Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 683 - Wera Orloff - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 683 E-Book

Wera Orloff

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Beschreibung

Damit sich die nächste Erzieherin seines kleinen Sohnes ihm nicht - wie ihre Vorgängerinnen - an den Hals wirft, beschließt Achim von Uhl, künftig nur noch eine Bewerberin einzustellen, die zumindest verlobt ist. Sollte sie dennoch ein Auge auf ihn werfen, wird sich seine Schwester als Achims Verlobte ausgeben. Damit sollen sämtliche Probleme mit den aufdringlichen Kindermädchen, die alle bisher nichts anderes im Sinn hatten, als sich den jungen Baron als Ehemann angeln zu wollen, aus der Welt geschafft werden.
Doch kaum hat Achim die "verlobte" Erzieherin Susanne Heger eingestellt, da verwünscht er seinen hübsch ausgetüftelten Plan, denn das bildhübsche Mädchen ist das reizendste Wesen, das ihm jemals begegnet ist ...


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Inhalt

Cover

Der Frauenfeind von Schloss Uhl

Vorschau

Impressum

Der Frauenfeind von Schloss Uhl

Hat er wirklich kein Herz?

Die nächste Erzieherin seines Sohnes muss verheiratet oder zumindest verlobt sein! Das beschließt Achim von Uhl, bevor er eine neue Bewerberin einstellt. Denn bislang haben alle Vorgängerinnen versucht, sich ihm an den Hals zu werfen.

Doch kaum hat Achim die »verlobte« Erzieherin Susanne Heger eingestellt, da verwünscht er seinen hübsch ausgetüftelten Plan, denn das bildhübsche Mädchen ist das reizendste Wesen, das ihm jemals begegnet ist ...

»Jetzt reicht es mir endgültig!« Wütend schlägt Achim von Uhl mit der Faust auf den Tisch, sodass das kostbare Porzellan bedenklich ins Zittern gerät.

»Aber Achim!« Seine junge Schwester Beate blickt ihn verweisend an. »Ich verstehe ja deinen Zorn, aber du brauchst dich deswegen doch nicht so aufzuregen! Das ist dieses Kindermädchen, das du da eben hinausgeworfen hast, doch nun wirklich nicht wert. Nimm dir für Alexander eine andere Erzieherin, und alles ist wieder gut.«

»So, meinst du?«, grollt Baron Achim. »Du glaubst also wirklich, dass mit einer neuen Erzieherin meine ganzen Sorgen hinfällig werden?«

»Ich hoffe es!« Beate denkt daran, dass sie sich selbst schon angeboten hat, für den kleinen Alex, an dem sie sehr hängt, zu sorgen. Aber davon will Achim nichts wissen. Nein, sein Sohn soll von einer richtigen Erzieherin erzogen werden!

Warum muss er sie auch zwingen, diesen unnötigen Kurs auf der Hauswirtschaftsschule in der Stadt zu besuchen, der es ihr immer nur erlaubt, in den Ferien, wie zum Beispiel jetzt gerade, auf Schloss Uhl zu sein? Sie ist verlobt, und Helmut von Essen wird seiner zukünftigen Frau nicht zumuten, den Haushalt selbst zu führen.

»Und wenn das Theater dann gleich wieder von vorn anfängt?«, fragt Achim böse.

»Das muss ja nicht unbedingt der Fall sein«, beruhigt Beate ihn.

»Da hast du recht, muss es nicht, aber bisher war es jedes Mal so. Du hast es noch nie miterlebt, wie diese Gänschen sich benehmen, kaum dass sie hier angestellt sind. Alle waren sie bisher gleich. Schon nach wenigen Tagen suchen sie immer öfter meine Nähe und belästigen mich geradezu mit ihrer Liebenswürdigkeit. Alle diese Mädchen, die bisher ins Schloss gekommen sind, haben nur im Sinn gehabt, mich als Ehemann zu angeln.«

Achim bittet seine Schwester, auch am Kaffeetisch Platz zu nehmen, dann fährt er sogleich fort.

»Warum lassen mich diese Kindermädchen nicht einfach in Ruhe, Beate? Ich will nicht wieder heiraten! Nach dem Fiasko meiner ersten Ehe – du weißt, dass wir vor Gertraudes Tod kurz vor der Trennung standen, denn auch sie hatte mich nur des Geldes wegen geheiratet, wie sie mir hohnlächelnd zu verstehen gab – habe ich genug von solchen Experimenten! Nein, ich bleibe allein mit meinem Sohn!«

»Armer Achim!«, sagt Beate mitfühlend. »Man hat es wirklich schwer, wenn man so gut aussieht wie du und noch dazu ein beträchtliches Vermögen im Rücken hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass alle heiratsfähigen Töchter der Umgebung liebend gern mit dir in Verbindung treten möchten!«

»Ach, Unsinn!«, erwidert Baron Achim grob. »Das hat mit meinem Aussehen nichts zu tun. Sie wollen alle nur mein Geld! Langsam habe ich wirklich genug von den Frauen. Am liebsten wäre es mir, hier auf dem Schloss würden nur noch Männer arbeiten.«

»Du bist köstlich, Achim. Das geht nun wirklich zu weit. So viele weibliche Dienstboten haben wir ja auch gar nicht, und die meisten davon sind schon über zehn Jahre oder noch länger bei uns! Denk doch zum Beispiel nur an Melanie, diese treue Seele. Sie ist weit über sechzig und hat bestimmt keine Heiratsabsichten auf dich!«, fügt Beate spöttisch hinzu.

»Nein, die gute Melanie wohl kaum«, murmelt Baron Achim. »Ach, Beate, was soll ich denn bloß machen? Alexander braucht jemanden, der sich um ihn kümmert. Ich selbst habe viel zu viel mit dem Gestüt und dem Gutsbetrieb zu tun, um ihn richtig erziehen zu können.«

»Ich glaube, ich habe eine Idee.« Beate sieht ihn triumphierend an. »Du wirst eine Annonce aufgeben.«

Der Baron verdreht die Augen.

»Ach, du lieber Himmel, Beate. Das habe ich doch bisher auch immer gemacht.«

»Ja, aber diesmal wirst du weit weg von hier in irgendeiner entfernten Stadt annoncieren, wo dich keiner kennt und niemand weiß, dass du reich und attraktiv bist. Am besten lässt du deinen Namen ganz weg und schreibst unter Chiffre. Dann hast du die Gewissheit, dass die neue Erzieherin nur der Arbeit wegen kommt.«

»Gut, aber sobald das Mädchen hier ist und dahinterkommt, was ich für eine gute Partie bin, geht der Zirkus doch gleich wieder los«, hält Baron Achim dagegen.

»Da das Mädchen von weit her kommt und dich nicht kennt, gibst du einfach vor, verlobt zu sein. Dann wird sie dich in Ruhe lassen.«

Ihr Bruder starrt sie sprachlos an.

»Himmel, Beate!«, sagt er schließlich. »Denk an das Personal! Die Leute hier im Hause kennen doch die Wahrheit.«

»Auch daran habe ich gedacht!« Beate lacht. »Die wenigen Leute, die hier im Hause arbeiten, ziehen wir alle ins Vertrauen. Die anderen, die draußen auf dem Gestüt und in den Stallungen arbeiten, kommen sowieso recht selten ins Schloss und würden gar nicht bemerken, dass du plötzlich einen Verlobungsring trägst. Und wenn schon! Keiner würde wagen, dich nach deiner Verlobten zu fragen!«

»Aber Schwesterherz, wo soll ich denn eine Verlobte hernehmen? Sicher wird die neue Erzieherin sich wundern, wenn sich hier niemals meine Braut sehen lässt!«

»Ich werde vor deiner Erzieherin deine Verlobte spielen!«, schlägt Beate vor.

Baron Achim fängt lauthals an zu lachen.

»Du bist unmöglich, Beatchen. Und wenn die neue Erzieherin dahinterkommt, dass ich in Wirklichkeit dein Bruder bin? Sie muss mich ja für verrückt halten!«

»Ach was!«, beschwichtigt sie ihn. »Wenn sich herausstellt, dass sie es wirklich nicht darauf abgesehen hat, deine Frau zu werden, klärst du alles auf. Oder du verlangst gleich in der Annonce, dass die Bewerberin entweder verheiratet oder verlobt ist.«

»Donnerwetter, das ist eine gute Idee!«, lobt Baron Achim seine Schwester. »Ich annonciere nach einer verlobten Erzieherin. Eine verheiratete Erzieherin wird nicht leicht zu bekommen sein, die muss sich ja um ihre eigenen Kinder kümmern. Und wenn ich sehe, dass dieses neue Mädchen mir schöne Augen macht, gebe ich mich als verlobt aus.« Er stockt kurz. »Aber was wird Helmut dazu sagen?«, fragt er dann.

»Das lass nur meine Sorge sein, Achim. Helmut bringe ich das schon bei. Ich kann dann aber nicht mehr hier im Schloss wohnen, wenn deine Neue kommt!«

»Warum denn nicht?«

»Na, falls du mich nun als deine Verlobte ausgibst, würde es da nicht einen komischen Eindruck machen, wenn du mit deiner Verlobten unter einem Dach zusammenwohnst, noch dazu über mehrere Monate hinweg?«

»Stimmt!«, gibt Achim zu.

»Du erlaubst mir also, dass ich ein paar Wochen auf Drachenstein verbringe?« Schelmisch sieht Beate ihren Bruder an. Wie sehr hat sie sich gewünscht, einmal ein paar Wochen ganz allein mit zwei Dienstboten oben auf dem Bergschlösschen Drachenstein zu wohnen! Immer schon hat sie ihren Bruder darum angebettelt, aber noch nie hat er ihr die Erlaubnis erteilt, weil es ihm zu gefährlich erschien.

Baron Achim ringt mit sich. Aber was soll Beate da oben schon passieren? Ganz allein wohnt sie ja ohnehin nicht in dem Miniaturschlösschen, und außerdem kann sie oft hier unten auf »Besuch« sein.

»Denk an deine heiratswütigen Damen, die sonst wieder über dich herfallen!«, sagt Beate drängend. »Außerdem ist ja noch gar nicht heraus, ob ich wirklich deine Verlobte spielen muss.«

Das gibt den Ausschlag.

»Also gut!«, sagt der Baron. »Zieh nach Drachenstein hinauf, meinen Segen hast du.«

Der Plan seiner kleinen Schwester wird ausgeführt. Noch am gleichen Tag gehen einige Annoncen an die größten norddeutschen Zeitungen hinaus, in denen ein Witwer eine Erzieherin für seinen kleinen Sohn sucht. Die Dame muss mindestens verlobt sein.

Das Schicksal nimmt seinen Lauf.

♥♥♥

Susanne Heger steht hinter dem Ladentisch des Herrenausstattungsgeschäftes und versucht zum zehnten Mal, einen besonders anspruchsvollen Kunden zum Kauf einer Krawatte zu bewegen.

»Sehen Sie hier«, sagt sie und zwingt ein freundliches Lächeln auf ihr Gesicht. »Dieser Binder ist doch wirklich hübsch. Farblich sehr dezent und dabei doch ausdrucksvoll in der Musterung!« Abwartend hält sie dem dicken Mann mit den Froschaugen die Krawatte entgegen.

»Was?« Der Froschäugige schnauft. »Die nennen Sie geschmackvoll? So etwas kann ich doch unmöglich tragen.«

Susanne zittert in hilflosem Zorn. Schon eine halbe Stunde belagert sie dieser Mann und kann sich nicht entscheiden. An allem hat er etwas auszusetzen, dauernd nörgelt er herum.

»Wie wäre es denn mit dieser hier?«, fragt sie kraftlos und zeigt ihm eine schlichte Krawatte in Weinrot. »Diese würde doch besonders gut zu Ihrem neuen Anzug passen.«

»Viel zu breit«, grollt der Dicke. »Viel Ahnung scheinen Sie nicht zu haben, Fräuleinchen«, bemerkt er noch herabsetzend, ehe er mit seinen Wurstfingern wieder in den Krawatten herumwühlt.

Susanne erstarrt. Wie behandelt dieser Mensch sie denn? Muss sie sich das wirklich gefallen lassen?

»Ist das alles, was Sie mir zeigen können?«, fragt der Dicke knurrend. »Viel ist das ja nicht.«

Susanne starrt auf den Riesenständer voller Krawatten und auf die Schachteln vor sich auf dem Tresen. Wenn das nicht genug an Auswahl ist!

Sie fängt einen scharfen Blick von Herrn Fuchs, ihrem Abteilungsleiter, auf. Bestimmt gibt es nachher wieder ein Donnerwetter, weil es ihr in der langen Zeit nicht gelungen ist, diesem Mann etwas zu verkaufen. Da zerreißt etwas in ihr. Die wohlerzogene Susanne Heger verschwindet für einen Moment in der Versenkung, und das gekränkte junge Mädchen kommt zum Vorschein.

»Ja, das ist alles mein Herr!«, erwidert sie spöttisch. »Aber vielleicht finden Sie im Geschäft nebenan die Krawatte, die Sie sich vorstellen!«

»Nebenan im Geschäft?« Der Dicke schaut auf. »Ich habe gar nicht gewusst, dass nebenan noch ein Herrenmodegeschäft ist, in dem man Krawatten kaufen kann! Ja, vielleicht ist es das Beste, ich gehe dort mal hin. Vielleicht hat man dort mehr Auswahl. Wie heißt denn das Geschäft?«

»Ich bin überzeugt, dass Sie dort sicher den Halsschmuck finden, den Sie hier vergebens suchten, wahrscheinlich sogar in jeder gewünschten Meterzahl!«, erklärt sie mit einem honigsüßen Lächeln.

Der Dicke sieht sie verständnislos an.

»Wie heißt der Laden?«, fragt er noch einmal.

»›Müller & Co‹. Feinste Hanfseile!«, antwortet Susanne boshaft.

»Feinste was?«, keucht der Dicke überrascht.

»Hanfseile!«, wiederholt Susanne seelenruhig. »Sicher finden Sie darunter etwas, was in Form und Musterung der von Ihnen gewünschten Krawatte entspricht! Die Auswahl soll sehr groß sein!«

»Das ist ja unerhört!«, brüllt der dicke Mann los. »Was für ein unverschämtes Benehmen!« Er starrt sie aus glasigen Augen an.

Im Nu ist der Abteilungsleiter an seiner Seite.

»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, mein Herr?«, fragt er devot und schießt einen bösen Blick auf Susanne ab. »Was ist denn geschehen?«

Der Dicke reißt an seinem Kragen und ist vor Wut blaurot im Gesicht.

»Diese ... diese dumme ...«, brüllt er. »Sie hat mich auf schmähliche Art und Weise beleidigt!«

»Was ist passiert?«, fragt Herr Fuchs.

Susanne Heger richtet sich zu ihrer vollen Größe auf.

»Nichts Besonderes!«, sagt sie verächtlich. »Ich habe diesem Herrn, nachdem er eine Dreiviertelstunde in unseren Krawatten herumgewühlt und alles mies gemacht hat, mich eingeschlossen, empfohlen, nach nebenan ins Seilgeschäft zu gehen und sich dort einen passenden Strick als Krawatte auszusuchen. Vielleicht sind dort die Muster und die Farben geschmackvoller!« Spricht's, dreht sich um und verlässt hoch erhobenen Hauptes den Verkaufsraum!

»Um Gottes willen!«, haucht Herr Fuchs und sieht ihr entgeistert nach. »Das ist ja ... das ist ja ...«

»Eine Unverschämtheit ist das!«, trompetet der Dicke. »Wer bin ich denn, dass man mich hier derartig zu beleidigen wagt? Diese Göre wird sich ...«

»Fräulein Heger wird sich selbstverständlich bei Ihnen entschuldigen!«, bemüht sich Herr Fuchs, den Kunden zu beruhigen. »Außerdem wird ...«

»Entschuldigen? Pah, was habe ich denn davon? Ich werde nie mehr in dieses Geschäft kommen und allen meinen Freunden davon Mitteilung machen, wie man mich hier behandelt hat!«

Herr Fuchs bietet einen Anblick völliger Vernichtung.

»Ich bitte Sie tausendmal um Verzeihung, mein Herr!«, dienert er. »Lassen Sie mich sagen, dass sich so etwas noch nie in meinem Geschäft ereignet hat. Ich weiß auch gar nicht, wie Fräulein Heger sich so gehen lassen konnte. Sie ist sonst immer ...«

»Wie sie sonst immer ist, interessiert mich nicht!«, grollt der Dicke. »Ich werde überall erzählen, wie ich hier behandelt worden bin!«

»Um Gottes willen! Seien Sie nachsichtig. Üben Sie Großmut!«, fleht Herr Fuchs. »Ich will Ihnen gern in Ihren Wünschen entgegenkommen und ...«

»Werden Sie dieses Fräulein Heger entlassen?«, forscht der Dicke begierig. Seine kleinen Augen bohren sich in die des Abteilungsleiters.

Herrn Fuchs bleibt keine andere Wahl.

»Natürlich!«, sagt er sofort. »Für derartige Verkäuferinnen haben wir keine Verwendung.«

Der Dicke atmet triumphierend auf.

»Ja, dann würde ich vielleicht von weiteren Klagen absehen!«

Als er zehn Minuten später das Geschäft verlässt, hat er einige der schönsten Krawatten bei sich, ein Geschenk des »Herrenausstatters Lombard«, und nimmt außerdem die Gewissheit mit sich, dass die unverschämte kleine Verkäuferin fristlos entlassen worden ist.

♥♥♥

»Ja, so war es!«, sagt am Abend dieses ereignisreichen Tages Susanne Heger zu ihren Geschwistern und sieht missmutig vor sich hin. »Ich konnte einfach nicht anders. Sicher, es war nicht sehr gescheit von mir, aber der Kerl hat mich so geärgert. Ihr hättet ihn sehen sollen, diesen aufgeblasenen Frosch!«

»Susanne!«, weist Angela sie zurecht.

»Ich finde, Susanne hat richtig gehandelt!«, mischt sich Peter, seiner jüngeren Schwester beistehend, ein. »Man kann sich nicht alles gefallen lassen! Und wenn dieser Mensch bereits eine Dreiviertelstunde lang herumgemeckert hatte, ist es nur zu verständlich, wenn die Verkäuferin dann die Nerven verliert!«

»Verständlich schon, aber nicht richtig!«, findet Angela. »Was willst du nun machen, Susi? Hast du einmal daran gedacht, dass du nach diesem Abgang bei Lombard so leicht keine geeignete Stellung wiederbekommst? Der Vorfall wird sich in Windeseile herumsprechen.«

»Ich habe sowieso keine Lust mehr, als Verkäuferin zu arbeiten!«, trotzt Susanne. »Diese Stellung war nur ein Notbehelf, das weißt du. Viel lieber würde ich wieder als Kindergärtnerin tätig sein, das ist mein richtiger Beruf, und der macht mir Freude!«

»Aber es gibt keine freien Stellen hier in unserer Gegend!«, hält Angela ihrer Schwester vor. »Schon damals hast du lange Zeit vergebens gesucht, Susanne. Du weißt, dass dein Gehalt mit im Wirtschaftsgeld eingeplant ist.«

»Ich werde schon etwas Neues finden!«, erwidert Susanne leise.

»Ja, aber was?«, fragt Angela, die besonnenste der drei Geschwister. »So eine gut bezahlte Stellung findest du bestimmt nicht so schnell wieder!«

»Man müsste eben reiche Eltern haben!«, seufzt Susanne in komischer Verzweiflung.

»Du hast sie aber nicht!«, sagt Angela. »Du hast gar keine Eltern mehr!« Tränen zittern plötzlich in ihrer Stimme.

»Oh Angela, verzeih! Ich habe das nur so hingesagt und mir nichts dabei gedacht!«

Susanne schlingt der Schwester den Arm um den Nacken und küsst sie auf die dunklen Haare.

»Schon gut!« Angela hat sich wieder gefasst. »Vielleicht hast du recht, und wir sollten uns wirklich nach einer besseren Stellung für dich umsehen.«

»Fantastisch!«, ruft Peter, der Älteste, erfreut aus. »Suchen wir also eine Stellung für Susanne, wo keine dicken frechen Männer ihr das Leben schwer machen.«

Hier in diesem kleinen Städtchen an der Nordseeküste ist aber keine geeignete Stellung für Susanne zu finden.

Da fällt Peter ein paar Tage später durch einen Zufall Achim von Uhls Annonce in die Hände. Am Abend legt er die Zeitung daheim auf den Tisch und zeigt sie den Schwestern.

»Seht einmal, wäre das nicht etwas für Susanne?«, fragt er.

Die beiden Mädchen studieren die Anzeige.

»Dann müsste Susanne so weit fort von uns!«, sagt Angela. »Das möchte ich nicht. Außerdem soll die Erzieherin, die hier gesucht wird, mindestens verlobt sein. Susanne ist weder verlobt noch verheiratet.«

»Ach, du lieber Himmel, das wäre doch kein Problem!«, meint Peter lachend. »Sie steckt sich einen Verlobungsring an, und schon ist sie verlobt!«

»Peter hat recht«, meint Susanne. »Und außerdem möchte ich ganz gern mal weg aus dieser Gegend.«

»Ich weiß nicht!«, sagt Angela. »Du mit deinem Temperament ganz allein in der Fremde ... Ich hätte ja keine Minute Ruhe!«

»Ach, Angela, du tust mal wieder so, als ob ich dreizehn wäre und nicht dreiundzwanzig!«, sagt Susanne empört. »Außerdem ist Peter sowieso beruflich in Süddeutschland, da könnte er mich immer besuchen. Ich finde, ich sollte mich auf diese Anzeige bewerben.«

Die drei diskutieren noch eine Weile, dann stimmen die beiden ihr zu.

Gespannt warten sie auf die Antwort aus Süddeutschland, die auch nicht allzu lange auf sich warten lässt.

Eines Tages liegt ein schlichter weißer Briefumschlag im Kasten, und als man ihn öffnet, fällt ein Brief heraus, in dem kurz und sachlich mitgeteilt wird, dass Fräulein Heger in die engere Wahl als Erzieherin gefallen sei und sich bitte in Uhlenheim vorstellen möge. Die Fahrtkosten würden selbstverständlich ersetzt.

Schon zwei Tage später sitzt Susanne Heger in der ratternden Eisenbahn und fährt dem Süden Deutschlands und einer ungewissen Zukunft entgegen. In ihrer Handtasche knistert das Schreiben aus Uhlenheim.

♥♥♥