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Eine Sammlung spannender, echter Kriminalfälle aus Dänemark, Schweden und Norwegen: Eine entstellte Frauenleiche in einem Kopenhagener Hotelzimmer; ein exzentrischer norwegischer Maler, der der Steuerhinterziehung angeklagt wird; zwei grausame Mädchenmorde im ländlichen Schweden; ein mysteriöser Leichenfund in einem Kopenhagener Park; ein Mini-U-Boot, das auf Leichensuche in einen norwegischen Fjord geschickt wird – diese Zusammenstellung unterschiedlicher True-Crime-Fälle kann es mit jedem Krimi aufnehmen.-
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Seitenzahl: 210
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Preben Emil Andersen, Torgeir P. Krokfjord, Leif Nykvist
Saga
Die größten Kriminalfälle Skandinaviens - Teil 3
Übersezt von Hannah Böttcher
Titel der Originalausgabe: Die größten Kriminalfälle Skandinaviens - Teil 3
Originalsprache: dem Dänischen
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 0, 2021 Preben Emil Andersen, Torgeir P. Krokfjord, Leif Nykvist und SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726792812
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
www.sagaegmont.com
Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Von Kriminalkommissar Preben Emil Andersen, Abteilung Delikte am Menschen, Polizei Kopenhagen.
Dieser Artikel handelt von einem brutalen Mord an einer norwegischen Stewardess, die im Hotel Radisson Blu in Kopenhagen einquartiert war.
Der Getöteten, die heftigen Widerstand leistete, wurden insgesamt 63 Verletzungen im Gesicht und am Körper zugefügt.
Bei den Ermittlungen fiel der Verdacht ziemlich schnell auf eine Person, die sich am Nachmittag des 1. März 2010 im Kasino des Hotels aufgehalten und später am selben Abend den Aufzug in den 22. Stock genommen hatte.
Der Täter wurde am 2. März als der rumänische Staatsbürger Clita identifiziert, wonach international nach ihm gefahndet und er intensiv in Kopenhagen gesucht wurde. Clita meldete sich selbst am 3. März bei der schwedischen Polizei und wurde am Tag danach nach Dänemark überführt.
Über den Mord wurde ausführlich in den dänischen und norwegischen Medien berichtet, was in Dänemark eine große Debatte über die Aktivitäten und den Aufenthalt krimineller Osteuropäer in Dänemark sowie die offenen Grenzen innerhalb des Schengen-Raums hervorrief.
Am Dienstag, den 2. März 2010 um 11:11 Uhr, ging bei der Polizeistation Amager eine Anzeige ein, dass man im Hotelzimmer 2025 im Radisson Blu, Amager Boulevard 70, eine tote Frau gefunden hatte.
Der Sicherheitschef des Hotels erklärte, dass das Reinigungspersonal die Frau gefunden habe. Er erläuterte, dass das Reinigungspersonal sich mit einer Schlüsselkarte Zugang zum Zimmer verschafft habe, als auf ihr Klopfen hin nicht geöffnet worden war. Abgesehen von der Toten seien in dem Zimmer keine anderen Personen anwesend gewesen, als die Reinigungskraft das Zimmer betrat.
Mitarbeiter der Polizeistation Amager fuhren sofort zum Ort des Geschehens, wo sie kurz darauf bei ihrer Ankunft den Notarzt trafen, der sagte, er habe die Frau im Hotelzimmer für tot erklärt. Der Arzt erläuterte den Polizisten, dass die Frau allen Anzeichen nach schwerer Gewalt ausgesetzt worden sei.
Die Polizei sperrte den Großteil der Etage ab, auf der die Frau gefunden worden war. Man sorgte dafür, dass keine Personen die übrigen Zimmer auf der Etage verließen.
Ermittler der Polizeistation Amager wurden hinzugerufen und begannen mit der Vernehmung der eingemieteten Hotelgäste auf der Etage sowie des Hotelpersonals.
Die Kriminaltechniker wurden für die Untersuchung des Tatorts angefordert, bei dem es sich um ein Hotelzimmer im 20. Stock handelt.
Ove Dahl, der Chef der Mordkommission, und sein Team wurden ebenfalls angefordert und erreichten den Tatort kurze Zeit darauf. Sie begannen zusammen mit den Ermittlern der Polizeistation Amager mit der Vernehmung der Hotelgäste.
Darüber hinaus sah die Polizei zusammen mit dem Hotelpersonal die Videoüberwachung des Kasinos sowie des Aufzugs durch, um festzustellen, wann die Getötete den Fahrstuhl genommen hatte, und um eventuell den Täter zu finden.
Die Getötete war die 42-jährige norwegische Stewardess Vera.
Das Hotel stellte der Polizei ein Zimmer im 20. Stock zur Verfügung. Das Hotelpersonal erklärte, dass weder am Tag vor noch am Tag nach dem 1. März dort Gäste gewohnt hätten. Die Polizei benutzte das Zimmer als Besprechungsraum.
Das Hotelzimmer, das im 20. Stock liegt, besteht aus einem Flur, einem Zimmer und einem Badezimmer. Im Zimmer befindet sich ein Schreibtisch mit einem Stuhl, ein Fernseher, Lampen sowie ein Bett und Nachttisch.
Die Untersuchung zeigte, dass es keine Aufbruchspuren an der Eingangstür gab. Drinnen im Zimmer, wo die Tote auf dem Boden liegend gefunden worden war, konnte man viele Blutspritzer sehen, und es war offensichtlich, dass ein heftiger Kampf stattgefunden haben musste, da Lampen umgeworfen und Möbel herumgeschoben worden waren. Es gab Blutverschmutzungen auf den Möbeln, an der Wand, der Decke, den Gardinen und dem Fenster, am meisten jedoch im Bereich um die Getötete herum. Darüber hinaus gab es auch welche an der Innenseite der Zimmertür. Die Gardinen im Zimmer waren teilweise zugezogen, sodass es nur einen circa einen Meter breiten Lichteinfall vom Fenster gab. Der Fernseher war eingeschaltet und auf einen norwegischen Kanal mit normaler Lautstärke gestellt.
Unmittelbar am Eingang des Flurs stand ein blutbeschmierter Tisch mit mehreren fast kreisförmigen Blutstropfen an einer Ecke der Tischplatte. In der Nähe des Schranks und der Minibar waren Blutspritzer auf der Tischplatte, dem Bildschirm des Fernsehers und auf der Tür der Minibar zu sehen, und auf dem Boden neben der Minibar standen fünf Limonadenflaschen mit einzelnen kleinen Blutspritzern auf den Verschlüssen.
Im Badezimmer lagen eine blutbeschmutzte Badematte und ein blutbeschmutztes Handtuch.
Die Tote war von schwerer Gewalt gekennzeichnet, weil starke Verletzungen in ihrem Gesicht zu sehen waren.
Sie lag auf dem Boden neben der Heizung unter dem Fenster und trug einen Slip und einen BH und ein Kleidungsstück um ihre Taille.
Der gerufene Gerichtsmediziner Steen Holger Hansen hielt die gerichtsmedizinische Leichenschau zwischen 16:50 Uhr und 17:15 Uhr am Tatort ab und teilte mit, dass der Getöteten in den Hals, ins Gesicht und in die Brust gestochen worden sei. Sie hatte viele Schlagverletzungen im Gesicht, einen Schädelbruch und ihr waren Zähne ausgeschlagen worden. Auch hatte sie Abwehrverletzungen an den Armen. Er schlussfolgerte, dass die Getötete seit mehr als 12 Stunden tot sei und beurteilte die Todesursache als Verbluten infolge der Verletzungen.
Nach der Leichenschau wurde die Getötete ins Gerichtsmedizinische Institut zur Obduktion gefahren, die laut Gerichtsmediziner am nächsten Tag stattfinden sollte.
Die Hundestaffel wurde kontaktiert und suchte im Gebiet um das Hotel herum nach der eventuellen Tatwaffe. Es wurde zwar keine Tatwaffe außerhalb des Hotels gefunden, aber man fand ein Brecheisen im Gebüsch, das sich jedoch später als nicht mit der Tat in Verbindung stehend herausstellte.
Anhand der Videoüberwachung konnte festgestellt werden, dass die Ermordete am 1. März um 15:57 Uhr zusammen mit Kolleginnen angekommen war und an der Rezeption ein Zimmer zugewiesen bekam, wonach sie den Aufzug in den 20. Stock nahm.
Bei der Vernehmung einer Zeugin aus dem 18. Stock kam heraus, dass die Zeugin am 1. März gegen 20:10 Uhr eine Frau hatte schreien hören, weshalb sie bei der Rezeption angerufen und erzählt hatte, dass sie Frauenschreie gehört habe, die, so meinte sie, entweder aus dem Stock über oder unter ihrem Zimmer gekommen seien.
Später zeigte sich, dass das Hotelpersonal den 17., 18. und 19. Stock untersucht, aber nichts Verdächtiges gefunden hatte. Man hatte somit nicht die 20. Etage untersucht, wo die Getötete einquartiert war.
Über die Logdatei konnte festgestellt werden, dass die Schlüsselkarte für das Zimmer der Ermordeten, Nr. 2025, am 1. März um 16:02 Uhr benutzt worden war. Das nächste Mal, dass das Zimmer mit der Schlüsselkarte aufgeschlossen wurde, war am 2. März um 11:10 Uhr vom Hotelpersonal.
Die Getötete hatte somit ihr Zimmer seit der Zeit ihrer Ankunft am Nachmittag des 1. März, bis sie am Vormittag des 2. März gefunden wurde, nicht verlassen.
Bereits am Abend des 3. März fand die Polizei beim Durchsehen der Videoüberwachung des Kasinos und der Aufzüge eine Person, die man des Mordes verdächtigte. Der Sicherheitschef, der der Polizei beim Überprüfen der Videoüberwachung im Videomonitorraum des Hotels half, erinnerte sich, als er die Person sah, die von der Polizei verdächtigt wurde, dass er diese Person am 1. März gegen 18:45 Uhr im Kasino eingecheckt hatte. Die Person hatte einen Pass vorgezeigt, und der Name sowie die Passnummer wurden in den Computer des Kasinos eingegeben, was die normale Prozedur war. Über den Pass konnte festgestellt werden, dass der Verdächtige Clita hieß und rumänischer Staatsbürger war.
Aus der Videoüberwachung im Aufzug war ersichtlich, dass Clita um 20:00 Uhr den Fahrstuhl zusammen mit einer Frau nach oben genommen hatte, die später als Zeugin verhört wurde. Er trug eine Jacke mit einem weißen Hemd darunter, aber als er um 20:45 Uhr den Fahrstuhl wieder nach unten nahm, hatte er kein weißes Hemd an – jedoch hatte er etwas Weißes in der Hand. Die Uhr auf den Videoaufnahmen aus dem Fahrstuhl ging neun Minuten nach.
Nach Clita wurde am 3. März mit Fotos gefahndet, während im Kopenhagener Amtsgericht ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde.
Die Polizei suchte intensiv nach Clita in den Straßen Kopenhagens, genau wie die Hotels ein Foto von Clita mit der Bitte bekamen, die Polizei zu informieren, falls er auftauchen sollte.
Ein norwegischer Polizist kontaktierte die Polizei und erklärte, er habe im Internet eine Handynummer gefunden, die auf Clita registriert sei. Daraufhin wurde für diese Nummer Telefonüberwachung eingerichtet.
Am Nachmittag des 3. März kontaktierte die Malmöer Polizei die Kopenhagener Polizei und erläuterte, dass die gesuchte Person Clita sich von selbst in Schweden gemeldet hätte. Er habe gestanden, dass er es gewesen sei, der eine Stewardess im Radisson Blu in Kopenhagen getötet habe. Clita habe scheinbar gespürt, dass „die Erde unter ihm brennt“, da er überall im Fernsehen und in den Zeitungen ein Foto von sich gesehen habe. Es wurde ein Auslieferungsantrag für Clita gestellt, woraufhin Clita am 4. März von der dänischen Polizei in Malmö abgeholt wurde.
Schon während der Fahrt von Schweden nach Dänemark erzählte Clita unaufgefordert den Polizeibeamten im Auto, dass er eine Frau getötet habe.
Clita wurde am 4. März in Anwesenheit seines Strafverteidigers Knud Meden der Übertretung des Strafgesetztes § 237 beschuldigt – Totschlag. Clita wollte das Verhör damit beginnen, dass er sich selbst bei der Polizei gemeldet habe, da er es bereut habe, eine Frau getötet zu haben. Clita schilderte den Tathergang wie folgt:
Clita war am Abend des 28. Februar mit Bereicherungsabsichten mit dem Zug aus Schweden nach Kopenhagen gekommen, was er bereits vor circa einem Jahr schon einmal getan habe. Am Nachmittag des 1. März fuhr er zum Hotel Radisson Blu. Er wollte bis zur Abenddämmerung im Hotel bleiben und danach Einbrüche in einigen der neuen Wohnungen in der Nähe des Hotels begehen. Er dachte, dass solche neuen, teuren Wohnungen von Menschen mit viel Geld bewohnt werden müssten und es deshalb dort gute Dinge zu stehlen gäbe. Er ging ins Kasino des Hotels, wo er etwas Geld gewann. Es war allmählich dunkel geworden, und deshalb beschloss Clita, die Hotelgäste im Radisson Blu zu bestehlen, anstatt Einbrüche in Wohnungen zu begehen.
Er nahm den Fahrstuhl nach oben zufällig zusammen mit einer Frau und erinnerte sich nicht, in welcher Etage er ausstieg. Damit man sein Verlassen des Fahrstuhls später auf der Videoüberwachung nicht mit den Etagen in Verbindung bringen konnte, auf denen die Hotelgäste beraubt worden waren, ging er zunächst wieder einige Etagen nach unten, bevor er sich nach einem Ort zum Einbrechen umschaute.
Im 20. Stock hatte er gesehen, dass die Tür zu einem Zimmer angelehnt stand. Er guckte in das Zimmer hinein, wo eine Frau, die nur in Unterwäsche gekleidet war, auf dem Bett lag und Fernsehen schaute.
Als die Frau ihn sah, begann sie zu schreien, und als er näherkam, schlug sie mit einer Tischlampe nach ihm, woraufhin er ein Messer zückte, das er mitgebracht hatte. Er stach der Frau mit dem Messer in den Hals, wodurch die Messerklinge kaputtging. Er ging davon aus, dass er der Frau nicht so tief in den Hals gestochen haben konnte, da sie trotzdem weiter schrie.
Nachdem er ihr in den Hals gestochen hatte, begann die Frau, von ihm weg in Richtung Fenster zu gehen, während sie weiter schrie. Da kam Panik in ihm auf, weil er Angst hatte, jemand könne die Frau schreien hören.
Er versuchte deshalb zunächst, die Frau zum Schweigen zu bringen, indem er ihr mit geballter Faust ins Gesicht schlug und ihr seine rechte Hand in den Mund steckte, aber sie biss ihn in die Finger. Er fand sie wirklich stark – sie kämpfte.
Die Frau hatte eine Uhr an ihrer linken Hand, und sie schlug ihn so mit ihrer Hand, dass die Uhr ihn an der Stirn traf.
Da die Frau weiterhin brüllte und schrie, nahm er eine Metallstange, die er in seinem Rucksack mitgebracht hatte, und schlug ihr damit mehrere Male ins Gesicht.
Er traf die Frau unter anderem am Mund. Die Metallstange hatte eine Art Teleskop, das mit einem Knopf herausgeschoben werden konnte, doch dieses ging kaputt, als er die Frau damit schlug. Schließlich nahm er eine Brechstange aus seinem Rucksack und schlug der Frau mehrmals damit ins Gesicht. Da sie Widerstand leistete und schrie, wollte er sie „zum Schweigen bringen“. Erst nachdem die Frau viele Schläge mit dem Brecheisen bekommen hatte, sagte sie nichts mehr, aber sie stieß einige merkwürdige Laute aus.
Er nahm die Uhr der Frau, ihr Handy und zwei Portemonnaies mit, als er das Zimmer verließ, nachdem er sich das Blut von seinem Gesicht und seiner Kleidung gewaschen hatte. Zuvor hatte er sein Hemd ausgezogen, weil viel Blut darauf war. Unter dem Hemd hatte er ein schwarzes T-Shirt, auf dem nur wenig Blut war.
Bevor er das Zimmer verließ, nahm er das Handtuch, mit dem er sich abgetrocknet hatte, das kaputte Teleskop von der Metallstange sowie das Hemd mitsamt seiner Weste und steckte alles zusammen in den Rucksack. Das kaputte Messer, die Metallstange und das Brecheisen ließ er im Zimmer liegen. Er nahm auch eine Schlüsselkarte aus dem Badezimmer, sodass er den Aufzug nach unten nehmen konnte. Bevor er den Fahrstuhl benutze, ging er zwei, drei Etagen nach unten.
Er benutze die Schlüsselkarte, die er aus dem Zimmer der Frau genommen hatte, für den Fahrstuhl. Er hatte auch ein weißes Handtuch mitgenommen, mit dem er sich im zweiten Stock das Gesicht und die Kleidung abtrocknete. Nach dem Gebrauch legte er das Handtuch hinter die Toilette – er drückte es dahinter, sodass es nicht unmittelbar sichtbar war.
Danach ging Clita ins Kasino und spielte circa eine halbe Stunde, bevor er in der Garderobe seine Jacke ausgehändigt bekam und nach draußen ging und ein Taxi nahm. Er hatte sich eigentlich darüber gewundert, dass im Kasino keine Personen waren, die gesehen hatten, dass er Blut auf seiner Kleidung hatte. Clita wurde mit dem Taxi zum SAS Hotel gefahren, das in der Nähe des Kopenhagener Hauptbahnhofs liegt. Als er vom Taxi abgesetzt worden war, setze er sich draußen auf eine Bank und schaute, was er in seinem Rucksack hatte. Er sah, dass sein Hemd und seine Weste im Rucksack lagen, und er schmiss beide in einen Mülleimer in der Nähe. Er schaute auch in das Portemonnaie und schmiss diverse Quittungen ebenfalls in den Mülleimer. Kurz darauf ging er in eine beliebige Bar in der Nähe des Kopenhagener Hauptbahnhofs, wo er einen Wodka kaufte.
Um 00:45 Uhr nahm er den Zug nach Malmö. Er war sehr müde, schlief im Zug ein und wurde in Malmö von den Kontrolleuren geweckt. Er übernachtete in einem Hotel in Malmö und nahm am nächsten Morgen den Zug von Malmö nach Lund. Die beiden gestohlenen Portemonnaies warf er zusammen mit dem Handy in einen Mülleimer.
Danach ging er in Lund auf einen Friedhof, wo er den Rucksack und das Geld wegwarf. Da kein Guthaben mehr auf seinem Handy war, lieh er sich in Lund das Handy von einem Rumänen, den er zufällig getroffen hatte, und rief damit seine Frau in Rumänien an, um sie zu veranlassen, mehr Geld auf sein Handy zu laden, sodass er damit wieder telefonieren könne.
Gleich nachdem Geld auf sein Handy geladen worden war, wurde er von einem norwegischen Journalisten angerufen und gefragt, ob er etwas mit dem Fall im Radisson in Kopenhagen zu tun habe, was er bejahte.
Clita brach die Telefonverbindung mit dem Journalisten ab und rief sofort seine Frau und seine Schwester an. Er erzählte ihnen, was er getan hatte, und dass er sich selbst bei der Polizei melden würde und erwartete, für viele Jahre ins Gefängnis zu kommen.
Clita wurde nach der Vernehmung auf dem Kopenhagener Polizeipräsidium ins Vestre Gefängnis gebracht, um am nächsten Tag zur ersten richterlichen Vernehmung vorgeführt zu werden.
Der Prozess rief ein sehr großes Medieninteresse hervor – es waren sowohl dänische als auch ausländische Journalisten anwesend, insbesondere aus Norwegen, woher die getötete Frau kam. Der Gerichtssaal war brechend voll, und als die Anklage vorgetragen war, forderte der Staatsanwalt, Polizeiassessor Jakob Buch-Jepsen, einen Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wogegen sich der Verteidiger und die anwesende Presse widersetzen, aber der Richter setze sich durch.
Clita hielt an seiner Erklärung fest, die er der Polizei am Tag zuvor gegeben hatte. Der Staatsanwalt dokumentierte den Prozess und beantragte, Clita in Untersuchungshaft zu nehmen, was bis zum 30. März 2010 geschah.
Während der Inhaftierung im Untersuchungsgefängnis war Clita mehrere Male bei der Polizei zur Vernehmung.
Die Polizei lieferte den vollständig untersuchten Fall zur juristischen Behandlung bei der Anwaltschaft für Delikte am Menschen am 7. Mai ab. Nach der Beurteilung wurde der Fall an die Kopenhagener Staatsanwaltschaft weitergeleitet, um eine Anklageschrift vorzubereiten.
Die Untersuchungshaft wurde bis zum Beginn des Prozesses am 21. Februar 2011 verlängert.
Vera, die getötete Stewardess, wurde am 3. März im Gerichtsmedizinischen Institut in Kopenhagen von der Gerichtsmedizinerin Silje Omland unter Anwesenheit von Steen Holger Hansen obduziert. Die Obduktion ergab, dass zahlreiche Verletzungen im Gesicht und auf der Vorderseite des Brustkastens mit Frakturen im Bereich der linken Schläfe sowie zahlreiche Verletzungen des Schädels, des Gehirns und der Zähne nachgewiesen wurden.
Die Verletzungen waren alle frisch und durch mäßige bis schwere stumpfe prämortale Gewalt entstanden, vermutlich durch Schläge mit dem im Prozess erwähnten Brecheisen und Metallrohr. Mehrere der Verletzungen sowie ein Bruch auf der linken Seite des Stirnbeins hatten tendenziell ein charakteristisches Aussehen, das sehr gut von Schlägen mit zwei Zacken des Kuhfußes des Brecheisens herrühren konnte.
Zahlreiche Schnittwunden wurden im Gesicht, am Hals und auf der Vorderseite des Brustkorbs festgestellt. Diese Verletzungen waren ebenfalls alle frisch, entstanden durch scharfe prämortale Gewalt. Die Schnittverletzungen waren teils oberflächlich, teils bis zu einem Zentimeter tief und konnten auf diese Weise mit einem Messer mit einer kurzen Klinge, vermutlich einem Hobbymesser, wie im Fall angegeben, verursacht worden sein. Es wurden außerdem vereinzelte Hautabschürfungen und Schnittwunden auf den Händen und Armen nachgewiesen. Diese waren ebenfalls frisch und schienen Abwehrverletzungen zu sein. Auf übrige Anzeichen von Gewalt wiesen zahlreiche subkutane Blutungen an den Beinen und Armen hin. Einige davon waren frisch und durch leichte stumpfe prämortale Gewalt entstanden. Es muss angenommen werden, dass die Todesursache schwere Schädel- und Gehirnverletzungen in Kombination mit äußeren Blutungen sind. Bei der Ermordeten wurden insgesamt 63 Verletzungen festgestellt.
Veras Mann, ihre beiden Kinder im Alter von 15 beziehungsweise 17 Jahren sowie Veras Schwester und Schwager kamen am 4. März mit einer SAS-Maschine aus Norwegen in Kopenhagen an, um Vera im Gerichtsmedizinischen Institut zu identifizieren.
Die Familie wurde von der Polizei am Flughafen Kopenhagen abgeholt und direkt ins Gerichtsmedizinische Institut gefahren, wo Veras Mann Egil zunächst allein die Gelegenheit bekam, die Ermordete zu sehen. Seine ersten Worte, als er sie sah, waren: „Das ist Vera“. Er konnte somit mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass die Getötete seine Frau Vera war. Danach bekam der Rest der Familie die Gelegenheit, Vera zu sehen, die zugedeckt mit einem Laken auf einer Pritsche lag. Die schlimmsten Verletzungen im Gesicht waren mit einem Pflaster verdeckt.
Nach Veras Identifizierung wurde die Familie zum Kopenhagener Polizeipräsidium gefahren, um sie zu den Gegenständen zu befragen, die der Täter Vera gestohlen hatte.
Nach der Vernehmung wurde die Familie nach Vereinbarung mit der SAS, Veras Arbeitgeber, zum SAS Royal Hotel gefahren. Hier half das SAS-Personal der Familie mit den praktischen Dingen und bot ihr an, bis zum nächsten Tag im Hotel zu übernachten.
Die Kriminaltechniker fanden viel Blut am Tatort. Es waren Blutspritzer auf dem Boden, an den Wänden und an der Decke. Auf der Stehlampe wurden Finger- und Handabdrücke gefunden, die sich später als identisch mit denen des Täters Clita herausstellten. Am Absatz zwischen der 21. und 22. Etage wurde eine kleine leere Wodkaflasche gefunden, auf der auch Fingerabdrücke waren, die sich später als Clitas herausstellten. Er hatte sich somit am und in der Nähe des Tatortes befunden.
Auf der Bettdecke, auf der der Kopf der Toten gelegen hatte, lag ein circa 25 Zentimeter langes blutbeschmiertes Metallrohr. Auf dem Boden neben der Heizung lag ein blutverschmutztes Hobbymesser mit abgebrochener Klinge, die unter einem Koffer gefunden wurde. Neben dem Koffer wurde auch ein blutverschmutztes Brecheisen gefunden. Außerdem lag dort eine umgeworfene Tischlampe mit zahlreichen fast kreisförmigen Blutstropfen auf der Oberseite des Lampenschirms. Auf dem Boden zwischen dem Schreibtisch und der Heizung lag ein blutverschmiertes Telefon. Die Telefonbuchse befand sich nicht mehr in der Steckdose für das Telefon und Internet.
Während seiner Inhaftierung im Vestre Gefängnis hatte Clita Gespräche mit Ärzten der Gerichtsmedizinischen Klinik im Blegdamsvej in Kopenhagen geführt, um ein psychiatrisches Gutachten zu erstellen. Ein rumänischer Dolmetscher nahm an den Gesprächen teil, in denen Clita Folgendes erklärte:
Er wurde in Bukarest, Rumänien, als Kind verheirateter Eltern geboren und wuchs dort auf. Der Vater war ein Kriegsveteran und früher beim Militär angestellt, starb jedoch 1976. Die Mutter ist 86 Jahre alt und kommt ursprünglich aus der Ukraine. Sie lebt in Bukarest.
Er wuchs in einem Haus auf und hatte eine normale Schulzeit und Kindheit in Bukarest.
Die Erziehung war streng, disziplinär und militärisch, aber der Vater war nie gewalttätig und hat niemals weder Clita noch seine Geschwister oder ihre Mutter geschlagen. Der Vater war eine Person, „zu der man aufschaute“.
Clita kam gut in der Schule zurecht. Er ging auf drei verschiedene Schulen, war beliebt, hatte viele Freunde und war besonders an Frauen interessiert, was, so meinte er, auf gegenseitigem Interesse beruht habe.
Er sei bestimmt kein Frauenhasser, er habe großen Respekt vor Frauen und habe nie zuvor eine Frau geschlagen.
In seiner Jugendzeit begann er Diebstähle zu begehen und wurde als 19-Jähriger zum ersten Mal zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Der Vater kümmerte sich nicht um Clitas Kriminalität, und nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, musste Clita sich einen anderen Ort zum Wohnen suchen.
Er hat eine jüngere und eine ältere Schwester. Die jüngere Schwester arbeitet in einem Geschäft in Bukarest und kümmert sich in ihrer Freizeit um die Mutter, die an Alzheimer erkrankt ist. Die ältere Schwester ist Rentnerin. Clita hat Kontakt zu seinen Geschwistern und schreibt seiner Mutter Briefe.
In der Familie gibt es keine psychischen Krankheiten und keine bekannten Vorkommnisse von Kriminalität, Missbrauch oder körperlichen Erbkrankheiten. Clita besuchte das Gymnasium in Bukarest und machte danach eine Ausbildung als Laborant an einer landwirtschaftlichen Hochschule in Bukarest. Er war als ungelernter Arbeiter in mehreren Jobs in Rumänien tätig, da eine Beschäftigung Teil seiner Bewährungsauflagen war.
Insgesamt verbüßte Clita 21 Jahre in rumänischen Gefängnissen, unter anderem für Diebstahl und Mord. Er erklärte, dass er 1999 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er einen bekannten rumänischen Dichter und Systemkritiker getötet hatte, aber er habe nur deshalb die Schuld für den Mord auf sich genommen, da ihm dafür eine Strafminderung in Aussicht gestellt wurde.
Clita desertierte vom Militär und wurde dafür mit vier Jahren Gefängnis bestraft. Nach Verbüßung der Haftstrafe wurde er auf Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens von der Wiederaufnahme seines Militärdienstes befreit.
Clita war mehrfach in Rumänien verheiratet und hatte mehrere Frauenbekanntschaften, ist aber kinderlos. Zu einer seiner Exfrauen hat er immer noch Kontakt. Er führte ein Nomadenleben, bereiste Hotels in ganz Europa und beging dort Einbrüche. Er lebte von seinen kriminellen Handlungen und verbrachte die meiste Zeit mit Verbrechen und seinen Frauenbekanntschaften.
Die psychologische Untersuchung ergab, dass Clita dominierend und emotional von der ernsten Situation unbeeindruckt war, in die er sich selbst gebracht hatte. Während der Studie wurde er mehrere Male in seiner sehr expansiven und selbstbetonten Weise gebremst. Man erkannte bei ihm narzisstische Züge mit einem fast überhöhten Selbstwertgefühl. Er wirkte auffallend unberührt sowohl von der Beschuldigung des Totschlags als auch seiner ganzen Lebensführung.
Die Schlussfolgerung daraus war, dass Clita nicht psychisch krank sei und dass man auch nicht annehmen könne, dass er es zum Zeitpunkt der betreffenden Anklagepunkte gewesen sei. Er ist durchschnittlich begabt und leidet nicht an Epilepsie. Zeitweise nahm er täglich Kokain und konsumierte Alkohol, aber er bestritt, dass er jemals anhängig von den genannten Rauschmitteln gewesen sei. Es ist nicht bekannt, ob er zum Tatzeitpunkt unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stand, aber es gibt auf keinen Fall eine Grundlage für diese Annahme. Während der Untersuchung trat er als kontrollierend auf und legte eine dominierende Kontaktform an den Tag, die ausschließlich seinen Vorstellungen entsprach. Er ist egozentrisch und hat ein selbstüberschätzendes Selbstbild von sich. Gleichzeitig mangelt es ihm an der Fähigkeit, sich in die Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen hineinzuversetzen. Er hat die Neigung dazu, die Schuld und Verantwortung nicht bei sich selbst, sondern in seiner Umgebung zu suchen.