Die Nullform (Buch 4): RealRPG-Serie - Dem Mikhailov - E-Book

Die Nullform (Buch 4): RealRPG-Serie E-Book

Dem Mikhailov

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Beschreibung

Wenn du ganz unten bist, solltest du dich nicht festzuhalten, um nicht noch tiefer zu fallen, sondern du solltest höher klettern. Schritt für Schritt, aber höher. Es gibt keinen anderen Weg in dieser grausamen Welt. Elb und sein Team wissen das und ihr Weg führt nach oben zu denen, die auf Drainagetown herabschauen und auf die Köpfe der Einwohner spucken. Sie nennen sich selbst die Spinnen und sie lassen keine Fremden in ihr Territorium. Doch wenn das Timing stimmt, ist es möglich, einen trittsicheren Schritt nach oben zu machen. Allerdings ist das nur ein weiterer Schritt, denn Elb hat nicht vor, stehen zu bleiben. Sein Ziel ist es, die Geheimnisse hinter dieser Welt zu entdecken und zu verstehen, warum er erschaffen wurde. Erinnerungen. Sie kommen jetzt häufiger zu unserem Helden zurück und zeigen ihm Ausschnitte aus seinem früheren Leben, aber bisher keine Antworten auf seine offenen Fragen. Doch egal, was passiert: Elb wird seine Antworten bekommen und er wird alles tun, um dieses Ziel zu erreichen. Und jene, die sich ihm in den Weg stellen, werden in ihrem eigenen Blut ertrinken. Lesen Sie die neueste Fortsetzung dieser RealRPG-Serie von Dem Mikhailov, Autor der legendären Serie „Herrschaft der Clans: Die Rastlosen“ und Schöpfer der schattenhaften neuen Welt der Nullform.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Über den Autor

Die Nullform

Eine LitRPG-Serie von Dem Mikhailov

Buch #4

Herausgegeben von Magic Dome Books in Zusammenarbeit mit 1C-Publishing

Die Nullform, Buch #4

Originaltitel: Nullform, Book #4

Copyright © Dem Mikhailov, 2022

Covergestaltung © Sergei Kolesnikov, 2022

Designer: Vladimir Manyukhin

Deutsche Übersetzung © Valeria Treise, Ruben Zumstrull, 2022

Lektor: Youndercover Autorenservice

Herausgegeben von Magic Dome Books in Zusammenarbeit mit 1C-Publishing 2022

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00 Praha 9

Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Buch ist nur für deine persönliche Unterhaltung lizensiert. Das Buch sollte nicht weiterverkauft oder an Dritte verschenkt werden. Wenn du dieses Buch mit anderen Personen teilen möchtest, erwirb bitte für jede Person ein zusätzliches Exemplar. Vielen Dank, dass du die harte Arbeit des Autors respektierst.

Die Personen und Handlung dieses Buches sind frei erfunden. Jede Übereinstimmung mit realen Personen oder Vorkommnissen wäre zufällig.

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Kapitel 1

„WAS GRINST DU SO?“ Yorkas Interesskapitele entsprang einem nicht unberechtigten Verdacht.

„Ich mag einfach den Morgen nach einem Kampf“, murmelte ich.

„Wer ist sie?“

„Wer ist wer?“

„Mit wem auch immer du die ganze Nacht dein Techtelmechtel hattest, es war nicht zu überhören.“

„Ja klar, und die Einheimischen schreien nie?“, fragte ich sarkastisch.

„Darum geht‘s ja gerade“, lachte Wreck. „Die einheimischen Lutscherinnen sind auf der Suche nach der glücklichen Dame in ihren Reihen herumgeflitzt. Wir sind fünfmal angesprochen worden. Keiner kann sie finden.“

„Dann richte ihnen aus, dass sich daran nichts ändern wird“, sagte ich, winkte ab und stapelte anschließend kalten Fisch und grünes Püree auf meinem Teller. „Ich war mit niemandem zusammen. Ich hab‘ mich selbst befriedigt. Daher das orgastische Gebrüll.“

„Erzähl keinen Scheiß, Goblin.“

„Ich weiß nicht, wer‘s war“, gab ich aufrichtig zu. „Ich war betrunken und hab nicht richtig hingesehen. Sie war die Erste, die vorbeigekommen ist. Keine Ahnung, warum dich das so interessiert, Goblin.“

„Ich hab‘ einfach die Schnauze voll von diesen ganzen Puffgeschichten.“ Yorka zuckt mit den Schultern. „Oh ... da kommt er ... War besonders interessiert. Auch wenn er nicht direkt gefragt hat, wen genau Elb der Goblin da gefickt hat.“

„Wie vulgär du redest“, sagte ich und schnalzte mit der Zunge. „Bist du in den Außenbezirken geboren oder so?“

„Oder so.“

Ein Angestellter des Bordells kam auf uns zu - ein junger Bursche mit einem blendend professionellen Lächeln, der einen Karren mit meinen Habseligkeiten schob.

„Guten Morgen, Meister Elb.“

„Guten Morgen. Dank‘ dir für die Lieferung. Wie ich höre, ist mein Sexleben von Interesse für dich?“

„Ach komm‘, nicht ansatzweise.“

„Ihre Worte.“ Ich zeigte auf Yorka, die sich theatralisch einen Finger in den Hals steckte.

„Ich hab‘ ein paar Fragen gestellt“, gab der Bursche zu. „Aber ich persönlich bin nicht im Entferntesten an deinen Schlafzimmeraktivitäten interessiert, Meister Elb.“

„Eine ehrliche Antwort.“ Ich lachte in mich hinein.

„Kann ich noch etwas für dich tun?“

„Wie ist das Wetter draußen?“

„Es schüttet Regen und Scheiße wie aus Eimern“, berichtete er gleichgültig. „Das Wetter dreht völlig durch. Der Wasserstand ist doppelt so hoch wie sonst.“

„Ich verstehe. Wegtreten“, sagte ich und wandte mich einem riesigen Wandmonitor zu, auf dem Möwen über schmutzigen, nassen Sand segelten.

Mit einer tiefen Verbeugung zog sich der Junge zurück, schaffte es jedoch nicht, den Saal zu verlassen, bevor ein Dutzend ungleicher Straßendirnen hereingetänzelt kam.

Und wie sie tanzten. Die Schultern und Köpfe gesenkt, die Rücken gekrümmt, schwere stampfende Schritte, heisere müde Stimmen, verschmierte Gesichter und glanzlose Klamotten, die wie vertrocknetes, morsches Laub an Gerippen hingen, die in der Nacht nicht wenig Bewegung erlebt haben dürften.

Dabei war das hier die Elite, weil sie nämlich in diesem Saal essen durften.

Speichellecker der Elite nach einer arbeitsreichen Nacht. Ausgezehrt, geplagt, jeden und alles hassend.

Warum kam mir dieser Anblick so bekannt vor? Müde Nutten auf dem Heimweg von einer Nacht simulierter Glückseligkeit. Warum erschien mir dieser Anblick nicht abstoßend, sondern ansatzweise vertraut? Dennoch … Es musste lange her gewesen sein.

War ich in meinem früheren Leben ein Zuhälter gewesen?

Ich bezweifelte es sehr. Das entsprach weder meinen Fähigkeiten noch meinem Charakter.

Und doch hatten diese ausgemergelten und erschöpften Gesichter mit dem versauten Make-up etwas ausgesprochen Vertrautes an sich, das die Lutscherinnen eher wie unbeliebte und unlustige Clowns wirken ließ, die voller Widerspruch in den Mund eines Müllverbrennungsofens traten.

„Elb!“

„Elb!”

„Ja, du widerspenstiges Goblin-Girl.“ Ich sah sie stirnrunzelnd an. „Ich höre.“

„Wir ... ich ...“ Das Girl zögerte, machte eine kurze Pause, um Bask anzusehen, und sprach dann entschlossen weiter: „Bask und ich haben alles besprochen. Wir bleiben bei dir.“

„Ah, die geheimen Verhandlungen des Fußvolks hinter dem Rücken des Kommandanten.“ Ich nickte bedauernd mit dem Kopf. „Dafür sollte man euch an die Wand stellen. Aber nicht, um euch zu erschießen, sondern um euch liebevoll anzulächeln, bevor man euch mit dem Hinterteil der Nadel-Pistole in diese verdammte Wand hämmert, und zwar so fest, dass die Oberfläche danach aalglatt ist.“

„Kommandant“, in dem sonst so teilnahmslosen Gesicht des blinden Zombies zeigte sich ein ganzes Meer von Emotionen, „glaub‘ nicht …“

„War nur ein Scherz“, sagte ich. „Ich hab‘ jedem von euch befohlen, sich die Sache genaustens zu überlegen und alles abzuwägen, bevor ihr eure Entscheidung trefft. Gut, dass ihr es selbst in die Hand genommen habt. Und nun? Was hat die schneidige Infanterie entschieden? Ich habe zwar zugehört, aber könntet ihr es trotzdem wiederholen?“

„Also ... Wir bleiben!“, wiederholte Yorka energisch.

„Im Bordell?“

„Bei dir!”

„Verstehe.“ Ich blickte von meinem fast leeren Teller auf und starrte die Goblin-Dame lange und nachdenklich an. „Du bleibst bei mir? Mit hochtrabenden Worten kommst du bei mir nicht weit, du dummes Mädchen. Ich brauche harte und klare Fakten. Wo bist du mit mir? Und warum? Unter welchen Bedingungen? Bleibst du bei mir, bis es zu heiß wird, um dann unbemerkt mit deinen paar Tausend gesparten Sol zu verschwinden? Bleibst du bei mir, bis deine gesunden Goblin-Prinzipien den Entschluss fassen, dass Elb ein eiskalter Psychopath geworden ist und es an der Zeit ist, ihn loszuwerden? Und wenn in fünf Minuten jemand Bask in den Kopf schießt und er in einer Pfütze aus Hirn und Blut erstickt, wirst du dann bei mir bleiben? Was ist mit dir, Bask? Wenn Yorka abkratzt, bleibst du dann bei mir? Oder ziehst du los und verhökerst tagsüber grauen Schleim, um deine Angst abends mit Schnaps und Drogen zu betäuben? Oder bist du bereit, jeden möglichen Verlust und jede Tat, die ich begehen könnte, in Kauf zu nehmen, jeden meiner Befehle zu befolgen und den Weg mit mir bis zum Ende zu gehen, egal wie lang und schrecklich er auch sein mag?“

Stille.

Ich bekundete mein Verständnis: „Damit habt ihr nicht gerechnet, hm? Ihr habt geglaubt, ihr würdet einfach mit matter Leichtigkeit euer Einverständnis geben, Elb würde freudig lächeln, und die Sache wäre erledigt, nicht wahr?“

Stille.

„Und?“, erhöhte ich den Druck. „Ihr hattet genug Zeit. Ihr habt die ganze Nacht darüber diskutiert. Also, was habt ihr entschieden?“

Der Zombie trat vor, tastete mit seiner Hand durch die Luft, fand Yorkas Bauch und schob sie nach hinten aus dem Weg. Er hob sein aufgeschlitztes Gesicht an und richtete seine leere Augenhöhle auf mich.

„Wir bleiben bei dir, Kommandant. Bis zum bitteren Ende, wann auch immer das sein wird.“

„Seid ihr gewillt, jeden meiner Befehle zu befolgen?“

„Ja.“

„Ja“, sprach Yorka Bask nach.

Wreck, der Ork, schnaubte leise, während er sich mit einer sehr wichtigen Angelegenheit beschäftigte: Er stellte ein Tablett mit Fischresten auf einem Nachbartisch ab und schaufelte sich gleichzeitig die fettesten Stücke in den Mund und den Rest in einen Plastikbehälter mit Püree, das er aus demselben leidgeprüften Buffet-Kessel geklaut hatte. Gut gespielt, Ork!Qualitätsfressen ist wichtig für einen Soldaten.

„Na, das ist ja fantastisch!“, sagte ich breit lächelnd, beugte meinen Kopf noch einmal über meinen Teller und bestellte ganz ungeniert: „Yorka, Bask, dieser Tätowierte und die beiden Lutscherinnen, die da drüben am Tisch sitzen, schlürfen zu laut. Vampire wie die sind hoffnungslose Fälle. Tötet sie.“

„Hä?“ Yorka sprangen vor Schreck fast die Augen aus dem Kopf. „Was?“

„Tötet sie“, wiederholte ich. „Jetzt sofort.“

Stille. Blicke wurden ausgetauscht.

Eine Erinnerung schien mir angebracht: „Ich habe euch einen Befehl gegeben. Die Art von Befehl, die unter der Überschrift ‚Jeder‘ abgelegt werden könnte. Was steht ihr jetzt so rum? Ihr könnt eure Stiletts, Messer und bloßen Hände benutzen. Oder ihnen mit dem Scheißfisch das Maul stopfen, damit sie ersticken, während wir hier schmausen und zugucken.“

„Hör‘ auf mit deinen Witzen“, sagte Yorka, ganz bleich im Gesicht.

Ich sah Bask an. Der blinde Zombie wankte. Im Gegensatz zu Yorka hatte er sich wenigstens zum Tisch der schmausenden Lutscherinnen umgedreht. Er neigte den Kopf, um sein Ziel anzuvisieren, und griff nach seinem Stilett, das in seinem Gürtel steckte. Dennoch blieb auch er sitzen.

„Na los.“ Ich gab ihm einen verbalen Schubs. „Los, Zombie, vorwärts. Töte die Lutscher.“

„Kommandant ...“ Ohne sich umzudrehen, machte der Zombie einen kurzen Schritt auf das Ziel zu. „Du scherzt ni…“

„Das ist kein Witz. Ich habe euch einen Befehl gegeben, und ich bin gezwungen, ihn zu wiederholen. Töte die Lutscher, Zombie.“

„Hör‘ auf mit dem Schwachsinn, Elb!“ Dieses Mal machte Yorka viel lauter auf sich aufmerksam. „Wir vertrauen dir! Bei unseren Seelen! Und du …“

„Was zum Teufel soll ich mit deiner Seele, du idiotisches Mädchen?“ Ich starrte sie erstaunt an. „Wach‘ auf! Krieg‘ dich ein! Denk‘ nach! Was nützt mir deine Seele? Schieb‘ sie dir in deinen Goblinarsch und verarbeite sie zu Scheiße. Ich brauche deine Seele nicht. Ich brauche fähige, bösartige und gefügige Kämpfer. Keine Lakaien, die sich fragen, ob es gut oder schlecht ist, akzeptabel oder nicht. Ich brauche Kämpfer, die, wenn sie den Befehl hören, sofort aufspringen und diese beschissenen Lutscherinnen mit ihrem beschissen tätowierten Glatzkopf an diesem verfluchten Tisch am künstlichen Flussufer töten! So demonstriert ihr mir euer Vertrauen. Taten, nicht Worte. Die präzise und pünktliche Ausführung eines Befehls. Das ist der Beweis für das Vertrauen in euren Kommandanten.“

Niemand aß mehr. Einer nach dem anderen hoben die wettergegerbten Damen und Herren der Nacht ihre Köpfe und drehten ihre überraschten und ziemlich verängstigten Gesichter in unsere Richtung. Besonders kriegsmüde und wie versteinert saßen die „beschissenen Lutscherinnen“ und der „glatzköpfige Tätowierte“ an dem Tisch, auf den ich gedeutet hatte.

„Aber warum sie?“, explodierte Yorka. „Was haben sie getan?“

„Das sollte für dich nicht von Belang sein.“ Ich schleuderte meinen leeren Teller beiseite, erhob mich, schlug mit den Fäusten auf den Tisch und brüllte wütend: „Das — sollte — für euch — nicht — von Belang sein! Das Einzige, was dich kümmern sollte, ist die Ausführung des Befehls. Die Abfolge ist simpel: Befehl — Navigation — Exekution — Berichterstattung. Ende der Geschichte.“

„Hey, Mann.“ Der glatzköpfige junge Macker, dessen Augen und Lippen dick geschminkt waren, erhob sich vom Tisch und sprach schmeichlerisch: „Lass die Witze.“

„Hinsetzen und Fresse halten, Fleischklops!“ Wreck riss sich von seinem Fisch los und stieß ein animalisches Brüllen aus, woraufhin der Tätowierte so schnell auf seinen Stuhl zurücksackte, dass man meinen könnte, jemand hätte ihm die Achillessehnen durchgeschnitten.

„Ich erledige es“, sagte Bask. „Ganz allein. Alle hier. Jetzt sofort. Aber zieh‘ Yorka nicht mit rein. Sie ist ... Sie hat einen empfindlichen Charakter.“

„Ach, was du nicht sagst“, behauptete ich spöttisch. „Einen empfindlichen Charakter? Wird ihr empfindlicher Charakter dann in einer echten Kampfsituation kein Hindernis sein, in der sie eine unschuldige alte Dame durchbohren muss, um dem Bastard, der diese als Deckung benutzt, die Leber aufzuspießen? Und werden wir dann nicht alle sterben, weil der Bastard es schafft, seine Nadel-Pistole nachzuladen und unsere Köpfe aufzuspießen? Genug von dieser lächerlichen Komödie! Habt ihr gegessen? Dann verschwindet jetzt von hier! Ihr beide! Verschwindet entweder für immer, oder kommt zurück und führt jeden meiner Befehle aus. Jeden einzelnen! Egal welchen!“

„Kommandant …“

„Verzieht euch! Und zwar dalli.“

Die zitternde Yorka trat zurück und schnappte sich ihren Rucksack vom Stuhl. Bask machte es ihr nach, und gemeinsam marschierten sie davon.

„Hey!“, rief ich ihnen hinterher.

Sie drehten sich um und verharrten erwartungsvoll.

„Solltet ihr euch entschließen, zurückzukehren, dann macht euch bewusst, dass ihr sofort losgeschickt werdet, um diese beiden verdammten Missgeburten und den glatzköpfigen Tätowierten zu töten. Das ist alles. Keine Scherze mehr, Männer. Keine Kinderspielchen mehr. Von jetzt an gibt es nur noch Fickfeste für Erwachsene, und ich will mir bei jedem meiner Kämpfer sicher sein. Jetzt raus mit euch. Denkt darüber nach!“

Yorka verzog das Gesicht und dampfte wütend ab. Bask nickte kurz und eilte ihr anschließend hinterher. Er holte sie am Ausgang ein und verschwand durch die Tür, neben der ein lächelnder Bursche mit zurückgegeltem Haar stand.

„Was ist jetzt mit dem Haufen?“ Der mampfende Ork zeigte mit einem in Püree getauchten Finger in die Richtung der „Opfer“, die hinter ihrem Tisch kauerten. „Soll ich es ihnen zeigen? Vielleicht die Visage des Glatzkopfes ein Dutzend Mal gegen den Tisch klatschen? Sie schlürfen wirklich, diese Schlampen. Und sie haben die besten Fischstücke genommen.“

„Wir ...“ Eine der Lutscherinnen - ein dünnes, dunkelhäutiges Mädchen Anfang zwanzig - quiekte erschrocken auf. „Wir haben nicht …“

„Esst ihr nur weiter“, sagte ich und winkte ab.

Ich schnappte mir meinen leeren Teller und schlenderte zu dem Tisch mit den Essensresten hinüber.

„Es sind nur noch Veilchenpüree und Gläser mit Nüssen übrig.“

„Wird reichen“, erwiderte ich und holte den letzten Proteinriegel aus meiner Gürteltasche heraus.

Als ich zurückkam und mich neben Wreck setzte, der die Reste seines Essens in seinen Rucksack gestopft hatte, klopfte er mir in seiner typischen Ungezwungenheit auf die Schulter und sagte: „Scheiß‘ drauf!“

„Scheiß‘ worauf?“

„Scheiß‘ auf alles. Du hast das Richtige getan, Kommandant. Was nützt es, solche Leute hinter sich her zu schleifen? Außerdem sind sie verliebt, und das ist echt scheiße für uns. Im Kampf werden sie sich vor allem gegenseitig decken wollen. Wegen ihrer schwachsinnigen Liebe und rosa Milchmädchenhaftigkeit werden wir noch getötet. Wozu die Mühe? Sollen die doch verrecken. Die können sich einen stählernen Unterschlupf suchen und sich dort häuslich einquartieren. Copula wird über sie wachen. Und wir können weiter …“

„Ein heißer Fisch ist auf dem Weg, meine Herren“, sagte der Bursche an der Tür, „und ein Krug exzellenten Mondscheins. Vielleicht könnte ich euch für ein paar Tabletten begeistern? Ich biete eine große Auswahl.“

„Sicher“, antwortete ich und nahm fünf Tütchen aus seiner ausgestreckten Hand. „Den Schnaps in einer Flasche und den Fisch in einem Kanister. Wir nehmen alles mit. Wenn das kein Problem ist?“

„Nein, überhaupt nicht. Keineswegs. Wir werden alles einpacken. Dürfte ich außerdem 30 Proteinriegel beifügen? Und ein paar Gläser hervorragender Nüsse?“

„Das wäre toll.“

„In zehn Minuten ist alles eingepackt.“ Der Bursche verbeugte sich und ging.

Während unseres kurzen Gesprächs hatten alle Geschöpfe der Nacht den Saal verlassen. Wreck und ich blieben allein zurück. Träge stocherten wir in unserem Frühstück herum und beobachteten die klammen Möwen auf dem Bildschirm. Der stets so professionelle Diener hielt sein Wort und brachte persönlich, was er versprochen hatte. Ich bemerkte, wie er näherkam, trank mein zweites großes Glas Wasser aus und stand auf.

„Zeit, aufzubrechen.“

„Auf geht‘s.“

„Warum schaust du so erfreut?“, fragte ich und sah Wreck dabei schief an.

Ein breites Grinsen mit vielen Zähnen blitzte auf. „Warum nicht? Blut, Sex, Saufen, Essen. Blut, Sex, Saufen, Essen. Blut, Sex, Saufen, Essen. Vergnügen in Dauerschleife.“

„Warst du schon im Med-Block?“

„Noch nicht.“

„Vorwärts.“

„Roger, Kommandant.“

Der Bursche stellte eine schwere Tasche mit einem breiten Riemen auf den Tisch. „Die Nymphe Copula hat mich gebeten, euch daran zu erinnern, beim nächsten Geldautomaten vorbeizuschauen. Er ist nur 60 Meter von hier entfernt.“

„Aha.“

„Sie hat noch etwas erwähnt, aber ich weiß nicht, ob es das wert …“

„Hat die alte Frau dich gebeten, mir diese Worte zu übermitteln?“

„Ich bin mir nicht sicher.“

„Dann erzähl‘ mal“, sagte ich.

„Abgesehen von dem übermäßig emotionalen Inhalt hat sie gesagt, dass man, wenn man jemandem die Chance gibt, sein eigenes Schicksal zu wählen, wenn man ihm die Chance gibt, das Blut und das Töten anmutig, stolz und ohne Verlust der Würde zu beenden, trotz des damit verbundenen Selbsthasses, früher oder später seinen Hodensack unter einer rostigen Sichel auf einem Klotz vorfindet und ohne einen Freund an seiner Seite zurückbleibt, wenn man ihn am meisten braucht.“

„Die allwissende, weise alte Frau mit dem Loch im Kopf, die es liebt, ihre Nase in die Angelegenheiten der anderen zu stecken …“ Ich schmunzelte kalt. „Diesmal hat sie einen Fehler gemacht.“

„Die Nymphe Copula ist eine großzügige und gütige Herrscherin. Sie irrt sich nur selten.“

„Kann nicht widersprechen“, seufzte ich. „Als Nächstes: medizinische Eingriffe. Und wo, sagtest du, ist der nächste Geldautomat?“

* * *

Aktuelle Zeit: 10:44

Guthaben: 4.920

Nachdenklich betrachtete ich den kleinen Gefährten, der sich langsam im Schaufenster drehte, als mir klar wurde, dass ich ihn sowieso erwerben würde. Trotzdem hielt mich das nicht davon ab, gegen die offensichtlichen Mängel dieses nicht gerade billigen Objekts zu wettern.

Ein „Schweinchen“ — alias Schwein, Ferkel, Oinker — war eine verkürzte Nadel-Pistole, die weniger stark und mit einer geringeren Reichweite feuerte, aber dafür mit nur einem einzigen Druck auf den Abzugsknopf sofort ein ganzes Magazin entladen und einen Fächer stechender Nadeln auf das Ziel katapultieren konnte. Es gab zwei Arten von Magazinen: fünf Schuss sowie zehn Schuss. Zum Kauf stand allerdings nur die Version mit fünf Schuss, und außerdem war die erlaubte Anzahl der Exemplare ebenfalls auf fünf begrenzt. Das war Grund genug, schnell zuzuschlagen, denn im Schaufenster drehten sich nur zwei Schweinchen. Mit meinem Rang HBL-B+2, den ich bereits gestern erreich hatte, könnte ich alle diese Delikatessen sofort erwerben. Preis — 550 Sol. Preis eines Magazins — ein Zehner. Das Aufladen wurde zum üblichen Tarif berechnet. Das System war da nicht geizig.

Ich drückte einen Finger auf den dunklen Sensor, um meinen Kauf zu bestätigen, und beobachtete, wie einer der kleinen Kameraden seine Rotation verlangsamte und sich auf das ballistische Glas des Verkaufsautomaten zubewegte.

„Herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Spielzeug, Kommandant“, gratulierte Wreck, der mit der gerade gekauften Nadel-Pistole auf seinen Knien an der Wand saß und sie liebevoll streichelte. „Sollen wir einen Schießstand einrichten? In diesem mit Scheiße überfluteten Gang?“

„Und den ganzen Sturmparcours viermal durchlaufen?“, erwiderte ich nickend und streckte eine Hand aus, um die 5-Meter-Nadelpistole entgegenzunehmen. „Ich kaufe einfach etwas Ersatzmunition, und schon können wir loslegen.“

Kurz darauf verstaute ich 20 verschiedene Munitionspackungen in meiner Gürteltasche und in meinem Rucksack. Jetzt, da ich zwei Schusswaffen hatte, würde ich eine Weile schwitzen müssen, um den Dreh rauszubekommen, mit beiden gleichzeitig zu hantieren.

Guthaben: 4.320

* * *

„Wer … pfft ... Scheiße!“, raunte Wreck, als er wieder auftauchte und sich räusperte, nachdem ihn eine Welle zähflüssiger Abwässer eingeholt und überströmt hatte. Dabei waren ihm Kapuze, Maske und Schutzbrille abgerissen worden, sodass seine Augen ausgespült und sein Mund mit ätzender grün-brauner Jauche voller schwarzer Klumpen geflutet worden waren.

„Hand!“, rief ich, streckte mich auf den ruckelnden Plastikpaletten aus und reichte dem Ork meine linke Hand, während er bereits von der nächsten Welle mitgerissen wurde. „Komm‘ schon! Zieh‘!“

Wreck strampelte, hievte sich hoch und fand kurz Halt, bevor seine nassen Finger wieder abrutschten. Dann warf er seine Nadel-Pistole, traf meine Schulter, und hielt sich am Riemen fest. Ich grub meine Stiefel in die obere Kante einer Lattenkiste, zog den Ork vorwärts und verschob leicht den Schaft des Schweinchens, das an einer anderen Kiste lehnte. Dann ließ ich alle fünf Nadeln los und zerfetzte ein springendes graues Schuppenmonster.

Der Plux fiel geräuschlos in die Scheiße. Ich drehte mich um, lud hastig nach und gab weitere fünf Nadeln auf den nächsten ab, der daraufhin geradewegs aus dem Himmel fiel und auf der Seite auf einem Mauervorsprung landete, es aber dennoch schaffte, schnell wieder auf die Beine zu kommen.

„Wreck! Links!“

„Scheiße!“ Der Ork wälzte sich auf dem Floß herum und schrie wütend. Mit verzogenem Mund versuchte er, sein verfluchtes Auge herauszufischen, das wegen der ätzenden Scheiße, die unter seine Augenlider gelangt war, quasi erblindet war. „Ich kann nichts sehen! Ich kann verfickt noch mal nichts sehen! Wo ist es?“ Seine Nadel-Pistole verschwand hinter seiner Schulter, und an ihrer Stelle erschien ein Messer in seiner Hand. „Wo ist es?“

„Auf eigene Gefahr!“, erwiderte ich, ließ das Schweinchen fallen und holte meine treue alte Nadel-Pistole hinter meiner Schulter hervor.

Zwei Schüsse, dann blieb ein humpelnder orangefarbener Klumpen etwa 20 Zentimeter vor dem Ork stehen. Die vom Himmel gefallene Mandarine war von irgendetwas verbrannt worden und lag bereits im Sterben, weshalb sie zum Angriff übergegangen war.

Ich ergriff die kleinere Waffe, die an meinem Handgelenk hing, und ließ ohne Visier einen Nadelschwarm los, um einen Angriff von zwei großen, robusten und merkwürdig gelben Pluxen abzuwehren, die ihre schmutzigen Schuppen mit purpurnem Blut bespritzten und ihr Vorankommen in Richtung zweier krächzender Zombies auf einem Mauervorsprung verlangsamten. Aber welche Zombies haben schon insgesamt nur zwei Beine und drei Arme? Sie sind fast wie Würmer. Ich hatte kein Mitleid mit ihnen. Rasch tötete ich jede potenzielle Gefahr um mich herum.

Die verrückte Sirene heulte und heulte vom Himmel herab, unfähig, ihr lang anhaltendes Stöhnen zu unterlassen, das sich im Innern ausbreitete und einem eine Gänsehaut bescherte. Die Lichter über uns wurden um ein Vielfaches größer, und wir hörten ferne Rufe und das Klirren von Metall auf Metall. Einige der Lichter wurden sogar noch größer. Fuck!

Ich rollte mich auf den Rücken des speienden Orks, als eine Leiche, die am Ende eines Kabels festgebunden war, auf die Stelle krachte, an der ich gerade noch friedlich meinen Goblinhintern gewärmt hatte. Es spritzte. Ich wischte mir eine Schicht aus Dreck und Blut aus dem Gesicht und half Wreck, der blind nach einer Flasche in seinem Rucksack tastete.

„Wisch dein Gesicht ab!“

„Scheiße! Wo kommt all die Scheiße her? Was passiert hier?“

„Die ganze Scheiße kommt vom Himmel. Das hier ist noch ‘ne Leiche, die gerade herabgestürzt ist. Hör‘ auf zu jammern! Spül‘ dir die Augen aus und lass uns kämpfen!“

„Ich versuch‘s ja.“

„Hand an Nadel-Pistole, Finger am Abzug.“

Wreck konnte meine Befehle zügig ausführen, hatte seine Nadel-Pistole im Handumdrehen umklammert und senkte seinen Finger leicht über den Abzugsknopf. Ich packte ihn am Ärmel und zog ihn zur Seite.

„Mach‘ schon!“

Wie wild drückte der Ork wieder und wieder auf den Abzugsknopf, versenkte eine Nadel nach der anderen in der Stirn eines roten Pluxes, der aus der Scheiße gekrochen war.

Die Gehirnsauger waren hier. Und sie waren groß.

„Nachladen!“

Gesagt, getan. Anschließend rollte ich mich zu der gefallenen Leiche hinüber und betrachtete ihren Rücken. Bildete ich mir das nur ein? Nein. Bei den verdammten Elben! Dem Mann fehlte ein gewaltiges Stück seines Rückens, das zusammen mit der Wirbelsäule herausgerissen worden war. Der Kopf schien durch einen kräftigen Schlag oder Ruck an der Wirbelsäule deformiert worden zu sein, und der Schädel war von seinem rechtmäßigen Platz gerissen worden.

„Ich sehe was!“, rief Wrack freudig aus, fast aufrechtstehend. „Okay, Tatsache ist, dass alles verschwommen ist. Und es brennt höllisch. Es brennt wie irre!“

„Maul halten.“

„Ja, Sir.“

„Und runter mit dir. Leg‘ dich hin!“

Fühlten sich diese Biester zu uns hingezogen oder so was?

Ein weiterer „Stern“ fiel vom stählernen Himmel direkt auf unser Floß, das sich sowieso kaum noch über Wasser halten konnte. Beim Anblick seiner Größe runzelte ich die Stirn und erkannte, dass es keine Option war, in die Scheiße zu springen. Schließlich wurden wir von einem Fluss getragen, der bald zu einem tosenden Wasserfall werden würde. Trotzdem hatten wir Glück — relativ viel Glück –, als ein Doppelstern, der direkt auf uns zusteuerte, einen Meter über uns mit einem lang gezogenen, polternden Geräusch stoppte. Ein Knacken. Ein Platschen. Eine verdammte halbe Frau mit Elefantengesicht und aufgerissener Brust fiel direkt auf meinen Brustkorb. Ihre untere Hälfte baumelte an einem kurzen Draht, zusammen mit einem keuchenden Mann, dessen Taille in zwei Hälften geteilt war. Wir feierten ein weiteres Mal Bescherung, als zwei Pluxe von oben herabfielen. Einer bohrte seine Zähne in den Oberschenkel des armen keuchenden Schluckers, während die zweite auf der halben Spinnenfrau landete, die auf mir lag. Doch er schaffte es nicht, ihr süßes Bauchfett zu kosten, denn ich stach fünfmal mit meinem Stilett zu, bevor ich ihn in die Scheiße schleuderte. Ich warf die halbe fette Frau hinterher, aber erst, nachdem ich die hell leuchtende Kopflampe von ihrer klebrigen, schweißnassen Stirn entfernt hatte.

Unser Floß drehte sich und schaukelte umher, stieß schließlich gegen einen Mauervorsprung und kam zum Stillstand.

Sollten wir nicht auf einen festeren und zuverlässigeren Untergrund klettern? Nein, wir bleiben, wo wir sind. Wir werden das nächste herabstürzende Strandgut als Verbindung zum Felsvorsprung ausnutzen, indem wir die Zähne des Scheißers daran festhaken und sein Hinterteil am Floß befestigen.

Tatsächlich taten wir genau das. Zuerst dachte ich, es würde nicht klappen, aber dann blieb das Floß, wenn auch leicht geneigt, an Ort und Stelle stehen — so weit so gut.

Ich überprüfte schnell meine Waffe, legte eine Taschenlampe auf den Vorsprung und eine andere auf den Rand des Floßes und ließ mich auf ein Knie nieder. In dieser Position harrte ich aus. Am liebsten hätte ich mich auf den Bauch gelegt, aber dann hätte ich die Situation über mir nicht mehr angemessen kontrollieren können, von wo die schweren, fetten Spinnendamen herunterregneten.

„Meine Sehkraft kommt zurück“, berichtete Wreck. „Was zum Teufel ist hier bloß los, Kommandant?“

„Da oben muss etwas geplatzt sein“, antwortete ich, verschob den Schaft meiner Nadel-Pistole ein wenig und zielte auf die neueste glorreiche Besucherattraktion von Drainagestadt, die erst vor fünf Minuten enthüllt worden war.

„Was ist das für ein knallendes Geräusch?“

„Da oben ist etwas explodiert“, korrigierte ich mich und warf einen kurzen Blick hoch, um sicherzugehen, dass kein weiterer toter Stern auf uns herabstürzen würde, noch bevor ich den überfluteten Gang hätte inspizieren können. „Oder vielmehr haben sie da oben etwas gesprengt. Oh, Scheiße.“

„Was jetzt? Pluxe?“

„Schlimmer. Die Scheiße weitet sich aus.“

Ich hatte nicht gelogen. Der blaugrüne Strahl, der vom Himmel spritzte, war jetzt doppelt so breit, gleichzeitig hatte seine Wucht nicht nachgelassen. Das bedrohliche Geräusch von erbarmungslos herabstürzender Flüssigkeit drang langsam und bedrohlich an unsere Ohren.

Alles war schnell geschehen - sehr schnell. Wir hatten gerade den Hinterhof des Hauses von Copula erreicht gehabt, an dem wir vor Kurzem ein Schwimmtraining absolviert hatten. Wir hatten uns aufmerksam umgesehen, unsere Ziele ausgewählt und vereinbart, wer wann wie vorgehen würde. Dann hatten wir beschlossen, dass es an der Zeit war, Alleingänge zu üben, denn der Ausflug in die Stehende Kloake hatte die Relevanz selbstständiger Handlungsfähigkeit offenbart. Damals war Wreck zur Rampe und zurück gerannt, um Leichen einzusammeln, unterwegs zu kämpfen, Seitensprünge zu vollziehen, um Hinterhalte zu vermeiden, und mit seinem Knüppel schweren Schaden anzurichten. Ich hatte dem aufmerksam zuhörenden Ork von all den Fehlern, die mir damals aufgefallen waren, erzählt, und er hatte sie aufgenommen, darüber nachgedacht, einige Gedanken präzisiert und mir schließlich nickend zu verstehen gegeben, dass er bereit war. Also hatte ich ihm die ersten drei Kontrollpunkte gezeigt. Und gerade als ich mich hatte abwenden wollen, war ein langes trockenes Knacken durch die Luft geknattert. Im selben Augenblick war ein heftiger Luftstoß herabgekommen, gefolgt von einer Kaskade von Scheiße, die natürlich direkt in unseren Gang geflossen war.

Und da waren wir nun, schwammen einfach so dahin ...

„Elb! Elb! Hey!“ Eine vertraute Gestalt hüpfte und johlte auf einer Barrikade, die jetzt allmählich in den aufsteigenden Abwässern versank. „Elb, du verrückter Goblin! Wreck! Seid ihr noch am Leben?“

„Kommandant!“ Der Zombie erschien hinter ihr und rief nun über den Lärm des Wasserfalls hinweg: „Lebst du noch?“

„Das sind genug dumme Fragen, ihr Idioten!“, brüllte ich meine Antwort. „Da drüben! Guckt dorthin, ihr Idioten! Pluxe! Nach links! Yorka!“

„Ich sehe sie“, antwortete das Goblin-Girl, bevor eine Nadel-Pistole in ihren Händen auftauchte.

Klick. Klick. Klick. Drei Fehlschüsse. Eine riesiger grauer Plux kroch aus der Scheiße, schüttelte sich kräftig und galoppierte auf die zitternde Yorka zu, die sich abmühte, nachzuladen.

„Oh, Scheiße!“, heulte ich und drückte den Abzug. „Dumme Idiotin!“

„Du musst es ja wissen, du Wichser!“

Ein Fehlschuss, zwei Volltreffer. Ich hatte den Plux nicht getötet, aber eine seiner Pfoten knickte ein, und er fiel und rollte auf dem glatten Metall fast schon bis zu Yorkas Füßen. Aus nächster Nähe hätte sie kaum danebenschießen können — sie versenkte drei Nadeln in seiner Schädeldecke sowie in seinem Hals. Dann lächelte sie ruhig und senkte ihre Waffe.

„Nachladen! Und zwar dalli!“, rief ich, während meine freie Hand die Nadel-Pistole wie von selbst nachlud. „Schnell!“

Zitternd zog Yorka hastig ihr verbrauchtes Magazin heraus und steckte, nicht gerade mühelos, ein neues ein, bevor sie ihre wütende Antwort herausbrüllte: „Es ist schon …“

Sie beendete ihren Satz nicht, denn in diesem Moment explodierte der Fluss aus Scheiße einen Meter von ihr entfernt, und aus den sirupartigen Tiefen tauchten zwei weitere Pluxe auf, orange und rot, beide groß. Sehr groß.

Basks Knüppel traf den orangenen Gehirnsauger mitten in seinen buckligen Rücken. Der Zombie fiel daraufhin auf die Knie und umklammerte die Bestie furchtlos mit seinem linken Arm, während er mit dem rechten in Nähmaschinengeschwindigkeit einen Stilettstich nach dem anderen setzte. Der Rote wurde mit vier Nadeln zur Strecke gebracht, zwei von Yorka und zwei von mir. Ich half dem Zombie, indem ich meine dritte Nadel in die Seite des orangenen Pluxes schoss.

Es bedurfte keiner weiteren Ermahnung, denn das Goblin-Girl lud nach, zielte und jagte dem orangenen Biest die Nadeln in den Rücken, woraufhin dieses endlich zusammenbrach. Dann schob sie ihre Nadel-Pistole aufrechtstehend hinter ihren Rücken und hob verzweifelt die Hände.

„Meine Munition ist alle!“

„Fuuuck“, brüllte ich, als ich fünf weiterer Pluxe entdeckte, die von der Strömung an die Wand gepresst wurden und über die Barrikade kletterten. Wie es der Zufall wollte, hatten sie unterschiedliche Größen - ein paar von ihnen waren so klein, dass die Trefferwahrscheinlichkeit gering sein würde.

„Wreck!“

„Bin schon dran.“ Wreck beugte sich herunter, um sich in den Fluss aus Scheiße zu stürzen, aber ich konnte seinen Impuls gerade noch ausbremsen.

„Hey! Es geht schneller, wenn du den Felsvorsprung nutzt und auf die beiden orangenen Lattenkisten springst. Von dort aus geht‘s scharf nach links auf das weiße Ding, an dem sich die schreiende Tussi festhält. Und dann auf die Barrikade. Wenn ich mit der Schießerei durch bin, folge ich dir.“

„Verstanden.“

Mit seinen schmutzigen Stiefeln stampfte der halb blinde Ork schwerfällig und Dreck verspritzend den Mauervorsprung entlang. Ich überprüfte die Decke, fand jedoch keine Kuppel vor. Dann versenkte ich eine Nadel in die Brust eines ausgemergelten, schreienden Zombie-Girls mit nur einem Arm, deren Magen zerfressen war und an der mehrere kleine Pluxe klebten. Sie quiekte vor Erleichterung und schwieg, was uns die Möglichkeit gab, zumindest einige wenige Worte zu wechseln.

„Rückzug an die Wand! Yorka! So wie ich es dir beigebracht habe! Knüppel!“

„Okay.“

„Was zum Teufel macht ihr hier überhaupt?“

„Euch retten.“

„Wir müssen nicht gerettet werden“, erwiderte ich, schoss drei Nadeln in die Seite des größten grauen Pluxes und lud nach.

„Wir bleiben bei dir, Elb! Im Bordell hat man uns klargemacht, dass du uns nur die Wahl lassen wolltest.“

„Habt ihr den Verstand verloren? Copula braucht uns als Team. Sie will uns nicht verlieren und wird alles sagen, um uns zusammenzuhalten.“

„Und was sagst du?“

„Ich sage: Wo sind die Köpfe des glatzköpfigen Tätowierten und der beiden Lutscherinnen?“

„Willst du mich verarschen?“

„Nur ein bisschen. Los, Knüppel drauf!“

„Ja, Sir!“

Ihr herabsausender Knüppel spaltete die Wirbelsäule eines sich nähernden Pluxes und kickte einen kleineren von der Barrikade, während sich Bask in einer Pfütze mit drei winzig kleinen wälzte und ihnen instinktiv seinen durch ein Wams geschützten Oberkörper vor die Mäuler hielt. Seine Hand jedoch ... Alle Finger seiner linken Hand verschwanden im Maul eines grauen Pluxes.

„Scheiße!“, presste ich zähneknirschend hervor, sprang auf und sprintete den Mauervorsprung nach Vorbild des Orks entlang.

Felsvorsprung. Stopp. Drei Schüsse. Nadel-Pistole hinter dem Rücken verstauen. Springen. Springen. An toter Tussi vorbei. Springen. Schweinchen zur Hand. Feuer. Nachdem er fünf Nadeln gespuckt und jedes Mal gegrunzt hatte, verstummte der kleine Gefährte. Allerdings nur für kurze Zeit, denn ich fütterte ihn mit einem weiteren Magazin. Als ich mich dann endlich auf der Barrikade befand, tanzte ich hin und her und beschoss die immer wieder auftauchenden Pluxe, um ihre stacheligen Körper zu zertrümmern und sie zurück in den Gang zu befördern.

Eingenommen von unserer dringlichsten Aufgabe, ignorierten wir gemeinschaftlich das Herannahen der heulenden Kuppel, die Laserstrahlen in alle Richtungen schoss. Verzweifelt versuchten wir, zu überleben. Ich wirbelte herum und warf Yorka zwei Magazine zu, was sie zwar bemerkte, aber nicht kapierte. Und so prallte die Munition gegen ihren dummen Kopf und plumpste in eine Blutlache.

„Frrck!“

„Fuuck!“, stimmte ich zu und schlug knirschend auf den Kopf eines Baby-Pluxes ein. „Wreck, vergiss die Nadel-Pistole. Knüppel drauf. Gib Bask Deckung.“

„Ich komm allein klar“, widersprach der Zombie.

„Womit?“, fragte ich.

Ich ließ meinen Blick über den blutigen Stumpf seiner linken Hand sowie die verbliebenen drei Finger seiner rechten Hand wanderte. Seine Beine waren ebenfalls zerfetzt worden. Der Zombie würde bald ein Wurm sein.

„Ich schaffe das schon!“, wiederholte Bask stur, ließ sich bäuchlings auf einen verwundeten Plux fallen und stach mit seinem Stilett darauf ein. „Alles im Griff!“

„Na, wenn das so ist ...“, murmelte ich, lud hastig nach und winkte die Strahlen der Kuppel ab. „Ich kann gerade keinen Bericht abgeben, unmöglich. Aber kurz gesagt, das ist ein absoluter Albtraum!“

Das genügte der Kuppel, die von der Decke herabgestiegen war und nun stillstand, um die Richtung ihrer Laserstrahlen anzupassen und eine lang anhaltende Salve dutzender Nadeln abzufeuern, die die Jauche zu Schaum aufwirbelte. Es würde an uns liegen, die Barrikade zu räumen. Zu allem Übel verlor Bask zwei weitere Finger und gewann gleichzeitig zwei neue legendäre Furchen in seiner rechten Wange hinzu. Yorka bahnte sich einen Weg durch die Schar von Pluxen und wuselte um den Zombie herum, um ihm die wildgewordenen Pluxe abzuzupfen.

„Scheiße! Scheiße! Scheiße!“, fluchte ich von Mitgefühl geleitet, fischte die Magazine aus der Blutlache und steckte sie in meine Nadel-Pistole. Ich senkte die Waffe und feuerte in den Kopf des unter meinem Fuß klemmenden orangenen Pluxes. „So eine Scheiße!“

„Wir packen das!“, versicherte Wreck uns und funkelte seine Gegner erbarmungslos an.

„Scheiße“, sagte ich noch einmal und griff nach meiner Axt. „Ja, irgendwie werden wir das Ding schon reißen.“

Kapitel 2

„NA, WAS DENKST DU?“, fragte Bask und präsentierte mir seine Hände.

Ich massierte mir den Nasenrücken, betrachtete die neuen Finger, die mir vorgestellt wurden, und seufzte schwer.

„Solang‘ du sie bewegen kannst.“

„Jeder hat eine andere Farbe!“, bemerkte Yorka und nahm ihre Schutzbrille ab. „Jeder Finger von einer anderen Person. Verreck und stirb!“

„Solang‘ du sie bewegen kannst“, wiederholte ich, während ich den Regenbogen aus Fingern teilnahmslos beäugte. „Bask, warum hast du nicht vor Schmerz geschrien, als dir die Finger abgekaut wurden?“

„Was?“

„Gut gemacht, will ich damit sagen. Sehr gut gemacht.“

„Ich hab' quasi nichts gespürt“, sagte Bask.

„Adrenalin? Oder die Chemikalien, mit denen sie uns vollpumpen?“

„Keine Ahnung. Sind die Finger wirklich so bunt?“

„Verflucht, ja!“, bestätigte Yorka und ergänzte erbarmungslos: „Fass‘ mich damit bloß nicht an! Widerlich!“

„Sie wird sich daran gewöhnen“, tröstete ich den blinden Zombie. „Worüber freust du dich eigentlich so?“

„Meine Augen!“

Ich blickte in das klaffende Loch seines entstellten Gesichts. „Kann dir nicht zustimmen.“

„Nicht über die.“ Bask verstand mich richtig. „Hast du dir das Interface angeguckt? Ich bin um einen Rang befördert worden. Ich habe einen Bonus für Tapferkeit bekommen. Sie haben mir eine schmerzhafte Spritze ins Auge verpasst, die mich lauthals schreien ließ. Obwohl ich immer geglaubt hab‘, Nerven im Auge gäbe’ es nicht. Hast du mich verstanden?“

„Nein“, schüttelte ich den Kopf. „Was ist mit deinem Augenlicht passiert?“

„Noch nichts. Aber man hat mir gesagt, ich solle 10 bis 23 Minuten warten. Kannst du dir das vorstellen? Warten von der 10 bis 23 ...“

„Setz dich irgendwo hin und warte die 10 ab“, befahl ich, lehnte mich an die Wand und öffnete mein Interface, um die Großzügigkeit des Systems zu überprüfen.

Eine Sekunde später begriff ich, dass es gelegentlich auch etwas anderes als knauserig sein konnte. Und berechnend.

Bask war der Einzige, der genauso wie ich befördert worden war und den gleichen Bonus erhalten hatte — das System schien ihn für würdig zu halten, weil er die über die Barrikaden gestürmten Pluxe selbst mit zerfetzten Händen noch hatte abwehren können. Der Rest der Gruppe hatte trotz ähnlicher Heldentaten und Tapferkeit offenbar keinen Extrabonus verdient.

In anderen Bereichen hingegen gönnte uns das System nichts, denn es hatte die Anzahl der getöteten Pluxe erfasst, eine Rangliste erstellt, eine Prämie für jeden Einzelnen festgelegt und diese schließlich zu gleichen Teilen unter uns aufgeteilt.

Gruppenmitglieder:

11 (HBL-K+2N) Gruppenleiter Status: normal

91 (HBL-K+1) Gruppenmitglied Status: normal

13 (HBL-K+2N) Gruppenmitglied Status: normal

714 (ORL-K) Gruppenmitglied Status: normal

Boni:

1. Für Heldenmut (materieller Bonus /Anreiz: tägliche Zahlung von 4 Sol).

„Wie geht‘s dir?“, fragte ich, absichtlich ohne seinen Namen zu nennen.

Bask verstand jedoch und nickte hastig. „Alles in Ordnung. Hier piekt‘s ein bisschen, da brennt‘s etwas, hier kribbelt‘s, da juckt und kitzelt es ein wenig. Nichts Ungewöhnliches.“

„Nichts Ungewöhnliches“, bestätigte ich und betrachtete meine eigenen Hände, die großzügig mit medizinischem Kleber bestrichen worden waren. In den letzten Minuten des Gefechts hätte ich beinahe meinen linken Zeigefinger verloren, doch jetzt konnte ich dank des durchsichtigen Klebers das heilende Fleisch von irgendwelchen schimmernden Fibrillen unterscheiden. „Also, was haben sie mit deinen Augen angestellt? Hast du eine konkrete Erklärung bekommen?“

„Mehr oder weniger. Das System sagte etwas von Stabilisierung, Reinigung, Heilung und noch ein paar andere Worte, die ich nicht verstanden hab‘. Die Injektion hat mich einen Hunderter gekostet!“

„Ach was!“, pfiff ich. „Okay. Wir warten zehn Minuten.“

„Was ist, wenn ich anfange zu sehen, selbst wenn‘s nur ein bisschen wäre?“ Die Lippen des Zombies spitzten sich zu einem Lächeln, aber er hielt sich nicht lange mit dieser zerbrechlichen Wolke der Hoffnung auf, sondern kehrte schnurstracks auf den knallharten Stahlboden der Tatsachen zurück. „Selbst wenn nicht, scheiß‘ drauf. Es steht gar nicht so schlecht um uns, wie man meinen könnte.“

„Nicht schlecht“, stimmte ich zu, verzog dann aber das Gesicht. „Doch es könnte dreimal besser sein.“

„Mit meinen Augen?“

„Nein, mit deinem Verstand. Du hast heute einen Haufen Fehler gemacht.“

„Aber er ...“, quiekte Yorka, doch ich unterbrach sie.

Streng sah ich sie an und erklärte mit fester Stimme: „Du hältst dich raus.“

„Ich schaffe das“, behauptete Bask zum vierten Mal heute. Und zum fünften Mal: „Ich komm‘ schon klar!“

„Er kommt klar ...“

Yorka wollte ihrem Unmut freien Lauf lassen und versuchte, uns noch etwas anderes mitzuteilen, indem sie uns einmal umkreiste. Doch dann stolperte sie erneut über meine Worte, die diesmal mit unerwarteter Wucht wirkten und sie fünf Meter weit vor die Tür des Med-Blocks schleuderten.

Dabei hatte ich nicht einmal etwas besonders Beleidigendes oder Ernstes gesagt: „Bask kann sich selbst helfen. In der Zwischenzeit ziehst du los und holst dir den Kopf dieses kahlen Tätowierten. Ach ja, und vielleicht solltest du dir das Gesicht waschen? Was ist, wenn Bask sein Augenlicht wiedererlangt und das Erste, was er sieht, die dreckige Visage eines bis zum äußerten durchgescheuerten Goblin-Girls ist?“

Es gab keinen Grund, fortzufahren. An der Tür zum Duschraum lief Yorka bockig auf und ab und schrie zurück: „Verrecke, du verfickter Goblin! Ich bin nicht bis zum äußersten durchgescheuert!“ Dann verschwand sie durch die Tür.

Das mit dem Dreck war natürlich ein Scherz gewesen. Wir waren in den Med-Blocks ordentlich durchgeschrubbt worden, bevor man uns untersucht und uns Injektionen verabreicht hatte. Das System duldete keinen Schmutz.

„Wreck muss länger als alle anderen im Med-Block bleiben“, dachte ich nach einer kurzen Pause laut und betrachtete den gelben Status des Orks.

„Nicht, dass er auch noch blind wird ...“

„Nein“, sagte ich kopfschüttelnd. „Sie werden sein Auge auswaschen und aufpolieren. Dann ist er wieder einsatzbereit. Hier geht‘s um etwas anderes. Sein Mund ist bis zum Rande von Scheiße aus dem Himmel durchflutet worden. Vielleicht ersetzen sie ihm sogar seine Speiseröhre und den Magen.“

„Gut möglich“, stimmte der Zombie zu. „Sie werden sein Blut säubern, wenn sie sowieso schon dabei sind. Ahh ...“

„Was ist los?“

„Funken im Auge. Helle Funken! Elb ... Ich hab‘ Angst. Komisch, nicht wahr?“

Rasend schnell schwenkte Bask eine Hand durch die Luft. Als er keine Wand finden konnte, sank er zu Boden. Bibbernde Lippen, bleiches Gesicht, glasige Augen, flache Atmung, weiche Beine — der Zombie hatte eine Panikattacke.

Ich schnappte ihn mir, lehnte ihn an die Wand, setzte mich neben ihn und ließ ihn an meiner Schulter ruhen. Schweigend. Wozu sollte ich auch reden? Sollte der arme Sehbehinderte doch ruhig dasitzen, langsam zu sich finden und seinen Zustand selbst taxieren. Wenn ihn die Funken in seinem Auge erschreckt hatten, was würde dann erst passieren, wenn ihm das System zwei voll funktionstüchtige neue Augen verpasst hätte? Würde er eine Katalepsie erleiden?

Was ist Katalepsie denn eigentlich? Es ähnelt dem hier, aber irgendwie auch nicht. Ich könnte die Bedeutung des Begriffs sowieso nicht erklären.

Als sich Basks Atmung allmählich stabilisierte, entschied ich, dass dies der richtige Zeitpunkt war, um etwas so Aufmunterndes und Wärmendes zu ihm zu sagen, dass es ihm sanfte Schauer über den ganzen sich erholenden Körper jagen würde.

„Wenn du dich wieder besser fühlst und alle anderen zusammengeflickt sind, werden wir diese verfickte Schlampe Eve suchen und sie in kleine Stücke zerhacken.“

„Uhuuh ...“

„Trink‘ das hier“, sagte ich und legte seine Finger um eine offene Wasserflasche. „Und versuch‘, die Funken in deiner Augenhöhle zu vergessen. Früher oder später kriegen wir deine Augen schon wieder hin.“

„Schmeiß‘ uns nicht raus.“

„Ich hab‘ euch nicht rausgeschmissen. Ihr seid selbst gegangen.“

„Hast du ein Problem damit, dass Yorka und ich zusammen sind? Warum hast du uns rausgeschmissen?“

„Ah, Scheiße.“ Ich runzelte die Stirn. „Damit habe ich definitiv nicht gerechnet. Es ist mir scheißegal, ob ihr ein Paar seid oder nur süßen, feuchten, unverbindlichen Sex habt. Wollt ihr Stress abbauen? Euch von wiederkehrenden Bildern aus Blut und blubberndem Eiter auf schimmelnden Kadavern ablenken? Wenn das der Fall ist, gut und schön. Aber das ist nicht der Grund.“

„Okay.“ Bask nickte. „Okay. Ich hatte schon gedacht ... du hättest ebenfalls ein Auge auf Yorka geworfen.“

„Wenn du das noch einmal denkst, trennen sich unsere Wege“, warnte ich, wobei die metallische Härte meiner Stimme den blinden Zombie zusammenzucken und erneut nicken ließ.

„Tut mir leid, Kommandant. Ich musste heute Morgen eine Menge überdenken.“

„Was willst du, Zombie? Ein ruhiges und gemütliches Leben? Wenn das so ist, sollten wir lieber wirklich getrennte Wege gehen. Die Sache ist die — ich kann spüren, dass du mir nicht glaubst.“

„Dass ich was nicht glaube?“

„Ich spreche offen mit dir, aber du schenkst mir keinen Glauben. Wenn ihr mit mir kommt, werdet ihr zugrunde gehen, während ich einfach über eure Leichen steigen und meinen Weg fortsetzen werde. Nicht einmal umdrehen werde ich mich. Fuck, wie kann ich dich überzeugen, dass ich die Wahrheit sage? Ihr habt keine Zukunft mit mir. Ich weiß nicht, womit die alte Copula euch zugequatscht hat, aber vielleicht ist ein Körnchen Wahrheit in ihren Worten — dass ich euch die Wahl lassen will. Geht, bevor es zu spät ist.“

„Warum vertreibst du Wreck dann nicht auch?“

„Wreck? Ihm steht sowieso ein grausamer Tod bevor“, antwortete ich kurz angebunden. „Das Schicksal von Typen wie ihm ist vorprogrammiert. Tod in einer Kneipenschlägerei oder Tod im Kampf. Jeder mögliche Tod, nur nicht an Altersschwäche, im Schlaf, zu Hause, in einem schönen warmen Bett. Wreck ist der leibhaftige Tod. Genauso wie ich.“

„Wir kommen mit dir. Es ist beschlossen. Wir haben uns entschieden.“

„Yorka auch?“

„Ja, wir beide. Wir kommen mit dir. Bis in die Hölle folgen wir dir. Obwohl wir bereits …“

„Oh nein“, sagte ich schmunzelnd. „Mit der echten Hölle hast du noch keine Bekanntschaft gemacht.“

„Meine Kraft schwindet weiter. Ich hau‘ mich ein bisschen auf‘s Ohr.“

„Interessiert es dich nicht, was aus den Funken in deinem Auge wird?“

„Das ist mir scheißegal.“

„Richtige Antwort. Schlaf, Krieger.“

Der Zombie senkte das Kinn auf seine Brust und verstummte.

Nachdem ich mir unter dem neuen T-Shirt, das ich ein paar Schritte weiter gekauft hatte, gemächlich meine juckende Brust gekratzt hatte, wickelte ich den neuen Regenmantel enger um mich, sah auf die winzige Beobachtungskuppel über meinem Kopf und schloss die Augen. Nicht aus Müdigkeit, wohlgemerkt. Ich spürte die sanfte Welle eines bevorstehenden Blackouts und hatte keinen Zweifel daran, dass ein neuer Flashback nahte — mit der Geschwindigkeit einer tiefgekühlten Leiche, die den Abgrund herunterdonnerte.

* * *

Sie sitzt mir gegenüber, eine lächelnde Schönheit. Ihre bezaubernd goldenen Haare werfen Wellen auf ihrer Brust. Ihre anmutigen Hände bearbeiten Stück für Stück das saftige weiße Fleisch eines Fisches, indem sie geschickt ihre Essstäbchen führen. Vor den hohen Fenstern blüht ein Sommergarten, junge japanische Kiefern wiegen sich kaum merklich, in der Ferne klappert ein Shishi odishi, und eine Zikade nimmt ihr Gezirpe auf. Eine besinnliche, appetitanregende Atmosphäre.

Wir sitzen allein im Raum an einem niedrigen Tisch, der mindestens ein Jahrhundert alt ist. Ich und die grünäugige Mokka, die eines Tages beschlossen hat, dass dies ihr wahrhaftiger Name ist, und daraufhin den Namen vergessen hat, den ihre Eltern ihr gegeben hatten. Mokka, die in die asiatische Kultur verliebt ist, die fanatisch der geheimnisumwobenen Kimono-Mode folgt, die auf einem Tatami schläft, die mit einem Katana übt, die an ihrer Kata arbeitet, die Miniaturbäume in Tontöpfen züchtet und die unglaublich teuren grünen Tee trinkt, der auf den besten paradiesischen Farmen wächst. Und das ist nur die mir bekannte Spitze des Eisbergs.

Ebenso ist mir die unter der Seide ihres Kimonos verborgene Landschaft ihres meisterhaft modellierten Körpers recht wohlvertraut. Heute haben wir lang geschlafen, sind gemeinsam aufgewacht und haben in einer langen Umarmung geschwelgt, bevor wir aufgestanden sind. Nach einer ausgiebigen gemeinschaftlichen Morgendusche bin ich zu einem kleinen Teich in einem abgelegenen, durch eine hohe Steinmauer geschützten Garten geschickt worden, wo ich zwei fette Karpfen mit goldenen Schuppen eingefangen habe. Anschließend habe ich sie in eine stilisierte, altmodische Küche gebracht, die in Wirklichkeit völlig modern und schick gewesen ist und von ganz allein so große Mengen feinster Speisen zubereiten kann, dass sie den Spitznamen „Kochmörder“ erhalten hat. Heute jedoch hat Mokka alles selbst zubereitet, von Vorspeise bis Nachspeise. Sie hat geschickt mit ihrem geschärften Messer gearbeitet, während sie sich auf die Lippe gebissen und eine Haarsträhne weggepustet hat, die ihr ins Gesicht gefallen ist. Schließlich ist der geschuppte und filetierte Fisch beeindruckend schnell auf dem Grill gelandet, um anschließend auf zwei Tellern serviert zu werden, die nun zwischen uns auf dem niedrigen schmalen Tisch stehen.

Diese besinnliche, appetitanregende Atmosphäre.

Und die Musik.

Aus unsichtbaren Lautsprechern ertönt eine rhythmische Melodie. Die Stimme einer unbekannten Sängerin behauptet spielerisch, dass der ganze Scheiß im Leben vergänglich sei. Wir alle sind mit Flügeln ausgestattet, nur müssen wir lernen, sie zu benutzen, dann können wir in das ferne Himmelsblau aufsteigen und von dort oben hinunterschauen, und all unsere Probleme werden winzig klein und unbedeutend erscheinen. Flieg‘, flieg‘, mein Traum ...

Dieses Haus hat noch nie den Klang von stupidem Pop mitanhören müssen. Nur Instrumentalmusik, manchmal melancholisch, manchmal optimistisch, aber niemals Pop. Doch ich weiß, dass Mokka sie bei der Arbeit hört. Irgendwie hilft dieser kitschige rhythmische Mist ihrem brillanten Intellekt bei seiner Arbeit. Aber jetzt gerade ...

Mokka beäugt mich über ihr Glas hinweg, nimmt einen Schluck daraus und lächelt, wie nur sie es kann. Es ist ihr normales Lächeln und es bringt auch andere zum Lächeln. Aber ... mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich lasse meine Stäbchen langsam auf den Tisch sinken und verschränke meine Finger, ohne zu bemerken, dass mein rechter Daumen über mein linkes Handgelenk streicht und meine Augen zweimal schnell blinzeln. Der Ballon ist aufgestiegen. Das Spiel hat begonnen.

„Was passiert hier?“ Meine Frage klingt lässig, träge, passend zu dem künstlichen Wetter, das hier herrscht.

„Ich liebe dich.“ Sie schenkt mir ein weiteres Lächeln und lehnt sich näher zu mir, nimmt meine Hände und löst meine Finger, bevor sie eine Hand zu sich zieht. Dabei stößt sie ihren Teller um, und auf ihrem Sommerkimono erscheinen Fischölflecken, während gleichzeitig kleine Klumpen von perfekt gekochtem Reis anhaften. So durch und durch makellos sie auch sein mag und so besessen von Raffinesse und Sauberkeit - es kümmert sie nicht.

Plötzlich erschüttert mich etwas in meiner Seele. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Und der erste Beweis dafür ist ihr lauthals pochender, ungleichmäßiger, schneller und sich sogar noch beschleunigender Puls, der sich in den Spitzen ihrer schlanken Finger bemerkbar macht. Sie umklammern fest und starr meine Hand, aber ihr Puls geht so schnell, dass er fast ein Tattoo in meine Haut zeichnen könnte.

„Was passiert hier, Mokka?“ Diesmal klingt meine Stimme hart. Zum ersten Mal. Noch nie habe ich meine Stimme erhoben, und noch nie hat sie Strenge enthalten.

„Gestern Nachmittag ist ein Bericht eingegangen. Den Sicherheitsleuten des Unternehmens ist es gelungen, deine gerissene Legende zu durchschauen. Du bist kein Abwehrkämpfer. Du bist ein Spion und ein Saboteur, der vom Konsortium zu uns geschickt wurde. Ich habe den Auftrag erhalten, dich in eine Falle zu locken. Und ich habe meinen gesamten Einfluss geltend machen müssen, um einen weiteren Tag aus ihnen herauszuquetschen — einen weiteren Tag für uns. Für dich und mich. Aber jetzt ist er vorbei. Zumindest für mich. Meine letzten vier Minuten ... Egal. Ich habe ihnen gesagt, dass ich dir den Plan nicht verraten werde. Nach dem Mittagessen wären wir im Himmelspark spazieren gegangen. Dort hätte alles stattfinden sollen. Aber dazu wird es jetzt nicht kommen.“

Eine Uhr brauche ich nicht zu suchen, weil ich immer eine dabeihabe. Die grünen Ziffern zeigen an, dass es noch dreieinhalb Minuten bis zum Mittag sind. Bis zum Mittag ... Aber in diesem Moment bin ich mit etwas völlig anderem beschäftigt.

„Was hast du getan?“

Meine Frage hat nichts mit dem Sicherheitsdienst oder ihrem Unternehmen zu tun. In der Tat hat es nichts mit der Arbeit zu tun. Es geht mir um Mokka und um Mokka allein.

„Was hast du getan?“, wiederhole ich, greife ihre Finger noch fester und füge ihr dadurch den ersten Schmerz zu. „Du hast Fieber. Was hast du getan?“

„Eine klitzekleine Tablette mit einer ungewöhnlichen chemischen Verbindung“, sagt Mokka lächelnd und macht keine Anstalten, ihre Hand zu befreien. „Die Wirkung setzt bereits ein. Schon bald wird sie mein Gehirn vernichten, es in einer bemerkenswerten chemischen Reaktion zum Kochen bringen. Es ist ... Es war schön, mit dir zusammen zu sein. Ich weiß, ich bin nur ein Opfer für dich, aber ich liebe dich trotzdem, O ...“

„Halt‘ die Klappe!“, brülle ich, springe auf und zerre sie zu mir über den Tisch, wobei ich das antike Geschirr in Stücke schlage.

Die Scherben knirschen unter meinen Füßen. Ich drehe mich um, werfe mir Mokka über die Schulter, hüpfe durch die Papierschiebetüren hinaus und sprinte über den Kiesweg.

„Stopp. Stopp, ich habe eine Idee, wie ich dir zur Flucht verhelfen kann. Dreh‘ um. Du musst gehen ...“

„Halt‘ die Klappe!“, wiederhole ich und komme sechs Schritte vor einem hageren Japaner zum Stehen, der sich uns mit einem zu Boden gesenkten Schwert in den Weg stellt.

„Legen Sie die Dame nieder“, sagt der Japaner gleichmütig. „Und dann muss ich Sie töten, schnell und ohne …“

„Halt deine verfluchte Schnute geschlossen, du aufgeblasener Schwanzlutscher!“, spotte ich und trete einen Schritt vor. „Ich scheiße auf deine Höflichkeit und deine Gelübde. Geh‘ mir aus dem Weg! Mokka hat irgendeinen Scheiß eingenommen. Beschissenes chemisches Seppuku. Sie muss gerettet werden. Ich weiß, wo ich sie hinbringen muss, und ich will keine wertvollen Sekunden damit verschwenden, dir dein Katana in den Arsch zu schieben. Doch wenn ich muss, werde ich das tun, du dummer Hurensohn, mit deiner feinen Blutlinie kastrierter Wachhunde, die niemanden interessiert. Also lass mich durch! Oder stirb!“

„Es ist zwecklos ...“, seufzt Mokka, und ihr Kopf sinkt ab und stößt gegen meinen Oberarm.

Die Wache trifft ihre Entscheidung blitzschnell. Der Mann wirft sein Katana weg und springt — ein einziger Sprung! — fast dreieinhalb Meter weit. Mit seinem zweiten Sprung verdoppelt er die Entfernung.

„Beeilen Sie sich!“

Das ist alles, was er sagt. Allerdings kenne ich jedes Detail über diesen Kerl und somit auch, dass er trotzdem irgendwann versuchen wird, mich zu töten. Was ihn jetzt aufhält, ist lediglich seine unendliche Hingabe an seine Gebieterin. Doch früher oder später wird er mich finden. Mir ist es egal.

Ich eile durch das Tor und springe in einen Abgrund, der von einem wohligen Nebel eingehüllt ist. Die Luft dröhnt heimtückisch in meinen Ohren, während sie sich vor mir in spöttischer Ehrfurcht teilt, um bei meinem Sturz auf die ferne Erde zuzusehen. Ein bläulicher Funke erscheint ganz kurz an der Seite, woraufhin ein vorsorglich angefordertes Auto mit geöffnetem Schiebedach herbeieilt, um uns abzufangen.

In dem Wissen, dass mich niemand hören wird, flüstere ich Worte, die vom heulenden Wind weggefegt werden: „Du dummes Weib mit deinem Kaffeenamen ... Warum hast du mir nichts gesagt? Warum hast du mir nichts gesagt ... Scheiß‘ auf deine Firma und ihre Geheimnisse. Du bist es, die ich brauche! Du, du blödes Weib!“

Keine Antwort. Nur Unmengen grüner Lichter auf dem Armaturenbrett des herannahenden Autos, die spöttisch zur Begrüßung aufblitzen. Ich stürze auf den Sitz und schmeiße Mokka neben mich, dann schlage ich auf die Scheibe, und wir sausen in die Tiefe. Als der Motor zu brummen beginnt, blinkt eine Warnung in scharlachroten Lichtern auf der Windschutzscheibe auf, dass wir nicht zwischen die beiden Fahrzeuge passen werden, die auf der nächsttieferen Ebene fahren. Entweder ich finde mich gleich auf einem gepanzerten Kofferraum für VIP-Fracht wieder oder auf einer Plastikschrottmühle von Proleten, die sich naiverweise schon fast für Mittelklasse halten. Ein Ausweichmanöver würde mich zehn wertvolle Sekunden kosten. Nein, ich werde nicht zurücksetzen. Mein nächster Schritt ist unausweichlich. Mit zusammengebissenen Zähnen bewege ich scharf den winzigen Joystick, während ich gleichzeitig den Motor hochdrehe. Ich werde nicht eine einzige verdammte Sekunde verlieren. Nicht eine einzige ...

* * *

Schaudernd kehrte ich in die Realität zurück, blinzelte und spürte, wie meine Augen eine seltsame Feuchtigkeit ausstießen, die sich am unteren Rand meiner Schutzgläser staute. Ich zog sie hoch und wischte die Feuchtigkeit mit meinem Handschuh ab, während ich wütend fluchte. Ich schwitzte wie ein Schwein auf der Pamu-Poka-Farm.

„Alles gut bei dir?“

„Natürlich“, antwortete ich auf die Frage des Zombies mit nichts anderem als starrer Apathie.

---ENDE DER LESEPROBE---