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Die Reihe Die achtzigbändige Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Daneben werden auch Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeiten der Menschen in ihr zu beschreiben. Das Buch Das mit großem Abstand wichtigste Raubtier in der germanischen Mythologie ist der Wolf. Die Krieger fassten sich als Wölfe auf und der ehemalige Göttervater und Kriegsgott ist daher einst der "Große Wolf" Fenrir gewesen - der Gott der Ulfhedin, der Wolfs-Ekstasekrieger. Die Symbolik der Hunde ist mit der Symbolik der Wölfe so gut wie identisch. Das zweite wichtige Raubtier ist der Bär - das Tier der Berserker, der "Bärenfell-Leute". Tyr ist als Kriegsgott auch ein Bär gewesen. Der Fuchs ist bei den Germanen wie bei allen Völkern vor allem der Listige. Die beiden Alcis-Söhne des Tyr, die das Vorbild der germanischen Heerführer gewesen sind, sind auch als zwei Füchse aufgefasst worden. Die übrigen Raubtiere wie Löwe, Leopard, Luchs, Katze, Marder und Wiesel haben kaum eine Bedeutung gehabt.
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Seitenzahl: 435
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Bücher von Harry Eilenstein
Astrologie
Astrologie (496 S.)Photo-Astrologie (428 S.)Horoskop und Seele (120 S.)Magie
Handbuch für Zauberlehrlinge (408 S.)Tarot (104 S.)Physik und Magie (184 S.)Die Magie-Formel (156 S.)Krafttiere – Tiergöttinnen – Tiertänze (112 S.)Schwitzhütten (524 S.)Meditation
Der Lebenskraftkörper (230 S.)Die Chakren (100 S.)Das Chakren-System mit den Nebenchakren (296 S.)Meditation (140 S.)Drachenfeuer (124 S.)Reinkarnation (156 S.)Kabbala
Kursus der praktischen Kabbala (150 S.)Eltern der Erde (450 S.)Blüten des Lebensbaumes:Religion allgemein
Muttergöttin und Schamanen (168 S.)Göbekli Tepe (472 S.)Totempfähle (440 S.)Christus (60 S.)Dakini (80 S.)Vajra (76 S.)Ägypten
Hathor und Re 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)Hathor und Re 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)Isis (508 S.)Indogermanen
Die Entwicklung der indogermanischen Religionen (700 S.)Wurzeln und Zweige der indogermanischen Religion (224 S.)Germanen
Die Götter der Germanen (Band 1 – 80)Odin (300 S.)Kelten
Cernunnos (690 S.)Der Kessel von Gundestrup (220 S.)Der Chiemsee-Kessel (76)Psychologie
Über die Freude (100 S.)Das Geheimnis des inneren Friedens (252 S.)Das Beziehungsmandala (52 S.)Gefühle und ihre Verwandlungen (404 S.)einsgerichtet (140 S.)Liebe und Eigenständigkeit (216 S.)Von innerer Fülle zu äußerem Gedeihen (52 S.)Die Symbolik der Krankheiten (76 S.)Kunst
Herz des Tanzes – Tanz des Herzens (160 S.)Drama
König Athelstan (104 S.)Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“
Themenverzeichnis
Die beiden wichtigsten Wolfs-Motive in der germanischen Kultur und Religion sind zum einen der Fenris-Wolf und zum anderen der Wolf als Symbol des Kriegers (siehe „Ulfhedin“ in Band 62). Daneben spielen noch die beiden Wölfe Geri und Freki, die den neuen Göttervater Odin begleiten, sowie der Hel-Wächter Garm eine größere Rolle.
Die Symbolik der Wölfe und der Hunde stimmt in weiten Teilen überein, weshalb sie in diesem Buch beide zusammen betrachtet werden – erst die Wölfe und dann die Hunde.
Der Wolf wurde vor ca. 40.000 Jahren domestiziert, d.h. von den Menschen gezähmt, woraufhin diese Wölfe als Begleiter der Menschensippen gelebt haben. Erste kleine Unterschiede zu Wölfen finden sich bei den Hunden, die vor 15.000 Jahren am Jangtsekiang in China zusammen mit den dortigen Menschen gelebt haben. Die Wölfe wurden vom Homo sapiens domestiziert, der vor 50.000 Jahren von Afrika aus in Eurasien eingewandert ist.
Die Hunderassen, die sich deutlich von dem Wolf unterscheiden wie z.B. Dackel oder Pudel, gibt es wahrscheinlich erst seit dem Mittelalter. Die ersten sicher nachweisbaren Zuchtversuche stammen von ca. 800 v.Chr., wobei es damals nur um geringe Unterschiede in der Körpergröße und Kopfform ging.
Zu der Zeit der schriftlichen Überlieferung der Germanen (700-1350 n.Chr.) und auch während der Kultur der ursprünglichen Indogermanen (7000-2800 v.Chr.) unterschieden sich Hunde von Wölfen im Wesentlichen nur durch ihre Zähmung, aber kaum durch ihr Aussehen, wodurch beide eine sehr ähnliche Symbolik erhalten haben.
Das ursprüngliche eurasiatische, altsteinzeitliche Wort für den Wolf lautete „kunja“ – möglicherweise bedeutet dieser Name „Staubfarbener“ im Sinne von „Grauer“, aber das ist unsicher.
Das Wort „kunja“ ist von den Indogermanen zwischen ihrer Entstehung um 7000 v.Chr. und ihrer Aufteilung in verschiedene Völker um 2.800 v.Chr. durch die Worte „ulkos“ (Wolf) und „ulkia“ (Wölfin) ersetzt worden, die sich von dem Verb „wel“ für „reißen“ ableiten. Der Wolf ist von ihnen also der „Reißer“ bezeichnet worden. Da die Indogermanen damals halbnomadische Viehzüchter gewesen sind, bezieht sich dieses „Reißen“ sicherlich auf das Töten und Fressen der Schafe, Pferde und Rinder der damaligen Indogermanen – der Wolf ist der Feind der Viehzüchter …
Das anlautende „u“ des indogermanischen „ulkos“ ist wie in fast allen Worten, die mit „u“ beginnen, bei den West-Indogermanen zu einem „w“ geworden, sodaß aus dem „ulkos“ ein „wulkos“ wurde.
Nach der Teilung der Westindogermanen in einen slawischen-baltischen Zweig und einen römisch-keltisch-germanischen Zweig hat sich bei dieser zweiten Gruppe, die der westlichste Ausläufer der Indogermanen ist, das „k“ in sehr vielen Worten in ein „f“ verwandelt, sodaß aus dem ursprünglichen indogermanischen „ulkos“ über das westindogermanische „wulk(os)“ das westliche „wulf(os)“ wurde. In diesem Wort hat sich dann mit der Zeit das „u“ in vielen Fällen in ein „o“ abgeflacht, sodaß schließlich das deutsche Wort „Wolf“ entstand.
In der folgenden Übersicht stehen die Endungen des Substantivs „Wolf“ in Klammern.
Entwicklung des Wortes „Wolf“
Sprache
Bezeichnung für „Wolf“
eurasiatisch
kunja
indogermanisch (Umbenennung als „Reißer“)
ulk(os)
west-indogermanisch
wulk(os)
lateinisch-keltisch-germanisch
wulf(oz)
germanisch
wulf(az)
altnordisch
ulf(r), ylf(r)
deutsch
Wolf
Der Name „Wolf“
ost-indogermanisch:
ulkos
urka
Sanskrit:
vrka
(Wolf),
vrki
(Wölfin)
Avestisch:
vehrka
ulkos
Griechen:
lukos
Albaner:
ujk
süd-indogermanisch:
wulw
Luvier:
walwai
(Umbenennung als „Löwe“)
eurasiatisch:
kunja
indogermanisch (neues Wort):
west-indogermanisch:
wulk
wulf
wulf
Römer:
vulpes
,
lupus
ulkos, ulkos,
Kelten:
vailos
Tocharer:
walkwe
Goten:
wulfs
Germanen:
wulfaz
Südgermanen:
wulf
althochdeutsch:
wolf
mittelhochdeutsch:
wulf
neuhochdeutsch:
Wolf
altsächsisch:
wulf
,
wolf
Nordgermanen:
wulf
altnordisch:
ulfr, ylfr
angelsächsich:
wulf
altenglisch:
wolf
neuenglisch:
wolf
altfriesisch:
wolf
neufriesisch:
wolve
mittelniederländisch:
wulf
neuniederländisch:
wolf
vulk
Russen:
volk
Lithauer:
vilkas
Es gab mehrere verschiedene altnordische Begriffe für „Wolf“, „Wölfin“ und „Wolfs-Welpe“. Es scheint jedoch keine Bezeichnung für „Rudel“ gegeben zu haben. Das deutsche Wort „Rudel“ leitet sich von dem Wort „Rüde“ ab, das ursprünglich „großer Hetzhund“ bedeutet hat. Die Nordgermanen benutzten für ein Wolfsrudel den Begriff „sveit“, der „Trupp, Abteilung, Schar“ u.ä. bedeutete und primär für Krieger benutzt worden ist.
Unter den Kenningarn gibt es viele, die das Leben der Wölfe im Rudel zum Thema haben:
Wölfe
staubiges Rudel
Thordr
(Skaldskaparmal)
Wölfe
die scharfäugige Unheil-Bande des Waldes
anonym
Olafs drapa Tryggvasonar
Wölfe
Gefährten des Wolfes
Minimal-Kenningar
Einarr Skulason
Runhenda
Thordr Kolbeinsson
Eiriksdrapa
Wolf
Gatte der Wölfin
Sigvatr Thordarson
Erfidrapa Olfas des Heiligen
Wölfe
üble Sippe der Wölfin
Arnorr
(Skaldskaparmal)
Wölfe
Nachkommen des Wolfes
Bjarni Bischof Kolbeinsson
Jomsvikingadrapa
In dem folgenden Runen-Vers wird nichts Spezielles über den Wolf mitgeteilt …
Fehu-Rune (= Gold) bringt Streit in der Familie; der Wolf frißt im Wald.
Wölfe lebten in der Wildnis, d.h. in der Heide (im Sinne von „unbewaldetes Ödland“) und im Wald. Da „Heide“ auch eine häufige Umschreibung für „Ort, an dem die Hügelgräber stehen“ benutzt worden ist, wurden die Wölfe als „Heide-Bewohner“ auch mit dem Jenseits assoziiert.
Zu dem Lebensbereich und zu dem Aussehen der Wölfe gibt es nur wenige spezielle Begriffe:
Bei den Kenningarn ist fast nur die graue Farbe des Wolfsfells in ihren Umschreibungen verwendet worden:
Das Heulen der Wölfe ist ein so eindrückliches Motiv, das es in der Überlieferung der Germanen nicht fehlen kann:
Thor (zu Odin-Harbard):
„Deine Wortklugheit kommt Dir noch übel,
Wenn ich durchs Wasser wate.
Lauter als ein Wolf wirst Du aufschrein,
Wenn ich Dich mit dem Hammer haue.“
Das Heulen der Wölfe ist sogar zu einem mythologischen Motiv geworden:
Niörds Frau heißt Skadi und ist die Tochter des Riesen Thiassi. Skadi wollte wohnen, wo ihr Vater gewohnt hatte, nämlich auf den Felsen in Thrymheim: aber Niörd wollte sich bei der See aufhalten. Da verglichen sie sich dahin, daß sie neun Nächte in Thrymheim und dann andere drei in Noatun sein wollten.
Aber als Niörd von den Bergen nach Noatun zurück kam, sang er:
„Leid sind mir die Berge; nicht lange war ich dort,
Nur neun Nächte.
Der Wölfe Heulen dauchte mich widrig
Gegen der Schwäne singen.“
Aber Skadi sang:
„Nicht schlafen könnt ich am Ufer der See
Vor der Vögel Lärm;
Da weckte mich vom Wasser kommend
Jeden Morgen die Möwe.“
Da zog Skadi nach den Bergen und wohnte in Thrymheim. Da jagt sie oft auf Schneeschuhen mit ihrem Bogen nach Tieren. Sie heißt Schneeschuhgöttin oder Öndurdis. Von ihr heißt es:
Thrymheim heißt die sechste, wo Thiassi hauste,
Jener mächtige Jote;
Nun bewohnt Skadi, die scheue Götterbraut,
Des Vaters alte Veste.
In dieser „Geschichte der Dänen“ erscheinen die beiden Lieder des Njörd (Tyr in der Wasserunterwelt) und der Skadi (Jenseitsgöttin) als Klagen des Hadding und seiner Frau. Hadding ist einer der Saga-Nachfolger des Göttervaters Tyr.
Hadding sprach: „Warum verharre ich in diesem finsteren Versteck, in den Falten der zerklüfteten Hügeln und fahre nicht mehr zur See wie früher?
Das ständige Heulen der Wolfsrudel und die klagenden Schreie der Raubtiere, die zum Himmel aufsteigen, und die fürchterlichen unruhigen Löwen rauben mir alle meinen Schlaf. Übel sind die Berghänge und die Einöden für die Herzen, die wildere Arbeit zu tun gewöhnt waren. Die nackten Felsen und das zerklüftete Land versperren den Geistern, die das Meer lieben, den Weg.
Es wäre ein besseres Leben, die Meerengen zu durchrudern, in geraubten Gütern zu schwelgen, das Gold der anderen für meine Truhe zu holen, mich über die zur See erlangten Schätze zu ergötzen – als in rauhen Ländern und endlosen Wäldern und öden Ebenen zu wohnen.“
Da sagte ihm seine Frau, die das Leben auf dem Land liebte und die die Meer-Gesänge der Seevögel leid war, mit den folgenden Versen, welch große Freude ihr die Wanderungen durch das Waldland bereiteten:
„Die schrillen Vogelschreie stören mich, wenn ich an der Küste bin und ihr Geschwätz ärgert mich so sehr, daß ich nicht schlafen kann. Der laute Lärm ihres geschäftigen Treibens raubt meinen schlafenden Augen die sanfte Ruhe – die lautschreiende Seemöwe erträgt es nicht, mich in der Nacht schlafen zu lassen und zwingt meinen zarten Ohren ihre ermüdende Geschichte auf. Wenn ich mich niederlege, erträgt sie es nicht, daß ich mich erfrische und lärmt mit der klagenden Melodie ihrer Unheil-verkündenden Stimme.
Sicherer und süßer erscheinen mir die Freuden der Wälder.
Wo könnten die Früchte der Ruhe am Tag und in der Nacht noch weniger leicht zu ernten sein als wenn man bei der ruhelosen, endlos bewegten See verharrt?“
Das Heulen der Wölfe eignete sich natürlich auch sehr gut zur Bildung von Umschreibungen für sie:
Wolf
Heuler
Snorri Sturluson
Thulur
Wolf
grauer Heuler
Hallr
(Skaldskaparmal)
Wolf
Glamma
'Heulender'
Bragi der Alte
Ragnarsdrapa
Es gab eine ganze Reihe von Begriffen, die mit dem Heulen der Wölfe in Zusammenhang stehen. Eine besonders poetische Umschreibung ist das „Wolfs-Lied“, das das Heulen der Wölfe den Gesängen der Menschen vergleicht.
Da Wölfe Raubtiere sind, konnten sie generell in allen Bildern, die eine Form der Zerstörung beschreiben, benutzt werden:
„Wie soll man den Wind umschreiben?“
„So: indem man ihn Sohn des Fornjotr, Bruder des Meeres und des Feuers, Beleidigung oder Verderben oder Hund oder Wolf des Waldes oder des Segels oder der Takelage nennt.“
Der „Wolf des Waldes“ ist das Feuer; der „Wolf des Segels“ ist der Sturm.
Das Feuer konnte auch als „Tempel-Wolf“ umschrieben werden, da das Feuer die hölzernen Tempel genauso zerstören konnte wie die Wölfe das Wild, das sie jagten.
Das folgende beliebte Sprichwort, das zur Vorsicht bei den ersten Anzeichen von Gefahr rät, ist u.a. aus der Völsungen-Saga bekannt:
„Dort wo die Ohren des Wolfes sind, sind auch seine Zähne nicht fern.“
Ein recht großer Teil der Kenningar bezieht sich darauf, daß die Wölfe Raubtiere sind, was ihnen jedoch durchaus auch Sympathien eingebracht haben wird, da auch die Wikinger zu einem guten Teil von ihren sommerlichen Raubzügen gelebt haben.
Der altnordische Wortschatz zu der räuberischen Lebensweise der Wölfe ist recht differenziert:
Die Ähnlichkeit der Lebensweise der Wölfe und der Wikinger bot Gelegenheit zu vielfältigen Vergleichen, von denen sich etliche zu Sprichworten verfestigt haben.
„Es scheint mir, daß hier Kälber (ängstliche unterworfene Feinde) und Wölfe (rachsüchtige Feinde) vermischt zusammen sind.“
anonym: Saga über König Sverri
„Kälber und Wölfe können nicht beisammen sein.“
anonym: Hakonar-Saga
„Eher würde die Mutter der Schafe die Tage des Wolfes verkürzen!“
anonym: Kormak-Saga
„Kein Mann hat je einen Sieg durch Schnarchen errungen und kein Wolf hat jemals Aas durch Schlafen und Liegen gefunden.“
Saxo der Schriftkundige: Geschichte der Dänen
„Der Wolf, der sich niederlegt, wird wohl kein Lamm zwischen seine Zähne bekommen.“
heutiges dänisches Sprichwort
„Ich erwarte den Wolf, wenn ich eines Wolfes Ohren sehe.“
anonym: Völsungen-Saga
anonym: Fafnir-Lied
anonym: Saga über Finnboga den Starken
„Da, wo die Ohren des Wolfes sind, sind auch seine Zähne nah.“
anonym: Völsungen-Saga
„Denn den Wolf erwarte ich, wenn ich sein Ohr seh'.“
Völsungen-Saga
„Ich erwarte den Wolf von dort, wo ich seine Ohren sehe.“
anonym: Finnboga-Saga
„Sobald wir die finsteren Ohren des Wolfes sehen, glauben wird, daß auch der Wolf selber nahe ist.“
Saxo der Schriftkundige: Geschichte der Dänen
Auf einem ca. aus dem Jahre 1060 n.Chr. stammenden rechteckigen Kupfer-Amulett findet sich die Vertreibung eines Krankheits-Dämons durch einen Zauberspruch. Die dreifach geschriebene Rune „Is“ („Eis“) ist hier mit „Kühlung“ übersetzt worden, da sie offenbar das Fieber des Kranken senken sollten. Die Krankheit wird als Riese und als Wolf angesehen – alles Bedrohliche konnte als „Wolf“ bezeichnet werden …
Riese des Wundfiebers! Herr der Riesen!
Fliehe jetzt! Du wurdest entdeckt!
Da – diese drei Schmerzen sind für Dich, Wolf!
Da – diese neun Nöte sind für Dich, Wolf!
Kühlung! Kühlung! Kühlung!
Mögen diese Eis-Runen Dich zufriedenstellen, Wolf!
Nutze diesen Heilungs-Zauber gut.
Wölfe sind Raubtiere:
Früh aufstehen soll, wer den andern sinnt
Um Haupt und Habe zu bringen:
Dem schlummernden Wolf glückt selten ein Fang,
Noch schlafendem Mann ein Sieg.
Wölfe wurden als gefräßig und aggressiv angesehen:
Nicht ziemt uns beiden, nach der Wölfe Beispiel
Uns selbst grimm zu sein wie der Nornen Grauhunde,
Die gefräßig sich fristen im öden Forst.
Ein Jäger hat einen völlig anderen Charakter als ein Bauer – und Jäger-Räuber neigen zur Gier …
Wolf
Gieriger
Egill
(Skaldskaparmal)
Thordr
(Skaldskaparmal)
Auch in dem Wortschatz der Nordgermanen sind Wölfe und Gier fest miteinander verbunden gewesen:
Bei einer solch festen Assoziation zwischen den Wölfen und der Gier ist es nicht verwunderlich, daß sich zu dieser Verbindung auch einige Redewendungen finden lassen.
Mir diesen Gier/Wolf-Sprichworten sind recht eng die Redewendungen verbunden, in denen das Verhalten von Menschen den Rangkämpfen unter Wölfen verglichen wird.
„Von einem gierigen Wolf sollte man einen Angriff erwarten.“
anonym: Regin-Lied
anonym: Saga über die Lachstal-Leute
anonym: Geschichte über Eymundar Ring-Sohn
anonym: Sturlungen-Saga
anonym: Saga über die Leute von Eyre
„ein hartes Zuschnappen von einem gierigen Wolf erwarten“
anonym: Lachstal-Saga
„Es ist wahr, wie sie sagen, daß dann, wenn ein Wolf den anderen jagt, er die Beute fressen wird.“
anonym: Lachstal-Saga
„Nur der Schwanz des Wolfes ist noch übrig: Ich bin nun genauso geendet wie die Wölfe – sie verschlingen einander und bemerken es nicht, bis sie beim Schwanz angelangt sind.“
anonym: Bandaman-Saga
„Es ist auch ganz recht, wenn ihr einmal erprobt, ihr Häuptlinge, wer von euch die Oberhand behält; denn ihr habt jetzt schon lange aufeinander eingebissen wie die Wölfe.“
anonym: Lachstal-Saga
„Es wird Zeit, daß ihr Anführer herausfindet, wer der Rudelsführer ist, denn ihr beißt schon seit langer Zeit nach einander.“
anonym: Saga über Hühner-Thorir
In dieser Saga wird das gierige Verhalten des Wolfes als Gleichnis für das Verhalten von Menschen benutzt.
Da blickte Ufeig umher und es kam ihm eine Strophe in den Sinn und er sprach:
„Es ist übel,
wenn das Alter über uns herfällt,
und das Augenlicht raubt
und die Weisheit.
Unter acht guten Männern
hätte ich wählen können,
doch nun hängt nur noch
der Wolfsschwanz am Haken.
Ja wirklich,“ sagte er, „mir ergeht es wie den Wölfen, die fressen, bis sie unversehens zu dem Schwanz kommen.“
Die erste Redewendung bedeutet, daß man erst den ganzen Wolf gefangen hatte, aber er sich losgerissen hat und man nun nur noch den Schwanz in der Hand hält. Die zweite Redewendung bedeutet, daß die Wölfe gierig alles fressen und dann feststellen, daß nichts mehr übrig ist.
In der Szene, in der Ufeig diese Worte spricht, geht es um die Wahl eines Anführers, bei der nach und nach sieben Kandidaten ausgeschieden sind, bis am Ende nur noch der am wenigsten Geeignete übriggeblieben ist.
Wölfe jagen nicht nur selber, sondern sind auch Aasfresser – wobei das markanteste Motiv natürlich das Fressen der Leichen auf dem Schlachtfeld ist.
Es gibt ein Tier, das 'Warg' genannt wird. Es ist richtig, Bezeichnungen für Blut oder Aas zu bilden, indem man sie Speise oder Trank des Wargs nennt. Es ist auch üblich, solche Kenningar mit anderen Tieren zu bilden. Der Warg wird auch Wolf genannt.
In den vielen Lobliedern der Skalden über die Siege der Fürsten in deren Schlachten waren Kampf, Blut, Leichen und Wölfe eng miteinander assoziiert, was zur Bildung von vielen Kenningarn geführt hat, die die Wölfe als Leichen-Fresser schildern.
Einige Bezeichnungen für den Wolf lassen sich nur vor dem Hintergrund des Standard-Motivs der Leichen-fressenden Wölfe verstehen:
Das Motiv der Wölfe als Aasfresser findet sich auch in der folgenden Strophe:
Gunnar hing das Haupt; doch Högni sagte
Mir meines Sigurd mordlichen Tod:
„Jenseits des Stroms erschlagen liegt der,
Den Guthorm fällte, zum Fraß den Wölfen.
Sieh den Sigurd gegen Süden dort,
Höre Krähen krächzen und Raben,
Adler jauchzen der Atzung froh,
Und Wölfe heulen um Deinen Helden.“
Das Motiv der Wölfe als Leichenfresser war sehr beliebt:
Vor ihrem Anblick einsam ging ich da,
Die Brocken zu lesen von der Wölfe Leichenschmaus.
Ich schluchzte nicht, noch schlug ich die Hände,
Brach nicht in Klagen aus wie Brauch ist der Frauen,
Da ich schmerzvoll saß über Sigurden.
In einigen Zusammenhängen erscheint der Wolf entweder als Jenseitsführer oder – vermutlich aufgrund dieser Funktion – als allgemeines Symbol für das Jenseits. Da die Wölfe die Leichen fressen, wurden sie auch mit dem Jenseits assoziiert.
Die im folgenden genannten „Wolfs-Orte“ sind Umschreibungen für das Jenseits, in denen sich der Schmied Tyr-Wieland während des Winters befindet. Dieses Schmied-Motiv ist dadurch entstanden, daß Tyr sein beim seinem herbstlichen Kampf zerbrochenes Schwert im Winter neugeschmiedet hat (siehe den Band 4 über „Wieland“).
Nidud hieß ein König in Schweden. Er hatte zwei Söhne und eine Tochter; die hieß Bödwild.
Drei Brüder waren Söhne des Finnenkönigs; der eine hieß Slagfid, der andere Egil, der dritte Wölund. Die schritten auf dem Eise und jagten das Wild. Sie kamen nach Ulfdalir (Wolfstal) und bauten sich da Häuser. Da ist ein Wasser, das heißt Ulfsiar (Wolfssee).
… … …
Das hörte Nidud, der Niaren Drost,
Daß Wölund einsam in Wolfstal säße.
Bei Nacht fuhren Männer in genagelten Brünnen;
Ihre Schilde schienen wider den geschnittnen Mond.
… … …
Da rief Nidud, der Niaren Drost:
„Wo erwarbst Du, Wölund, Weiser der Alfen,
Unsere Schätze in Ulfdalir?“
Dieses Kästchen wurde von den Angelsachsen um ca. 750 n.Chr. aus Walfischbein hergestellt. Der Germane, der dieses Runenkästchen hergestellt hat, lebte somit zu derselben Zeit wie der Skalde, der das Beowulf-Epos niedergeschrieben hat – ob sie sich kannten, weiß man nicht, aber sie werden in etwa dasselbe Weltbild gehabt haben.
Das Kästchen ist 22,8cm lang, 18,5cm breit und 10,5 cm hoch. Die vier Außenseiten und der Deckel dieses sind mit detailreichen Szenen sowie mit Runeninschriften versehen.
Auf der rechten Schmalseite des Kästchens befindet sich eine Szene, auf der drei Frauen zu sehen sind, die die drei Nornen sein könnten.
An den vier Ecken dieser Bildplatte (zwei sind noch erhalten) sind Wölfe zu sehen, die wahrscheinlich als Hinweise zu verstehen sind, daß die dargestellte Szene im Jenseits spielt bzw. nach dem Tod stattfindet.
Die drei Nornen auf dem Runenkästchen von Auzon
Auf diesem Bild sind von links nach rechts folgende Wesen und Dinge zu sehen:
Links unten ist ein Hügel zu sehen, auf dem Mensch mit dem Hals und dem Kopf eines Pferdes sitzt, der zwei Gegenstände in seinen Händen hält, die wie Szepter wirken. Der Hügel könnte ein Hügelgrab und der Mann ein Toter, der bei seiner Bestattung mit einem Hengst identifiziert worden ist, um seine Zeugungskraft bei seiner Wiederzeugung zu sichern.
Der „Szepter“ in seiner rechten Hand könnte ein Penis mit Hoden sein. Das wäre dann ein Hinweis auf die Wiederzeugung. Da die Form dieses „Szepters“ (ein langer Bogen mit einem „Ast“) sehr an die Schlangen mit erigiertem Penis auf dem großen Goldhorn von Gallehus sowie an die Schlangen der Frauen auf einigen Runensteinen erinnert, könnten dieses „Szepter“ auch solch eine „Jenseits-Schlange“ sein.
Über seinem Kopf fliegt eine Gans oder ein Schwan nach rechts. Dieser Vogel wird sein Seelenvogel sein.
Vor dem Pferde-Mann steht ein Krieger mit einem runden Germanen-Schild, einem Speer und einem speziellen Helm mit einer „Bommel“. Er ist offensichtlich zu dem Pferde-Mann gegangen, der als der Sitzende der Höhergestellte ist und derjenige, der den anderen empfängt. Dieser Mann bittet evtl. seinen toten Vater in seinem Hügelgrab um Rat und Hilfe.
Hinter dem Krieger steht am Boden eine Pflanze (?). Sie könnte eine Bedeutung haben, aber genausogut auch nur ein Raumfüller sein.
In der Mitte des Bildes befindet sich ein Tier, das aufgrund seiner Hufe, des Penis und der fehlenden Hörner ein Hengst sein muß. Es wird sich bei ihm um das Tier sein, das bei der Bestattung für den Mann links geopfert worden ist, der durch die Identifizierung mit dem Pferd zu einem Pferde-Mann geworden ist.
Unter den Hinterbeinen des Hengstes ist wieder der Seelenvogel zu sehen.
Unter dem Hals des Pferdes scheint eine zweite Pflanze zu stehen, die der bereits erwähnten hinter dem Krieger (die hier unter den Hinterbeinen des Hengstes zu sehen ist) gleicht.
Die beiden Ornamente unter dem Bauch und zwischen den Vorderbeinen des Hengstes könnten evtl. Hrungnir-Herzen (Symbol der Seele) sein – aufgrund ihrer Asymmetrie werden es aber wohl doch eher nur Raumfüller sein.
Vor den Vorderbeinen des Hengstes ist ein Hügel zu sehen, in dem auf „Stäben“ ein bärtiger Mann zu liegen scheint. Dies könnte der Tote in seinem Hügelgrab sein. Die Mauerwerk-artig angeordneten „Stäbe“ könnten die Steine sein, aus denen die Grabkammer aufgebaut ist – aber diese Deutung ist recht unsicher.
Rechts vor dem Hengst und dem Hügelgrab steht ein Mensch mit Stab, vor dem in der Luft ein Kelch „schwebt“.
Möglicherweise ist dies der Seher oder die Seherin, die für den Krieger den Kontakt zu dem Toten, d.h. dem Pferde-Mann herstellt. Diese Person könnte aber auch der Bestattungspriester sein.
Der Kelch wird den Met enthalten, der bei Bestattungen getrunken wurde und auch dem Toten mit ins Grab gegeben wurde: Der Met der ewigen Jugend in der Halle der Hel, d.h. in der Grabkammer des Hügelgrabes.
Die Tätigkeit dieser drei Frauen ist leider nicht genau zu erkennen. Sie scheinen ihre Arme so auszustrecken, daß sie sich ihre Hände in der Mitte treffen oder zumindestens nah beieinander sind.
Dies könnte die Geste einer gemeinsamen Weihung oder eines gemeinsamen Segnens sein.
Vermutlich sind dies die drei Nornen.
Der umlaufende Runentext beginnt oben links und läuft dann im Uhrzeigersinn rings um den Rand. Das untere Ende der Runen zeigt stets zu dem Bild, d.h. die Runen beziehen sich auf das Bild in ihrer Mitte. Der Text lautet:
Hier sitzt das Pferd / auf dem Trauerberg;
sie bewirken das Unglück so, / wie es ihnen Erta aufgetragen hat,
sie verursachen Trauer / und Herzeleid.
„Erta“ ist die Erdgöttin, die auch Hertha, Bertha, Perchta, Nerthus und bei den Wikingern Jörd genannt wurde. Der Trauerberg ist das Hügelgrab.
In jeder der vier Ecken der Platte befindet sich ein Tier, das vermutlich ein Wolf ist, der der Jenseitsführer gewesen sein wird. Sie werden sowohl Odins Wölfen Geri und Freki entsprechen, als auch dem Fenris-Wolf, den Hel bisweilen als Reittier benutzt.
Auf dieser Platte des Runenkästchens ist offenbar der Geist des Toten im Jenseits und der Kontakt zu ihm das Thema.
Der Tote wurde von einem Priester in einem Hügelgrab bestattet, wobei auch der „Göttermet“ in dem Kelch getrunken sowie dem Toten in seine Grabkammer mitgegeben wurde. Das Hügelgrab wurde „Trauerberg“ genannt.
Der Hengst ist das Tier, das für den Toten geopfert wurde, um dessen Zeugungskraft bei der Wiederzeugung zu sichern. Möglicherweise wurde dieser Hengst „Beißer“ genannt – vielleicht ist dies aber auch der Titel des Opferpriesters.
Die beiden Worte „Zweig“ und „Wald“ könnten auf einen Heiligen Hain hinweisen, in dem das Opferritual durchgeführt wurde, aber sie könnte auch der Düsterwald sein, durch den die Seele des Toten in das Jenseits reiste. Da hier jedoch eine rituelle Szenerie dargestellt ist, ist die Deutung als Heiliger Hain wahrscheinlicher.
Später wurde der Tote (d.h. sein Seelenvogel) von einem Krieger (vermutlich einem seiner Nachkommen) herausgerufen, woraufhin der Geist des Toten mit einem Pferdekopf erscheint. Das Anrufen eines Toten („Utiseta“) war damals eine übliche Methode, um Rat und Hilfe aus dem Jenseits zu erhalten.
Von den beiden „Szeptern“ in der Hand des Toten könnte das rechte möglicherweise eine „Jenseits-Schlange“ sein, wie sie sonst die Norne/Hel/Walküre auf den Runensteinen in ihrer Hand hält. Diese Schlange wäre dann ein allgemeines Symbol dafür, daß die Person, die sie in der Hand hält, aus dem Jenseits kommt.
Die drei Nornen haben den Tod verursacht, so wie es ihnen die Erdgöttin Erta/Jörd aufgetragen hat. Die drei Nornen in der Edda scheinen somit ein verselbständigter Aspekt der Erdgöttin in ihrer Funktion als Jenseitsgöttin zu sein.
Die vier Wölfe sind vermutlich nur ein allgemeiner Hinweis darauf, daß es sich hier um eine Jenseits-Szene handelt.
Runenstein von Gök
Auf dem Stein von Gök sind Szenen aus der Sigurd-Sage und aus der Wieland-Mythe dargestellt worden.
Von links nach rechts sind auf diesem Stein folgende Motive zu sehen:
ganz links der Kopf und der Schwanz einer der beiden Schriftband-Schlangen;
oben links der stilisierte Kopf des Tyr; daneben ein Schmiedewerkzeug; darunter ein Schlangenkopf; rechts darunter einer der enthaupteten Söhne des Königs Nidud aus der Wieland-Mythe; rechts neben diesem Toten liegt dessen Kopf; unter ihm dessen Seelenvogel;
oben ein Wolf – vermutlich als Symbol des Jenseits; darunter Wieland (Tyr als Schmied im Jenseits) mit Hammer, Feile und Ring;
unten in der Mitte Sigurd, der Fafnir ersticht;
oben in der Mitte das Sonnensymbol des Sonnengott-Göttervaters Tyr (Draupnir-Kreuz); darunter Sigurds Pferd Grani, das dieser an den Baum rechts von dem Pferd gebunden hat;
rechts in der Mitte der (Welten-)Baum mit den Vögeln, deren Sprache Sigurd verstehen kann, sowie mit einer Schlange;
rechts der Kopf des Drachen Fafnir mit dem Schriftband;
Runenstein von Ramsundberg, Schweden
Auf diesem Runenstein ist dieselbe Szene wie auf dem vorigen zu sehen: außen der Drache Fafnir; rechts darunter Sigurd, der Fafnir tötet; rechts der Baum mit den Vögeln und Sigurds Roß Grani; oben in der Mitte der stilisierte Kopf des Sonnengott-Göttervaters Tyr (= Wieland); links daneben Sigurd, der sich seinen verbrannten Finger ableckt; das Schmiedewerkzeug des Wieland; links von ihm der Wolf als Jenseitssymbol und ganz links der enthauptete Königssohn.
Auch in dieser germanisch-christlichen Dichtung aus dem angelsächsichen Exeter-Buch erscheint der Wolf als Symbol des Jenseits:
Einige sind in der Schlacht gefallen, werden auf ihrer letzten Reise getragen.
Einer wurde von Vögeln über das tiefe Meer getragen;
Einer wurde dem Tod durch den grauen Wolf übergeben;
Einer wurde in einem Loch in der Erde von einem Krieger mit traurigem Antlitz begraben.
Der Grund, warum die Asen in der folgenden Strophe der Göttin Nanna ein Wolfsfell reichen, ist aus diesem Lied nicht ersichtlich. Da sich Nanna jedoch im Jenseits befindet und über das Wolfsfell erfreut ist, könnte man zumindestens vermuten, daß der Besitz dieses Felles mit ihrer Rückkehr aus dem Jenseits zu tun hat. Falls dies zutreffen sollte, wäre aus dem Wolf als Jenseitsführer hier ein Wolfsfell als magisches Hilfsmittel auf der Jenseitsreise geworden. Es wäre denkbar, daß die Wolfsfelle der Ulfhedinn-Wolfskrieger diese Symbolik mitangeregt haben.
Gangrad (Odin):
„Die Sieggötter sehen die Sorge Nannas
Um die niedre Wohnung: sie geben ihr ein Wolfsfell.
Damit bekleidet ändert sie ihren Sinn,
Freut sich der Auskunft, erneut die Farbe.“
Der „Wolfs-Baum“ ist der „Todes-Baum“, d.h. der Galgen. Dies ist eine Umdeutung der Wolfs-Symbolik, die die Angst vor dem Tod in den Vordergrund stellt.
Sie schüttelten die Hüllen, die Schneide bargen sie,
Kleideten, die Kämpen, sich in kampflich Gewand.
Sie fuhren weiter unheimliche Wege,
Sah'n der Schwester Stiefsohn versehrt am Baum,
Am windkalten Wolfsbaum westlich der Burg,
Als riefe er den Raben: da war übel rasten.
Ein um ca. 1420 n.Chr. niedergeschriebener Liebeszauber aus der Schweiz könnte von seinem Stil her germanischen Ursprungs sein. Die andere Möglichkeit wäre eine keltische Überlieferung, die jedoch aufgrund des Stils unwahrscheinlicher ist.
Die Wiederholungen in dem Zauberspruch sind typisch für das germanische Zauberspruch-Versmaß „galdr-lag“.
Auch die „drei“, die „neun“ und die „Wölfe“ passen gut in die Vorstellungen der Germanen: die „drei“ ist der Zyklus der Wiedergeburt der Sonne, während die „neun“ und die „Wölfe“ auf das Jenseits hinweisen.
Der Schweizer Liebeszauber lautet:
Ich schaue nach Dir,
Ich sende Dir
neun wütende Wölfe:
Drei werden Dich in Stücke beißen!
Drei werden Dich in Stücke reißen!
Drei werden Dein kostbares Blut lecken und saugen!
So werden sie Dich mit einem brennenden Verlangen belegen,
in Dein Herz und in Deinen Geist,
in Deinem Wachen und in Deinem Schlafen,
in Deinem Essen und in Deinem Trinken,
bis Du es in Deinem Herzen, meine Göttin, niemals mehr vergessen kannst!
Du wirst eine wundervolle Wonne für mich werden!
Du wirst wie Wachs in meinen Händen sein!
Möge Lucifer in der Hölle
und alle seine Gefährten mir helfen!
Auf einem der Runenstäbe von Bergen steht ein Liebes-Zauberspruch, der ganz ähnlich wie der Schweizer Liebes-Zauberspruch beginnt und dadurch die Vermutung bestätigt, daß der Schweizer Zauberspruch aus der germanischen Tradition stammt:
Ich sende Dir,
ich verursache Dir mit meinen Blicken,
wölfische Perversion,
unanständige Begierden
… … …
In diesem angelsächsichen Vers-Epos, das um ca. 750 n.Chr. niedergeschrieben worden ist, wird die Riesin, die die Mutter des Tyr-Riesen Grendel ist, als „Moor-Wölfin“ umschrieben. Dieses „Moor“ ist wie der „Sumpf“ ein Bild für die Unterwelt.
Von dem Wort „fen“ für „Sumpf“ ist sowohl der Name für Friggs Halle „Fensalir“ („Sumpf-Saal“) als auch Name des Riesenwolfes „Fenrir“ („der aus dem Moor kommt“) abgeleitet worden.
Die in Sorge mit Hrodgar / am Sumpfe harrten,
Daß rings die Flut / rot sich färbte,
Gemischt mit Blut, / da meinten die alten
Graubärt'gen Kämpen / des guten Königs,
Sie hofften nicht länger, / daß lebend der Held
Und ruhmbedeckt / zurück noch kehre
Zum edlen Herrscher; / fast alle glaubten,
Daß des Moores Wölfin / ihn gemordet habe.
An zwei anderen Stellen dieses Epos wird Grendels Mutter auch „Wölfin des Wassers“ und „Wölfin der Wogen“ genannt.
Dieselbe Umschreibungen findet sich ca. 500 Jahre später auch im Harbard-Lied:
Thor:
„Berserkerbräute bändigte ich auf Hlesey:
Das Ärgste hatten sie getrieben, betrogen alles Volk.“
Harbard (Odin):
„Unrühmlich tatest Du, Thor, daß Du Weiber tötetest.“
Thor:
„Wölfinnen waren es, Weiber kaum.
Sie zerschellten mein Schiff, das ich auf Pfähle gestellt,
Trotzten mir mit Eisenkeulen und vertrieben Thialfi.
Was tatest Du derweil, Harbard?“
„Hlesey“ ist die heutige Insel Läsö. Ihr Name bedeutet „Insel des Hler“, wobei Hler mit Ägir und Gymir identisch ist: der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr in der Wasserunterwelt bzw. auf der Jenseitsinsel. Die „Wölfinnen“, die Thor getötet hat, sind daher recht sicher die vervielfältigte Jenseitsgöttin auf der Jenseitsinsel.
In etwa zur selben Zeit wie das Harbard-Lied ist auch „Odins Rabenzauber“ entstanden.
Auf standen die Herrscher, die Alfenbestrahlerin lief.
Die Nacht sank nördlich gen Nifelheim.
Ulfrunas Sohn stieg Argiöl hinan,
Der mächtige Hornbläser, zu den Himmelsbergen.
Die „Alfenbestrahlerin“ ist die Sonne.
Zusammen mit der Riesin „Ulfruna“ („Wolfs-Rune“, „Wolfs-Geheimnis“) hat Odin den Heimdall gezeugt. Ulfrunas Sohn ist also der Gott Heimdall. Da Heimdall aus einem Beinamen des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr entstanden ist, muß Ulfruna die Jenseitsgöttin als die Wiedergeburts-Mutter des Tyr-Heimdall sein – woraus dann später die Jenseits-Riesin, die man „Wölfin“ genannt hat, geworden ist. „Ulfruna“ muß einst eine positive Bedeutung gehabt haben, die in dem Kapitel über „Fenrir“ noch genauer betrachtet wird.
Tyr-Heimdall steigt am Morgen die Regenbogenbrücke Bifröst, die hier „Argiöl“ („Adlerschrei“) genannt wird, hinauf. Heimdall ist auch der „Hornbläser“ in diesem Lied.
„Und, König, wenn Du noch irgendeinen Verstand hast, dann verlasse Deine wilde Braut, bevor die Wölfin einen Abschaum, der wie sie selber ist, hervorbringt und Du ein Tier hervorbringst, das seinen eigenen Vater verletzen wird!“
Die häufigste Bedeutung der Bezeichnung „Wolf“ ist „Krieger“. Diese Symbolik findet sich als eine der Grundlagen bei mehreren mythologischen Motiven – insbesondere bei Tyr und seinen beiden Alcis-Söhnen.
Diese bereits um 200 n.Chr. hergestellte Fibel ist im Südwesten der dänischen Insel Seeland gefunden worden.
Die Inschrift auf ihr lautet:
widuhudar
In solchen Inschriften wurden Worte, die sich jeder leicht dazudenken konnte, oft fortgelassen. Man muß zudem damit rechnen, daß ab und zu einmal die Lücke zwischen zwei Worten oder auch einmal eine Rune fehlt. Diese Inschrift würde vollständig vermutlich wie folgt aussehen:
widu hu–dar
Diese Inschrift ist wahrscheinlich eine Besitzangabe:
Ich, der Hund des Waldes
bzw.:
Mir, dem Hund des Waldes, gehört diese Fibel!!!
Der „Hund des Waldes“ ist der Wolf.
Diese Kenning zeigt, daß die Hunde und die Wölfe auch schon damals als sehr ähnlich aufgefaßt worden sind. Dies ist auch schon daher sehr plausibel, da es damals noch keine Dackel und Pudel gab und die Hunde den Wölfen noch sehr ähnlich waren.
In diesen Stein wurde um ca. 600 n.Chr. folgende Inschrift eingeritzt:
hathuwolafa sate stabe thria fff
Das bedeutet:
Kampf-Wolf setzte Stäbe drei fff
Ein Mann mit dem Namen Hathuwulf hat auf diesem Stein drei F-Runen eingeritzt, die hier als magische Formel aufgefaßt werden, die vermutlich Wohlstand bringen soll (siehe die Fehu-Rune in dem Band 72 über die Runen).
Diese Inschrift ist um ca. 630 n.Chr. in den Stein eingraviert worden.
Kampf-Wolf, Sohn von Schwert-Wolf, ritzte diese Runen in Gedenken an Heer-Wolf.
In dieser Sippe scheinen alle Männer „Wolfs-Namen“ getragen zu haben.
Die folgende Inschrift stammt von ca. 750 n.Chr.. Der Runenstein ist von einer Gruppe von anderen Steinen umgeben.
die Steine des Wolfsrudels
Vermutlich stellt jeder Stein ein männliches Mitglied einer Sippe dar, die möglicherweise nicht nur Wolfs-Krieger (Ulfhedinn) waren, sondern auch alle einen mit „Wolf“ gebildeten Namen getragen haben.
Ribe liegt im Südosten Dänemarks und ist die älteste Stadt dieses Landes und war lange Zeit der wichtigste dänische Nordseehafen. Dort wurde ein Schädel gefunden, auf den um ca. 800 n.Chr. eine Inschrift eingeritzt worden ist.
Diese Runen-Inschrift lautet:
ulfur auk uthin auk hutiur
hialb buris uithr
thaima uiarki auk tuir kuniu
buur
Diese Inschrift kann man mit einiger Sicherheit wie folgt übersetzen:
Wolf/Wolfsgott und Odin und Hutiur
möge dem Buris helfen gegen
diesen Schmerz und Zwergen-Schlag
Buur
Da „möge“ im Singular und nicht im Plural („mögen“) steht, sind die drei Götter anscheinend als eine dreiteilige Einheit aufgefaßt worden, die man stets als Gesamtheit anrief.
Mit „Zwergenschlag“ ist wahrscheinlich ein Hexenschuß gemeint.
„Buur“ ist die Unterschrift des Runenmeisters.
Die beiden Götter „Ulfur“ und „Huitur“ sind unbekannt, doch könnte mit „Ulfur“ („Wolfsgott“) Tyr gemeint sein, da dieser Gott sowohl mit dem Fenris-Wolf verbunden ist als auch der Vater der beiden Alcis-Zwillinge war, die als Krieger des öfteren auch die Gestalt von zwei Wölfen annehmen konnten. Möglicherweise ist „Ulfur“ hier auch Tyr als Gott der Wolfs-Krieger (Ulfhedinn).
Hutiur könnte evtl. der Gott Hödur sein – aber das ist sehr ungewiß.
Die folgenden drei Strophen sind eines der frühesten germanischen Liebesgedichte. Die Verse stammen von den Angelsachsen und wurden um ca. 975 n.Chr. in dem Exeter-Buch niedergeschrieben.
„Wulf“ ist ein Männername („Wolf“); Eadwacer ist ebenfalls ein Männername („Erb-Wackerer“ in etwa: „der das Erbe bewahrt“). Beides ist vermutlich ein- und derselbe Mann – „Wulf“ könnte der Kosename des Eadwacer sein.