Die Symbolik der Herdentiere II Hirsch, Schwein, Schaf und Ziege - Harry Eilenstein - E-Book

Die Symbolik der Herdentiere II Hirsch, Schwein, Schaf und Ziege E-Book

Harry Eilenstein

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Beschreibung

Die Reihe Die 87 Bände umfassende Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Das Buch Der Ursprung der Symbolik der Herdentiere ist die Wiederzeugung des Toten mit der Jenseitsgöttin in seinem Hügelgrab, die der Wiedergeburt des Toten durch diese Göttin im Jenseits vorausgeht. Um die Zeugungskraft des Toten abzusichern, wurde er mit dem Herdentier identifiziert, das man für ihn bei seiner Bestattung geopfert hat - Herdentiere mussten eine große Zeugungskraft und Fruchtbarkeit besitzen, da sie sonst nicht in so großen Herden auftreten würden ... Daraus entstanden viele Motive: der Sonnenhirsch des Tyr (aus dem später der Hirsch des St. Hubertus geworden ist), das Stillen des Sigurd/Siegfried durch eine Hindin (Hirsch-Kuh), der Beiname "Sau" der Freya, der Reit-Eber des Freyr, die Widder-Gestalt des Heimdall und des Loki, die Ziegenböcke vor Thors Wagen usw.

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Bücher von Harry Eilenstein

Astrologie

Astrologie (496 S.)Photo-Astrologie (428 S.)Horoskop und Seele (120 S.)

Magie

Handbuch für Zauberlehrlinge (408 S.)Tarot (104 S.)Physik und Magie (184 S.)Die Magie-Formel (156 S.)Krafttiere – Tiergöttinnen – Tiertänze (112 S.)Schwitzhütten (524 S.)

Meditation

Der Lebenskraftkörper (230 S.)Die Chakren (100 S.)Das Chakren-System mit den Nebenchakren (296 S.)Meditation (140 S.)Drachenfeuer (124 S.)Reinkarnation (156 S.)

Kabbala

Kursus der praktischen Kabbala (150 S.)Eltern der Erde (450 S.)Blüten des Lebensbaumes:
Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)

Religion allgemein

Muttergöttin und Schamanen (168 S.)Göbekli Tepe (472 S.)Totempfähle (440 S.)Christus (60 S.)Dakini (80 S.)Vajra (76 S.)

Ägypten

Hathor und Re 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)Hathor und Re 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)Isis (508 S.)

Indogermanen

Die Entwicklung der indogermanischen Religionen (700 S.)Wurzeln und Zweige der indogermanischen Religion (224 S.)

Germanen

Die Götter der Germanen (Band 1 – 80)Odin (300 S.)

Kelten

Cernunnos (690 S.)Der Kessel von Gundestrup (220 S.)Der Chiemsee-Kessel (76)

Psychologie

Über die Freude (100 S.)Das Geheimnis des inneren Friedens (252 S.)Das Beziehungsmandala (52 S.)Gefühle und ihre Verwandlungen (404 S.)einsgerichtet (140 S.)Liebe und Eigenständigkeit (216 S.)Von innerer Fülle zu äußerem Gedeihen (52 S.)Die Symbolik der Krankheiten (76 S.)

Kunst

Herz des Tanzes – Tanz des Herzens (160 S.)

Drama

König Athelstan (104 S.)

Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“

Die Entwicklung der germanischen ReligionLexikon der germanischen ReligionDer ursprüngliche Göttervater TyrTyr in der Unterwelt: der Schmied WielandTyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2Tyr in der Unterwelt: der ZwergenkönigDer Himmelswächter HeimdallDer Sommergott BaldurDer Meeresgott: Ägir, Hler und NjördDer Eibengott UllrDie Zwillingsgötter AlcisDer neue Göttervater Odin Teil 1Der neue Göttervater Odin Teil 2Der Fruchtbarkeitsgott FreyrDer Chaos-Gott LokiDer Donnergott ThorDer Priestergott HönirDie GöttersöhneDie unbekannteren GötterDie Göttermutter FriggDie Liebesgöttin: Freya und MenglödDie ErdgöttinnenDie Korngöttin SifDie Apfel-Göttin IdunDie Hügelgrab-Jenseitsgöttin HelDie Meeres-Jenseitsgöttin RanDie unbekannteren JenseitsgöttinnenDie unbekannteren GöttinnenDie NornenDie WalkürenDie ZwergeDer Urriese YmirDie RiesenDie RiesinnenMythologische WesenMythologische Priester und PriesterinnenSigurd/SiegfriedHelden und GöttersöhneDie Symbolik der Vögel und InsektenDie Symbolik der Schlangen, Drachen und UngeheuerDie Symbolik der HerdentiereDie Symbolik der RaubtiereDie Symbolik der Wassertiere und sonstigen TiereDie Symbolik der PflanzenDie Symbolik der FarbenDie Symbolik der ZahlenDie Symbolik von Sonne, Mond und SternenDas JenseitsSeelenvogel, Utiseta und EinweihungWiederzeugung und WiedergeburtElemente der KosmologieDer WeltenbaumDie Symbolik der Himmelsrichtungen und der JahreszeitenMythologische MotiveDer TempelDie Einrichtung des TempelsPriesterin – Seherin – Zauberin – HexePriester – Seher – ZaubererRituelle Kleidung und SchmuckSkalden und SkaldinnenKriegerinnen und Ekstase-KriegerDie Symbolik der KörperteileMagie und RitualGestaltwandlungenMagische WaffenMagische Werkzeuge und GegenständeZaubersprücheGöttermetZaubertränkeTräume, Omen und OrakelRunenSozial-religiöse RitualeWeisheiten und SprichworteKenningarRätselDie vollständige Edda des Snorri SturlusonFrühe SkaldenliederMythologische SagasHymnen an die germanischen Götter
Inhaltsverzeichnis

Hirsch

Wortschatz

Das edle Tier

Völsungen

Völsungen

2. Gudrun-Lied

Bruchstück einer Saga

Gesta danorum

Hugdietrich

Gürtelschnalle von Pforzen

Zusammenfassung

Das Verirren auf der Hirschjagd

Hervor

Jüngere Huldar-Saga

Ältere Huldar-Saga

Gauti

Wolfdietrich

Völsungen

Hrolf der Wanderer

Runenstein von Böksta

Bildstein von Gotland

Zusammenfassung

Die Hirsche am Weltenbaum

Gylfis Vision

Grimnir-Lied

Gylfis Vision

Grimnir-Lied

Thulur

Namen von mythologischen Hirschen

Gylfis Vision

Zusammenfassung

Der Sonnenhirsch

Sonnenlied

Ältere Huldar-Saga

2. Helgi-Lied

Wolfdietrich

Zusammenfassung

Der Jenseits-Hirsch

Gallehus

Överhogdal

Hrolf Kraki

Halfdan Eystein-Sohn

Halfdan Eystein-Sohn

Olaf Tryggvason

Felsritzungen

Widsith

Beowulf

Hirsch-Verwandlungen von Menschen

Verirren auf der Hirschjagd

Zusammenfassung

Tyr

Gallehus

Beowulf

Die Rune „eolhx“

Thorsdrapa

Gesta danorum

Gylfis Vision

Placitusdrapa

Aarhus

Zusammenfassung

Das Hirschgeweih

Gylfis Vision

Sonnenlied

Borgund

Zusammenfassung

Die Hindin

Gallehus

Thidrek

Gosforth

Sigdrifa

Fafnir

Völsungen

Fafnir

Völsungen

Faröer: Brünhild

Faröer: Brünhild

Faröer: Brünhild

Bosi und Herraud

Ragnars-Söhne

Ragnar Lodbrök

Zusammenfassung

Drachenschiff

Ragnar Lodbrök

Kenningar

Personennamen

Zusammenfassung

Königs-Heraldik

Karl der Große

Königs-Bote

Flügel-Hirsch

Hirsch und Teufel

Zusammenfassung

Der Elch in der germanischen Überlieferung

Hrolf Kraki

Kenningar

Zusammenfassung

Das Rentier in der germanischen Überlieferung

Kenningar

Zusammenfassung

Der Hirsch in der indogermanischen Mythologie

Kelten

Römer

Germanen

Slawen

Hethiter

Lyder

Luwier

Inder

Perser

Skythen

Thraker

Griechen

Indogermanen

Der Hirsch in der Jungsteinzeit

Rheinland

Çatal Höyük

Hacilar

Sumer

Elamo-Drawiden

Phönizier

Juden

Türkei

Italien

Göbekli Tepe

Der Hirsch in der Altsteinzeit

China

Mongolei

Tibet

Buthan

Japan

nordamerikanische Indianer

Mexiko/Arizona

Mexiko

Altsteinzeit

Zusammenfassung

Schwein

Der Eber in der germanischen Überlieferung

Wortschatz

Altnordisch: „Eber/Keiler“

Zusammenfassung

Eber-Helm

Thorslunda

Eber-Helm

Beowulf

Beowulf

Beowulf

Beowulf

Beowulf

Eber-Helm

Beowulf

Beowulf

Skaldskaparmal

Sutton Hoo

Tacitus

Zusammenfassung

Eber-Krieger

Hromund Greip-Sohn

Völsungen

Zusammenfassung

Gullinborsti

Skaldskaparmal

Husdrapa

Gylfis Vision

Bildstein von Gotland

Grimm: Mythologie

Zusammenfassung

Hildisvin

Hyndla

Zusammenfassung

Eber-Opfer

Vimose

Skedemosse

Gylfis Vision

Grimnir

Wafthrudnir

Gylfis Vision

Eule und Nachtigall

Gallehus

Hyndla

2. Gudrun-Lied

Eber-Kultgefäße

Gefäß aus Dänemark

Eber-Amulett

1. Helgi-Lied

Hervor

Hrolf Kraki

Hrolf Kraki

Yngvar

Grimm: Mythologie

Nial

Goldgubber

Hervor

Zusammenfassung

8. Eber-Verwandlung

a) Hyndla

b) Hyndla

c) Hyndla

d) Freyas Beiname „Syr“

e) Gesta danorum

f) Havamal

g) Eyre-Saga

h) Thorstein Viking-Sohn

i) Bosi und Herraud

j) Zusammenfassung

Jul-Eber

Helgi Hjörvard-Sohn

Hervor

Grimm: Mythologie

Zusammenfassung

Sprichworte

Schweine-Sprichworte

Zusammenfassung

Kenningar

Schweine-Kenningar

Zusammenfassung

Personennamen

Schweine-Personennamen

Landnamabok

Zusammenfassung

Ortsnamen

Nial

Fridthjof der Kühne

Ortsnamen

Zusammenfassung

Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

Zusammenfassung

Das Schwein in der indogermanischen Überlieferung

Kelten

Römer

Germanen

Slawen

Hethiter

Perser

Inder

Skythen

Griechen

Indogermanen

Das Schwein in der jungsteinzeitlichen Überlieferung

Sumer

Elamo-Drawiden

Ägypten

Göbekli Tepe

Çatal Höyük

Hacilar

Ziege

Die Ziege in der germanischen Überlieferung

Thors Ziegenböcke

Gylfis Vision

Bragi der Alte

Husdrapa

Haustlöng

Thrym

Hymir

Gylfis Vision

Olaf Tryggvason

Brosche aus Tissö

Ziegenopfer

Gylfis Vision

Hymir

Kenningar

Niederdorla

Vimose

Die Ziegen-Göttin

Thulur

Gallehus

Hyndla

Grimnir

Gesta danorum

Ziegenbock-Riesen

Gesta danorum

Gesta danorum

Sturlaug

Hromund Greipsson

1. Helgi-Lied

Völsungen

2. Helgi-Lied

Thorsdrapa

Gesta danorum

Wiederzeugung in Ziegengestalt

Skaldskaparmal

Skirnir-Lied

Ziegenbock-Verwandlung

Eyre-Saga

Landnahme-Buch

Thulur

Hromund Greipsson

Ziegen-Felle

Ziegen-Jenseits

Skaldskaparmal

Sonstige Ziegen-Symbolik

2. Helgi-Lied

Personennamen

Rammbock

Landnahme-Buch

Spätere Entwicklung

Grimm: Mythologie

Zusammenfassung

Die Ziegen bei den Indogermanen

Kelten

Römer

Germanen

Slawen

Hethiter

Lyder

Inder

Perser

Skythen

Thraker

Griechen

Indogermanen

Die Ziegen in der Jungsteinzeit

Sumer

Elamo-Drawiden

Semiten

Jungsteinzeit

Schaf

Schafe in der germanischen Überlieferung

Widder-Götter und Widder-Riesen

Heimdall und Midjungr

Heimdall und Loki

Skaldskaparmal

Gymir

Hraudnir

Schaf-Göttinnen und Schaf-Riesinnen

Guma

Widder-Opferungen

Ibn Fadlan

Grimm: Mythologie

Vimose

Skedemosse

Wortbildungen mit „Widder“

Widder- und Schaf-Verwandlungen

Huldar

Thorsteinn Hausmacht

Wiederzeugung in Widder- und Schafgestalt

Thulur

Sonstiges

Sprichworte

Chronicon lethrense

Ortsnamen

Kenningar

Zusammenfassung

Das Schaf in der indogermanischen Überlieferung

Kelten

Germanen

Slawen

Hethiter

Perser

Thraker

Griechen

Indogermanen

Das Schaf in der Jungsteinzeit

Sumer

Ägypter

Göbekli Tepe

unbestimmte Herdentiere

Unbestimmte Herdentiere in der germanischen Überlieferung

Gehörnter Bronze-Kopf aus Alt-Uppsala

Der Hörnerhelm

Huldar

Hala

Hära

Grottintanna

Hyrjaist

Zusammenfassung

Herdentier-Fell

Das Herdentierfell in der germanischen Überlieferung

Kampf-Glum

Gallehus

Landnahme-Buch

Zusammenfassung

Esel

Der Esel in der germanischen Überlieferung

Sprichwort

Zusammenfassung

Der Esel bei den Griechen

Der Esel bei den Ägyptern

Elefant

Der Elefant in der germanischen Überlieferung

Kenning

Zusammenfassung

Die Hel-Haut

Die Hel-Haut in der germanischen Überlieferung

Landnamabok

Half und seine Recken

Geirmund Hel-Haut

Landnamabok

Faröer: Högni

Blauland

Zusammenfassung

Themenverzeichnis

A Hirsch

I Wortschatz

Der Hirsch und die Hindin gehören zu den Herdentieren, die in der germanischen Religion eine größere Bedeutung gehabt haben.

Der Hirsch-Wortschatz enthält jedoch keine Hinweise auf die Hirsch-Mythen der Germanen.

germanisch:

herut

- Hirsch (englisch: 'hart')

hindo

- Hindin (englisch: 'hind')

altnordisch:

I 2. Das edle Tier

I 2. a) Völsungen-Saga

„Dies habe ich geträumt,“ sprach Gudrun, „daß wir, viele von uns, aus dem Frauenhaus hinausgingen und einen besonders großen Hirsch sahen, der alle anderen Hirsche, die je gesehen wurden, weit übertraf, und sein Haar war golden. Und diesen Hirsch wollten alle erjagen, aber ich allein fing ihn. Er schien mir besser als alle anderen Dinge; aber danach hast Du, Brynhild, ihn vor meinen Knien geschossen und getötet und es war eine solche Verzweiflung in mir, daß ich sie kaum ertragen konnte. Und anschließend gabst Du mir einen Wolfs-Welpen, der mich mit dem Blut meiner Brüder bespritzte.“

Brynhild sprach: „Ich will Dir Deinen Traum lesen und so werden die Dinge hernach geschehen: Sigurd wird zu Dir kommen, der, den ich zu meinem Geliebten erkoren habe. Und Grimhild wird ihm Met vermischt mit schädlichen Dingen geben, was uns alle in einen großen Kampf stürzen wird. Ihn wirst Du haben und ihn wirst Du schon bald missen. Und Du wirst König Atli ehelichen und Du wirst Deine Brüder verlieren und Atli in seinem Bett ermorden.“

Da Sigurd eine Saga-Variante des jungen, am Morgen wiedergeborenen einstigen Sonnengott-Göttervaters Tyr ist, könnte sein Vergleich mit einem Hirsch ein Hinweis auf eine Verbindung des Tyr mit dem Hirsch sein.

I 2. b) Völsungen-Saga

So ist es: Niemand, der von diesen Neuigkeiten hörte, sagte, daß es solch einer wie Sigurd war, noch in der Welt zu finden sei und daß niemals ein solcher Mann geborene worden war – so voller Tugend war er – und das sein Name niemals in den niederländischen oder den nordischen Sprachen vergehen würde, solange die Erde steht.

Die Geschichte erzählt, daß eines Tages, als Gudrun in ihrer Kemenate saß, zu sprechen begann:

„Die Tage waren besser, als ich Sigurd hatte. Er stand so weit über anderen Menschen wie Gold über Eisen steht oder der Lauch über den anderen Gräsern des Feldes oder der Hirsch über den anderen wilden Tieren – bis meine Brüder mir solch einen Mann, den ersten und besten aller Männer, neideten und nicht schlafen konnten, bis sie ihn getötet hatten.

Auch hier wird Sigurd einem Hirsch vergleichen.

I 2. c) Das andere Gudrun-Lied

König Dietrich war bei Atli und hatte dort die meisten seiner Mannen verloren. Dietrich und Gudrun klagten einander ihr Leid.

Sie sprach zu ihm und sang:

„Die Maid der Maide erzog mich, die Mutter

Im leuchtenden Saal. Ich liebte die Brüder,

Bis mich Giuki mit Gold bereifte,

Mit Gold bereifte und Sigurden gab.

So war Sigurd bei den Söhnen Giukis

Wie über Halme sich hebt edler Lauch,

Wie hoch der Hirsch ragt über Hasen und Füchse

Und glutrotes Gold scheint über graues Silber.“

Hier findet sich dieser Vergleich ein drittes mal – es hat den Anschein, als ob dieser Vergleich ein feststehendes Motiv gewesen sei, was für ein größeres Alter und einen eventuellen mythologischen Hintergrund dieses Gleichnisses spricht.

I 2. d) Bruchstück einer Saga über einige frühe Könige in Dänemark und Schweden

Hier wird ein König einem Hirsch verglichen:

Und am Abend, als König Hroerek zu Bett ging, bereitete Aud ihm ein neues Bett auf der Mitte des Fußbodens und sagte dem König, daß er in ihm schlafen und sich merken solle, was Träume, „und erzähle es mir dann am Morgen.“ Und sie legte sich in ein anderes Bett.

Und am Morgen kam Aud und frug ihn nach seinen Träumen.

„Ich träumte, ich stände in einem Wald,“, sprach er, „und dort sah ich eine Ebene neben mir, flach und schön, und dort sah ich einen Hirsch auf dieser Ebene stehen. Dann kam ein Leopard aus dem Wald gerannt und mir schien, daß sein Fell wie Gold war, und der Hirsch stieß sein Geweih unter die Schulter des Tieres und es fiel tot nieder.

Als nächstes sah ich einen Drachen herbeifliegen, der auf den Hirsch niederstieß und ihn mit seinen Krallen ergriff und ihn in Stücke zerriß.

Dann sah ich einen Bären mit einem Jungen und der Drache wollte den Jungen fangen, aber der Bär beschützte ihn.

Dann erwachte ich.“

Sie sprach: „Dies ist ein vorhersagender Traum und Du solltest gegen meinen Vater, den König Ivar, auf der Hut sein, falls er Dich zu betrügen versucht, wenn wir ihn treffen, denn in dem Traum hast Du den Streit von Königen gesehen; und es wird einen Kampf zwischen ihnen geben und es wäre gut, wenn Du nicht der wärst, für den der Hirsch stand, aber ich fürchte, daß das sehr wahrscheinlich Du bist.“

I 2. e) Gesta danorum

Hier wird ein König indirekt einem Hirsch verglichen:

Er war so rasch zum Krieg bereit wie ein Fluß, der zum Meer hinabströmt, und er war so schnell zum Kampf bereit wie ein Hirsch auf seinen gespaltenen Hufen zur Flucht bereit ist.

I 2. f) Hugdietrich

In den folgenden Strophen stickt eine Königstochter Hirsche und Hindinnen, was nur ein sehr indirekter Hinweis auf die „edle Symbolik“ dieses Tieres ist.

„Hildeburg die Schöne / ist die Magd genannt.

Ihresgleichen fände niemand, / durchführ er alles Land,

Weder Königstocher / noch irgend andre Magd,

Die zu des Landes Frauen / Dir billig besser behagt.

… … …

Nun heiß mir gewinnen / die beste Meisterin,

Daß man nicht bessre findet / im Lande her und hin,

Die mich am Stickrahmen / mit Seide wirken lehrt,

Und Wild und Zahm entwerfen, / wie es im Walde fährt;

Auch an der Haube bilden / Wunder ohne Zahl,

Und ringsher goldne Borten, / eine breit, die andre schmal,

Mit Hirschen und Hinden, / als ob sie lebend sein:

Ich will mit Listen werben / um das schöne Mägdelein.“

I 2. g) Gürtelschnalle von Pforzen

Auf dieser um ca. 550 n.Chr. in Schwaben im Ostallgäu hergestellten Gürtelschnalle findet sich die eine Runen-Inschrift, deren Deutung leider nicht sicher ist.

Aigil und Ailrun verdammen die Hirsche.

Dies könnte eine frühchristliche Ablehnung des heidnischen Brauches, sich zum Julfest mit Hirschfellen zu verkleiden, sein. Dieser Brauch ist die Wurzel des Motivs des von Rentieren gezogenen Schlittens des Weihnachtsmannes.

Möglicherweise bedeutet die Inschrift jedoch:

Aigil und Ailrun kämpften am Fluß Iltahun.

I 2. h) Zusammenfassung

Der Hirsch wurde dem Sigurd und manchmal auch den Königen vergleichen. Da Sigurd eine Saga-Variante des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr und die Könige bei ihrer Krönung (bis um 500 n.Chr., als Tyr durch Odin abgesetzt wurde) einen Jenseitsreise zu Tyr unternommen haben, könnte der Hirsch in den Mythen vor 500 n.Chr. ein Tier des Tyr gewesen sein.

I 3. Das Verirren auf der Hirschjagd

Siehe zu diesem Thema auch das gleichnamige Kapitel in Band 55a.

I 3. a) Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen

Es war einmal ein Mann, der wurde Sigrlami genannt und herrschte über Gardariki. Das ist Rußland. Seine Tochter war Eyfura, die die Schönste aller Mädchen war.

Eines Tages, als der König zur Jagd ausritt, verlor er seine Männer aus den Augen. Während er einen Hirsch verfolgte, gelangte er immer tiefer in den Wald, aber als die Sonne versank, hatte er ihn noch immer nicht erlegt.

Dieser König ist nur aus der Herverar-Saga bekannt.

Sein Name setzt sich aus „sigr“ für „Sieg“ und „lami“ für „Lahmer“ zusammen und bedeutet somit „siegreicher Lahmer“ oder „siegreicher Krüppel“. Dies ist zunächst einmal ein etwas seltsamer Name, der sich jedoch erklärt, wenn man bedenkt, daß der siegreiche Kriegsgott-Göttervater Tyr in der Unterwelt zu dem Schmied Wieland wurde, dessen Kniesehnen von Loki, der im Wieland-Lied als König Nidud erscheint, durchtrennt wurden.

In dieser Saga wird ein Schwert beschrieben, daß nach dem Gott Tyr benannt ist: „Tyrfing“, d.h. „Finger des Tyr“. Da „König Sigrlami“ der Göttervater Tyr als Schmied in der Unterwelt ist, wird das Schwert „Tyrfing“ das Schwert des Göttervaters sein – zumal es auch dessen Namen trägt.

„Gardariki“ bedeutet „Reich der befestigten Städte“ und bezeichnet die ostslawischen Reiche in Osteuropa, die zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee lagen. Das Reich wurde später „Rus“ genannt (Rußland) – der Name leitet sich von nordisch „rodr“ (Ruderer“) ab, womit die Wikinger gemeint waren, die diesen Staat gegründet haben.

Das Verirren auf der Hirschjagd ist ein Standardmotiv in den germanischen Sagas, das aus der Umdeutung der Jagd auf einen Hirsch entstanden ist, der als Opfertier bei einer Jenseitsreise gebraucht wurde. Dieses Verirren auf einer Hirschjagd ist daher ein Hinweis auf eine Jenseitsreise des Verirrten. Da dieser fast immer ein König ist, wird es sich ursprünglich um die Jagd auf einen Hirsch und dessen Opferung im Krönungsritual gehandelt haben, dessen wesentlichster Teil die Reise des angehenden Königs bzw. Fürsten in das Jenseits zu dem Götterkönig war.

Er war so weit in den Wald hineingeritten, daß er kaum noch wußte, wo er war. Er sah im Licht des Sonnenunterganges einen hohen Stein und neben ihm zwei Zwerge.

Der „Stein“ im Zusammenhang mit Zwergen ist so gut wie immer ein Hügelgrab, da „Zwerg“ wörtlich „Totengeist“ bedeutet.

Zwei Zwerge sind fast immer die beiden Pferdesöhne des ehemaligen Göttervaters Tyr, die zusammen mit ihm starben und im Jenseits zu zwei Zwergen wurden. Sie haben von ihrem Vater, dem Schmied Tyr-Wieland im Jenseits die Funktion des Schmiedes übernommen.

Er zog sein Messer über ihnen und bannte sie außerhalb des Steines durch die Macht des Eisens, in das magische Zeichen eingraviert waren. Sie flehten um ihr Leben.

Der König frug: „Wie sind eure Namen?“

Einer hieß Dvalin, der andere Dulin.

Dvalin bedeutet „Schläfer“ und „Dulin“ bedeutet „Höhle“. Die Namen der beiden Zwerge ergeben kombiniert „Schläfer in einer Höhle“, was bestätigt, daß der „Stein“, an dem Sigrlami diese beiden Zwerge traf, ein Hügelgrab und die beiden Zwerge die Totengeister waren, die in diesem Hügelgrab bestattet waren.

Der König sprach: „Da ihr zwei die geschicktesten aller Zwerge seid, sollt ihr mir ein Schwert fertigen – das Beste, das ihr erschaffen könnt. Die Parierstange und der Knauf sollen aus Gold sein und auch der Griff. Es wird Eisen schneiden wie Stoff und nie rosten. Es soll jedem, der es trägt, den Sieg in der Schlacht und im Zweikampf bringen.“

Das Schwert des Tyr bestand zumindestens teilweise aus Gold, wie auch aus dem Beowulf-Epos, durch das Gold-Schwert des Surtur und durch die goldenen Schwerter, mit denen Odins seinen Saal Walhalla erleuchtet, bekannt ist.

Sie stimmten zu. Der König ritt heim. Und als der vereinbarte Tag kam, ritt er zu dem Stein. Die Zwerge standen außen vor dem Stein. Sie rechten ihm das Schwert und es war wirklich prunkvoll. Aber als Dvalin auf der Schwelle ins Innere des Steines stand, sprach er:

„Möge Dein Schwert, Sigrlami, jedesmal, wenn es gezogen wird, das Unglück eines Mannes sein und mögen abscheuliche Taten mit diesem Schwert begangen werden! Es wird außerdem der Tod Deiner Sippe sein!“

Der Fluch der Zwerge könnte mit dem Fluch identisch sein, der bei den Bestattungen der Fürsten oder Krieger in einem Hügelgrab als Schutz gegen Grabräuber auf dieses Hügelgrab gelegt wurde.

Dieser Fluch wird jedoch vor allem eine Umdeutung der Tatsache sein, daß der Sonnengott-Göttervater Tyr niemals für immer siegte, sondern an jedem Abend und in jedem Herbst sterben mußte – seine durch sein Schwert symbolisierte große Macht war somit mit dem 'Fluch' beladen, daß er immer wieder sterben mußte: Jeden Morgen zog Tyr sein Schwert, das dann als die Sonne leuchtete, aber am Abend zerbrach dann sein Schwert, die Sonne ging unter und Tyr starb …

Ein ganz ähnlicher Fluch liegt auch auf dem Ring des Tyr-Zwerges Andvari, der die Dramen in der Völsungen-Saga und in dem Nibelungenlied bestimmt. Dort ist der Jenseitsreisering des Tyr zu der Ursache für den Tod umgedeutet worden.

Der König schwang das Schwert gegen die Zwerge. Sie sprangen in den Stein. Das Schwert steckte fest in dem Stein, sodaß beide Schneiden nicht mehr zu sehen waren, denn die Tür hatte sich hinter den beiden Zwergen geschlossen.

Sigrlami behielt das Schwert und nannte es Tyrfing. Es war das schärfste aller Schwerter und jedesmal, wenn es gezogen wurde, leuchtete es wie ein Sonnenstrahl.

Dieses Leuchten wird auch in der „Vision der Seherin“ von dem Schwert des Tyr-Riesen Surt berichtet.

Nie konnte es entblößt werden ohne daß es einen Mann tötete und es wurde stets mit warmem Blut auf ihm wieder in die Scheide gesteckt. Und niemand, weder Mensch noch Tier, lebte noch einen Tag, wenn es eine Wunde von ihm erhalten hatte – egal wie klein sie auch gewesen sein mochte.

Niemand lebte mehr einen Tag lang weiter, der von diesem Schwert verwundet wurde – denn Tyr starb an jedem Abend. Entsprechend rächt Wali, der Sohn des Odin, bereits im Alter von nur einer Nacht seinen Bruder Baldur – am Ende der Nacht kehrt Tyr als sein eigener Sohn aus dem Jenseits zurück. Die Angaben 'ein Tag' und 'eine Nacht' sind also nicht nur eine Form des Betonung, sondern beziehen sich ganz konkret auf den Lauf der Sonne während des Tages und der Nacht.

Kein Schlag mit ihm verfehlte sein Ziel und es hielt nie an bevor es die Erde traf. Und jeder Mann, der es in der Schlacht trug, erlangte den Sieg. Der König trug es in Schlachten und im Zweikampf und er siegte jedesmal. Dieses Schwert ist berühmt in all den alten Sagen.

Der ehemalige Göttervater Tyr ist offensichtlich der „Unbesiegbare“ gewesen und hieß deshalb auch „Sig-Tyr“.

I 3. b) Die jüngere Version der Huldar-Saga

Sogar Odin selber gelangt auf einer Hirschjagd in das Jenseits zu der Jenseitsgöttin Huldar.

Huld lernte bei Frosti mancherlei Zauberkünste. Da sie aber nicht seine Nebenweib werden wollte, entfloh sie ihm und nahm in einer Waldhöhle ihre Wohnung. Da begab es sich, daß Odin auf der Jagd von einem Hirsch nach dieser Höhle gelockt und hier wohl aufgenommen wurde. Er begrüßt die Huld sofort bei ihrem Namen, während er den seinigen verleugnete.

I 3. c) Die ältere Version der Huldar-Saga

Viele Jahre zuvor war es aber geschehen, daß König Odin einmal mit seinen Hof-Männern Loki und Hönir zu seiner Unterhaltung in einen Wald geritten war. Hier sah er einen goldgeschmückten Hirsch, dem er sofort auf seinem Roß Sleipnir nachsetzte. Bald verloren ihn seine Begleiter aus den Augen.

Er aber stieß nach langer vergeblicher Verfolgung des Wildes endlich auf drei stattliche Frauen, deren vornehmste ihn nicht ohne einigen Spott bei seinem Namen begrüßte und einlud, bei ihnen zuzukehren.

Er nahm die Einladung an, wurde in ihrer Höhle trefflich bewirtet und teilte die Nacht über mit jener Frau das Lager. Merkend, daß er von ihr listig eingefangen worden war, verlangte er am nächsten Morgen von ihr Aufklärung, welche sie auch sofort gab.

Das Gold, mit dem dieser Hirsch geschmückt ist, ist ein Hinweis auf die Sonne bzw. auf den ehemaligen Sonnengott-Göttervater Tyr.

Hier sind die drei Nornen an die Stelle der Jenseitsgöttin Huldar getreten.

I 3. d) Die Gauti-Saga

Die 'Geschichte über Gauti' ('Gauta Thattr') ist ein Teil der Gautreks-Saga. In ihr wird vor über eine hohe, steile Klippe mit dem Namen 'Gillingswand' berichtet, die das Tor zum Jenseits ist. Diese 'Gillingswand' ist das Hügelgrab des Tyr-Gilling.

Diese amüsante Geschichte enthält eine Vielzahl von alten, teilweise umgedeuteten mythologischen Motiven.

Hier beginnen wir eine lustige Geschichte über einen König, der Gauti hieß. Er war ein kluger Mann und sehr selbstbeherrscht, sanftmütig und nahm kein Blatt vor den Mund. Er herrschte über Västergötaland. Das liegt zwischen Norwegen und Schweden, östlich des Kjölgebirges, und der Götaälv ist die Grenze zwischen Oppland und Götaland. Dort gibt es große Wälder und die Gegend ist schlecht passierbar, wenn die Erde nicht gefroren ist.

Der Name „Gauti“ des Königs bedeutet „Gote“. König Gauti ist vermutlich der Ur-König der Goten.

Dieser König, den wir zuvor nannten, begab sich oft mit seinen Falken und Hunden in den Wald, weil er ein leidenschaftlicher Jäger war und ihm das sehr viel Vergnügen bereitete. Zu dieser Zeit gab es viele Ansiedlungen, die von großen Waldgebieten umgeben waren, weil viele Menschen die Wälder an Stellen rodeten, die fern von den großen Siedlungsgebieten lagen.

Dort siedelten sich einige an, die die viel benutzten Wege wegen ihrer Verbrechen mieden. Andere flohen wegen ihrer besonderen Lebensweise oder irgendwelcher Ereignisse dorthin und meinten, dann weniger verspottet und verhöhnt zu werden, wenn sie fern vom Gelächter anderer Menschen wären. So verstrich ihr ganzes Leben, ohne daß sie andere Menschen trafen, als die, die bei ihnen wohnten. Viele hatten sich ihre Wohnsitze weit weg von den vielbenutzten Wegen gesucht, und deshalb kamen keine Menschen zu ihnen zu Besuch, außer daß es manchmal geschah, daß sich Leute im Wald verirrten und zu ihren Wohnstätten gestolpert kamen, obwohl sie lieber nie dorthin gelangt wären.

Da das Jenseits oft der Wildnis verglichen wurde und hinter dem „Düsterwald“ („Mrykvid“) lag, besteht der begründete Verdacht, daß das Reich des Königs Gauti das Diesseits und der Bereich der Menschen im Wald das Jenseits sein könnte.

Dieser König Gauti, den wir zuvor erwähnten, hatte sich mit seinem Gefolge und seinen besten Jagdhunden in den Wald begeben, um Tiere zu jagen. Der König erblickte einen schönen Hirsch, und dieses Tier wollte er gern erlegen. Er hetzte seine Jagdhunde los und jagte dieses Tier mit großem Eifer den ganzen Tag über bis zur Nacht. Er war nun allein und so weit im Innern des Waldes, daß ihm klar war, daß er es wegen der Dunkelheit und des langen Weges, den er während des Tages zurückgelegt hatte, nicht schaffen würde, zu seinen Leuten zu gelangen.

Dies ist eine beliebte Szene, um die Reise ins Jenseits zu umschreiben. Sie findet sich auch in der Huldar-Saga, in der Gesta danorum, im Märchen 'Brüderchen und Schwesterchen' und in vielen anderen mythologischen und halbmythologischen Erzählungen. Diese Hirschjagd ist ursprünglich vermutlich die Jagd auf den Hirsch, der bei der Jenseitsreise (Bestattung, Krönung, Priesterweihe) geopfert wurde, gewesen.

Dazu kam noch, daß er dieses Tier mit seinem Speer getroffen hatte und dieser in der Wunde feststeckte, und der König wollte den Hirsch auf keinen Fall entkommen lassen, falls er ihn erlangen könnte. Es wäre ihm als eine Schande erschienen, seine Waffe nicht zurückzubekommen.

Er hatte die Verfolgung mit so großem Eifer betrieben, daß er er seine gesamte Kleidung bis auf die Unterwäsche von sich geworfen hatte. Er war barfuß, hatte keine Schuhe und seine Unterschenkel und Fußsohlen waren von Steinen und Zweigen zerkratzt.

Das Fortwerfen der Kleidung und sogar der Schuhe bei der Jagd ist ein recht merkwürdiges Motiv. Wenn man jedoch bedenkt, daß diese Jagd eigentlich eine Jenseitsreise ist, dann ist dieses 'Loslassen' von allem 'Weltlichem' verständlicher.

Das einzige Kleidungsstück, das explizit erwähnt wird, sind die Schuhe des Königs. Daher könnte die 'Kleidung' auch eine Ausweitung des Motivs der 'verlorenen Schuhe' sein. Ursprünglich verlor der Sonnengott bei seinem Überqueren des Jenseitsflusses am Abend einen seiner Schuhe (siehe 'Schuhe' in Band 63).

Dieses Motiv könnte somit ein Hinweis darauf sein, daß der König in dieser Geschichte 'wie die Sonne am Abend' in das Jenseits reist. Das Schuh-Motiv findet sich u.a. auch bei dem Asen Widar und in dem sehr alten Märchen 'Aschenputtel'.

Er erlangte das Tier nicht und es wurde nun so finstere Nacht, daß er nie die Richtung wußte, in die er sich wendete. Er blieb nun stehen und lauschte, ob er etwas höre. Er war nur kurze Zeit gestanden, bis er Hundegebell hörte. Er ging in die Richtung, aus der er den Hund bellen hörte, weil ihm die Aussicht, Menschen zu treffen, dort am größten erschien.

Es ist zwar wohl üblich gewesen, daß es auf jedem Hof auch einen oder mehrere Wachhunde gegeben hat, aber im Zusammenhang mit der Jenseitsreise könnte dieser Hund auch der 'Höllenhund' Garm sein, der am Höllentor wacht.

I 3. e) Wolfdietrich

Da fuhren sie hinüber / und hatten Freuden viel,

Hin zu der alten Troje, / das war der Reise Ziel.

Da blieben sie beisammen / zwölf Wochen oder mehr.

Nun ritt das Wild zu jagen / eines Tags der König hehr .

Da fährt' er seine Fraue / mit sich in den Wald

Unter ein Gezelt von Seide; / ihre Lust war mannigfalt.

Da saßen sie zu Tische / und hatten Freuden viel,

Pfeifen und Posaunen / und Speis und Trank ohne Ziel.

Als er nun seine Kurzweil / mit der schönen Frau begann,

Da kam daher gelaufen / ein Tier gar wonnesam:

Das war ein Hirsch, ein schöner, / wenn ich es sagen soll,

Mit rotem Gold bewunden / war sein Gehörne wohl.

Den hatt ein alter Riese / in den Wald gesandt,

Um schöner Frauen willen, / Drasian war er genannt.

Wolfdietrich der getreue, / als er den Hirsch ersah,

Nun mögt ihr gerne hören, / wie sprach der Getreue da:

„Nun laßt euch nicht verdrießen, / viel liebe Herrin mein:

Ich muß nach dem Wilde / in den Wald hinein.“

Er jagt' ihm nach geschwinde / und mancher kühne Held;

Die Königin alleine / blieb verlassen in dem Zelt.

Da kam der alte Riese / zu der Frauen gut,

Und führte sie von dannen / über des Meeres Flut

Auf eine schöne Veste, / die war gar wonnesam,

Dort in seinem Lande: / Davon Wolfdietrich Leid gewann.

Der „alte Riese“ könnte der Tyr-Riese in der Unterwelt sein.

Der Hirsch mit den Goldhörnern findet sich auch in der bereits angeführten älteren Huldar-Saga.

I 3. f) Völsungen-Saga

Die Völsungen-Saga beginnt mit einer Hirschjagd, die auch hier eine Jenseitsreise sein wird, da er dadurch Odin begegnet.

Hier beginnt die Geschichte und erzählt von einem Mann, der Sigi genannt wurde und von dem die Leute sagten, daß er der Sohn des Odin sei. Es wird in der Geschichte auch von einem zweiten Mann berichtet, der Skadi heißt, ein großer Mann mit mächtigen Händen. Sigi war jedoch dem zufolge, was die Menschen zu seiner Zeit erzählten, der mächtigere und von edlerer Abstammung.

Nun hatte Skadi einen Leibeigenen, von dem die Geschichte auch etwas erzählen muß, Bredi mit Namen, der nach der Arbeit, die er verrichten mußte, benannt worden war; was seine Tapferkeit und die Stärke seiner Hände betrifft, war er Männern, die für edler gehalten wurden, ebenbürtig und sogar besser als manche von ihnen.

„Sigi“ bedeutet „Sieger“ – ein passender Name für einen Sohn des Kriegsgottes Odin, der selber oder durch seine Walküren alle Kämpfe entschied.

„Skadi“ ist eigentlich eine Riesin, die ursprünglich einmal die Muttergöttin im Jenseits gewesen ist und an jeden Morgen bzw. an jedem Frühling den Sonnengott-Göttervater wiedergebar. Da auch das Krönungsritual eine Jenseitsreise mit einem symbolisch-rituellen Tod und einer ebensolchen Wiedergeburt gewesen ist, war Skadi auch die (mythologische) Mutter der Säminger und der Ynglinge, also der norwegischen und der schwedischen Könige. Der jeweilige (mythologische) Vater dieser Königsgeschlechter war Odin.

Skadi als ein Mann, der zusammen mit Odin am Beginn eines Helden-Geschlechtes erscheint, ist folglich eine Umdeutung des älteren Motives von Odin und Skadi als der Eltern dieses Geschlechtes.

Der Name „Skadi“ bedeutet „Schatten“ und ist vermutlich ein Hinweis darauf, daß sie ursprünglich die Jenseitsgöttin oder einer ihrer vielen Gestalten und Beinamen gewesen ist, da man die Nacht als Analogie zu dem Jenseits auffaßte und entsprechend den Tag dem Diesseits gleichsetzte. Skadi war wie die meisten germanischen Jenseitsgöttinnen auch eine Erdgöttin – der Name 'Skandinavien' bedeutet 'Land der Skadi'.

Skadi war auch mit mehreren Riesen bzw. Göttern verbunden, die ursprünglich Aspekte oder Beinamen des Göttervaters gewesen sind: ihr Großvater Ölvaldi („All-Herrscher“), ihr Vater Thiazi (=Tyr), ihr erster Mann Heimdall und ihr zweiter Mann Odin. Dieses Thema setzt sich in ihren Söhnen Säming (Ahnherr der norwegischen Könige) und Yngvi-Freyr (Ahnherrn der schwedischen Könige) fort. Die irdischen Könige wurden somit als Fortsetzung der Reihe der göttlichen Könige angesehen.

„Bredi“ bedeutet „Breite, ausbreiten“. Seine Arbeit könnte daher die Heuwende, das Decken der Tische und ähnliche Arbeiten in Haus und Hof gewesen sein.

Nun wird erzählt, das Sigi einst auf Hirschjagd ging und der Leibeigene ihn begleitete und daß sie den ganzen Tag lang bis zum Abend Hirsche jagten. Und als sie am Abend ihre Beute zusammentrugen, da sahen sie, daß das, was Bredi erbeutet hatte, weit mehr und größer war als das, was Sigi erjagt hatte – und dies mißfiel Sigi sehr und er sprach, daß es ein großes Wunder sei, daß ein Leibeigener ihn bei der Hirschjagd übertreffen solle: Da fiel er über ihn her und tötete ihn und vergrub ihn in einer Schneewehe.

Dann ging er am Abend heim und sagte, daß Bredi von ihm fort in den Wild-Wald geritten sein. „Schon bald war er aus meinem Blick entschwunden,“ sprach er, „und ich habe ihn nicht wiedergesehen.“

Viele der germanischen Sagas beginnen mit einem Traum über die Dinge, die kommen werden, mit einen Eid, den jemand ablegt, oder mit einem Verbrechen, das dann im folgenden gesühnt wird.

Skadi mißtraute der Geschichte des Sigi und glaubte, daß dies eine Lüge von ihm sei und daß er Bredi erschlagen hätte. Daher sandte er Männer aus, die ihn suchen sollten und schließlich fanden sie ihn am Ende ihrer Suche in einer gewissen Schneewehe.

Da sagte Skadi, daß die Menschen diese Schneewehe ab diesem Tag 'Bredis Wehe' nennen sollten und dem sind die Menschen gefolgt, sodaß sie noch heute jede Schneewehe, die besonders groß ist, 'Bredis Wehe' nennen.

Diese Form der Deutung der Bezeichnung von Dingen finden sich sehr häufig bei den Germanen. 'Bredis (Schnee-)Wehe' bedeutet einfach 'breite (Schnee-)Wehe', da 'Bredi' die Bedeutung 'breit' hat. Dieses Wort läßt sich aber natürlich auch als '(Schnee-)Wehe des Bredi' deuten – was in einer Sage auch mehr Sinn ergibt.

So wurde offenbar, daß Sigi den Leibeigenen erschlagen und getötet hatte. Daher wurde er zum Wolf an den heiligen Plätzen und durfte nicht mehr in dem Land seines Vaters bleiben.

'Wolf' war eine übliche Bezeichnung für eine Person, die in schwerer Weise das Gesetz gebrochen hatte und deshalb ausgestoßen wurde und nicht mehr am Thing und an den religiösen Ritualen teilnehmen durfte.

I 3. g) Die Saga über Hrolf den Wanderer

In dieser Saga fängt Hrolf, der Sohn des Sturlaug der Mühen-Beladene einen wunderbaren Hirsch, bricht in das Hügelgrab des Hreggvid ein und besiegt einen Helden der Tartaren.

I 3. h) Runenstein von Böksta

links unten: Ullr; Mitte oben: Odin; Mitte unten: Schlange; rechts unten: Hirsch; links über ihm: Odins Wölfe; ganz rechts oben: Odins Adler-Seelenvogel Runenstein von Böksta

I 3. i) Bildstein von Gotland

Bildstein von Gotland; ca. 550 n.Chr.

Auf diesem Stein ist die Hirschjagd zweier Männer, die mit Schwert bzw. Speer bewaffnet sind, zu sehen.

Dieser Stein stammt aus der Zeit, in der der ehemalige nordgermanische Sonnengott-Göttervater Tyr durch den südgermanischen Göttervater Odin abgelöst worden ist.

I 3. j) Zusammenfassung

Das Verirren auf der Hirschjagd ist ein Standardmotiv in den germanischen Sagas, das aus der Umdeutung der Jagd auf einen Hirsch entstanden ist, der als Opfertier bei einer Jenseitsreise gebraucht wurde. Dieses Verirren auf einer Hirschjagd ist daher ein Hinweis auf eine Jenseitsreise des Verirrten. Da dieser fast immer ein König ist, wird es sich ursprünglich um die Jagd auf einen Hirsch und dessen Opferung im Krönungsritual gehandelt haben, dessen wesentlichster Teil die Reise des angehenden Königs bzw. Fürsten in das Jenseits zu dem Götterkönig war.

Der Hirsch wird daher ursprünglich das Opfertier des Tyr gewesen sein. Diese Symbolik wurde dann um 500 n.Chr. in der Form des „Verirrens auf der Hirschjagd“ von Odin übernommen.

Das Jenseits erscheint in diesem Motiv als Wald, als Bauernhof im Wald oder als eine Höhle (Hügelgrab), in der die Jenseitsgöttin Huldar oder die drei Nornen wohnen.

Dieser Tyr-Hirsch hat in zwei Fällen (Huldar-Saga, Wolfdietrich-Lied) ein goldenes Geweih, was ein Hinweis auf die mit Tyr eng assoziierte Sonne sein wird.

I 4. Die Hirsche am Weltenbaum

I 4. a) Gylfis Vision

Da frug Gangleri: „Was ist weiter Merkwürdiges von der Esche zu sagen?“

Har antwortete: „Gar viel ist davon zu sagen. Ein Adler sitzt in den Zweigen der Esche, der viel Dinge weiß, und zwischen seinen Augen sitzt ein Habicht, Wedfölnir genannt. Ein Eichhörnchen, das Ratatösk heißt, springt auf und nieder an der Esche und trägt Zankworte hin und her zwischen dem Adler und Nidhögg.“

Der Adler heißt an einer anderen Textstelle 'Farseti', d.h. 'Weitsehender'. Der Name 'Wedfölnir' des Falken bedeutet 'der vom Wetter Gebleichte'. 'Ratatosk' bedeutet 'Nagezahn'. Das Verb 'rata' für 'nagen' ist der Ursprung des Wortes 'Ratte'.

„Und vier Hirsche laufen umher an den Zweigen der Esche, und beißen die Knospen ab. Sie heißen: Dain, Dwalin, Dunneir, Durathror.“

Die Namen der vier Hirsche zeigen, daß es sich um Ahnen handelt, die bei der Bestattung mit dem für sie geopferten Hirsch identifiziert wurden:

'Dain' bedeutet 'Gestorbener',

'Dwalin' bedeutet 'Schlafender',

'Dunneir' bedeutet 'der über das Feuer geht' und

'Durathror' bedeutet 'Schlummer-Kämpfer'.

Die Hirsche sind offenbar Totengeister, also Zwerge, die durch das Jenseitstorfeuer der Waberlohe gegangen sind und nun im Jenseits 'schlafen', d.h. tot sind.

Die Namen dieser vier Hirsche sprechen für ihre Gleichsetzung mit den vier Himmelsrichtungs-Zwergen.

Für diese Deutung der vier Hirsche sprechen auch die beiden Zwergennamen 'Hornbori' und 'Kili', die 'Hornträger' bzw. 'Stoßzahn (eines Keilers)' bedeuten.

Die vier Hirsche entsprechen den vier Stier-Söhnen der Gefiun, den vier Himmelsträgern und den vier Zwergen-Liebhabern der Freya.

Der Weltenbaum ist der Weg zwischen Diesseits und Jenseits. Unter diesem Baum steht auch Odins Saal Walhalla. Da 1. Tyr einst mit dem Hirsch assoziiert worden ist, 2. Odin der Nachfolger des Tyr, 3. das Motiv des 'Verirrens auf der Hirschjagd' ein Jenseitsreisemotiv ist und 4. Tyr als Sonnengott jede Nacht durch das Jenseits reist, scheint der Hirsch ursprünglich die Jenseitsreisegestalt des Tyr gewesen zu sein.

I 4. b) Grimnir-Lied

Die Namen dieser vier Hirsche werden auch im Grimnir-Lied genannt:

Der Hirsche sind vier, die mit krummem Halse

An der Esche Ausschüssen weiden:

Dain und Dwalin, Duneyr und Durathror.

I 4. c) Gylfis Vision

Da versetzte Har: „Noch merkwürdiger jedoch ist der Hirsch Eikthyrnir, der auf Walhall steht und an den Zweigen desselben Baumes nagt. Von seinem Geweih fallen so viel Tropfen herab, daß sie nach Hwergelmir fließen, aus dem die folgenden Ströme entspringen: Sid, Wid, Sekin, Ekin, Swöl, Gunnthro, Fiörm, Fimbulthul, Gipul, Göpul, Gömul, Geirwimul; diese umfließen der Asen Gebiet.“

Eikthyrnir: 'Eich-Dorn'; Sein Geweih ist wie ein Zweig geformt, es ist hart wie Eiche und seine Spitzen sind wie Dornen.

I 4. d) Grimnir-Lied

Eikthyrnir heißt der Hirsch vor Heervaters Saal,

Der an Lärads Laube zehrt.

Von seinem Horngeweih tropft es nach Hwergelmir:

Davon stammen alle Ströme.

… … …

Die Esche Yggdrasil duldet Unbill

Mehr als Menschen wissen.

Der Hirsch weidet oben, hohl wird die Seite,

Unten nagt Nidhöggr.

I 4. e) Thulur

Der Hirsch wird Modrödnir, Dalarr, Dalr, Dainn, Dvalinn, Duneyrr und Durathror genannt.

Modrödnir: 'mutige (laute) Stimme' (sein „Röhren“ in der Brunstzeit im Herbst)

Dalarr: 'der mit dem Geweih', 'Geweihträger'

Dalr: 'der mit dem Geweih', 'Geweihträger'

Dainn: 'Verstorbener' ('Dain' ist auch ein Zwergenname); einer der vier Hirsche am Weltenbaum

Es fällt auf, daß bis auf einen alle diese Hirsch-Namen mit 'D' beginnen, was vermuten läßt, daß sie auf die beiden 'Alcis' ('Elche, Hirsche') genannten Tyr-Söhne zurückgehen, deren viele Namens-Paare sich sehr oft stabreimen.

I 4. f) Namen von mythologischen Hirschen

Die Beinamen der mythologischen Hirsche assoziieren diese sehr deutlich mit den Toten und dem Jenseits.

I 4. g) Gylfis Vision

Die Hörner 'über' den vier Himmelträger-Zwergen erinnern an die vier Hirsche, die unter dem Weltenbaum leben.

Da Odin den allergrößten Teil des Symbolik des Tyr übernommen hat, als er ihn um ca. 500 n.Chr. als Göttervater abgelöst hat, und dabei u.a. die Göttervater-Halle vom Rand des Himmels in das Zentrum zum Weltenbaum verlegt hat, wäre es gut denkbar, daß Odin auch die vier gehörnten Zwerge vom Himmelsrand zum Weltenbaum geholt hat.

Dies würde bedeuten, daß Austri, Sudri, Westri und Nordri Hirschgeweihe getragen haben.

Da der Hirsch und der Stier die beiden vornehmsten Opfertiere waren, wurden sie auch im Kult des Göttervaters verwendet. Das läßt vermuten, daß einst ein engerer Zusammenhang zwischen dem Göttervater und den vier Himmelsrichtungs-Zwergen bestanden hat.

Diese Deutung der 'Hörner' ist jedoch nicht ganz sicher, da im Altnordischen auch eine 'Ecke' als 'Horn' bezeichnet worden ist die vier 'Hörner' könnten daher auch die vier Himmelsrichtungen sein.

I 4. h) Zusammenfassung

Wahrscheinlich trug Tyr als Hirsch im Jenseits den Namen 'Eikthyrnir'.

Seine vier Jenseits-Söhne, die in der Gefjun-Mythe auch als vier Stiere erscheinen, hießen 'Dain, Dwalin, Duneyr und Durathror'.

Hirsch und Stier waren die Opfertiere des Tyr.

I 5. Der Sonnenhirsch

I 5. a) Sonnenlied

Da Tyr einst der Sonnengott gewesen ist und mit dem Hirsch assoziiert wurde, lag es nahe, beides zu einem 'Sonnenhirsch' zu verbinden.

Den Sonnenhirsch sah ich / von Süden kommen

Von zweien am Zaum geleitet;

Auf dem Felde standen / seine Füße,

Die Hörner hob er zum Himmel.

Der Süden ist die Richtung, in der die Sonne und somit auch Tyr am mächtigsten ist.

I 5. b) Die ältere Version der Huldar-Saga

Viele Jahre zuvor war es aber geschehen, daß König Odin einmal mit seinen Hof-Männern Loki und Hönir zu seiner Unterhaltung in einen Wald geritten war. Hier sah er einen goldgeschmückten Hirsch, dem er sofort auf seinem Roß Sleipnir nachsetzte. Bald verloren ihn seine Begleiter aus den Augen.

Er aber stieß nach langer vergeblicher Verfolgung des Wildes endlich auf drei stattliche Frauen, deren vornehmste ihn nicht ohne einigen Spott bei seinem Namen begrüßte und einlud, bei ihnen zuzukehren.

Er nahm die Einladung an, wurde in ihrer Höhle trefflich bewirtet und teilte die Nacht über mit jener Frau das Lager. Merkend, daß er von ihr listig eingefangen worden war, verlangte er am nächsten Morgen von ihr Aufklärung, welche sie auch sofort gab.

Der Goldschmuck des Hirsches ist ein Hinweis auf die Sonne.

I 5. c) Das andere Lied über Helgi Hunding-Töter

Sigrun:

„Nicht sitz ich mehr selig zu Sewafiöll

Früh noch spät, daß mich freute zu leben,

Es brech ein Glanz denn aus dem Grabe des Fürsten,

Wigblär das Roß renne mit ihm daher,

Das goldgezäumte, den so gern ich umfinge.

So schuf Helgi Schrecken und Angst

All seinen Feinden und ihren Freunden,

Wie vor Wölfen wütig rennen

Geißen am Berghang des Grauens voll.

So hob sich Helgi über die Helden all

Wie die edle Esche über die Dornen

Oder wie taubeträuft das Tierkalb springt:

Weit überholt es anderes Wild

Und gegen den Himmel glühn seine Hörner.“

Das „Glühen“ der „Hörner“ des Hirsches wird ein Hinweis auf die Sonne sein.

I 5. d) Wolfdietrich-Lied

Auch in dem bereits zitierten Wolfdietrich-Lied erscheint ein Hirsch mit goldenem Geweih:

Als er nun seine Kurzweil / mit der schönen Frau begann,

Da kam daher gelaufen / ein Tier gar wonnesam:

Das war ein Hirsch, ein schöner, / wenn ich es sagen soll,

Mit rotem Gold bewunden / war sein Gehörne wohl.

I 5. e) Zusammenfassung

Der Hirsch des Sonnengott-Göttervaters ist ein 'Gold-geschmückter Sonnenhirsch mit einem Geweih, das wie die Sonne golden glüht'.

I 6. Der Jenseits-Hirsch

I 6. a) Die Goldhörner von Gallehus

Auf diesen beiden Hörnern wird die Jenseitsreise als 'Comic' dargestellt, in der der Jenseitsreisenden sich in einen Hirsch, Stier oder Hengst verwandelt, sich bei der Wiederzeugung mit der Jenseitsgöttin in der Gestalt einer Hindin, Kuh oder Stute vereint, dann von ihr wiedergeboren und anschließe gestillt wird.

Siehe dazu auch die ausführliche Darstellung dieses Themas in Band 51.

Die Jenseitsreise auf den Goldhörnern von Gallehus

1. der Entschluß zur Jenseitsreise

2. der rituellsymbolische Tod

3. der Eingang in die Unterwelt

4. dreiköpfige Jenseitsgöttin

der Fuß ist das Symbol des Sonnengottes, der als Wanderer angesehen wurde und auch jede Nacht bzw. jeden Winter durch das Jenseits reiste

die Schwerter sind möglicherweise Symbole des Göttervaters Tyr

im Ritual wird der Einzuweihende in einen wassergefüllten Schacht getaucht (ein solcher noch erhaltener Schacht ist z.B. der Glastenbury Well in Südengland)

die dreifache Göttin (die späteren drei Nornen) hält das Opfertier (die späteren Böcke des Thor), das sie mit ihrer Axt tötet

5. Identifizierung mit dem Opfertier

6. der Tier-Mensch

7. Jenseitsreisender als Schlange

8. Wiederzeugung als Mensch

der in das Fell des Opfertieres (Hirsch, Stier, Hengst) eingehüllte Jenseitsreisende

der mit dem für ihn geopferten Pferd identifizierte Jenseitsreisende

in den Mythen ist dies Odin auf dem Weg in das Hügelgrab zu Gunnlöd

aufrecht: König bzw. der Schwertgott Tyr als das Vorbild des Königs; waagerecht: die Göttin im Jenseits

9. Erwecken der Kundalini

10. Erwecken der Kundalini

11. Wiedergeburt als Seelenvogel

12. Erreichen des Göttervaters

die Kundalini-Feuerschlange berührt (und erweckt) mit ihrer Zunge das Wurzelchakra

das Verlassen des Körpers bei der Jenseitsreise (Nahtod-Erlebnis; 'Astralreise') und das Innere Feuer (Kundalini) treten meist gemeinsam auf

Vogelkopf-Mensch: der Jenseitsreisende als Seelenvogel