Dorian Hunter 54 - Horror-Serie - Roy Palmer - E-Book

Dorian Hunter 54 - Horror-Serie E-Book

Roy Palmer

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Beschreibung

Die Kulturredakteurin Claudia Matino befindet sich auf den Spuren des weltberühmten Violinisten Marco Bertini, der vor einem Jahr spurlos von der Bildfläche verschwand. Auslöser war der Selbstmord einer Verehrerin, die sich in seiner Villa das Leben nahm - während sich der Maestro angeblich zusammen mit seiner Frau auf Weltreise befand. Wohin ist Marco Bertini verschwunden? Und spukt es in seinem Haus tatsächlich? Als auf einmal auch Claudia Matino vermisst wird, nimmt sich Dorian Hunter des Falles an ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

DER GAST AUS DEM TOTENREICH

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Mark Freier

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0019-1

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen. Unterstützung in seinem Kampf erhält er zunächst durch den englischen Secret Service, der auf Hunters Wirken hin die Inquisitionsabteilung gründete.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

In der Folge beginnt Dorian die Dämonen auf eigene Faust zu jagen. Als die Erfolge ausbleiben, gerät Trevor Sullivan, der Leiter der Inquisitionsabteilung, unter Druck. Die Abteilung wird aufgelöst. Hunter bleibt nur sein engstes Umfeld: die junge Hexe Coco Zamis, die selbst ein Mitglied der Schwarzen Familie war, bis sie wegen ihrer Liebe zu Dorian den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten verlor; weiterhin der Hermaphrodit Phillip, der weder Mann noch Frau ist und dessen hellseherische Fähigkeiten ihn zu einem lebenden Orakel machen – sowie die Ex-Mitarbeiter des Secret Service Marvin Cohen und Donald Chapman. Letzterer wurde bei einer dämonischen Attacke auf Zwergengröße geschrumpft.

Trotz der Rückschläge gelingt es Dorian, Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, zu vernichten. Doch mit Olivaro steht schon ein Nachfolger bereit, der in der Vergangenheit keinerlei Skrupel hatte, sogar mit Dorian zusammenzuarbeiten, wenn es seinen Interessen diente. So hat Olivaro auch Coco Zamis auf seine Seite gezwungen. Das Kind, das sie unter dem Herzen trägt, stammt jedoch von Dorian Hunter!

Dem Dämonenkiller gelingt es, Coco zu befreien. Nach einer Flucht um den halben Erdball kehren beide endlich nach London zurück. Aber die Dämonen bereiten schon die nächste Falle vor, denn nach Olivaros Kapitulation ist jenes Bündnis, das Dorian mit den Oppositionsdämonen geschmiedet hat, beendet. Bei dem folgenden Angriff sterben Dorians Frau Lilian und auch sein alter Mitstreiter aus Secret-Service-Zeiten, Marvin Cohen. Coco bringt ihr Kind sicher zur Welt und versteckt es aus Sorge vor einem weiteren dämonischen Angriff an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält. Aber kann es ein Leben ohne Gefahr für einen Dämonenkiller überhaupt geben?

DER GAST AUS DEM TOTENREICH

von Roy Palmer

Die Umrisse der Villa hoben sich undeutlich gegen den Nachthimmel ab. Wenigstens die spitzgiebeligen Erker und das verzierte Dach waren von der Privatstraße aus zu erkennen, die sich den flachen Hügel hinaufwand. Vor der Parkmauer ragten – auf rätselhafte Art lebendig wirkend – Zypressen in den Himmel.

Friedhofsbäume, dachte Claudia Matino. Sie setzte ihren Weg ein bisschen zögernd fort. Eigentlich war sie es als Kulturredakteurin einer bekannten römischen Zeitschrift nicht gewohnt, allein auf nächtliche Streifzüge zu gehen. Sie hatte ein wenig Angst. Die Villa sah nicht einladend aus. Kein Licht brannte, nirgends war ein Mensch zu sehen.

Die Nacht war nicht besonders kühl, denn auch im Dezember fiel das Klima in der Region Lazio angenehm mild aus. Claudia Matino, die hübsche Journalistin mit den keck gelockten Haaren, hatte nur einen Trenchcoat über den Rock und den Pulli gezogen. Irgendwo schrie ein Käuzchen. Eine Fledermaus kam torkelnd durch die Luft gesegelt. Als Claudia zwischen den Zypressen hindurchschritt, bemerkte sie, dass der laue Wind mit den Wipfeln spielte und das Laub leicht rascheln ließ.

1. Kapitel

Sie trat an das Tor in der Mauer. Maestro Marco Bertini stand auf dem großen Kupferschild über dem Klingelknopf. In einem Land, in dem man auf Titel großen Wert legte, mutete der Zusatz keineswegs kurios an; im Gegenteil, gerade eine Persönlichkeit wie der Mann, dem Claudia nun seit fast einem Jahr auf den Fersen saß, schien ohne dieses Attribut entwürdigt zu werden. Maestro Marco Bertini, der große Violinist. Maestro Bertini, der bedeutendste Paganini-Interpret dieser Epoche, ein Virtuose sondergleichen.

Claudia setzte den Daumen auf den Klingelknopf und wartete. Als sich nach einer Minute niemand gemeldet hatte, bewegte sie die Klinke des schmiedeeisernen Tores. Knarrend schwang es auf.

Ihr war nicht gerade wohl zumute, während sie durch den Park schritt.

Ist denn hier keiner?, fragte sie sich. Habe ich mich getäuscht?

Unvermittelt hörte das Käuzchen zu schreien auf. Stille umgab Claudia Matino. Nur ihre Schuhe knirschten leise auf dem Kies des Parkweges. Sie fröstelte unwillkürlich und zupfte nervös an ihrem Mantelkragen. Immer wieder blieb sie stehen und blickte sich um.

Die Villa lag vor ihr, stumm und düster – ein drohend wirkendes Gemäuer.

Claudia dachte zurück an die Bemühungen, die sie angestellt hatte, um den verschwundenen Maestro zu finden. Sie war elf Monate lang kreuz und quer durch die Weltgeschichte gereist; ein paarmal hatte es so ausgesehen, als hätte sie ihn. Dann hatte sich herausgestellt, dass sie einem Schwindel aufgesessen war. Claudia war nach Italien zurückgekehrt, weil sie in London den heißen Tipp bekommen hatte, Bertini sei in Rom. Taxifahrer auf dem Flughafen Fiumicino hatten ihr versichert, ein Mann, auf den die Beschreibung des Maestros passe, habe sich zur Villa bringen lassen.

Claudia war überzeugt, dass der Maestro sich hier versteckt hielt. Vor einem Jahr war er nach einem Skandal spurlos untergetaucht. Sie hatte sich geschworen, ihn zu finden. Ein Stück persönliches Engagement spielte dabei auch mit. Sie hatte nämlich eine Schwäche für den großen Marco Bertini. Unten an der Privatstraße hatte sie sich von einem Taxi absetzen lassen. Sie hatte dem Fahrer ausdrücklich gesagt, dass er nicht zu warten brauchte. Warum? Sie wusste es nicht genau. Sie hatte aus einem spontanen Entschluss heraus gehandelt. Eigentlich bereute sie es jetzt ein wenig, das Taxi fortgeschickt zu haben.

Sie schritt an finsteren Wacholdersträuchern vorüber, an Rhododendron- und Oleanderbüschen, deren Blätter geheimnisvoll raschelten.

Claudia gewahrte den Zierteich. Das Ufer bestand aus römischem Travertin, und in der Mitte erhob sich eine Art Säule, die von einem nackten Knaben gekrönt wurde. Der Knabe hielt einen Fisch, aus dessen Maul ein feiner Wasserstrahl rann.

Claudia trat näher heran. Sie hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet der Teich ihre Aufmerksamkeit erregte. Irgendwie handelte sie gegen ihren Willen. Sie beugte sich über die schwarze Wasserfläche. Es ließ sich nicht feststellen, wie tief der Teich war.

Im Wasser gluckste es unheimlich. Claudia zog sich wieder zurück. Der Teich war ihr nicht geheuer.

Dann hörte sie das Geräusch und drehte sich um. Etwas hatte geknackt. Da! Unter dem Dach der Terrasse bewegte sich eine Gestalt. Sie ging in Richtung Villa, gebückt und mit seltsam eckigen Bewegungen. Claudia meinte, den Maestro Bertini erkannt zu haben. Der Statur nach musste er es sein. Sie wollte ihm etwas zurufen. Doch er verschwand bereits im Gebäude.

Claudia spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Der Maestro war also hier. Endlich hatte sie ihn aufgestöbert. Wenn sie es geschickt anstellte, konnte sie ihn in der Villa überraschen. Dann durfte er sich nicht mehr zurückziehen; dann musste er sich stellen und auf ihre Fragen antworten.

Sie lief los. Die Aufschläge ihres Trenchcoats flatterten. Leichtfüßig überquerte sie die Terrasse und drang durch die Seitentür, die soeben auch Bertini benutzt hatte, in die Villa ein. Sie musste ein bisschen herumtasten, ehe sie sich zurechtfand. Es war stockdunkel um sie herum, aber sie wusste, dass sie sich in einem Gang oder lang gestreckten Flur befand.

Vorsichtig setzte sie ihren Weg fort. Sie hatte das Ende des Ganges erreicht, als sie die Musik hörte. Claudia erschauerte, doch es war ein wohliges Gefühl, das sie durchlief. Denn was nun die ganze Villa erfüllte, war Geigenmusik – das unvergleichliche Spiel des Maestro. So interpretierte nur einer. Claudia kannte auch das Werk, das Marco Bertini so einzigartig spielte. Es war der Solopart aus dem Konzert für Violine und Orchester in D-Dur, Opus 6, von Niccolò Paganini. Eines der schwierigsten Stücke des legendären Teufelsgeigers. Bertini galt als der derzeit bedeutendste Paganini-Interpret, und nicht selten verglich man ihn auch menschlich mit dem unvergessenen Komponisten.

Claudia folgte den Klängen. Sie fühlte sich erleichtert, fast verzaubert. Durch Flure und Räume gelangte sie in einen wundervoll eingerichteten Salon. Kerzen brannten und verbreiteten ein eigentümliches bläuliches Licht. Ein großes Gemälde oder etwas Ähnliches war durch ein schwarzes Tuch verhangen. Claudia kümmerte sich nicht darum, machte sich keine Gedanken mehr, hatte nur noch Sinn für das berückende Violinspiel. Nur eine Wand trennte sie noch von dem Maestro. Die Verbindungstür stand offen. Claudia Matino sah schon die Bilder an den Wänden; Darstellungen berühmter Komponisten wie Bach, Beethoven, Tschaikowsky, Berlioz und Paganini.

Das Musikzimmer, dachte Claudia.

Sie kannte Hunderte von Berichten und Beschreibungen über das Werk und die Lebensweise des Maestro. So kam es Claudia nicht vor, als würde sie einen fremden Raum betreten; nein, sie fühlte sich eigenartig heimisch und willkommen.

Und dann sah sie ihn. Er saß auf einem schlichten Stuhl und hatte ihr den Rücken zugewandt. Sein Gesicht konnte sie nicht sehen; nur die Hände, diese wunderbaren Hände. Sie hielten die Violine und den Bogen. Die Finger der linken Hand bewegten sich in atemberaubendem Tempo über das schwarze Griffbrett und die Saiten des Instrumentes. Der Maestro war beim Finale des Konzertes angelangt. Es war, als spielte er sich selbst in Ekstase.

Claudia lauschte ergeben. Es war eine Amati, die Violine von Marco Bertini. Nie hatte sie jemand vollendeter auf diesem schwierigen Instrument spielen hören. Die Darbietung endete mit ein paar rasenden Tonfolgen und einem vollen Akkord. Marco Bertini setzte die Violine ab. Die Schlussharmonie schwebte noch im Raum. Sein Atem war zu vernehmen.

Claudia wagte es, ihn anzusprechen. »Maestro ...«

Zuerst war es, als hätte er sie nicht gehört. Dann aber kam Bewegung in seine hagere, gebeugte Gestalt. Im Zeitlupentempo drehte er sich um – und er antwortete ihr.

Aber diese Stimme! Claudia schauderte unwillkürlich. Diese tiefe, seltsam krächzende Stimme sollte dem gutaussehenden Maestro, dem Beau der europäischen Musikszene gehören?

»Geh!«, versetzte er langsam. »Geh, du Närrin! Fort aus diesem Haus! Lauf und drehe dich nicht um, denn noch – noch kannst du dich retten.«

Die Stimme klang so scheußlich, dass Claudia dachte, sie müsste direkt aus einem Grab kommen.

»Aber so hören Sie mich doch an, Maestro!«, sagte sie in flehendem Tonfall. »Sie können mich nicht einfach wegschicken. Ich habe ein Recht darauf, Ihnen gewisse Fragen zu stellen.«

Er drehte sich ganz um. In diesem Augenblick fiel fahles Mondlicht durch die hohen Fenster der Villa, und es vereinigte sich mit dem Lichtschein der Kerzen.

Claudia Matino zog die Hände hoch und ballte sie zu Fäusten. Die Knöchel presste sie gegen den Mund, um den Schrei zu unterdrücken. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Was sie sah, war grauenvoll, aber ihr Blick blieb doch wie in Hypnose auf den Maestro gerichtet.

Dann reagierte sie.

»Nein!« Ihr Schrei gellte durch das Haus. »Nein, es darf nicht sein!«

Höhnisches Gelächter hallte durch den Raum, wurde lauter. Bald schien es aus allen Ecken zu kommen..

Claudia ergriff die Flucht. In panischem Entsetzen lief sie zurück in den Salon. Sie wusste nicht mehr, woher sie gekommen war, aber sie rannte und rannte.

Durch Zufall geriet sie direkt ins Foyer der Villa. Hinter ihr war ein Geheul und Gelächter, als folgten ihr alle Teufel der Hölle.

Sie erreichte die Tür. Mit zitternden Fingern riss sie sie auf, stürmte die marmorne Freitreppe herab und hastete durch den Park. Plötzlich glitt sie aus, fiel. Der helle Trenchcoat färbte sich dunkel, als sie sich auf der feuchten Erde wälzte. Wimmernd kam sie wieder hoch. Ihr rechtes Knie schmerzte. Sie humpelte weiter. Da war es hinter ihr. Es roch nach Moder und Schimmel. Sie schrie, aber etwas legte sich von hinten kalt um ihre Kehle.

Maestro Marco Bertini spielte wie ein Teufel. Seine Haare flogen, aber er kümmerte sich nicht darum. Am Ende des Solos setzte er den Bogen ab, richtete sich auf und strich sich lächelnd über die Frisur. Rauschender Applaus folgte. Jemand rief: »Da Capo!«

Trevor Sullivan betätigte einen Schalter, und das Wiedergabegerät stoppte. Das Bild auf dem Schirm des Fernsehapparates erlosch.

»Wollen Sie es noch einmal sehen, Dorian?«, erkundigte er sich.

Der Dämonenkiller lehnte sich in seinem Sessel zurück. Seine Züge waren entspannt. »Nein, danke. Klären Sie mich lieber über die Fakten auf! Bertini ist mir gut bekannt, obwohl ich ihn nie persönlich gesehen habe. Ich habe seine Konzerte im Fernsehen verfolgt und besitze einige Aufnahmen von ihm. Sie wissen ja, dass ich mich für alte europäische Musik interessiere.«

Sullivan lächelte ein bisschen, was wegen der unterschiedlichen Gesichtshälften ein wenig komisch aussah. »Besonders für die Orgelwerke von Händel und Bach, denen Sie die elementare Wucht zuschreiben, die Dämonen vernichten kann, nicht wahr?«

»Auch Paganini ist in dieser Hinsicht nicht zu verachten. Und Bertini ist ja wohl der beste lebende Interpret. Oder muss ich war sagen?«

Sullivan setzte sich. »So, wie die Dinge stehen, nicht. Aber sagen Sie mir lieber zuerst, was Ihnen über den Bertini-Skandal bekannt ist, damit ich vermeiden kann, mich unnötig zu wiederholen.«

Dorian Hunter blickte zum Fenster hinaus. Sie saßen in der Jugendstilvilla, in der auch Sullivans Mystery Press untergebracht war, eine Presseagentur, die nach dem Untergang der Inquisitionsabteilung für den Dämonenkiller von relativ großer Bedeutung war. Was er nicht mehr durch den Secret Service erfuhr, teilte ihm jetzt Sullivan mit.

Draußen fielen erste wässrige Schneeflocken. Es war kalt. In der Jugendstilvilla ließ es sich im Augenblick am besten aushalten.

»Bertini ist nicht nur als Virtuose, sondern auch als Frauenheld berühmt geworden«, sagte Dorian. »Ich glaube, die Sensationsreporter haben an ihm gut verdient, denn er lieferte bis zu seinem spurlosen Verschwinden reichlich Stoff für die Skandalblättchen. Die Damen der Gesellschaft himmelten ihn genauso an wie seine Schülerinnen und jungen weiblichen Fans. Nun, der Maestro gab den jungen Dingern natürlich den Vorzug. Er war gewiss kein Kostverächter. Ein Mädchen nahm ein Intermezzo mit ihm zu ernst und nahm sich in seiner Villa das Leben. Mit Schlaftabletten. Ihr Name ging durch alle Zeitungen.«

»Silvia Lualdi«, warf Sullivan ein.

»Richtig. Ein hübsches Mädchen, hieß es.« Dorian stellte die Fingerspitzen gegeneinander. »Der ganze Fall blieb undurchsichtig. Jedenfalls wurde später berichtet, dass Bertini zum Zeitpunkt des Todes der Lualdi überhaupt nicht in der Villa, sondern mit seiner Frau auf Weltreise war. Fortan ließ der Maestro sich in der Öffentlichkeit nicht mehr blicken. Seine Frau kam nach einem Monat nach Rom zurück und verkündete, er habe sich für eine Weile zurückgezogen, um den Schock zu überwinden. Über die Sache wuchs Gras, obwohl die Gerüchte nie ganz verstummten. Hin und wieder liest man in der Regenbogenpresse, Bertini sei gesehen worden. Mal in New York, mal in Singapur. Ob was Wahres dran ist, kann man natürlich nicht kontrollieren.«

»Ist das alles, was Sie wissen?«

»Ja.«

»Nun, dann bin ich dran. Erstens: In der Nähe der Bertini-Villa wurden die Leichen zweier Mädchen gefunden. Sie sollen früher ein Verhältnis mit dem Maestro gehabt haben, machten sich damit zu Lebzeiten zumindest interessant.«

»Wann entdeckte man die Toten?«

»Gestern, aber sie müssen schon ein paar Tage dort gelegen haben. Boten jedenfalls keinen appetitlichen Anblick mehr. Jede hatte in der Schädeldecke ein großes Loch. Die Gehirne fehlten. Es sah so aus, als wären sie ausgesaugt worden. Ihre Körper waren vertrocknet, wie mumifiziert.«

Dorian richtete sich auf. Plötzlich war sein Interesse geweckt. Gespannt fixierte er Sullivan. Seine Sinne waren hellwach.

Sullivan sprach auch schon weiter. »Ja, es scheint wirklich, als hätten die Mächte der Finsternis einen neuen schaurigen Fall eingeleitet. Aber ich tappe mit meinen Recherchen noch weitgehend im Dunkeln. Was ich herausbekommen habe: Die beiden Mädchen hatten Kontakte zu einem römischen Hexenkult. Niemand weiß Genaues über diese Gruppe. Weiter: Früher, vor rund zehn Monaten, sind auch schon mal zwei Mädchen im Abstand von wenigen Tagen verschwunden. Später wurde ein drittes vermisst. Alle drei hatten ein Verhältnis mit Bertini gehabt, keine wurde wiedergefunden – weder lebend noch tot.«

Sullivan konzentrierte sich schweigend auf seine Notizen. Plötzlich tippte er mit dem Finger auf seine Unterlagen. »Da habe ich es wieder! Der zweite wichtige Punkt ist, dass Maestro Marco Bertini sein Comeback angekündigt hat. Oder besser – seine Frau hat dazu eingeladen.«

»Wo lebt die Frau?«

»Laura Bertini wohnt nach wie vor in der Villa oberhalb der Via Aurelia Antica.«

»Und sie wurde nie zu den toten und vermissten Mädchen vernommen?«