Die größten historischen Romane von Walter Scott - Walter Scott - E-Book

Die größten historischen Romane von Walter Scott E-Book

Walter Scott

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Beschreibung

In "Die größten historischen Romane von Walter Scott" versammelt der Autor ein facettenreiches Werk, das die Leser in das 18. und 19. Jahrhundert entführt. Scott, als Pionier des historischen Romans, verwebt meisterhaft geschichtliche Ereignisse mit fiktiven Charakteren und schafft dabei eine lebendige Erzählwelt. Sein literarischer Stil zeichnet sich durch opulente Beschreibungen, komplexe Charakterentwicklungen und eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit Themen wie Ehre, Loyalität und den Auswirkungen von Macht. Diese Sammlung ermöglicht es dem Leser, die Gesellschaft und Kultur vergangener Epochen durch Scotts einzigartiges Erzählen zu erkunden und zu reflektieren. Walter Scott, ein schottischer Schriftsteller und Dichter des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, gilt als Begründer des historischen Romans. Sein tiefes Interesse an der schottischen Geschichte und Folklore prägt seine Werke maßgeblich. Scott war ein engagierter Historiker und politischer Denker, dessen eigene Erfahrungen und Recherchen ihn dazu inspirierten, Geschichten zu erzählen, die sowohl unterhaltsam als auch lehrreich sind. Diese Kombination aus persönlicher Leidenschaft und fachlicher Expertise spiegelt sich klar in seinen Romanen wider. Leser, die sich für historische Fiktion interessieren, werden von Scotts Fähigkeit begeistert sein, lebendige Charaktere und authentische Kulissen zu schaffen, die zum Nachdenken anregen und gleichzeitig unterhalten. Diese Sammlung ist nicht nur ein Muss für Fans des Genres, sondern bietet auch wertvolle Einblicke in die menschliche Natur und die Komplexität der Geschichte. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt von Walter Scott und lassen Sie sich von seinen Geschichten mitreißen. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine Autorenbiografie beleuchtet wichtige Stationen im Leben des Autors und vermittelt die persönlichen Einsichten hinter dem Text. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Walter Scott

Die größten historischen Romane von Walter Scott

Bereicherte Ausgabe. Epische historische Abenteuer aus Schottland und England
In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen
Einführung, Studien und Kommentare von Alaric Vance
Bearbeitet und veröffentlicht von Good Press, 2023
EAN 8596547784104

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Autorenbiografie
Historischer Kontext
Synopsis (Auswahl)
Die größten historischen Romane von Walter Scott
Analyse
Reflexion
Unvergessliche Zitate

Einführung

Inhaltsverzeichnis

Diese Sammlung präsentiert die größten historischen Romane von Walter Scott in einer konzentrierten Auswahl, die den Kern seines erzählerischen Wirkens sichtbar macht. Ihr Ziel ist es, den Erfinder der modernen historischen Erzählkunst in seiner Breite und Reichweite erfahrbar zu machen – von frühen Prägungen der Gattung bis zu späten Experimenten. Die Auswahl vereint Werke, die durch ihre Wirkung auf Literatur und Leserkultur kanonisch geworden sind, und führt zugleich in unterschiedliche historische Horizonte ein. So entsteht ein Panorama von Schauplätzen, Konflikten und Stimmen, das exemplarisch zeigt, weshalb Scotts Romane bis heute Maßstäbe für historische Erzählung setzen.

Der Umfang ist bewusst fokussiert: Es handelt sich ausschließlich um Romane, nicht um Dramen, Gedichte, Essays oder Briefe. Die Sammlung beansprucht keine Vollständigkeit des Gesamtwerks, sondern versammelt maßgebliche Titel, die Scotts historisches Erzählen in exemplarischer Dichte abbilden. Jedes Werk steht als eigenständiger Roman mit eigener Figurenkonstellation und eigener Zeitkulisse, zugleich fügt sich alles zu einem geschlossenen Bild von Scotts Themenwelt. Damit bietet die Edition sowohl einen Einstieg für neue Leserinnen und Leser als auch eine strukturierte Wiederbegegnung für Kenner, die die Entwicklungslinien und Spannweiten seines Prosaschaffens nachzeichnen möchten.

Inhaltlich spannt die Auswahl den Bogen von den schottischen Ursprüngen über das mittelalterliche England bis in kontinentale und mediterrane Räume. Waverley markiert die Geburtsstunde eines neuen Erzählmodus, Rob Roy und Die Braut von Lammermoor vertiefen die schottischen Konfliktlandschaften, Ivanhoe erschließt Rittertum und Nationsbildung in England, Quentin Durward und Anna von Geierstein öffnen den Blick auf das spätmittelalterliche Europa, während Der Talisman und Die Verlobten die Kreuzzüge literarisch gestalten. Späte Romane wie Graf Robert von Paris und Das gefährliche Schloss bezeugen die anhaltende Experimentierfreude eines Autors, der sein Verfahren fortwährend prüfte und erweiterte.

Auch wenn alle Titel Romane sind, entfalten sie ein Spektrum historischer Subgenres. Es finden sich Ritter- und Turnierwelten, Grenz- und Klosterromane, Hof- und Staatsromane, Abenteuergeschichten mit politischer Intrige, See- und Inselerzählungen sowie Stadtschilderungen. Kenilworth, Peveril vom Gipfel oder Woodstock oder der Ritter zeigen höfische und verfassungsgeschichtliche Spannungen, Der Pirat führt an maritime Peripherien, Das Kloster und Der Abt beleben religiöse Umbruchszeiten, während Der Kerker von Edinburgh und Redgauntlet bürgerliche Milieus und Rechtsfragen in den Vordergrund rücken. So entsteht innerhalb der Form des Romans eine reiche Vielfalt erzählerischer Verfahren und Atmosphären.

Die Sammlung enthält keine Kurzgeschichten, Tagebücher oder Briefromane, sondern ausgreifende Erzählungen mit klarer dramatischer Architektur. Manche Werke bilden thematische Paare oder gehören zu locker gefassten Zyklen, wie die Kreuzzugsromane Der Talisman und Die Verlobten. Andere setzen auf regionale Dichte und soziale Mikroskopie, etwa Das schöne Mädchen von Perth oder Der schwarze Zwerg. Dadurch variiert die Textlänge und erzählerische Dynamik, ohne die Grunddisziplin der historischen Langform zu verlassen. Die Entscheidung für Prosa in epischer Ausdehnung entspricht Scotts Anliegen, historische Erfahrung nicht skizzenhaft, sondern als umfassendes, vielstimmiges Erleben darzustellen.

Verbindend ist das Interesse an Epochenwenden und Übergangssituationen. Scott gestaltet Momente, in denen alte Ordnungen mit neuen realen Kräften in Konflikt geraten: Reformation, Bürgerkriege, dynastische Schismen, Nationsbildung und Rechtskultur. Ihn beschäftigt weniger das Spektakel der Schlacht als die Reibung von Gewohnheitsrecht und Reform, von Loyalität und Vernunft, von regionalen Identitäten und zentralstaatlicher Integration. Figuren geraten an Schnittstellen von Sitte, Gesetz und Gewissen. So entstehen Romane, die politische Geschichte durch soziale und psychologische Perspektiven aufschließen und zeigen, wie Veränderung im Alltag von Gemeinden, Familien und Einzelnen erfahrbar wird.

Ein charakteristisches Merkmal ist die Vermittlung zwischen dokumentarischer Genauigkeit und erzählerischer Einbildungskraft. Scott positioniert fiktive Protagonisten in realhistorischen Settings und lässt sie den Sog der Ereignisse aus nächster Nähe erfahren. Dabei wahrt er Distanz zu ideologischen Eindeutigkeiten: Fraktionen werden mit historischer Sympathie und kritischer Nüchternheit beleuchtet, fanatischer Eifer ebenso wie opportunistische Kälte problematisiert. Recht und Gnade, Ehre und Notwendigkeit, Tradition und Fortschritt finden sich in beweglichen Balancen. Diese Ausgewogenheit verleiht den Romanen eine anhaltende Überzeugungskraft und macht sie zu Reflexionsräumen politischer und ethischer Entscheidungen.

Stilistisch verbindet Scott weiträumige Panoramen mit detailgenauen Nahsichten. Landschaften, Städte und Interieurs werden so beschrieben, dass sie als soziale Bühnen fungieren, auf denen Sprache, Kostüm, Brauch und Rangordnung sichtbar werden. Regionale Sprechweisen und Fachvokabular werden klug dosiert, um Authentizität zu erzeugen, ohne die Lesbarkeit zu schmälern. Ein ruhiges, gelegentlich ironisches Erzählerbewusstsein führt durch Geschichte und Kommentar, wechselt zwischen Ernst und Humor und bindet Episoden zu einem größeren Zusammenhang. So entstehen Romane, die gleichermaßen anschaulich, reflektiert und unterhaltsam sind und historische Stoffe für Gegenwartsleser öffnen.

Die Figurenzeichnung überzeugt durch Vielstimmigkeit. Neben adligen Helden und Heldinnen treten Kaufleute, Geistliche, Soldaten, Juristen, Dienende und Außenseiter auf, deren Perspektiven die Welt der Ereignisse erden. Scott gibt Frauenfiguren moralische und soziale Agency, ohne sie in Konventionen zu ersticken, und er findet für Ambivalenzen in Loyalität, Glauben und Leidenschaft differenzierte Ausdrucksformen. Komische Nebenfiguren, kluge Beobachter, schwankende Mitläufer und standhafte Prinzipienmenschen erzeugen ein bewegliches Ensemble, in dem Konflikte nicht nur aus Ideen, sondern aus Temperamenten, Bedürfnissen und Lebenslagen erwachsen. So gewinnen historische Prozesse konkrete menschliche Gestalt.

Erzählerisch setzt Scott auf kraftvolle Knotenpunkte: Verhandlungen, Feste, Gerichts- und Rats- oder Kirchenversammlungen, Reisen, Belagerungen und Begegnungen an Wegkreuzungen. Der Wechsel von öffentlichem Spektakel und privatem Gespräch lenkt den Blick auf die wechselseitige Bedingung von persönlichem Entschluss und politischem Ereignis. Schauplätze wie Burgen, Klöster, Märkte, Grenzflüsse oder städtische Gassen strukturieren das Geschehen und fungieren als Gedächtnis der Gesellschaft. Aus der Abfolge solcher Szenen entsteht eine rhythmische Dramaturgie, die episodische Vielfalt mit narrativer Spannung verbindet und zugleich die historische Plausibilität des Erzählten kontinuierlich absichert.

Als Gesamtheit zeigen diese Romane, wie der historische Roman zu einem zentralen Medium europäischer Selbstverständigung wurde. Scotts modellhafte Verbindung von Stoffrecherche, sozialer Beobachtung und erzählerischer Ökonomie prägte Lesererwartungen weit über Großbritannien hinaus und eröffnete neue Möglichkeiten, Vergangenheit anschaulich und streitbar zu machen. Die Auswahl führt vor Augen, dass populäre Lesbarkeit und intellektuelle Ernsthaftigkeit sich nicht ausschließen, sondern einander befördern können. Damit erklären sich die anhaltende Verbreitung, die vielfältigen Übersetzungen und die Präsenz dieser Stoffe in Theater, Bildkünsten und anderen Formen kultureller Aneignung.

Diese Edition lädt dazu ein, die Romane einzeln zu genießen und zugleich als zusammenhängende Erfahrung zu lesen. Wer sich von Waverley über Ivanhoe und Die Braut von Lammermoor bis zu späten Werken wie Graf Robert von Paris vorarbeitet, erlebt eine fortlaufende Auseinandersetzung mit Geschichte als menschlichem Erfahrungsraum. Der Gewinn liegt in der Vielfalt der Stimmen und Konstellationen, aber auch in der wiederkehrenden Frage, wie Gemeinschaften sich unter Druck erneuern. So erweist sich die Sammlung als lebendiger Kanon: zugänglich, vielgestaltig, diskussionsfähig und von bleibender Relevanz für Leserinnen und Leser unterschiedlicher Interessen.

Autorenbiografie

Inhaltsverzeichnis

Sir Walter Scott (1771–1832) war ein schottischer Dichter, Romanautor und Antiquar der Romantik, dessen Werk den historischen Roman als europaweit einflussreiche Form etablierte. Mit erzählerischer Energie, detailreicher Milieuzeichnung und historischem Sinn verband er Volksüberlieferung, Rechts- und Politikgeschichte zu weitgespannten Prosawelten. Seine Karriere reicht von frühen Übersetzungen und Balladeneditionen über große Erzählgedichte bis zu den Waverley-Romanen, die ihn international berühmt machten. Zugleich prägte er als öffentlicher Akteur Bilder schottischer Identität. Neben seiner literarischen Tätigkeit bekleidete er juristische Ämter, publizierte historische und essayistische Arbeiten und wurde 1820 zum Baronet erhoben, was seinen Rang im britischen Kultur- und Gesellschaftsleben festigte.

Scotts Ausbildung vollzog sich im Umfeld der aufgeklärten Metropole Edinburgh. Er besuchte das High School of Edinburgh und studierte anschließend Rechtswissenschaft an der University of Edinburgh, bevor er als Advokat praktizierte. Früh prägten ihn antiquarische Interessen, die schottische Grenzlandsüberlieferung und die intensiv rezipierte deutsche Literatur. Übersetzungen von Bürger und Goethes »Götz von Berlichingen« vertieften sein Gefühl für Balladenrhythmus, Rittertümlichkeit und dramatische Szenenführung. Zugleich wirkte die historische Reflexion der schottischen Aufklärung nach, insbesondere das Denken in Ursachenketten und gesellschaftlichen Kräften. Aus diesen Quellen formte Scott eine poetische und zugleich historisch sensibilisierte Prosa, die mündliche Traditionen in die moderne Buchkultur überführte.

Den literarischen Durchbruch ebneten editorische und poetische Arbeiten. Mit der »Minstrelsy of the Scottish Border« (1802–1803) erschloss er Balladenstoffe der Grenzregion kritisch kommentiert und vermittelte sie einem breiten Lesepublikum. Es folgten erzählende Gedichte, die in der britischen Romantik außerordentliche Resonanz fanden: »The Lay of the Last Minstrel« (1805), »Marmion« (1808) und »The Lady of the Lake« (1810) verbanden Landschaftsbild, Geschichte und Schauwert zu einem markanten Ton. Die Popularität dieser Werke förderte das Interesse an schottischen Schauplätzen und Legenden. Als sich die literarische Mode in den 1810er-Jahren wandelte, verlagerte Scott seine schöpferische Energie entschlossen in die Prosa.

Mit »Waverley« (1814) eröffnete Scott seine Reihe historischer Romane, die zunächst anonym erschienen und bald einfach als Waverley-Romane bekannt wurden. Sie verknüpfen individuelle Lebensläufe mit politischem Umbruch und gesellschaftlicher Differenzierung, oft vor dem Hintergrund schottischer Konflikte der 18. Jahrhunderts. Früh folgten »Guy Mannering« (1815), »The Antiquary« (1816) und in der Sammlung »Tales of My Landlord« Werke wie »Old Mortality« und »The Heart of Mid-Lothian«. »Rob Roy« (1817) und »The Bride of Lammermoor« (1819) erweiterten das Spektrum. In ganz Europa wurden die Romane schnell übersetzt, diskutiert und als neuartige Verbindung von Geschichte, Sittenstudie und populärer Erzählung wahrgenommen.

Bald überschritt Scott schottische Schauplätze. »Ivanhoe« (1819) eröffnete eine englische Mittelalterwelt; es folgten unter anderem »The Monastery« und »The Abbot« (beide frühe 1820er-Jahre), »Kenilworth« (1821), »The Fortunes of Nigel« (1822), »Peveril of the Peak« (1823) und »Quentin Durward« (1823) mit kontinentalen Perspektiven. Parallel publizierte er historische Prosa wie die mehrbändige »Life of Napoleon« (späte 1820er-Jahre) sowie die populären »Tales of a Grandfather«. Öffentlich trat er als Organisator der königlichen Schottlandreise von 1822 hervor, deren Inszenierung von Traditionen anhaltende Wirkung entfaltete. Politisch stand er konservativ-unionistischen Positionen nahe, was seine Darstellungen von Ordnung, Recht und Loyalität mitprägte.

Neben dem Schreiben war Scott als Sheriff-Depute in Selkirkshire und als Clerk of Session tätig, was ihm rechtshistorische Anschauung und gesichertes Einkommen bot. Enge Verbindungen zu Druck- und Verlagsunternehmern begünstigten seinen Erfolg, führten jedoch nach dem Zusammenbruch mehrerer Firmen 1826 zu einer schweren Verschuldung. Scott entschied sich, die Verbindlichkeiten durch intensive Arbeit zu tilgen, und veröffentlichte weitere Romane, darunter »Woodstock« (1826), »Chronicles of the Canongate«, »The Fair Maid of Perth« (1828), »Anne of Geierstein« (1829) sowie später »Count Robert of Paris« und »Castle Dangerous« (frühe 1830er-Jahre). Parallel betreute er die überarbeitete Gesamtausgabe der Waverley-Romane (»Magnum Opus«). Seine Gesundheit verschlechterte sich, und er starb 1832 in Abbotsford.

Scotts Vermächtnis liegt in der formenden Kraft des historischen Romans: Er zeigte, wie kollektive Vergangenheit, Recht, Glaube und soziale Praxis erzählerisch fassbar werden, ohne die Komplexität der Geschichte zu einebnen. Sein Einfluss reicht von Manzoni, Balzac und Dumas bis zu Pushkin und prägte Oper, Theater und bildende Kunst; Adaptionen etwa nach »The Lady of the Lake« und »The Bride of Lammermoor« fanden anhaltenden Widerhall. In Schottland wirkte er auf Vorstellungen von Landschaft, Brauch und Nation mit. Die Forschung würdigt heute sein Spannungsfeld von Archiv und Imagination, seinen Erzählerkommentar und die Reflexion moderner Staatsbildung ebenso wie die anhaltende Lesbarkeit seiner Romane.

Historischer Kontext

Inhaltsverzeichnis

Die historischen Romane Walter Scotts (1771–1832) umfassen über sieben Jahrhunderte europäischer Geschichte und verbinden Rittertum, Reformation, Bürgerkrieg und Aufklärung zu einem zusammenhängenden Panorama. Zwischen dem Ersten Kreuzzug (1096–1099) und den jakobitischen Erhebungen (1715, 1745–1746) verknüpft er wandelnde Rechtsordnungen, konfessionelle Brüche, höfische Kultur und die Entstehung moderner Staatlichkeit. Als Jurist, Sammler und Herausgeber von Volksliedern (Minstrelsy of the Scottish Border, 1802) schöpfte Scott aus Archiven, Chroniken und mündlicher Überlieferung. Seine Romane, publiziert ab Waverley (1814) bis zu späten Werken 1831–1832, beleuchten die Schnittstellen von individueller Erfahrung und makrohistorischem Wandel in Schottland, England, Frankreich, Burgund, der Schweiz und Byzanz.

Der hochmittelalterliche Rahmen vieler Handlungsstränge steckt im feudalen Europa des 11.–13. Jahrhunderts, dessen Ethos von Vasallität, Lehnspflichten und ritterlicher Ehre geprägt ist. Die Kreuzzüge, besonders der Dritte Kreuzzug (1189–1192) unter Richard I. Löwenherz, und die Herrschaft Saladins prägen kulturelle Begegnungen, Kriegsrecht und Pilgerwesen. Turniere, Burgfrieden und Fehdewesen strukturieren gesellschaftliche Hierarchien, während das Nebeneinander von Normannen und Sachsen in England nach 1066 rechtliche und sprachliche Grenzziehungen intensiviert. Die Marcher-Lords an der walisischen Grenze, Ritterorden wie Templer und Johanniter sowie das römische und kanonische Recht bilden den normativen Hintergrund, gegen den persönliche Loyalitäten geprüft werden.

Byzanz erscheint als Scharnier zwischen lateinischem Westen und östlicher Orthodoxie, dessen höfische Zeremonialkultur und militärische Professionalität westliche Ritterideale relativieren. Unter Alexios I. Komnenos (Regierungszeit 1081–1118) treffen Kreuzfahrerheere auf eine urbane, bürokratisierte Großmacht mit Varägergarde und komplexer Diplomatie. Konstantinopel fungiert um 1100 als Knotenpunkt mediterraner Handelsnetze, in denen Venezianer und Genuesen konkurrieren. Die Spannungen zwischen Treueeid, Beuterecht und byzantinischem Realismus spiegeln die Zerbrechlichkeit konfessioneller Bündnisse. Zugleich kündigen Rivalitäten und spätere Ereignisse wie die Eroberung von 1204 die langfristige Erosion imperialer Macht an – ein Kontrast zu westlichen Vorstellungen ritterlicher Solidarität.

Die schottischen Unabhängigkeitskriege (1296–1328) liefern einen dauerhaften Referenzrahmen für Konflikte um Souveränität, Recht und Loyalität. Figuren wie William Wallace (hingerichtet 1305) und Robert I. Bruce (König ab 1306) verkörpern divergierende Strategien politischer Legitimation. Die Schlacht von Bannockburn (1314) sichert schottische Handlungsfreiheit gegen England und prägt das kollektive Gedächtnis. Burgen, Grenzmarken und Fehdebräuche der Borderers bestimmen das Alltagsleben in den Marches. Das Ringen zwischen Feudalrecht, königlicher Autorität und lokaler Selbsthilfe bildet den Hintergrund für Generationen von Konflikten, die bis ins 17. und 18. Jahrhundert kulturelle Identitäten und Rechtspraktiken im Königreich Schottland prägen.

Spätmittelalterliche Höfe in Frankreich und Burgund zeigen die Verdichtung fürstlicher Macht und die Frühformen moderner Verwaltung. Unter Louis XI. (1461–1483) und Charles dem Kühnen (1467–1477) prallen zentralisierender Königshof und territorialer Fürstenstaat aufeinander. Die Burgunderkriege mit den Eidgenossen, einschlägig Morat (1476) und Nancy (1477), markieren das Ende großfürstlicher Expansionspläne. Kaufmannsstädte wie Gent und Brügge verknüpfen Hofzeremoniell, Söldnerwesen und Handelskapital. Der Aufstieg schweizerischer Infanterietaktiken unterminiert ritterliche Vorherrschaft. Diese Konstellationen beleuchten Übergänge von ritterlich-feudalen zu fiskal-militärischen Staaten, die in mehreren europäischen Schauplätzen der Romane durch sozial-militärische Mobilität sichtbar werden.

Städtisches Leben im späten Mittelalter und an der Wende zur Frühen Neuzeit wird durch Zünfte, Bürgereid und Stadtrecht strukturiert. Schottische Burghs wie Perth, Stirling und Edinburgh verkörpern kommunale Selbstverwaltung, Marktrecht und religiöse Bruderschaften. Feste, Messen und Gerichtstage formen den Jahreslauf; repräsentative Rituale setzen Herrschaft in Szene. Das Gefüge zwischen Patriziern, Handwerkern und fahrenden Leuten erzeugt soziale Spannung und Durchlässigkeit. Berühmte symbolische Ereignisse wie der Kampf auf der North Inch in Perth (1396) spiegeln konfliktgeladene Ehrvorstellungen. Kaufmannschaft und Fernhandel verbinden die Städte mit Nordsee- und Ostseeraum, während Landadlige ihre Einflusszonen über Lehnspflichten und Bündnisse sichern.

Die Reformation, ausgehend von 1517, transformiert Glaubenspraxis, Kirchenrecht und politische Loyalitäten. In Schottland führt das Wirken John Knox’ (1514–1572) zur Reformationsparlamentssitzung von 1560, die die päpstliche Jurisdiktion abschafft. Die Abdankung Maria Stuarts (1567) und ihre Gefangenschaft in Lochleven binden konfessionelle und dynastische Konflikte eng zusammen. Klosterauflösungen verändern Eigentumsverhältnisse, während Bildersturm und liturgische Reformen soziale Räume neu ordnen. Presbyteriale Synoden konkurrieren mit bischöflichen Strukturen; Grenzregionen absorbieren englische und kontinentale Impulse. Diese Umbrüche liefern die Matrix für Hoffraktionen, Bündniswechsel und individuelle Gewissenskonflikte, die sich wiederholt durch Erzählungen verschiedener Epochen ziehen.

Höfische Kultur unter Tudor- und frühen Stuart-Herrschern erscheint als Bühne von Patronage, Diplomatie und Symbolpolitik. Elisabeth I. nutzt Feste wie die Prunkfeier von Kenilworth (1575), um Autorität und Gunst zu inszenieren. 1603 vereinigt die Personalunion die Kronen Englands und Schottlands unter Jakob VI./I., wodurch kulturelle und juristische Räume enger verknüpft werden. Londons Sammlungen, Theater und Rechtsinstitutionen (Inns of Court) bilden um 1620 Netzwerke für Aufstieg und Intrige. Finanzielle Monopole, Gnadenwirtschaft und höfische Gunst erweisen sich als prekär, sobald konfessionelle und verfassungspolitische Spannungen die Höfe in die Strudel der Bürgerkriege treiben.

Die Kriege der Drei Königreiche (1638–1651) sind europäisch vernetzte Konfessions- und Verfassungskriege. Der National Covenant (1638) und die Feldzüge James Grahams, Marquis of Montrose (1644–1645), illustrieren dynamische Bündnissysteme. In England bilden die Bürgerkriege (ab 1642) den Rahmen für Royalisten und Parlamentarier; die Schlacht von Worcester (1651) besiegelt das Ende royalistischer Hoffnungen. Konfiskationen, Kriegsrecht und Besatzung prägen den Alltag, während Söldnerbewegungen und entvölkerte Güter soziale Verwerfungen vertiefen. In der schottischen und englischen Provinz kollidieren lokale Loyalitäten mit zentraler Militärverwaltung. Das Ringen um Souveränität und Kirche schafft Narben, die bis in die Restauration fortwirken.

Mit der Restauration (1660) kehren Hofzeremoniell und alte Eliten zurück, doch Konflikte bleiben virulent. In Schottland führt die Durchsetzung eines episkopalen Kirchenmodells zu Verfolgung presbyterianischer Konventikel; der Aufstand und die Niederlage der Covenanting-Bewegung bei Bothwell Bridge (1679) stehen exemplarisch. In England erzeugen das Popish Plot (1678–1681) und der Exclusion Crisis Paranoia und parteipolitische Neuformierung. Gesetzgebung, Sondergerichte und Patronagewerkzeuge formen ein Klima von Loyalitätsprüfungen und Denunziation. Strafexpeditionen, Militärpatrouillen und Grenzpolizei strukturieren den Norden und die Küstenregionen neu. Diese Spannungen verbinden höfische Intrige, Landnot und Glaubenskämpfe in weiten Teilen der britischen Inseln.

Die Glorious Revolution (1688/89) etabliert eine konstitutionelle Monarchie unter Wilhelm III. und Maria II., während in Schottland das kirchliche Settlement presbyteriale Strukturen festigt. Der Darien-Skandal (1698–1700) ruiniert Kapitale und beeinflusst die Zustimmung zur Union. Der Act of Union (1707) schafft ein gemeinsames Parlament in London und integriert Märkte, Zölle und Außenpolitik. Ereignisse wie das Massaker von Glencoe (1692) vertiefen Misstrauen zwischen Clans und Krone. Nordatlantischer Handel, Privateering und Fischerei prägen Küstenökonomien; die Udal-Rechtsreste auf Orkney und Shetland verweisen auf nordische Traditionen. Migration, Schmuggel und Seefahrt werden zu Triebkräften sozialen Wandels.

Die jakobitischen Erhebungen von 1715 und 1745–1746 strukturieren Loyalitäten neu. Sheriffmuir (1715), Prestonpans (1745) und Culloden (1746) markieren Wendepunkte militärischer und kultureller Macht. Disarming Acts (1716, 1746) und der Dress Act (1746, aufgehoben 1782) zielen auf Auflösung der Clanordnung. Straßenbau unter General Wade (1720er–1730er) und neue Garnisonen integrieren die Highlands in das britische Staatswesen. Der Übergang von Blutsband- zu Pachtverhältnissen begünstigt ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Landkonzentration und Auswanderung; frühe Clearances setzen ein. Diese Entwicklungen durchziehen zahlreiche Handlungsräume und erklären Spannungen zwischen Tradition, Ehre und marktwirtschaftlicher Rationalisierung.

Aufklärung und Improvement prägen das 18. Jahrhundert. Edinburgh wird mit David Hume (1711–1776) und Adam Smith (1723–1790) zur Athens of the North. Landwirtschaftliche Verbesserungen, Forstwirtschaft und die Kelpindustrie verändern Küsten- und Inselsiedlungen; Fischerei und Leinengewerbe modernisieren Arbeitswelten. Die Antiquarian Society und später der von Scott 1823 mitbegründete Bannatyne Club fördern Editionen von Chroniken und Rechtsquellen. Die Ossian-Kontroverse (ab 1760) und Percys Reliques (1765) befeuern das Interesse an Balladen. Reisen in die Highlands, Prospektmalerei und Kartenwerke schaffen neue Blickregime. Diese Wissenskulturen liefern Werkzeuge, mit denen historische Erinnerung literarisch geformt wird.

Institutionen und Rechtskultur bilden das Skelett der gesellschaftlichen Ordnung. In Schottland prägen Court of Session, Sheriff Courts und Burgh Councils die Rechtspflege; in England strukturieren Inns of Court und die Assizes Karrieren und Verfahren. Stadtkerker und Galgenhügel stehen als sichtbare Zeichen sozialer Disziplinierung. Der Edinburgher Aufruhr von 1736 (Porteous-Unruhen) illustriert Konflikte zwischen Militärgewalt, Magistraten und Bürgerschaft. Armenrecht, Schuldenhaft und Entmündigung prägen Lebensläufe ebenso wie Begnadigungen und Patronate. Der Übergang von lokalen zu nationalen Polizeiregimes im späten 18. Jahrhundert verändert die Praxis von Ordnung und Öffentlichkeit in Städten und Grenzregionen.

Meer und Grenze werden zu Laboratorien der Moderne. Die Nordsee- und Atlantikrouten verbinden Orkney, Shetland und die westlichen Inseln mit Hamburg, Bergen und Kopenhagen. Privateering und Schmuggel florieren im 17. und 18. Jahrhundert, während die Royal Navy den langen Krieg gegen Frankreich (1689–1815) führt. Küstencommunities navigieren zwischen Udal-Rechtsgewohnheiten, Kronansprüchen und Marktlogiken. Die walisisch-englischen Marken und die Anglo-Scottish Borders transformieren sich von Fehdelandschaften zu Zolllinien und Militärstraßen. Diese Peripherien spiegeln die Durchsetzung zentralstaatlicher Ordnung ebenso wie die Persistenz lokaler Loyalitäten und vermitteln zwischen archaischen Ehrenkodizes und kapitalistischer Berechnung.

Sprach- und Kulturkontakt prägen Identität. Scots, Englisch und Gälisch existieren nebeneinander; Dialektwechsel markieren Stand, Region und Loyalität. Balladen, Märchen und Gerichtssagen stiften Erinnerung; Dudelsackverbote und Trachtenrestriktionen nach 1746 greifen in symbolische Ordnungen ein. Kirchenzucht, Sabbatpraxis und Psalmodie formen ländliche Gemeinschaften, während höfische und städtische Umgangsformen neue Höflichkeitsregime etablieren. Heiratsverträge, Erbfolgen und entails strukturieren Geschlechterrollen und Landbesitz. Duelle, Fehden und Ehrenrettung kollidieren mit rationalisiertem Strafrecht. Dieser kulturelle Pluralismus ermöglicht es, Konflikte auf mehreren Ebenen – rechtlich, sozial, emotional – sichtbar zu machen und historische Veränderung für Leser plausibel zu inszenieren.

Scotts Verfahren verbindet dokumentierte Ereignisse mit erfundenen Vermittlerfiguren. Paratexte, fingierte Herausgeber und umfangreiche Anmerkungen verorten Fiktion im Archiv. Zwischen 1814 und 1832 erscheint die Mehrzahl der Romane anonym oder halbverdeckt, doch ihre Wirkung ist transnational: Französische, deutsche und russische Autoren adaptieren das Modell des nationalhistorischen Romans. Der Bogen reicht von Konstantinopel um 1098 über Residenzen wie London und Edinburgh bis zu Grenzgebieten im späten 18. Jahrhundert. Die von Scott 1822 inszenierte Schottlandreise Georgs IV. demonstriert die machtvolle Symbiose von Literatur, Politik und Erinnerungskultur – ein Echo, das viele Schauplätze und Epochen seines Œuvres verbindet.

Synopsis (Auswahl)

Inhaltsverzeichnis

Graf Robert von Paris

Im Byzanz der Ersten Kreuzzüge gerät ein fränkischer Ritter in die Ränke des kaiserlichen Hofes, wo höfische Etikette und militärische Rauheit aufeinanderprallen.

Die Verlobten

An der walisischen Grenze wird die erzwungene Verbindung einer normannischen Erbin zum Brennpunkt von Lehenspflicht, Belagerung und Grenzkrieg im Schatten der Kreuzzüge.

Der Talisman

Während des Dritten Kreuzzugs kreuzen sich Rivalitäten der christlichen Fürsten mit der Ritterehre eines Einzelnen, während Saladin als Heiler und Gegenspieler auftritt.

Ivanhoe

Im England des 12. Jahrhunderts sucht ein enteigneter Ritter seine Ehre und Liebe zurückzugewinnen, während Sachsen und Normannen in Turnieren und Belagerungen aufeinanderstoßen.

Das gefährliche Schloß

Zur Zeit Roberts the Bruce wird ein strategisch gelegenes Schloss zum Schauplatz von List, Treue und Verrat in den Unabhängigkeitskriegen Schottlands.

Das schöne Mädchen von Perth

In Perth des 15. Jahrhunderts wird eine tugendhafte Bürgertochter zwischen Zünften, Adelsrivalitäten und Clanfehden zum Prüfstein von Ehre und Gewalt.

Quentin Durward

Ein junger schottischer Söldner tritt in den Dienst Ludwigs XI. und manövriert zwischen der gerissenen Krone Frankreichs und dem Stolz Karls des Kühnen.

Anna von Geierstein

Englische Exilanten finden in der Schweiz Schutz, wo sich Liebesgeschichte und Politik mit den Burgunderkriegen und alpiner Sagenwelt verweben.

Das Kloster

An der Schwelle der Reformation enthüllen ein Grenzkloster und eine geisterhafte Erscheinung die Spannungen zwischen alter Frömmigkeit und neuem Glauben.

Der Abt

Die Fortsetzung führt in die Wirren um Maria Stuart, deren Gefangenschaft und Fluchtversuch die Loyalität von Höflingen und Dienern auf die Probe stellt.

Kenilworth

Am Hof Elisabeths I. gerät eine heimliche Ehe in den Mahlstrom von Macht, Prunk und Intrige, wo öffentlicher Glanz private Tragödien verdeckt.

Nigels Schicksale

Im London Jakobs I. ringt ein junger Edelmann mit Schulden, Gunstbeweisen und der zwielichtigen Metropole, während Hofgunst über Karriere und Ruin entscheidet.

Eine Sage von Montrose

Während der Bürgerkriege der 1640er folgt ein schottischer Söldner Montroses Feldzug, der wechselnde Clanbündnisse und die Härten des Krieges offenlegt.

Woodstock oder der Ritter

In der republikanischen Zwischenzeit nach dem Bürgerkrieg prallen Royalisten und Puritaner in einem vermeintlich verwunschenen Landsitz aufeinander; Maskerade und Überzeugung ringen um die Zukunft.

Peveril vom Gipfel

Unter Karl II. verstricken der Popish Plot und Hofintrigen zwei befreundete, religiös gegensätzliche Familien; ein junger Mann reist von der Isle of Man in die Machtzentren Londons.

Die Schwärmer

Im Südwesten Schottlands eskalieren Konflikte zwischen Covenantern und Krone; Glaube, Gesetz und persönliche Loyalität stehen auf dem Prüfstand.

Der Pirat

Auf den Nordinseln treiben Sturm, Schiffbruch und ein charismatischer Freibeuter Bewohner und Fremde in ein Geflecht aus Liebe, Recht und nordischer Überlieferung.

Der schwarze Zwerg

Ein unheimlicher Einsiedler wird zum Auslöser einer Grenzfehde, in der Aberglaube, verletzte Ehre und politische Unruhe gefährlich ineinandergreifen.

Die Braut von Lammermoor

Eine verbotene Liebe zwischen verfeindeten Familien nimmt in einem düsteren Lowland-Milieu ihren Lauf, wo Standesinteressen und Vorzeichen das persönliche Glück bedrängen.

Rob Roy

Ein junger Kaufmannssohn gerät zwischen Highland- und Lowland-Welten, während der legendäre Rob Roy MacGregor als Symbol von Ehre und Widerstand gegen Korruption wirkt.

Der Kerker von Edinburgh

Nach dem Porteous-Aufruhr unternimmt eine standhafte junge Frau eine beschwerliche Bittreise, die Humanität und Justiz gegeneinander spiegelt.

Waverley

Ein englischer Offizier wird in den Jakobitenaufstand von 1745 hineingezogen und muss zwischen romantischer Verklärung und politischer Realität seinen Platz finden.

Guy Mannering, oder: Der Astrolog

Ein geheimnisvolles Horoskop, Schmuggler und ein verschwundener Erbe verknüpfen Schicksal, Recht und Landschaft zu einem lebhaften Galloway-Abenteuer.

Redgauntlet

In einer späten Jacobitenverschwörung erkundet ein Briefroman die Versuchung des Nachruhms und die Mühen der Versöhnung in einem befriedeten Königreich.

Der Alterthümler

Ein gelehrter Sammler und ein Küstendorf verstricken sich in Missverständnisse, Rettungen und Familiengeheimnisse; Humor und Tragik liegen dicht beieinander.

St. Ronans-Brunnen

In einem zeitgenössischen Kurort legen Klatsch, Rivalitäten und unglückliche Leidenschaften die Schwächen einer ehrgeizigen Provinzgesellschaft bloß.

Die größten historischen Romane von Walter Scott

Hauptinhaltsverzeichnis
Graf Robert von Paris
Die Verlobten
Der Talisman
Ivanhoe
Das gefährliche Schloß
Das schöne Mädchen von Perth
Quentin Durward
Anna von Geierstein
Das Kloster
Der Abt
Kenilworth
Nigels Schicksale
Eine Sage von Montrose
Woodstock oder der Ritter
Peveril vom Gipfel
Die Schwärmer
Der Pirat
Der schwarze Zwerg
Die Braut von Lammermoor
Rob Roy
Der Kerker von Edinburgh
Waverley
Guy Mannering, oder: Der Astrolog
Redgauntlet
Der Alterthümler
St. Ronans-Brunnen

Graf Robert von Paris

Inhaltsverzeichnis
Erster Teil
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Zweiter Teil
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dritter Teil
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel

Erster Teil

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel

Inhaltsverzeichnis
Leontius. – – Die Macht, die gütig Wolken Als Zeichen nahen Schau'rs am Himmel ausstreut, Damit der Hänfling flugs sein Schirmdach suche, Sieht Griechenlands Verfall gleichgültig an, Und keine Zeichen künden unser Schicksal.Demetrius. Verkündet haben's tausend Schreckenszeichen: Der Lenker Schwäche, das verkehrte Recht, Des Volkes Meuterei, der Großen Lüste, Und alle Uebel eines kranken Staats. Und wenn Verderbtheit, dem Gesetz zu stark, Frech ihre Stirne zeigt, des Unheils Botin, Kannst du dann Zeichen suchen in der Luft, Wie sie der Schalk auslegt, der Thor begafft?
Irene, Act I.

Genaue Beobachter der Pflanzenwelt haben bemerkt, daß ein von einem alten Baume genommener junger Schößling dem äußeren Ansehen nach zwar Jugendfrische habe, in der That aber zu demselben Grad von Reife oder Verfall gelangt sei, wie der Urstamm. Daher soll der allgemeine Hinfall und Tod kommen, der oft zu derselben Zeit Bäume von einer gewissen Gattung ergreift, die, ihre Lebenskraft von einem Vaterstamm entlehnend, ihre Dauer nicht über denselben hinaus verlängern können.

Gleicherweise haben die Machthaber der Erde den Versuch gemacht, große Städte, Staaten und Gemeinden durch eine gewaltige Unternehmung zu verpflanzen; sie gedachten, der neuen Hauptstadt den Reichthum, das Ansehen, die großartigen Zierden und die weite Ausdehnung der alten Stadt zu verleihen, die so erneuert werden sollte, indem sie zugleich hofften, von dem Bau der Stadt eine neue Geschichte beginnen zu können, die, wie sie wähnten, wenigstens so lang und ruhmreich sein würde, wie die ihrer Vorgängerin. Doch die Natur hat ihre Gesetze, die sich in der sittlichen Welt eben so gut geltend machen, wie in der Pflanzenwelt. Es scheint ein allgemeines Gesetz zu sein, daß das, was dauern soll, nur langsam zur Reife komme, und nach und nach verbessert werde, während jede plötzliche Unternehmung, die ein Werk, das Jahrhunderte dauern soll, im Nu ausführen will, trotz ihrer Größe die Merkmale frühen Verfalls schon im Keime trägt. So erklärt in einer schönen, morgenländischen Erzählung ein Derwisch dem Sultan, wie er die großen Bäume, unter denen sie wandelten, aus dem Samen aufgezogen habe, und des Fürsten Stolz wird durch den Gedanken gedemüthigt, daß diese so einfach gezogene Pflanzung an jedem neuen Morgen neue Kraft gewinne, während seine eigenen erschöpften Cedern, die mit so viel Anstrengung verpflanzt worden seien, in dem Thale Orez ihre hohen Häupter neigten.

Alle Männer von Urtheil, deren viele Constantinopel jüngst besucht haben, sind meines Wissens einig darüber, daß, wenn es gälte, für ein Weltreich eine Hauptstadt zu suchen, sich die Stadt Constantins durch Schönheit, Reichthum, Sicherheit und Bedeutung mehr zu dieser Wahl eignen würde als jede andere. Aber ungeachtet dieser örtlichen und klimatischen Vorzüge, ungeachtet der Pracht von Kirchen und Hallen, ungeachtet der Marmorblöcke und goldenen Schatzkammern mußte der kaiserliche Gründer die Erfahrung gemacht haben, daß, wenn ihm auch so reiche Hülfsmittel zu Gebote standen, es der Geist des Menschen selbst, und das von den Alten auf's Höchste vervollkommnete Talent gewesen waren, welche die Kunstwerke oder Thaten hervorgebracht hatten, worüber die Welt staunte. Der Kaiser hatte Macht genug, andere Städte ihrer Zierden zu berauben, um seine neue Hauptstadt damit zu schmücken; aber die Männer, die große Thaten verrichtet hatten, und die Künstler, die jene Thaten durch Gesang, Farbe und Töne verherrlicht hatten, waren nicht mehr. Die Nation, wiewohl noch immer die gebildetste der Welt, war über die Lebensperiode hinaus, wo des Namens Ruhm der einzige oder höchste Lohn für den Geschichtschreiber und Dichter, den Maler und Bildhauer ist. Der Despotismus und der Knechtsinn, die sich in das Reich eingeschlichen hatten, hatten längst den Geist zerstreut, der einst das freie Rom durchwehte, und nur schwache Erinnerungen waren zurückgeblieben, die zu keiner Nacheiferung anspornten.

Hätte Constantin auch durch eine Eingießung des alten Römergeistes die Wiedergeburt seiner neuen Hauptstadt bewerkstelligen können, so war es nicht mehr an der Zeit, daß Constantinopel diesen Lichtfunken hätte entlehnen oder Rom ihn verleihen können.

In einer sehr wichtigen Beziehung jedoch hatte sich Constantinopel zu seinem offenbaren Vortheil verändert. Die Welt war christlich geworden, und hatte sich von dem Drucke des heidnischen Aberglaubens befreit. Es steht nicht zu bezweifeln, daß der bessere Glauben seine Früchte gebracht habe, indem er nach und nach die Herzen besserte und die Leidenschaften des Volkes zähmte. Doch während sich viele der Bekehrten in Demuth zu dem neuen Glauben wandten, schränkten einige in der Vermessenheit ihres Verstandes die Schrift nach ihren Meinungen ein, und andere machten aus dem religiösen Charakter und dem geistlichen Stand Staffeln, um zur weltlichen Macht emporzustreben. So kam es, daß die Wirkungen dieser großen Umwälzung, wiewohl sie eine alsbaldige Ernte brachte, und manchen guten Samen für die Zukunft ausstreute, im vierten Jahrhundert nicht dem großen Frühlinge glichen, wie er das Ergebniß der christlichen Grundsätze hätte sein müssen.

Grade der erborgte Glanz, womit Constantin seine Stadt schmückte, schien auf einen vorzeitigen Verfall zu deuten. Indem der kaiserliche Gründer alte Statuen, Gemälde, Obelisken und Kunstwerke aufbringen ließ, beurkundete er sein Unvermögen, ihren Platz durch neue Erzeugnisse des Genies zu ersetzen; und wenn die Welt, und namentlich Rom ausgeplündert wurde, Constantinopel zu verzieren, so kann man den Kaiser, unter dem dies geschah, einem verschwenderischen Jüngling vergleichen, der einer betagten Verwandtin ihren Mädchenputz raubt, um eine eitle Geliebte damit zu zieren, welcher jener Schmuck gar nicht zu Gesicht steht.

Als sich im Jahr 324 das kaiserliche Constantinopel aus dem bescheidenen Byzanz erhob, zeigte es schon bei seiner Entstehung und in seiner entlehnten Pracht Merkmale des eilenden Verfalls, zu dem die ganze civilisirte Welt, welche das römische Reich damals einschloß, tief und still hinneigte. Auch dauerte es nicht lange, bis sich die Voraussage dieses Verfalls als völlig wahr erwies.

Im Jahr 1080 bestieg Alexius Comnenus den Thron des Reichs, d. h. er wurde zum Herrn von Constantinopel und dessen Gebiet ernannt; auch mochten die wilden Einfälle der Scythen und Ungarn den Schlummer des Kaisers nicht oft stören, wenn sich derselbe, nach Ruhe verlangend, in seine Hauptstadt einschloß. Aber diese Sicherheit erstreckte sich nicht viel weiter: denn die Kaiserin Pulcheria soll der Jungfrau Maria eine Kirche in der größten Entfernung vom Stadtthor erbaut haben, damit sie in ihrer Andacht durch das Kriegsgeschrei der Barbaren nicht gestört werden könnte, und der Kaiser hatte aus demselben Grund einen Pallast in der Nähe dieses Ortes errichtet.

Alexius Comnenus war ein Monarch, dessen Ansehen mehr auf dem Reichthum, der Macht und dem großen Ländergebiete seiner Vorfahren beruhte, als auf dem, was von diesen Glücksgütern gegenwärtig noch übrig war. Dieser Kaiser übte in der Wirklichkeit nicht mehr Herrschaft aus über die zerstückten Provinzen seines Reichs als ein halbtodtes Pferd über die Glieder übt, die bereits der Raub von Krähen und Geiern geworden sind.

In den verschiedenen Gegenden seines Reichs erhoben sich verschiedene Feinde, die einen glücklichen oder zweifelhaften Kampf gegen den Kaiser führten, und für alle die zahlreichen Nationen, mit denen er im Kriege war (die Franken drängten von Westen und die Türken von Osten heran; die Cumanen und Scythen schickten ihre zahlreichen Horden und den Wolkenzug ihrer Pfeile von Norden; die Saracenen endlich nach ihren verschiedenen Stämmen stürmten von Süden heran), war das griechische Reich ein leckerer Bissen. Jede dieser feindlichen Nationen hatte ihre eigene Kriegskunst und eine eigene Art sich zu schlagen. Aber der Römer, wie sich der elende Unterthan des griechischen Reichs noch stets nannte, war bei weitem der schwächste, unwissendste und feigste, den man in's Feld schicken konnte, und es war ein Glück für den Kaiser, wenn es ihm möglich war, die feindlichen Kräfte gegen einander selbst zu kehren, sich der Scythen zu bedienen, um die Türken zu verdrängen, oder diese beiden wilden Völker zu benutzen, um die muthigen Franken zurückzutreiben, die damals durch Peter den Einsiedler und den mächtigen Einfluß der Kreuzzüge zu doppelter Wuth entflammt waren.

Wenn darum Alexius Comnenus während seiner unruhigen Regierung gezwungen war, in der Politik eine niedrige Rolle zu spielen, wenn er manchmal, den Muth seiner Truppen in Zweifel ziehend, dem Gefecht auswich, wenn er gewöhnlich List und Verstellung statt Weisheit, und Falschheit statt Muth aufzuwenden pflegte, so hingen diese Hülfsmittel mehr mit der Schlechtigkeit des Zeitalters als der seines Charakters zusammen.

Hingegen mag der Kaiser Alexius mit Recht getadelt werden, daß er die Prunksucht fast bis zur Tollheit trieb. Er war stolz darauf, sich selbst und Andere mit den gemalten Zeichen verschiedener adeliger Orden zu bekleiden, während der freie Barbar diesen Adel als ein Geschenk des Fürsten doppelt verachtete. Daß der griechische Hof mit unsinnigen Ceremonien überladen war, um den Mangel an Ehrfurcht zu ersetzen, die auf wahrer Würde und wirklicher Macht beruht, war nicht der Fehler dieses Fürsten, sondern hing mit dem Geist der constantinopolitanischen Regierung seit Jahren zusammen. Durch diese Etikette, die Vorschriften über die geringsten und alltäglichsten Dinge enthielt, wurde das griechische Kaiserthum dem von Peking vergleichbar: beide hatten ohne Zweifel denselben eitlen Wunsch, Dingen Werth und Gewicht zu verleihen, die ihrer Natur nach nur nichtsbedeutend sein können.

Doch das müssen wir dem Alexius lassen, daß die gemeinen Hülfsmittel, deren er sich bediente, seinem Reiche nützlicher waren, als es die Maßregeln eines stolzeren und hochfahrenden Fürsten unter den nämlichen Umständen gewesen sein würden. Er war nicht der Mann, um mit seinem fränkischen Gegner, dem berühmten Bohemund von Antiochien, eine Lanze zu brechen, aber bei mehr als einer Gelegenheit setzte er sein Leben frisch aufs Spiel, und so weit wir seine Thaten nach genauer Betrachtung derselben beurtheilen können, war er in Waffen nie gefährlicher, als wenn sich ihm ein Feind entgegenstellte, während er sich aus einem Kampfe zurückzog, worin er besiegt worden war.

Aber abgesehen davon, daß er keinen Anstand nahm, seine Person der Sitte der Zeit gemäß im Handgemenge auszusetzen, so besaß Alexius auch solche Feldherrntalente, wie man sie von einem Führer heut zu Tage verlangt. Er verstand es, vortheilhafte militärische Stellungen anzunehmen, und oft machte er Niederlagen oder zweifelhafte Gefechte in einer Weise gut, daß diejenigen, welche gewähnt hatten, der Ausgang des Krieges müsse von der gelieferten Schlacht abhängen, höchlich darüber betroffen waren.

Verstand Alexius Comnenus die Künste des Kriegs, so war er noch geübter in denen der Politik, wobei er, das Ziel der gegenwärtigen Unterhandlung weit überschreitend, irgend einen wichtigen und dauernden Vortheil mit Sicherheit zu gewinnen hoffte, obwohl er sehr oft durch die Unbeständigkeit und Verrätherei der Barbaren, wie die Griechen gemeinhin andere Nationen und vorzüglich die benachbarten Horden (sie verdienen nicht den Namen von Staaten) nannten, am Ende hintergangen wurde.

Wir schließen diese Charakterzeichnung des Comnenus mit der Behauptung, daß er wahrscheinlich ein achtbarer und menschlicher Fürst gewesen sein würde, wenn er nicht gezwungen gewesen wäre, sich gefürchtet zu machen, da er in und außer seiner Familie jeder Art von Verschwörung ausgesetzt war. Offenbar zeigte er sich als einen gutmüthigen Mann, und er ließ weniger Köpfe abschneiden und Augen blenden, als seine Vorgänger gethan hatten, die auf diese Weise den ehrgeizigen Absichten ihrer Nebenbuhler zu begegnen pflegten.

Noch muß bemerkt werden, daß Alexius seinen vollen Antheil an dem Aberglauben seiner Zeit hatte, womit er einen äußeren Heuchlerschein verband. Ja sogar seine Gemahlin Irene, die mit des Kaisers wahrem Charakter wohl am besten vertraut sein konnte, war der Meinung, daß ihr sterbender Gemahl in den letzten Stunden die nämliche Verstellung gezeigt habe, mit der er in seinem ganzen Leben befreundet gewesen sei. Auch nahm er warmen Antheil an allen kirchlichen Dingen, bei welchen Ketzerei, die der Kaiser wahrhaft oder verstellter Weise verabscheute, im Spiele war. In der Art, womit er die Manichäer oder Paulicianer behandelte, vermissen wir jene Nachsicht mit speculativen Irrthümern, die nach dem Urtheile unserer Tage durch die äußeren Verdienste jener unglücklichen Sectirer aufgewogen wurden. Alexius hatte keine Nachsicht mit allen, welche die Geheimnisse oder Dogmen der Kirche falsch auslegten, und die Pflicht, die Religion gegen Ketzer zu vertheidigen, lag ihm, wie er glaubte, eben so sehr ob, als die, das Reich gegen die zahllosen Barbarenhorden zu schützen, die von allen Seiten die Gränzen antasteten.

Diese Mischung von Verstand und Schwäche, von Gemeinheit und Würde, von kluger Mäßigung und Mangel an Muth (was man nach europäischer Anschauungsweise fast Feigheit nennen könnte) war die Grundlage von des Kaisers Alexius Charakter in einer Zeit, wo das Schicksal Griechenlands, und die Ueberreste griechischer Kunst und Bildung auf der Wage schwankten, und ihr Gewinn oder Verlust von der Geschicklichkeit abhing, womit der Kaiser das gefährliche Spiel, das ihm oblag, zu handhaben wußte.

Zweites Kapitel

Inhaltsverzeichnis
Othus. – – Dieser stolze Sproß Der Weltbeherrscherin, wie falsch du prahlst, Gleicht einer Trümmer, über'm Ocean, Dem Ueberbleibsel eines großen Lands, Das die Natur in's Wogengrab hinabzog. Nun streckt ein schwarzer Fels das Haupt empor Aus wüster See, und blicket ernst umher, Voll stiller Majestät.
Constantin Paläologus, Sc. 1.

Unsere Scene in der Hauptstadt des oströmischen Reichs eröffnet sich in der Nähe des goldnen Thors, und im Vorbeigehen sei's gesagt, daß diese glänzende Benennung gar nicht so leichtsinnig verliehen worden war, wie man es von dem Geprahle der Griechen erwarten könnte, die mit Uebertreibung von sich, ihren Bauten und Monumenten zu sprechen pflegten.

Die starke und anscheinend uneinnehmbare Mauer, womit Constantin die Stadt umgab, ward von Theodosius dem Großen vergrößert und verstärkt. Ein Triumphbogen, im Geschmack eines besseren wiewohl schon entarteten Zeitalters, diente zugleich als Thor, um den Fremden in die Stadt einzulassen. Auf dem Gipfel stand eine eherne Statue der Siegesgöttin, welche die Wagschale der Schlacht zu Gunsten Theodosius' geneigt hielt, und da der Künstler Reichthum zeigen wollte, wenn's an Geschmack fehlte, so verschafften die goldenen Zierden, womit die Inschriften eingesetzt waren, dem Thore leicht seinen volksthümlichen Namen. Figuren, die aus einer älteren und für die Kunst glücklicheren Zeit herstammten, schauten von den Mauern, ohne mit dem Geschmack, worin diese erbaut waren, übereinzustimmen. Die neueren Verzierungen des goldenen Thors hatten zur Zeit unserer Geschichte einen ganz andern Charakter als jene Inschriften, welche den zur Stadt zurückgebrachten Sieg und den ewigen Frieden als durch das Schwert des Kaisers Theodosius gewonnen, rühmten. Vier oder fünf Kriegsmaschinen zum Schleudern großer Wurfgeschosse standen auf dem Triumphbogen, und der Bau, der ursprünglich nur zur Zierde errichtet worden war, mußte nun zur Vertheidigung dienen.

Es war zur Abendzeit und die kühle, erfrischende Seeluft lud die Wanderer, deren Geschäfte nicht dringend waren, ein, sich auf dem Wege zu verweilen, und einen Blick auf den romantischen Thorweg und die zahlreichen merkwürdigen Gegenstände zu werfen, welche Constantinopel in Kunst und Natur dem Einheimischen und Fremden darbot.

Ein Individuum jedoch betrachtete die Merkwürdigkeiten mit mehr Eifer und Erstaunen, als man es von einem Einheimischen hätte erwarten können, und in seinem lebhaften und unruhigen Auge las man den Eindruck, den der neue und ungewohnte Anblick auf ihn machte. Dem Anschein nach war es ein fremder Kriegsmann, der nach der Gesichtsfarbe zu urtheilen, weit von der griechischen Hauptstadt zu Hause sein mußte, was für ein Zufall auch ihn jetzt zum goldnen Thore führen, oder was für eine Stelle er in des Kaisers Dienst einnehmen mochte.

Dieser junge Mann war etwa zweiundzwanzig Jahr alt, ausgezeichnet schön und kräftig gebaut – Eigenschaften, worauf sich die Bürger von Constantinopel verstanden: denn durch die öffentlichen Spiele waren sie wenigstens mit dem menschlichen Körper bekannt geworden, da sie bei diesen Gelegenheiten außer ihren eigenen Landsleuten die schönsten Leute der Erde sahen.

Diese waren jedoch nicht alle so schlank als der Fremde am goldenen Thor, dessen scharfes, blaues Auge und schönes Haar, das unter dem silberverzierten, oben mit einem rachenaufsperrenden Drachen geschmückten Helme hervorquoll, einen Sohn des Nordens ankündigte, was die große Reinheit seiner Gesichtsfarbe ebenfalls bestätigte. Wiewohl die Schönheit seiner Züge und seiner Gestalt ausgezeichnet war, so konnte man ihm doch den Vorwurf von Weichlichkeit nicht machen. Davor bewahrte den Jüngling seine Stärke, und das zuversichtliche Selbstvertrauen, womit er die Wunder um sich her zu betrachten schien, indem sich dadurch kein träger, eben so unbelehrter als ungelehriger Geist zu erkennen gab, sondern ein lebendiger Verstand, der den größeren Theil der Belehrung, die ihm geworden ist, begreift, und sich anstrengt, auch das zu begreifen, was er entweder nicht erfaßt hat oder falsch verstanden zu haben fürchtet. Dieser lebendige und verständige Ausdruck erweckte Theilnahme für den jungen Barbaren, und während sich die Umstehenden verwunderten, daß ein Wilder aus irgend einer unbekannten, entlegenen Ecke der Welt in seinen edlen Zügen einen ungewöhnlichen Geist ankündigte, schenkten sie ihm ihre Achtung wegen der Ruhe, womit er so viele Dinge, deren Form, Pracht oder Nutzen ihm neu sein mußten, in Augenschein nahm.

Der Anzug des Jünglings war ein sonderbares Gemisch von Pracht und Weichlichkeit, und ließ die erfahrenen Zuschauer die Herkunft und den Stand desselben errathen. Wir haben bereits des phantastischen Helmes gedacht, der eine Auszeichnung des Fremden war; der Leser muß sich hierzu noch einen kleinen Harnisch denken, der so knapp gemacht war, daß er die breite Brust, woran er mehr zur Zierde als zum Schutz hing, nur wenig deckte, und es war nicht zu hoffen, daß er die Brust beschützen würde, wenn ein Geschoß oder Pfeil kräftig wider ihn anstürme.

Ein Ding wie ein Bärenfell hing ihm zwischen den Schultern den Rücken herab; in der Nähe betrachtet, fand es sich, daß es künstlich nachgemacht war: es war ein Oberkleid von starker, zottiger Seide, das so gewoben war, daß es aus der Ferne ziemlich einer Bärenhaut glich. Ein glänzendes, krummes Schwert hing in einer Scheide von Gold und Elfenbein an des Fremden linker Seite; das verzierte Heft schien jedoch für die starke Hand des jungen Herkules, den es also lustig schmückte, viel zu klein. Ein purpurfarbiges Kleidungsstück, das eng an den Hüften saß, deckte den Kriegsmann bis über das Knie; von da waren Kniee und Beine nackt bis zu den Waden, worüber sich die Riemen der Sandalen kreuzweise schlangen, während eine in eine Schnalle verwandelte Goldmünze des regierenden Kaisers diese Bänder auf dem Rücken des Fußes festhielt.

Aber eine Waffe, die besser zu des jungen Barbaren Gestalt paßte, und die ein Schwächerer nicht hätte führen können, war eine Streitaxt, deren starker, eisenbeschlagener Stiel von Rüsterholz mit Messing fest bedeckt war, während manches Blech und mancher Ring das Holz mit dem Stahle verband. Die Axt an sich hatte zwei Schärfen nach vorn und nach hinten, zwischen denen sich eine scharfe Stahlspitze erhob. Dieser stählerne Theil, Schärfen und Spitze, war hell wie ein Spiegel geglättet, und wiewohl das Gewicht der Axt für einen Schwächeren schwer gewesen sein würde, so trug sie doch der junge Krieger so geschickt, als wäre sie federleicht. In der That war die Waffe so wohl nach dem Gesetze des Gleichgewichts zusammengesetzt, daß derjenige, der sie in Händen hielt, sie weit leichter auswerfen und zurückziehen konnte, als es ein bloßer Zuschauer für möglich halten mochte.

Das Tragen von Waffen selbst kündete den Krieger als einen Fremden an. Die eingebornen Griechen zeigten sich darin als ein civilisirtes Volk, daß sie in Friedenszeiten keine Waffen trugen, wenn nicht der Träger derselben zu den Kriegern von Handwerk gehörte, die immer bewaffnet waren. Dergleichen Söldner wurden leicht von den friedlichen Bürgern unterschieden, und es war mit einer sichtbaren Art von Scheu und Abneigung, daß sich die Vorübergehenden einander sagten, der Fremde wäre ein Waräger, worunter man einen Barbaren von der kaiserlichen Leibwache verstand.

Um den Mangel an Kriegermuth unter den eigenen Unterthanen zu ersetzen, und um Soldaten zu haben, die nur von dem Kaiser abhingen, hatten die griechischen Herrscher seit vielen Jahren ihre Person mit einer gewissen Anzahl von Söldnern umgeben, und diese Leibwächter waren vermöge ihrer strengen Disciplin und ihrer Ergebenheit, so wie auch durch ihre persönliche Stärke und ihren unbeugsamen Muth hinlänglich, nicht nur ein verrätherisches Unternehmen gegen des Kaisers Person zu unterdrücken, sondern auch jede offene Empörung, wenn dieselbe von keiner starken Militärmacht unterstützt war, zu dämpfen. Ihr Sold war darum bedeutend; ihr Rang und anerkannter Muth verschafften ihnen eine gewisse Achtung bei dem Volke, dessen Heldensinn seit langer Zeit in keinem großen Rufe stand, und wenn die Waräger als Fremde und als eine privilegirte Schaar oft zu willkürlichen und unpopulären Dingen verwandt wurden, so hatten doch die Eingebornen trotz ihrer Abgeneigtheit so große Furcht vor denselben, daß sich die kühnen Fremdlinge wenig daraus machten, in welchem Lichte sie bei den Einwohnern von Constantinopel ständen. Ihr Anzug und ihre Rüstung, während sie sich in der Stadt befanden, waren dem reichen oder vielmehr überspannten Costüm ähnlich, was wir beschrieben haben, und das dem der Waräger in ihren heimischen Wäldern nur künstlich nachgemacht war. Doch wenn die Glieder dieser Schaar zu Diensten außerhalb der Stadt verwandt wurden, so wurden sie mit Rüstung und Waffen versehen, die denen, welche sie in der Heimath zu tragen pflegten, mehr glichen, die also weniger prächtig aber fürchterlicher waren; auf diese Weise wurden sie in's Feld geschickt.

Die Schaar der Waräger (welcher Name nach einer Erklärung Barbaren im Allgemeinen bedeutet) war in einer früheren Zeit des Kaiserreichs aus den nordischen Seeräubern gebildet worden, die der heißeste Durst nach Abenteuer und die größte Verachtung der Gefahr über den unwegsamen Ocean führte. »Seeräuberei,« sagt der geistreiche Gibbon, »war die Schule, der Handel, der Ruhm und die Tugend der jungen Scandinavier. Unzufrieden mit dem kalten Klima und den engen Gränzen, sprangen sie auf vom Gelage, erfaßten die Waffen, stießen in's Horn, bestiegen die Schiffe und durchsuchten alle Küsten, wo Beute oder Niederlassung zu hoffen war.«

Die durch diese wilden Seekönige, wie sie sich nannten, in Frankreich und Britannien gemachten Eroberungen haben die Thaten anderer nordischen Kämpen verdunkelt, die lange vor Comnenus bis nach Constantinopel gekommen waren, und die Pracht und Schwäche des griechischen Kaiserreichs mit eigenen Augen ermessen hatten. Viele fanden ihren Weg hierher durch die ungebahnten Steppen Rußlands, andere kamen auf ihren Seeschlangen, wie sie ihre Raubschiffe nannten, über das mittelländische Meer geschifft. Die Kaiser, über die Erscheinung dieser Bewohner der kalten Zone erschrocken, handelten nach der gewöhnlichen Politik eines reichen und unkriegerischen Volkes: sie erkauften mit Gold das Schwert der Fremdlinge und errichteten so eine Schaar von Leibwächtern, die an Heldenmuth die berühmten Prätorianer in Rom übertraf und die, vielleicht weil sie weniger zahlreich war, mit unwandelbarer Treue an ihren neuen Fürsten hing.

Aber in einer späteren Zeit des Kaiserreichs ward es den Kaisern schwerer, Rekruten für diese auserwählte Schaar zu bekommen: denn die nordischen Völker hatten fast ganz das Räuberleben aufgegeben, das ihre Väter von der Meerenge von Helsingör nach der von Sestos und Abydos geführt hatte. Die Schaar der Waräger hätte sonach aussterben oder durch schlechtere Subjekte ersetzt werden müssen, hätte nicht die Eroberung der Normannen im entfernten Westen dem Comnenus ein großes Hülfsheer verschafft, das aus den vertriebenen Bewohnern der britischen Inseln, besonders Englands bestand, und das Rekruten für die ausgewählte Leibwache lieferte. Diese Leute waren freilich Angelsachsen; doch bei der am Hofe von Constantinopel herrschenden geographischen Verwirrung wurden sie natürlich genug Angeldänen genannt, da ihre Heimath mit dem alten Thule verwechselt wurde, worunter die shetländischen und arkadischen Inseln verstanden werden müssen, wiewohl die Griechen Dänemark oder Britannien darunter begriffen. Die Ausgewanderten redeten eine Sprache, die der der ursprünglichen Waräger glich; und sie nahmen den Namen derselben desto lieber an, weil er sie an ihr unglückliches Schicksal erinnerte, da dies Wort auch Verbannter erklärt werden kann. Außer den Oberbefehlshabern, die der Kaiser selbst ernannte, hatten die Waräger Offiziere aus ihren eigenen Landsleuten, und unter dem Genusse vieler Privilegien dauerten sie, indem sie von Zeit zu Zeit durch viele ihrer Landsleute, welche die Kreuzzüge, Pilgerfahrten oder häusliches Unglück nach dem Osten führte, verstärkt wurden, in aller Kraft bis in die letzten Tage des griechischen Kaiserthums; bis dahin bewahrten sie ihre heimische Sprache, die untadelhafte Treue und den unerschütterlichen Heldensinn, wodurch sich ihre Väter ausgezeichnet hatten.

Dieser Bericht über die Schaar der Waräger ist streng historisch, und kann durch Anführung der Byzantiner bewiesen werden; die Mehrzahl der letzteren, wie auch Villehardouin's Bericht über die Eroberung von Constantinopel durch die Franken und Venetianer erwähnen mehrfach diese berühmte Schaar von Engländern, die den griechischen Kaisern als Leibwache diente.

Das Gesagte reicht hin, uns die Erscheinung eines Warägers am goldenen Thore zu erklären, und wir können nun in der angefangenen Erzählung fortfahren.

Es darf nicht befremden, daß der Kriegsmann von der Leibwache von den vorübergehenden Bürgern mit einiger Neugier betrachtet wurde. Man muß annehmen, daß sich die Waräger rücksichtlich ihrer Dienstpflichten nicht aufgemuntert fühlten, häufige Verbindungen mit den Einwohnern zu unterhalten: abgesehen davon, daß sie gelegentlich polizeiliche Aufträge zu besorgen hatten, wodurch sie mehr gefürchtet als beliebt wurden, war es ihnen nicht verborgen, daß ihr hoher Sold und ihre unmittelbare Abhängigkeit von dem Kaiser Gegenstände des Neids für die anderen Krieger seien. Darum hielten sie sich in der Nähe ihrer Baracken, und selten entfernten sie sich weit von denselben, wenn nicht ein Auftrag der Regierung es ihnen gebot.

Unter diesen Umständen war es natürlich, daß ein so neugieriges Volk wie die Griechen einen Fremdling betrachtete, der bald stille stand, bald hin und her schritt gleich einem Manne, der den gesuchten Ort nicht finden kann oder der eine Person verfehlt hat, mit der er zusammenkommen wollte, wofür der Scharfsinn der Vorübergehenden tausenderlei verschiedene Gründe fand. »Ein Waräger,« sagte ein Bürger zu einem anderen, »und das im Dienst – hm! Dann muß ich Euch in's Ohr sagen –«

»Was meint Ihr, daß er vorhat?« fragte der andere, an den die Bemerkung gerichtet war.

»All' ihr Götter! kann ich Euch das sagen? vermuthlich soll er hier erlauschen, wie das Volk vom Kaiser spricht,« sagte der Naseweise von Constantinopel.

»Das ist unwahrscheinlich,« versetzte der andere; »diese Waräger reden unsere Sprache nicht, und taugen nicht viel zu Spionen, weil die Wenigsten von ihnen ein griechisches Wort verstehen. Es ist nicht wahrscheinlich, daß der Kaiser einen als Spion gebraucht, der die Landessprache nicht versteht.«

»Aber wenn, wie Jedermann glaubt,« antwortete der Politikus, »unter diesen barbarischen Söldnern Leute sind, die fast alle Sprachen reden, so müßt Ihr zugeben, daß dieselben wohl geeignet sind, sich klar umzuschauen, weil sie das Talent der Beobachtung und der Hinterbringung besitzen, das ihnen Niemand zutraut.«

»Es mag sein,« versetzte der andere; »doch da wir so deutlich des Fuchses Pfote unter dem Schaffell oder vielmehr unter der Bärenhaut hervorscheinen sehen, thäten wir nicht besser, heimwärts zu schlendern, ehe man uns beschuldigen kann, einen Waräger von der Garde beschimpft zu haben?«

Diese eingebildete Gefahr, die der letzte Redner, ein älterer und erfahrenerer Politikus als sein Freund, besorgte, bestimmte beide zu einem schnellen Rückzug. Sie ordneten ihren Anzug, faßten sich bei den Armen, und indem sie vor Furcht und Argwohn leise zu einander sprachen, eilten sie, dicht an einander gedrängt, ihren Wohnungen zu, die in einem entlegenen Quartier der Stadt lagen.

Indessen neigte sich die Sonne zum Untergang, und die Mauern, Bollwerke und Bogen warfen ostwärts einen größeren und schwärzeren Schatten. Der Waräger schien ermüdet durch den engen Kreis, worin er sich seit mehr als einer Stunde herumgetrieben hatte, und worin er noch wie ein gebannter Geist einherschwebte, der den Ort, wohin ihn ein Zauber beschworen, nicht ohne dessen Lösung verlassen kann. Er warf einen ungeduldigen Blick nach der Sonne, die eben in lichter Gluth hinter einem Cypressenhain unterging, wählte sich dann einen Ruheplatz auf einer steinernen Bank unter dem Triumphbogen, und nachdem er die Axt, seine Hauptwaffe, dicht an sich gezogen und seinen Mantel umgeschlagen hatte, schlief er in wenigen Minuten ein, wiewohl sein Anzug und der Ort, wo er sich befand, dem Schlummer nicht günstig waren. Der unwiderstehliche Trieb, der ihn einen so ungeeigneten Ruheplatz wählen ließ, mochte auf Ermüdung in Folge von der Nachwache beruhen, die am vergangenen Abend einen Theil seines Dienstes ausgemacht hatte. Während er sich jedoch dem Schlummer überließ, blieb der Geist in ihm so munter, daß er mit geschlossenen Augen fast wachte, und daß nie ein Jagdhund einen leichteren Schlaf hatte als unser Angelsachse am goldenen Thor zu Constantinopel.

Und wie vorhin der Herumschlenderer, so gab nun der Schläfer den Vorübergehenden zu Bemerkungen Anlaß. Zwei Männer traten zusammen in die Halle. Der eine war ein etwas kleiner, aber ein lebhaft aussehender Mann, Lysimachus geheißen, seines Gewerbs ein Zeichner. Eine Rolle Papier und ein Säckchen mit Kreide oder Bleistiften, die er in der Hand hielt, waren sein Handwerkszeug, und seine Bekanntschaft mit den Ueberresten alter Kunst ließ ihn von Dingen reden, deren Ausführung sein Talent weit überragte. Sein Gesellschafter, ein wohlgebildeter und insoweit dem jungen Barbaren ähnlicher Mann, nur von gröberem, bäurischerem Gesichtsausdruck, war Stephanos der Ringer, in der Palästra wohlbekannt.

»Halt ein wenig, mein Freund,« sagte der Künstler, seine Bleistifte hervorziehend, »bis ich eine Skizze für meinen jungen Herkules genommen habe.«

»Ich dachte, Herkules sei ein Grieche gewesen,« sagte der Ringer. »Dies schlafende Vieh ist ein Barbar.«

Es lag etwas Bitteres in diesen Worten, und der Zeichner beeilte sich, den Aerger, welchen er absichtslos erregt hatte, zu begütigen. Stephanos, mit dem Beinamen Kastor, hochberühmt in der Gymnastik, war ein Beschützer des kleinen Künstlers, und brachte vermöge seiner Berühmtheit die Talente seines Freundes in Achtung.

»Schönheit und Stärke,« sagte der gewandte Künstler, »gehören keinem Volke ausschließlich an; und es ist meine größte Freude, sie zu vergleichen, ob sie sich nun finden bei dem ungebildeten nordischen Wilden oder bei dem Liebling eines erleuchteten Volkes, der gymnastische Vollkommenheit mit den ausgezeichnetsten Naturgaben vereinigt, wie wir es nur noch an den Werken eines Phidias und Praxiteles sehen – oder an unserem lebendigen Abbild der gymnastischen Kämpfer des Alterthums.«

»Ja, ich muß gestehen, daß der Waräger ein schöner Mann ist,« sagte der athletische Held in besänftigendem Ton; »aber der arme Wilde hat vielleicht sein Leben lang keinen Tropfen Oel auf der Haut gespürt. Herkules stiftete die isthmischen Spiele – –«

»Sieh da! was schläft da mit ihm in der Bärenhaut?« sagte der Künstler. »Ist es ein Prügel?«

»Fort, fort, Freund!« rief Stephanos, als sie den Schläfer näher betrachteten. »Wißt Ihr nicht, daß dies ihre barbarische Waffe ist? Sie kämpfen nicht mit Schwert und Lanze, wie man sie gegen Menschen von Fleisch und Blut anwendet, sondern mit Kolben und Aexten, als müßten sie Glieder von Stein und Sehnen von Eichenholz zerhacken. Ich verwette meine Krone (von verwelkter Petersilie), daß er hier liegt, um einen hohen Befehlshaber, der die Regierung beleidigt hat, zu verhaften! Sonst würde er nicht so furchtbar bewaffnet sein. – Fort, fort, guter Lysimachus; respectiren wir den Schlaf dieses Bären.«

Also sprechend machte sich der Held der Palästra davon mit anscheinend geringerer Zuversicht, als seine Gestalt und Stärke erwarten ließen.

Die Zahl der Vorübergehenden wurde, je mehr der Abend vorrückte und der Cypressenschatten dunkler fiel, immer geringer. Zwei Weiber niedrigen Standes warfen ihre Blicke auf den Schläfer. »Heil'ge Maria!« sagte die eine, »ob er mich nicht an das morgenländische Mährchen erinnert, wo die Genien einen artigen jungen Prinzen aus seiner Hochzeitkammer in Aegypten nehmen, und den schlafenden am Thore von Damaskus lassen. Ich will das arme Lamm wecken, damit ihm der Nachtthau keinen Schaden thue.«

»Schaden?« antwortete das ältere Weib, das mürrischer aussah. »Freilich, es wird ihm schaden wie das kalte Wasser aus dem Cydnus dem wilden Schwan. Ein Lamm? – ja, meiner Treu! Er ist ein Wolf oder Bär, wenigstens ein Waräger, und keine ehrbare Dame wird einen so ungeschliffenen Barbaren anreden wollen. Ich will Euch erzählen, was mir einer von diesen Angeldänen für einen Streich gespielt hat –«

Mit diesen Worten zog sie ihre Begleiterin fort, die ihr ungern folgte und auf ihr Geschnatter zu horchen schien, während sie nach dem Schläfer zurückschaute.

Der gänzliche Untergang der Sonne und das fast gleichzeitige Verschwinden der Dämmerung, die auf jenem Breitengrade nur kurz ist (einer der wenigen Vorzüge eines gemäßigteren Klimas ist die längere Dauer dieses angenehmen Lichtes), gaben den Stadtwächtern das Zeichen, die Flügelthüren des goldnen Thors zu schließen; nur ein leichtverschloßnes Pförtchen blieb für den Einlaß derer, die sich in Geschäften außerhalb der Mauer verspätet hatten, und Aller, die ein kleines Sperrgeld zahlen wollten. Der scheinbar bewußtlose Zustand des Warägers entging denen nicht, die das Thor zu bewachen hatten und deren starke Wache aus gewöhnlichen griechischen Soldaten bestand.

»Bei Kastor und Pollux,« sagte der Centurio, – denn die Griechen schwuren bei den alten Göttern, wiewohl sie dieselben nicht mehr verehrten, und behielten die militärischen Würden bei, womit die alten Römer die Welt erschüttert hatten, wiewohl sie von der Sitte ihrer Altvordern abgefallen waren – »bei Kastor und Pollux, Cameraden, wir können an diesem Thore kein Gold gewinnen, wie es uns sein Name verheißt; aber es wäre unser Fehler, wenn wir keine Nachlese in Silber halten könnten; und obwohl das goldne Zeitalter das älteste und ehrwürdigste ist, so müssen wir uns doch in unseren schlechten Tagen mit dem Blinken des geringeren Metalls begnügen.«

»Wir wären nicht werth, unserem edlen Centurio Harpax zu folgen,« antwortete einer der Wächter, der den geschornen Kopf und das Haarbüschel eines Muselmannes hatte, »wenn uns Silber keine hinreichende Lockspeise wäre, wann Gold nicht zu haben ist, wie wir denn auf Manneswort seit Monaten keins mehr gesehen haben, sei es aus dem kaiserlichen Schatz, sei es aus dem Beutel anderer Leute.«

»Aber dies Silber,« sagte der Centurio, »sollst du mit deinen eignen Augen sehen, und es klingen hören in der Börse, die unsere gemeinsame Baarschaft enthält.«

»Enthielt, wolltest du sagen, sehr tapferer Hauptmann,« versetzte der untergebene Wächter; »denn was die Börse jetzt enthält – einige elende Obole nicht gerechnet, um Kraut und gesalzene Fische, die uns unseren abgestandenen Wein schmackhaft machen, zu kaufen, – das weiß ich nicht, aber gern überlasse ich meinen Antheil daran dem Teufel, wenn ihr Inhalt einem andern Zeitalter als dem kupfernen angehört.«

»Ich will unsern Schatz wieder füllen,« sagte der Centurio, »wäre er auch noch leerer, als er es ist. Stellt euch dicht an das Pförtchen, ihr Leute. Bedenkt, daß wir kaiserliche Wächter sind oder die Wächter der Kaiserstadt, das läuft auf eins hinaus, und macht, daß uns Niemand plötzlich überrasche; – und da wir nun auf unserer Hut sind, so will ich euch erklären – Doch halt,« sagte der tapfere Centurio, »sind wir alle hier getreue Brüder? Verstehen wir alle die alte und löbliche Sitte unserer Wache, Alles geheim zu halten, was den Nutzen und Vortheil unsrer Wache betrifft, und die gemeine Sache zu fördern und zu unterstützen ohne Hinterbringung und Verrath?«

»Ihr seid heute gar argwöhnisch,« versetzte der Wächter. »Wahrhaftig, wir haben Euch beigestanden in wichtigeren Dingen, ohne zu schwatzen. Habt Ihr's vergessen, wie der Juwelier vorbeikam? – das war kein goldnes und kein silbernes Zeitalter; aber wäre jetzt so ein Diamant –«

»Still, Ismail der Ungläubige,« sagte der Centurio, »denn ich danke dem Himmel, daß wir alle Religionen hier haben, weil wir dann gewiß auch die wahre darunter zu besitzen hoffen können. – Still, sag' ich; es ist nicht nöthig, daß du mir beweisest, du könnest neue Geheimnisse bewahren, indem du alte enthüllst. Komm hierher – lug' durch das Pförtchen nach der steinernen Bank, im Schatten der großen Halle – sag' mir, alter Kerl, was du dort siehst?«

»Einen Mann im Schlaf,« sagte Ismail. »Beim Himmel, so viel ich beim Mondlicht sehen kann, so ist's einer von den Barbaren, einer von den Inselhunden, die sich der Kaiser hält!«

»Und kann dein erfinderischer Kopf,« sagte der Centurio, »aus diesem Umstand keinen Vortheil für uns ziehen?«

»Ei nun,« sagte Ismail; »sie haben gute Löhnung, im Vergleich mit uns Muhamedanern und Nazaräern, wiewohl sie nicht nur Barbaren, sondern heidnische Hunde sind. Dieser Schlingel hat sich in geistigem Getränk benebelt, und versäumt, zu rechter Zeit nach Hause zu gehen. Er wird scharf bestraft werden, wenn wir ihn nicht einlassen; sollen wir ihn aber einlassen, so muß er uns seinen Gurt ausleeren.«

»Das zum wenigsten – das zum wenigsten,« antworteten die Soldaten der Stadtwache, indem sie sorgsam ihre Stimmen dämpften, obgleich sie im lebhaften Tone sprachen.