Landes.

1. d) Skaldskaparmal

Die Thor-Kenning „Sohn der Jörd“ ist sehr weit verbreitet gewesen:

„Welche Bilder sollte man benutzen, um den Namen des Thor zu umschreiben?“

„Diese: Man sollte ihn Sohn des Odin und der Jörd nennen, Vater des Magni und des Modi und der Thrudr, Mann der Sif … … … .

… … …

So sang Ölvir abgeschnitte-Nase-und-abgebissene-Ohren:

Der Umkreiser aller Länder

und Jörds Sohn suchten einander.“

Der „Umkreiser aller Länder“ ist die Riesenschlange Jörmungandr, die im Weltmeer liegt und ganz Midgard umgibt. „Jörds Sohn“ ist Thor. Die beschriebene Szene ist der Kampf zwischen Thor und Jörmungandr, der u.a. im Hymir-Lied, im Thor-Lied, in der Thorsdrapa und in der Ragnarsdrapa besungen wird.

1. e) Haustlöng

In diesem Lied finden sich noch ein weiteres Beispiel für die Thor-Kenning „Jörds Sohn“:

Auf dem Kreis kann man auch sehen,

O Mann des Höhlen-Feuers,

wie der Schrecken der Riesen

dem Hügel der Stein-Stadt einen Besuch abstattete.

Der wütende Sohn der Jörd

fuhr zu dem Spiel des Eisens

und der Weg des Mondes donnerte unter ihm.

Wut schwoll an Meilis Bruder.

Der „Kreis“ ist der Schild, den der Skalde Thjodolfr von Thorleif erhalten hat.

Das „Höhlen-Feuer“ ist das Gold. Der „Mann des Goldes“ ist der Fürst Thorleif, der dem Thjodolfr den Schild geschenkt hat, den dieser nun besingt.

Die sonst übliche Kenning für „Gold“ ist „Meeres-Feuer“ o.ä. Da die Skalden an die Stelle des Wortes „Wasser“ auch das Wort „Höhle“ setzen konnten, müssen die „tiefen Wasser“ und die „Höhle“ dieselbe mythologische Bedeutung gehabt haben: Sie waren beide Bilder für die Unterwelt. Die Göttin der Wasser-Unterwelt ist die Riesin-Göttin Ran und die Göttin der Höhlen-Unterwelt (Grabkammer im Hügelgrab) ist die Riesin-Göttin Hel.

Das Leuchten des Goldes stammt von dem (goldenen) Sonnenschwert des Tyr-Surtur, das nach dem Machtübergang zu Odin von diesem zur Beleuchtung seines Saales Walhalla benutzt wurde.

Der „Schrecken der Riesen“ ist Thor.

Die „Stein-Stadt“ („Griotun“) ist der Wohnort der Riesen oder das Hügelgrab – was letztlich dasselbe ist: ein Ort im Jenseits. Der „Hügel der Stein-Stadt“ ist entweder der Berg, auf dem die Riesen wohnen, oder das Hügelgrab, in dem sie als Totengeister leben – was wiederum letztlich dasselbe ist. Diese Kenning bezeichnet in diesem Lied den Wohnort des Riesen Hrungnir. Möglicherweise ist mit „Hügel“ auch nicht der Wohnort des Hrungnir, sondern der Riese selber gemeint – das wäre dann eine recht abfällige Kenning …

Der „Sohn der Jörd“ ist Thor.

Mit „Eisen“ ist eine Waffe gemeint. Das „Spiel des Eisens“ ist der Kampf und die Schlacht.

Der „Weg des Mondes“ ist der Himmel, über den Thor als Donnergott in seinem Ziegenbock-Streitwagen fuhr.

„Meili“ („der Liebliche/Liebenswerte“) ist wahrscheinlich ein Beiname für Baldur. „Meilis Bruder“ ist Thor.

Kenning-freie Übersetzung der Strophe: „Auf dem Schild kann man auch sehen, O Fürst, wie Thor dem Hrungnir einen Besuch abstattete. Thor fuhr donnernd über den Himmel zu dem Kampf und die Wut schwoll in ihm an.“

1. f) Haustlöng

In dieser Strophe wird die Thor-Kenning „Sohn der Jörd“ noch ein weiteres mal benutzt:

Der harte Splitter des Wetzsteines

des Besuchers der Frauen

von Vingnirs Leuten zischte zu dem Sohn der Erde

und in seinen Gehirn-Grat,

sodaß der Stahl-Reibstein

noch immer im Schädel

des Jungen des Odin steckt

und dort befleckt mit dem Blut des Eindridi herausragt.

Ein „Splitter des Wetzsteines“, den Hrungnir als Waffe verwendete, flog Thor in den Kopf und blieb dort stecken.

„Vingnir“ bedeutet „Werfer“ und ist ein Beiname des Thor, der sich auf sein Werfen des Hammers, der wie ein Bumerang immer wieder zu Thor zurückkehrte, bezieht. „Vingnirs Leute“ sind daher die Asen. Der „Besucher der Asen-Frauen“ ist Hrungnir, der nach einem Wettritt mit Odin nach Asgard gekommen war und dort in betrunkenem Zustand damit geprahlt hatte, daß er alle Asen töten und Freya und Sif rauben würde, woraufhin ihn Thor zum Zweikampf herausforderte.

Der „Sohn der Erde“ ist Thor, da seine Mutter die Erdgöttin Jörd ist.

Thors „Gehirn-Grat“ ist sein Schädel. Mit dem hier als „Grat“ übersetzen germanischen Wort sind solche Dinge wie ein Bergrücken, ein Firstbalken und andere „obenliegenden Teile eines Ganzen“ gemeint.

Der „Stahl-Reibstein“ ist der Wetzstein.

„Odins Junge“ ist Thor.

„Eindridi“ („alleine Wandernder“) ist ein Beiname des Thor.

Kenning-freie Übersetzung der Strophe: „Ein harter Splitter des Wetzsteines des Hrungnir flog zu Thor und blieb in seinem Schädel stecken und ragte dort blutverschmiert heraus.“

1. g) Skaldskaparmal

„Wie soll man Frigg umschreiben?“

„Nenne sie Tochter der Fiörgyn, Frau des Odin, Mutter des Baldur, Nebenfrau der Jörd und der Rindr und der Gunnlöd und der Gridr, Schwiegermutter der Nanna, Herrin der Asen und der Asinnen, Herrin der Fulla und des Falken-Hemdes und des Fensalir.“

Nanna ist die Frau des Baldur, Fulla ist Friggs Dienerin und Fensalir ist Friggs Halle.

Die Riesinnen Jörd, Rindr, Gunnlöd und Gridr stehen somit einander gleichberechtigt als Nebenfrauen neben Frigg.

1. h) Gylfis Vision

In Gylfis Vision wird Jörd nicht nur als Odins Frau, sondern auch als seine Tochter bezeichnet. Vermutlich zeigt sich hier das Bemühen, die Muttergöttin dem Göttervater zunächst in einem ersten Schritt als Geliebte gleichzustellen und sie ihm dann in einem zweiten Schritt unterzuordnen.

Jörd war Odins Tochter und seine Frau und von ihr gewann er einen erstgeborenen Sohn: das ist Asathor; ihm folgen Kraft und Stärke, daß er siegt über alles Lebendige.

1. i) Gylfis Vision

Obwohl Jörd den Riesinnen Gunnlöd, Rindr und Gridr gleichgestellt war, wurde sie als eine Asin angesehen. Dies bedeutet vor allem, daß sie mehr mit dem Diesseits als mit dem Jenseits assoziiert wurde – was bei einer Asin, die die Erde verkörpert, nicht verwundert.

Auch Jörd, die Mutter Thors, und Rindr, Walis Mutter, zählen zu den Asinnen.

1. j) Noregs Konungatal

Dieses Stammbaum-Lied wurde um 1047 von Jon Lopt-Sohn verfaßt.

Der tapfere Herr herrschte

für drei und siebzig Jahre

über die Bettgenossin

des Thundr,

bevor die einzige Tochter

des Anführers kam,

um ihm

das Leben zu rauben.

Der hart-herrschende

Jarl Hakon

erhielt Hars Frau

nach Haralds Tod.

Dieser Herr

herrschte

über Thundrs Bettgenossin

für dreizehn und zwanzig Jahre.

Jarl Eirikr,

dem Ruhm verliehen wurde,

herrschte zwölf Jahre

über Yggs Maid,

bevor der Herr,

der seine Freunde bereicherte,

von dem Land fort

nach Westen über das Meer zog.

Doch Olaf

der Sanftmütige

hatte einen kühnen

und freigiebigen Sohn.

Magnus herrschte

über Yggs Maid

für zehn Jahre

nach der Zählung der Leute.

1. k) Gylfis Vision

Es ist zumindestens fraglich, ob der folgende Text ein hohes Alter hat. Er scheint eher ein neuerer Versuch zu sein, die verschiedenen „Natur-Riesen“ in einer Familie anzuordnen – wobei sicherlich viele alte Motive aufgegriffen worden sind.

Norwi oder Narfi hieß ein Riese, der in Jötunheim wohnte; er hatte eine Tochter, die hieß Nacht und war schwarz und dunkel wie ihr Geschlecht.

Sie ward einem Manne vermählt, der Naglfari hieß: der beiden Sohn war Aud.

Danach ward sie einem namens Onar (Annar) vermählt; beider Tochter hieß Jörd.

Ihr letzter Gemahl war Delling, der vom Asengeschlecht war. Ihr Sohn Tag war schön und licht nach seiner väterlichen Herkunft.

Diese Darstellung der Sippe, zu der Jörd gehört, wird übersichtlicher, wenn man sie als Tabelle anordnet:

In dem ältesten erhaltenen Manuskript ist Jörd („Erde“) die Frau des Delling („Tagesanbruch“) und die Mutter des Dag („Tag“). In Island wurde die Sippe jedoch vereinheitlicht, sodaß Nott („Nacht“) dort als Frau aller drei Männer und als Mutter aller drei Söhne erscheint.

Drei aufeinander folgenden Ehen sind aufgrund der Symbolik der „3“ bei den Germanen die Darstellung eines Zyklus – in der Regel des Sonnenzyklus. Hier scheint sich also die Nacht mit der Sonne zu vereinen, woraufhin sie die Sonne dann wiedergebiert. Delling und Dag sind noch anhand ihrer Namen als der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr erkennbar.

Die Einbeziehung der Jörd in diese „drei Ehen“ ist ein Hinweis darauf, daß einst auch Jörd am Morgen die Sonne (Tyr) geboren hat. Vermutlich ist dieses Motiv um 500 n.Chr., als Thor und Odin den ehemaligen nordgermanischen Göttervater Tyr abgesetzt haben, auf Thor übertragen worden, sodaß der Donnergott zu einem „Sohn der Erde“ geworden ist.

Aus den verschiedenen Angaben in der Edda ergibt sich der in der folgenden Übersicht dargestellte Stammbaum der Jörd.

Es ist jedoch wahrscheinlich, ob dieser Stammbaum niemals die Grundlage einer Mythologie gewesen ist, sondern sich vielmehr aus dem Versuch ergeben hat, die verschiedenen Verwandtschaftsverhältnisse unter den Göttern und den Riesen im Sinne einer Sippe anzuordnen.

Da die drei Ehen der Nott einen Zyklus darstellen, kann man diesen Stammbaum vereinfachen:

Nagelfari, Onarr und Delling sind derselbe Mann.

Jörd und Aud sind ebenfalls identisch miteinander. Sie sind die wiedergeborene Nott.

Dagr ist der wiedergeborene Naglfari/Onarr/Delling. Da Odin die Stelle des Tyr-Dag-Delling eingenommen hat, ist auch er mit Dag identisch.

Durch die zyklische Wiedergeburt sowohl des Sonnengottes als auch der Sonnenmutter werden diese beiden zu Geschwistern, deren Vereinigung daher ungewollt zu einem Inzest wird (siehe „Inzest“ in Band 51).

1. l) Huldar-Saga

In dieser Sage erscheint Jörd nicht mehr als Göttin, sondern als zauberkundige Seherin. Auch die Erdgöttin Hlodyn wurde in dieser Sage zu einer Zauberin-Seherin mit dem Namen „Huldar“.

In dieser Landschaft wohnte die zauberkundige Jörd mit ihren Töchtern Eik und Embla auf einem Hof, der nach ihr Jardardalr („Jörd-Tal“) hieß. Die Dänen nannten ihn aber später Herthudal und erwiesen der Jörd göttliche Ehren.

Hier ist die Göttin Jörd entsprechend der damaligen (christlichen) Ansicht als vergöttlichte Seherin interpretiert worden.

… … …

Gyllingr, der erste Besitzer dieser Landschaft, hatte einen Sohn Namens Grani, der zu Gyllingstadir nahe bei Sigtunir wohnte. Bei ihm hielten sich die Halbriesen Rudi, Vignir und Vandlir auf, Söhne des Hrisungr und Verwandte der Jörd.

… … …

Von hier aus schickte Odin die Gefjun nach Schweden, welche nun von Gylfi für ihn Seeland bekam. Da Odin hörte, dass hier die kürzlich verstorbene Jörd verehrt werde, gab er sie für seine erste Frau und den Thor für ihrer beider Sohn aus und sicherte dadurch auch sich selber ein größeres Ansehen.

1. m) Odins Rabenzauber

In diesem Lied wird eine Göttin oder Riesin in der Unterwelt mit dem Namen „Jorunn“ genannt, die vermutlich mit „Jörd“ identisch ist.

„Jorunn“ ist möglicherweise der Beiname oder eine Kenning der Erdgöttin oder der Norne Urd, da er sich wahrscheinlich aus „Jörd“ für „Erde“ und aus „Rune“ für „Zeichen, Geheimnis“ zusammensetzt und daher „Erd-Geheimnis“, „Erd-Rune“ oder vielleicht auch „Erd-Zauberin“ bedeutet.

Der Name kann jedoch auch als „jor-unnr“, d.h. „Eber-Woge“ gedeutet werden.

So sahen die Asen

den Zustand der Jorunn:

überschwemmt von Sorgen,

als keine Antwort von ihr kam.

Sie drängten stärker,

als die Antwort verweigert wurde,

doch all ihre Worten

waren ohne Nutzen.

Der Skalde hat in diesem Lied sechs Göttinnennamen benutzt und sie miteinander gleichgesetzt: Urd, Idun, Nauma, Hel, Gefion und Jorunn sowie indirekt auch noch Nanna.

Kenning-freie Übersetzung der Strophe: „So sahen die Asen die Göttin: überschwemmt von Sorgen. Sie gab ihnen keine Antwort. Sie drängten sie noch mehr zu antworten, doch all ihre Worte waren vergeblich.“

1. n) Das andere Gudrun-Lied

In diesem Lied wird ein von der zauberkundigen Grimhild gebrauter Trank beschrieben, der den Trinkern gezielt einige Dinge vergessen läßt. Es handelt sich also um ein magisches Pharmazeutikum für eine partielle Amnesie.

Gudrun:

„Grimhild brachte den Becher mir dar,

Den kalten, herben, daß ich Harms vergäße;

Hinein war gemischt die magische Kraft der Jörd,

Eiskalte See und Schweine-Blut.

In das Horn hatten sie alle Arten von Runen

Geritzt und gerötet; ich erriet sie nicht.

Einen Heide-Fisch aus der Haddinge Land,

Ungeschnittne Ähre und Eingeweide von Tieren.

Im Gebrauten beisammen war Bosheit viel,

Blüten von Bäumen und geröstete Eicheln,

Tau des Herdes und geweihte Eingeweide,

Schweinsleber, die den Schmerz betäubt.

Da vergaß ich, als sie mir den Trank reichten,

dort in meiner Halle, den Mord an meinem Gatten.“

In diesem Lied wird gesagt, daß die Erde magische Kräfte besaß.

Ein Teil der Zaubertankzutaten aus diesem Rezept läßt sich aus den germanischen Mythen heraus erklären:

1. „Schweinsleber“, „Schweineblut“

Zunächst einmal scheint es das Opfer eines Schweines gegeben zu haben, das normalerweise bei Bestattungen stattfand. Auch in Walhalla essen die toten Krieger das Fleisch des Ebers Sährimnir, der nach jeder Schlachtung neu entsteht, was eine Umdeutung der Wiedergeburtssymbolik ist.

2. „Tiereingeweide“, „geweihte Eingeweide“

Tiereingeweide wurden zu Orakelzwecken benutzt. Diese Eingeweide könnten durchaus von den geopferten Schweinen gestammt haben.

Diese Zaubertrank-Zutat stammt wie die vorige auch aus dem Kult der Germanen.

3. „ungeschnittene Ähren“, „geröstete Eicheln“, „Blüten von Bäumen“

Die „ungeschnittenen Ähren“ klingen nach einem Erntezauber, bei dem die Ähren des Getreides nicht verletzt, sondern nur ausgerupft werden durften.

Die „gerösteten Eicheln“ könnten ein Nahrungsmittel sein – aus ihnen wurde Brei, Kuchen und Eichelkaffee hergestellt.

Die „Blüten von Bäumen“ klingen nach einer symbolischen Zutat. Sind die Blüten bei den Germanen möglicherweise wie bei anderen Völkern auch als die wiedergeborenen Seelen am Weltenbaum aufgefaßt worden?

4. „Heide-Fisch aus dem Landes der Haddinge“

Der „Heide-Fisch aus dem Land der Haddinge“ ist somit ein Totengeist in der Gestalt einer Schlange oder eines Drachen, der in einem Hügelgrab wohnt.

Der Trank ist also mit dem Jenseits assoziiert worden.

Der „Tau des Herdes“ ist die Asche. Dieser Rückstand eines Brandes könnte sich auf das Bestattungsfeuer beziehen, aber auch allgemein als Symbol des Todes („totes und zerstörtes Holz“) aufgefaßt worden sein.

Die Schlange bzw. der Drache und die Asche gehören zum Jenseits.

6. „eiskalte See“

Vermutlich ist hier nicht das „eiskalt“, sondern das Wasser des Meeres das Wesentliche – vielleicht war die Kraft des Meeres ein Bestandteil des Zaubertrankes. Auch eine Assoziation zu der Wasserunterweltsgöttin Ran ist denkbar.

7. „magische Kraft der Jörd“

Zu der Kraft des Meeres kommt nun noch die Kraft der Erdgöttin bzw. der Erde hinzu. Es wäre auch Assoziation zu der Hügelgrab-Jenseitsgöttin Hel denkbar.

8. „herb und kalt“

Das Herbe in diesem Trank könnte von den gerösteten Eicheln stammen und das Kalte von dem Meerwasser – aber diese Geschmacks-Beschreibung könnte auch einfach von Bier inspiriert worden sein.

9. „in das Trinkhorn geritzte und mit Blut gerötete Runen“

Die Runen werden die Zauberkraft, die sich aus den Zutaten des Trankes ergab, verstärkt haben.

10. „den Schmerz betäubende Zutaten“, „Vergessen“, „Bosheit in den Zutaten“

Die Wirkung des Zaubertrankes wird hier recht genau als Schmerz-Betäubungsmittel angegeben, wobei das „Vergessen“ zeigt, daß es sich hier eher um eine Art magisches Psychopharmaka handelt.

Die „Bosheit“, die in den Zutaten liegt, ist vermutlich eine spätere Umdeutung der magischen Kraft in dem Zaubertrank.

1. o) Hyndla-Lied

Es ist auffällig, daß drei der Zaubertrank-Zutaten aus dem Gudrun-Lied auch in bei der Beschreibung der Geburt des Heimdall im „Hyndla-Lied“ auftreten:

Eine wurde geboren / in vergangenen Tagen,

Einer von dem Stamm der Götter, / – Groß war seine Macht! –

Neun Riesinnen / am Rand der Erde

Gebaren den Mann, / der so Waffen-mächtig war.

Dort gebar ihn Gjalp, / dort gebar ihn Greip,

Eistla gebar ihn, / und Eyrgjafa,

Ulfrun gebar ihn, / und Angeyja,

Imth und Atla, / und Jarnsaxa.

Stark wurde er / durch die Stärke der Jörd,

durch die eiskalte See / und durch das Blut der Schweine.

Einer wurde dort geboren, / der Beste von allen,

Und stark wurde er / durch die Stärke der Jörd;

Der Stolzeste wird er genannt, / dieser Verwandte der Menschen,

von allen Herrschern / in der ganzen Welt.

Heimdall ist ein ursprünglich ein Beiname des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr gewesen. Er wird am Morgen aus der Erde oder aus dem Meer wiedergeboren – darauf wird sich die „Stärke“ der Jörd beziehen, die im Gudrun-Lied als „magische Macht“ umschrieben wird.

Die neuen Riesinnen sind die Jenseitsgöttin – die „9“ war bei den Germanen auch ein Adjektiv mit der Bedeutung „zum Jenseits gehörend“. Diese neun Riesinnen sind daher mit der Erdgöttin Jörd identisch, die als Sonnenmutter auch eine Jenseitsgöttin gewesen ist, da die Sonne von ihr am Morgen aus der Unterwelt heraus wiedergeboren wurde.

1. p) Die Vision der Seherin

Statt der Kenning „Sohn der Jörd“ könnten auch die beiden Kenningar „Sohn der Fiörgyn“ und „Sohn der Hlodyn“ verwendet werden. Dies zeigt, daß die Erdgöttin Jörd mit diesen beiden Riesinnen identisch gewesen ist.

Da kommt geschritten Hlodyns Sohn,

Wider den Wurm wendet sich Odins Sohn.

Mutig trifft ihn Midgards Segner.

Doch fährt neun Fuß weit Fiörgyns Sohn

Weg von der Natter, die nichts erschreckte.

Alle Wesen müssen die Weltstatt räumen.

1. q) Vellekla

Dieses Loblied hat der Skalde Einarr Klingel-Waage für Jarl Hakon verfaßt. Eine Strophe aus ihm wird auch in der Saga über König Harald Tryggvason zitiert.

Das Folgenden ist die Übersetzung von einmal 4 Strophen und einmal 2 Strophen aus der Vellekla, die insgesamt 37 Strophen lang ist.

Jarl Hakon ist ein überzeugter Anhänger der alten germanischen Religion gewesen. Er ließ die zuvor zerstörten germanischen Tempel wieder aufbauen.

Jarl Hakon der Gute und Weise,

erbaute all die Tempel,

er erbaute Thors Tempel aufs neue,

die überall im Land zerstört worden waren.

Seine kühnen Krieger, die auf dem Schlachtfeld

in der Ebene starben,

können nun Thor dem Donnergott berichten,

daß nun für die Götter alles wieder gut wird.

Der starke Krieger opfert nun wieder

das Blut-Opfer;

der Schild-Träger ruft nun wieder

in Lokis Spiel Odins Namen an.

Die grüne Jörd gibt wieder ihre Gaben

so wie es in den alten Zeiten gewesen ist,

da der tapfere Speer-Brecher

die heiligen Schreine neu errichtet hat.