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Eine begabte junge Frau, ein faszinierendes Handwerk und finstere Machenschaften, die sie in Todesgefahr bringen - Reisen Sie mit Rebecca Michéle ins mittelalterliche Wales!
Wales, um 1300. Überall im Land werden Burgen gebaut und Befestigungsanlagen instandgesetzt. Es ist ein goldenes Zeitalter für Steinmetze, und der Vater der jungen Roisin zählt zu den Besten seines Fachs. Als er verunglückt und nicht mehr arbeiten kann, steht die Existenz der ganzen Familie auf dem Spiel. Roisins Bruder Edward fehlt das Geschick seines Vaters, doch er weiß, dass Roisin nachts heimlich Skulpturen angefertigt hat, die an Schönheit nicht zu übertreffen sind, und gibt sie als seine aus. Fortan muss sich Roisin nicht nur um den kranken Vater und die zänkische Stiefmutter kümmern, sondern auch in der Werkstatt arbeiten. Sie mag ihre Arbeit, aber sie sehnt sich auch nach Freiheit - und Liebe ...
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Seitenzahl: 495
Veröffentlichungsjahr: 2025
Eine begabte junge Frau, ein faszinierendes Handwerk und finstere Machenschaften, die sie in Todesgefahr bringen – Reisen Sie mit Rebecca Michéle ins mittelalterliche Wales!
Wales, um 1300. Überall im Land werden Burgen gebaut und Befestigungsanlagen instandgesetzt. Es ist ein goldenes Zeitalter für Steinmetze, und der Vater der jungen Roisin zählt zu den Besten seines Fachs. Als er verunglückt und nicht mehr arbeiten kann, steht die Existenz der ganzen Familie auf dem Spiel. Roisins Bruder Edward fehlt das Geschick seines Vaters, doch er weiß, dass Roisin nachts heimlich Skulpturen angefertigt hat, die an Schönheit nicht zu übertreffen sind, und gibt sie als seine aus. Fortan muss sich Roisin nicht nur um den kranken Vater und die zänkische Stiefmutter kümmern, sondern auch in der Werkstatt arbeiten. Sie mag ihre Arbeit, aber sie sehnt sich auch nach Freiheit – und Liebe …
Rebecca Michéle, 1963 in Rottweil geboren, schrieb schon als Jugendliche Geschichten. Inzwischen hat sie zahlreiche Romane in diversen Verlagen, unter mehreren Pseudonymen und in verschiedenen Genres veröffentlicht. Auch für ihren neuesten Roman, DIE STEINMETZIN, hat sie die Schauplätze und Hintergründe vor Ort recherchiert. Nicht umsonst schätzen ihre Leser:innen die detailgetreue Darstellung und die Stimmigkeit zwischen Fiktion und Historie.
RebeccaMichéle
DIE STEIN METZIN
HistorischerRoman
Vollständige eBook-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Originalausgabe
Dieses Werk wurde vermittelt durch die litmedia.agency, Germany.
Copyright © 2025 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln, Deutschland
Vervielfältigungen dieses Werkes für das
Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Textredaktion: Christa Pohl, Heßdorf
Umschlaggestaltung: Johannes Wiebel | punchdesign, München
unter Verwendung von Motiven von © stock.adobe.com:
IRStone | Kanea | Stephen | Andrea Izzotti & © Johannes Wiebel
eBook-Produktion: Dörlemann Satz, Lemförde
ISBN 978-3-7517-7471-0
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Kalt und glatt fühlte sich die kleine Figur unter ihren Fingern an. Behutsam, als würde sie ein Kätzchen liebkosen, strich Roisin über den Stein, spürte die Erhebung der Nase, den Schwung der wulstigen Lippen und eine kleine Unebenheit auf der rechten Wange des aus Sandstein gemeißelten Kopfes. Zielsicher griff sie zu der passenden Feile und raspelte zwei-, dreimal über die raue Stelle, dann hielt sie das steinerne Gesicht eine Armlänge von sich. Roisin lächelte zufrieden. Die Figur, gerade so groß wie der Kopf eines neugeborenen Kindes, schien zu leben und sie aus listigen Augen direkt anzusehen.
Roisin fuhr herum, als in ihrem Rücken die Tür knarrte und ein Luftzug das Talglicht flackern ließ. Automatisch presste sie die filigrane Arbeit schützend gegen ihre Brust.
»Edward!« Ein Seufzer der Erleichterung löste sich aus ihrer Kehle. »Musst du dich immer so anschleichen?«
Ein großer, schlanker junger Mann mit angenehmen Gesichtszügen trat in den Lichtschein. Roisin wähnte den Bruder längst im Bett, aber Edward war noch vollständig angekleidet. In weichen, dunkelbraunen Wellen fiel sein Haar bis auf die Schultern.
»Ich wusste, ich würde dich hier finden, Schwester. Mutter hat sich den Magen verdorben und will, dass du ihr einen Kamillensud machst.«
Wenn ich zum Abendessen ebenso viele kandierte Früchte gegessen hätte, wäre es mir jetzt auch schlecht, dachte Roisin. Sie behielt die Worte jedoch für sich. Edward war der Frau, die der Vater geheiratet hatte, herzlich zugetan, während sie, Roisin, auch nach den vielen Jahren nicht imstande war, eine Mutter in ihr zu sehen. Bei Edwards Geburt, die ihre Mutter das Leben gekostet hatte, war Roisin vier Jahre alt gewesen. Damals, vor siebzehn Jahren, waren sie, ihr Vater und die Hochschwangere nach einer tagelangen Reise aus den Bergen im nördlichen Conwy angekommen, da sich Elian Talwyn Arbeit auf der großen Baustelle der mächtigen Burg erhofft hatte. Während er sofort zum zuständigen Baumeister geeilt war, war die Mutter niedergekommen und hatte Edward direkt am Hafen, im Staub der Straße, zur Welt gebracht. Den ersten Schrei des Jungen hatte sie nicht mehr erlebt, denn Gott hatte sie zu sich gerufen.
Roisin vertrieb die schmerzlichen Erinnerungen, legte den Steinkopf auf die Tischplatte und erhob sich von dem Schemel. Edward trat näher und betrachtete im flackernden Schein des Talglichts das bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Antlitz.
»Bist du verrückt«, zischte er. »Das ist das Gesicht des neuen Zunftmeisters Castellmare. Wenn das jemand sieht, wirft man dich ins Verlies! Es ist verboten, Skulpturen nach realen Vorbildern zu hauen.«
»Wer sollte die Figur je zu sehen bekommen, Edward?« Roisin seufzte. »Noch vor Morgengrauen werde ich sie in den Fluss werfen.« So wie alle anderen, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Das ist angeraten, Schwester.« Edward drehte die Skulptur zwischen den Fingern. »Trotzdem muss ich zugeben, dass du den Alten gut getroffen hast. Sogar den gierigen Blick seiner Schweinsaugen hast du herausgearbeitet. Sag, Schwester, wie machst du das? Wie gelingt es dir, solch lebensechte Gesichter aus einem unscheinbaren Stück Stein zu hauen?« Er legte den Kopf schief und zwinkerte Roisin vertraulich zu. »Du kannst mir dein Geheimnis ruhig verraten.«
»Es steckt kein Geheimnis dahinter, nur eine gute Beobachtungsgabe, die Liebe zum Stein und vor allen Dingen Fleiß«, antwortete Roisin ernst. »Wenn du konzentrierter bei der Arbeit wärst und mehr auf Vater hören würdest, dann könntest du das auch.«
Unwillig verzogen sich Edwards volle Lippen. Mit ihnen küsste er lieber die Mädchen, als dass seine Hände kalten und toten Stein bearbeiteten. Der Bruder war ein hübscher junger Mann, dem die Herzen der Maiden nur so zuflogen, worüber er das Handwerk seines Vaters sträflich vernachlässigte.
»Du solltest jetzt besser zu Mutter gehen, Roisin«, mahnte Edward. »Ich räume hier auf und lösche das Licht.«
»Danke«, murmelte Roisin und hüllte sich in ihrem Umhang.
Während sie den Innenhof von der Werkstatt zum Wohnhaus durchquerte, schlug die Glocke von St. Marys die elfte Stunde. In den letzten Tagen war ein heftiger Sturm über Nordwales hinweggezogen. Der Regen hatte die Straßen unpassierbar gemacht, daher war der Vater noch nicht wieder heimgekehrt. Vor fünf Wochen war er in den Westen zur Stadt Caernarvon gegangen, um in der dortigen Burg junge Steinmetze zu unterweisen. Obwohl Roisin den Vater vermisste, ermöglichte ihr seine Abwesenheit, häufig in der Werkstatt zu arbeiten. Lavinda kümmerte sich nicht darum, was Roisin tat, solang der Haushalt nach ihren Wünschen geführt wurde. Unter Roisins geschickten Fingern entstanden kunstvolle Ornamente und Figuren. Wenngleich jedes Stück im Fluss Conwy, der der Stadt seinen Namen gegeben hatte, landete, konnte Roisin ihre Leidenschaft, aus Stein etwas zu gestalten, nicht unterdrücken.
Mit nur einem Beutel voller Werkzeuge, körperlicher Kraft, klarem Verstand und in erster Linie Ehrgeiz und Arbeitseifer hatte sich Elian Talwyn zu einem der führenden Steinmetze der Stadt hochgearbeitet. Sein Entschluss, im Norden des Landes einen neuen Anfang zu wagen, hatte sich für ihn ausgezahlt. Ebenso wie an den Tod der Mutter erinnerte sich Roisin auch an den strengen Winter am Südrand der Berge, in dem sie gehungert und das Fieber beide ältere Brüder geholt hatte. Daraufhin hatte der Vater beschlossen, nach Conwy zu ziehen.
Mühsam kletterte Roisin die steile Stiege ins Obergeschoss hinauf, eine Hand fest ans Geländer geklammert. Sie war mit einem zu kurzen rechten Bein und einem nach innen gedrehten Fuß zur Welt gekommen. Im Laufe der Jahre hatte sie sich zwar mit der Behinderung arrangiert, bei feuchtem, kaltem Wetter hatte sie allerdings ständig Schmerzen in der Hüfte. Dennoch klagte oder jammerte sie nicht, denn es änderte nichts an der Tatsache, dass sie anders war. Der Vater war mit seiner Arbeit so ausgelastet, dass er die Befindlichkeiten seiner Tochter gar nicht wahrnahm. Lavinda hingegen, wenn Roisin sich Schmerzen anmerken ließ, hatte sofort eine spitze Bemerkung parat.
Im Schlafzimmer, das sich die Eltern teilten, schlug Roisin stickige Luft entgegen, gemischt mit dem Geruch nach Erbrochenem. Neben Lavindas Bett brannte ein Talglicht. Als Roisin eintrat, beugte sich Lavinda über den Bettrand und übergab sich in den Nachttopf, wobei ihr Mageninhalt über die Dielenbretter spritzte. Mit dem Ärmel ihres Nachthemdes wischte sich Lavinda über die Lippen.
»Wo hast du gesteckt, Mädchen?«, fragte sie dann und sah Roisin verärgert an. »Ich rufe seit einer Stunde nach dir. Ich kann hier wohl verrecken, und niemand würde es bemerken. Mach das sauber!«
Roisins Gesichtsausdruck zeigte keine Regung. Sie würde nicht nur den Fußboden schrubben, sondern auch das Leintuch und Nachthemd waschen müssen.
»Es tut mir leid, dass dir unwohl ist.« In den vergangenen Jahren hatte Roisin gelernt, ihre wahren Empfindungen zu verbergen und Lavinda die von ihr geforderte Unterwürfigkeit zu zeigen. »Es wird das Abendessen sein, das dich im Bauch drückt.« Leicht legte sie eine Hand auf die schweißnasse Stirn der Stiefmutter. »Fieber hast du keines.«
»Brüh mir einen Kamillensud auf«, forderte Lavinda. »Sofort! Und trödle nicht wieder herum. Wo warst du eigentlich die halbe Nacht? Es kann doch nicht sein, dass du so tief geschlafen und mein Rufen nicht gehört hast. Wüsste nicht, wovon du müde sein solltest. Bestimmt nicht von der Hausarbeit, die du langsamer als eine Schnecke erledigst. Wie solltest du auch schneller sein? Du brauchst für jeden Weg immer viel länger als andere.«
So schlecht konnte es Lavinda gar nicht gehen, dass sie vergaß, Roisin zu beleidigen.
Das Mädchen verzog keine Miene. »Ich werde mich beeilen … Mutter«, sagte Roisin und verließ die Kammer.
In der Küche entfachte sie die Glut im Kamin, hängte den Kessel über das Feuer und entnahm einem tönernen Topf eine Handvoll getrockneter Kamillenblüten. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, trat ihr Bruder in die Küche.
»Wie geht es Mutter?«, fragte Edward besorgt. »Sie ist hoffentlich nicht ernsthaft erkrankt?«
Roisin schüttelte den Kopf. »Es ist nur ein verdorbener Magen. Sie schwitzt, hat aber kein Fieber. Der Kamillensud wird ihr helfen.«
»Gut.« Breitbeinig lehnte Edward mit dem Rücken gegen die Wand. Er trug immer noch sein Wams aus dunkelbraunem Tuch, hellere Beinlinge und einen warmen, wollenen Umhang aus gutem Tuch. Edward mochte elegante Kleider, die zeigten, dass er der Sohn des besten Steinmetzes der Stadt war.
»Warst du wieder im Wirtshaus?«, fragte Roisin, obwohl sie die Antwort kannte. »Wenn Vater aus dem Westen zurückehrt, erwartet er die fertigen Schlusssteine für das Gewölbe der Burgkapelle. Soweit ich vorhin in der Werkstatt gesehen habe, ist noch viel daran zu tun.«
Unwillig runzelte Edward die Stirn. »Ich werde es schon noch machen, Roisin. Jetzt bin ich zu müde. Du kümmerst dich um Mutter, ja?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, polterte Edward die Stiege zu seiner Kammer hinauf. Roisin wusste, wo und mit wem Edward seine Abende verbrachte. Der Bruder war nicht nur ein attraktiver, sondern auch ein großzügiger Mann, daher in den Schenken ein gern gesehener Gast. Obwohl Roisin noch nie ein Wirtshaus betreten hatte, wusste sie wie alle anderen in der Stadt, wie es in den Schenken zuging, in denen die Männer um Geld würfelten und die Mädchen mehr als nur Essen und Bier anboten. Der Vater und Lavinda ließen Edward gewähren.
»Ein junger Mann muss sich die Hörner abstoßen«, war Elians Meinung, dabei hatte er anzüglich gegrinst. »In meiner Jugend war ich nicht anders, und es hat mir wahrlich nicht geschadet.«
Unter Edwards nächtlichen Ausschweifungen litt allerdings seine Arbeit. Roisin hatte längst erkannt, dass der Bruder kaum Interesse an der Steinmetzkunst zeigte. Anders sie selbst. Als Kind war sie oft neben dem Vater in der Werkstatt gesessen und hatte gebannt zugesehen, wie unter seinen Händen zarte Reliefs, Skulpturen mit menschlichen Zügen und Schlusssteine mit filigranen Wappen entstanden. Elian Talwyn hatte sie gewähren lassen, solang sie schwieg und ihn nicht störte. Sie war ja nur ein Mädchen. Ihr Vater war ein verschlossener, in sich gekehrter Mann, der selten Emotionen zeigte und sich in die Angelegenheiten des Haushaltes nicht einmischen wollte. Roisin gegenüber war er streng und nahm seine Tochter vor den Anfeindungen Lavindas nicht in Schutz. Das Mädchen spürte aber, dass sie dem Vater etwas bedeutete. Sie war zehn oder elf Jahre alt gewesen, als sie einen kleinen Hammer in die Hand genommen und einen Stein, den der Vater als Abfall zur Seite gelegt, bearbeitet hatte. Ihre ersten Versuche waren dilettantisch und nicht zu gebrauchen, trotzdem schlich sie sich so oft wie möglich in die Werkstatt, denn der Stein hatte Roisin in seinen Bann gezogen. Instinktiv spürte sie, dass der Vater es missbilligen würde, darum arbeitete sie heimlich, wenn er auf der Baustelle war, oder in den Nächten, wenn alle schliefen. Eines Tages jedoch rutschte sie mit dem Meißel ab und schlitzte sich den linken Handballen so tief auf, dass sie die Wunde vor den Eltern nicht hatte verbergen können. Der Vater war, für ihn eher ungewöhnlich, ausgesprochen wütend geworden und hatte Roisin befohlen: »Lass die Finger vom Stein, Kind, sonst wirst du den Lederriemen zu spüren bekommen! Ein Mädchen ist für die Steinmetzkunst nicht geeignet, dafür sind eure Gehirne viel zu klein. Offenbar bist du mit der Arbeit im Haus nicht ausgelastet, dabei ist dies die einzige, die einem Weib ansteht.«
Ergänzend spie Lavinda verächtlich aus: »Der Krüppel soll in der Küche bleiben! Da kann sie keinen Schaden anrichten.«
Dass der Vater mit Züchtigung drohte, zeigte Roisin, wie zornig er über ihr Tun war. Gewalt war bei ihm nicht an der Tagesordnung, manchmal jedoch rutschte ihm die Hand aus, wenn Roisin seinen Unwillen erregte. Edward hingegen war noch nie geschlagen worden. Einerseits verstand Roisin Vaters Zorn, aber sie schadete doch niemandem, wenn sie ihrer Leidenschaft frönte. Wenn unter ihren Händen aus dem Stein kleine Figuren und Gesichter entstanden, fühlte sie sich wie in einer anderen Welt, in der alles plötzlich ganz leicht und einfach war. So hatte sie des Vaters Anweisung ignoriert und bei jeder sich bietenden Gelegenheit heimlich weitere Figuren gehauen. Nun passte sie besser auf. Sie verletzte sich nicht mehr, und nach getaner Arbeit achtete sie darauf, dass alle Werkzeuge wieder genauso auf der Werkbank lagen, wie der Vater sie hinterlassen hatte.
Über all dies dachte Roisin nach, als Lavinda – der Kamillensud hatte ihr Linderung gebracht – endlich eingeschlafen war und sie das Haus verlassen konnte. Da der Vater nun täglich zurückerwartet wurde, holte Roisin die kleine Skulptur mit den Zügen des feisten Zunftmeisters aus der Werkstatt und trug sie in einem Lumpen verborgen unter ihrem Kittel. Obwohl es finstere Nacht war und weder Mond noch Sterne am Himmelszelt standen, fürchtete sich Roisin nicht vor der Dunkelheit. Die Nacht war ihr Freund, verschluckte sie doch die zarte, hinkende Gestalt. Niemand war unterwegs, der Roisin verspottete und beschimpfte. Angst vor Männern, die eine Frau belästigen und ihr Schlimmes antun könnten, empfand Roisin keine. Ihr verkrüppeltes Bein schreckte jeden Mann ab, sich ihr zu nähern.
Sie kam am Mill Gate vorbei, dem südlichen Stadttor, dessen Fallgitter heruntergelassen war. Soldaten waren keine zu sehen, hinter den Schießscharten im oberen Stockwerk flackerte jedoch der Schein von Fackeln. Dort vermutete Roisin die Wachstube. Sie wandte sich nach rechts und folgte der hohen Mauer, die bis zum Fluss hinunterführte. Conwy sollte von einer durchgehenden Stadtmauer mit insgesamt einundzwanzig Türmen umschlossen werden. Zwei Drittel der Befestigung waren bereits fertiggestellt. Drei mächtige, hoch aufragende Stadttore, je eines nach Süden, nach Westen und gen Norden, glichen uneinnehmbaren Festungen und waren dauerhaft mit Soldaten besetzt. Im Osten wurde Conwy von der Burg und dem Fluss begrenzt. Die Tore wurden bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen und erst wieder am Morgen geöffnet. Roisin und ihre Familie lebten außerhalb der Stadtmauer. König Edward hatte erlassen, dass nur Engländer in den befestigten Städten ihre Häuser bauen durften. Den Walisern wurde erlaubt, in Conwy ihren Geschäften nachzugehen, aber am Abend mussten sie die schützenden Mauern verlassen und sich in die Quartiere außerhalb zurückziehen. Immer wieder kam es in Wales zu Aufständen gegen die englischen Besatzer, und so wollte der König seine Landsleute schützen. Die Waliser waren im eigenen Land nur ein geduldetes Volk, das zwar Gebräuche und Teile ihres Zivilrechtes hatte behalten dürfen, aber alle Sitten und Gesetze, die den englischen Herrschern nicht behagten, waren abgeschafft und verboten worden. Bei Zuwiderhandlungen drohte der Galgen. Doch in Conwy herrschte Frieden, da die Stadt zu einer der wohlhabendsten im Norden von Wales geworden war.
Sanft schlugen kleine Wellen auf den flachen Strand des breiten Flusses. In der Luft lag der Geruch nach Salz, denn das offene Meer war nicht weit. Roisin nahm die Skulptur unter ihrem Kittel hervor. Ein letztes Mal strichen ihre Finger über das perfekt ausgeformte Gesicht, dann holte sie aus und warf mit einer Kraft, die man der zierlichen Frau nicht zugetraut hätte, das Kunstwerk in das Wasser. Die Fischer mit ihren Netzen fuhren weiter hinaus, so fürchtete Roisin nicht, dass das steinerne Sammelsurium, das sich im Laufe der Jahre auf dem Grund des Flusses angehäuft hatte, jemals entdeckt werden würde. Sie konnte es nicht wagen, die Arbeiten im Haus aufzubewahren. Den Zorn des Vaters konnte sie sich nur zu gut vorstellen, ebenso wie das Klatschen des Lederriemens auf ihrem bloßen Rücken.
Während Roisin durch die Dunkelheit zurückging, erinnerte sie sich an den Tag vor rund zwei Jahren, als Edward ihr heimliches Tun entdeckt hatte. Sie hatte sich vor dem Zorn des Bruders gefürchtet. Wenngleich Edward leichtfertig und arbeitsscheu war, hatte er mit einem Blick das Talent und die Kunstfertigkeit seiner Schwester erkannt und versprochen, sie nicht zu verraten.
»Vater wäre außer sich, sollte er merken, dass deine Arbeiten besser sind als seine.« Bei diesen anerkennenden Worten war Roisin verlegen errötet. »Allerdings wundere ich mich, wie du bei all deinen Aufgaben im Haus noch Zeit findest, den Stein zu metzen.«
Das wusste Roisin manchmal selbst nicht. Obwohl die Stiefmutter sie verachtete und sich schämte, einen Krüppel unter ihrem Dach zu beherbergen, hatte Lavinda keine Skrupel, Roisin härter als eine Magd schuften zu lassen. Vor Sonnenaufgang stand Roisin auf, versorgte die Hühner, brachte das Herdfeuer zum Brennen, kochte den Morgenbrei, säuberte das Geschirr, nachdem sich alle gestärkt hatten, wusch die Wäsche, schrubbte die Dielenböden und kochte das Mittag- und das Abendessen. Zweimal in der Woche ging sie zum Markt, der innerhalb der Stadtmauer lag, und schleppte mühsam den schweren Korb nach Hause. Die Stiefmutter bestimmte zwar, welche Gerichte es geben sollte, sie selbst jedoch war in der Küche nur anzutreffen, um Roisin zu überprüfen, ob sie alles nach ihren Wünschen zubereitete.
Elian hielt sich aus den Weibersachen, wie er die Angelegenheiten des Haushalts nannte, raus. Schon zu Lebzeiten ihrer richtigen Mutter hatte Roisin gespürt, dass ihre Behinderung den Vater davon abhielt, sie in den Arm zu nehmen, und sie hatte ihn sagen hören: »Eine solche Missbildung muss eine Strafe Gottes sein. Dabei hat das Kind ein hübsches Gesicht, doch als Lahme wird sie niemals einen Mann finden, und wir werden für sie sorgen müssen.«
»Du bist gegenüber Gott ungerecht, Elian«, hatte die Mutter geantwortet. »Alles, was der Herr tut, hat einen Sinn. Auch ich hätte lieber ein gesundes Kind, aber vielleicht liebe ich unsere Tochter gerade deswegen, weil sie anders ist.«
Die Zuneigung der Mutter hatte Roisin immer gespürt. Daher war es umso schrecklicher gewesen, als sie starb und Lavinda deren Platz einnahm. Bis heute verstand Roisin nicht, warum der Vater die kühle, hartherzige Frau nur wenige Wochen nach dem Tod der Mutter geheiratet hatte. Ja, der Säugling Edward brauchte eine Mutter, und sie, Roisin, war mit vier Jahren natürlich noch viel zu klein, um sich um den Vater zu kümmern. Trotzdem …
Über diese trübe Gedanken hatte Roisin das Haus am Rande der Waliser-Siedlung erreicht und schlich geräuschlos in die Küche. Sie überlegte, ob sie noch einmal nach Lavinda sehen sollte. Mitternacht war jedoch bereits vorüber, und Roisin fühlte sich erschöpft. Aus einem Winkel hinter dem Regal mit den Töpfen und Pfannen zog sie einen Strohsack und eine grob gewebte Wolldecke hervor. Beides breitete sie auf dem Fußboden aus gestampftem Lehm aus und legte sich nieder. Obwohl es im Dachgeschoss eine kleine unbenutzte Kammer gab, schlief Roisin wie eine Magd in der Küche.
»So hast du immer einen Blick auf das Feuer«, hatte Lavinda gesagt.
Jetzt, im Herbst und dann im kommenden Winter, war Roisin über ihren Schlafplatz nicht unglücklich, denn in der Küche war es immer mollig warm, während sie in die Dachkammer mühsam Holz hinaufschleppen musste, um sie zu beheizen.
Roisin haderte nicht mit ihrem Schicksal. Von ihrem Leben erwartete sie nichts. Sie war einundzwanzig Jahre alt und würde den Eltern noch lange den Haushalt führen und sie pflegen, wenn sie alt und krank waren. Das Schicksal – oder eben doch Gott – hatte ihr die Behinderung auferlegt, und sie hatte sich damit abgefunden. Auch wenn sie hart arbeiten musste, hatte sie doch ein dichtes Dach über dem Kopf und jeden Tag eine warme Mahlzeit in der Schüssel. Dank Elians Begabung und Fleiß gehörte die Familie sogar zu den Bessergestellten in der Siedlung der einheimischen Handwerker. Elian und Lavinda zollte man Respekt, und Edward hatte mehr Münzen im Beutel, als es gut für ihn war. An Lavindas Beschimpfungen hatte sich Roisin ebenso gewöhnt wie an Vaters Missachtung und dass er sie nie in Schutz nahm.
Erschöpft, mit feuchter, schmutziger Kleidung, kehrte Elian Talwyn zwei Tage später zurück. Bei der Beschreibung des riesigen Baus im Westen leuchteten seine Augen.
»Caernarvon ist eine große und aufblühende Stadt, und die Burg ist das imposanteste Gebäude, das ich jemals gesehen habe, um ein Vielfaches größer als die Burg von Conwy. Wie eine eigene Stadt, und die Mauern sind so dick, dass sie jedem Angriff standhalten können.« Hastig griff Elian nach dem Becher mit warmem Würzwein, den Roisin ihm reichte, und leerte ihn bis zur Neige, dann fuhr er fort: »Die königlichen Gemächer sind bereits fertiggestellt und mit einer solchen Pracht ausgestattet, dass es mir die Augen blendete. Die Pfosten des Bettes der Königin sind vergoldet, kostbare Behänge in leuchtenden Farben schmücken die Wände, und es heißt, die Binsen würden jede Woche erneuert.«
»All das bezahlt der König von dem Geld, das er durch immer höhere Steuern und Abgaben aus dem walisischen Volk herauspresst.«
Bevor Roisin nachgedacht hatte, waren ihr die Worte entschlüpft. Elian fuhr zu ihr herum und hob die Hand, als wolle er ihr eine Ohrfeige verpassen. Roisin wich einen Schritt zurück.
»Wie kannst du es wagen, Tochter!«, herrschte er sie an. »Ohne König Edward wären wir alle längst verhungert. Als Weib steht es dir nicht an, Kritik zu üben.«
»Dich hat niemand nach deiner Meinung gefragt!«, fügte Lavinda an. »Kümmere dich lieber um den Schinken. Dein Vater ist hungrig.«
Demütig senkte Roisin den Blick und hinkte ohne ein weiteres Wort zur Tür, um den Schinken zu holen. Bevor diese hinter ihr ins Schloss fiel, hörte sie den Vater sagen: »Ich wünschte, irgendjemand würde kommen und sie zur Frau nehmen.«
Lavinda lachte spöttisch. »Die Hoffnung können wir begraben, Elian. Selbst wenn wir einen ganzen Sack Münzen bezahlen würden – wer will schon so ein Weib heiraten? Das Mädchen ist nicht nur ein Krüppel, sondern auch vorlaut, frech, und es mangelt ihr an jeglichem Respekt. Es wäre besser gewesen, wenn damals nicht deine Söhne, sondern das Mädchen gestorben wäre.«
Obwohl sie an solche Worte von Lavinda gewöhnt war, drückte ein Kloß in Roisins Kehle, weil der Vater auch dieses Mal Lavinda nicht widersprach. Sie schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter, strich sich eine Locke ihres dichten roten Haares aus der Stirn und ging in die kleine Vorratskammer, um den Schinken und das Gemüse zu holen. Als sie in die Küche zurückkehrte, hatten Elian und Lavinda sie verlassen. Edward hingegen saß immer noch auf einem Hocker.
Er stand auf, trat zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid, wie sie über dich sprechen.«
Roisin sah ihn erstaunt an. »Das braucht dir nicht leidzutun. Ich bin selbst schuld, denn ich weiß, dass meine Worte unüberlegt waren. Vater und Lavinda wollen, dass ich meine Arbeit, mich aber sonst nicht bemerkbar mache.«
»Hm …« Edward wusste auf diese richtige Aussage hin nichts zu erwidern, stattdessen fragte er: »Hast du die Skulptur des Zunftmeisters verschwinden lassen?«
Roisin nickte. »Keine Sorge, Edward, sie liegt bei den anderen auf dem Grund des Flusses.«
»Du musst damit aufhören, Schwester!« Eindringlich sah Edward sie an.
»Aufhören? Mit dem Steinmetzen?«
»Für eine Frau ist das wider die Natur. Gott schuf eure Hände nicht, um Männerarbeit zu verrichten …«
»Ach ja, ich vergaß, Gott schuf uns, um Ehefrauen und Mütter zu sein!«, unterbrach Roisin ihren Bruder aufgebracht. »Warum hat er mir dann einen Körper gegeben, der weder das eine noch das andere jemals sein wird? Was meinst du, hat Gott sich dabei gedacht, mich als Krüppel in diese Welt zu schicken? Du hast Lavinda gehört: Damals, in den Bergen, hätte Gott mich sterben lassen sollen anstatt unsere beiden gesunden Brüder. Gott hat nicht nur einen Fehler gemacht.«
Erschrocken hob Edward die Hände und wich vor Roisin zurück. »Das ist Blasphemie, Schwester! Wenn ein Priester deine Worte hört, könnte es deinen Tod bedeuten! Alles, was Gott erschafft, hat seinen Grund.«
Trotz aller Vernunft konnte Roisin jetzt nicht schweigen. So vieles hatte sie lange Zeit in sich verborgen, jetzt platzte es aus ihr heraus: »Wenn das, was du sagst, stimmt, dann beantworte mir bitte eine Frage: Außer der Behinderung hat Gott mir auch das Talent gegeben, Steine zu bearbeiten, sogar besser als mancher Mann. Das hast du selbst gesagt, Bruder! Warum hat Gott das getan, wenn es eine Frau angeblich nicht kann und es niemand wissen darf?«
Darauf wusste Edward keine Antwort. Er wandte sich ab und murmelte: »Die Priester haben recht, wenn sie sagen, dass man mit Frauen nicht über Religion diskutieren soll. Ihr seid unfähig, so komplexe Vorgänge zu verstehen. Du solltest jetzt mit dem Kochen beginnen, sonst gibt es nur wieder Ärger.«
Nachdem sich die Tür hinter Edward geschlossen hatte, presste Roisin die Lippen zusammen und hieb mit dem scharfen Messer so heftig auf die Steckrübe ein, als könne die etwas für die Missstimmung. Ihre unbedachte Äußerung über die Ausbeutung des Volks durch den König tat ihr nicht leid, der Disput mit dem Bruder hingegen schon. Edward war der Einzige, der ihr freundlich begegnete. Für Lavinda war sie ein lästiges Anhängsel. Auch für den Vater, sonst würde er seine Frau nicht so sprechen lassen. Nur die christliche Nächstenliebe verbot es den Eltern, sie aus der Familie auszustoßen. Nachdem ihre Mutter gestorben war, hatte sie eine zärtliche Zuneigung für den kleinen Bruder entwickelt und sich um ihn gekümmert. Lavinda hatte Edward immer wie ein eigenes Kind behandelt und ihn verwöhnt, so hatte es dem Jungen nie an etwas gemangelt. Sie, Roisin, verdankte Edward noch mehr als nur sein Schweigen über ihre Arbeit in der Werkstatt. Als er mit acht Jahren zu den Mönchen geschickt worden war, um in den folgenden vier Jahren Lesen, Schreiben und Rechnen zu erlernen, hatte er dem Drängen seiner Schwester nachgegeben und sie unterrichtet. Natürlich heimlich, denn hier waren sich der Vater und Lavinda einig: Solches war wider die Natur. Ein Junge konnte die Kenntnisse durchaus gebrauchen, ein Mädchen hingegen würde nicht mehr als ein paar Grundbegriffe verstehen und sie ohnehin niemals anwenden können. Gott hatte die Gehirne der Frauen nicht geschaffen, dass sie wie die Männer das Lesen und Schreiben beherrschen. Wenn der Vater bei der Arbeit war und Lavinda sich wieder einmal so krank fühlte, dass sie meinte, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen, hatte Edward seiner Schwester geduldig die Buchstaben und Zahlen erklärt. Der Bruder lernte leicht, zeigte aber kein Interesse an den Schriften, die ihm von den Mönchen zur Verfügung gestellt wurden. Roisin bedauerte dies zutiefst. Der Bruder bekam die Möglichkeit, all die wundervollen Bücher zu lesen, und für ihn war es nur eine lästige Pflicht, um den Willen des Vaters zu erfüllen. Sie hingegen hätte nur zu gern die Schriften, die die Mönche verwahrten, gelesen. Im Haus der Talwyns gab es nur ein einziges Buch: die Bibel. Wie bei Handwerkern und einfachen Leuten üblich war das Buch Gottes in gegerbtes Ziegenleder gebunden, nur lateinisch geschrieben und ohne bildhafte Verzierungen.
Bis heute wussten Elian und Lavinda nicht, dass Roisin des Lesens und Schreibens mächtig war und auch gut mit Zahlen umgehen konnte. Tief im Inneren empfand sie einen gewissen Stolz, denn die Stiefmutter konnte nur mit Mühe ihren eigenen Namen kritzeln. Sie selbst beherrschte nicht nur die englische Sprache in Wort und Schrift, sondern verstand auch so viel Latein, um die Verse in der Bibel lesen zu können.
Allerdings würde es ihr und Edwards Geheimnis bleiben, das zweite, das sie miteinander teilten, denn Roisin würde ihr Wissen niemals anwenden können. Beim Einkaufen hingegen war es von Vorteil, dass sie rechnen konnte. So mancher Händler versuchte, sie zu betrügen, weil sie nur ein Weib war, und reagierte überrascht, wenn Roisin die Beträge exakt zusammenzählte und akribisch das Wechselgeld prüfte.
Nachdem Roisin eine Stunde später dem Vater, Lavinda und Edward den gekochten Schinken, das Rübenmus und Brot gereicht und selbst eine Kleinigkeit gegessen hatte, hüllte sie sich in ihren grauen Umhang und ging zum Friedhof. Vor dem Grab ihrer Mutter kniete sie nieder und bat sie um Kraft, gehorsamer zu sein. Lavinda, Elian und Edward waren ihre Familie, die einzigen Menschen, die sie auf der Welt hatte. Sie musste ihr Temperament zügeln und mehr Dankbarkeit zeigen.
Im November wurden die Tage kürzer und immer kälter. An diesem Nachmittag prasselten Graupelschauer gegen die geschlossenen hölzernen Fensterläden. Dadurch war es im Haus so dunkel, dass Roisin mehrere Talglichter angezündet hatte. Sie saß neben dem Feuer in der Küche und flickte das einzige Kleid, das sie besaß und nur an den Sonntagen trug, wenn sie den Gottesdienst besuchte. Lavinda hatte ein weiteres Mal über Kopfschmerzen geklagt und war nach dem Mittagsmahl wieder zu Bett gegangen. Glücklicherweise schlief sie tief und fest, so hatte Roisin jetzt etwas Ruhe. Edward war bereits am Morgen verschwunden, ohne zu erklären, wohin er gehen wollte, und am Nachmittag hatte Elian mit einem Sack voll steinerner Kunstwerke das Haus verlassen.
»Ich bin mit der Ausschmückung des Gemachs der Königin fertig«, hatte er erklärt, »und will die Figuren noch heute einsetzen. Wenn ich zurückkomme, werde ich einen prallen Beutel mit Münzen haben.«
»Nächste Woche ist Wollmarkt in der Stadt.« Lavindas Augen hatten erwartungsvoll gefunkelt. »Der letzte in diesem Jahr, bevor der Schnee die Wege versperrt. Ich brauche unbedingt Stoffe für neue Gewänder.«
»Du wirst dir alles kaufen können, was dein Herz begehrt. Zum Abendessen bin ich zurück.« Der Vater sah zu Roisin. »Da ich heute ein so gutes Geschäft tätige, möchte ich keine Gemüsesuppe, sondern ein ordentliches Stück Fleisch auf dem Teller haben. Und Bier! Ich erwarte einen großen Krug Bier. Den habe ich mir redlich verdient!«
»Selbstverständlich, Vater«, hatte Roisin erwidert und dem großen, breitschultrigen Elian nachgesehen, wie er beschwingt in Richtung des westlichen Stadttores schritt. Den Sack hatte er sich über die Schultern geworfen, als beinhaltete er Entendaunen und keine schweren Steinarbeiten.
Die Bauarbeiten an der gewaltigen Außenanlage der Burg Conwy waren vor acht Jahren beendet worden. Ursprünglich als uneinnehmbare Festung geplant und dementsprechend schmucklos errichtet, hatte der König dann doch entschieden, die Innenräume auszuschmücken. Die Lage der Burg über der Bucht des Conwy schützte vor allzu heftigen Unwettern, und das Klima war für die Gegend angenehm. Besonders für die Königin sollten prachtvolle Gemächer entstehen. Leider hatte Eleonore von Kastilien die Fertigstellung der Innenräume nicht mehr erlebt. Sie starb vor fünf Jahren.
»Der König trauert aufrichtig«, hatte Lavinda gesagt. »Die Ehe galt als besonders glücklich.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, hatte Elian gebrummt. »Könige und Königinnen heiraten aus politischen und wirtschaftlichen Gründen, nicht aus Liebe.«
»Das schließt nicht aus, dass zwischen dem Paar auch gegenseitige Zuneigung entsteht«, hatte Roisin eingeräumt.
»Mädchen, was weißt du denn von solchen Dingen?«, hatte Lavinda von oben herab gemeint. »Du solltest nicht alles glauben, was die Leute reden.«
Roisin hatte geschwiegen. Eben noch hatte die Stiefmutter gemeint, der König habe Eleonore geliebt. Kaum jedoch sagte sie, Roisin, etwas zu dem Thema, verbot Lavinda ihr den Mund. Egal, was sie tat – der Frau würde sie es wohl nie recht machen können.
Inzwischen verhandelte König Edward mit dem spanischen König Philipp IV. über eine Vermählung mit dessen Schwester. Allerdings drangen nur wenige Informationen über den Stand der Dinge in den Norden von Wales. Tatsache war, dass König Edward angewiesen hatte, den Innenausbau der Burg voranzutreiben, für Roisin das Zeichen, dass England bald eine neue Königin haben würde.
Elian hatte berichtet, dass selbst die kleineren Kammern in den acht nahezu identischen Wehrtürmen mit Ornamenten verziert, die Simse der Kamine nicht schlicht, sondern geschnörkelt gearbeitet und die Deckengewölbe mit Rosetten und kleinen Steinfiguren geschmückt wurden. Vom Baumeister James of St. George war Elian mit den Arbeiten betraut worden. Zufrieden hatte der Vater sich die Hände gerieben. Der Auftrag bedeutete Arbeit, Lohn und Brot für viele weitere Jahre. Elian hatte die Räume, Kammern und Gemächer der Burg nie gezählt, schätzte aber, es mussten mindestens einhundert sein. Während die anderen Steinmetze bei Wind und Wetter an der gigantischen, ringförmigen Stadtmauer arbeiten mussten, konnte Elian in seiner warmen Werkstatt sitzen und in aller Ruhe jede Figur aus dem Stein hauen. Wohl bemerkte Elian die neidvollen Blicke der anderen, aber er ignorierte sie. Er hatte sich die Privilegien durch stetigen Fleiß, absolute Zuverlässigkeit und Können verdient. Einzig, dass Edward sich nach wie vor schwertat, auch nur annähernd die Fertigkeit des Vaters zu zeigen, bereitete ihm Sorge. Der Sohn war aber noch jung. Ebenso wie der Vater glaubte auch Roisin, dass Edward bald erkennen würde, welch wundervolle Tätigkeit und damit gute Zukunftsaussichten sich ihm boten.
Roisin seufzte und hielt mit der Näharbeit inne. Es war an der Zeit, das Abendessen zuzubereiten. Die Speckseite in der Speisekammer war eigentlich für den kommenden Sonntag gedacht gewesen, der Vater hatte aber allen Grund, sich heute ein kräftiges Mahl vorsetzen zu lassen. Roisin würde morgen wieder in die Stadt gehen und versuchen, frisches Fleisch zu einem vernünftigen Preis zu bekommen. Um diese Jahreszeit war Fleisch selten und daher teuer, jedenfalls für die einfachen Bürger und Handwerker, die sich vorrangig von Fisch ernährten. Roisin bezweifelte nicht, dass der königliche Haushalt jeden Tag knusprige Braten auf den Tellern hatte. Ein Krug Bier war noch im Haus. Hoffentlich würde sich der Vater damit zufriedengeben.
Es pochte kräftig und mehrmals hintereinander. Roisin stand auf, hinkte zur Vordertür und öffnete sie. Im strömenden Regen stand ein Junge, kaum älter als acht Jahre und klatschnass.
»Ein Unfall in der Burg«, rief er mit geröteten Wangen. »Ihr müsst kommen.«
Der Junge drehte sich um und wollte davonlaufen. Schnell hielt Roisin ihn am Ärmel fest und fragte: »Was ist passiert?«
»Weiß nichts Genaues, es sind aber wohl welche tot. Ein Mann hat mich geschickt, Euch das zu sagen. Muss weiter zu den anderen.«
Er befreite sich aus Roisins Griff und stob davon.
Roisin ging in die Küche, um ihren Umhang zu holen, da erschien Lavinda auf dem Treppensturz. »Was war das eben für ein Lärm? Nimmt denn hier niemand Rücksicht auf meine Beschwerden?«
»Auf der Baustelle scheint etwas passiert zu sein«, erklärte Roisin. »Man hat einen Jungen geschickt, damit wir kommen.«
»Bei dem Wetter?« Lavindas schüttelte sich. »Beim Fußmarsch zur Burg werde ich mir das Fieber holen. Du weißt doch, wie leidend ich bin, Tochter.«
»Der Junge hat gesagt, es gäbe Tote. Wenn nun was mit Vater –«
»Ach was«, schnitt Lavinda ihr das Wort ab. »Was soll ihm schon passiert sein? Elian wollte nur ein paar Figuren in einem Gemach anbringen. Andere Männer kümmern mich nicht. Aber von mir aus geh und sieh nach.«
Roisin war es ganz recht, dass die Stiefmutter sie nicht begleitete. Sie glaubte zwar nicht, dass dem Vater etwas geschehen war, trotzdem hatte sie ein drückendes Gefühl im Magen. Sie kam nur langsam voran und rutschte immer wieder auf dem von Regen und Schnee durchgeweichten Boden aus. Erst als sie das Stadttor passierte, wurde es besser, denn die Straße, die zur Burg führte, war gepflastert. Bereits aus der Ferne sah sie, dass sich rund um die Burg Dutzende von Frauen und Männern versammelt hatten, viele hielten Fackeln in den Händen. Roisin drängte sich durch die Menschen hindurch.
»Was ist passiert?«, fragte sie einen älteren Mann.
»Es heißt, ein Deckengewölbe sei eingestürzt«, erhielt sie zur Antwort, »und mehrere Männer wurden darunter begraben.«
»Weiß man, wer?«, fragte Roisin, aber der Mann beachtete sie nicht länger und eilte weiter.
Roisin trat durch das große, der Stadt zugewandte Haupttor der Anlage. Auch der Burghof war voller Menschen mit Fackeln. Aus einem der Seitengebäude trugen Männer andere heraus und legten sie nahe einer Mauer zu Boden. Alle waren sie mit Staub und Schmutz bedeckt, hatten blutige Wunden, manche husteten.
Niemand hielt Roisin auf, als sie sich zu den Männern durchdrängte. Im flackernden Lichtschein erkannte sie in einem der Verunglückten Genthin, den jüngsten Sohn ihres direkten Nachbarn, einen Zimmermann. Die Familie hielt zwei Kühe und verdiente sich durch den Verkauf der Milch ein paar Pennys hinzu. Eine klaffende, blutige Stirnwunde entstellte Genthins sonst hübsches Gesicht, seine weit geöffneten Augen waren starr.
»Wo ist Elian?«, rief sie laut, ohne jemand Bestimmtes anzusprechen. »Elian Talwyn, der Steinmetz.«
»Den kenne ich. Er liegt dort drüben.« Ein Mann deutete vage nach rechts und hastete wieder in das Gebäude. Offenbar waren noch nicht alle Opfer geborgen worden.
Roisin fand ihren Vater schnell. Nicht darauf achtend, dass ihr Kittel und Umhang beschmutzt wurden, kniete sie sich neben ihn auf die schlammige Erde. Elians Gesicht war zwar staubbedeckt, aber ohne Blut, und auf den ersten Blick konnte Roisin keine Wunden entdecken. Als sie ihn an der Schulter rüttelte, schlug er die Augen auf.
»Tochter …« Roisin legte ihr Ohr an seinen Mund, um seine Worte verstehen zu können. »Die Decke brach plötzlich in sich zusammen, und Steine fielen herab.«
»Bist du verletzt, Vater? Hast du Schmerzen?«
»Meine Brust …« Elians Atem rasselte unnatürlich. »Und meine Hände …« Er versuchte, sich aufzurichten, stöhnte und sank wieder zu Boden. Speichel trat auf seine Lippen. Erleichtert erkannte Roisin, dass er hell und ohne Blut war. Des Vaters Lunge schien unverletzt zu sein.
»Bleib ganz ruhig liegen«, sagte sie eindringlich. »Du wirst dir wohl ein paar Rippen gebrochen haben. Ich hole jemanden, der dich nach Hause trägt. Bald wirst du wieder gesund sein.«
»Meine Hände …«, wiederholte Elian mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Roisin schlug den Umhang zurück, unter dem seine Hände verborgen gewesen waren, und konnte einen Schrei nicht unterdrücken. Elians Hände waren eine einzige blutige Masse. Spitz stachen Knöchelchen durch das Fleisch, der Daumen an der rechten Hand fehlte. Sie sank auf die Fersen und presste die Faust gegen ihren Mund, um nicht ein weiteres Mal laut aufzuschreien.
Zwei Männer halfen Roisin, den Vater nach Hause zu tragen und ihn in die Schlafkammer zu bringen. Sie war dankbar, dass Elian das Bewusstsein verloren hatte. So spürte er die Schmerzen nicht.
»Seine Verletzungen scheinen nicht lebensgefährlich zu sein«, erklärte sie der Stiefmutter. »Wir sollten sicherheitshalber trotzdem nach dem Bader schicken.«
»Der kostet Geld«, wandte Lavinda ein.
»Das wird dir die Gesundheit deines Mannes wohl wert sein«, erwiderte Roisin. »Ich suche einen Burschen, der den Bader holt. Erhitz derweil Wasser und säubere Vaters Gesicht.«
»Wie sprichst du mit mir?« Lavinda stützte die Hände in die Seiten. »Ich bin nicht deine Magd.«
»Ach, zum …« Roisin unterdrückte einen Fluch, kletterte die Stiege hinunter, nahm aus der Küche einen rotbackigen Apfel und trat in die Gasse hinaus. Sie hielt den nächstbesten Jungen an und bat ihn, den Bader aufzusuchen und ihn zu bitten, so schnell wie möglich hierherzukommen. Nachdem sie dem Jungen den Apfel in die Hand gedrückt hatte, nickte er und rannte davon.
Lavinda hatte sich tatsächlich dazu herabgelassen, Elians Gesicht zu waschen, seinen zertrümmerten Händen schenkte sie indes keinen Blick.
Für Roisin dauerte es eine schiere Ewigkeit, bis es endlich an die Tür klopfte. Der Bader war ein großer Mann mit lichtem Haar und einem struppigen, grauen Bart. Sein Wams war mit Staub und Blut bedeckt.
»Acht sind tot«, sagte er mit tiefer Stimme. »Dutzende verletzt. Nun, das bringt mir eine gute Nacht ein.«
Roisin meinte, einen zufriedenen Zug um die Lippen des Baders zu erkennen. Vielleicht war es aber nur der Schatten des Talglichtes. Sie führte ihn in die Kammer hinauf.
Der Bader legte ein Ohr auf Elians Brust, dann tastete er mit seinen fleischigen Fingern über die Haut und drückte mehrmals fest auf den Brustkorb. Elian stöhnte, wachte aber nicht auf.
»Müsst Ihr so grob sein?«, fragte Roisin.
»Habt Ihr mich gerufen, damit ich die Verletzungen feststelle, oder nicht?«, blaffte der Bader. »Ich kann auch wieder gehen.«
»Entschuldigt bitte«, sagte Lavinda. »Das Mädchen ist schrecklich vorlaut. Bitte, macht weiter! Wird mein Mann überleben?«
Der Bader setzte seine derbe Untersuchung fort. Wieder stöhnte Elian.
»Es werden wohl drei oder vier Rippen gebrochen sein«, sagte der Bader. »Ruhe und kalte Umschläge mit Arnikasud werden baldige Linderung bringen.«
»Was ist mit seinen Händen?«, flüsterte Lavinda mit aschfahlen Wangen.
Der Bader nahm erst eine, dann Elias andere Hand in die seine. Fest zog er an den verbleibenden Fingern, als wollte er die Knochenbrüche einrichten. Die Wunden begannen sofort wieder zu bluten, und Elian wand sich vor Schmerzen.
»Ich muss sie abschneiden.«
»Auf keinen Fall!«, rief Roisin.
»Wollt Ihr, dass er den Brand bekommt?«, fragte der Bader, die buschigen Augenbrauen hochgezogen.
»Ich werde Vater pflegen und dafür sorgen, dass die Wunden heilen«, erklärte Roisin.
»Tut, was Ihr tun müsst, Bader«, mischte sich Lavinda mit fester Stimme ein.
»Aber Mutter, wir können zunächst versuchen …«
Mit einer Geste unterband Lavinda Roisins Einwand und sagte kühl: »Mein erster Mann starb am Brand. Er hatte einen Holzsplitter im Oberschenkel. Damals hatten wir kein Geld, einen Heilkundigen zu bezahlen, der ihm das Bein abnimmt. Hätten wir es getan, wäre er heute wohl noch am Leben.«
»Das habe ich nicht gewusst«, raunte Roisin. Sie straffte die Schultern und sagte entschlossen zu dem Bader: »Lasst mich versuchen, Vater zu heilen. Beim ersten Anzeichen des Brandes könnt Ihr immer noch amputieren.«
Der Bader sah fragend zu Lavinda. Diese zuckte die Schultern, und er brummte: »Wie du willst, Mädchen.« Er streckte die Hand aus. »Zwei Silberpennys!«
»Zwei Silberpennys?«, wiederholte Roisin entsetzt. »Das ist Wucher! Außer seine Brust abzutasten und an seinen Händen herumzuzerren, habt Ihr nichts getan.«
»Entweder Ihr bezahlt, oder ich lasse den Büttel holen«, erwiderte der Bader ungerührt. »Schließlich habe ich meine kostbare Zeit hier verbracht. Es warten andere Verletzte darauf, dass ich mich um sie kümmere. Vielleicht ist auch schon jemand gestorben, weil ich nicht rechtzeitig zur Stelle sein konnte.«
»Gib ihm das Geld«, raunte Lavinda. »Der Mann tut nur seine Arbeit.«
Widerwillig zog Roisin den kleinen Lederbeutel aus ihrer Rocktasche und nahm die zwei Silberpennys heraus. Es war fast die gesamte Summe, die sie vom Vater für die kommende Woche erhalten hatte, um Lebensmittel zu kaufen. Blitzschnell grapschten die blutbesudelten Finger des Baders nach den Münzen. Er ließ sie in seiner Tasche verschwinden und polterte dann mit schweren Schritten die Stiege hinunter. Krachend fiel die Haustür hinter ihm zu.
»Zuerst müssen wir die Wunden vorsichtig auswaschen«, sagte Roisin zu Lavinda. »Dann werde ich versuchen, die gebrochenen Knochen mit dünnen Holzleisten zu schienen.«
»Da du den Bader weggeschickt hast, wirst du dich um Elian kümmern«, erwiderte Lavinda mit schmalen Lippen. »Ich eigne mich nicht für Blut und Wunden. Mir ist speiübel, und meine Kopfschmerzen bringen mich beinahe um. Ich schlafe künftig in der hinteren Kammer. Mach dort Feuer, ich muss mich unverzüglich hinlegen.«
Obwohl Roisin von der Stiefmutter allerhand gewöhnt war, stockte ihr bei so viel Kaltschnäuzigkeit der Atem. Lavinda war bereits an der Tür, als Roisin ihr nachrief: »Wo steckt eigentlich Edward? Hat er von dem Unglück denn gar nichts mitbekommen?«
Lavinda zuckte mit den Schultern. »Selbst wenn? Was sollte der Junge schon ausrichten können?« Sie runzelte die Stirn und kehrte ans Bett ihres Mannes zurück. »Hast du in seinen Taschen nachgesehen, ob er das Geld hat?«
»Welches Geld?«
»Elian wollte den Lohn für die Figuren, die er in dem Gemach anbringen sollte, mitbringen.«
»Wie kannst du jetzt an Geld denken! Ich glaube nicht, dass er bezahlt wurde, bevor das Unglück geschah.«
»Sieh in seinen Taschen nach, Tochter!«, forderte Lavinda.
Ich bin nicht deine Tochter, lag es Roisin auf der Zunge, dennoch folgte sie Lavindas Wunsch. Wie erwartet, waren Elians Taschen leer.
»Es ist zu befürchten, dass Vaters Figuren bei dem Einsturz zerstört wurden und er kein Geld zu erwarten hat.«
Selbst im schwachen Licht des Talglichtes erkannte sie, dass Lavindas Wangen aschfahl wurden. Da legte sie auch schon den rechten Handrücken auf ihre Stirn und stöhnte. »Nachdem du Feuer gemacht hast, bring mir einen heißen Würzwein«, befahl sie. »Er wird mir helfen, zur Ruhe zu kommen. Das ist alles zu viel für mich. Ich bin nur eine schwache Frau, und ich bin kränklich, worauf in diesem Haus keine Rücksicht genommen wird. Und jetzt das!«
Mit gebeugtem Rücken schleppte sich Lavinda von dannen, als läge alle Last der Welt auf ihren Schultern.
Zornig ballte Roisin die Hände zu Fäusten. Wäre nicht ihr schwer verletzter Vater gewesen, der ihre Hilfe brauchte, wäre sie auf der Stelle davongerannt und hätte wie der Bader die Tür hinter sich zugeknallt. So jedoch entfachte sie erst die Flammen in der Feuerstelle in der kleinen Kammer, dann erwärmte sie den Wein für Lavinda. Die Stiefmutter, bereits im Bett liegend, nahm den Becher ohne Dank entgegen und trank gierig. Da sie dann keine weiteren Wünsche mehr äußerte, konnte sich Roisin endlich um den Vater kümmern. Er hatte das Bewusstsein wiedererlangt, und es gelang ihr, ihm so viel Bier einzuflößen, dass er wieder einschlief. So spürte er nicht, wie Roisin die wunden Hände wusch und versuchte, die gebrochenen Knöchelchen zu schienen.
Sie hatte keine Vorstellung, wie spät es war, als die Haustür klappte und Schritte auf der Stiege zu vernehmen waren. Sie öffnete die Tür und sah auf den Korridor hinaus.
»Habe ich dich geweckt?«, fragte Edward. Seine Zunge schlug an, und Roisin roch seinen biergeschwängerten Atem. »Was machst du im Zimmer der Eltern?« So betrunken war Edward nicht, um nicht zu bemerken, dass etwas nicht stimmte.
»Komm rein.« Roisin öffnete die Tür ganz. »Gegen Abend gab es ein Unglück auf der Burg«, sagte sie.
Edward nickte. »Ich habe davon gehört. Ein Deckengewölbe ist eingebrochen, es soll Tote gegeben haben. Aber was …?« Er sah zum Bett, seine Augen weiteten sich entsetzt. »Ist Vater schwer verletzt? Wie geht es ihm?«
Es sprach für Edward, dass er sich trotz seiner Trunkenheit Sorgen um Elian machte.
»Vater wurde unter den Steinen begraben«, erklärte Roisin. »Neben ein paar gebrochenen Rippen scheint er keine schweren inneren Verletzungen zu haben. Ich habe einen Bader holen lassen. Allerdings …« Sie schlug das Tuch zurück, mit dem sie Elians Hände abgedeckt hatte.
Entsetzt zog Edward die Luft ein. »Großer Gott!« Er ließ sich auf die Knie vor dem Bett nieder und streckte eine Hand aus, zog sie aber schnell wieder zurück. Edward erkannte, dass er Elians Wunden nicht berühren durfte. »Leidet er große Schmerzen?«, flüsterte er.
»Er schläft. Ich konnte ihm den ganzen Krug Bier, der noch im Haus war, einflößen. So spürt er die Schmerzen im Moment nicht. Der Bader und Mutter wollten die Hände abschneiden. Ich sagte, ich will alles versuchen, um einen Brand zu verhindern.«
»Wie soll Vater ohne Hände arbeiten können?«, fragte Edward mit einem bangen Unterton. »Ich meine …« Er schluckte schwer. »Das wird doch alles heilen, oder? Vater wird doch wieder ganz gesund werden?«
»Edward, Bruder …« Roisin trat hinter ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. »Auch wenn wir eine Amputation vermeiden können, du siehst es selbst: Einer seiner Finger fehlt, und die anderen werden wohl für immer unbeweglich bleiben.«
»Das bedeutet, dass …« Erschüttert brach Edward ab.
»Dass Vater nie wieder den Stein behauen wird«, ergänzte Roisin gefasst. Warum sollte sie die Wahrheit verschweigen? »Er kann weder die Rosetten, Wappen und Figuren für die hiesige Burg anfertigen noch den großen Auftrag in Caernarvon annehmen.«
Die schonungslose Erkenntnis ernüchterte Edward vollständig. Mochte er auch etwas leichtfertig sein, eines war er nicht: dumm.
»Vater muss wieder arbeiten können!«, flüsterte er mit dem Unterton der Verzweiflung. »Unser Haus, die ganze Siedlung untersteht dem Vogt, hier dürfen nur die Handwerker leben, die auf der Baustelle angestellt sind. Wir werden das Dach über dem Kopf verlieren, wenn Vater nicht mehr arbeiten kann. Was soll dann aus uns werden?«
Roisin nickte, einen bitteren Zug um den Mund. In den letzten Stunden war sie zu der gleichen Erkenntnis gekommen. Wenn Elian nicht mehr als Steinmetz arbeiten konnte, war die Existenz der ganzen Familie bedroht.
»Wer ist für das Unglück verantwortlich?«, fuhr Edward fort. »Wohl der leitende Baumeister, der die Tragkraft des Deckengewölbes falsch berechnet hat. Er wird sich der Verantwortung stellen und für die Verletzten bezahlen müssen.«
»Du weißt, dass das nicht geschehen wird«, sagte Roisin leise. »Ebenso wenig, wie der Vogt uns weiterhin hier wohnen lassen wird. Es wird ein neuer leitender Steinmetz berufen werden, der Haus und Hof übernimmt.«
»Doch nur, weil der verdammte Baumeister ein Engländer ist!«, brauste Edward auf.
»Das ist kein Grund, um zu fluchen, Bruder.«
»Ach, verdammt!«, wiederholte Edward zornig. »Was sollen wir jetzt tun?«
»Nun, es lebt ein weiterer Steinmetz in diesem Haus«, sagte Roisin und sah Edward eindringlich in die Augen. »Wenn er sich ein bisschen Mühe gibt, kann er Vaters Arbeiten fortsetzen. Nicht sofort als leitender Steinmetz, dazu muss der Zunftmeister seine Zustimmung geben, wenn die Aufträge jedoch in zufriedenstellender Qualität ausgeführt werden, beschert uns das zumindest eine Frist.«
Jetzt verstand Edward die ganze Tragweite von Roisins Aussage.
»Ich kann das nicht!«, presste er hervor. »Du weißt, dass meine Fähigkeiten bei Weitem nicht an Vaters heranreichen.«
»Es wird dir nichts anderes übrig bleiben, Bruder, als deine Besuche in den Schenken zu beschränken und dich endlich in der Werkstatt nützlich zu machen. Ob der Bauleiter und der Zunftmeister sich darauf einlassen, dass du Vaters Aufgaben übernehmen kannst, sei dahingestellt. Du musst es aber zumindest versuchen. Vaters Figuren wurden bei dem Unfall alle vernichtet. Gleich bei Sonnenaufgang gehst du zum Baumeister und sagst ihm, dass du so schnell wie möglich neue Skulpturen und Reliefs anfertigen und alle erteilten Aufträge erfüllen wirst.«
»Ich kann das nicht!«, jammerte Edward und raufte sich mit zitternden Händen die Haare. »Ich bin noch viel zu jung, mir fehlt die Erfahrung, außerdem …«
»Warst du bisher zu faul«, fiel Roisin ihm ins Wort, »es zumindest zu versuchen. Es ist keine Frage des Könnens, Edward. Du musst! Sonst ziehen wir als Bettler durch die Straßen. Vaters Ersparnisse reichen vielleicht noch zwei oder drei Monate, um uns zu ernähren, keinesfalls über den gesamten Winter und für die Miete eines anderen Hauses.« Sie empfand Mitleid mit dem jüngeren Bruder. Sanfter fuhr sie fort: »Versuch es zumindest, Edward. Es ist gar nicht so schwer, den Stein zu bearbeiten. Du musst dir nur Mühe geben und konzentriert arbeiten.«
Edward sank auf die Bettkante, schlug die Hände vors Gesicht und weinte nun tatsächlich wie ein kleines Kind.
Das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel gingen ruhig vorüber. Hier oben an der Küste fiel zwar Schnee, wegen der starken Seewinde blieb er aber nie lange liegen. Allerdings war es seit Anfang Januar eisig kalt geworden. Wie in jedem Winter bereitete der Frost Roisin körperliche Probleme. An manchen Tagen konnte sie kaum einen Fuß vor den anderen setzen, ohne vor Schmerzen zu stöhnen. Trotzdem ging sie ihren Pflichten im Haus und bei der Pflege des Vaters nach. Elians robuste Natur siegte. Die Rippenbrüche und die Wunden an seinen Händen waren verheilt, ohne dass es zu einer Entzündung gekommen war. Er aß und trank wieder reichlich, was seine Genesung beschleunigte. Bis vor zwei Wochen hatte Roisin den Vater noch füttern und ihm das Bier einflößen müssen, da er mit den offenen Wunden an den Händen weder Löffel noch Krug hatte halten können. Auch hatte sie den Vater waschen und ihm bei seiner Notdurft helfen müssen. Sie verstand, dass Elian ihre Hilfe bei diesen Vorgängen peinlich war, es blieb ihm aber keine andere Wahl, als sie anzunehmen. Edward kam dafür nicht in Frage. Krankenpflege war Frauensache, und Lavinda saß nur einmal täglich für einige Zeit an Elians Seite, ohne Roisin zu helfen. Mit Leichenbittermiene klagte sie wie üblich über ständige Kopfschmerzen und sonstige Beschwerden und verbrachte die meiste Zeit in ihrer Kammer, in der sie immer noch allein schlief. Nicht ein einziges Mal war Lavinda ein »Danke« über die Lippen gekommen, weil Roisin sich durchgesetzt hatte, Elians Hände nicht amputieren zu lassen, und ihn unermüdlich pflegte. Auch der Vater dankte ihr nicht. Für ihn war Roisins Pflege selbstverständlich, zudem war er verbittert geworden. In seiner Gegenwart sprachen es weder Roisin, Edward noch Lavinda offen aus, aber Elian wusste genau, dass er nie wieder als Steinmetz würde arbeiten können. Neben dem fehlenden Daumen wuchsen zwei Finger an seiner rechten und einer an seiner linken Hand schief zusammen und standen in einem unnatürlichen Winkel zueinander ab.
Jetzt, in der zweiten Woche des neuen Jahres, war Elian in der Lage, wieder selbstständig zu essen, sich zu waschen und anzukleiden.
»Du brauchst nicht länger ständig an meiner Seite sein«, brummte Elian an diesem Abend, nachdem Roisin ihm eine Schale Gemüsesuppe, Brot und Käse in die Kammer gebracht hatte. »Ich komme inzwischen gut allein zurecht.«
»Das weiß ich, Vater, und bald kannst du das Bett auch wieder verlassen«, erwiderte Roisin sanft.
»Ich will mit Edward sprechen«, forderte Elian. »Wir müssen uns Gedanken über die Zukunft machen.«
»In der Werkstatt waren noch Ornamente und Rosetten, die du vor dem Unfall gemacht hast. Edward hat sie dem Baumeister verkauft und gutes Geld bekommen. Du musst dich nicht sorgen, Vater.« Sie ging zur Tür, um den Bruder zu holen. Auf dem Korridor seufzte sie, denn ganz so rosig, wie sie den Vater glauben ließ, sah sie die Zukunft nicht.
»Du bist jetzt ein richtiger Mann, mein Sohn, und der Versorger der Familie«, sagte Elian wenige Minuten später zu seinem Sohn. »Ich bin sehr stolz auf dich!«
»Ich tue nur meine Pflicht, Vater«, erwiderte Edward bescheiden. »Wie wir befürchteten, bleibt der Einsturz des Deckengewölbes ohne Konsequenzen für den Baumeister, und von Entschädigungen für die verletzten Arbeiter und die Angehörigen der Toten ist ebenfalls keine Rede. Inzwischen ist das Gemach wieder aufgeräumt und die Decke neu eingezogen worden.«
»Und über alles wird der Mantel des Schweigens gelegt«, ergänzte Roisin, sie klang bitter.
Edward runzelte die Stirn. »Da bei dem Unglück vor allem Einheimische getötet oder verletzt wurden, haben die Engländer kein Interesse daran, sie zu unterstützen. Da draußen«, er vollführte eine vage Handbewegung, »warten viele Handwerker auf eine Anstellung. Ein toter Waliser wird schnell durch den nächsten lebenden ersetzt.«
»In meinem Haus will ich solche Reden nicht hören«, schnaubte Elian unwillig. »Die Dinge sind nun einmal so, wie sie sind. Seit einigen Jahren werden drüben in Frankreich anstelle von steinernen Tunnelgewölben in Gemächern Balkendecken eingezogen«, wechselte er das Thema. »Die französischen Baumeister sind die besten der Welt, die verstehen ihr Handwerk. Ich vermute, dass hier in der Burg bei der Statik und dem Gewicht schwerwiegende Rechenfehler gemacht worden sind.«
»Es wird wohl kein zweites Mal geschehen«, warf Edward ein. »Meister Castellmare überprüft akribisch die Berechnungen.«
»Ich bin froh, dass der Baumeister des Königs und der Zunftmeister Castellmare dich als meinen Nachfolger behalten haben«, fuhr Elian fort. »Wahrscheinlich werde ich niemals wieder den Stein behauen können, aber du, mein Sohn, führst meine Arbeit fort, und wir behalten das Dach über dem Kopf.«
»Man ist mit meinen Arbeiten zufrieden«, erwiderte Edward. »Meine Skulpturen sind allerdings nicht so perfekt wie deine, Vater.«
Elian lächelte bescheiden. »Das macht die jahrelange Erfahrung. Es wäre arg, wenn ein junger Bursche die gleiche Perfektion wie ein gestandener Steinmetz vorweisen könnte. Eifer und Fleiß, mein Sohn, und bald wirst du der beste Steinmetz von ganz Nordwales sein. So wie ich es gewesen bin.«
Roisin senkte schnell den Kopf, damit keine Regung in ihrem Gesicht dem Vater die Wahrheit verriet. Edward verschwieg nämlich, dass besonders die filigranen Figuren, die er in der Burg ablieferte, an Perfektion die von Elian sogar übertrafen und diese von Roisin bearbeitet worden waren.
»Ich weiß nicht, ob ich in Caernarvon arbeiten kann«, bemerkte Edward. »Dafür müsste ich Conwy für viele Wochen verlassen.«
Elian sah ihn beschwörend an. »Wenn der Baumeister die mit mir geschlossene Vereinbarung auf dich überträgt, dann musst du gehen und dich an die Arbeit machen, Edward! Bald werde ich aufstehen können, Roisin kümmert sich um deine Mutter, mich und den Haushalt. Wir können durchaus einige Zeit auf dich hier verzichten.«
»Ja, Vater.«
Elian schien nichts zu bemerken, Roisin sehr wohl. Mit unbewegter Miene nahm sie die hölzerne Schale, aus der Vater die Suppe gegessen hatte, verließ die Kammer und ging in die Küche. Dort saß Lavinda am Tisch, das Kinn in die Hände gestützt und mit sorgenvoll gerunzelter Stirn.
»Wann wird Elian wieder arbeiten können?«, fragte sie.
»Ich habe dir schon oft erklärt, dass Vater nie wieder als Steinmetz arbeiten kann«, erwiderte Roisin mit einem Hauch Ungeduld in der Stimme.
»Wie willst ausgerechnet du das beurteilen? Bist du ein Bader oder was?«
»Ach, Mutter …« Es fiel Roisin schwer, ruhig zu bleiben. »Wenn du nur einen Blick auf Vaters Hände werfen würdest, wüsstest du, wie es um ihn steht. Du kannst natürlich nach einem Bader schicken, oder, wenn es dir lieber ist, nach einem der englischen Ärzte, die sich in der Burg von Caernarvon aufhalten sollen. Vergiss jedoch nicht, dass die Männer entsprechend bezahlt werden wollen.«
»Geld! Geld! Geld!«, schnaubte Lavinda. »Seit dem Unglück höre ich von dir nichts anderes, als dass wir sparen müssen. Sieh mich an, Tochter! Seit Monaten trage ich dasselbe Kleid, weil ich auf dem Wollmarkt im vergangenen November keinen neuen Stoff habe kaufen können. Ständig gibt es Gemüsesuppe! Fleisch und von dem süßen Kuchen kam schon lange nichts mehr auf den Tisch. Das ist doch kein Leben!«
Überraschend kam Edward, der während Lavindas Lamento zu ihnen gestoßen war, Roisin zu Hilfe. »Mutter, Roisin versucht, uns das Dach über dem Kopf zu erhalten.«
»Ach, was.« Lavinda winkte ab und zog verächtlich die Mundwinkel herunter. »Du bist jetzt der Steinmetz und arbeitest unermüdlich. Es gibt keinen Grund, uns das Haus zu nehmen.«
Roisin und Edward tauschten einen Blick, und der Bruder sah schnell wieder weg.
»Nächsten Sonntag backe ich einen Kuchen«, schlug Roisin versöhnlich vor, »und morgen versuche ich, frischen Fisch zu bekommen.« Das würde zwar ein Loch in ihre Börse reißen, sie war die ständigen Streitereien aber leid.
Schwerfällig wie eine alte Frau stand Lavinda auf. »Ich gehe jetzt schlafen. Räum endlich auf, Mädchen, die Küche sieht aus wie ein Schweinestall.«
Das war zwar maßlos übertrieben, aber die Abfälle des Kohls und der Karotten, aus denen Roisin die Suppe gekocht hatte, lagen noch auf dem Tisch, und an der Seite stapelte sich auch das benutzte Essgeschirr des Tages. Bisher hatte Roisin keine Zeit gefunden, Ordnung zu schaffen. Gott sei Dank war der Vater nun nicht länger auf ihre ständige Hilfe angewiesen, trotzdem war sie von früh bis spät in Bewegung – und darüber hinaus.
Edward wartete, bis Lavindas Schritte auf der Stiege nach oben verklungen waren, dann trat er dicht neben Roisin und raunte, obwohl sie niemand belauschen konnte, in ihr Ohr: »Bis morgen früh brauche ich die fertigen Rosetten mit den Wappen.«
»Sie werden fertig sein.«
»Gut.« Zufrieden nickte Edward. »Ich gehe noch einen Sprung zu Nate rüber.«
»Jetzt noch? Es ist schon spät …«
»Nate hat heute Geburtstag«, erklärte Edward. »Da gibt es einen Krug Bier umsonst. Außerdem habe ich mir etwas Entspannung verdient.«
Entspannung wovon?, lag es Roisin auf der Zunge, doch sie schwieg. Es war ihre Entscheidung gewesen, das Spiel mitzumachen, und jetzt musste sie es bis zum Ende weiterspielen.
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