Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen - Christian Schiffer - E-Book

Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen E-Book

Christian Schiffer

0,0
11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es gibt einen neuen Ufo-Hype: Die Verwörungstheorieexperten Christian Alt und Christian Schiffer machen sich auf die Suche nach dem Wie und Warum

Christian Alt und Christian Schiffer haben Streit. Der Grund: Aliens. Eigentlich war die Sache nach ihrem letzten Buch doch klar. Verschwörungstheorien zersetzen die Demokratie, sind brandgefährlich und wer an eine glaubt, der glaubt an viele. Und dann erzählt Christian Alt plötzlich von superschnellen »Tic Tac«-Ufos, dem interstellaren Objekt Oumuamua und Barack Obama, der einräumt, dass es Flugobjekte gibt, die die Amerikaner nicht zuordnen können. Und selbst Christian Schiffer muss zugeben: Irgendwas passiert da gerade. Das amerikanische Pentagon berichtet im Juni 2021 und im Mai 2022: Wir sehen jeden Tag Ufos (oder wie sie rebrandet wurden: UAPs, Unidentified Aerial Phenomena) und wissen einfach nicht, woher sie kommen. Während Christian Alt schwärmt, ist Christian Schiffer skeptisch. Gibt es nicht für alles eine rationale Erklärung? Die beiden Autoren recherchieren und rollen die Geschichte der Ufo-Sichtungen von vorne auf, diskutieren Theorien, sprechen mit Expert*innen und richten den Blick nicht nur gen Himmel, sondern immer wieder auch auf uns Menschen: Was sagt es eigentlich über uns aus, dass wir bei jedem x-beliebigen Flugobjekt sofort an Aliens denken? Brauchen wir den Glauben an Aliens, um der scheinbaren Alternativlosigkeit des Spätkapitalismus zu entfliehen? Und was hat es mit der eskapistischen Weltraumflucht der Superreichen von Elon Musk und Co. auf sich? Werden sie bald den Mars besiedeln? Und was, wenn wir den Aliens am Ende doch total egal sind? Die Antworten finden Sie irgendwo da draußen oder in diesem informativen und unterhaltsamen Werk.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 273

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Christian Alt und Christian Schiffer haben Streit. Der Grund: Aliens. Eigentlich war die Sache nach ihrem letzten Buch doch klar. Verschwörungstheorien zersetzen die Demokratie, sind brandgefährlich und wer an eine glaubt, der glaubt an viele. Und dann erzählt Christian Alt plötzlich von superschnellen »TicTac«-Ufos dem interstellaren Objekt Oumuamua und Barack Obama, der einräumt, dass es Flugobjekte gibt, die die Amerikaner nicht zuordnen können. Und selbst Christian Schiffer muss zugeben: Irgendwas passiert da gerade. Das amerikanische Pentagon berichtet im Juni 2021 und im Mai 2022: Wir sehen jeden Tag Ufos (oder wie sie rebrandet wurden: UAPs, Unidentified Aerial Phenomena) und wissen einfach nicht, woher sie kommen. Während Christian Alt schwärmt, ist Christian Schiffer skeptisch. Gibt es nicht für alles eine rationale Erklärung? Die beiden Autoren recherchieren und rollen die Geschichte der Ufo-Sichtungen von vorne auf, diskutieren Theorien, sprechen mit Expert*innen und richten den Blick nicht nur gen Himmel, sondern immer wieder auch auf uns Menschen: Was sagt es eigentlich über uns aus, dass wir bei jedem x-beliebigen Flugobjekt sofort an Aliens denken? Brauchen wir den Glauben an Aliens, um der scheinbaren Alternativlosigkeit des Spätkapitalismus zu entfliehen? Und was hat es mit der eskapistischen Weltraumflucht der Superreichen von Elon Musk und Co. auf sich? Werden sie bald den Mars besiedeln? Und was, wenn wir den Aliens am Ende doch total egal sind? Die Antworten finden Sie irgendwo da draußen oder in diesem informativen und unterhaltsamen Werk.

Autoren

Christian Alt, Jahrgang 1988, ist Journalist, Autor und einer der Gründer der Podcast-Produktionsfirma Kugel und Niere. Seit 2014 arbeitet er in erster Linie als Hörfunk- und Podcast-Autor. 2018 erschien sein erstes Buch »Angela Merkel ist Hitlers Tochter. Im Land der Verschwörungstheorien«, das er gemeinsam mit Christian Schiffer schrieb.

Christian Schiffer, Jahrgang 1979, Politologe, kam 2008 zum Szenemagazin Zündfunk des Bayerischen Rundfunks und leitet heute die Netzwelt bei BR24. Schiffer wurde mit zahlreichen Medienpreisen ausgezeichnet. Zusammen mit Christian Alt ist er Co-Autor des 2018 erschienenen Buchs »Angela Merkel ist Hitlers Tochter. Im Land der Verschwörungstheorien«.

Christian Alt & Christian Schiffer

DIE WAHRHEIT IST (N)IRGENDWO DA DRAUSSEN

Was der neue Ufo-Hype über uns Menschen verrät

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von den Autoren und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autoren beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Originalausgabe September 2023

Copyright © 2023: Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Cover: UNO Werbeagentur, München

Covermotiv: FinePic®, München

Redaktion: Doreen Fröhlich

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

SB ∙ CF

ISBN 978-3-641-29813-5V002

www.goldmann-verlag.de

Für alle da draußen

INHALT

EINLEITUNG

KAPITEL 1 WARUM WIR PLÖTZLICH WIEDER ÜBER UFOS SPRECHEN

Look at that thing

All the Big Things

Kommen ein Spion und ein Parapsychologe in eine Bar

Der Whistleblower

Status quo

All the Small Things

KAPITEL 2 DAS JAHR DER FLIEGENDEN UNTERTASSE

Die erste Ufo-Welle

The Summer of the Flying Saucer

KAPITEL 3 ROSWELL IST AUCH NUR EINE KLEINSTADT

Erst als Farce, dann noch mal als Farce

Die Horst-Fuchs-Version von Roswell

I want to believe

KAPITEL 4 NICHTS IST, WIE ES SCHEINT

»Frauen der Erde«

Vertraue niemandem

Fliegende Untertassen und rote Angst

Wo ist das Benzin?

Die doppelte Verschwörung: MJ-12 und die Manipulation der Ufo-Szene

Bill Moores letzter Auftritt

Enttäuschte Hoffnungen

Benzin auf dem Mars

KAPITEL 5 DIE MACHT EINER GUTEN GESCHICHTE

Janet Airlines

Storm Area 51

Als Verschwörungstheorien noch cool waren

Der Wahn ist irgendwo da draußen

Wenn der Ufo-Glaube zum Problem wird

Warum Regierungen Ufos geheim halten könnten

Wenn aus Ufo Alu wird

KAPITEL 6 DAS WICHTIGSTE KANTINENGESPRÄCH ALLER ZEITEN

Drake (der Astronom und nicht der Rapper)

Wo sind denn alle?

Moment … Wollen wir überhaupt besucht werden?

Die Dunkler-Wald-Hypothese

SETI vs. METI

Ufo-Entführungen: This is where it gets crazy

Betty und Barney Hill

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 1: Antônio Vilas-Boas

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 2: Linda Porter

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 3: Charles Hickson & Calvin Parker

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 4: David Huggins

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 5: Pier Fortunato Zanfretta

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 6: Jonathan Lovette

Erwähnenswerte Alien-Entführungen Teil 7: Travis Walton

Alles nur Schwindel?

Die Leiden sind echt

Ein Bett aus Treibsand

Eingepflanzte Erinnerungen?

Ist die Popkultur schuld?

Steampunk-Entführungen

Sie sind mitten unter uns

Es gibt sie nicht: Die Ufo-Skeptiker schlagen zurück

Einfach eine gute Geschichte

Confirmation Bias

Ein bisschen Spaß muss sein

Erich von Däniken – der große alte Mann der Prä-Astronautik

Der Mann, der auf alles eine Antwort hat

Denken Sie jetzt bitte nicht an Ihre Zunge!

Der Mensch hat Schiss

Was, wenn wir nur ein Jawa sind?

DAS LEBEN, DAS UNIVERSUM UND DER GANZE REST

UNSERE QUELLEN & MEHR ZUM LESEN/SCHAUEN/SPIELEN

EINLEITUNG

Dieses Buch beginnt mit einem Streit. Es ist Mai 2021, der zweite Sommer der Pandemie steht vor der Tür. Wir kriechen alle wieder aus unseren Homeoffice-Löchern, schälen uns aus den durchgesessenen Jogginghosen, um uns in der Luca-App beim Italiener an der Ecke einzuloggen. Wer damals beim ersten Aperol Spritz des Jahres durch Instagram scrollt oder auf Twitter abhängt, der stolpert zwangsweise über einen Clip des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Er ist zu Besuch in einer Late-Night-Show und wird gefragt: »Herr Präsident, was ist Ihre Theorie zu den Ufos, die gesichtet wurden?« Gemeint sind die »Unknown Flying Objects«, die auf kurz zuvor geleakten Videos des Pentagons zu sehen waren. Objekte, die zylindrisch sind und scheinbar keine Rotoren, Flügel und sichtbaren Abgaswolken besitzen. Die plötzlich die Richtung ändern oder sich um die eigene Achse drehen können. Die extrem beschleunigen und abbremsen.

Auf diese Frage antwortet Obama nur cool: »Wenn es um Aliens geht, gibt es eine Menge, das ich Ihnen nicht on air erzählen kann.« Ok, aber off air anscheinend schon? Der Clip geht viral.

Ebenfalls im Mai 2021 veröffentlicht die amerikanische Reportagereihe »60 Minutes«, eine der seriösesten Nachrichtenshows der USA, einen langen Film über die merkwürdigen Flugobjekte aus den Videos. Sie interviewen Piloten der Navy, die merkwürdige Flugobjekte auf ihren Trainingseinsätzen beobachtet und mithilfe ihrer Onboard-Kampfjet-Videokameras krisselig auf Film gebannt haben. Und eben jene Kampfjetpiloten sitzen im Mai 2021 in der größten Nachrichtensendung der USA und sagen Dinge wie: »Ich fühle eine große Verantwortung, erzählen zu müssen, was ich gesehen habe, jetzt, wo die Akten nicht mehr vertraulich sind.« Denn auch das ändert sich 2021 mit einem Mal: Plötzlich gibt das Pentagon offen zu, dass es nicht nur von den Sichtungen weiß, sondern auch, dass es ein Programm zur Erforschung von Ufos gibt. Der US-Senat bestellt sogar einen offiziellen Bericht, der im Sommer 2021 veröffentlicht wird. Einer der verblüffendsten Sätze des »60 Minutes«-Interviews stammt vom Piloten Ryan Graves. Er wird gefragt, wie oft er diese Flugobjekte gesehen habe. Graves: »Jeden Tag.«

Scheinbar sind sich alle einig, dass irgendetwas da draußen ist, das wir uns nicht erklären können. Etwas, das die Gesetze der Physik aushebelt und uns zum Fantasieren treibt – von fremden Sternen, Raumschiffen und der Hoffnung, nicht allein zu sein in diesem kalten Universum.

Alle sind sich einig, außer die beiden Autoren. Denn an jenem Mai-Tag – nach dem dritten Aperol Spritz und einem mittelmäßigen Vitello tonnato – schiebt sich das Thema mit voller Macht zwischen sie. In ihrem Gespräch ist plötzlich ein Graben so tief und breit wie der Grand Canyon. Der eine, Christian Alt, ist fasziniert von den neuen Ufo-Sichtungen. Er glaubt den Piloten, die aus freien Stücken sagen, dass sie Flugobjekte gesehen haben, die sie sich bis heute nicht erklären können. Und ja, Christian A. fände es ganz geil, wenn sich die Flugobjekte als Ufos herausstellen würden. Der andere, Christian Schiffer, glaubt daran, dass es ganz irdische Erklärungen für die Sichtungen gibt. Zitiert geheime Forschungsprogramme der Luftwaffe, Parallelen aus der Geschichte, in der die Ufo-Community schon einmal für eine Desinformationskampagne eingespannt wurde. Es fallen Sätze des einen wie: »Aber samma … Was müsste denn passieren, dass du glaubst, dass es ein Ufo ist? Wie viele Beweise bräuchtest du?«, woraufhin der andere erwidert: »Ich glaub es erst, wenn ich es selbst sehen und anfassen kann.« Stundenlang geht das so.

Der Grund für den Streit liegt natürlich etwas tiefer. 2018 haben wir ein Buch über Verschwörungstheorien geschrieben. Es hieß »Angela Merkel ist Hitlers Tochter«, und auch da ging es am Rande um Ufos, denn sie gehören zum verschwörungstheoretischen Frühstücksbuffet dazu wie Butter zum Toast – auch wenn der Glaube an Ufos schon immer deutlich unproblematischer war als der, dass wir in Europa von Migranten aus Nordafrika ausgetauscht werden sollen. Und jetzt interessiert sich plötzlich einer der beiden Autoren eines Anti-Verschwörungsbuchs für Ufo-Berichte aus dem Pentagon und Zeugenaussagen von Navy-Piloten.

Es gibt nur eine Möglichkeit, den Streit beizulegen. Wir schreiben ein Buch über Ufos, Aliens, geheime Untersuchungen, und kippen einmal alles auf den Tisch, was sich dazu finden lässt. Dabei werden wir uns viel mit uns selbst beschäftigen müssen, denn die Flugobjekte verweisen immer auch auf uns Menschen zurück, spiegeln unsere Hoffnungen, Träume und Wünsche.

Dieses Buch ist also der Versuch, Licht ins Dunkel zu bringen, die simple Frage zu beantworten: »Was zur Hölle passiert da gerade?« Dazu haben wir jede Menge Akten gewälzt, Bücher gelesen, Ufo-Videos gescreengrabbt und Erich von Däniken besucht. Wir sind tief in den Kaninchenbau gekrochen und werden in den kommenden Kapiteln das Ufo-Phänomen systematisch aufrollen. Vom Status quo gehen wir zurück in die Vergangenheit und beginnen mit der ersten modernen Ufo-Sichtung im Jahr 1947.

Erzählen wir Journalisten-Kolleginnen und Kollegen von dem Vorhaben, kassieren wir schnell mal mitleidige Blicke, in der Regel gefolgt von einem: »Du … Ich muss echt mal wieder, ne? Mein Hintergrundartikel über die dramatische Verfehlung der Klimaziele im Verkehrsministerium wartet. Aber hübsches Thema hast du da.« Es gibt bis heute ein großes Stigma, wenn man sich mit Ufos beschäftigt. Ufos, das ist etwas für Menschen, die sieben Katzen und drei Ratten als Haustiere haben. So zumindest das Klischee. Da kannst du noch so sehr versuchen, die Washington Post oder die New York Times anzuführen, die sich seit Jahren ausführlich mit dem neuen Ufo-Phänomen beschäftigen. Oder den US-Kongress hervorholen, der 2021 sogar eine ausführliche Anhörung zum Phänomen durchgeführt hat. Oder internationale Stellen zitieren, die sich jetzt – ganz offiziell, von Steuergeld bezahlt – mit Ufos auseinandersetzen wollen.

All das hilft nichts. Die Popkultur hat unser Verhältnis zu Ufos zerstört. Seit der Pilot Kenneth Arnold 1947 das erste Ufo gesehen hat, ist unsere Fantasie schneller als unser Verstand. Denn während ernsthafte Wissenschaftler versuchen herauszufinden, was diese unbekannten Flugobjekte eigentlich alles sein könnten, sind sich Fernsehserien, Comics und Radio sicher, dass es nur eine Erklärung dafür gibt: Aliens sind auf der Erde gelandet. Songs wie »The Purple People Eater« – in dem es darum geht, dass Außerirdische nur deshalb auf der Erde landen, um einer Rock’n’Roll-Band beizutreten – schießen in den USA kometenhaft auf Platz 1 der Charts.

Wissenschaftliche Studien des Phänomens, zum Beispiel angeordnet von der US-Luftwaffe, kommen gegen die durch die Popkultur tief verankerten Bilder in unseren Köpfen von grauen oder grünen Kreaturen mit riesigen Augen nicht an. Und dann kommt auch noch jede Menge unwissenschaftlicher Kram dazu. Erich von Däniken verkauft Millionen von Bücher und begeistert seit Jahrzehnten die Deutschen für Thesen wie »Menschen sind das Ergebnis eines galaktischen Zuchtprogramms« oder »Die Bundeslade in der Bibel ist eine Wechselsprechanlage zwischen Moses und dem Raumschiff Jehovas«.

Wir wollen mit diesem Buch versuchen, eine Brücke zu schlagen. Zwischen ernsthafter Beschäftigung mit dem Ufo-Phänomen und der Popkultur. Wir brauchen dringend eine neue Ufo-Kultur, eine neue, rationale Ufologie. Denn wir sehen, wie ernsthafte Versuche, das Ufo-Phänomen zu erklären, hinter unseren Klischees zurückbleiben. Es wäre doch zu schade, wenn das größte Geheimnis der Menschheit, nämlich die Frage, ob wir alleine im Universum sind, nur deswegen nicht ernsthaft beantwortet wird, weil man die Menschen, die sich diese Frage stellen, ein wenig merkwürdig findet. Denn irgendetwas ist da draußen, da sind wir beide uns sicher, Christian A. und Christian S. Wir können es nur noch nicht erklären.

KAPITEL 1 WARUM WIR PLÖTZLICH WIEDER ÜBER UFOS SPRECHEN

Das Obama-Video aus dem Jahr 2021 war nur der Auslöser für unseren Streit und damit dieses Buch. Die Ursache liegt jedoch etwas weiter zurück. Am 16. Dezember 2017 erscheint in der New York Times unter dem Titel »Glowing Auras and ›Black Money‹: The Pentagon’s Mysterious U. F. O. Program« nämlich ein Artikel, der es in sich hat. Die Zeitung deckt auf, dass die USA von 2007 bis 2012 ein Programm namens AATIP finanziert haben – mit jährlich 22 Millionen Dollar. AATIP steht hier für »Advanced Aerospace Threat Identification Program«. Sein Ziel: mögliche Bedrohungen für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten zu identifizieren und zu bewerten, die von »Unidentified Aerial Phenomena« (UAPs) ausgehen könnten. UAP ist das neue Wort der Regierung für Ufo. Dieser rhetorische Wechsel ist nur zu Teilen ein Taschenspielertrick: Die Regierung wählt bewusst einen neuen Begriff, um im Kopf der Leserinnen und Leser nicht dieselben Klischees von früher hervorzurufen: »Akte X«, »E. T.«, Freaks, die ihre Tage und Nächte auf obskuren Online-Foren verbringen. Außerdem gibt es einen wissenschaftlichen Grund für die Umbenennung: Denn mögliche Erklärungen für diese Phänomene könnten auch Lichtspiegelungen beinhalten, die ja nun mal nicht fliegen, aber trotzdem in der Luft sichtbar sind. Das Programm konzentrierte sich auf die Untersuchung von Ufo-Sichtungen, Zeugenaussagen und der Analyse von Materialien, die angeblich von Ufos geborgen wurden. Wir bleiben in diesem Buch trotzdem größtenteils beim Wort Ufo, weil es im deutschen Sprachgebrauch wesentlich etablierter ist. Außerdem wandelt sich der UAP-Begriff auch gerade wieder in den Vereinigten Staaten. Denn dort heißt es inzwischen ausgeschrieben »Unidentified Anomalous Phenomena«, was daher rührt, dass manche der Objekte auch unter Wasser tauchen und daher eben nicht mehr »aerial«, also in der Luft sind. Sei’s drum: Wir benutzen in den meisten Fällen Ufo und UAP synonym.

Was den NYT-Bericht im Jahr 2017 so sensationell macht: Alle geben es zu. Das Pentagon sagt auf Nachfrage: »Japp, haben wir gemacht.« Harry Reid, ehemaliger US-Senator und demokratischer Fraktionsführer im Senat, spielt demnach eine entscheidende Rolle bei der Gründung von AATIP. Reid arbeitet mit anderen Senatoren wie Ted Stevens und Daniel Inouye zusammen, um die Finanzierung des AATIP zu sichern. Ihm geht es um eine wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens. Ein paar Jahre später fasst Reid seine Motivation für die Gründung so zusammen: »Lassen Sie mich klarstellen: Ich hatte nie die Absicht zu beweisen, dass es Leben außerhalb der Erde gibt. Aber wenn die Wissenschaft beweist, dass es existiert, habe ich kein Problem damit.«

Nun gut, könnte man jetzt sagen: Die USA haben auch in der Vergangenheit schon Ufos untersucht, zum Beispiel beim sogenannten »Project Blue Book«. In diesem Programm aus den 50ern und 60ern wurden ebenfalls Zeugenaussagen von Ufo-Sichtungen unter die Lupe genommen. 95 Prozent der Fälle konnten aufgeklärt werden. Was ist denn jetzt bitte der Big Deal?

Look at that thing

Der Big Deal: Die New York Times veröffentlicht am 16. Dezember 2017 nicht nur den Text, sondern stellt auch mehrere Videos auf ihre Webseite. »GIMBAL« und »FLIR« werden sie betitelt. Die Washington Post, die zeitgleich die AATIP-Story publiziert, hat noch ein drittes Video auf ihrer Webseite: »GOFAST«. Diese drei Videos sorgen dafür, dass Ufo-Twitter an jenem Tag lichterloh in Flammen steht. Schon lange war hinter vorgehaltener Hand davon die Rede, aber jetzt sind sie zum ersten Mal zu sehen: Diese Videos präsentieren drei verschiedene Merkwürdigkeiten der UAPs. Da wäre zum einen das GIMBAL-Video, das zeigt, wie ein pillenförmiges Etwas sich während des Fluges einmal um die eigene Achse dreht. Das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten (Department of Defense, DoD) gibt an, dass ihnen keine Technologie bekannt ist, die diese Drehung so durchführen kann. Im GIMBAL-Video können wir zwei Piloten eines Kampfjets hören, wie sie das Objekt entdecken und beschreiben. Hier das übersetzte Original-Transkript des Videos mit Erklärungen.

Pilot 1: Ja, da ist eine verdammte Drohne, Bro.

Pilot 2: Da ist eine ganze Flotte von denen. Guck mal auf dein S. A.

S. A. steht hier für »Situational Awareness« und meint alle Anzeigen wie Radar, Infrarot, Karten etc., die einem Piloten einen schnellen Überblick geben. Der erste Pilot schaut anscheinend nach unten und sagt dann:

Pilot 1: Mein Gott!

Pilot 2: Die fliegen alle gegen den Wind. Der Wind bläst mit 120 Knoten zum Westen. Guck dir das Ding mal an, Dude.

Eine lange Pause, in der beide Piloten schweigen und das Objekt anstarren. Dann irgendwann:

Pilot 2: Das ist nicht das L&S, oder?

L&S steht für »Launch & Steering«. Damit meint er das Radar des Jets und fragt, ob die Aufnahmen der Infrarotkamera und die auf dem Radar deckungsgleich sind.

Pilot 1: Das IST L&S, Dude!

Das Ufo wird also von mehreren Systemen gleichzeitig aufgenommen, was die Wahrscheinlichkeit eines fehlerhaften Sensors verringert. Dann bewegt es sich plötzlich und dreht sich einmal um die eigene Achse.

Pilot 1: Guck dir das an!

Pilot 2: Es rotiert!

In Ufo-Kreisen haben die Aussagen von Piloten oft mehr Gewicht als die von – sagen wir mal – zwei Münchner Autoren, die nach einer durchzockten Nacht auf der Playstation beim Rauchen ein Ufo sehen. Solche Zeugen, wie es sie im GIMBAL-Video gibt, werden als »trained observers« bezeichnet. Von ihnen wird erwartet, eine echte unbekannte Bedrohung von einem normalen Wetterphänomen oder einem Heißluftballon unterscheiden zu können. Ihre große Anzahl an Flugstunden macht Piloten auf den ersten Blick erst einmal glaubwürdiger als andere Zeugen. Natürlich sind auch »trained observers« am Ende des Tages nur Menschen, denen Fehler passieren können – aber dazu später.

Während das GIMBAL-Video eine blitzschnelle Rotation zeigt (und natürlich wegen der großen Dude-Bro-igkeit auch wirklich unterhaltsam ist), ist das FLIR-Video zunächst etwas bodenständiger. Es hat keine Tonspur, sondern nur die Aufnahme der Infrarotkamera eines Kampfjets. Was jedoch im Vergleich zu GIMBAL viel deutlicher ist: die Form des Ufos. Es sieht aus wie eine Pille. Oder ein TicTac. Was auch der Grund ist, warum diese speziellen Ufos heute noch TicTacs und die Videos TicTac-Videos heißen. Die Form ist deshalb entscheidend, weil wir kein Objekt kennen, das sich ohne sichtbare Tragflächen in dieser Geschwindigkeit fortbewegen kann. Auch sehen wir kein Triebwerk. Das TicTac scheint sich wie von selbst zu bewegen.

Das dritte Video aber ist das, was das meiste Kopfzerbrechen bereitet. Denn »GOFAST« zeigt eben genau das: ein Ufo, das einfach verdammt schnell ist. Statt einer Nahaufnahme sehen wir das Ufo hier aus großer Entfernung. Der Jet, aus dem die Aufnahme stammt, hat seine Kamera Richtung offener See gerichtet. Wir sehen kräuselnde Wellen und darüber … ein kleines Ding auf Speed. Der Pilot freut sich richtig, als er es vor seine Linse bekommt: »Woaaah! Got him!«, worauf die Crew in Gelächter ausbricht, »Woo-hoo! What the fuck is this?« (das übersetzen wir an dieser Stelle aus Höflichkeit mal nicht). Die Piloten erzählen ihrem Offizier über Funk, wie sie das unbekannte Objekt eingefangen haben: Die Auto-Track-Funktion ihres Radars hält es fest im Blick. Wir sehen in der Mitte des Bildschirms einen fixen Punkt, die Wellen unter ihm bewegen sich in großer Geschwindigkeit. Der zweite Pilot kommentiert das mit: »Guck dir an, wie das fliegt! Das ist schnell«, bevor er in ein hysterisches Lachen ausbricht. Wie schnell dieses Ding wirklich ist, sagt das Pentagon leider nicht. Diese Beschleunigungen sind aber atemberaubend und beschäftigen nicht nur Hobby-Ufologen. In einer Studie der »Scientific Coalition for UAP Studies« (SCU) aus dem Jahr 2019 heißt es: »Die geschätzten Beschleunigungen reichen von fast 100 g bis zu tausenden von g, ohne beobachtbare Luftstörungen, keine Überschallknalle und keine Anzeichen von übermäßiger Hitze, die mit selbst den minimal geschätzten Energien übereinstimmen.« Wer im Physikunterricht immer so schlecht war wie wir: g steht hier nicht für Gramm, sondern für die Maßeinheit der Erdschwerkraft. Bei einem normalen Flug wirken beim Start des Flugzeugs 1,5 g auf unsere Körper. Formel-1-Fahrer werden in den Kurven mit bis zu 6 g in den Sitz gedrückt. 100 g würde ein menschlicher Körper nur für wenige Millisekunden aushalten.

In dem vorhin angesprochenen »60 Minutes«-Interview erzählt einer der Piloten, dass er ein UAP so schnell hat beschleunigen sehen, dass er es nicht mehr einholen konnte. Fünf Sekunden später wäre es aber von einem Schiffsradar erneut erfasst worden. Die Navy traute ihren Augen kaum. Denn die zurückgelegte Distanz betrug in fünf Sekunden ganze 60 Meilen. Also knapp 100 Kilometer.

Diese drei Videos geben verdammt viele Rätsel auf. Obwohl das eigentlich eine Untertreibung ist: Denn die UAPs zeigen Flugeigenschaften, die so absonderlich sind, dass sie die physikalischen Gesetze, wie wir sie gerade verstehen, komplett infrage stellen.

Nur … Wie sind die New York Times und die Washington Post überhaupt an diese Videos gekommen? Die Antwort ist einigermaßen absurd. Zumindest für Kids der 90er. In einem Buch voller unglaublicher Storys ist die Geschichte, wie Tom DeLonge, Gitarrist der Band Blink-182, den wichtigsten Ufo-Durchbruch aller Zeiten herbeigeführt hat, eine der unglaublichsten. Es ist eine Geschichte, für die wir uns etwas Zeit nehmen wollen, denn sie erklärt sehr genau, wie der aktuelle Ufo-Diskurs in den USA geführt wird. Außerdem ist sie äußerst unterhaltsam und hat alles, was ein gutes Hollywood-Drehbuch braucht: einen Rockstar, eine Truppe aus Spionen und hochrangigen Militärs, russische Hacks, Hillary Clinton und ein halbes Happy End. Hier ist die Geschichte der »To The Stars Academy«.

All the Big Things

Wollte man sich in den 90er-Jahren über Ufos informieren, musste man in die Buchhandlung der nächstgrößeren Stadt fahren und dort am Grabbeltisch nach Titeln wie »Das Alien-Imperium: Ufo-Geheimnisse der USA« oder »Vom Ufo entführt« suchen. Oder man hat sich auf Sat.1 Sendungen wie »Auf den Spuren der All-Mächtigen« von Erich von Däniken angesehen. Nach all diesen Dingen war man zwar nicht wirklich informiert, hatte aber den Eindruck, dass die Welt ein kleines bisschen größer ist als das verschlafene Nest, aus dem man stammt.

Heute ist das anders. Die drei Videos, die im Jahr 2017 veröffentlicht werden, werden nicht in Büchern oder im Fernsehen diskutiert, sondern online. Besonders Joe Rogan, der umstrittenste und erfolgreichste Podcaster der Welt, hat sich dem Thema TicTac-Ufos immer und immer wieder angenommen. In seiner Show treten die Menschen hinter den Enthüllungen auf. Und wenn man nach dem Podcast immer noch nicht genug von Ufos hat, kann man seinen Gästen wiederum bei Twitter folgen, wo sie täglich neueste Ufo-Enthüllungen dokumentieren und kommentieren. Diese Entwicklung war so ganz und gar nicht abzusehen. Denn nach seinem Höhenflug in den 90ern war das Ufo-Thema in den 00er- und 10er-Jahren plötzlich so gut wie tot. Ufos waren genauso sexy wie in Schlaghosen mit dem Tamagotchi spielen, während auf dem Discman die Spice Girls laufen. Kurz: krass 90s.

Schuld am erneuten Aufglühen des Themas ist zu großen Teilen Tom DeLonge, der Gitarrist der Band Blink-182. Alles beginnt in den 90er-Jahren in einer Schulbibliothek in San Diego, Kalifornien.

Tom ist ein schwieriges, aber gleichzeitig auch einfaches Kind. Er ist begabt, interessiert sich aber nicht für die Schule. Wenn er so durchkommen kann, dass am Ende eine Drei auf dem Zeugnis steht, ist er zufrieden. »Alles, wofür ich mich interessiert habe, war Skateboarding und Musik.« An jenem Tag, als Tom DeLonge in einer Freistunde durch die Bibliothek seiner Junior High School läuft, sollte noch eine dritte Sache dazukommen. Ufos. Der Pre-Teen ist sehr gelangweilt, als er die Bücher durchstöbert. »Fuck, ich will keine normalen Bücher lesen. Ist hier irgendwas, was nicht langweilig ist?«

Und da fällt es ihm in die Hände: ein Buch, auf dem ganz groß das Loch-Ness-Monster und Ufos auf dem Cover zu sehen sind. Der kleine Junge wird auf einen Schlag zum Ufo-Fanatiker. Es ist der Beginn einer lebenslangen Obsession mit dem Paranormalen, die kurz durch eine weltweite Musikkarriere unterbrochen wird.

Während der Tour zu ihrem ersten Album »Cheshire Cat« verbringen DeLonge und seine Bandkollegen viel Zeit im Tourbus. Iphones und WLAN gibt es damals noch nicht. Man kann entweder das Leben eines Rockstars führen, mit viel Sex, Drugs & Rock’n’Roll. Oder man kann es machen wie Tom DeLonge: Der verkriecht sich nach jedem Auftritt im Tourbus und liest jedes Ufo-Buch, das er in die Finger kriegt. »Ich dachte so: ›Oh mein Gott, ich fall hier in einen Kaninchenbau‹«, fasst er später diese Zeit zusammen. Vom Geld für seinen ersten Plattendeal kauft sich Tom einen Computer: »Ich hab angefangen, all diesen Ufo-Shit runterzuladen und auszudrucken. Ich hatte ihn in riesigen Ordnern. Ein ganzes Regal voller Ordner mit Ufo-Forschung in der Wohnung. Ich war bekloppt.«

Auf Tour sorgt DeLonge dafür, dass der Tourbus immer wieder Umwege fährt, um nach Ufos, Bigfoot oder anderen übernatürlichen Phänomenen zu suchen. Schon in den 90ern veröffentlicht Blink-182 einen Song namens »Aliens exist«. Der Text kommt von Tom DeLonge: »What if people knew that these were real / I’d leave my closet door open all night / I know the CIA would say / What you hear is all hearsay«. Blink-182 ist Ende der 90er- und Anfang der 00er-Jahre überall. Songs wie »All the Small Things« oder »What’s My Age Again?« prägen eine ganze Generation und sind aus nostalgischen Spotify-Playlisten nicht mehr wegzudenken.

Dann ist da aber noch die andere Seite von Tom DeLonge. Er ist auch einfach ein guter Geschäftsmann. Er baut Holding-Companys auf, vertreibt Klamotten, Schuhe und baut Webseiten für andere Künstlerinnen und Künstler. Als er Anfang der 00er-Jahre die Band für kurze Zeit verlässt, gründet er ein Kunstprojekt namens »Angels & Airwaves«, eine Mischung aus Klamottenmarke, Band und Entertainmentlabel, um die »größeren Themen der Menschheit in verschiedenen Medien anzupacken«. Was auch immer das heißt. Die Business-Seite von Tom DeLonge wird später noch eine sehr wichtige Rolle spielen. In den 00er-Jahren macht Tom weiter Musik, aber die Faszination für das Übernatürliche bleibt. Er liest weiterhin alles, was er in die Finger kriegt. Die Popularität von Blink-182 sinkt, »Angels & Airwaves« sind zwar innerhalb der Fanzirkel bekannt, aber weit davon entfernt, dieselbe kulturelle Bedeutung wie Blink-182 zu erreichen. Da hilft es auch nicht, dass Tom Ende der 00er-Jahre wieder bei Blink einsteigt. Kurz: Die Zeit für Skate-Punk ist vorbei, die Zeit der Ufos beginnt.

Seine mittlerweile 20 Jahre andauernde Ufo-Obsession wird durch ein Ereignis im Jahr 2014 noch weiter befeuert. Denn wie Tom selbst sagt, ist er damals mit einer Gruppe von Ufo-Fans im Death Valley unterwegs. Das Death Valley ist einer der amerikanischen Nationalparks mit der geringsten Lichtverschmutzung. Wer hier übernachtet, kann tatsächlich die Milchstraße sehen. Tom und seine Gruppe sind aber nicht hier, um Sterne zu gucken, sondern um Ufos zu finden. In Interviews spricht Tom immer nur von einem »bekannten Ufologen«, der versucht, mithilfe von Meditationstechniken Kontakt zu Ufos herzustellen. Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Ufos auskennt, weiß, dass das Dr. Steven M. Greer sein muss – eine umstrittene Person innerhalb der Szene. Greer ist davon überzeugt, dass alle Lebewesen im Universum Teil eines großen, denkenden Organismus sind. Mithilfe von genau ausgetüftelten Meditationstechniken kann es gelingen, Kontakt zu Ufos herzustellen und diese auf die Erde zu locken. Glaubt Greer zumindest.

Warum ist Greer umstritten? Da wäre zum einen das Geschäftsmodell: Ein Kurs bei ihm kostet bis zu 3500 Dollar. War man schon mal dabei, sinken die Kosten zwar auf 1750 Dollar, aber idealerweise will man ja öfter auf Expedition gehen. Und wer zu Hause trainieren will, kann sich im Online-Shop Bücher, DVDs und die offizielle App kaufen. Für jemanden, der das Bewusstsein der Welt erweitern will, ist das schon ein happiger Preis. Und dann sind da immer wieder Unterstellungen, dass Greer Ufo-Sichtungen mit Leuchtkugeln fälscht. Das könnten die Gründe sein, warum Tom DeLonge heute seinen Namen nicht mehr nennt.

Jedenfalls: Im Jahr 2014 ist Tom DeLonge auf Camping-Tour mit »einem bekannten Ufologen«. Und tief in der Nacht hat DeLonge eine Erfahrung. Er wacht auf und spürt, dass er sich nicht bewegen kann. Dem Paper Magazine beschreibt er dieses Erlebnis so: »Mein ganzer Körper fühlte sich an, als hätte er statische Elektrizität, und ich öffne meine Augen, und das Lagerfeuer brennt immer noch, und es gibt ein Gespräch außerhalb des Zelts. Es hörte sich an, als wären etwa 20 Leute dort und reden. Sofort denke ich mir, ›Okay, sie sind auf unserem Campingplatz, sie wollen uns nichts Böses, sie reden über irgendetwas, aber ich kann nicht verstehen, was sie sagen. Aber sie arbeiten an etwas.‹ Dann schließe ich meine Augen und wache auf, das Feuer ist aus, und ich habe drei Stunden Zeit verloren.«

Es ist diese Erfahrung, die ihn dazu bringt, seine Karriere als Musiker endgültig an den Nagel zu hängen.

Für diejenigen, die sich länger nicht mit Tom DeLonge beschäftigt haben, war die Meldung aus dem Jahr 2015 vermutlich ein Schock: »Tom DeLonge beendet seine Musikkarriere, um nach Ufos zu suchen.« Die Begründung, die er liefert, könne damals kein Mensch nachvollziehen, sagt er 2016 in einem Interview mit Mic. Er sei interessiert an dem Thema, weil es um Religion, Wissenschaft, Technologie und Geheimhaltung gehe. Im gleichen Interview gibt er außerdem Auskunft über seine genauen Pläne. Und die haben mit der letzten Strophe aus »Aliens exist« zu tun: »Up all night long / And there’s something very wrong / And I know it must be late / Been gone since yesterday / I’m not like you guys / Twelve majestic lies«. Diese Zeilen, so Tom, beziehen »sich auf eine Urban Legend aus der Ufo-Folklore namens Majestic 12. Dabei handelt es sich um Dokumente, die in den 80er-Jahren geleakt wurden und eine gesamte Organisation aus Wissenschaftlern, Militärangehörigen und Geheimdienstmitarbeitern beschreiben, die Informationen über dieses Phänomen verwalten. Ich habe den Namen in diesem Lied verwendet, und die Ironie dabei ist, dass ich jetzt mit Menschen von der modernen Version dieser Gruppe zu tun habe. Das ist eine große Sache.«

Menschen, die sich nicht mit Ufologie befassen, kann die Dimension dieser Strophe und der in ihr verborgenen Aussage leicht durchrutschen. Aber eigentlich ist sie ein absoluter Knüller. Denn Tom DeLonge verkündet, er hätte es mit der Nachfolgeorganisation von Majestic 12 (MJ-12) zu tun. Wir werden in einem späteren Kapitel noch einmal genau auf diese Verschwörungstheorie eingehen, aber hier die Kurzform, was MJ-12 ist: MJ-12 ist angeblich ein geheimes Gremium, das 1947 in den USA gegründet wurde, um den Absturz eines unbekannten Flugobjekts in der Kleinstadt Roswell im US-Bundesstaat New Mexico und andere angebliche Begegnungen mit Außerirdischen zu untersuchen. Benannt ist es nach den 12 Mitgliedern, bestehend aus Regierungsmitgliedern, Wissenschaftlern und Militärpersonal, die das Gremium haben soll. Im Jahr 1952 wurde der Ufo-Gemeinschaft eine Reihe von Dokumenten zugespielt, die die Existenz von MJ-12 zu beweisen schienen. Das FBI entlarvte das Dokument schließlich als Fälschung.

MJ-12 ist bis heute in der Ufo-Forschung höchst umstritten. Die einen glauben an die Existenz der Gruppe, die anderen lehnen sie rundheraus ab. Wenn Tom DeLonge im Jahr 2016 also sagt, er arbeite mit der modernen Version von MJ-12 zusammen, dann sendet das ein deutliches Signal in Richtung Ufo-Forschung, dass man Toms Rolle nicht unterschätzen sollte.