Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 679 - Ursula Freifrau von Esch - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 679 E-Book

Ursula Freifrau von Esch

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Beschreibung

Pauline Meier, die Tochter des Briefträgers, lebt in einfachen Verhältnissen. In ihren Träumen malt sie sich gerne aus, von adeliger Herkunft zu sein und dem Geschlecht der Grafen von Steinzell anzugehören, die in dem herrschaftlichen Schloss des Dorfes residieren. Als Erbgraf Egon sich ausgerechnet in Pauline verliebt und um ihre Hand anhält, fällt sie aus allen Wolken. Die junge Gräfin von Steinzell kann ihr Glück kaum fassen, aber ihr Traum, nun Anerkennung in der adeligen Gesellschaft zu finden, erfüllt sich nicht. Man will von der bürgerlichen Gattin des Erbprinzen nichts wissen. Pauline erlebt nichts als Ablehnung - und nach dem viel zu frühen Tode des Grafen bittere Einsamkeit ...


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Seitenzahl: 100

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Die geliehene Krone

Vorschau

Impressum

Die geliehene Krone

Sie lebte nur in ihren Träumen

Pauline Meier, die Tochter des Briefträgers, lebt in einfachen Verhältnissen. In ihren Träumen malt sie sich gerne aus, von adeliger Herkunft zu sein und dem Geschlecht der Grafen von Steinzell anzugehören, die in dem herrschaftlichen Schloss des Dorfes residieren. Als Erbgraf Egon sich ausgerechnet in Pauline verliebt und um ihre Hand anhält, fällt sie aus allen Wolken. Die junge Gräfin von Steinzell kann ihr Glück kaum fassen, aber ihr Traum, nun Anerkennung in der adeligen Gesellschaft zu finden, erfüllt sich nicht. Man will von der bürgerlichen Gattin des Erbprinzen nichts wissen. Pauline erlebt nichts als Ablehnung – und nach dem viel zu frühen Tode des Grafen bittere Einsamkeit ...

Da ritt wieder der Erbgraf vorbei!

Pauline trat an das Tor des kleinen Gartens, um ihn besser sehen zu können.

Eigentlich war er nicht schön! Nicht so, wie die Grafen in den Romanen aussahen, die Pauline so gerne las. Er war beinahe kahlköpfig, hatte ein rotes Gesicht und einen nicht zu übersehenden Bauchansatz. Und das mit dreißig Jahren!

Doch es war ihr gleichgültig, wie Graf Egon aussah! Er war der Erbgraf! Der Erbe eines herrlichen Schlosses mit einer wunderschönen Schlosskapelle, die weithin berühmt war, riesigen Ländereien, einem unschätzbaren Waldbesitz – und für Pauline war dies eigentlich das Wichtigste: einem Stammbaum, der tausend Jahre zurückreichte.

Steinzell, der Ort in dem Pauline lebte, hieß nach den Grafen – oder die Grafenfamilie nach ihm. Man wusste das heute nicht mehr so genau. Man wusste nur, dass es sich um ein ehrwürdiges altes Geschlecht handelte, dem viele verdiente Männer und Frauen entsprossen waren.

Die Leute aus der Umgebung vergaßen nicht, dass seine Mutter eine bezaubernde, sehr vornehme Dame gewesen war, und sein Vater war auch heute noch ein angesehener Mann.

Besonders Pauline vergaß die verstorbene Gräfin nicht. Denn die hochgeborene Frau hatte sie, die Tochter des schlichten Briefträgers, aus der Taufe gehoben, weil ihre Mutter bei der Geburt gestorben war.

Jedes Jahr zu Weihnachten hatte die verstorbene Gräfin eine Goldmünze in das Häuschen des Briefträgers geschickt für ihr Patenkind, die kleine Pauline. Und dazu Gebäck und ein paar hübsche Kleidungsstücke, die die Kleine gut gebrauchen konnte.

Paulines Vater war ein bescheidener, braver Mann. Doch war er ein bisschen ungeschickt mit seiner kleinen Tochter. So kam es, dass das Kind mal von dieser, mal von jener Tante erzogen wurde.

Man behandelte Pauline nicht immer freundlich. Da war es kein Wunder, dass sich im Laufe der Jahre die weihnachtliche Gabe aus dem Schloss immer mehr verklärte.

Die Gräfin starb. Doch ihr Mann behielt die Tradition des weihnachtlichen Goldtalers bei und schickte immer einen Schein mit, damit Pauline, die inzwischen zu einem jungen Mädchen herangewachsen war, sich eine Kleinigkeit nach ihrem Geschmack kaufen konnte.

Niemand ahnte, dass Pauline sich zum Troste, dass sie nur die arme Tochter eines Briefträgers war, eine Geschichte zurechtgelegt hatte, von der sie im Laufe der Jahre selbst nicht mehr wusste, ob sie erträumt oder Wirklichkeit war.

Sie malte sich aus, dass die schöne Gräfin von Steinzell, ihre Taufpatin, zu ihrer Ehe mit dem Grafen gezwungen worden war.

Eigentlich hatte das Herz der gebürtigen Prinzessin von Thun einem hinreißenden Prinzen aus königlichem Geblüt gehört. Doch dieser wagte nicht, um die schöne Fürstentochter anzuhalten, da er aus einem armen Hause stammte.

Der Vater der Prinzessin stand vor dem Ruin. Sie opferte ihre Liebe und heiratete den reichen Grafen von Steinzell. Der Ehe entsprang ein Sohn und Erbe des Millionenvermögens, Erbgraf Egon.

Mehrere Jahre nach der Geburt des Erben begegneten sich die jetzige Gräfin von Steinzell und ihre Jugendliebe wieder. Ihre große Liebe flammte wieder auf.

Die junge Gräfin vermochte dem stürmischen Werben des Prinzen nicht zu widerstehen.

Das Ergebnis dieses Fehltrittes der sonst so engelsgleichen Frau aber war Pauline Meier.

Der Graf bestand darauf, dass dieses Kind der Liebe nicht im Schloss aufwuchs.

Bei dem braven Briefträger lebte nun, von allen verkannt, die kleine Fürstentochter, dieses Kind der Liebe eines königlichen Prinzen und einer wunderschönen Prinzessin ...

Pauline erzählte sich dieses Märchen immer wieder aufs Neue, in immer fantastischeren Variationen und tröstete sich damit über den Mangel an Liebe hinweg.

Allmählich wusste sie nicht mehr, was sie nun erfunden hatte und was die Wahrheit war.

Und eines Tages war sie zwanzig. Auf dem Lande ist das schon beinahe alt, wenn man nicht einen festen Freund oder Verlobten hatte.

Aber Pauline Meier führte noch immer den Haushalt ihres Vaters, des Briefträgers, den sie in ihren Tag- und Nachtträumen zum Pflegevater degradiert hatte. Sie wartete darauf, dass sie durch einen Zufall in die ihr zustehende Umgebung geführt würde.

Egon von Steinzell zügelte seinen Rappen, als er Pauline am Gartentor stehen sah.

»Na, Pauline, wie geht es dir? Noch immer nicht verheiratet?«

Das Mädchen wurde rot und knickste.

»Nein, Herr Graf.«

»Was könnte es da für einen Grund geben? Stimmt es mit der Aussteuer nicht?«

Das Mädchen machte ein gekränktes Gesicht.

»Ich hätte viele reiche Bauernsöhne haben können. Am Geld liegt es nicht.«

»Was ist es dann?«

Sie zog den Kopf ein und malte mit der Fußspitze Kreise auf den Boden.

»Ich weiß nicht. Ich passe nicht zu diesen Leuten, finde ich.«

»So, findest du?« Graf Egon unterdrückte ein Grinsen. Er hätte gerne gefragt, warum sie nicht zu ihnen passen sollte, doch dem Rappen wurde die Zeit zu lang. Er tänzelte unruhig, und als der Erbgraf einen Augenblick die Zügel nachließ, stob der Rappe in wildem Galopp davon.

Auf dem Sandweg hielt sich Graf von Steinzell noch einigermaßen im Sattel, aber dann ging es in hohem Tempo weiter in den Kiefernwald.

Verzweifelt versuchte er, das Pferd zu zügeln oder in einen ruhigeren Galopp zu bringen, aber leider reichten seine Kräfte nicht aus.

Es streifte ihn ein tief hängender Ast und warf ihn aus dem Sattel.

Er hatte noch Glück, dass er nicht im Steigbügel hängen blieb und von dem Rappen mitgeschleift wurde.

Egon von Steinzell richtete sich ächzend auf und schimpfte hinter dem davongaloppierenden Pferd her. Dann machte er sich humpelnd auf den Heimweg.

♥♥♥

Pauline hatte dem davonjagenden Reiter nachgesehen. Während sie dann im Garten arbeitete, geriet ihre Fantasie wieder einmal auf Abwege. Sie schloss aus den wenigen Worten des Erbgrafen ein tieferes Interesse an ihrer Person.

Sein aristokratischer Blick erkannte in ihr eben die Ebenbürtige!

Dies entzückte Pauline so sehr, dass sie leise vor sich hin sang und gar nicht bemerkte, wie sich der Prinz ihrer Träume dem Häuschen näherte.

»Pauline!«, stöhnte Graf Egon und stützte sich auf den Gartenzaun.

»Um Gottes willen, Herr Graf! Was ist denn passiert?« Das Mädchen eilte auf ihn zu und führte ihn, der sich schwer auf ihre Schulter stützte, zu einer Bank vor dem Haus.

»Diese Bestie von einem Pferd«, schimpfte Graf Egon. »Da hing der Zweig eines Baumes zu tief. Ich sah es zu spät. Ich werde den Rappen verkaufen. Ich bin schließlich kein Selbstmörder!« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Entschuldigen Sie bitte, Herr Graf. Ich bin so schrecklich unaufmerksam. Sie haben doch bestimmt Durst? Darf ich Ihnen etwas anbieten?«

Graf Egon war einem kühlen Bier nie abgeneigt und im Augenblick schon gar nicht.

Während er sich an dem kühlen Trank labte, kniete Pauline nieder, um ihm die Stiefel auszuziehen, da er sich einen Knöchel verstaucht hatte und befürchtete, der Fuß könne so anschwellen, dass man den eleganten, handgenähten Reitstiefel aufschneiden musste.

Doch der Knöchel war schon sehr geschwollen. Graf Egon stöhnte und ächzte, der Stiefel rührte sich nicht.

»So geht das nicht, Pauline«, sagte er ungeduldig. »Du musst kräftiger ziehen.«

Pauline biss die Zähne zusammen.

Er schrie auf, aber der Stiefel war herunter.

Egon von Steinzell konnte beim besten Willen nicht übersehen, dass das Mädchen appetitlich geformt war, und da der Druck auf seinen Knöchel nachgelassen hatte, wurde er recht leutselig und ließ sich von dem erröteten Mädchen noch ein Bier bringen.

Dabei legte er den Arm um ihre Hüften und tätschelte sie freundlich.

Pauline seufzte glücklich.

Graf Egon freute sich über seinen Erfolg bei dem Mädchen.

»Würdest du wohl im Schloss anrufen und sagen, dass ich einen Unfall hatte und dass man mich hier abholen soll?«, fragte er.

Sie nickte traurig. Nun wollte er schon wieder fort.

Mit gesenktem Kopf betrat sie das Haus und ging in das winzige Zimmer, das als Dienstraum eingerichtet war.

Pauline richtete aus, was ihr der Erbgraf aufgetragen hatte. In ihren Schmerz versunken, hatte sie nicht bemerkt, dass er ihr gefolgt war. Als sie sich umwandte, erschrak sie nicht wenig, als er vor ihr stand.

»Aber Herr Graf«, hauchte sie nur. Als er sie nun in die Arme nahm und küsste, dachte sie beglückt, dass der erste Kuss ihres Lebens von gräflichen Lippen kam.

Oh, das Warten hatte sich gelohnt!

»Egon!« Eine messerscharfe Stimme ließ das Paar auseinanderfahren.

Graf Egon ließ das Mädchen erschrocken los und wandte sich um.

»Ich sehe, es geht dir bereits besser. Komm! Und vielen Dank, Pauline für Ihre Bemühungen!« Damit legte Graf von Steinzell einen Geldschein auf den Tisch.

»Danke, Herr Graf«, hauchte Pauline und knickste. »Ich habe es gerne getan. Und gute Besserung wünsche ich auch!«

♥♥♥

»Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen!«, herrschte Graf von Steinzell im Wagen seinen Sohn an. »Flirtest mit der Tochter des Briefträgers! Überlege dir doch einmal das Gerede hier im Dorf!«

»Na, was macht das schon?«, erwiderte Graf Egon ärgerlich.

»Was das macht? Eine ganze Menge! Pauline ist ein Mädchen mit gutem Ruf. Ihr Vater ist ein ehrenwerter Mann, zudem ist sie das Patenkind deiner Mutter. Es ist unanständig, sie in eine zweideutige Lage zu bringen!«

Graf Egon war verblüfft. Von dieser Seite hatte er die Geschichte nicht betrachtet. Es war ihm eigentlich nicht in den Sinn gekommen, dass man auf einfache Leute Rücksicht zu nehmen hatte!

»Es wird allerhöchste Zeit, dass du heiratest!«, sagte Graf von Steinzell, als sie vor der Auffahrt des Schlosses hielten.

»Wen?«, erkundigte sich Egon etwas kleinlaut.

»Mal sehen«, brummte sein Vater. »Wir werden ein Fest geben mit allem Glanz und Pomp, damit die, die es vielleicht nicht wissen, sehen, was eine Gräfin von Steinzell erwartet.«

»Fein.« Egon freute sich. »Wir lassen dann mit den goldenen Tellern und Bestecken decken!«

Seit dem Tod seiner Mutter war dieses kostbare Service nicht mehr benutzt worden.

»Ich sagte ja, mit allem nur erdenklichen Prunk!«

♥♥♥

Über das Fest wurde noch jahrelang geredet.

Hundertzwanzig geladene Gäste saßen beim Diner an den mit kostbarem Damast, in das das Wappen der Steinzells eingewebt war, gedeckten Tischen. Das Licht von tausend Wachskerzen brach sich in den Kristallen der Lüster, den geschliffenen, wertvollen Gläsern, dem funkelnden, schweren Silber und reflektierte matt in den goldenen Tellern.

Zwanzig livrierte Diener in den Farben des Hauses warteten auf. Im Hintergrund spielte eine in historische Kostüme gekleidete Kapelle.

In den hohen venezianischen Spiegeln mit vergoldeten Rahmen spiegelten sich prachtvolle Blumenarrangements, in den gräflichen Gärtnereien zusammengestellt. Schöne Damen betrachteten sich prüfend, ob sie dem festlichen Rahmen standhielten.

Anschließend wurde im großen Gobelinsaal und auf der Marmorveranda getanzt.

Es war ein Fest wie aus einem Märchen!

Nur der Prinz, der die Gäste geladen hatte, entsprach nicht den Vorstellungen der anwesenden, heiratsfähigen jungen Damen.

Während Egon sich etwas linkisch um zwanzigjährige Komtessen und Baronessen bemühte, interessierte sich sein Vater mehr für adelige Damen um die dreißig, die noch jung genug waren, um einen Erben für Steinzell zu bringen, aber doch nicht mehr so jung, dass sie vielleicht dem Verstand den Vorrang über das Gefühl einräumten.

Der alte Graf dachte an seine schöne, elegante Frau, die er so sehr geliebt hatte und mit der er so glücklich gewesen war. Es kam ihm vor, als lächelten die steinernen Nymphen und Faune spöttisch über den Abstieg des Hauses Steinzell.

Wieder einmal spürte er die Schmerzen in seinem Herzen. Wie schon so oft in den letzten Monaten.

Egon musste heiraten. Gleichgültig, wen!

Am folgenden Morgen ließ Graf von Steinzell seinen Sohn zu einer Besprechung in die Bibliothek rufen.

Egon erschien frohen Mutes. Er wusste, um was es ging, und kam sich als zukünftiger Ehemann ganz großartig vor.