Die Nadelsuche - Hal Clement - E-Book

Die Nadelsuche E-Book

Hal Clement

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Beschreibung

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Die Verfolgungsjagd zweier Aliens endet auf der Erde: Beide Schiffe stürzen in den Pazifik. Die beiden Piloten, Formwandler, die auf ihrer Heimatwelt als Symbionten anderer Wesen leben, können sich retten. Der Verfolgte hat das oberste Gebot seiner Spezies übertreten und seinem Wirt Schaden zugefügt, deswegen muss er sterben. Sein Verfolger geht eine Symbiose mit einem Teenager namens Bob ein und gibt sich ihm zu erkennen. Nachdem Bob seinen Schock überwunden hat, will er seinem neuen Freund helfen – doch wie spürt man einen Gegner auf, der beinahe jede Form annehmen kann?

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HAL CLEMENT

DIE NADELSUCHE

Roman

Das Buch

Die Verfolgungsjagd zweier Aliens endet auf der Erde: Beide Schiffe stürzen in den Pazifik. Die beiden Piloten, Formwandler, die auf ihrer Heimatwelt als Symbionten anderer Wesen leben, können sich retten. Der Verfolgte hat das oberste Gebot seiner Spezies übertreten und seinem Wirt Schaden zugefügt, deswegen muss er sterben. Sein Verfolger geht eine Symbiose mit einem Teenager namens Bob ein und gibt sich ihm zu erkennen. Nachdem Bob seinen Schock überwunden hat, will er seinem neuen Freund helfen – doch wie spürt man einen Gegner auf, der beinahe jede Form annehmen kann?

Der Autor

Titel der Originalausgabe

NEEDLE

Aus dem Amerikanischen von Hans Maeter

Überarbeitete Neuausgabe

Copyright © 1949, 1950 by Doubleday & Company, Inc,

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Inhalt

1Der Schiffbrüchige

2Zuflucht

3Aus dem Spiel

4Signal

5Antwort

6Problem Nummer eins

7Phase …

8Die Bühne

9Die Akteure

10Krankenbericht

11Ausgleiten

12… und Sturz!

13Technisches Zwischenspiel

14Unfälle

15Ein Verbündeter

16Aussicht

17Streit

18Eliminierung

19Lösung

20

1Der Schiffbrüchige

Selbst auf dem Planeten Erde sind Schatten gute Plätze, um sich darin zu verstecken. Sie heben sich natürlich von einer hell erleuchteten Umgebung ab, doch wenn nicht zu viel Licht von der Seite einfällt, ist man im Schatten bemerkenswert schwer auszumachen.

Außerhalb der Erde, wo es keine Luft gibt, die das Licht streut, müsste es noch besser sein. Der Schatten des Planeten selbst, zum Beispiel, ist ein der Sonne abgewandter dunkler Kegel von einer Million Meilen Länge, jedoch völlig unsichtbar in der ihn umgebenden Dunkelheit und mit dem Samen einer noch perfekteren Unsichtbarkeit in sich – die einzige Illumination, die in diesen Schattenkegel einfällt, sind Sternenlicht und schwache Strahlen vom Randlicht der Sonne, die, von der dünnen Luftschicht der Erde gebrochen, in den Schattenkegel fallen.

Der Jäger wusste, dass er sich im Schattenkegel eines Planeten befand, obwohl er noch nie von der Erde gehört hatte; es war ihm bereits in dem Augenblick bewusst geworden, als er die Region der Überlichtgeschwindigkeit verlassen und voraus eine dunkle, von einem Lichtkranz umgebene Scheibe auftauchen gesehen hatte; und deshalb hatte er es als selbstverständlich angesehen, dass das Schiff des Flüchtenden nur mit Instrumenten zu orten sein würde. Als er plötzlich erkannte, dass es mit dem bloßen Auge zu sehen war, schoss der alarmierende Gedanke, der bis dahin am Rand seines Bewusstseins genagt hatte, in den Vordergrund.

Er hatte nicht verstanden, warum der Flüchtende plötzlich auf Unterlichtgeschwindigkeit gefallen war, falls er nicht die vage Hoffnung gehabt haben sollte, seinen Verfolger so weit an ihm vorbeischießen zu lassen, dass er außer Sensorenreichweite gelangte; und als ihm das nicht gelang, erwartete der Jäger, dass er sofort wieder auf Überlichtgeschwindigkeit gehen würde. Doch stattdessen wurde er ständig langsamer. Das flüchtende Schiff hielt sich zwischen dem seinen und der rasch größer werdenden Scheibe des Planeten, sodass ein zu schnelles Überholen gefährlich war; und der Jäger kam zu dem Schluss, dass der andere sehr bald wenden und zurückfliegen würde, als ein roter Lichtpunkt, der mit dem bloßen Auge sichtbar war, ihm zeigte, dass das andere Schiff in die Atmosphäre des fremden Planeten eingedrungen war. Der Planet war kleiner und näher, als der Jäger angenommen hatte.

Der Anblick des Glühens reichte dem Verfolger. Er schaltete jeden ERG, den seine Generatoren hergaben, auf Bremsschub, um dem Gravitationsfeld des Planeten zu entkommen, und ließ gleichzeitig den Rest seiner Körpersubstanz in den Kontrollraum fließen, wo sie ein gelatineähnliches Polster bildete, um den Perit vor den harten Bremskräften zu schützen; doch er erkannte sofort, dass es nicht ausreichen würde. Ihm blieb gerade noch Zeit, sich zu fragen, warum der andere Schiff und Gastgeber in einem unvermeidlich erscheinenden Absturz riskierte, bevor die obersten Schichten der Atmosphäre durch ihren Reibungswiderstand seinen Sturzflug noch weiter abbremsten und die Reibungshitze die Metallplatten des Schiffsrumpfes zum Glühen brachte.

Da beide Schiffe durch den Schattenkegel des Planeten stürzten, würden sie natürlich auf seiner Nachtseite aufschlagen; und sowie das Schiff des Flüchtenden abgekühlt war, würde es wieder unsichtbar sein. Der Jäger starrte deshalb ununterbrochen auf die Anzeigen seiner Instrumente, um den anderen möglichst lange im Blickfeld zu behalten; und das war gut so, denn der glühende Metallzylinder verschwand plötzlich in einer riesigen Wolke von Wasserdampf, welche vor der dunklen Oberfläche des Planeten lag. Sekundenbruchteile später schoss auch das Schiff des Jägers in diese Masse, wurde zur gleichen Zeit hart durchgeschüttelt, und die in gerader Fallrichtung erfolgende Geschwindigkeitsabnahme verwandelte sich in ein unkontrolliertes Wirbeln. Der Jäger wusste, dass eine der Antriebsplatten losgebrochen war, wahrscheinlich durch einseitige Hitzeeinwirkung gerissen, doch er hatte keine Zeit, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Das andere Schiff, bemerkte er, stoppte so plötzlich, als ob es gegen eine Betonmauer gerast wäre; jetzt sank es wieder, jedoch erheblich langsamer, und er erkannte, dass er selbst nur Sekundenbruchteile von dem Hindernis entfernt sein konnte, gegen das der andere gerast war und das anscheinend horizontal verlief.

Er hatte Recht. Sein Schiff, das noch immer wild herumwirbelte, obwohl er die verbliebenen Antriebsplatten im letzten Augenblick abgeschaltet hatte, schlug flach auf Wasser auf und wurde durch den harten Aufprall der Länge nach aufgerissen, wie eine Eierschale, auf die ein Riese tritt. Fast seine gesamte kinetische Energie wurde durch den Aufschlag absorbiert, doch setzte es seine Abwärtsbewegung fort, sehr viel langsamer jetzt, wie ein zu Boden schwebendes Blatt, und der Jäger fühlte, dass der zerborstene Rumpf seines Schiffes wenige Sekunden später sanft aufsetzte – auf dem Boden eines Sees oder Meeres, wie er annahm.

Zumindest, überlegte er sich, als sein Verstand sich zu klären begann, befand sich der andere ebenfalls in dieser Lage. Das abrupte Stoppen und das nachfolgende langsame Sinken seines Schiffes hatte damit seine Erklärung gefunden – und selbst wenn er senkrecht auf das Wasser geprallt sein sollte und nicht horizontal wie er, würden die Folgen des Aufschlags angesichts der hohen Geschwindigkeit kaum weniger gravierend sein. Das Schiff war auf jeden Fall ebenfalls zerstört, wenn vielleicht auch nicht so total wie das des Jägers.

Diese Überlegung führte ihn zu seiner eigenen Lage zurück. Er tastete vorsichtig umher und stellte fest, dass er sich nicht nur im Kontrollraum befand – der war nicht mehr groß genug, um seine ganze Substanz aufnehmen zu können. Was ehemals ein zylindrischer Raum von etwa zwanzig Zoll Durchmesser und zwei Fuß Länge gewesen war, hatte sich durch die Wucht des Aufpralls zu einem bizarren Hohlraum zwischen tief eingedellten Metallplatten verformt. Die Nähte waren aufgerissen, oder, richtiger gesagt, Risse waren entstanden und ihre Ränder auseinandergepresst worden, denn der Schiffsrumpf bestand aus einem einzigen, nahtlos gezogenen Metallrohr. Bug und Heckpartien, die durch diese Risse voneinander getrennt worden waren, hatte die Wucht des Aufpralls flachgeschlagen, und der Raum zwischen den Wandungen war nur noch einen bis zwei Zoll hoch. Die Metallwände, die das röhrenförmige Schiff vorne und hinten verschlossen hatten, waren zusammengedrückt und zerrissen – selbst die harte Speziallegierung war der plötzlichen Belastung nicht gewachsen gewesen. Der Perit war tot. Er war nicht nur von den zusammengepressten Rumpfwandungen erdrückt worden, sondern der semi-liquide Körper des Jägers hatte den Schock des Aufschlages auf seine einzelnen Zellen übertragen, und die Wirkung war dem Einschlag einer Gewehrkugel in eine wassergefüllte Dose vergleichbar; die meisten der inneren Organe des Perit waren gerissen. Als der Jäger das erkannte, zog er sich langsam aus dem Körper und aus der Umgebung der kleinen Kreatur zurück. Er machte nicht den Versuch, den zerschlagenen Körper aus dem Schiff zu drücken; vielleicht würde es auch später notwendig werden, ihn als Nahrung zu gebrauchen, obwohl ihm diese Vorstellung widerstand. Die Einstellung des Jägers zu dem Tier ähnelte der eines Menschen zu seinem Lieblingshund, obwohl der Perit mit seinen feingliedrigen Händen, die er geschickt zu gebrauchen erlernt hatte, um die Befehle des Jägers auszuführen, klüger und nützlicher war als jeder Hund.

Der Jäger erweiterte seinen Tastbereich, indem er aus seiner gallertartigen Substanz ein fadendünnes Pseudopod formte, das er durch einen der Risse im Schiffsrumpf streckte. Er wusste bereits, dass das Schiff im Salzwasser lag, hatte jedoch keine Vorstellung von seiner Tiefe außer der Tatsache, dass sie nicht erheblich sein konnte. Auf seinem Heimatplaneten hätte er das anhand des Wasserdrucks ziemlich genau abschätzen können, doch der Druck hängt auch von dem Gewicht einer bestimmten Wassermenge ab, und nicht allein von der Tiefe, und er war vor dem Absturz nicht dazu gekommen, die Gravitation dieses Planeten zu messen.

Es war dunkel außerhalb des Schiffsrumpfes. Als er an der Spitze des Pseudopod aus der eigenen Substanz ein Auge formte – die Augen des Perit waren zerrissen worden – gab es nichts zu sehen. Plötzlich spürte er jedoch, dass der Wasserdruck nicht konstant war; er stieg und sank ziemlich stark und in fast regelmäßigen Intervallen, und das Wasser übertrug auf seine empfindliche Substanz Hochfrequenz-Druckwellen, die er als Geräusche interpretierte. Nachdem er eine Weile aufmerksam gelauscht hatte, entschied er, dass er sich ziemlich nahe der Oberfläche eines Gewässers befinden musste, das groß genug war, um Wellen von vielen Fuß Höhe bilden zu können, und dass dort oben zur Zeit ein starker Sturm tobte. Während seines katastrophalen Absturzes hatte er keine atmosphärischen Störungen wahrgenommen, doch das hatte keinerlei Bedeutung – er hatte zu kurze Zeit in der Atmosphäre zugebracht, und die Fallgeschwindigkeit war zu groß gewesen, um vom Wind beeinflusst werden zu können.

Als er mit anderen Pseudopoden im Schlamm umhertastete, stellte er zu seiner Erleichterung fest, dass es Leben auf diesem Planeten gab – doch dessen war er schon vorher ziemlich sicher gewesen. Im Wasser befand sich ausreichend gelöster Sauerstoff, um seinen Bedarf zu decken, sofern er größere Anstrengungen unterließ, und das ließ darauf schließen, dass sich auch in der Atmosphäre freier Sauerstoff befand. Es war jedoch beruhigend, zu wissen, dass es hier Leben gab, anstatt es nur zu vermuten, und nach einigem Stochern fand er im Schlamm ein paar Muscheln, die sich als durchaus essbar erwiesen.

Nachdem er festgestellt hatte, dass es auf dieser Hälfte des Planeten Nacht war, beschloss er, die weitere Erforschung aufzuschieben, bis es heller wurde, und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Innere des Wracks. Er hatte nicht erwartet, dabei irgendetwas Positives zu entdecken, doch hatte er trotzdem ein dumpfes Gefühl von Befriedigung, als er feststellte, wie total das Schiff zerstört worden war. Harte Metallteile im Maschinenraum waren durch die gewaltigen Kräfte, denen sie beim Aufschlag ausgesetzt worden waren, verformt und zerrissen worden. Die solide Konversionskammer der Hauptantriebseinheit war verbogen und zusammengepresst worden. Nirgends fand sich eine Spur von den Quarzglasröhren; sie waren anscheinend durch die Wucht des Aufschlages pulverisiert und vom Wasser fortgeschwemmt worden. Keine lebende Kreatur, die durch feste Körperform und Glieder benachteiligt war, konnte hoffen, einen solchen Sturz lebend zu überstehen, selbst wenn sie noch so gut geschützt war. Dieser Gedanke hatte etwas Beruhigendes; er hatte sein Möglichstes für den Perit getan, auch wenn es sich als nicht ausreichend erwiesen hatte.

Nachdem er sich überzeugt hatte, dass es nichts Verwendungsfähiges mehr auf dem Schiff gab, entschied der Jäger, dass er im Augenblick nichts weiter tun konnte. Er konnte keine größeren Anstrengungen auf sich nehmen, bevor er keine bessere Sauerstoffversorgung hatte, das hieß, bevor er an freier Luft war; und die Dunkelheit war ein weiteres Handicap. Deshalb ruhte er sich in dem fragwürdigen Komfort des zusammengedrückten Schiffskörpers aus und wartete darauf, dass der Sturm vorübergehen und der Tag anbrechen würde. Bei ruhiger See und bei Tageslicht würde er ohne Hilfe das Land erreichen können, glaubte er. Das Geräusch von Brechern deutete darauf hin, dass sich eine Küste in der Nähe befinden musste.

Nach mehreren Stunden fiel ihm ein, dass er vielleicht vergeblich auf den Tagesanbruch wartete, dass er sich möglicherweise auf einem Planeten befand, der ständig dieselbe Seite der Sonne zukehrte; doch dann fiel ihm ein, dass in einem solchen Fall die Dunkelseite des Planeten zu kalt sein müsste, als dass Wasser in flüssiger Form vorkommen konnte. Es erschien ihm wahrscheinlicher, dass Sturmwolken das Tageslicht abhielten.

Seit das Schiff auf den Schlamm des Grundes gesunken war, lag es völlig still. Sturm und Wellengang wurden als Strömungen und Druckwellen auf den Grund übertragen, die der Jäger zwar spüren konnte, die jedoch viel zu schwach waren, um die halb im Schlamm versunkene Metallmasse zu bewegen. Sicher, wie er war, dass der Schiffsrumpf unverrückbar fest lag, war er überrascht, als die schwere Metallmasse plötzlich erzitterte, wie durch einen schweren Schlag, und ihre Lage ein wenig veränderte.

Sofort formte er wieder ein Pseudopod und streckte es hinaus. Er formte ein Auge an seiner Spitze, doch es war noch immer stockdunkel, und er beschloss, sich allein auf seinen Tastsinn zu verlassen. Vibrationen verrieten ihm, dass ein Lebewesen mit einer sehr rauen Haut an dem Wrack entlangscheuerte, und dann stieß ein Körper gegen sein tastendes Pseudopod. Dass es sich um ein lebendes Wesen handelte, wurde dem Jäger endgültig klar, als es sein Pseudopod sofort in sein Maul nahm, das mit sägeartigen Zahnreihen bewehrt war.

Der Jäger reagierte normal – für seine Spezies –, indem er den Teil seiner Körpersubstanz, die sich in direktem Kontakt mit den unangenehm scharfen Zähnen befand, in einen halbflüssigen Zustand versetzte und weitere Substanz in das Tentakel schickte. Er war ein Wesen rascher Entschlüsse, und die Größe des Tieres verleitete ihn zu einer etwas leichtsinnigen Handlung. Er verließ das zerstörte Raumschiff völlig und transferierte seine ganze vier Pfund schwere, gallertartige Substanz zu dem Lebewesen, das er als Transportmittel zu gebrauchen dachte.

Der Fisch – es war ein acht Fuß langer Hammerhai – war vielleicht überrascht und eventuell sogar irritiert, doch wie alle Vertreter seiner Art besaß er nicht genug Hirn, um Angst spüren zu können. Seine kräftigen Kiefer schnappten gierig nach der grünen Masse, die wie ein seltsam geformter Fisch aussah, die sich aber zwischen seinen Zähnen verflüssigte wie Wasser. Der Jäger gab sich nicht die geringste Mühe, den scharfen Zähnen auszuweichen, da seine Substanz gegen mechanische Einflüsse immun war, doch wehrte er sich mit allen Kräften dagegen, dass der Fisch den Teil seiner Substanz verschluckte, die sich in seinem Maul befand. Er hatte nicht die Absicht, sich den Verdauungssäften auszusetzen, da er keine Haut besaß und sich nicht einmal kurzzeitig deren Einwirkung entziehen konnte.

Als der Hai wilder und wilder wurde, schickte der Jäger weitere Pseudopoden über den hässlichen, rauhäutigen Körper, um ihn abzutasten, und kurz darauf entdeckte er die fünf Kiemenspalten auf beiden Seiten des Kopfes. Das reichte ihm. Jetzt untersuchte er nicht länger, sondern unternahm etwas, mit dem Geschick und der Präzision, die aus langer Erfahrung gewachsen waren.

Der Jäger war ein Metazoon – ein mehrzelliges Lebewesen, wie ein Vogel oder ein Mensch – trotz seiner anscheinenden Formlosigkeit. Die einzelnen Zellen seines Körpers waren jedoch weitaus kleiner als die der meisten irdischen Lebewesen und entsprachen in ihrer Größe etwa den größten Proteinmolekülen. Es war ihm möglich, aus seiner Körpersubstanz ein Glied zu formen, komplett mit Muskeln und Nerven, und so fein, dass er damit durch die Kapillaren eines orthodoxer konstruierten Lebewesens tasten konnte, ohne den Blutkreislauf ernsthaft zu stören. Er hatte deshalb keinerlei Schwierigkeiten, durch eine der Kiemenspalten in den relativ großen Körper des Hais einzudringen.

Er vermied vorläufig Nerven und Blutgefäße und goss sich in Muskeln und innere Organe. Der Hai beruhigte sich sofort, nachdem dieses Ding in seinem Maul und an seinem Körper aufhörte, taktile Meldungen in sein winziges Gehirn zu senden; sein Erinnerungsvermögen war so gut wie nicht vorhanden. Für den Jäger war ein erfolgreiches Eindringen lediglich der Beginn einer Periode äußerst komplizierter Aktivitäten.

Das Erste und Wichtigste war die Beschaffung von Sauerstoff. Eine kleine Menge dieses lebenswichtigsten Elements war an der Oberfläche seiner Körperzellen gespeichert, doch diese Reserve würde bestenfalls für ein paar Minuten reichen. Aber der Jäger konnte sich ohne jede Schwierigkeit damit versorgen, wenn er sich im Körper einer Kreatur befand, die ebenfalls Sauerstoff brauchte. Sofort schickte er submikroskopische Fäden seiner Substanz zwischen die Zellen, die die Gefäßwände bildeten, und begann die roten Blutkörperchen ihrer wertvollen Ladung zu berauben. Er brauchte nur eine geringe Menge Sauerstoff, und auf seinem Heimatplaneten hatte er auf diese Weise jahrelang im Körper eines intelligenten Sauerstoffatmers gelebt, mit dessen Wissen und Zustimmung. Er hatte mehr als reichlich dafür bezahlt.

Die zweite Notwendigkeit war Sehen. Sein Gastgeber besaß sehr wahrscheinlich Augen, und nachdem der Sauerstoffbedarf sichergestellt war, begann der Jäger nach ihnen zu suchen. Er hätte natürlich etwas Substanz seines Körpers durch die Haut des Hais schieben und ein eigenes Sehorgan formen können, doch vielleicht hätte er dabei nicht vermeiden können, das Tier zu stören. Außerdem waren natürlich gewachsene Linsen besser als die, die er selbst formen konnte.

Seine Suche wurde unterbrochen, bevor sie sehr weit gediehen war. Sein Absturz war, wie er bereits aus verschiedenen Dingen gefolgert hatte, in Landnähe geschehen; das Zusammentreffen mit dem Hai hatte in ziemlich flachem Wasser stattgefunden. Haie lassen sich nicht gerne stören; es war schwer zu verstehen, warum dieser so nahe an die Brandung gekommen war. Während seiner Versuche, den Jäger zu verschlucken, war er noch näher zum Ufer getrieben worden, und jetzt, wo seine Aufmerksamkeit nicht mehr durch die vermeintliche Beute abgelenkt wurde, versuchte er, in tiefes Wasser zurückzuschwimmen. Die hektische Aktivität des Hais, die einsetzte, nachdem er die Sauerstoffversorgung angezapft hatte, rief eine Kette von Ereignissen hervor, die der Alien überaus interessant fand.

Das Atmungssystem eines Fisches weist erhebliche Nachteile auf. Der in Wasser gelöste Sauerstoff ist niemals sehr konzentriert, und deshalb haben Kiemenatmer, selbst wenn sie kräftig und aktiv sind, niemals eine große Reserve dieses Gases. Der Jäger nahm ihm nicht viel Sauerstoff weg, versuchte jedoch gleichzeitig, eine eigene Reserve aufzubauen; und da der Hai sich verzweifelt bemühte, ins tiefe Wasser zurückzuschwimmen, überstieg der Verbrauch die Zufuhr. Das hatte natürlich zwei Folgen: Die Kraft des riesigen Tiers begann zu erlahmen, und der Sauerstoffgehalt seines Blutes nahm ab. Als Letzteres eintrat, verstärkte der Jäger fast unbewusst die Sauerstoffentnahme aus dem Blut des Hais und setzte damit einen Teufelskreis in Gang, dessen Ende vorauszusehen war.

Der Jäger spürte, was geschah, lange bevor der Hai tatsächlich starb, tat jedoch nichts, um ihn zu retten, obwohl er seinen Sauerstoffverbrauch hätte erheblich drosseln können, ohne sich zu gefährden. Er hätte den Hai auch verlassen können, hatte jedoch nicht die Absicht, hilflos auf dem Wasser zu treiben, jeder Kreatur ausgeliefert, die groß und schnell genug war, um ihn in einem Stück zu verschlingen. So blieb er in dem Hai und versorgte sich weiter mit dem lebenbringenden Gas, da er begriffen hatte, dass der Fisch nur deshalb so verzweifelt kämpfte, weil er durch die Brandungswellen schwamm, vom Ufer fort, das der Jäger erreichen wollte. Er hatte inzwischen den Platz des Hais in der Evolutionsskala sehr genau geschätzt und hatte nicht mehr Bedenken, ihn zu töten, als ein Mensch sie haben würde.

Das Monster brauchte lange, um zu sterben, obwohl es sehr bald kraft- und hilflos wurde. Als es aufhörte, zu kämpfen, suchte der Jäger weiter nach seinen Augen und fand sie schließlich auch. Er legte einen feinen Film seiner Substanz zwischen und um die Retinazellen und wartete darauf, dass es hell genug wurde, um sehen zu können. Und da der jetzt reglose Hai die beunruhigende Tendenz zeigte, auf den Grund zu sinken, begann der Alien mit anderen Tentakeln Luftblasen einzusammeln, die der Sturm hinterlassen haben mochte. Zusammen mit dem Kohlendioxid, das er selbst produzierte und in der Bauchhöhle des Fisches sammelte, gaben sie seinem Körper ausreichend Auftrieb. Er brauchte sehr wenig Gas für diesen Zweck, doch dauerte es eine ganze Weile, bis er genügend gesammelt hatte, da seine Körpermasse zu klein war, um größere Mengen von Kohlendioxid in einem kurzen Zeitraum zu produzieren.

Die Brecher waren erheblich lauter, als er seine Aufmerksamkeit von diesen Aufgaben abwenden konnte, und er erkannte, dass seine Vermutung einer anlandigen Strömung richtig war. Die Wellen versetzten sein seltsames Transportmittel in heftige Aufwärts- und Abwärtsbewegungen, die ihn jedoch nicht störten, aber auch nicht befriedigten; er brauchte horizontale Bewegung, und die vollzog sich nur sehr langsam, bis das Wasser sehr flach wurde.

Er wartete eine ganze Weile, nachdem sein Beförderungsmittel an Land gespült worden war und still lag, da er jeden Augenblick befürchtete, dass er sich herumwerfen und ihn wieder in tiefes Wasser zurückbringen würde, doch nichts geschah. Nach und nach wurde das Rauschen der Wellen leiser, und die Gischt, die auf den Hai und den Jäger fiel, schwächer. Der Jäger vermutete, dass der Sturm nachließ; tatsächlich aber war Gezeitenwechsel, und das Wasser ebbte zurück. Das Resultat war jedoch das Gleiche, soweit es ihn betraf.

Als Morgendämmerung und das Abziehen der Sturmwolken genug Helligkeit auf die Erde fallen ließen, um die Umgebung erkennen zu können, war der tote Hai ein gutes Stück außerhalb der Reichweite selbst der stärksten Wellen. Außerhalb des Wassers fokussierten die Augen des Hais nicht richtig, doch der Jäger entdeckte, dass die neue Fokalfläche innerhalb der Augäpfel lag, und formte aus seiner Körpersubstanz eine Retina an der richtigen Stelle. Die Linsen zeigten sich ebenfalls als nicht ganz perfekt, doch er modifizierte ihre Krümmung mit eigener Substanz, und es gelang ihm auf diese Weise, seine Umgebung zu sehen, ohne sich der Gefahr aussetzen zu müssen, von anderen gesehen zu werden.

Die Sturmwolken waren aufgerissen, und vor dem hellgrauen Horizont der Morgendämmerung waren noch ein paar der hellsten Sterne sichtbar. Die Risse in der dunklen Wolkenschicht wurden größer und größer, und als die Sonne aufging, war der Himmel fast klar, obwohl noch immer ein scharfer Wind wehte.

Sein Standort war zwar nicht ideal, doch war er in der Lage, einen guten Teil seiner Umgebung zu überblicken. In einer Richtung verlief der Strand bis zu einer Gruppe hoher Bäume, deren Kronen wie Federbüschel aussahen. Was hinter ihr lag, konnte er nicht sehen, da sein Standort zu niedrig lag, obwohl die Bäume nicht so eng beieinanderstanden, um die Sicht zu versperren. Da der Hai mit dem Kopf landwärts lag, konnte der Jäger die See nicht sehen, doch war ihm klar, in welcher Richtung sie sich befand. Rechts von ihm lag ein Tümpel, offensichtlich eine Senke, die der Sturm mit Seewasser gefüllt hatte, das jetzt durch eine schmale Rinne langsam abfloss. Dies war offenbar der Grund, warum der Hai gestrandet war: Er war in diesen Tümpel geraten, und das zurückebbende Wasser hatte ihn auf dem Sand liegengelassen.

Mehrere Male hörte er lautes Krächzen über sich und sah Vögel über dem toten Hai kreisen. Der Anblick freute ihn. Es gab also höhere Lebensformen als Fische auf diesem Planeten, und damit die Aussicht, einen geeigneteren Gastgeber zu finden. Ein intelligentes Wesen wäre natürlich am besten, da es am besten in der Lage ist, sich zu schützen. Intelligente Kreaturen bewegten sich auch in größerem Umkreis, was der Suche nach dem Piloten des anderen Schiffes förderlich wäre. Es könnten sich jedoch ernsthafte Schwierigkeiten ergeben, Zugang zum Körper eines intelligenten Lebewesens zu erhalten, dem Symbiose unbekannt war.

All das musste dem Zufall überlassen bleiben. Selbst wenn es auf diesem Planeten intelligentes Leben geben sollte, mochte es weit von diesem Ort entfernt existieren, und wenn es hier intelligente Kreaturen geben sollte, mochte er sie nicht schnell genug als solche erkennen, um irgendeinen Nutzen daraus ziehen zu können. Er musste also warten, entschied er, mehrere Tage, wenn es nötig sein sollte, um zu beobachten, was für Lebewesen diesen Ort frequentierten; erst dann konnte er entscheiden, welche von ihnen seinen Bedürfnissen am besten entsprachen. Zeit war offenbar kein wichtiger Faktor; er war sicher, dass der Flüchtende genauso wenig Chancen hatte, von diesem Planeten zu entkommen, wie er selbst, und das würde die Suche recht zeitraubend und langweilig werden lassen. Deshalb würde die Zeit, die er jetzt auf sorgfältige Vorbereitungen verwandte, sich später sehr bezahlt machen.

Er wartete deshalb, während die Sonne höher stieg und der Wind allmählich zu einer leichten Brise abflaute. Es wurde ziemlich heiß, und es dauerte nicht lange, bis er merkte, dass im Körper des Hais gewisse chemische Veränderungen vor sich gingen. Es waren Veränderungen einer Art, die ihm die Gewissheit gaben, dass er bald Besuch bekommen würde, falls einige der Kreaturen, die auf diesem Planeten lebten, über einen Geruchssinn verfügen sollten. Der Jäger hätte den Fäulnisprozess natürlich jederzeit aufhalten können, indem er die Bakterien vertilgte, die ihn verursachten, aber er war nicht besonders hungrig, und er hatte nichts gegen Besucher.

Im Gegenteil!

2Zuflucht

Die ersten Besucher waren Möwen. Eine nach der anderen stießen sie herab, vom Anblick und Geruch des toten Fisches angezogen, und begannen Fleischfetzen aus dem Körper zu reißen. Der Jäger zog sich in tieferliegende Gewebeteile zurück und unternahm nichts, um die Vögel zu vertreiben, selbst als sie nach den Augen des Hais pickten und ihm den visuellen Kontakt mit der Umwelt nahmen. Falls andere Lebensformen auftauchen sollten, würde er es ohnehin merken; wenn nicht, war es auf jeden Fall besser, die Möwen hier zu haben.

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