Dorian Hunter 55 - Horror-Serie - Neal Davenport - E-Book

Dorian Hunter 55 - Horror-Serie E-Book

Neal Davenport

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Beschreibung

Christine Draxler befand sich in der Grabkammer, die von zwei Fackeln notdürftig erhellt wurde. Die Wände waren mit Bildern und Hieroglyphen bedeckt. Sie konnte sich nicht bewegen. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Weiße Binden pressten ihre Beine zusammen. Nur den Kopf konnte sie heben. Sie versuchte zu sprechen, doch auch das konnte sie nicht, da sie geknebelt war.
Rings um sie kauerten ein Dutzend Gestalten. Ein breitschultriger Mann stand auf und blieb vor ihr stehen. Seine dunklen Augen lagen tief in den Höhlen. »Nefer-Amun wird mit dem Opfer zufrieden sein!«
Da wusste Christine, dass nur ein Wunder sie retten konnte. Aus eigener Kraft konnte sie sich nicht befreien.


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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

DAS GEHEIMNIS DER MUMIE

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Mark Freier

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0456-4

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen. Unterstützung in seinem Kampf erhält er zunächst durch den englischen Secret Service, der auf Hunters Wirken hin die Inquisitionsabteilung gründete.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

In der Folge beginnt Dorian die Dämonen auf eigene Faust zu jagen. Als die Erfolge ausbleiben, gerät Trevor Sullivan, der Leiter der Inquisitionsabteilung, unter Druck. Die Abteilung wird aufgelöst, und Sullivan gründet im Keller der Jugendstilvilla die Agentur Mystery Press, die Nachrichten über dämonische Aktivitäten aus aller Welt sammelt. Hunter bleibt nur sein engstes Umfeld: die junge Hexe Coco Zamis, die selbst ein Mitglied der Schwarzen Familie war, bis sie wegen ihrer Liebe zu Dorian den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten verlor; weiterhin der Hermaphrodit Phillip, dessen hellseherische Fähigkeiten ihn zu einem lebenden Orakel machen, sowie ein Ex-Mitarbeiter des Secret Service namens Donald Chapman, der bei einer dämonischen Attacke auf Zwergengröße geschrumpft wurde.

Trotz der Rückschläge gelingt es Dorian, Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, zu vernichten. Doch mit Olivaro steht schon ein Nachfolger bereit, der die schwangere Coco Zamis zur Rückkehr in die Schwarze Familie zwingt, wo er sie als Trophäe und neue Gefährtin präsentiert. Doch Cocos Kind stammt von Dorian Hunter! Es gelingt Dorian, Coco zu retten, und nach einer Flucht um den halben Erdball bringt sie ihr Kind in London zur Welt. Die Schmach für Olivaro ist zu groß, er muss den Thron räumen. Coco hingegen versteckt das Neugeborene aus Angst vor einem dämonischen Angriff an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

In dieser neuen »Normalität« angekommen, erreicht die Mystery Press die Nachricht vom spurlosen Verschwinden einer Archäologin in einem Camp im Tal Deir-el-Bahari. Da Dorian zeitgleich in einem anderen Fall ermittelt, macht Coco sich allein auf den Weg nach Ägypten ...

DAS GEHEIMNIS DER MUMIE

von Neal Davenport

Plötzlich hatte Christine Draxler Angst. Trotz der Hitze war ihr kalt.

Zögernd stieg das junge Mädchen die Rampe hinauf, die zur zweiten Terrasse des Tempels der Hatschepsut führte. Sie wunderte sich, dass sie nochmals hierher gekommen war, da sie den Tempel schon gestern besichtigt hatte.

Das blonde Mädchen blieb stehen, schob die Tasche höher auf die Schulter und blickte sich forschend um. Eben betrat eine laut schnatternde Reisegruppe amerikanischer Touristen die Punthalle. Der Tempel war an eine Steilwand gebaut, die in der Vormittagssonne rotgelb schimmerte.

Ihre Angst wurde immer größer. Etwas hielt sie zurück; sie wollte nicht weitergehen. Ein leises Raunen war in der Luft.

Christine schüttelte den Kopf. Sie hatte Kopfschmerzen und fühlte sich nicht gut. Das ungewohnt fette Essen war ihr nicht bekommen. Rasch ging sie weiter. Der links liegenden Punthalle schenkte sie keine Aufmerksamkeit. Sie trat in die rechts gelegene Geburtshalle ein. Einige Touristen studierten interessiert die farbenprächtigen Wandreliefs.

1. Kapitel

Christine blieb unschlüssig stehen. Schon gestern hatte sie sich die Reliefs genau angesehen. Amun zeugt Hatschepsut. Ahmes, die Königinmutter, hört die Verkündigung des Toth, Chnum und die froschköpfige Heket begleiten die schwangere Ahmes zur Entbindung. Das Kind wird geboren. Amun hält es in seinen Armen.

Christine wandte rasch den Kopf ab. Sie glaubte eine schemenhafte Gestalt zu sehen, nur einen Sekundenbruchteil lang, eine hagere Gestalt, den Kopf kahl geschoren und mit einem roten Umhang bekleidet.

Sie nahm die Sonnenbrille ab und presste die Lippen unwillig zusammen. Das Gefühl der Bedrohung wurde stärker.

Christine lief aus der Geburtshalle und blieb schwer atmend auf der Terrasse stehen. Doch irgendetwas trieb sie weiter. Die Stimmen der Touristen schienen leiser zu werden.

Das Mädchen wandte sich nach rechts, ging an der Geburtshalle vorbei und stieg einige Stufen hoch, die zu einem kleinen Säulensaal führten. Die zwölf Säulen waren mit Bildern der Hatschepsut verziert, die mit verschiedenen Göttern dargestellt war.

Sie blieb stehen, als sie Schritte hinter sich hörte. Blitzschnell drehte sie sich um. Nein, sie musste sich getäuscht haben; niemand war zu sehen. Sie hob den Kopf und blickte zur obersten Terrasse hinauf.

Zwischen den zerstörten Säulen war ebenfalls kein Mensch zu sehen.

Es war unwirklich still. Sie ging langsam weiter. Das Echo ihrer Schritte war das einzige Geräusch. Es klang überlaut in ihren Ohren. Je näher sie der Anubiskapelle kam, umso kälter wurde ihr.

Sie betrat die kleine, aus drei überwölbten Kammern gebildete Kapelle. An den Wänden prunkten Bilder, die Thutmosis III. und die Königin zeigten, wie sie dem Anubis Opfer darbrachten.

Die Kapelle war leer.

Ihr Blick fiel auf einen Steinsockel – und da entdeckte sie etwas Ungewöhnliches. Auf dem Sockel lag ein kleines Totenschiffchen aus Ton und Holz, wie man es den Toten im alten Ägypten als Grabbeigabe überlassen hatte, damit sie darin den Himmel und die Unterwelt durchfahren konnten.

Christine blieb vor dem Totenschiff stehen. Vorsichtig streckte sie den rechten Arm aus. Das Schiff war mit schwarzer Patina bedeckt. Es zog die junge Studentin magisch an.

Ihre Finger strichen über die Grabbeigabe, und es war ihr, als würde sie einen leichten elektrischen Schlag bekommen. Sie wollte die Hand zurückziehen, doch es gelang ihr nicht; ihre Finger schienen festgeklebt zu sein.

Dann hörte sie die Stimme. Sie war in ihrem Hirn. Laut und deutlich sprach sie – doch die Worte waren unverständlich.

Das Geräusch nackter Füße auf dem Boden ließ sie herumfahren. Drei Gestalten umringten sie. Bevor sie noch schreien konnte, legte sich eine kräftige Hand auf ihren Mund. Die Stimme in ihrem Kopf wurde lauter, dröhnender. Der Druck gegen ihre Schläfen war unerträglich geworden.

Undeutlich nahm sie wahr, was mit ihr geschah. Die kahlköpfigen Männer hoben sie hoch und trugen sie durch die Kapelle. Sie versuchte sich zu wehren, doch ihre Glieder waren unendlich schwer; jede Bewegung bereitete ihr Qualen. Sie biss in die braune Hand, die noch immer auf ihrem Mund lag. Vergebens.

In einer der Wände klaffte plötzlich eine schmale Öffnung. Hohe Stufen führten in die Tiefe. Die Öffnung schloss sich hinter ihnen. Dunkelheit war um Christine. Die Hand wurde von ihrem Mund zurückgezogen, und sie schrie. Der Schrei klang seltsam verzerrt.

»Schweigen Sie!«, sagte einer der Männer.

Christine stieß wieder einen schrillen Schrei aus. Vor Entsetzen war sie zu keinem klaren Gedanken fähig. Ihr Körper war noch immer wie gelähmt.

Irgendwann flammte ein Licht auf. Christine wurde auf die Beine gestellt. Kräftige Hände hielten sie fest. Sie stand in einem steil in die Tiefe führenden Gang. Die Wände waren glatt, aus großen, gelben Steinquadern gefügt.

Das junge Mädchen schlug mit den Armen um sich. Brutal wurden ihre Hände gepackt und auf den Rücken gedreht, dann wurde sie einfach mitgezerrt.

»Wohin bringt ihr mich?«, fragte Christine.

Doch sie bekam keine Antwort. Schweigend schleppten sie die Männer weiter. Gänge und Stufen wechselten miteinander ab.

Einer der rot gekleideten Männer blieb vor einer Holztür stehen, zog den breiten Riegel zurück und stieß Christine in den dahinter liegenden Raum. Sie torkelte, stolperte und fiel zu Boden. Die Tür wurde zugeschlagen, der Riegel wieder vorgelegt. Dann war es still.

Christine blieb einige Minuten auf dem Boden sitzen. Sie schloss die Augen, keuchte und versuchte sich zu beruhigen, was ihr auch nach einigen Minuten gelang.

»Ist jemand hier?«, fragte sie.

Niemand antwortete.

Sie richtete sich langsam auf, griff nach ihrem Feuerzeug, fand es und knipste es an.

Der Raum, in dem sie sich befand, war niedrig, kaum zwei Meter hoch, und klein. Die Wände waren kahl, und nicht ein einziger Einrichtungsgegenstand war zu sehen.

Hastig rauchte sie eine Zigarette. Ich wurde entführt, stellte sie sachlich fest. Aber weshalb? Was haben die Entführer mit mir vor? Wollen sie Lösegeld? Da sind sie an die Falsche gekommen. Ihre Eltern waren nicht vermögend. Vielleicht hatten sich die Entführer geirrt? Vielleicht hätten sie ein ganz anderes Mädchen kidnappen sollen?

Christine ging zur Tür und trommelte mit beiden Fäusten dagegen.

»Aufmachen!«, brüllte sie.

Immer wieder schlug sie gegen die Tür, doch niemand hörte ihr Schreien – oder wollte es hören.

Nach einigen Minuten resignierte sie. Langsam schritt sie in dem kleinen Raum auf und ab.

Die Reise nach Ägypten war ein langjähriger Wunsch von ihr gewesen; und sie war glücklich, als ihr Vater ihr zu Weihnachten eine Reise nach Ägypten schenkte. Sie dachte an ihre Eltern in Hamburg, und Tränen stiegen in ihr hoch. Schluchzend stürzte sie wieder zur Tür.

Erschöpft setzte sie sich nach einigen Minuten auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Wand. Sie rauchte eine Zigarette nach der anderen. Die Luft im kleinen Raum wurde immer stickiger.

Es kann keine normale Entführung sein, dachte Christine. Dazu waren die Umstände zu seltsam. Der Zwang, nochmals den Tempel zu besuchen, das Totenschiff und die unheimliche Stimme in ihrem Hirn.

Undeutlich erinnerte sie sich, dass sie irgendwann in letzter Zeit eine Zeitungsmeldung gelesen hatte, in der vom Verschwinden einiger Touristen berichtet worden war. Alle waren in der Gegend von Luxor und Theben verschwunden.

Ihre Angst wurde immer größer.

Gelegentlich blickte sie auf die Uhr. Mehr als vier Stunden war sie nun schon gefangen.

Sie sprang auf, als sie Schritte hörte. Die Tür wurde geöffnet, und zwei Männer, die nur weiße Lendenschurze trugen, traten ein.

Christine wich zurück. Die Männer waren hochgewachsen und kräftig. Ihre Körper glänzten im Schein der Fackeln, die im Gang brannten.

Christine wehrte sich, als die braunen Hände nach ihr griffen. Einer der Männer hob sie spielerisch hoch und warf sie sich über die rechte Schulter. Der zweite Mann holte mit der rechten Hand aus und schlug ihr über die linke Schläfe. Bewusstlos sackte sie in sich zusammen.

Sie erwachte mit dröhnendem Kopf. Weihrauchgeruch hing in der Luft. Christine schlug die Augen auf.

Sie befand sich in einer Grabkammer. Die Wände waren mit Bildern und Hieroglyphen bedeckt. Sie konnte sich nicht bewegen. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Weiße Binden pressten ihre Beine zusammen. Nur den Kopf konnte sie heben. Sie versuchte zu sprechen, doch auch das konnte sie nicht, da sie geknebelt war.

Die Grabkammer wurde von zwei Fackeln notdürftig erhellt. Rings um sie kauerte ein Dutzend Gestalten. Alle hatten die Köpfe kahl geschoren. Sie erblickte auch einige junge Frauen.

Ein breitschultriger Mann stand auf und blieb vor ihr stehen. Seine dunklen Augen lagen tief in den Höhlen. Sein Gesicht war hager und grau.

»Amun war uns gnädig«, sagte der Mann in gut verständlichem Deutsch. »Nefer-Amun wird mit dem Opfer zufrieden sein. Sie geben Ihr Leben für ihn. Für Nefer-Amun. Ihr Ba wird ihn stärken. Sie können froh sein, dass Sie vom Schicksal ausersehen wurden, mit Ihrem Tod ihm zu helfen, dem großen Nefer-Amun, den wir verehren und der uns Kraft gibt, unser Leben zu meistern.«

Christine wand sich hin und her und versuchte die Fesseln abzuschütteln.

Der breitschultrige Mann wandte sich ab, kniete nieder und presste die Stirn auf den Boden. Er stimmte einen unheimlich klingenden Gesang an, in einer Sprache, die Christine unbekannt war. Nur eines verstand sie immer wieder: Nefer-Amun.

Sie wusste, dass nur ein Wunder sie retten konnte. Aus eigener Kraft konnte sie sich nicht befreien.

»Nehmen Sie bitte Platz, Miss Zamis!«, sagte Dr. Fatima.

Er war ein mittelgroßer Mann, Ende der Vierzig. Sein volles Gesicht zierte ein gewaltiger Schnauzbart.

Während sich Coco Zamis setzte, hatte Dr. Fatima Gelegenheit, das Mädchen zu mustern, und was er zu sehen bekam, gefiel ihm durchaus.

Coco Zamis war ein Mädchen, das den Blutdruck der meisten Männer gewaltig in die Höhe trieb; Dr. Fatima machte da keine Ausnahme. Sie war Anfang der Zwanzig und über ein Meter siebzig groß. Das pechschwarze Haar rahmte ein ungewöhnlich anziehendes Gesicht ein. Die Backenknochen waren hoch angesetzt, was ihr ein leicht orientalisches Aussehen gab. Die schräg gestellten, großen Augen waren dunkelgrün – manchmal schimmerten sie fast schwarz. Ihr voller Mund war leicht geöffnet. Sie setzte sich, und der kurze Rock ihres gelben Kleides glitt zurück und ließ ziemlich viel von ihren gut gewachsenen, langen Beinen sehen. Das Kleid spannte aufreizend über ihren festen Brüsten, die fast zu üppig für ihren Körper waren.

»Kaffee, Miss Zamis?«, fragte Dr. Fatima.

Er bemühte sich, sie nicht zu unverschämt anzusehen.

Coco schüttelte den Kopf leicht.

»Nein, danke«, sagte sie mit rauchiger Stimme.

Dr. Fatima verschränkte die Hände auf der Schreibtischplatte, studierte den Ausweis, der vor ihm lag, und gab ihn ihr zurück.

»Sie sind Reporterin?«, fragte er.

Coco nickte.

»Was kann ich für Sie tun?«

»Sie sind doch der zuständige Beamte für die Ausgrabungen in Theben, Dr. Fatima?«

»Ja, der bin ich«, sagte der Ägyptologe.

»Es gibt die Meldung, dass Susan Baxter verschwunden sein soll.«

Dr. Fatima lehnte sich zurück und lächelte. »Ich fürchte, da sind Sie einer Falschmeldung aufgesessen, Miss Zamis.«

»Aber sie soll doch vor drei Tagen ...«

»Ich telefonierte gestern mit Susan Baxter«, sagte Fatima.

»Sind Sie da ganz sicher, Dr. Fatima?«

»Ganz sicher«, sagte er. »Und wenn sie heute verschwunden wäre, dann hätte ich sicherlich eine Meldung erhalten.«

Coco schwieg einige Sekunden. Sie war überrascht, denn sie hatte gestern gesehen, wie die Nachricht über das Faxgerät hereingekommen war. Sie hatte sich zusammen mit Trevor Sullivan und Phillip, dem Hermaphroditen, im Keller der Jugendstilvilla befunden.

Die Meldung war ziemlich kurz gewesen: In einem Archäologencamp im Tal Deir-el-Bahari verschwand vor zwei Tagen die Ägyptologin Susan Baxter. Susan Baxter soll mit Grabräubern verhandelt haben. Es wird angenommen, dass ihr Verschwinden mit den Dieben zusammenhängt.

Und jetzt behauptete Fatima, dass Susan Baxter nicht verschwunden sei. Die Meldung über Susan Baxter war der auslösende Moment gewesen, dass Coco nach Ägypten geflogen war.

Trevor Sullivan, der Leiter der Mystery Press, hatte schon seit einiger Zeit Meldungen gesammelt, die sich mit dem rätselhaften Verschwinden von Touristen und Eingeborenen in der Gegend von Theben beschäftigten. Außerdem waren Nachrichten eingegangen, die vom Aufleben eines Geheimbundes, dessen Mitglieder einen Dämon anbeten sollten, berichteten.

»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich nach Theben fahre und mich mit Susan Baxter unterhalte?«

»Nein«, antwortete Fatima. »Ich weiß allerdings nicht, was Sie sich davon versprechen. Aber ...«

»Vielleicht schreibe ich einen Bericht über die Ausgrabungen«, sagte Coco rasch. »Ich hörte Gerüchte, dass eine seltsame Statue aufgetaucht sein soll. Sie soll eine Art Januskopf besitzen – den Kopf eines Ibis und den eines Schakals.«

»Das sind nur Gerüchte«, sagte Dr. Fatima, dessen Stimme plötzlich abweisend klang.

»Können Sie mir etwas über den Nefer-Amun-Kult erzählen?«

Fatima kniff die Augen zusammen, hob die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken.

»Nur recht wenig«, sagte er. »Über Nefer-Amun ist uns kaum etwas bekannt. Erst in den letzten Wochen bekamen wir einige Hinweise. Und der Zweck der Ausgrabungsarbeiten ist es ja auch, mehr über ihn zu erfahren. In den vergangenen Wochen tauchten auf dem schwarzen Markt einige Grabbeigaben auf. Wir vermuten, dass es Grabräubern gelungen ist, ein Grab zu entdecken.«

»Wer war dieser Nefer-Amun, Dr. Fatima?«

»Er soll ein Priester gewesen sein«, sagte Fatima vorsichtig, »und in der XVIII. Dynastie gelebt haben, während der Regierungszeit Amenophis IV., der sich später Echnaton nannte. Nefer-Amuns Name tauchte immer wieder auf. Aber nirgends fanden sich bis jetzt Hinweise, die uns einen entscheidenden Schritt weitergebracht hätten. Wenn Sie tatsächlich nach Theben fahren wollen, dann können Ihnen Susan Baxter und Gamal Kassim, der für die Ausgrabungen zuständig ist, mehr sagen. Beide sind auf die XVIII. Dynastie spezialisiert.«

»Angeblich sind in letzter Zeit einige Touristen verschwunden«, sagte Coco.

»Ich hörte davon«, gab Dr. Fatima zögernd zu. »Die Polizei beschäftigt sich damit. Ziemlich intensiv sogar.«

»Das kann ich mir denken«, sagte Coco lächelnd.

»Sie verstehen«, sagte Dr. Fatima. »So etwas ist schlecht für den Fremdenverkehr. Und Ägypten braucht die Touristen.«

»Ich verstehe«, sagte Coco. »Ist es möglich, dass ich mich einige Tage im Camp aufhalte?«

»Nein, das ist nicht möglich«, sagte Dr. Fatima. »Tut mir leid, aber das ...«